Rede:
ID0308202400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3082

  • date_rangeDatum: 15. Oktober 1959

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    Deutscher Bundestag 82. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1959 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten und der Mitglieder der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl . . . 4432 D Große Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP betr. Wirtschaftskonzentration (Drucksache 702); in Verbindung mit dem Antrag betr. Maßnahmen zur Verhinderung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht (SPD) (Drucksache 1279) Schmücker (CDU/CSU) 4419 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 4425 A Kurlbaum (SPD) 4438 C Dr. Atzenroth (FDP) 4443 D Deringer (CDU/CSU) 4447 C Dr. Schild (DP) 4451 B Wieninger (CDU/CSU) . . . . 4452 D Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 4453 C Jahn (Marburg) (SPD) 4455 A Diebäcker (CDU/CSU) 4456 B Gewandt (CDU/CSU) 4457 B Lange (Essen) (SPD) 4458 B Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) (CDU/CSU) 4459 D Dr. Dollinger (CDU/CSU) 4461 A Dr. Deist (SPD) 4461 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 4469 C Dr. Bucher (FDP) 4473 C Nächste Sitzung 4473 D Anlagen 4475 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1959 4419 82. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 81. Sitzung Seite 4393 C Zeile 10 statt „Rückerstattungsentschädigten": Rückerstattungsgeschädigten. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 15. 10. Bauer (Wasserburg) 28. 10. Bergmann 16. 10. Birkelbach 16. 10. Dr. Birrenbach 16. 10. Fürst von Bismarck 7. 11. Blöcker 16. 10. Dr. Brecht 16. 10. Dr. Bucerius 16. 10. Demmelmeier 16. 10. Frau Dr. Diemèr-Nicolaus 16. 10. Dopatka 17. 10. Döring (Düsseldorf) 15. 10. Eisenmann 15. 10. Engelbrecht-Greve 16. 10. Even (Köln) 17. 10. Dr. Franz 18. 10. Dr. Frey 16. 10. Dr. Friedensburg 16. 10. Fritz (Welzheim) 17. 10. Gedat 24. 10. Geiger (München) 16. 10. Geritzmann 15. 10. Glahn 16.10. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 31. 10. Dr. Hellwig 16. 10. Hermsdorf 16. 10. Hilbert 1. 12. Dr. Jordan 16. 10. Keller 16. 10. Kemmer 16. 10. Könen (Düsseldorf) 18. 10. Dr. Kopf 16. 10. Dr. Krone 15. 10. Krüger (Olpe) 7. 11. Dr. Leiske 17. 10. Logemann 16. 10. Lücker (München) 16. 10. Metzger 16. 10. Freiherr von Mühlen 16. 10. Neuburger 16. 10. Frau Niggemeyer 17. 10. Ollenhauer 16. 10. Pelster 30. 10. Rasner 16. 10. Recktenwald 16. 10. Rehs 19. 10. Frau Renger 16. 10. Dr. Rüdel (Kiel) 16. 10. Scharnowski 29. 10. Scheel 16. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 10. Frau Seppi 15. 10. Dr. Serres 23. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Spitzmüller 16.10. Stahl 16. 10. Dr. Starke 16. 10. Dr. Stecker 15. 10. Dr. Steinmetz 16. 10. Stenger 16. 10. Storch 17. 10. Sträter 17. 10. Teriete 15. 10. Theis 31. 10. Dr. Wahl 21. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 10. Wehner 16. 10. Wieninger 16. 10. Frau Wolff (Berlin) 16. 10. b) Urlaubsanträge Josten 23. 10. Dr. Schwörer 24. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs des Bundesministeriums der Finanzen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seuffert (Fragestunde der 70. Sitzung vom 3. 6. 1959, Drucksache 1026, Frage 12) : Ist es richtig, daß im Fahndungsdienst der Finanzverwaltung für die Beurteilung der persönlichen Leistungen der Beamten Punktzahlen angewandt werden, die sich nach den auf Grund der Fahndungsberichte beigetriebenen Steuerbeträgen bemessen? Was soll zur Rechtfertigung eines solchen Verfahrens angeführt werden? In Ergänzung meiner Antwort auf Ihre Frage in der 70. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 3. Juni 1959 darf ich Ihnen mitteilen, daß die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder die Frage nach der Handhabung eines Punktzahlverfahrens bei der Beurteilung der Steuerfahndungsbeamten übereinstimmend verneint haben. Die beigetriebenen Steuerbeträge auf Grund der Fahndungsberichte sind kein Zahlenmaßstab für die Beurteilung der Steuerfahndungsbeamten. Hettlage Anlage 3 Umdruck 391 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP betreffend Wirtschaftskonzentration (Drucksuche 702). