Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die soeben begründeten Anträge zur Änderung dessen, 'was der Wirtschaftsausschuß beschlossen hat, sind nur geeignet, die bisherige Verwirrung noch weiter zu steigern. Der ,,Sündenfall" unseres Herrn Wirtschaftsministers in der Kohlenfrage ist von seinen Beamten offenkundig nicht verstanden warden. Ich habe das Gefühl, daß die Bürokratie des Wirtschaftsministeriums sich von der Zeit her, als die Bundesregierung für die soziale Marktwirtschaft war und Herr Erhard den freien Wettbewerb vertrat, noch nicht umgestellt hat;
denn jeder einzelne Schritt in dieser Angelegenheit trägt so deutlich den Stempel des Schuldbewußtseins, daß es gar nicht besser zum Ausdruck zu bringen ist.
Das fing mit der Vorlage einer Rechtsverordnung über einen Kohlenzoll an. Mit dieser Rechtsverordnung wurde eindeutig die Ermächtigung überschritten, die das Zollgesetz gibt. Infolgedessen war die Kohlenzollverordnung ungesetzlich und ist es noch bis heute.
Die Überschrift, die über diesem Gesetz steht Gesetz über das Zollkontingent für feste Brennstoffe —, muß ich leider als Vorspiegelung falscher Tatsache bezeichnen; denn das ist in Wirklichkeit der erste Versuch, den Kohlenzoll durch ein Gesetz zu legalisieren.
Sie erinnern sich, daß die Kohlenzollverordnung vom Bundesrat abgelehnt wurde. Darauf hat die CDU/CSU-Fraktion einen Initiativgesetzentwurf eingebracht. Als er beraten werden sollte, übernahm die Bundesregierung die Initiative und brachte einen eigenen Gesetzentwurf ein. Als wir diesen im Ausschuß beraten wollten, kam die CDU/ CSU-Fraktion mit einer zweiseitigen neuen Vorlage, die wir dann als Änderungsantrag zur Regierungsvorlage beraten und beschlossen haben. Das ist es, was Ihnen jetzt vorliegt. Nun kommt dieselbe CDU/CSU-Fraktion und krempelt die ganze Geschichte noch einmal ,um. Eine solche Gesetzesmacherei in einer solchen Frage scheint mir doch etwas abwegig zu sein.
Und nun das ganze Unternehmen! Was sollte denn mit diesem Kohlenzoll erreicht werden? Da 70% der Importverträge von den Zechenhandelsgesellschaften abgeschlossen sind, konnte es doch
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 4659
Margulies
nur darum gehen, die restlichen 30 % unter Druck zu setzen. Hierbei haben wir uns nun einen Riesenkrach mit den Niederlanden an den Hals gezogen. Wir haben in dieser Sache einen Streit mit den Engländern. Man muß sich doch fragen, ob wir es uns überhaupt leisten können, wegen ,solcher Dinge mit der halben Welt Krach anzufangen. Ich bin jedenfalls der Meinung, daß sich das nicht lohnt.
Bei dem hier eingeschlagenen Verfahren will man den Wettbewerber durch Einführung einer Steuer schädigen. Wir haben das ja auch im Kampf Schiene—Straße immer so gemacht: da wurde die Straße schikaniert und belastet, ohne daß man damit der Bundesbahn half. Hier will man nun das Heizöl belasten — das Kohle-Öl-Kartell ist ja inzwischen aufgeflogen —, ohne daß man damit der Kohle nachdrücklich hilft. Wir sind der Meinung, daß man der Kohle Kredite geben sollte, daß man ihr jede Möglichkeit verschaffen sollte, ihren Absatz zu fördern, zu rationalisieren, neue Verwendungszwecke zu suchen. Wir sind aber nicht dafür, das auf dem Wege zu machten, daß man die Konkurrenz schädigt.