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ID0308201000

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    Deutscher Bundestag 82. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1959 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten und der Mitglieder der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl . . . 4432 D Große Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP betr. Wirtschaftskonzentration (Drucksache 702); in Verbindung mit dem Antrag betr. Maßnahmen zur Verhinderung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht (SPD) (Drucksache 1279) Schmücker (CDU/CSU) 4419 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 4425 A Kurlbaum (SPD) 4438 C Dr. Atzenroth (FDP) 4443 D Deringer (CDU/CSU) 4447 C Dr. Schild (DP) 4451 B Wieninger (CDU/CSU) . . . . 4452 D Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 4453 C Jahn (Marburg) (SPD) 4455 A Diebäcker (CDU/CSU) 4456 B Gewandt (CDU/CSU) 4457 B Lange (Essen) (SPD) 4458 B Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) (CDU/CSU) 4459 D Dr. Dollinger (CDU/CSU) 4461 A Dr. Deist (SPD) 4461 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 4469 C Dr. Bucher (FDP) 4473 C Nächste Sitzung 4473 D Anlagen 4475 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1959 4419 82. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 81. Sitzung Seite 4393 C Zeile 10 statt „Rückerstattungsentschädigten": Rückerstattungsgeschädigten. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 15. 10. Bauer (Wasserburg) 28. 10. Bergmann 16. 10. Birkelbach 16. 10. Dr. Birrenbach 16. 10. Fürst von Bismarck 7. 11. Blöcker 16. 10. Dr. Brecht 16. 10. Dr. Bucerius 16. 10. Demmelmeier 16. 10. Frau Dr. Diemèr-Nicolaus 16. 10. Dopatka 17. 10. Döring (Düsseldorf) 15. 10. Eisenmann 15. 10. Engelbrecht-Greve 16. 10. Even (Köln) 17. 10. Dr. Franz 18. 10. Dr. Frey 16. 10. Dr. Friedensburg 16. 10. Fritz (Welzheim) 17. 10. Gedat 24. 10. Geiger (München) 16. 10. Geritzmann 15. 10. Glahn 16.10. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 31. 10. Dr. Hellwig 16. 10. Hermsdorf 16. 10. Hilbert 1. 12. Dr. Jordan 16. 10. Keller 16. 10. Kemmer 16. 10. Könen (Düsseldorf) 18. 10. Dr. Kopf 16. 10. Dr. Krone 15. 10. Krüger (Olpe) 7. 11. Dr. Leiske 17. 10. Logemann 16. 10. Lücker (München) 16. 10. Metzger 16. 10. Freiherr von Mühlen 16. 10. Neuburger 16. 10. Frau Niggemeyer 17. 10. Ollenhauer 16. 10. Pelster 30. 10. Rasner 16. 10. Recktenwald 16. 10. Rehs 19. 10. Frau Renger 16. 10. Dr. Rüdel (Kiel) 16. 10. Scharnowski 29. 10. Scheel 16. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 10. Frau Seppi 15. 10. Dr. Serres 23. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Spitzmüller 16.10. Stahl 16. 10. Dr. Starke 16. 10. Dr. Stecker 15. 10. Dr. Steinmetz 16. 10. Stenger 16. 10. Storch 17. 10. Sträter 17. 10. Teriete 15. 10. Theis 31. 10. Dr. Wahl 21. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 10. Wehner 16. 10. Wieninger 16. 10. Frau Wolff (Berlin) 16. 10. b) Urlaubsanträge Josten 23. 10. Dr. Schwörer 24. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs des Bundesministeriums der Finanzen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seuffert (Fragestunde der 70. Sitzung vom 3. 6. 1959, Drucksache 1026, Frage 12) : Ist es richtig, daß im Fahndungsdienst der Finanzverwaltung für die Beurteilung der persönlichen Leistungen der Beamten Punktzahlen angewandt werden, die sich nach den auf Grund der Fahndungsberichte beigetriebenen Steuerbeträgen bemessen? Was soll zur Rechtfertigung eines solchen Verfahrens angeführt werden? In Ergänzung meiner Antwort auf Ihre Frage in der 70. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 3. Juni 1959 darf ich Ihnen mitteilen, daß die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder die Frage nach der Handhabung eines Punktzahlverfahrens bei der Beurteilung der Steuerfahndungsbeamten übereinstimmend verneint haben. Die beigetriebenen Steuerbeträge auf Grund der Fahndungsberichte sind kein Zahlenmaßstab für die Beurteilung der Steuerfahndungsbeamten. Hettlage Anlage 3 Umdruck 391 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP betreffend Wirtschaftskonzentration (Drucksuche 702). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, alsbald den Entwurf eines Gesetzes für eine Enquete über den Grad der Konzentration in der Wirtschaft vorzulegen. 4476 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1959 Dabei sind die Erfahrungen anderer Länder der freien Welt zu verwerten. Bonn, den 15. Oktober 1959 Schmücker Wieninger Mick Dr. Dollinger Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) Dr. Burgbacher Burgemeister Deringer Diebäcker Dr. Fritz (Ludwigshafen) Gewandt Katzer Dr. Lindenberg Scharnberg Höcherl und Fraktion Dr. Schild Dr. Steinmetz Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 392 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP betreffend Wirtschaftskonzentration (Drucksache 702) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, zur Vermeidung unerwünschter Konzentration in der Wirtschaft und zur Schaffung gleicher Start- und Wettbewerbsbedingungen für Groß- und Kleinbetriebe Vorschläge zu machen, 1. welche Bestimmungen der geltenden Gesetze und welche Maßnahmen die Konzentration besonders begünstigen und daher geändert werden müssen, 2. welche gesetzlichen Bestimmungen und welche Maßnahmen zusätzlich notwendig sind. Besonders vordringlich sind dabei a) die Förderung einer breitgestreuten Eigentumsbildung in Personenhand, b) die alsbaldige Einführung eines wettbewerbsneutralen Umsatz- und Gewerbesteuerrechts, c) die Reform des Gesellschaftsrechts, vor allem des Aktienrechts, insbesondere im Sinne einer erheblichen Verstärkung der Publizität, d) die Überprüfung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen darauf, ob eine Erweiterung der Bestimmungen gegen Zusammenschlüsse und den Mißbrauch marktbeherrschender Macht notwendig ist, e) die Erhaltung einer betriebsnahen Mitbestimmung, f) die Überprüfung des Rechts der Firmenbezeichnung darauf, ob eine Stärkung des Grundsatzes der Firmenwahrheit der Offenlegung und damit der Verhinderung unerwünschter Konzentration dienen kann, g) die Förderung mittelständischer Industrieansiedlung außerhalb der Ballungsräume, h) die Sicherung des Zugangs zum Kapitalmarkt für Klein- und Mittelbetriebe. Bonn, den 15. Oktober 1959 Schmücker Wieninger Mick Dr. Dollinger Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) Dr. Burgbacher Burgemeister Deringer Diebäcker Dr. Fritz (Ludwigshafen) Gewandt Katzer Dr. Lindenberg Scharnberg Höcherl und Fraktion Dr. Schild Dr. Steinmetz Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Freien Demokraten haben im vergangenen Dezember die Große Anfrage der CDU begrüßt. Sie sprach ein Thema an, das uns schon immer brennend beschäftigt hat. Leider haben wir zehn Monate auf die Antwort der Bundesregierung warten müssen, und jetzt befriedigt uns auch der eingeschlagene parlamentarische Weg nicht. Herr Minister Erhard hat uns soeben die Ansicht der Regierung aus einem, wie wir hören, vierzig Seiten umfassenden Manuskript vorgelesen. Niemand von uns konnte den Inhalt voll und ganz in sich aufnehmen. Wenn wir jetzt dazu Stellung nehmen sollen, kann das nur mehr oder weniger flüchtig geschehen, und es besteht durchaus die Möglichkeit, daß wir unsere Ansicht in den nächsten Tagen und Wochen noch präzisieren oder vielleicht auch berichtigen müssen, wenn wir den Wortlaut Ihrer Erklärung eingehend durchgesehen haben werden.
    Das gibt mir Veranlassung, vorzuschlagen, die Erledigung solcher Großen Anfragen etwas anders ablaufen zu lassen. Wenn Sie, Herr Minister, uns, allen Parteien, vielleicht vor einem oder zwei Tagen diese Antwort auf eine Anfrage, die ja von Ihrer eigenen Fraktion gekommen ist, gegeben hät-



