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ID0308407900

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    Deutscher Bundestag 84. Sitzung Bonn, den 22. Oktober 1959 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Ehren und Schoettle . . . . . . . . 4511 A Mandatsniederlegung des Abg. Recktenwald 4511 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung (Neuordnung) des Bundesversorgungsgesetzes (Abg. Frau Dr. Probst, Maucher, Frau Kalinke, Tobaben und Fraktionen der CDU/CSU, DP) (Drucksache 957 [neu]) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Neuordnung der Versorgung der Opfer des Krieges (Kriegsopferversorgungs-Neuordnungsgesetz — KOVNOG) (FDP) (Drucksache 962) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Kriegsopferversorgung (Kriegsopferversorgungs-Neuregelungsgesetz - KDVNG) (Drucksache 1239) — Erste Beratung — Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (SPD) (Drucksache 1262) — Erste Beratung — Antrag betr. Kriegsopferversorgung (SPD) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksachen 621, 990) Blank, Bundesminister . . 4511 C, 4533 B, 4540 A, 4558 D, 4559 D Etzel, Bundesminister . . . 4512 A, 4551 A Frau Dr. Probst (CDU/CSU) . . . . 4514 D Dr. Rutschke (FDP) 4521 B Rasch (SPD) . . 4528 C, 4557 C, 4559 C Bazille (SPD) . . . . . . . . 4533 C Ruf (CDU/CSU) 4540 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 4543 D Frau Kalinke (DP) 4545 D Ritzel (SPD) 4548 D Mi schnick (FDP) 4552 C Arndgen (CDU/CSU) . . 4555 B, 4563 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 4560 A Maucher (CDU/CSU) 4561 B Dr. Mommer (SPD) 4563 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schwerbeschädigtengesetzes (Drucksache 1256) — Erste Beratung — . . . . . . 4563 C Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 1240); Schriftlicher Bericht des Arbeitsausschusses (Drucksache 1294) — Zweite und dritte Beratung — 4563 D Antrag betr. Aussetzung des Butterzolls (SPD) (Drucksache 1297) . . . . . . . 4564 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Oktober 1959 Entwurf eines Gesetzes zu dem Sechsten Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 11. April 1957 zum Wortlaut der dem AH-gemeinen Zoll- und Handelsabkommen beigefügten Zollzugeständnislisten (Drucksache 1266) — Erste Beratung — . . . . 4564 B Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte (FDP) (Drucksache 1274) — Erste Beratung — . . . . 4564 C Entwurf eines Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksache 1285) — Erste Beratung — . 4564 D Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 27. Juni 1958 zum Europäischen Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 1117); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 1278) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . . . . 4564 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ausführung des Gesetzes über den Beitritt zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 1147) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 1290) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 4565 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 23. Dezember 1957 mit der Dominikanischen Republik (Drucksache 912); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 1295) — Zweite und dritte Beratung — 4565 B Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1958 zum Handelsabkommen vom 20. März 1926 zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Portugal (Drucksache 1030); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 1296) — Zweite und dritte Beratung — 4565 C Ubersicht 9 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 1293) 4565 D Antrag betr. Verordnungen zum Lebensmittelgesetz (SPD) (Drucksache 1286) 4565 D Nächste Sitzung 4565 D Anlagen 4567 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Oktober 1959 4511 84. Sitzung Bonn, den 22. Oktober 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Baade 23. 10. Dr. Bärsch 22. 10. Bauer (Wasserburg) 28. 10. Birkelbach 23. 10. Fürst von Bismarck 7. 11. Büttner 22. 10. Corterier 23. 10. Dr. Dehler 23. 10. Demmelmeier 23. 10. Deringer 22. 10. Diekmann 23. 10. Dr. Eckhardt 23. 10. Eilers (Oldenburg) 23. 10. Eisenmann 23. 10. Engelbrecht-Greve 23. 10. Dr. Friedensburg 23. 10. Dr. Furler 23. 10. Gedat 31. 10. Geiger (München) 23. 10. Geldhagen 25. 10. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 31. 10. Hahn 23. 10. Dr. Hellwig 23. 10. Hilbert 1. 12. Hoogen 22. 10. Huth 23. 10. Illerhaus 23. 10. Jahn (Frankfurt) 31. 10. Dr. Jordan 22. 10. Josten 23. 10. Kalbitzer 23. 10. Katzer 23. 10. Dr. Kohut 23. 10. Dr. Kopf 23. 10. Dr. Kreyssig 23. 10. Krüger (Olpe) 7. 11. Dr. Leiske 23. 10. Lenz (Brühl) 23. 10. Dr. Leverkuehn 23. 10. Dr. Lindenberg 23. 10. Lücker (München) 23. 10. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 22. 10. Maier (Freiburg) 15. 12. Margulies 23. 10. Metzger 23. 10. Odenthal 23. 10. Pelster 30. 10. Pohle 23. 10. Dr. Ratzel 23. 10. Rehs 23. 10. Richarts 23. 10. Ruhnke 24. 10. Ruland 23. 10. Scharnowski 29. 10. Scheel 23. 10. Dr. Schild 23. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schmidt (Gellersen) 22. 10. Schmidt (Hamburg) 23. 10. Dr. Schwörer 24. 10. Dr. Seffrin 23. 10. Dr. Serres 23. 10. Dr. Starke 23. 10. Storch 23. 10. Sträter 23. 10. Frau Strobel 23. 10. Theis 31. 10. Unertl 23. 10. Wagner 23. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 22. 10. Frau Wolff (Berlin) 23. 10. Worms 23. 10. Dr. Zimmer 22. 10. b) Urlaubsanträge Dr. Burgbacher 26. 10. Leber 30. 10. Matthes 15. 11. Anlage 2 Umdruck 394 Änderungsantrag der Abgeordneten Gottesleben, Baldauf, Draeger und Genossen zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksachen 1240, 1294). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter Artikel VII wird ein neuer Artikel VIII angefügt: „Artikel VIII Im Saarland gelten bis zum 30. September 1962 die Vorschriften der §§ 143 d biss 143 n, für die übrigen Betriebe im Sinne des § 105 b Abs. 1 der Gewerbeordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen des § 143 d Abs. 1 Nr. 1 für diese Betriebe nicht erfüllt sein müssen." Bonn, den 21. Oktober 1959 Gottesleben Baldauf Draeger Winkelheide Teriete Wullenhaupt Caspers Harnischfeger Dr. Zimmer Memmel Dr. Reith Balkenhol Dr. Knorr Dr. Winter Dr. Siemer 4568 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Oktober 1959 Anlage 3 Umdruck 395 Änderungsantrag der Abgeordneten Wilhelm, Matzner und Genossen zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksachen 1240, 1294). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter Artikel VII wird ein neuer Artikel VIII angefügt: „Artikel VIII Im Saarland gelten bis zum 30. September 1962 die Vorschriften der §§ 143d bis 143 n, für die übrigen Betriebe im Sinne des § 105 b Abs. 1 der Gewerbeordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen des § 143 d Abs. 1 Nr. 1 für diese Betriebe nicht erfüllt sein müssen." Bonn, den 22. Oktober 1959 Wilhelm Matzner Börner Junghans Höhmann Frau Beyer (Frankfurt Altmaier Welke Dr. Schäfer Dr. Dr. Heinemann Faller Schröder (Osterode) Lange (Essen) Dr. Seume Folger Haage Anlage 4 Umdruck 4001 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksachen 1240, 1294). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter Artikel VII wird ein neuer Artikel VIII angefügt: „Artikel VIII Im Saarland gelten bis zum 30. September 1962 die Vorschriften der §§ 143 d bis 143 n, für die übrigen Betriebe im Sinne des § 105 b Abs. 1 der Gewerbeordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen des § 143 d Abs. 1 Nr, 1 für diese Betriebe nicht erfüllt sein müssen." Bonn, den 22. Oktober 1959 Dr. Hoven Ramms Dr. Schneider (Saarbrücken) Lenz (Trossingen) und Fraktion
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    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, das glaube ich nicht, Herr Schellenberg. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, daß meine Freunde beim Unterschreiben des Antrags gerade wegen dieses Punktes besondere Sorge hatten. Ich gebe aber der Hoffnung Ausdruck, daß wir bei den Beratungen Wege finden werden, uns über eine Inkraftsetzung wenn möglich am 1. April, zum Beginn des Haushaltsjahres, oder gar über eine stufenweise Inkraftsetzung zu verständigen. Wir werden über solche Wege mit dem Finanzminister und dem Arbeitsminister sehr ernsthaft und sehr verantwortungsbewußt sprechen und dabei auch nicht vergessen, daß keine neuen Steuern etwa mit dem Argument „für die Kriegsopfer" erhoben werden dürfen. Das wäre für meine politischen Freunde unerträglich.
    Auch meinen Freunden wäre die Initiative des Ministers in dieser Frage lieber gewesen als das, was unserem jetzt gemeinsamen Antrag vorangegangen ist. Wir haben uns wiederholt an den Minister und unsere Freunde in der Koalition gewandt und daran erinnert, daß die Grundsätze, auf die man sich bei der Rentenreform geeinigt hatte, in der Kriegopferversorgung nicht ohne weiteres beiseite geschoben werden können.
    Wir sind darin einig, daß die Anpassung sozialer Leistungen an den Kaufwert — wenn sie einmal versprochen ist — eine moralische und staatsbürgerliche Verpflichtung für alle sein muß. Das muß vor allem für den Teil der Kriegsopfer gelten, für den Frau Kollegin Schanzenbach mit so warmen Worten gesprochen hat und an den das ganze Haus mit warmen Gefühlen denkt, den Kreis, der die Hilfe der Gemeinschaft am meisten nötig hat: die Witwen, die Waisen, aber auch die alten Eltern, Frau Kollegin Schanzenbach, und vor allem die Schwerbeschädigten, die an der erfreulichen Entwicklung unserer Wirtschaft keinen Anteil hatten.
    Was ich hier sage, wäre aber unvollständig, wenn ich nicht auch zum Ausdruck brächte, daß die Konzeption des Bundesministers für Arbeit, daß seine grundsätzliche Haltung bezüglich gezielter sozialer Leistungen auch die meine ist. Ich meine, daß diejenigen, die nicht in der Lage sind, einen Arbeitsplatz bei steigenden Löhnen und Gehältern auszufüllen oder einen selbständigen Betrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen, einen größeren Anspruch auf Hilfe haben als etwa der andere Teil, der am Erfolg der erfreulichen Wirtschaftsentwicklung teilhat.



