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    Deutscher Bundestag 87. Sitzung Bonn, den 5. November 1959 Inhalt: Antrag betr. Aussetzung des Butterzolls (SPD); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1297, 1344) 4681 C Abg. Eberhard tritt als Nachfolger des Abg Glahn in den Bundestag ein . . . . 4682 A Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung; verbunden mit Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. die internationale Lage, die Sicherung Berlins und die Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 1244) Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. die deutsche Einheit (Drucksache 1284) Antrag der Fraktion der FDP betr. Konvention zur Sicherung des Heimatrechts (Drucksache 493) Dr. von Brentano, Bundesminister 4682 A, 4736 B Ollenhauer (SPD) 4693 D Dr. Furler (CDU/CSU) . . . . 4704 C Dr. Mende (FDP) 4709 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 4718 D Brandt, Regierender Bürgermeister von Berlin . . . . . . . . 4725 D Jaksch (SPD) 4728 A Majonica (CDU/CSU) 4732 C Krüger (Olpe) (CDU/CSU) . . . 4735 C Zoglmann (FDP) 4739 D Erler (SPD) 4743 A Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) 4750 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . 4758 D Rasner (CDU/CSU) (zur GO) . 4768 A Persönliche Erklärung gemäß § 36 GO Wehner (SPD) . . . . . . . 4768 B Persönliche Bemerkung gemäß § 35 GO Majonica (CDU/CSU) 4768 D Nächste Sitzung 4768 D Anlagen . . . . . . . . . 4769, 4770 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1959 4681 87. Sitzung Bonn, den 5. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 10.04 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1959 4769 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 25. 11. Dr. Atzenroth 7.11. Fürst von Bismarck 7. 11. Börner 7. 11. Dr. Brecht 6. 11. Dr. Bucerius 6. 11. Drachsler 6. 11. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 15. 12. Hahn 28. 11. Dr. Hellwig 6. 11. Heye 25. 11. Hilbert 1. 12. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Junghans 7. 11. Kisters 28. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. 11. Dr. Kohut 28. 11. Kreitmeyer 25. 11. Lenz (Trossingen) 6. 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Müller-Hermann 6. 11. Müser 7. 11. Pietscher 6. 11. Prennel 6. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Dr. Ratzel 7. 11. Scharnowski 6. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Schüttler 6. 11. Dr. Seffrin 7. 11. Seidl (Dorfen) 5. 11. Stahl 6. 11. Stierle 7. 11. Dr. Toussaint 5. 11. Dr. Vogel 25. 11. Walpert 12. 11. Weinkamm 7.11. b) Urlaubsanträge Dr. Burgbacher 25. 11. Anlage 2 Umdruck 408 Antrag der Fraktion der SPD betr. die internationale Lage, die Sicherung Berlins und die Wiedervereinigung Deutschlands (Drucksache 1244). Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Fragen des Verhältnisses der Bundesrepublik zu allen osteuropäischen Staaten erneut zu überprüfen und durch eine möglichst baldige Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu einer dauerhaften konstruktiven Zusammenarbeit mit ihnen zu gelangen. Bonn, den 5. November 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Erklärung zur Abstimmung gemäß § 59 der Geschäftsordnung. Die Unterzeichneten begründen ihre Ablehnung d es Antrages des Außenhandelsausschusses zum Antrag der SPD betreffend Aussetzung des Butterzolls (Drucksache 1344) wie folgt. Der Antrag des Außenhandelsausschusses betreffend Aussetzung des Butterzolles bringt weder dem Verbraucher noch dem Staat, sondern nur dem ausländischen Exporteur Nutzen. Er ist außerdem unvereinbar mit dem Sinn und dem Ziel des Landwirtschaftsgesetzes. Regierungsvertreter und Opposition haben im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ausdrücklich erklärt, daß sie eine Senkung des Butterpreises durch die Aussetzung des Butterzolles nicht erwarten. Die Unterzeichneten befürchten, daß infolge der weiteren Verknappung des internationalen Buttermarktes die Preise sogar weiter steigen werden. Sie wünschen aber die Verhinderung solcher Preissteigerungen. Unserer Meinung nach dient diese Politik nicht dem deutschen Verbraucher. Die Aussetzung des Butterzolls wird nicht zu einer Senkung der Butterpreise beitragen. Schon jetzt haben die ausländischen Exporteure erklärt, daß sie bei Fortfall des Zolles ihres Preise entsprechend heraufsetzen werden. Nach der Aufhebung des Kartoffelzolles haben die holländischen und polnischen Exporteure die Kartoffelpreise dem Zollausfall entsprechend ebenfalls erhöht. Für die Landwirtschaft dürfen wir die Versicherung abgeben, daß sie durch Zukauf und Verfütterung von Kraftfuttermitteln zur Steigerung der Milchproduktion beitragen wird. Eine Herabsetzung des Butterkonsums durch den Verbraucher ist nicht erforderlich. Es genügt völlig, den Verbrauch bis zum Jahresende auf der Höhe des Vorjahres zu halten. Die Unterzeichneten schlagen eine Andienungspflicht der Butterimporte an die Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette zu Weltmarktpreisen und die Ermächtigung der Einfuhr- und Vorratsstelle durch 4770 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1959 die Bundesregierung vor, diese Preise mit Hilfe dafür verfügbarer Abschöpfungsbeträge angemessen zu verbilligen. Wir glauben, daß hierdurch eine weitere Preissteigerung verhindert werden kann. Eine Aussetzung des Butterzolles muß als dem Sinn dem Landwirtschaftsgesetzes widersprechend abgelehnt werden. Wittmer-Eigenbrodt Dr. Reinhard Hackethal Krug Meyer Wittmann v. Lindeiner-Wildau Gehring Gassmann Bauknecht Dr. Reith Stauch Knobloch F. Fritz Solke Hesemann Sühler Bauer Schulze-Pellengahr Riedel (Frankfurt) Mensing Gibbert F. Storm Bauereisen Lermer Spies Engelbrecht-Greve Lenze Dr. Conring v. Bodelschwingh Dr. Gossel Wacher Burgemeister W. Brese
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich stelle eindeutig fest, daß ich aus dem von Ihnen veröffentlichten Text zitiert habe. Wenn Sie später einen anderen Text oder einen neuen Kommentar herausgegeben haben, dann müssen Sie den in gleicher Weise publizieren wie vorher und müssen den früheren Text für ungültig erklären.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der DP. — Zurufe von der SPD.)




