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ID0308602400

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    Deutscher Bundestag 86. Sitzung Bonn, den 4. November 1959 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Etzenbach, Lermer und Dr. Conring 4617 A Abg. Brüns tritt als Nachfolger des verstor- benen Abg. Kunze in den Bundestag ein 4617 B Abg. Bach tritt als Nachfolger des Abg. Recktenwald in den Bundestag ein . . . 4617 B Mandatsniederlegung des Abg. Glahn . 4617 C Nachwahl von deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlaments (Drucksache 1320) 4617 D Wahl eines stellvertretenden Mitgliedes des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 1323) 4617 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Lage des Kohlebergbaus (Drucksache 1300) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung einer Ergänzungsabgabe für soziale Hilf s-maßnahmen im Kohlebergbau (SPD) (Drucksache 1318) — Erste Beratung — Antrag betr. Bestellung eines Bundesbeauftragten für die Kohlewirtschaft (SPD) (Drucksache 1319) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Drucksache 1327) — Erste Beratung —. Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe (Drucksachen 937, 1113); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1287, zu 1287) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Deist (SPD) . 4618 A, 4668 D, 4675 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 4623 D, 4640 D, 4644 A, 4673 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 4631 B Dr. Atzenroth (FDP) 4635 A Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 4640 A Höcherl (CDU/CSU) 4646 D Dr. Steinmetz (DP) 4649 C Bergmann (SPD) . . . . . . . 4650 B Scheppmann (CDU/CSU) 4653 C Seuffert (SPD) . . . . . . . 4656 B Engelbrecht-Greve (CDU/CSU) . 4657 C Dr.-Ing. Philipp (CDU/CSU) . . 4658 B Margulies (FDP) . . . . . . . 4658 C Dr. Schneider (Saarbrücken) (FDP) 4667 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau Il Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 (Abg. Auge, Behrendt, Bergmann, Büttner, Dr. Deist, Geritzmann, Heiland, Dr. Dr. Heinemann, Iven [Düren], Keuning, Kriedemann, Lange [Essen], Meyer [Wanne-Eickel], Frau Rudoll, Sträter, Striebeck, Wilhelm und Fraktion der SPD) (Drucksache 1246 [neu]) — Erste Beratung — 4678 C Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Abg. Harnischfeger, Dr. Hesberg, Mick, Scheppmann, Wullenhaupt und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 1292) Erste Beratung — 4678 C 'Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen (Drucksache 1114) — Erste Beratung — Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 4659 B Dr. Veit, Minister des Landes Baden-Württemberg . . . . . . . 4660 C Scharnberg (CDU/CSU) 4664 B Dr. Seume (SPD) 4664 C Dr. Dahlgrün (FDP) 4666 D Nächste Sitzung 4678 D Anlagen 4679 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 4617 86. Sitzung Bonn, den 4. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 4679 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Atzenroth 7, 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Börner 7. 11. Dr. Brecht 6. 11. Brüns 4. 11 Dr. Bucerius 4. 11. Drachsler 6. 11. Even (Köln) 4. 11. Faller 4. 11. Gehring 4. 11. Geiger (München) 4. 11. Gewandt 4. 11. Dr Gleissner 4. 11. Dr Greve 15. 11. Dr. Hellwig 6. 11. Hilbert 1. 12 Junghans 7. 11. Kraus • 4. 11. Lenz (Trossingen) 6. 11. Dr. Leverkuehn 4. 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Metzger 4. 11. Müller (Ravensburg) 4. 11. Müller-Hermann 6. 11. Müser 7. 11. Frau Dr. Pannhoff 4. 11. Pietscher 6. 11. Pohle 4. 11. Prennel 6. 11. Dr. Ratzel 7. 11. Scharnowski 4. 11. Dr. Seffrin 7. 11 Seidl (Dorfen) 5. 11. Seither 4. 11. Dr. Siemer 4. 11. Stahl 6. 11. Stierle 7. 11. Sühler 4. 11. Weinkamm 7. 11. b) Urlaubsanträge Graf Adelmann 25. 11. Dr. Gülich 15. 12. Hahn 28. 11. Heye 25. 11. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Kisters 28. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. lI. Dr. Kohut 28. 11. Kreitmeyer 25. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Dr. Vogel 25. 11. Walpert 12. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 407 Änderungsantrag der Abgeordneten Engelbrecht-Greve, Müller-Hermann, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe (Drucksachen 937, 1113, 1287). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 1 sind in der Anmerkung 3 zu Tarifnr. 27.01 folgende Änderungen durchzuführen: a) In Absatz 2 sind die Worte „insgesamt 68 vom Hundert" durch die Worte „insgesamt 77 vom Hundert" und die Worte „,im Durchschnitt der Jahre 1956, 1957 und 1958" durch die Worte „im Durchschnitt der Jahre 1955, 1956, 1957 und 1958" zu ersetzen. b) Im Absatz 3 sind die Worte „im Durchschnitt der Jahre 1956, 1957 und 1958" durch die Worte „1955, 1956, 1957 und 1958" zu ersetzen. c) Als Absatz 5 wird angefügt: „Die Bundesregierung kann, nachdem dem Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben worden ist, mit Zustimmung des Bundestages durch Rechtsverordnung das Zollkontingent in Absatz 2 dieser Anmerkung bis zu 20 v. H. erhöhen, wenn dies aus gesamtwirtschaftlichen Gründen geboten ist." 2. In § 2 ist vor die Jahreszahl „1956" die Jahreszahl „1955" einzufügen. 3. § 3 Abs. 2 wird wie folgt geändert: a) in Nummer 1 ist vor die Jahreszahl „1956" die Jahreszahl „1955" einzufügen; b) in Nummer 6 erhält Satz 2 folgende Fassung: „Auf den Anteil des Antragstellers ist die Warenmenge, die er in der Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1959 eingeführt hat, insoweit anzurechnen, als hierdurch die für ihn nach Nummer 5 festgestellte Warenmenge nicht gekürzt wird." 4. In § 5 Abs. 2 erhält Satz 1 folgende Fassung: „Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft vermerkt im Kontingentschein, daß die für den Berechtigten nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 festgestellte Teilmenge zur Belieferung anderer als in § 3 Abs. 2 Nr. 3 genannter Verbraucher verwendet werden darf." Bonn, den 3. November 1959 Engelbrecht-Greve Müller-Hermann Scharnberg Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, Herr Professor Erhard, Sie verwechseln zweierlei. Wir haben bis 1956/57 in einer Unterbedarfsdeckung gelebt. Wir haben damals gefordert, daß die deutsche Wirtschaft und insbesondere die Haushaltungen besser mit Kohle ver-

    .4641

    Dr. Bleiß
    sorgt werden. Wir haben damals auch darum gekämpft, daß der gespaltene Preis, der letzten Endes immer zu Lasten der Verbraucher ging, beseitigt wird, daß man eine zentrale Importstelle einrichtet, um diese unterschiedliche Preisbildung zu beseitigen.
    Sie haben damals einen völlig anderen Standpunkt eingenommen. Im Jahre 1958 haben Sie dann übermäßig Kohle eingeschleust, ohne Rücksicht auf alle Warnungen, die auf die zunehmenden Haldenbestände hindeuteten. Sie haben auch dann noch Importlizenzen erteilt, als wir an der Ruhr schon 10 und 11 Millionen t Haldenbestände hatten. Ich bin der Meinung, Sie haben hier doch wirklich schwerwiegende Irrtümer begangen und sind mit dem Lizenzstopp um Monate zu spät gekommen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Herr Professor Erhard, Sie haben noch Ende 1958 die Meinung vertreten, daß z. B. das Schwerpunktprogramm der Bundesbahn dazu ausreiche, die Frage der Feierschichten positiv zu lösen. Weiter haben Sie, Herr Professor Erhard, noch 1958 mit Nachdruck betont, daß es sich an der Ruhr nur um eine vorübergehende konjunkturelle Krisenerscheinung handle, die bald wieder verschwinden werde. Heute sind Sie mit uns der Meinung, daß es eine echte strukturelle Krise ist.
    Aber wir können auf die jüngste Vergangenheit zurückkommen, Herr Bundeswirtschaftsminister. Sie haben noch am 29. Januar 1959 vor dem Bundestag erklärt:
    Es ist das eindeutige Ziel aller von der Bundesregierung heute ergriffenen und eingeleiteten Maßnahmen—über die ich soeben im einzelnen gesprochen habe —, Massenentlassungen im Steinkohlenbergbau und Stillegungen von Zechen als Folge der gegenwärtigen Absatzkrise zu vermeiden.