    Frau Kalinke
    Die Vorgeschichte dieses Gesetzes hat — da gebe ich den Kritikern recht — eine ganze Reihe psychologischer Irrtümer erkennen lassen. Warum soll man nicht zugeben, daß es in der Politik, in der es menschelt, psychologische Irrtümer gibt! Das gilt nicht nur für die Kriegsopferversorgung.
    Aber Forderungen, die so stark an das Gewissen und an das Gemüt rühren, dürfen, wenn man verantwortungsbewußt bleibt, nur begründet werden, wenn man auch die Realitäten sieht, die Fakten, die ihre Verwirklichung ermöglichen. Dabei, das muß ich allerdings sagen, ist das Unpopuläre oft weit gerechter als das im Massenstaat so leicht zu fordernde und so leicht zu versprechende hohe Maß totaler Sicherheit für alle.
    Herr Kollege Bazille hat sich über die Kühle beklagt, mit der das Haus so manche Ausführung bei der Begründung des Entwurfs aufgenommen hat. Wir wollen dankbar sein, daß es uns trotz mancher herausfordernder Worte gelungen ist, uns so in Zucht zu halten, daß wir bei der Diskussion über die Kriegsopferversorgung nicht ein unwürdiges Schauspiel bieten.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Ich gebe ehrlich zu, daß das nicht ganz leicht war.
    Bei all der inneren Bedrängnis, die die Vorgeschichte dieses Entwurfs bei uns hinterlassen hat, meine ich doch, daß die Konzeption, die wir als die Regierungsparteien heute hier vorlegen, durchaus ) die Möglichkeit gibt, den Gedankengängen der Mitglieder der Kriegsopferverbände zu entsprechen. Den Vertretern der Kriegsopferverbände soll für ihre sachliche Mitarbeit auch von meinen Freunden Dank gesagt sein. Wir möchten diese Stunde aber nicht vorübergehen lassen, ohne besonders die Organisationsvertreter in diesem Hause herzlich und dringend zu bitten — wir möchten sie aber auch warnen —, bei ihrer polemischen Erörterung nicht dazu beizutragen, daß die Unruhe und die Unsicherheit größer wird. Wir bitten sie vielmehr, alles zu tun, um die wirklichen Absichten aller Mitglieder dieses Hauses bei ihrer Darstellung in den Reihen der Kriegsopfer deutlich zu machen.
    Auch ich, Herr Kollege Bazille, habe Herrn Professor Gutmann noch vor wenigen Wochen in Bad Homburg bei der Tagung der Querschnittgelähmten gesprochen. Die Rehabilitation, von der Sie mit Recht gesprochen haben, wenn auch mit einem Nebenton, den ich nicht verstanden habe, ist unser aller gemeinsames Anliegen. Es ist aber zu bedenken, daß die Mittel für moderne Rehabilitationszentren schließlich von allen Bürgern aufgebracht werden müssen, auch von den Opfern des Krieges und den Beschädigten, die ja auch Steuerzahler sind. Deshalb wird einer Regierung, die guten Willens ist, und einer Opposition, die verantwortungsbewußt mitarbeitet, sicherlich die Möglichkeit gegeben sein, in der Fortentwicklung der Kriegsopferversorgung, die wir alle anstreben, zu einer Verbesserung, zu einer Modernisierung — ich sage: im Rahmen des Möglichen — zu kommen. Unmögliches zu verlangen ist nicht nur unrealistisch, sondern ist unredlich, und unredlich sollten wir nicht sein.
    Es ist sicherlich ein großer Unterschied — ich habe die Besorgnis des Finanzministers sehr wohl gesehen —, ob man ein Gesetz am 1. Juni, am 1. April oder zu einem anderen Zeitpunkt in Kraft setzt. Aber ich meine, man kann nicht von Weihnachten und nicht von Wahljahr sprechen, wenn wir sagen, daß wir das zu Beginn des neuen Haushaltsjahres bestimmt tun werden. Wir werden im Ausschuß auch über diese Frage sprechen.