    Bundesaußenminister Dr. von Brentano
    Den gesamtdeutschen Ausschuß kritisieren wir, meine Damen und Herren, auch deswegen, weil ihm Aufgaben gesetzt sind, die einem nicht frei gewählten Organ nicht gesetzt werden dürfen. Ich darf vielleicht zitieren, was hier im Bundestag dazu einmal gesagt worden ist:
    Es gibt nur einen vertretbaren und gangbaren Weg: Die Entscheidung über die zukünftige politische, wirtschaftliche und soziale Ordnung wird allein bei den gesetzgebenden Beschlüssen eines aus freien Wahlen hervorgegangenen gesamtdeutschen Parlaments liegen. Jede Beschränkung dieser Entscheidungsfreiheit des deutschen Volkes über seine innerstaatliche und gesellschaftliche Ordnung ist unannehmbar; und jeder Versuch der russischen Politik und der kommunistischen Propaganda, an der hier skizzierten Haltung der Sozialdemokratie etwas zu ändern oder sie abzuschwächen, ist zum Scheitern verurteilt. Es wäre ,gut, wenn die sowjetische Regierung diese Feststellungen als einen wesentlichen Beitrag zur Beurteilung der tatsächlichen innerdeutschen Situation zur Kenntnis nehmen wollte.
    Das sagte Herr Kollege Ollenhauer am 2. Dezember 1955. Wie ist diese Feststellung vereinbar mit der Bildung eines nicht auf Wahlen beruhenden, paritätischen gesamtdeutschen Ausschusses, der die Zuständigkeit haben soll, in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen Entscheidungen zu treffen?