    Dr. Atzenroth
    ten und wenn wir auf die Verlesung verzichtet hätten, wäre die Debatte nach meiner Ansicht viel lebhafter geworden, und wir hätten auch mehr Interesse für das Thema geweckt, sowohl bei unseren Kollegen hier im Hause als auch bei der Öffentlichkeit. Sie sehen die leere Pressetribüne.
    Der Umfang des Themas ist leider durch die Anfrage auf die Machtkonzentration in der Wirtschaft beschränkt. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß es auch andere Gebiete in unserem staatlichen Leben gibt, in denen Konzentrationen bestehen, die zu einer Machtzusammenballung geführt haben und über die wir zu gegebener Zeit ebenfalls sprechen müssen.
    Wir teilen die Ansicht der Regierung, daß nicht jede Zusammenfassung wirtschaftlicher Unternehmungen unerwünscht, gesellschaftspolitisch gefährlich ist. Es hieße die technische Entwicklung zurückschrauben, wollte man fordern, daß Automobile in vielen Kleinbetrieben hergestellt werden müssen. Es wäre aber auch ebenso unvernünftig, wenn man die grundsätzliche Forderung aufstellen wollte, daß im Einzelhandel nur der kleine private Betrieb seine Daseinsberechtigung hat.
    Wir sind mit der Bundesregierung auch darin einig, daß bestimmte Konzentrationsvorgänge, die der Herr Minister näher dargelegt hat, als unerwünscht zu bezeichnen sind und daß solchen Erscheinungen entgegengetreten werden muß. Dabei muß man aber nicht nur zu erwartende Zusammenfassungen überprüfen, sondern auch bestehende Zusammenballungen beachten und unter die Lupe nehmen.
    Aber, Herr Minister, über solche Grundsätze waren wir uns ja schon im Jahre 1957 einig, zu der Zeit, als der Bundeskanzler seine Regierungserklärung abgab. Seitdem sind zwei Jahre vergangen, und wenn ich auf die in dieser Zeit erzielten praktischen Ergebnisse zurückblicke und dann den Inhalt der heute abgegebenen Erklärung hinzunehme — soweit ich ihn verstanden habe —, muß ich zu der bedauerlichen Feststellung kommen, daß die Bundesregierung aus ihrer richtigen Erkenntnis der Lage bis heute nur wenig, allzuwenig praktische Folgerungen gezogen hat.
    Schon der vom Bundestag in der Frage 2 geforderte Überblick über den Umfang der Konzentration ist lückenhaft. Er versagt vor allem da, wo er für diese Debatte interessant werden könnte. Konkret ist allein die Feststellung, daß sich die Zahl der größeren Betriebe vermehrt, die der kleineren aber nur gehalten hat, daß also die Tendenz zum größeren Unternehmen eindeutig feststeht und mit Sicherheit anhalten wird. Das wußten wir alle schon vorher.
    Allerdings ist auch Ihre Behauptung, Herr Kurlbaum, es sei heute nicht möglich, daß noch kleine oder mittlere Unternehmen entstünden, nicht zutreffend. Aber gerade an Sie, an die Sozialdemokratische Partei, muß ich mich dabei mit der Frage wenden: Sind nicht unsere sozialpolitischen Maßnahmen auch ein Hindernis gegen die Neuerrichtung von kleinen Unternehmen? Fehlt nicht der
    Drang des einzelnen Menschen, sich dem Wettbewerb zu stellen, wenn der abhängige Arbeitnehmer durch staatliche Maßnahmen in einer Weise gefördert wird, die ein solches Interesse am Wettbewerb einfach überflüssig macht? Auch das sollte gerade Herr Kurlbaum, der das eben bedauert hat, sehr beachten, Wir müssen auch die andere Seite sehen.
    Zu der Frage der Konzernverflechtungen, Herr Minister, vermissen wir ebenfalls eine echte Aussage. Das gleiche gilt auch für die Angaben über das Kartellamt. Wir tappen, was den Umfang der Verschachtelungen, der Verflechtungen oder sonstiger Bindungen angeht, nach wie vor völlig im Dunkeln.
    In die Beantwortung dieser Frage hätte nach unserer Ansicht auch eine Angabe über die Verflechtungen zwischen den Gewerkschaften und den Gemeinschaftsbanken aufgenommen werden sollen. Solche Angaben wären nämlich ohne Schwierigkeiten zu ermitteln gewesen.
    Aus der Beantwortung der Frage 2 können wir also nicht die Hoffnung schöpfen, von der Bundesregierung in absehbarer Zeit mehr zu erfahren. Das bedauern wir.
    Zur Frage 3 hat der Herr Minister die Gründe für die Herstellung von vertikalen Verbindungen in der Grundstoffindustrie ohne eine Stellungnahme wiedergegeben. Wenn man den Wunsch nach Sicherung der Rohstoffversorgung einerseits und den nach Sicherung des Absatzes andererseits ohne weiteres als berechtigt anerkennt, wie es in der Regierungserklärung anscheinend getan wird, dann gibt es letzten Endes nur Unternehmen, die von der Rohstoffgewinnung bis zur Belieferung des Verbrauchers als eine große, zusammengefaßte Einheit tätig werden. Hier fehlt die grundsätzliche Stellungnahme.
    Aber auch die Praxis ist anders. Herr Minister, aus zuverlässiger Quelle ist mir bekanntgeworden — ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie das bestätigen oder bestreiten könnten; es betrifft allerdings nicht direkt Ihren Bereich, sondern den Bereich des Herrn Ministers Lindrath, aber Ihre Wirtschaftspolitik —, daß sich eines der großen Unternehmen in staatlichem Besitz, nämlich Salzgitter, jetzt mit der Absicht trägt, in die Verarbeitung zu gehen, und zwar den Behälterbau aufzunehmen. Das wäre eine Katastrophe für die Siegerländer Wirtschaft. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit ganz ernsthaft darauf lenken.
    Ich bin mir allerdings bewußt, wie wenig Einfluß, Herr Deist, die Bundesregierung auf die öffentlichen Wirtschaftsunternehmen hat. Ich weiß nicht, ob Herr Minister Erhard in der Lage ist, Dr. Ende von solchen Absichten abzuhalten. Es wäre aber sehr gut, wenn wir hier einmal die Probe aufs Exempel machen könnten.