    Nun, Herr Professor Erhard, dieses Ziel, das Sie damals angestrebt haben, ist doch offensichtlich nicht erreicht worden.. Das Kohle-Öl-Kartell, das Sie als eine besondere Maßnahme gepriesen und von dem Sie sich so viel versprochen haben, ist inzwischen mit lautem Getöse geplatzt. Der Wettbewerb ist heute noch schärfer denn je.
    Der Bundeswirtschaftsminister hat nun von der Heizölsteuer als von einem neuen Mittel gesprochen, durch das dem Bergbau eine geschützte Übergangszeit eingeräumt werden soll. In dieser Übergangszeit müsse der Bergbau die Rationalisierung durchführen. Aber, Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben uns leider wenig oder gar nichts darüber gesagt, was denn die Bundesregierung von sich aus tun will, um die Leistungsfähigkeit des Bergbaus zu steigern.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine allgemeine Bemerkung machen. Ich habe die Sorge, daß die heutige Debatte nach dem gleichen Schema abläuft, wie es uns von der Mehrheit dieses Hauses bei den früheren Kohledebatten vorexerziert worden ist. Zunächst versichert uns der Bundeswirtschaftsminister, alles sei rechtzeitig erkannt worden, und man habe alles Erdenkliche getan, um Krisenerscheinungen aufzufangen. Dann schlägt die Bundesregierung eine bestimmte Maßnahme vor und behauptet, daß diese, ausschließlich diese Maßnahme geeignet und ausreichend sei, das Energiewirtschaftsproblem zu lösen. Und die Mehrheit dieses Hauses packt dann diesen einen Vorschlag in eine Holzhammermethodik ein. Das heißt, sie arbeitet mit der Behauptung, daß derjenige, der dieser einen Maßnahme — die ja nur eine von mehreren Alternativen sein kann—nicht zustimme, gegen den Bergbau sei. Meine Damen und Herren, diese Methodik ist nicht die geeignete.
    Lassen Sie mich nun zu einigen positiven Maßnahmen für den Bergbau Stellung nehmen. Ich möchte zunächst kurz auf die Kohlenfracht zu sprechen kommen. Mein Freund Deist hat sie in seiner Begründung schon angesprochen. Ich möchte die Motive noch etwas mehr vertiefen. Die Kohlenfracht ist ein wesentlicher Bestandteil des Endverbraucherpreises für Kohle. Sie wird nach einem Ausnahmetarif 6 B 1 berechnet. Dieser Ausnahmetarif ist alt und überholungsbedürftig. Nach Pressemeldungen soll der Tarif für die Bundesbahn einen Überschuß von etwa 240 Millionen DM einbringen. Vielleicht ist dieser Betrag etwas überhöht. Aber zweifellos ist es richtig, daß der Kohlentarif erheblich über den Selbstkosten liegt.
    Wenn man einen solchen Tarif senkt, verbessern sich automatisch die Absatzchancen für die Kohle, besonders in den Marktgebieten, die vom Ruhrgebiet weiter entfernt sind. Über die Tarifsenkung ist auch verhandelt worden, allerdings mit einem negativen Ergebnis. Das Ergebnis war negativ unter Hinweis auf die defizitäre Lage der Bundesbahn und das mögliche Veto des Bundesfinanzministers, der sich weigern könnte, das höhere Defizit der Bundesbahn abzudecken. Ich glaube, daß gerade hierin eine doppelt negative Kettenreaktion liegt. Denn einmal ist es durch das ständige Hinausschieben der Sanierung der Bundesbahn einfach nicht möglich, einem in seiner Wirtschaftlichkeit und teilweise in der Existenz bedrängten Industriezweig, dem Bergbau, durch eine angemessene Tarifgestaltung die notwendige Hilfe zuteil werden zu lassen. Zum anderen scheint mir eine solche Tarifsenkung letzten Endes auch im Interesse der Bundesbahn selber zu liegen. Denn die Kohle macht etwa ein Drittel aller Gütertransporte der Bundesbahn aus, und wenn der Kohlenversand infolge eines zu hohen Preisniveaus und insbesondere durch zu hohe Tarife stark zurückgeht, verliert die Bundesbahn einen erheblichen Teil ihres Transportvolumens.