    (Abg. Erler: Das ist doch nicht drin! — Zuruf von der SPD: Sie müssen deutsch lesen lernen! — Weitere Zurufe.)

    Man hat uns den Vorwurf gemacht, daß die Ablehnung eines solchen gesamtdeutschen Rates eine Erschwerung der Wiedervereinigung sei. Ich frage mich: wie will man eigentlich in diesem gesamtdeutschen Rat verhandeln? Am 1. Oktober 1959 hat Herr Kollege Wehner in Berlin gesprochen — ich zitiere ein paar Worte — von den „Drangsalen und der Bedrückung" und dem „Zwang in der Zone", von dem „Leben, das zur Hölle wird", von der „heimtückischen Perfektion, mit der Mißtrauen und Mißgunst gesät werden", von der „Knebelung und Willkür, die dort herrschen".
    Meine Damen und Herren, glauben Sie, daß man sich mit Leuten, die diese Kritik verdienen, im gesamtdeutschen Ausschuß zusammensetzen und eine freiheitliche Ordnung für das deutsche Volk diskutieren kann? Ist das nicht ein Selbstbetrug?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Haben Sie nicht Verständnis dafür, daß wir diesen
    Weg endgültig ablehnen, weil er lebensgefährlich
    für die Freiheit des ganzen deutschen Volkes ist?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Sie wollen die Spaltung behalten!)

    Meine Damen und Herren, von dem Herrn Kollegen Mende ist ein Zitat gebracht worden — dazu möchte ich noch ein Wort sagen — aus einem höchst obskuren Informationsdienst, aus den „Deutschen Informationen", deren Herausgeber, wenn ich
    recht unterrichtet bin, noch bis vor einigen Jahren der Deutschen Reichspartei angehörte.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ich bin auch von dem Herrn Bundeskanzler autoritär — autorisiert,

    (Zurufe von der SPD: „Autoritär", das war ein sehr gutes Wort! — Das Unterbewußtsein! — Abg. Wehner: Soweit bei Ihnen noch etwas „unter" sein kann!)

    zu sagen, daß eine solche Meldung nichts anderes ist als eine niederträchtige Lüge. Ich muß Ihnen ehrlich gestehen, Herr Kollege Mende, ich hätte es für gut gehalten, wenn Sie das nicht hier vom Podium des Bundestages vorgetragen, sondern sich vorher informiert hätten, was von solchen Meldungen zu halten ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich würde mich — ehrlich gestanden — schämen, hier von dieser Stelle aus Ähnliches von Ihnen zu behaupten, Herr Kollege Mende.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD. — Abg. Wehner: Und dieses Parlament wollen Sie reformieren! — Abg. Dr. Mende meldet sich zu einer Zwischenfrage.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Der Herr Minister ist bereits zu Ende. Ich kann Ihnen das Wort zu einer Zwischenfrage nicht mehr geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Zoglmann.

(Abg. Dr. Mende: Ich habe eine Zwischenfrage stellen wollen, ob das nicht in Widerspruch steht zur Aufnahme der Meldung in den amtlichen Korrespondenz-Spiegel des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 21. 7. 59 in Nr. 130/59!)

Herr Abgeordneter Zoglmann, ich bitte Sie, das Wort zu ergreifen.

(Anhaltende Unruhe.)

— Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Siegfried Zoglmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht einzusehen, warum diese vorhin von meinem Kollegen Dr. Mende vorgetragene Angelegenheit eine solche Aufregung auslöst. Dr. Mende hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Zitat in einem amtlichen Pressedienst in Bonn im Juni dieses Jahres erschienen ist.

    (Abg. Rasner: Nein, zitiert wurde; das ist ein Unterschied!)