    (Abg. Rasch: Sie wissen doch genau, daß die Umstellung so Lange dauert!)

    — Da die Organisationen schon in etwa wissen, was herauskommen wird, können sie sich, rechtzeitig vorbereiten, wenn wir mit dem ersten Durchgang im Ausschuß fertig sein werden. Wir können uns auch über einen Stufenplan der Inkraftsetzung unterhalten. Ich habe gar nichts dagegen. Über alle diese Dinge sollte man in großer Ruhe sprechen. Man sollte aber nicht über Kriegsopferprobleme sprechen und in dem Zusamenhang der Regierung oder den Regierungsparteien „die Verunglimpfung deutscher Soldaten" vorwerfen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe Sie gefragt, Herr Kollege Bazille, wer denn die deutschen Soldaten beschimpft hat; Sie haben nicht darauf geantwortet.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben uns zwar etwas von Ihrem Weg zur Sozialdemokratischen Parteierzählt. Das ist menschlich verständlich, sympathisch und gar kein Anlaß zur Auseinandersetzung. Aber es hat mich sehr interessiert, daß Sie 'im 'selben „Vorwärts" zu den vertretbaren Forderungen der Kriegsopferversorgung geschrieben haben, „der Gesetzgeber" — ich darf das vorlesen, Herr Präsident — habe „Art und Ausmaß der Entschädigung untergerechter Abwägung aller Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten" zu bestimmen. Diese gerechte Abwägung aller Interessen meine ich, wenn ich in diesem Hause immer wieder darauf hinweise, daß den Preis der sozialen Leistungen — sei es für die Versorgungen, Versicherungen mit Staatszuschüssen oder für andere soziale Hilfen — auch die Kriegsopfer, ja alle Bürger gleichermaßen bezahlen müssen. Was Sie aber getan haben, indem Sie den Vorwurf erhoben, deutsche Soldaten seien beschimpft worden — Herr Kollege Bazille, ich hoffe, Sie regen sich jetzt nicht so auf, wie ich mich aufgeregt habe —, das hätten Sie besser unterlassen sollen. Ich erinnere mich noch sehr genau der Beschimpfungen, denen im ersten gewählten niedersächsischen Landtag, dem ich nach 1945 angehört habe, meine politischen Freunde und diejenigen von Ihren Parteifreunden ausgesetzt waren, die als Witwen von Soldaten damals darum baten, eine Unterstützung zu bekommen. Ihre Kollegin aus Niedersachsen und auch Frau Schanzenbach werden es Ihnen bestätigen. Frau Schanzenbach wird dabei Unterschiede feststellen, wenn sie das badische Versorgungsgesetz und das des Landes Niedersachsen, wo Ihre Freunde damals die Regierung führten, nüchtern und rea-



    Frau Kalinke
    listisch betrachtet. Ich will nur ganz sachlich an diesen Tatbestand erinnern und hier nicht das tun, was Sie getan haben. Aber ich möchte Sie warnen, jemals wieder Vertretern politischer Parteien, die sich für die Ehre der deutschen Soldaten in einer Zeit eingesetzt haben, als man ,es ihnen sehr schwer gemacht hat ich gehöre zu ihnen —,

    (Beifall bei den Regierungsparteien) solche Dinge zu sagen.

    In demselben „Vorwärts", in dem Sie die Regierung angegriffen und über die Kriegsopferversorgung geschrieben haben, stand nämlich auch jenes schreckliche Gedicht vom „Ruhm der Soldaten" von Lestiboudois, das Sie kennen und dessen erschrekkende Verse so viele Soldaten in aller Welt beleidigt haben. Lizenzträger des „Vorwärts" waren Dr. Kurt Schumacher, Fritz Heine und Alfred Nau. Sie können dieses Gedicht in der Nr. 2 des Jahrgangs 1 vom 18. September 1948 des „Vorwärts", des Zentralorgans der Sozialdemokratischen Partei, nachlesen.

    (Zuruf des Abg. Ritzel.)

    Da können Sie außer anderen Versen folgendes lesen:
    Sie standen in Frankreich und Polen, sie standen an Wolga und Don,
    sie haben geraubt und gestohlen und wissen jetzt gar nichts davon. Das ist der Ruhm der Soldaten, Helden in Saus und Braus,
    und alles, was sie taten,
    löffeln wir jetzt aus.
    Das stand im „Vorwärts", dem Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei.

