Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem ich unmittelbar um Antwort gebeten wurde, möchte ich diesem Wunsche entsprechen.
Herr Dr. Bleiß, Sie haben gefragt, wie das Steueraufkommen, das auf 1 Milliarde DM geschätzt werde, verwendet werden solle, wenn nur ein Bedarf von 400 Millionen DM nachweisbar sei. Ich glaube, es gibt in diesem Hause niemanden, der exakt sagen kann, wie hoch die sozialen Leistungen wirklich sein werden. Ihre Höhe wird ja von der weiteren Entwicklung abhängen.
Ich darf aber auf folgendes hinweisen, und damit gebe ich zugleich Herrn Dr. Atzenroth Antwort. Von 1958 auf 1959 machte die Minderproduktion an Kohle 71/2 Millionen t aus. 71/2 Millionen t wurden weniger importiert, und 5 Millionen t fielen auf Grund der Feierschichten weniger an. Das ist insgesamt eine neuralgische Kohlenmenge von rund 20 Millionen t. Sie müssen gleichzeitig mit einem weiteren Vordringen des Heizöls rechnen. Von seiten der Kohle werden also sehr energische Maßnahmen wie Feldbereinigungen, Teilstillegungen und Ganz-stillegungen ergriffen werden müssen, damit Bedarf und Förderung in etwa wieder einander angeglichen sein werden.
Auf das Problem der Entschwefelung möchte ich nicht besonders eingehen, denn es ist an sich schon bekannt. Ich meine, daß hier eine Lösung auf breiter Grundlage gefunden werden muß.
Im übrigen sind schon gewerbepolizeiliche Vorschriften in Vorbereitung.
Herr Dr. Bleiß und Herr Dr. Deist, Sie kommen nicht davon herunter, daß Sie in den Jahren 1956/ 1957 die Kohlennot sehr viel stärker dramatisiert haben, als sie tatsächlich war.
Ich bin sozusagen als der leichtsinnige Mann geschildert worden, der das alles offenbar nicht so ernst genommen hat, wie Sie es genommen wissen wollten. Daß wir in dieser Zeit Importkohle — Kohle aus Amerika — hereingenommen hatten, war selbstverständlich. Wir haben es ja mit Ihrem Willen und Wissen getan, damit Ihre Freunde nicht mehr frieren mußten, damit sie aus dem Bett herauskamen, Herr Dr. Deist.
Deswegen können Sie uns doch bei Gott im Himmel keinen Vorwurf machen.
Ich sage noch einmal: die erste Instanz, die die Entwicklung überhaupt richtig eingeschätzt hat, war
das Bundeswirtschaftsministerium, das zu Ende 1957 — verkündet Anfang 1958 — darauf hingewiesen hat, daß wir im Jahre 1958 in einen Energieüberschuß von schätzungsweise 8 Millionen t hineinlaufen.
— Ja.