    — Er hat zitiert, aber er hat gesagt: Wir möchten jetzt vom Herrn Bundeskanzler selber hören, daß das nicht wahr ist. Nun gut, jetzt ist es ausgesprochen; es ist nicht wahr.
    Eine andere Sache bleibt aber offen, die ich hier mitteile. Ich würde nun, der Anregung des Herrn Außenministers folgend, sagen ich will nichts verlesen: — man soll anschließend dieses Aide-



    Zoglmann
    memoire einmal prüfen, das Aide-memoire, das der Herr Bundeskanzler damals diesem recht eigenartigen Herrn Dr. Kind-Kiefer mitgegeben haben soll. Dann muß sich herausstellen, ob er ihm eins mitgegeben hat und ob das wahr ist, was darinsteht. Ich will das jetzt nicht weiter anrühren; man kann das nachher prüfen. Ich sehe jedenfalls nicht ein, warum plötzlich diese Aufregung entstanden ist. Der Verbreiter dieser Meldung wird sich seinerseits zu äußern und festzustellen haben, ob sie wahr ist oder nicht.
    Ich freue mich, daß die Wortmeldung des Herrn Bundesaußenministers der meinigen vorgezogen wurde. Das hat mir nämlich meine Aufgabe sehr erleichtert. Der Herr Bundesaußenminister hat hier in einer nach meinem Dafürhalten sehr selbstgefälligen Form gesagt, daß die Politik der letzten Jahre absolut richtig gewesen sei, daß sie großartig gewesen sei und welche Ergebnisse sie gehabt habe. Niemand bestreitet die Erfolge dieser Politik. Mein Parteifreund Mende hat ja erklärt: unsere Partei bekennt sich freimütig dazu, daß sie diese Politik auf weiten Strecken mitgetragen hat, und steht auch heute noch zu der Verantwortung, die sie damals übernommen hat.
    Aber machen wir uns doch nichts vor! Wir alle, die wir in diesem Raum sitzen, wissen doch, wie ernst die Situation ist. Wir alle wissen, daß in diesen Wochen und Tagen Entscheidungen fallen oder schon gefallen sind. Vorhin hat der Regierende Bürgermeister der Reichshauptstadt, Herr Brandt,
    in ergreifender Weise vorgetragen, wie ernst er die Situation betrachtet, vor der wir heute stehen. Aus seinem Mund ist ein Wort gefallen, das uns eigentlich alle aufhorchen lassen sollte. Herr Brandt hat gesagt: Und wenn in Berlin das Licht ausgehen sollte! Eine solche Aussage sollte uns zu denken geben. Sie sollte uns daran hindern, jetzt in selbstgefälliger Weise darauf hinzuweisen, daß unsere Schaufenster prall gefüllt sind, daß wir jeden Tag Zehntausende neuer Autos auf die Straße schicken. Das ist ja nicht das einzige Problem, vor dem wir stehen. Im Grundgesetz steht: Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Ich frage: Was ist in den vergangenen zehn Jahren geschehen, um der Erfüllung dieses Auftrags des Grundgesetzes näherzukommen? Sind wir heute der deutschen Wiedervereinigung tatsächlich näher als damals? Das ist doch ein Maßstab für eine Politik!

    (Beifall bei der FPD und der SPD.)

    Der Herr Bundeskanzler hat in diesen Tagen gesagt — mit ein Beweis für mich, wie ernst die Situation ist, wie ernst er selber sie beurteilt —: Jetzt muß unser Volk bezahlen für den verlorenen Krieg. So haben wir ihn jedenfalls verstanden. Nun gut! Aber man sollte sich in so ernsten Situationen eines Volkes auch die Frage vorlegen — und die heutige Situation ist so ernst, daß sie das verlangt —, ob man nicht vielleicht durch eigenes Tun oder durch eigenes Nichtstun, durch Unterlassung eigenen Tuns die Situation erschwert hat und ob es nicht so ist, daß wir jetzt bezahlen müssen für einen verlorenen Krieg und vielleicht auch für eine nicht immer richtige Politik in den letzten zehn Jahren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD: — Zuruf von der CDU/CSU: Daß gerade Sie das sagen!)

    — Daß i c h das sage? — Ich habe soeben wieder einen Zwischenruf aus diesem Raum gehört. Ich will gar nicht darauf eingehen. Es ist ganz dummes Dahergerede. Wenn ich die Ministerbank ansehe, muß ich sagen: Was soll das schon, wenn solche Zwischenrufe gemacht werden?