    (Abg. Dr. Deist: Er sollte das als Alleinaktionär können!)

    — Er sollte, ich bin auch dieser Meinung.
    Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1959 4445
    Dr. Atzenroth
    Erkennt die Bundesregierung den betriebswirtschaftlich durchaus vertretbaren Standpunkt als erwünscht an, daß ein Unternehmen auf seine Rohstoffbasis nicht verzichten darf und daß es auch für seinen Absatz sorgen muß, so braucht sie sich eigentlich nicht um Maßnahmen gegen diese Konzentration zu bekümmern. Glaubt sie aber, daß gerade hier durch Überspitzung die von ihr selbst bezeichneten gesellschaftspolitischen Gefahren drohen — und wir sind dieser Meinung —, dann sollte sie dem Bundestag Gegenmaßnahmen vorschlagen. Was von einer Änderung des Aktienrechts gesagt wird, ist für diesen speziellen Punkt nur wenig von Bedeutung. Ich komme aber darauf noch einmal zurück.
    Die Bundesregierung sollte zu der Frage Stellung nehmen, ob die Unternehmungen solche Zusammenfassungen, gleichgültig ob sie in der vertikalen oder der horizontalen Ebene liegen, nicht damit erkaufen sollten, daß sie zu einem prozentual größeren Teil als die kleinen Unternehmungen an den Lasten des Staates teilnehmen müßten. Von allen denjenigen, die in der Lage sind, durch Kapitalmacht die Vorteile in Anspruch zu nehmen, die sich aus einer wirtschaftlichen Konzentration ergeben, kann billigerweise auch verlangt werden, daß sie sich einer stärkeren Belastung für die Allgemeinheit unterwerfen. Das wäre eine echte Mittelstandspolitik.
    Wenn die Antwort auf die Frage 4 zunächst besagt, daß das Kreditgeschäft der Banken keine Konzentrationsbestrebungen gefördert habe und daß sich ernsthafte Schwierigkeiten in der Kreditversorgung auch für die kleineren Unternehmungen nicht ergeben haben, so ist dem zuzustimmen. Aber diese Frage gewinnt erst wieder ernsthafte Bedeutung, wenn die Mittel für die Kredithergabe nicht mehr so flüssig sind, wie das heute der Fall ist. Ob die Bundesregierung bei einer anderen Lage noch einmal die gleiche Antwort erteilen kann wie heute, möchte ich bezweifeln.
    Interessant waren auch die Ausführungen, die der Herr Minister zu der Frage des Depotstimmrechts der Banken gemacht hat. Herr Minister, auch Sie sehen her Gefahren, die durch Machtausübung mittels fremder Gelder und fremder Stimmen entstehen können. Sie verweisen auf die große Aktienrechtsreform als Gegenmaßnahme. Aber wann, glauben Sie, wird sie von diesem Bundestag verabschiedet werden? Herr Minister, ich glaube, auch Sie werden nicht den Optimismus aufbringen, anzunehmen, daß das noch bis zum Jahre 1961 geschehen wird. Ich glaube, sie wird kaum vorgelegt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir wollen es versuchen!)