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, alsbald den Entwurf eines Gesetzes für eine Enquete über den Grad der Konzentration in der Wirtschaft vorzulegen. 4476 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1959 Dabei sind die Erfahrungen anderer Länder der freien Welt zu verwerten. Bonn, den 15. Oktober 1959 Schmücker Wieninger Mick Dr. Dollinger Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) Dr. Burgbacher Burgemeister Deringer Diebäcker Dr. Fritz (Ludwigshafen) Gewandt Katzer Dr. Lindenberg Scharnberg Höcherl und Fraktion Dr. Schild Dr. Steinmetz Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 392 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP betreffend Wirtschaftskonzentration (Drucksache 702) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, zur Vermeidung unerwünschter Konzentration in der Wirtschaft und zur Schaffung gleicher Start- und Wettbewerbsbedingungen für Groß- und Kleinbetriebe Vorschläge zu machen, 1. welche Bestimmungen der geltenden Gesetze und welche Maßnahmen die Konzentration besonders begünstigen und daher geändert werden müssen, 2. welche gesetzlichen Bestimmungen und welche Maßnahmen zusätzlich notwendig sind. Besonders vordringlich sind dabei a) die Förderung einer breitgestreuten Eigentumsbildung in Personenhand, b) die alsbaldige Einführung eines wettbewerbsneutralen Umsatz- und Gewerbesteuerrechts, c) die Reform des Gesellschaftsrechts, vor allem des Aktienrechts, insbesondere im Sinne einer erheblichen Verstärkung der Publizität, d) die Überprüfung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen darauf, ob eine Erweiterung der Bestimmungen gegen Zusammenschlüsse und den Mißbrauch marktbeherrschender Macht notwendig ist, e) die Erhaltung einer betriebsnahen Mitbestimmung, f) die Überprüfung des Rechts der Firmenbezeichnung darauf, ob eine Stärkung des Grundsatzes der Firmenwahrheit der Offenlegung und damit der Verhinderung unerwünschter Konzentration dienen kann, g) die Förderung mittelständischer Industrieansiedlung außerhalb der Ballungsräume, h) die Sicherung des Zugangs zum Kapitalmarkt für Klein- und Mittelbetriebe. Bonn, den 15. Oktober 1959 Schmücker Wieninger Mick Dr. Dollinger Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) Dr. Burgbacher Burgemeister Deringer Diebäcker Dr. Fritz (Ludwigshafen) Gewandt Katzer Dr. Lindenberg Scharnberg Höcherl und Fraktion Dr. Schild Dr. Steinmetz Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Gewandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aile Vorredner haben zwischen der wirtschaftlich unvermeidbaren und der unerwünschten Konzentration unterschieden. Im Bereich der kommunalen Wirtschaft gibt es aber eklatante Fälle für eine wirtschaftlich unerwünschte Form der Konzentration, eine, die die freie Konsumwahl der Bürger einschränkt, und zwar zum Teil auf Generationen hinaus. Dabei geht es um Marktbeherrschung. Auch wird — sich glaube, das ist das Entscheidende — Einfluß auf die Regierung und Verwaltung genommen. Ich meine die Bauwirtschaft.
    Vielleicht darf ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zur Illustraition aus dem Protokoll über eine Sitzung eines Stadtparlaments eine Passage vorlesen, aus der ganz deutlich wird, worum es sich handelt. Ein Redner führte dort aus:
    Wenn wir die Dinge einmal ganz objektiv beim Namen nennen und mit den entsprechenden wirtschaftstheoretischen Kategorien versehen, so stehen wir einem Monopolkapitalismus der großen Baugesellschaften ,gegenüber. Durch rigorose Ankäufe treiben sie die Baulandpreise so hoch, daß kein privater Interessent noch Chancen hat, Bauland zu angemessenen Preisen zu erwerben. Diese Gesellschaften, die sich meist gemeinnützig nennen, nehmen Tausenden von Bausparern die Hoffnung, ihren Plan vom Eigenheim zu verwirklichen.
    Ich glaube, das ist eine objektiv richtige Feststellung. Wir brauchen uns nur einmal vor Augen zu
    halten, daß allein eine Baugesellschaft in der Bundesrepublik im Jahre 1958 über 83 000 Wohnungen verfügte, daß ein Drittel einer norddeutschen Großstadt von einer einzigen Gesellschaft aufgebaut worden ist, daß beispielsweise in Hamburg im Jahre 1958 26 000 Wohnungen im Besitze dieser Gesellschaft waren, in Bremen 20 000 und in Düsseldorf 16 000. Ich meine, da ist das Maß des Erträglichen überschritten.