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Wenn ich das hier ausspreche, dann deshalb, weil ich Sie, meine Damen und Herren, bitten möchte: Machen Sie eine Inventur!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die hätten Sie nötig!)

    Es geht doch nicht, daß man einfach erklärt: So geht es und nicht anders!
    Man sagt jetzt, der Bundeskanzler habe von Chruschtschow einen Privatbrief erhalten und er habe von Herrn Eisenhower einen Privatbrief erhalten. Ich möchte darauf erwidern: Wenn sich die Herren über ihre Familienangelegenheiten etwas zu berichten haben, wenn — ich möchte es boshaft ausdrücken — Herr Chruschtschow vielleicht eine Tochter nach Deutschland verheiraten will, — mit Gott, dann mag er das dem Herrn Bundeskanzler in einem Privatbrief schreiben! Wir haben aber den Eindruck, daß das, Herr Bundeskanzler, was in diesen Briefen steht, nicht eine Privatangelegenheit etwa des hochachtbaren Herrn Bundeskanzlers oder seiner Familie, sondern eine Angelegenheit ist, die uns in Deutschland alle gemeinsam betrifft. Daher handelt es sich nicht um einen Privatbrief, und daher möchte ich heute an Sie, Herr Bundeskanzler, die Bitte richten, uns im Laufe der Diskussion wenigstens andeutungsweise hören zu lassen, was in diesem Brief steht. Das wäre für uns vielleicht wichtig; denn sonst diskutieren wir neben der Sache. Sie könnten durch ein klärendes Wort uns hier vielleicht weiter helfen.
    Die Bundesregierung hat in den letzten Tagen die Äußerung eines amerikanischen Journalisten, der, wenn meine Augen nicht trügen, sogar in diesem Raume sitzt, dementiert. Dieser Journalist hatte vor dem Rhein-Ruhr-Klub in Düsseldorf erklärt: Alle Welt weiß, was in diesen Briefen steht, nur in Deutschland weiß man es nicht, nur in Deutschland wird es nicht registriert. Dann hat er gesagt, es stehe in den Briefen, daß die Gebiete hinter der Oder und Neiße abgeschrieben werden, daß der Zustand der DDR jetzt notariell festgelegt wird, daß über Berlin ein weicher Kompromiß geschlossen wird und daß am Ende Berlin schließlich abgeschrieben sein wird. Die Bundesregierung hat erklärt, das stehe nicht in diesen Briefen. Schön, aber nun soll sie sich darüber äußern, was in diesen Briefen steht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Diese Bitte möchte ich hier ganz konkret an den Herrn Bundeskanzler richten.