    Diese Tatsachen sind der Bundesregierung bekannt, sie haben auch, wenn ich recht unterrichtet bin, das Kabinett beschäftigt. Aber die Lösungsvorschläge, die das Kabinett gemacht hat, scheinen mir doch sehr problematisch zu sein. Wenn ich recht unterrichtet bin, soll ein Teil der Heizölsteuer — wenn sie überhaupt kommt — dazu verwendet werden, über den Bergbau gezielte Frachtzuschüsse an bestimmte Abnehmer zu geben. Die Summe der Zuschüsse soll etwa die Hälfte der möglichen Frachtsenkung ausmachen. Ich bin der Meinung,



    Dr. Bleiß
    daß eine unübersichtliche Situation dadurch nur noch unübersichtlicher gemacht wird. Ich halte den geraden Weg einer echten und direkten Tarifsenkung für besser und für korrekter.
    Eine zweite notwendige Aktion zur Hebung der Wirtschaftlichkeit im Bergbau ist die Zusammenlegung von Grubenfeldern und der Austausch von Feldesteilen. Diese Maßnahme ist geeignet, die Förderung rationeller zu gestalten. Der Bundeswirtschaftsminister hat in einer früheren Rede vor diesem Hohen Haus geäußert, daß er mit der Zielsetzung, die von dem Unternehmensverband Bergbau verkündet worden sei, voll einverstanden sei. Nun, Herr Bundeswirtschaftsminister, das ist neun Monate her. Was ist inzwischen in der Feldesbereinigung und in dem Austausch von Grubenfeldern geschehen? Es ist ,an der Zeit, die vernünftigen Gedanken im Interesse des Bergbaus möglichst schnell zu verwirklichen.
    Ich bin der Meinung, daß beim Bergbau eine Reihe von Möglichkeiten gegeben sind, die zu einer weiteren Senkung des Preises führen können.
    Herr Bundeswirtschaftsminister: warum wind denn die Kohlenenquete immer wieder verschleppt? Wir haben den Antrag 1956 gestellt. Das sind jetzt dreieinhalb Jahre her. Ich darf Sie heute fragen, ob Sie die Prüfungsaufträge erteilt haben oder ob Sie noch immer Bedenken erheben. Hier liegt wirklich eine grobe Unterlassungssünde vor, was sich zum Schaden des Bergbaus auswirkt.
    Abschließend möchte ich zu diesem Kapitel sagen: ich habe den Eindruck, daß die Bundesregierung nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die Wettbewerbsfähigkeit des Bergbaus zu heben. Die private Wirtschaft geht einen anderen Weg. Der Unternehmensverband Bergbau versucht auf seine Weise, eine Anpassung an die veränderte Marktlage vorzunehmen. Er glaubt, daß der geeignete Weg dazu das Quotenkartell sei. Zweifellos werden dabei die kartellkräftigen Unternehmen in den Stand gesetzt, Verkaufsquoten anderer Bergwerksgesellschaften zu erwerben und auf diese Weise Zechenstillegungen zu erzwingen. Die Aktionäre bekommen als Pflaster einen angemessenen Ablösungsbetrag. Das Schicksal der Werktätigen hängt jeweils von dem Stand der Beschäftigung ab. Sie werden verstehen, daß wir ,gegen eine solche Regelung erhebliche Bedenken haben.
    Lassen Sie mich weiter argumentieren! Bei einem Quotenverkauf entscheidet häufig die Kapitalkraft. Die Förderbedingungen brauchen beim Quotenerwerber nicht besser zu sein, sie können sogar schlechter sein; denn der Quotenkauf wird schon durch eine bessere Ausnutzung interessant werden. Das ist volkswirtschaftlich nicht vertretbar; denn wenn schon Zechen stillgelegt werden müssen, ist es richtig, die mit der schlechtesten Förderung zu schließen.
    Ein anderer Einwand gegen das Quotenkartell und den Quotenverkauf ist der, daß der Quotenhandel zu überstürzten Betriebseinschränkungen und zu überstürzten Belegschaftsverminderungen führen kann. Auch dafür gibt es Beispiele
    im deutschen Bergbau. Wenn wir im Buch der Geschichte ein bißchen zurückblättern, finden wir, daß es in den Jahren 1923 bis 1926 ebenfalls eine scharfe Rationalisierung gab. In jenen drei Jahren sind 25 Zechenbetriebe stillgelegt worden; die Zahl der Bergarbeiter ist in der gleichen Zeit um fast ein Drittel zurückgegangen. Sie werden zugeben, meine Damen und Herren, daß diese Tatsachen aus der Vergangenheit zur Vorsicht mahnen. Ich bin der Ansicht, daß allein schon die Tendenz einer solchen Entwicklung sich verheerend auf die Jungbergleute auswirken muß.