    (Beifall in der Mitte.)

    Eines scheint mir persönlich sehr bedenklich zu sein. Ich habe mit großer Freude einige sehr interessante Vorschläge des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Dekonzentration gelesen. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich fast ausschließlich um solche, die sowohl ideologisch als auch finanziell und vor allen Dingen personell mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund auf das engste verbunden sind.
    Die steuerlichen Vorteile, die Ihnen allen bekannt sind und die bei diesen Gesellschaften viel größer sind als bei den Mammutgesellschaften der privaten Hand — sie zahlen keine Gewerbesteuer, keine Körperschaftsteuer usw. —, sind ja nicht die einzigen. Das Entscheidende ist, daß in einem großen Ausmaße Macht entstanden ist und daß sich Gemeindeverwaltungen und sogar Regierungen diesem Einfluß beugen müssen. Ich möchte hierfür mit kurzen Beispielen den Beweis antreten.
    In einer norddeutschen Stadt hatte das Parlament über einen Aufbauplan zu entscheiden. Nach diesem Aufbauplan

    (Zurufe von der Mitte: Wo?)

    in Hamburg! — sollten über 100 000 Wohnungen gebaut und das entsprechende Gelände vom Parlament festgelegt werden. Bevor das Parlament überhaupt die Möglichkeit hatte, diese Pläne zu bearbeiten und darüber zu entscheiden, hatte die Verwaltung das Gelände für 30 000 Wohnungen bereits im Vorwege den großen Gesellschaften übereignet.
    Ich darf noch zwei Beispiele anfügen, die aus einem Nachrichtenmagazin stammen, das gewiß nicht als regierungsfreundlich bezeichnet werden kann. Dort werden zwei Beispiele für den Einfluß solcher Mammutgesellschaften auf die Verwaltung, d. h. auf den Staat, gebracht. Es wird berichtet, daß ein privater Bauherr ein Gelände kaufen und dafür 8,50 DM pro Quadratmeter bieten wollte. Die Verwaltung hat abgelehnt und hat gesagt: 5,50 DM ist angemessen. Der Verkauf scheiterte natürlich. Kurze Zeit später kaufte mit Genehmigung derselben Verwaltung eine Baugesellschaft dieses Areal für 14 DM pro Quadratmeter.
    Ein anderes Beispiel! — Man könnte diese Beispiele beliebig vermehren, ich möchte nur ein weiteres eklatantes Beispiel herausgreifen. — Am Stadtrand der gleichen Stadt wollte ein privater Bauherr landwirtschaftlich genutztes Gelände für 5 DM pro Quadratmeter kaufen. Man hat es abgelehnt und hat gesagt: Du darfst höchstens 85 Pf zahlen. Was passierte? Der Kauf kam nicht zustande. Aber eine große Gesellschaft kaufte das an-