    Zoglmann
    Selbst wenn in diesen Briefen das stehen sollte, was der amerikanische Journalist angedeutet hat, würde es mich, meine Damen und Herren, vielleicht weniger überraschen als den einen oder anderen heute in Deutschland; denn ich habe niemals zu jenen naiven Menschen gehört, die sich der Vorstellung hingeben, daß die Amerikaner oder die Engländer oder die Franzosen am Ende deutsche Politik machen würden. Ich war immer der Meinung, daß die Amerikaner amerikanische Politik, die Franzosen französische Politik und die Engländer englische Politik machen und daß die deutsche Politik eben in diesem Hause, meine Damen und Herren, gemacht werden muß.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Jetzt kommt es doch nur auf folgendes an. Wenn es stimmt — die Bundesregierung hat die Möglichkeit, unsere Zweifel jetzt durch eine entsprechende Erklärung zu beseitigen —, was dieser amerikanische Journalist gesagt hat, dann, so kann ich nur sagen, ist die Politik unserer Alliierten äußerst kurzsichtig. Denn wenn die Alliierten glauben, daß es die weltpolitische Lage heute zuläßt, sich auf Kosten des anderen aus einer schwierigen Situation herauszuziehen und gewissermaßen in der Weltpolitik nach dem Motto zu verfahren: „Heiliger Florian, beschütz' mein Haus, zünd' andre an!", dann muß ich sagen, daß das keine Formel ist, mit der wir heute in der Weltpolitik weiterkommen. Wir müssen unseren Bündnispartnern, den Partnern des NATO-Paktes klarmachen, daß es nicht zweckmäßig ist, eine solche kurzsichtige Politik zu verfolgen, weil sie am Ende die Folgen solcher Politik selber tragen müssen.
    Vorhin ist etwas zur Oder-Neiße-Linie ausgeführt worden. Der Herr Bundesaußenminister ist leider nicht im Saal. Er hat eine Erklärung abgegeben, und zwar „autoritär", wie er meinte — ich habe mich an Sigmund Freud erinnert —, autorisiert vom Herrn Bundeskanzler. Diese Erklärung — seien Sie mir nichtböse — hat mich nun gar nicht überzeugt. In ihr hat der Herr Bundesaußenminister Wort für Wort alles das bestätigt, was heute nachmittag in bezug auf die Haltung Frankreichs zur Oder-NeißeFrage erklärt worden ist. Wort für Wort hat er es bestätigt. Nur hat er diesen Äußerungen einen neuen Drall zu geben versucht, er hat sie verharmlost, verniedlicht.
    Er hat sich auch auf den französischen Botschafter in Bonn berufen. Ja, meine Damen und Herren, was soll denn dieser arme Mann eigentlich tun? Soll er sich hier in Bonn hinstellen und erklären: „Jawohl, wir haben die Gebiete hinter der Oder und Neiße endgültig und perfekt abgeschrieben"? Er muß doch für Atmosphäre, für Klima sorgen. Er wird also irgendwie eine lendenlahme Erklärung finden.
    Uns überzeugt viel mehr als alles das, was der Herr Bundesaußenminister angeführt hat, etwa das Nachlesen in den Memoiren des Herrn De Gaulle. Herr De Gaulle hat doch bereits vor zehn Jahren die Dinge so beurteilt, wie er es nach Marly le Roy in Paris auf einer Pressekonferenz erklärt hat. Es ist eine unglückliche Fügung, muß ich sagen, Herr
    Bundeskanzler. Wir hätten eigentlich von Ihnen erwartet, daß Sie sich damals gemeldet hätten, als wenige Tage — wenige Tage — nach Ihrem Besuch bei Herrn De Gaulle ausgerechnet die Pressekonferenz in Paris mit diesen so bedeutsamen Aussagen hinsichtlich der französischen Einstellung zur Oder-Neiße-Linie stattfand. Es ist eigentlich eine Brüskierung des deutschen Regierungsoberhauptes, daß man ihm, kaum ist er aus dem Hause, einen solchen Torpedo vor die Beine schießt. Ich komme damit auf das zurück, was der Kollege Ollenhauer heute nachmittag von Gerüchten erzählt hat. Ich will das nicht vertiefen. Mindestens hätte sich der Bundeskanzler aber damals äußern und sagen müssen: Herr De Gaulle, wie kommen Sie dazu?! Herr De Gaulle, was würden Sie dazu sagen, wenn die Deutschen plötzlich die Exilregierung der Algerier anerkennen würden? Die Franzosen würden das als einen erheblich unfreundlichen Akt ansehen. Es wäre mit Recht — mit Re c h t — als ein solcher unfreundlicher Akt zu bezeichnen, denn man würde die ganze französische Politik torpedieren. Ich stelle die Frage: Herr Bundeskanzler, fühlen Sie sich nicht ebenfalls durch solche Aussagen aus Paris in Ihrer Politik, soweit sie die Oder-Neiße-Linie betrifft, torpediert? Das ist doch die Frage.

    (Zuruf von der SPD: Arbeitsteilung!)

    Schön! Es ist nun also so, daß wir uns mit dieser französischen Auffassung auseinanderzusetzen haben. Gut, wir nehmen das zur Kenntnis.
    Wir müssen uns leider auch mit der englischen Auffassung in diesen Dingen auseinandersetzen. Der Kollege Jaksch hat vorhin den englischen Labourpolitiker John Hynd mit einer positiven Aussage über die Oder-Neiße-Linie, über Schlesien zitiert.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Preusker.)