    Uns interessiert, wie das Bundeswirtschaftsministerium zum Quotenkartell steht. Herr Bundeswirtschaftsminister, finden die Maßnahmen zur Schaffung eines Quotenkartells Ihre Billigung? Wenn nein, was gedenken Sie zu tun, um solche privatwirtschaftlichen Maßnahmen zu verhindern? Herr Staatssekretär Westrick hat auf die Frage meines Freundes Deist im Wirtschaftspolitischen Ausschuß geantwortet, die Frage sei noch nicht besprochen worden, aber er persönlich sehe die Quote ungern. Nun, Herr Bundeswirtschaftsminister, was heißt das, daß man die Quote ungern sehe? Ist das .Bundeswirtschaftsministerium dafür oder dagegen? Was gedenken Sie im letzteren Fall gegen die Schaffung eines Quotenkartells zu tun?
    Aus den dargelegten Gründen sind wir der Meinung, daß die Quotenregelung nicht das geeignete Mittel ist, die Strukturkrise im Bergbau zu lösen. Wir befinden uns dabei in der guten Gesellschaft des Herrn Kollegen Burgbacher. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich zitieren, was Sie, Herr Kollege Burgbacher, in der Sitzung des Europäischen Parlaments am 9. April 1959 geäußert haben:
    Nun noch etwas zum Quotenproblem. Die Quotierung in der Industrie ist immer eine gefährliche Sache. Sie mag als Notmaßnahme in einer Branche, die sich nicht in einem Umstellungsprozeß, nicht in einer strukturellen Krise befindet, noch angehen. Aber eine Quotierung ohne Behinderung der Rationalisierungsmaßnahmen der Kohle einführen zu wollen, das entspricht fast dem Vorhaben, das Problem der Quadratur des Kreises zu lösen.
    Herr Kollege Burgbacher, so weit sind wir mit Ihnen völlig einverstanden. Wir sind aber der Meinung, daß es einer tunlichst genauen und vorausschauenden energiewirtschaftlichen Planung bedarf, um die Strukturwandlung reibungslos und in einer für die Bergarbeiter erträglichen Form ablaufen zu lassen.
    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben sich gegenüber der langfristigen Planung wiederholt sehr skeptisch geäußert. Anläßlich der Eröffnung der Frankfurter Herbstmesse haben Sie am 30. August 1959 u. a. ausgeführt:
    Wer Ihnen sagt, daß es möglich sei, einen über fünf oder zehn Jahre langfristigen Energieplan aufzustellen, in dem verzeichnet steht, wie viel dabei auf Kohle und wie viel dabei auf Elektrizität, wie viel auf Braunkohle und Gas und wie viel auf Öl entfällt, der ist ein Scharlatan.



    Dr. Bleiß
    Herr Bundeswirtschaftsminister, ich hätte Sie gern gefragt, wie weit Sie eigentlich den Begriff der Scharlatanerie erstrecken. Ist Ihnen nicht bekannt, Herr Professor Erhard, daß die Hohe Behörde an die Bundesregierung mit einer Erinnerung herangetreten ist, daß auf Grund des Protokolls von Oktober 1957 regelmäßig kurzfristige Vorausschätzungen für ein Jahr, regelmäßig mittelfristige Vorausschätzungen für mehrere Jahre und auch langfristige Vorausschätzungen des verfügbaren Aufkommens und des Bedarfs aufzustellen sind, und daß die Hohe Behörde es für notwendig erachtet, in jedem Mitgliedstaat die Koordinierung der Energiefragen zu organisieren? Herr Bundeswirtschaftsminister, das ist genau das, was auch wir wollen. Beziehen Sie solche Vorhaben auch in den Begriff der Scharlatanerie ein?
    Herr Professor Erhard, Sie waren in der gleichen Rede auch der Meinung, daß der Plan, der schwarze Plan, der kohlschwarze Plan, von dem Sie gesprochen haben, eine denkbar schlechte Angelegenheit sei. Sie haben u. a. erwähnt — wenn ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren darf —:
    Der Schwarze Plan nämlich, das würde bedeuten, daß wir einen Energiedirigismus schlimmsten Ausmaßes einführen müßten. Wir müßten Quoten, wir müßten Kontingente setzen.