    Gewandt
    liegende Gelände zum Preis von 10 DM pro Quadratmeter.
    Das sind Beispiele für eine unerwünschte Konzentration. Ebenso unerwünscht ist es, wenn einige Stadtverwaltungen zwar dem Mittelstand kein Bauland geben, dafür aber zu sehr kulanten Preisen — in Städten wie Düsseldorf und Hamburg — Warenhäusern die Möglichkeit geben, sich an sehr günstig gelegenen Stellen zu etablieren. In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Wohnungsbauministeriums ist schon darauf hingewiesen worden, daß das Preisstoppverbot und die entsprechende Verordnung der Alliierten, die nur diese Gesellschaften ausnimmt, revidiert werden müssen. Ich glaube, das ist wichtig, denn nirgendwo in der Praxis sind die gesellschaftspolitischen Auswirkungen so negativ wie bei dieser Form der Konzentration.
    Wir müssen noch eines bedenken. Nach der unwidersprochenen Darstellung des Nachrichtenmagazins, das ich vorhin zitierte, werden die Wohnungen der genannten Gesellschaft zu 70 v. H. nur an organisierte Leute abgegeben.

    (Zurufe von der SPD: Das stimmt nicht! — Das ist unwahr!)

    — Dem ist nicht widersprochen worden. Dann müssen Sie dafür den Gegenbeweis bringen.
    Ich möchte zum Abschluß hervorheben, wie bedenklich die gesellschaftspolitischen Auswirkungen sind. Allein in der Stadt Hamburg gibt es über 60 000 Bürger, die einen voll finanzierten Bausparvertrag haben und die niemals in der Lage sein werden, zu Eigentum zu kommen, es sei denn, sie wandern aus.

    (Rufe: Na, na! von der SPD.)

    Hier haben wir das Beispiel einer unerwünschten Konzentration. Wir bitten sehr darum, daß alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, diese gesellschaftspolitisch unerwünschte Konzentration zu unterbinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Lange (Essen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Erwin Lange


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich diese Debatte anhört, fragt man sich: wer ist in diesem Hause die Mehrheitspartei, wer regiert seit 1949? Meine Damen und Herren von der CDU/CSU und auch von der DP, Sie haben seit 10 Jahren Gelegenheit gehabt, entsprechend Ihren ursprünglichen programmatischen Erklärungen — ich denke hierbei an das Ahlener Programm, das, wenn es verwirklicht warden wäre, wahrscheinlich die heutige Debatte überflüssig gemacht haben würde — die Dinge zu steuern, zu regeln, zu ordnen. Sie haben hier die Mehrheit. Es ist interessant festzustellen, daß hier praktisch Regierungsparteien und Regierung selbst mit verteilten Rollen spielen, um sich in der Öffentlichkeit ein Alibi zu verschaffen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es hat doch weiß Gott keinen Sinn, so zu tun, als oh sich die Koalition CDU/CSU-DP mit ihrer Großen Anfrage in einer ohnmächtigen Position gegenüber der Regierung befände. Entweder man hat das, was man heute mit solcher Deutlichkeit vorgetragen hat und dem wir weitgehend zustimmen — darüber hat es in den zurückliegenden Jahren keinen Zweifel gegeben —,

    (Oh!-Rufe von der Mitte)

    gewollt und will es noch — dann hätte man es verwirklichen können —, oder aber es haben sich innerhalb der Regierung und der Regierung gegenüber aus den Kreisen der Partei selbst so entscheidende Interessen- und Interessentenwiderstände ergeben, daß die Verwirklichung des ursprünglichen Programms einfach nicht mehr möglich gewesen ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist aber eine Sache, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, die Sie selbst zu verantworten haben. Wir können nicht zulassen, daß hier so getan wird als ob.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zurufe von der Mitte: Das müssen Sie uns schon gestatten!)