    Noch ein Wort zur Konzentration im Bankgewerbe. Die Bundesregierung sagt, daß seit 1931 keine wesentlichen Zusammenschlüsse mehr zu verzeichnen seien. Sie sagt aber nicht, daß sich seitdem die Zahl der Privatbanken ganz wesentlich verringert hat.
    Nun noch ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt. Auf das Thema „Privilegien der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute" geht die Antwort nur sehr kurz ein. Es handelt sich hier aber um eine
    ganz wichtige Frage. Wir müssen von der Bundesregierung die baldige Vorlage eines Gesetzes fordern, durch das diese Institute wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben beschränkt werden. Denn gerade in letzter Zeit sind immer wieder Klagen darüber laut geworden, daß sich solche Institute, gestützt auf ihre besonderen Privilegien, in gefahrdrohender Weise zum Schaden der privaten Institute ausgedehnt haben. An jeder Ecke entsteht eine Sparkassennebenstelle.
    Alles in allem gesehen, müssen wir aus der Antwort des Herrn Ministers zu dieser Frage den Eindruck gewinnen, daß er dem Problem „Konzentration in der Kreditwirtschaft" wenig kritisch gegenübersteht.
    Der Einfluß anderer Kabinettskollegen scheint eine gleiche Haltung bei der Beantwortung der nächsten Frage hervorgerufen zu haben. Niemand wird etwas dagegen einwenden, wenn Gemeinden, die Ansiedlung von Gewerbebetrieben auf ihrem Gebiet durch Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur oder andere ähnliche Maßnahmen zu fördern suchen. Aber auch die Bundesregierung sollte sich entschieden dagegen wehren, daß Förderungen auch durch ungleichmäßige Gestaltung der Steuersätze vorgenommen werden. Hier muß Gerechtigkeit auch für die vorhandenen Unternehmen gelten. Wenn die Rechtslage nicht eindeutig sein sollte, müßte die Bundesregierung recht bald die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, um derartige Mißbräuche zu verhindern.
    Mit der Bundesregierung sind wir der Ansicht, daß Konzentrationsvorgänge im allgemeinen auf das betriebliche Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer keinen Einfluß gehabt haben und haben werden. In vielen Fällen unterstützen sogar die Arbeitnehmervertreter die Absichten in bezug auf Zusammenschlüsse mehr, als das volkswirtschaftlich erwünscht ist. Auch auf dem Gebiet der Mitbestimmung der Arbietnehmer in den Verwaltungen juristischer Personen, also z. B. beim Montan-Mitbestimmungsrecht, sehen wir an und für sich keine Gefahr für den Einfluß der Arbeitnehmer. Dabei möchte ich aber besonders betonen, daß wir die Konzentration selber nicht gern sehen. In sehr vielen Fällen hat man sich übrigens bei solchen Zusammenfassungen in der Praxis schon damit geholfen, daß im Einvernehmen zwischen Betriebsleitungen und Arbeitnehmervertretungen in den Großbetrieben gewisse Zwischeninstanzen geschaffen worden sind, die die Verbindung zum zentralen Aufsichtsrat aufrechterhalten.
    Ich darf mich einen Augenblick mil der Beantwortung der Frage 7 beschäftigen. Herr Minister, Sie haben uns ein betriebswirtschaftliches Kolleg über die Erkenntnisse der Wissenschaft ganz richtig wiedergegeben, haben aber ein Eingehen auf die wirtschaftspolitischen Folgerungen vermieden. Ganz sicherlich sind die Sozialabgaben, mögen sie zu Lasten des Unternehmers oder des Arbeitnehmers gehen, echte Kostenbestandteile. Insofern liegt also — das ergibt sich aus der Beantwortung der CDU-Anfrage — keine Begünstigung der kapitalintensiven Wirtschaftszweige vor. Aber nicht alle