    Herr Bundeswirtschaftsminister, ist Ihnen nicht bekannt, daß die Kontingentierung jahrelang in Ihrem Ministerium betrieben wurde und daß das Bundeswirtschaftsministerium gerade der verbrauchenden I Wirtschaft immer sehr scharfe Zügel angelegt hat, daß die verbrauchende Wirtschaft von Ihnen darüber hinaus veranlaßt worden ist, die Lücke zwischen dem effektiven Bedarf und ihrer Zuteilung durch Einfuhr amerikanischer Kohle zu schließen? Herr Bundeswirtschaftminister, ich möchte noch einmal fragen: Ist Ihnen nicht bekannt, daß sich die verbrauchende Wirtschaft über Ihre harte Kontingentierung und über Ihren harten Dirigismus wiederholt bitter beklagt hat? Was aber sollen dann solche Reden bedeuten, Herr Bundeswirtschaftsminister? Ich glaube, hier liegt ein tiefer Abgrund zwischen dem Wort und der Tat.
    Meine Damen und Herren, aus diesen inneren Widersprüchen erklärt es sich vielleicht auch, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister bisher so wenig für den Aufbau einer Energiewirtschaftsabteilung getan hat. Darf ich Sie fragen, Herr Professor Erhard: Wann werden Sie endlich den Bagatellen-Streit in Ihrem Hause beenden, so z. B. den, ob diesem Energiewirtschaftsreferat ein oder zwei Rechtsreferate zugeteilt werden sollen? Ich glaube, daß es dringend notwendig ist, endlich zu der Einrichtung , einer solchen Abteilung zu kommen, damit die Koordinierung der Energiewirtschaft einen Anfang nehmen kann.
    Das planlose Hereinströmen der amerikanischen Kohle in den vergangenen Jahren mit all den Nöten und Sorgen, die damit verbunden waren, läßt uns wieder die Forderung nach einer leistungsfähigen Einfuhrorganisation erheben. Diese Einfuhrorganisation soll nicht nur die Mengen steuern; sie muß
    und soll auch dem Zweck dienen, Preisschwankungen auf dem Weltmarkt abzufangen. Sie haben heute in Ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage u. a. auch von den Dumpingmaßnahmen gesprochen. Wenn man eine solche zentrale Importstelle hat, die auch Preisschwankungen auffangen kann, ist die Gefahr, daß Dumpingmaßnahmen den deutschen Markt zerrütten könnten, nicht mehr so groß.
    Wir sind der Meinung, daß im Bereich der Energieträger auch eine straffe Kartell- und Preiskontrolle erforderlich ist. Diese Kontrolle erscheint uns vor allem deswegen dringend geboten, um einen Machtmißbrauch besonders der Mineralölwirtschaft zu verhindern.
    Wir halten es im Interesse einer vernünftigen Koordinierung auch für notwendig, daß wir zu einer Steuerung der Investitionen kommen, und zwar nicht nur für Kohle und Mineralöl, sondern auch für den Energieträger, der in absehbarer Zeit eine bedeutende Rolle auf dem deutschen Energiemarkt spielen wird, für die Atomenergie. Ich glaube, man sollte sich auch hier rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen überlegen, um das Durcheinander zu verhüten, das wir heute auf dem Energiemarkt zu beklagen haben.
    Für den Bergbau hat die Aufstellung eines langfristigen Planes und die Anpassung an Strukturverschiebungen dafür Sorge zu tragen, daß die Lage der betroffenen Bergarbeiter und auch kommunalpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. In rein oder überwiegend bergwirtschaftlich orientierten Städten und Gemeinden können Zechenstillegungen zu ungewöhnlichen sozialen Härten und auf die Dauer zu unerträglichen kommunalpolitischen Belastungen führen. Deswegen erheben wir die Forderung, daß Entlassungen im Zuge von Anpassungsmaßnahmen nur dann erfolgen dürfen, wenn geeignete gleichwertige Dauerarbeitsplätze zur Verfügung stehen oder geschaffen werden können.