    Ich darf hier einen ebenfalls sehr profilierten englischen Unterhausabgeordneten der Labour-Partei zitieren, der dem Schattenkabinett dieser Partei angehört. Na, der Schatten ist im Raum geblieben!

    (Heiterkeit.)

    Dieser exponierte Vertreter der Labour-Party hat mir voriges Jahr wörtlich erklärt: Kein einziger Engländer wird sich jemals für Ihre Forderung nach der Rückgabe der Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie exponieren. Ich habe ihm darauf gesagt: Gut, dann haben wir eben zur Kenntnis zu nehmen und wir werden das der Weltöffentlichkeit mitzuteilen haben, daß England sich nicht mehr an die Grundsätze der UNO-Charta gebunden fühlt. Er war überrascht von einer so harten Antwort. Er sah sich plötzlich mit dem inneren Gehalt einer solchen Aussage konfrontiert. Was bedeutet denn eine solche Aussage: Wir werden uns nicht für eure OderNeiße-Forderung exponieren!? Es ist doch nichts anderes als ein Lossagen von den feierlichst verkündeten Grundsätzen der Menschlichkeit, von den feierlichst verkündeten Grundsätzen der UNOCharta. Darauf werden wir hinweisen müssen.
    Es ist vorhin von Herrn Kollegen Majonica oder von Herrn Kollegen Jaksch gesagt worden: Na, wir haben schon etwas getan, wir haben eine Ost-



    Zoglmann
    abteilurig im Auswärtigen Amt, wir haben ein Dokumentationszentrum. Meine Damen und Herren, wir haben vielleicht auch noch das eine oder andere. Aber, Herr Majonica, Sie haben wohl selber den Eindruck, daß die Aufzählung des OsteuropaInstituts

    (Abg. Majonica: Mehrere!)

    und des Attachés in Washington allein nicht ausreicht. Zu dem Attaché in Washington, lieber Kollege Majonica, darf ich Ihnen sagen — bitte, seien Sie mir nicht bös, ich muß das in dieser bildhaften Form sagen —: Stecken Sie sich nicht anderer Straußenfedern an den Kopf! Sie haben diesmal mit dem Kollegen Strauß nichts zu tun.

    (Abg. Majonica: Die trage ich gar nicht!)

    — Schön. Dieser Attaché in Washington ist nämlich der Herr Thurnwald. Dieser Herr Thurnwald ist von der Sudetendeutschen Landsmannschaft mit den Notgroschen der Sudetendeutschen Volksgruppe nach Amerika geschickt worden. Er ist erst hinterher von der Botschaft in Washington übernommen worden.

    (Abg. Majonica: Nein!)

    — Das ist die Situation.

    (Abg. Majonica: Das stimmt nicht! Er war schon vorher Angehöriger des Auswärtigen Amtes!)

    — Nichts! Vorher war er unser Exponent in Amerika. Das ist die wahre Situation!

    (Abg. Majonica: Nein, er war schon in Bonn Angehöriger des Auswärtigen Amtes!)

    — Und vorher war er in Amerika, lieber Herr Kollege Majonica! Es hat doch keinen Zweck, wir können doch aus zwei und zwei nicht fünf machen!
    Sie haben ja selber gesagt, lieber Kollege Majonica: Mehr als bisher tun. Nun, der Herr Bundesaußenminister hat heute vormittag in seiner Regierungserklärung gesagt: Zielstrebig, furchtlos und überzeugt werden wir unsere Auffassungen weiter vertreten, das Bekenntnis hinsichtlich der OderNeiße-Linie usw.
    Ich darf Ihnen sagen, wie dieses furchtlose Vertreten aussieht. Dieses furchtlose Vertreten sieht in der Praxis folgendermaßen aus: Da läuft hier im Bundeshaus ein Verleger herum. Jeder von uns ist von dem Mann schon — ich darf es ruhig sagen
    — belästigt worden. Der eine oder andere, der sich für die Sachen interessiert, die er anzubieten hat, wird immer wieder das Opfer und wird immer wieder belästigt. Es handelt sich um den Mann, der diese Deutschland-Karte, diese Karte mit dem dreigeteilten Deutschland, verteilt, auf der steht: „Soll .es so bleiben? Nein, niemals!" Dieser Mann hat sich bemüht, diese Deutschland-Karte während der Auseinandersetzungen in diesem Sommer mit Mitteln des Bundespresseamtes und des Gesamtdeutschen Ministeriums in Deutschland und in der Welt ein bißchen ins Spiel zu bringen. Da hat man ihm folgendes gesagt: Nein, das dürfen wir jetzt nicht. Jetzt dürfen wir nur von Berlin reden. Wenn wir jetzt — es war während des zweiten Teiles der
    Genfer Konferenz — über die deutsche Wiedervereinigung sprächen, würde uns das in Genf von unseren Verbündeten sehr böse angekreidet.
    So sieht die furchtlose und überzeugte Vertretung dieses Standpunktes im einzelnen aus.