    Dr. Atzenroth
    Leistungen der Sozialversicherung beruhen auf dem Lohn oder sind dem Lohn äquivalent, sondern ein großer Teil der Leistungen der Sozialversicherung wird aus allgemeinen sozialen Gesichtspunkten gegeben und muß von den lohnintensiven Betrieben getragen werden; während die kapitalintensiven Betriebe zu diesem Teil nichts oder wenig beitragen. Es gibt aber auch manche staatlichen Abgaben, die einseitig auf den Lohn bezogen werden und dadurch die lohnintensiven Betriebe benachteiligen. Ich denke an die Lohnsummensteuer und an das Kindergeld. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß sich die lohnintensiven Betriebe besonders im Mittelstand viel schwerer tun als diejenigen, die sich nicht so sehr mit dem Kostenfaktor Lohn beschäftigen müssen, und das müßte, ganz abgesehen 'von reinen betriebswirtschaftlich-wissenschaftlichen Überlegungen, von der Regierung stärker berücksichtigt werden.
    Zu der wichtigen Frage 8 behauptet die Regierung, daß es nicht sinnvoll wäre, die bestehenden Rechtsvorschriften oder Rechtsinstitute als konzentrationsbegünstigend anzusehen. Hier sind wir nicht der gleichen Auffassung. Schon die Tatsache, daß sich die Bundesregierung mit der Vorlage einer großen Aktienrechtsreform beschäftigt, bestätigt, daß das derzeige Aktienrecht nicht in allen Punkten in Ordnung ist. Viele Konzentrationen sind nur durch dieses Recht begünstigt worden. Die Reform des Aktienrechts ist also sehr dringend, und ich wünschte, Sie könnten meiner Befürchtung entgegentreten, daß wir diese Reform in diesem Bundestag nicht mehr zuwege bringen.
    Wenn man wie die Bundesregierung der Meinung ist, daß ein Ausweichen der Kapitalgesellschaften in die Rechtsform der GmbH verhindert werden soll — und wir sind an und für sich auch dieser Meinung —, dann muß man aber das Institut der GmbH grundsätzlich anders gestalten. Herr Kurlbaum hat gefordert, daß die Publikationspflicht auch auf die GmbH übertragen wird, zunächst auf die größeren Gesellschaften. Wir unterstützen diese Forderung nicht und sind der Ansicht, daß man eine Bestimmung festlegen sollte, wonach große Kapitalgesellschaften keinen beherrschenden Einfluß auf die GmbH haben dürfen oder ihr Anteil an einer GmbH beschränkt werden muß, so daß auf diese Weise das Ausweichen vor der Publikationspflicht verhindert werden kann.
    Sie haben noch eine Reihe von anderen Vorschlägen in diesem Rahmen gebracht, auf die ich allerdings jetzt nicht eingehen kann, weil ich sie mir nicht alle notieren konnte. Ob die Umsatzbesteuerung sich konzentrationsfördernd ausgewirkt hat, ist natürlich eine der wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang. Schon gestern habe ich für meine Fraktion darauf hingewiesen, daß man das Umsatzsteuergesetz nicht mit den kleinen Änderungsgesetzen berichtigen kann, wie wir gestern eines an den Ausschuß verwiesen haben, und daß wir von der Bundesregierung nun die baldige Vorlage der sogenannten großen Umsatzsteuerreform verlangen müssen.
    Ihre Ausführungen in der heutigen Erklärung waren ja nur sehr kurz. Sie waren zu kurz, als daß wir uns ein klares Bild von den Absichten der Bundesregierung in diesem Punkte machen könnten. Eine Verbesserung des derzeitigen Systems ist sicher unbedingt notwendig. Allerdings — und hier spreche ich zunächst nur für meine Person und nicht für meine Fraktion — bin ich, Herr Dr. Becker, nach langem Überlegen doch zu der Überzeugung gekommen, daß in der Umsatzbesteuerung nicht ein Systemwechsel notwendig ist, sondern daß eine Verbesserung des geltenden Systems leichter und wirkungsvoller durchzuführen wäre. Ich sehe, daß der Herr Bundesfinanzminister erfreut ist, endlich einmal wieder eine Unterstützung zu bekommen.

    (Abg. Lange [Essen] : Hört! Hört!)

    Einen breiten Raum in den Ausführungen der Bundesregierung nimmt die Frage des Kartellrechts in Anspruch. Die Haltung der Freien Demokratischen Partei ist schon in der zweiten Legislaturperiode eindeutig festgelegt worden; sie hat sich auch jetzt nicht geändert. Wir erwarten, daß sich der für die Wirtschaftsführung des Bundes verantwortliche Minister auf diesem Gebiet nun endlich im Sinne der freien Marktwirtschaft durchsetzt. Die Bemerkung — ich hoffe, daß ich sie richtig gehört habe —, daß nur er, der Wirtschaftsminister, nicht die Bundesregierung, die Wirksamkeit der §§ 23 und 24 bezweifle, läßt eigentlich aufhorchen.
    Aber auch bei der SPD wird etwas stark aufgetragen, und manche Dinge werden doch in ihrer Wirksamkeit übertrieben. Herr Kurlbaum weiß, daß wir, mein Freund Hoffmann im 2. Bundestag und ich, uns für eine starke Beschränkung der Preisbindung zweiter Hand eingesetzt haben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Man muß aber hier die Praxis sehen. Sie wollen ja doch die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen noch weiter verschärfen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Deist.)

    Wenn wir auf die Praxis sehen, Herr Dr. Deist, dann müßten wir eigentlich stärker als hier im Parlament draußen bei dem Verbraucher anfangen, wir müßten bei der Hausfrau anfangen.

    (Zurufe von der SPD: Nur zu!)