    (Pfui-Rufe von der Mitte.)

    — Bitte, meine Herren Kollegen, seien Sie ruhig. Ich habe mich erst sehr erregt; es ist aber wenig nützlich, sich zu erregen.
    Man soll, wir alle gemeinsam, in der Politik lernen; man soll nicht vergessen, was uns die Geschichte lehrt. Sie hat uns viel Böses gelehrt. Die Schatten der Vergangenheit sind noch nicht verschwunden, das Böse der Vergangenheit ist noch nicht wiedergutgemacht, und die Wunden der Vergangenheit sind noch nicht geheilt. Ich habe heute manche Töne gehört — auch von dem Sprecher der Freien Demokratischen Partei —, die mich an Töne erinnert haben, die ich in meiner Jugend mit Schrecken und Sorgen vernommen habe.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Frau Kollegin Probst hat von der konsequenten Weiterentwicklung der 6. Novelle gesprochen. Wir bekennen uns dazu. Wir wissen, daß die Sozialpolitik eine permanente Aufgabe ist, daß es bei ihr niemals einen Schlußstrich gibt und daß ein Zurück nur sehr schwer möglich ist.
    Wir wollen heute keine Einzelheiten diskutieren; allerdings wurde das schon begonnen. Meine Freunde in der Fraktion der Deutschen Partei meinen, daß, auch wenn der Etat für die Was und Witwen geringer wird, das Problem der alten Menschen und der alten Eltern noch nicht gelöst ist. Wir wissen, daß den Hinterbliebenen unsere ganz besondere Sorge zu gelten hat. Es wird unsere gemeinsame Aufgabe sein, immer wieder zu versuchen, die Bestimmungen über die Anrechnung so zu verbessern, daß sie tragbar sind. Dabei muß aber der Anreiz zur Arbeit und die Freude an der eigenen Leistung denen erhalten bleiben, für die die Leistung trotz aller Beschädigung ein wichtiges Element ihrer Lebensfreude und ihrer Lebenskraft ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn wir uns bemühen, in einem solchen Geiste die Probleme der Kriegsopferversorgung gemeinsam zu lösen, werden wir trotz aller Gegensätze wahrscheinlich sehr bald eine gute Novelle zum Gesetz verabschieden können, die den Kriegsopfern und all denen eine vernünftige Lösung der Probleme bringt, die geduldig, das muß auch ausgesprochen werden, all die häßlichen Vorgänge in der Vergangenheit erlebt haben, ohne sich aufputschen zu lassen.
    Herr Bazille hat zum Schluß noch gemeint, er müsse an die Ostzone erinnern, an unsere besetzte Heimat im deutschen Osten, und er müsse das, was die Bundesrepublik in der Sozialpolitik tut, vergleichen mit dem, was sich an Gleichschaltung in der Ostzone jeden Tag von neuem tut und was die Menschen von dort in die Freiheit des Westens jagt. Auch das, Herr Kollege Bazille, sollten Sie nicht tun. Genausowenig sollten Sie die Story vom Bruder aus Amerika erzählen, der ein Geschenk bringt, das dann angerechnet wird. Ich möchte das Versorgungsamt und den Fall kennen und wissen, wann und wo ein Bruder seiner Schwester einen Geldbetrag geschenkt hat, den ein Versorgungsamt auf die Leistungen angerechnet hat!

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) So sollte man nicht Sozialpolitik betreiben.


    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Georg Ritzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst mit einem Satz auf das eingehen, was Frau Kollegin Kalinke in Erinnerung brachte, nämlich auf jenes Gedicht, das im September 1948 in der sozialdemokratischen Zeitung „Vorwärts" erschienen ist. Ich glaube Frau Kalinke sagen zu dürfen, daß dieses Gedicht durchaus nicht den Beifall der erdrückenden Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei, ihrer Mitglieder und ihrer Anhänger gefunden hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Ja, wie kommt es denn da hinein? — Abg. Arndgen: Das hört man gern!)

    — Das ist eine Selbstverständlichkeit, Herr Kollege Arndgen. — Sie dürfen auf der anderen Seite zwei andere Tatsachen nicht vergessen. Die eine Tatsache ist die Zeit und die Erinnerung an die Zeit, in



    Ritzel
    der dieses Gedicht geschrieben wurde; die zweite Tatsache ist die, daß im Hause der Sozialdemokratischen Partei viele Wohnungen sind und daß bei uns Demokratie herrscht, die nicht nach einer bestimmten Richtung ausgerichtet ist.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Wir setzen uns ehrlich und sauber miteinander auseinander und ziehen daraus die Schlüsse, die im Gesamtinteresse liegen. Es ist merkwürdig, daß nun meiner Erinnerung nach mindestens zum dritten Mal dieses mißlungene Gedicht von 1948 hier im Hause strapaziert wird

    (Zuruf von der SPD: Zur Stimmungsmache!)

    und daß Sie gar kein anderes Beweismaterial beizubringen vermögen als eben das.