    (Heiterkeit bei der FDP und bei der SPD.)

    Wir sollten es uns nicht so einfach machen, wie es hier versucht wurde. Wir müssen etwas mehr tun; da folge ich dem Kollegen Majonica voll und ganz. Wir müssen gegen die Aufweichung nicht nur im Ausland, sondern auch in Deutschland, und wenn ich ganz boshaft wäre, würde ich sagen: auch in diesem Hause etwas unternehmen. Auch in diesem Hause, meine Damen und Herren, sind Äußerungen gefallen, die sofort die Frage aufwerfen, vor welcher Grundverkennung der Situation wir stehen.
    Es ist doch ganz abwegig, daß wir heute von den Grenzen von 1937 sprechen. Auch der Herr Bundesaußenminister hat in der Regierungserklärung wieder von den Grenzen von 1937 gesprochen. Wie kurz denken wir in Deutschland eigentlich? Wissen wir nicht, daß die Grenzen von 1937 genau die Grenzen sind, die noch 1932 von allen deutschen Parteien — ich wiederhole: von allen deutschen Parteien! — als die Grenzen von Versailles bezeichnet wurden?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Auch von den Nazis!)

    — Im Zweifel ja und glücklicherweise nicht von ihnen allein.
    Ich halte es für unglücklich, daß wir uns an Jahreszahlen klammern. Ich halte es für abwegig, zu sagen: Grenzen von 1937, Grenzen von 1939, während die anderen sagen: Grenzen von 1945. Sprechen wir doch einfach von den dem deutschen Volk Rechtens zustehenden Grenzen, und erklären wir, daß wir, soweit sich Abweichungen von dem derzeitigen Zustand ergeben, bereit sind, überall Abstimmungen durchzuführen. Das ist eine so breite moralische Basis, daß uns niemand Imperialismus anlasten kann. Das ist eine legitime, bescheidene, im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts vertretbare Forderung, jenes Selbstbestimmungsrechts — und damit möchte ich zum Schluß kommen —, mit dem Sie allein, meine Damen und Herren, heute den Anspruch auf die Freiheit Berlins und morgen den Anspruch auf die deutsche Wiedervereinigung vertreten können. Wenn wir uns nicht auf das Selbstbestimmungsrecht berufen, haben wir keinen moralischen Anspruch. Wir müssen uns auf das Selbstbestimmungsrecht berufen.
    Wir haben große Verbündete. Tausend Millionen Menschen sind auf dieser Welt in den letzten 20, 30 Jahren unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht aus dem Kolonialismus, aus der Unfreiheit in ihre Freiheit entlassen worden. Diese tausend Millionen Menschen sind unsere potentiellen Verbündeten. Wir haben auch eine große moralische Basis gerade in Amerika — darauf scheint es mir besonders anzukommen —, denn die Amerikaner sind besonders auf das Moralische an-



    Zoglmann
    sprechbar. Wir werden uns darauf zu berufen haben, daß es ein amerikanischer Präsident gewesen ist, der gesagt hat: Nichts in dieser Welt ist endgültig geregelt, wenn es nicht gerecht geregelt ist.

    (Beifall bei der FDP.)