    Wer begünstigt denn die Preisbindung der zweiten Hand? In erster Linie der Käufer, der Einkäufer, der hier geradezu einen festen Preis fordert und verlangt. Hier müssen wir aufklärend wirken. Hier wird der Wettbewerb zum großen Teil durch die Verbraucher eingeschränkt. Wir müssen den Verbraucher darüber aufklären, daß ein echter Wettbewerb nur entstehen kann,. wenn die Masse der Verbraucher ihn auch wirklich fordert. Es ist also nicht allein der Gesetzgeber, der hier im Verzuge ist, sondern die andere Seite leider auch.
    In Beantwortung der letzten Frage führt die heutige Regierungserklärung noch eine Fülle von Zielen auf, die sich die Bundesregierung gestellt hat,



    Dr. Atzenroth
    um eine gesunde Struktur der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. Aber wiederum muß ich darauf hinweisen, daß das Ziele sind, die schon vor zwei Jahren in der Regierungserklärung bekanntgegeben worden sind. Sie haben uns einige Punkte genannt, in denen für den Mittelstand konkrete Vorteile erreicht worden sind, z. B. die Beseitigung der Umsatzsteuer auf der untersten Ebene oder auch eine Erleichterung bei der Gewerbesteuer, die gerade dem Mittelstand und dem Kleingewerbe zugute kommen. Aber alles das sind Verbesserungen, Herr Minister, die nicht der Anregung der Bundesregierung entsprangen, sondern zu denen es durch Anregungen aus diesem Hause und nicht zuletzt durch Anregungen der Freien Demokraten gekommen ist. Die konkreten Handlungen und Tatsachen der Bundesregierung sind nur ganz gering an Zahl.
    Warum ist nicht ein viel größerer Teil der Pläne, die Sie jetzt aufstellen, schon verwirklicht worden? Zwei Jahre haben wir Zeit gehabt. Es gibt eben zu viele Hindernisse innerhalb der Regierung selbst. Ich erinnere dabei an die Frage der Privatisierung, die viel weiter vorgetrieben sein könnte. Ich erinnere an die Widerstände, die sich gegen die an und für sich begrüßenswerten Vorschläge des Ministers Lücke in der Wohnungswirtschaft erhoben haben. Warum kommt Herr Lücke mit seinen Plänen nicht weiter? Doch nicht etwa unseretwegen. Wir unterstützen ihn voll und ganz. Auf dem Gebiete des Verkehrs wagt ja nicht einmal der Minister Erhard anzukündigen, daß auch hier eine Einbeziehung in die Marktwirtschaft geplant sei.

    Nun noch zum Schluß ein Wort zu der Eigentumsbildung. Diese Frage ist weniger von der Bundesregierung als von einem bestimmten Kreis der CDU in die Öffentlichkeit gebracht worden. Wie so oft in unserem parlamentarischen Leben unterstützen wir Freien Demokraten die Regierung oder die CDU in ihren grundsätzlichen Erklärungen. Aber wie so oft müssen wir dann immer wieder ein Mißverhältnis zwischen dem, was angekündigt ist, zwischen Theorie und Praxis feststellen; denn die Vorschläge, die uns bisher gemacht worden sind, sind doch kaum realisierbar. Das Wort von der „Sozialromantik", das in diesem Zusammenhang geprägt worden ist, trifft auf manche dieser Vorschläge zu. Wir werden alle vernünftigen Vorschläge voll und ganz unterstützen, wir werden sie aber auf ihre realistische Verwirklichung hin prüfen müssen, und wir dürfen — Herr Katzer, das haben wir ja schon besprochen — nicht dazu kommen, daß bestimmte Maßnahmen zu einer Spaltung innerhalb bestimmter Berufszweige führen, die wir begünstigen wollen. Immer wieder ist unsere grundsätzliche Stellungnahme: erworbenes Eigentum ist besser als geschenktes Eigentum. Auch wir haben dazu ganz konkrete Pläne, und wir werden sie in nächster Zeit der Öffentlichkeit vorlegen, ebenso wie Sie das getan haben.
    Zusammenfassend muß ich für meine Fraktion erklären, daß wir in der Regierungserklärung sehr viele positive und begrüßenswerte Gedanken gefunden haben. Aber nach zwei Jahren genügen solche Erklärungen nicht mehr. Wir wollen Taten sehen, und davon konnte uns die Regierungserklärung leider zuwenig berichten.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Deringer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Arved Deringer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir bisher einige umfassende „Großunternehmen der Rede" erlebt haben, wollen sich die folgenden Redner mit hoffentlich sehr erwünschter Konzentration jeweils nur mit einigen Spezialfragen befassen. In diesem Sinne darf ich mich auf die wichtigsten Gebiete des Wirtschaftsrechts beschränken.
    Vorweg allerdings ein paar Bemerkungen zur Definition: Es ist schon wiederholt gesagt worden, daß es selbstverständlich eine ganze Reihe guter technischer, wirtschaftlicher und anderer Gründe für die Konzentration gibt. In diesem Sinne war es gemeint, wenn Herr Schmücker vorhin sagte, daß Konzentration an sich kein tadelnswerter Zustand ist. Damit war keine Aussage über den Zustand gemacht, den unsere Wirtschaft heute erreicht haben mag. Unerwünscht ist in meinen Augen jede Konzentration, die das Funktionieren des Marktes wesentlich beeinträchtigt oder verfälscht und dadurch die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit der selbständigen Unternehmen beeinträchtigt.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Preusker.)