    (Abg. Rasner: Vorsichtig! Vorsichtig!)

    Aber, meine Damen und Herren, die Dinge liegen ja heute viel zu ernst, als daß die Erinnerung an ein mißlungenes Gedicht angebracht ist, das nun elf Jahre zurückliegt. Wir haben uns heute mit den Tatsachen, die durch den Gesetzentwurf der CDU und DP geschaffen werden sollen, auseinanderzusetzen. Hier zieht sich wie ein roter Faden durch die Unterhaltung, die wir heute in diesem Hohen Hause pflegen, vor allem die Frage der Terminverschiebung, auf die zuerst der Herr Bundesfinanzminister hier eingegangen ist.
    Wenn man einmal unter dem Gesichtspunkt der Haushaltsauswirkungen prüft, welche Gedanken dahinterstecken können, kommt man zwangsläufig zu der Feststellung, daß es sich um den Versuch handelt, mit einem möglichst geringen Aufwand durchzukommen. Dieser Terminbestimmung des 1. Juni 1960 liegt ohne jeden Zweifel auch ein Stück von, na, ich möchte sagen: angewandter Wahlpsychologie zugrunde. Die Wirkung der geplanten Erhöhung tritt etwa ein Jahr vor der Bundestagswahl ein. Offensichtlich wird dabei auf die Vergeßlichkeit der Masse, auf die es in diesem Falle ankommt, spekuliert. Offensichtlich wird dabei der Versuch gemacht, mit einer Methode durchzukommen, die zahlenmäßig nachzuprüfen sich wohl verlohnt.
    Frau Kalinke hat soeben den sehr interessanten Versuch gemacht — und ich kann ihr das nachfühlen, nachdem ihre Unterschrift mit unter diesem Antrag steht —, sich von der Terminbestimmung des 1. Juni 1960 etwas abzusetzen. Frau Dr. Probst war in dieser Beziehung etwas tapferer, sie hat sich eigentlich vorbehaltlos zu dem Termin des 1. Juni 1960 bekannt.

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : Sie darf doch eine eigene Meinung haben!)

    — Natürlich, soll sie auch! Mich interessiert nur, und ich wäre Frau Dr. Probst — ich sehe sie im Augenblick nicht — dankbar, wenn sie die Freundlichkeit hätte, mir in diesem Zusammenhang eine Frage zu beantworten: Glaubt Frau Dr. Probst, daß sie bei der Festsetzung dieses Termins auf die Zustimmung der Beteiligten, nämlich der Kriegsbeschädigten, rechnen kann? Ich glaube, das wird nicht der Fall sein.
    Nun einige Bemerkungen zu den Ausführungen unseres verehrten Herrn Bundesfinanzministers. Ich habe mich gefreut, daß wir endlich einmal aus seinem berufenen Munde gehört haben, daß wir im Rechnungsjahr 1959 einen gegenüber den Ansätzen des Haushaltsplanes erhöhten Steuereingang von etwas mehr als 1 Milliarde DM zu erwarten haben, und ich war überrascht, den Darlegungen des Herrn Bundesfinanzministers entnehmen zu müssen, daß er für die Erhöhung der Kriegsopferversorgung wiederum keinen anderen Ausweg als den der Erhöhung von Steuern sieht.
    Ich glaube, wir sind es den Kriegsopfern und uns selbst schuldig, Klarheit über die Entwicklung der Verhältnisse zu schaffen und uns einmal zu fragen, in welchem Ausmaß die Kriegsopfer an den segensreichen Wirkungen des sogenannten bundesdeutschen Wirtschaftswunders teilhaben. Ich habe mir aus dem Haushalt einige Zahlen herausgezogen, die ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen darf. Der Versorgungsaufwand für Kriegsopfer betrug in den Jahren
    1953 2,98 Milliarden DM, 1954 2,89 Milliarden DM, 1955 3,44 Milliarden DM, 1956 3,58 Milliarden DM, 1957 3,59 Milliarden DM, 1958 3,56 Milliarden DM, 1959 3,33 Milliarden DM.
    Meine Frage in diesem Zusammenhang lautet: Wo bleiben trotz der 5. und 6. Novelle die Auswirkungen des Wirtschaftswunders zugunsten der Kriegsopfer?
    Eine zweite Frage: Was bringt der Antrag Probst, d. h. der Antrag der CDU/CSU und der DP, den Kriegsopfern wirklich? Gestatten Sie mir, daß ich die Zahl, die von dem Herrn Bundesfinanzminister von Anfang an in die Erörterung geworfen wurde, mit den Zahlen vergleiche, die sich hier ergeben. Der Herr Bundesfinanzminister ließ verlauten das ist also die ganze Zeit hindurch auch die Plattform für die Überlegungen unseres sehr verehrten Bundessozialministers gewesen —, daß für die Verbesserung der Kriegsopferversorgung im Jahre 1959 550 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden könnten. Das Datum, das auch im ersten Regierungsentwurf genannt wurde, war der 1. Juni. Hierauf war zunächst einmal in gewissem Sinne abgestellt, und im übrigen wäre es den Ergebnissen der Beratung vorbehalten geblieben.
    Wenn Sie angesichts der im Gespräch genannten Terminierung für die Wirksamkeit der geplanten Neuregelung zum 31. Dezember 1961 — vorher sollen ja keine neuen Forderungen mehr erhoben werden dürfen sich einmal die Mühe machen, die Verwendung von 550 Millionen pro Jahr in Vergleich zu setzen mit dem, was aus dem neuen Vorschlag hervorgeht, und dabei diese Terminfestsetzung berücksichtigen, dann kommen Sie zu einem sehr interessanten Ergebnis. Wenn Sie aus 550 Millionen ab 1. Juni 1959 bis zum 31. Dezember 1961 eine Mehraufwendung zu leisten hätten, dann hätten Sie 31 Monate à 46 Millionen DM zu finanzieren. Das wäre in 31 Monaten, also bis zum 31. Dezember 1961, ein Aufwand von 1420 Millionen.