    — Wir gestatten alles, aber Sie müssen auch uns gestatten, unsere Meinung zu diesen Dingen zu sagen.
    Außerdem wäre in einem entscheidenden Punkt einiges möglich gewesen. Im Dezember 1955 haben wir eine sogenannte Mittelstandsdebatte gehabt, in der ein Teil der Problematik erörtert worden ist. Ein Antrag der Opposition, der damals vorgelegt worden ist, ist nie verabschiedet worden.
    Zum zweiten haben wir im Frühjahr dieses Jahres über den Antrag Drucksache 712 gesprochen. Es sollte ein Bericht über die Lage der Mittelschichten nach Möglichkeit bis zum 15. November dieses Jahres erstattet werden. Die Regierungspartei hat uns erklärt, daß sie bei dem Bemühen, diesen Antrag so schnell wie möglich zu verabschieden, mithelfen wolle. Bis heute ist die Sache noch nicht erledigt. Der. 15. November ist in kurzer Zeit da. Der Bericht kann also nicht vorgelegt werden. Von dort aus wären unter Umständen schon einige Instrumente in Ganz zu setzen, Herr Minister, von denen Sie heute in Ihrer Erklärung gesagt haben, daß wir sie nicht besitzen. Wir wissen, daß sie noch nicht vorhanden sind. Dieser Bericht sollte die Regierung in den Stand setzen, gleichzeitig zu erklären, welche Instrumente sie zur Durchführung bestimmter Maßnahmen, auch zur Durchleuchtung bestimmter Zusammenhänge wirtschaftlicher und soziologischer Art benötigt. Das ist bis zur Stunde noch nicht geschehen. Dies ist auch etwas, was auf die Mehrheitspartei in diesem Hause zurückfällt. Es kommt einfach darauf an, das, was man immer erklärt, mit der Inbrunst zu wollen, es auch endlich einmal zu verwirklichen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Helfen Sie doch einmal mit, die Forderungen hinsichtlich vernünftiger Kreditpolitik, hinsichtlich
    eines Zugangs kleinerer und mittlerer Betriebe und



    Lange (Essen)