    Nun sprechen wir allerdings allzuviel von der Konzentration im allgemeinen, ohne uns dabei zu überlegen, daß es eine ganze Reihe verschiedener Formen von Konzentrationen gibt. Wenn wir aber die richtigen Mittel gegen unerwünschte Konzentrationen finden wollen, dann bedarf es dazu der richtigen Diagnose. Ich darf deshalb ein paar Bemerkungen zu den verschiedenen Formen der Konzentration machen, die nach meiner Auffassung gerade auch für die rechtlichen Überlegungen wichtig sind.
    Die Wissenschaft hat sich bisher im wesentlichen, auch in den Vereinigten Staaten, nur mit dem Monopol bzw. — nach unserer Terminologie — mit dem Marktbeherrscher befaßt, d, h. mit dem Unternehmen, das, sei es durch Ausdehnung, sei es durch Zusammenschluß, sich auf einen Markt, auf eine Ware bezieht, einen hohen Marktanteil erreicht. Daneben aber sind nach meiner Auffassung in der Praxis viel wichtiger und gefährlicher die zwei anderen Formen der Konzentration, nämlich die vertikale und die horizontale Konzentration über mehrere Wirtschaftszweige hinweg oder, wie man in Amerika zu sagen pflegt, das conglomerate enterprise.
    Sicher gibt es auch bei der vertikalen Konzentration, d. h. bei dem Hineingehen in andere Wirtschaftsstufen, durchaus positive Gründe: Sicherung des Rohmaterials oder der Absatzwege. Aber damit sind doch eine Reihe von Gefahren verbunden, die der Herr Bundeswirtschaftsminister in seine



    Deringer
    Antwort schon aufgezeigt hat und die ich deshalb hier nur noch einmal kurz skizzieren möchte.
    Zum Beispiel besteht die Möglichkeit unterschiedlicher Preise einmal für das abhängige Unternehmen, für die eigene Tochter, und zweitens für das selbständige Unternehmen, das im Wettbewerb mit dieser Tochter steht. Weiter besteht die Möglichkeit der bevorzugten Belieferung der Töchter in Mangelzeiten oder gar einer völligen Sperre der Rohstoffquelle bzw. der Absatzwege. Schließlich gibt es die Möglichkeit von Koppelgeschäften, insbesondere dann, wenn es sich um eine Mangelware handelt.
    Ein Beispiel für die letztere Möglichkeit: ein großer Konzern im Rheinland erklärt allen Bauunternehmern, die von ihm Bauaufträge erhalten, sie erhielten nur dann Aufträge, wenn sie sich verpflichteten, nicht nur die Rohstoffe für diese Aufträge, sondern auch die Rohstoffe für alle übrigen Aufträge, die sie hätten, von seiner Baustoffhandlung, seiner Tochter, zu beziehen. Ein anderes Beispiel ist etwa, daß auf dem Gebiet der Düngemittel ein knapper Stoff nur in Koppelung mit Stickstoff oder reichlich vorhandenen Düngemitteln abgegeben wird.
    Ebenso wichtig erscheint mir bei der Betrachtung der Konzentration der Ausdehnung eines Unternehmens auf verschiedene nebeneinanderstehende Wirtschaftszweige. Auch dafür gibt es sicher positive Gründe: Das Risiko ist natürlich geringer, Ausweichen auf Ersatzware, auf Ersatzproduktionen, etwa von Eisen zu Kunststoffen, von Kohle zu Öl, Rationalisierung durch gemeinsame Dienste, bessere Kreditunterlagen usw.
    Trotzdem gibt es auch hier manche Gefahren, die wir, wenn wir die Dinge richtig behandeln wollen, beachten müssen: die Möglichkeit, die Verluste aus dem einen Bereich in den anderen, gewinnbringenderen Bereich zu verschieben, insbesondere — da, wo man anfängt, mit gezieltem Unterbieten selbständige Wettbewerber aus dem Spiel zu bringen — das Eindringen in fremde Gebiete durch Finanzkraft, ein Kapital- und nicht ein Leistungswettbewerb, ebenfalls Koppel- und Gegengeschäfte, geballte Einkaufsmacht für irgendwelche Waren, für die ein gemeinsamer Bedarf vorliegt, etwa Energie, Transportmittel und Kredit.
    Nun mögen vertikale und horizontale Konzentration über verschiedene Bereiche hinweg an sich ungefährlich sein, soweit damit nicht an irgendeinem Punkte eine Marktmacht verbunden ist. Wenn der Waldbesitzer eine Sägemühle und eine Möbelfabrik hat, mag er vielleicht alle Wettbewerbsvorteile der vertikalen Konzentration bei der Umsatzsteuer ausnutzen. Er bedeutet jedoch keine Gefahr für seinen Wettbewerber. Anders ist es, wenn auf irgendeiner Stufe Marktmacht besteht, weil diese Marktmacht benutzt wird, um auf andere Stufen hinüberzugreifen. Hier liegt nach meiner Auffassung für Wissenschaft und Gesetzgebung das entscheidende Problem, das bisher selbst in den Vereinigten Staaten noch gar nicht ausreichend behandelt worden ist: zu erkennen, wann und wo hier vertikale oder horizontale Konzentration gefährlich und unerwünscht wird.
    Lassen Sie mich zur Veranschaulichung unerwünschter vertikaler Konzentrationen nur ein paar Beispiele für das Eindringen der Grundstoffindustrie in das Gebiet des Handels, insbesondere des Düngemittel-, Baustoff-, Eisen- und Kohlehandels bringen. Im Baustoffhandel ist der Anteil des Werkshandels in Nordrhein-Westfalen von 7,2 % im Jahre 1950 auf 13,7 % im Jahre 1957 gestiegen, in Bayern in der gleichen Zeit von 4 auf 10,6 % und in der gesamten Bundesrepublik von 4,8 auf 11 %.
    Ein weiteres Beispiel. In einer Großstadt in Norddeutschland mit 17 freien Baustoffhändlern und früher 3, jetzt 5 Handelsgesellschaften betrug der Anteil des Werkshandels am Zementumsatz im Jahre 1950 praktisch 0 %, im Jahre 1957 32,5 %.
    Ein drittes Beispiel: Im Düngemittelhandel zählt man heute 128 Großhandelsfirmen, davon 37, also 29 %, freie Großhändler, dagegen 77 Konzernfirmen, 11 Einkaufsgemeinschaften und 3 Handelsabteilungen von Herstellern.
    Ein letztes Beispiel, der Einzelfall einer Konzernhandelsgesellschaft, die in der ganzen Bundesrepublik insgesamt 13 Firmen mit 16 zusätzlichem. Niederlassungen, also zusammen 29 Betriebsstätten hat. Davon laufen — und damit kommt ein weiteres Problem hinzu — 8 unter dem Namen des Konzerns, 10 unter dem Namen eines an sich bekanten Tochterunternehmens und weitere 11 unter dem Namen anderer Firmen, denen man von außen nicht ansieht, daß sie zu diesem Konzern gehören.
    In unseren Überlegungen, welche Maßnahmen gegen etwa unerwünschte Erscheinungen dieser Art möglich sind, ist schon wiederholt gesagt worden, daß es eine ganze Reihe von verschiedenen indirekten und direkten, positiven und negativen Maßnahmen, vor allem im Steuerrecht, gibt. Meine Aufgabe beschränkt sich, wie gesagt, darauf, ein paar Gebiete des Wirtschaftsrechts zu behandeln.
    Vorweg das Patentrecht! Ich weiß, daß ich hier ein für die Betroffenen recht heißes Eisen anrühre. Das Patent ist ein vom Staat verliehenes Monopol für die Erfinderleistung. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß das Patent auch als Mittel zum Ausbau oder zum Schutz einer wirtschaftlichen Machtstellung mißbraucht werden kann. Die amerikanische Literatur spricht deshalb von dem Patent-Antitrust-Dilemma.
    Besonders interessant ist in diesem Punkt der § 15 des Patentgesetzes, der bekanntlich vorsieht, daß Zwangslizenzen unter gewissen Voraussetzungen erteilt werden können, wenn das im öffentlichen Interesse geboten ist. Bisher sind recht wenige Zwangslizenzen erteilt worden. Die Rechtsprechung hat zwar eine Reihe von Beispielen dafür angeführt, was im öffentlichen Interesse geboten ist. Bisher hieß es aber immer, Förderung des Wettbewerbes, der Konkurrenz, um damit niedrigere Preise zu erreichen, liege nicht im öffentlichen Interesse. Wir sollten, meine ich, deshalb bei der weiteren Prüfung dieses Rechtsgebietes erwägen — ich weiß, daß das sehr problematisch ist —, ob nicht mindestens dann, wenn neben