    Die Fülle der Aufgaben, die sich aus der Strukturwandlung, aus der langfristigen Planung und aus der Koordinierung der Energieträger ergeben, ist so umfangreich und so vielseitig, daß wir eben die Einsetzung eines Kohlenbeauftragten für erforderlich halten, der mit den entsprechenden Vollmachten ausgestattet sein muß. Wieder eine neue Institution?, werden Sie fragen. — Ja!, aber eine Institution, die infolge des gewaltigen Umschichtungsprozesses, der sich heute auf dem Energiemarkt abzeichnet, erforderlich geworden ist. Eine Einrichtung, die wieder verschwinden kann, sobald sie ihre Aufgabe erfüllt hat, je eher das möglich ist, um so besser.
    Wir haben Ihnen, meine Damen und Herren, heute ein sehr umfassendes Programm vorgelegt, das nach unserer Überzeugung geeignet ist, die schiefe Situation in der Energiewirtschaft wieder geradezurücken. Wir wollen mit diesem Programm erreichen, daß soziale Härten bei den notwendigen Strukturanpassungen vermieden werden. Ich möchte Sie bitten, nicht wieder nach der alten Methode zu verfahren, die Vorschläge der sozialdemokratischen Fraktion ohne Diskussion einfach vom Tisch zu schieben. Im Interesse der in der Energiewirtschaft



    Dr. Bleiß
    arbeitenden Menschen möchte ich Sie vielmehr darum bitten, unsere Vorschläge im Ausschuß ernstlich zu diskutieren.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Minister Erhard.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem ich unmittelbar um Antwort gebeten wurde, möchte ich diesem Wunsche entsprechen.
    Herr Dr. Bleiß, Sie haben gefragt, wie das Steueraufkommen, das auf 1 Milliarde DM geschätzt werde, verwendet werden solle, wenn nur ein Bedarf von 400 Millionen DM nachweisbar sei. Ich glaube, es gibt in diesem Hause niemanden, der exakt sagen kann, wie hoch die sozialen Leistungen wirklich sein werden. Ihre Höhe wird ja von der weiteren Entwicklung abhängen.
    Ich darf aber auf folgendes hinweisen, und damit gebe ich zugleich Herrn Dr. Atzenroth Antwort. Von 1958 auf 1959 machte die Minderproduktion an Kohle 71/2 Millionen t aus. 71/2 Millionen t wurden weniger importiert, und 5 Millionen t fielen auf Grund der Feierschichten weniger an. Das ist insgesamt eine neuralgische Kohlenmenge von rund 20 Millionen t. Sie müssen gleichzeitig mit einem weiteren Vordringen des Heizöls rechnen. Von seiten der Kohle werden also sehr energische Maßnahmen wie Feldbereinigungen, Teilstillegungen und Ganz-stillegungen ergriffen werden müssen, damit Bedarf und Förderung in etwa wieder einander angeglichen sein werden.
    Auf das Problem der Entschwefelung möchte ich nicht besonders eingehen, denn es ist an sich schon bekannt. Ich meine, daß hier eine Lösung auf breiter Grundlage gefunden werden muß.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Im übrigen sind schon gewerbepolizeiliche Vorschriften in Vorbereitung.
    Herr Dr. Bleiß und Herr Dr. Deist, Sie kommen nicht davon herunter, daß Sie in den Jahren 1956/ 1957 die Kohlennot sehr viel stärker dramatisiert haben, als sie tatsächlich war.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich bin sozusagen als der leichtsinnige Mann geschildert worden, der das alles offenbar nicht so ernst genommen hat, wie Sie es genommen wissen wollten. Daß wir in dieser Zeit Importkohle — Kohle aus Amerika — hereingenommen hatten, war selbstverständlich. Wir haben es ja mit Ihrem Willen und Wissen getan, damit Ihre Freunde nicht mehr frieren mußten, damit sie aus dem Bett herauskamen, Herr Dr. Deist.

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Deswegen können Sie uns doch bei Gott im Himmel keinen Vorwurf machen.
    Ich sage noch einmal: die erste Instanz, die die Entwicklung überhaupt richtig eingeschätzt hat, war
    das Bundeswirtschaftsministerium, das zu Ende 1957 — verkündet Anfang 1958 — darauf hingewiesen hat, daß wir im Jahre 1958 in einen Energieüberschuß von schätzungsweise 8 Millionen t hineinlaufen.

    (Abg. Dr. Deist: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?)

    — Ja.