    Ritzel
    Nun kommt der Antrag Probst, Er sieht eine Jahresmehraufwendung von 1050 Millionen vor. Er würde, ab 1. Juni 1960 in Kraft gesetzt bis zum 31. Dezember 1961, also in insgesamt 19 Monaten, einen durchschnittlichen Monatsaufwand von 87,5 Millionen, eine gesamte Mehraufwendung von 1666,5 Millionen, also 1,66 Milliarden, bedeuten.
    Wenn Sie das in Vergleich setzen mit dem, was der Herr Bundesfinanzminister zuerst offeriert hat: jährlich 550 Millionen mehr, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß in dem genannten Zeitraum nach dem Antrag Probst 243,5 Millionen mehr zur Verfügung gestellt würden, als wenn die 550 Millionen ab 1. Juni 1959 gewährt worden wären. Dieser Betrag von 243,5 Millionen ist etwas weniger, als die Ersparnis auf Grund des Wegfalls von Kriegswaisen und auf Grund des Sterbens von Kriegsbeschädigten und Kriegerwitwen betragen wird.
    Ich darf Sie daran erinnern, daß wir im Jahreshaushalt 1959 eine Einsparung auf diesem Gebiet von 238 850 000 DM zu verzeichnen haben, die der Herr Bundesfinanzminister anderweitig verplant oder in die 550-Millionen-Reserve gesteckt hat, die aber nunmehr nicht für die Kriegsopfer Verwendung finden sollen.
    Nun müssen wir die Dinge einmal zu anderen Haushaltsansätzen in Vergleich setzen. Ich darf Sie noch einmal an das erinnern, was ich Ihnen in bezug auf die Leistungen für die Kriegsopfer sagte: zuletzt im Jahre 1959 3,33 Milliarden.
    Auch getragen von der Sorge, daß der Herr Bundesfinanzminister, da nach seiner Meinung der außerordentliche Haushalt '1959 nicht bedient werden kann, sogar die dort enthaltenen 500 Millionen in den ordentlichen Haushalt für den Einzelplan 14
    Verteidigungsministerium — bringen und sie dort decken will, wie sein Vorgänger es getan hat, habe ich mir einmal die Zahlen herausgezogen, um sie mit den nicht vom Wirtschaftswunder erfaßten Leistungen zugunsten der Kriegsopfer zu vergleichen.
    Die Haushaltsansätze des Einzelplans 14 — Verteidigung — bewegen sich von 1953 — ich will nicht alle Zahlen nennen, um Sie nicht zu langweilen — mit 5,52 Milliarden über 1956 mit 7,55 Milliarden bis 1959 mit 10 994 Millionen, also rund 11 Milliarden.
    Wenn der Herr Bundesfinanzminister in seinem verständlichen Bestreben, nach Deckung zu suchen, einmal den Versuch machte, sich mit seinem Kollegen Strauß über die realen Zahlen auseinanderzusetzen, die in diesem Rechnungsjahr feststellbar sind, könnte er vielleicht etwas ganz Interessantes erleben. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, die Monatsziffern dieses Jahres seit dem 1. April 1959 herauszuziehen. Es sind monatlich im Durchschnitt 552,6 Millionen DM vom Bundesverteidigungsminister beansprucht worden, im ganzen vom April bis zum Ende September 3 315 935 000 DM. Rechnet man zu diesen rund 3,3 Milliarden DM die in der zweiten Hälfte des Haushaltsjahres, bis zum 31. März 1960 zu erwartenden Ausgaben — erfahrungsgemäß kann man von einem monatlichen