    Unternehmungen zum Kapitalmarkt zu erfüllen! Lassen Sie sich doch nicht immer durch alle möglichen Bedenken, die gar nicht immer fundiert sind, davon abhalten, einmal das zu tun, was Sie für notwendig erachten oder von dem Sie mindestens sagen, daß Sie es für notwendig erachten!
    Schaffen Sie also solche Voraussetzungen! Schaffen Sie beispielsweise für die Kreditpolitik ein zusammenfassendes Instrument in der Gestalt eines Leitinstituts, in der Gestalt einer Bundesgarantiekasse, damit man die Bürgschaften von dieser Seite her zentral steuern kann und die Hilfe, die man geben will, auch koordinieren kann. Sie haben das in der Hand. Bis zur Stunde ist in diesem Zusammenhang noch nichts geschehen. Wir bekommen nur immer zu hören, daß das so oder so nicht gehe. Wenn wir noch sehr lange zögern und wenn Sie noch sehr lange in den Ausschüssen und in Ihrer Fraktion darüber reden, dann werden wir vielleicht noch einmal ein solches Schauspiel erleben. Aber dann ist wahrscheinlich die Debatte vorbei und kommt das, was sich aus der Debatte ergeben soll, zu spät im Hinblick auf die Erscheinungen, die heute hier gegeißelt worden sind.
    Ein Gutes hat für mein Empfinden diese Debatte. Sie macht die Öffentlichkeit auf bestimmte Vorgänge innerhalb unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft aufmerksam. Aber das allein kann man ja wohl nicht gewollt haben, wenn man sich nicht den Vorwurf zuziehen wollte, daß man als Regierungspartei es überhaupt bis zu diesem Punkt hat kommen lassen. Das scheint mir der entscheidende Punkt zu sein.
    Ich habe an Sie, meine Damen und Herren, nur die eine Bitte: sorgen Sie dafür, daß die Anträge, die noch in den Ausschüssen schmoren und die einige Instrumente enthalten, mit denen man an die Lösung solcher Probleme gehen kann, tatsächlich zum Plenum zurückkommen und daß dann der Bundesregierung Aufträge erteilt werden.
    Noch einige kleine Bemerkungen! Herr Atzenroth, Sie haben vorhin geglaubt sagen zu können, daß sich aus den gesetzlichen Verpflichtungen zur Gewährung von sozialen Leistungen — sprich: durch den sozialen Status — Schwierigkeiten für die Gründung neuer Unternehmungen ergäben. Ich bin nicht der Meinung, daß das die Ursache dafür ist, daß so wenige neue Unternehmungen gegründet werden. Wenn man nämlich auf eine verminderte Lebenshaltung abstellen will, dann ist man auf dem falschen Weg. Ich will nicht annehmen, daß Herr Atzenroth sich auf diesen Weg begeben möchte.
    Zum anderen muß ich an Herrn Gewandt die Frage richten, ob er es lieber sieht, daß der öffentlich geförderte Wohnungsbau zu einem so großen Teil zur Errichtung werkseigener Wohnungen dient, daß die Konzerne und die großen Unternehmungen über die Werkswohnungen noch größere gesellschaftliche Macht gewinnen, als sie sie im Augenblick schon haben.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Es gibt auch noch andere Möglichkeiten! Das ist nicht die Alternative!)

    — Herr Dr. Fritz, Herr Gewandt hat das so dargestellt, als ob diese eine Form der „böse Bube" wäre. Er ist sich wahrscheinlich darüber klar, daß wir heute nicht so viele Wohnungen des öffentlich geförderten Wohnungsbaues hätten, wenn es diese Form nicht gegeben hätte.

    (Widerspruch in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, Sie haben zwei Anträge vorgelegt. In dem einen ersuchen Sie um ein Gesetz über eine Enquete. Wenn ich richtig verstanden habe, wollen Sie .diesen Antrag heute verabschiedet wissen. Sie finden uns in Ihrer Gesellschaft; wir stimmen zu.
    Aber wir möchten eines noch deutlich machen. Es kann nicht dabei bleiben, einfach „alsbald" den Entwurf eines Gesetzes über eine Enquete vorzulegen. In den Antrag muß vielmehr eine Terminierung eingefügt werden, damit aus ihm klar hervorgeht, bis zu welchem Zeitpunkt die Enquete vorgelegt werden soll. Überlegen Sie sich das selber noch einmal!
    Der andere Antrag, den Sie vorgelegt haben, enthält einige Punkte, die das Hohe Haus schon einmal beschlossen hat. In ihm steht unter anderem, besonders vordringlich sei die Förderung mittelständischer Industrieansiedlung außerhalb der Ballungsräume. Ich erinnere mich, daß dieses Haus anläßlich der Beschlußfassung über den Grünen Plan eine solche Meinung vertreten hat und der Regierung einen entsprechenden Auftrag erteilt hat. Wir sollten unsere eigenen Beschlüsse nicht durch dauernde Wiederholung entwerten. Entweder messen wir unseren Beschlüssen soviel Wert bei, daß wir bei der Regierung Druck dahintersetzen, oder aber wir lassen Beschlüsse ganz sein. Sonst geraten wir in die Gefahr, die ich eingangs geschildert habe.
    Meine Damen und Herren, alles in allem noch einmal die Mahnung: jammern Sie nicht mehr über Konzentration, wenn Sie die politische Macht in der Hand haben, die Konzentration zu verhindern! Verhindern Sie die unerwünschte Konzentration!

    (Beifall bei der SPD.)