    Betrag von 600 Millionen DM ausgehen — hinzu, so ergibt sich ein Gesamtverbrauch von 6,9 Milliarden DM, während dem Bundesverteidigungsminister nach Berücksichtigung der künstlichen Verrechnungen in Einzelplan 14 8,5 Milliarden DM zur Verfügung stehen. Sehr verehrter Herr Bundesfinanzminister, ich glaube, es ist möglich, im Bereich des Einzelplans 14 eine echte und sehr wirksame Ersparnis herbeizuführen, die in Verbindung mit den zu erwartenden Steuermehreinnahmen von mehr als 1 Milliarde DM eine ganz andere Terminierung des Inkrafttretens der Neuregelung der Kriegsopferversorgung erlauben würde.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat zu Beginn der Beratungen darauf hingewiesen, es sei in diesem Jahr — auch nach Auffassung der Bundesbank — nicht möglich, die geplante Anleihe in Höhe von 3 Milliarden DM oder einen Teilbetrag davon unterzubringen. Er meint, mit den Steuermehreinnahmen von rund 1 Milliarde DM verringere sich der Kapitalbedarf auf 2 Milliarden DM, und man müsse nachher sehen, wie man diese 2 Milliarden DM beschaffe. Wenn man die 500 Millionen DM, die zugunsten des Einzelplans 14 auf Pump aufgenommen werden sollen, abzieht, bleiben nur noch 1,5 Milliarden DM.
    Ich halte es für notwendig, daß sich die deutsche Volksvertretung auch in diesem Zusammenhang einmal, da es sich ja um eine Politik handelt, die seit zehn Jahren betrieben wird, Rechenschaft darüber gibt, was gegenüber der von dem Herrn Bundesfinanzminister dargelegten Unmöglichkeit einer Kapitalbegebung zugunsten der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Schuldenlast der gesamten öffentlichen Hand festzustellen ist. Herr Bundesfinanzminister, Ihnen sind die Zahlen geläufiger als mir. Ich habe sie aus Ihren Unterlagen zusammengestellt. Nach dem Stand vom 31. März 1958 haben wir eine schwebende Schuld von 5,5 Milliarden DM, eine fundierte Schuld von 16,5 Milliarden DM, im ganzen rund 22 Milliarden DM. Der Bund ist an der Neuverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich Bund, Länder und Gemeinden — das ist für die Probleme, die hier mit zur Diskussion stehen, wichtig — mit 12 % beteiligt, die Länder mit 33 %, die Gemeinden mit 55 %. Im Gesamtsteueraufkommen sind die Relationen umgekehrt. Nach den Zahlen für das Jahr 1958 ist der Bund am Gesamtsteueraufkommen mit 53,6 % beteiligt, die Länder mit 27,8 %, die Gemeinden mit 14,1 % und der Lastenausgleich mit dem Rest. Angesichts dieser Verteilung des Steueraufkommens und angesichts dieser Beteiligung des Bundes an der Gesamtschuldenlast ist es eine Ehrenpflicht des Deutschen Bundestages, hier, wo es um die Versorgung der Kriegsopfer geht, die mehr als nur Geld und Geldeswert, nämlich ihre Gesundheit bzw. ihre Angehörigen verloren haben, bei der Verwendung der Steuern, also bei der Aufteilung des Kuchens, der zur Verfügung steht, andere Maßstäbe anzulegen, als es bisher geschehen ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann müssen Sie das Grundgesetz ändern!)


    Ritzel
    Ich erinnere an das, was einer der Redner des heutigen Tages gesagt hat: Angesichts der Tatsache, daß der Herr Bundeskanzler seit zehn Jahren die Richtlinien der Politik bestimmt, hätte man in den vergangenen Jahren das berücksichtigen müssen, was wir oft genug gesagt haben, daß nämlich den deutschen Kriegsopfern eine andere Würdigung zuteil werden müßte, als es bis zur Stunde geschehen ist. Ich kann nur hoffen, daß in den bevorstehenden Ausschußberatungen eine Front hervortritt, die eine Mehrheit in dem Hohen Hause dafür zu bilden vermag, daß der Termin des 1. Juni 1960 gestrichen und das baldige Inkrafttreten einer vernünftigen Regelung vor allem auf dem Gebiet der Grundrente vorgesehen wird.

    (Beifall bei der SPD.)