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    der patentrechtlichen auch eine wirtschaftliche Machtstellung besteht, die Erteilung einer Zwangslizenz im öffentlichen Interesse geboten ist.
    Ein weiteres Gebiet ist das Recht der Firmenbezeichnung, von dem der Herr Bundeswirtschaftsminister schon sprach. Das Handelsrecht geht von dem Grundsatz der Firmenwahrheit und Firmenklarheit aus; denn der Geschäftspartner soll wissen, mit wem er es zu tun hat. Dieser Grundsatz ist allerdings weitgehend durchbrochen bei der „abgeleiteten Firma" : bei der Übernahme einer Personalgesellschaft durch eine juristische Person ist lediglich ein Zusatz hinzuzufügen, der die Tatsache erkennen läßt, daß es sich um eine juristische Person handelte aus dem man aber nicht entnimmt, welches der Name der übernehmenden Kapitalgesellschaft ist.
    Ich möchte deshalb dem Gedanken der Bundesregierung zustimmen, daß geprüft werden sollte, ob nicht in Zukunft Konzernfirmen bei Übernahme einer Personalgesellschaft deren Firma eine Bezeichnung hinzufügen sollten, aus der die Zugehörigkeit dieser Personalgesellschaft zum Konzern zu erkennen ist. Das mag auch seine Nachteile haben, weil der Name des Konzerns unter Umständen eine erhebliche Werbekraft besitzt. Aber der Vorteil, daß die Zusammenhänge klarer werden, scheint mir doch zu überwiegen.
    Auf das Genossenschaftsrecht, das in der Antwort der Bundesregierung erwähnt wurde, einzugehen, möchte ich mir der Kürze der Zeit halber ersparen. Wir wissen, daß eine Reform des Genossenschaftsrechts in Vorbereitung ist. Wir hoffen, daß dabei berücksichtigt wird, daß Genossenschaften überschaubare Kreise von Personen sein sollen, die sich um der Selbsthilfe willen zusammenschließen, nicht aber große Kapitalgesellschaften. Daß sie Kapitalgesellschaften sind, kann heute von manchen Genossenschaften gesagt werden.
    Besonders wesentlich ist das Gesellschafts-, insbesondere das Aktienrecht. Der Deutsche Juristentag hat im Jahre 1957 in Düsseldorf in einer besonderen Arbeitsgruppe, der im wesentlichen Wirtschaftsjuristen angehörten, die Frage bejaht, daß auf dem Gebiet des Konzernrechts gesetzgeberische Maßnahmen gesellschaftsrechtlicher Art notwendig sind. Das Institut der Wirtschaftsprüfer, von dem man annehmen darf, daß es von diesen Fragen auch etwas versteht, hat bald danach oder sogar gleichzeitig vorgeschlagen, daß man bei einer Neuordnung des Aktienrechts einen Konzernabschluß mit konsolidierter Bilanz und einen Konzernbericht einführen sollte, in dem der rechtliche und wirtschaftliche Aufbau des Konzerns dargelegt wird.
    Wir begrüßen es, daß der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums diese und andere Anregungen aufgegriffen und zum erstenmal den Versuch gemacht hat, ein eigenes Konzernrecht zu kodifizieren. Da wir, wenn der Entwurf in dieses Haus kommt, im einzelnen darüber werden diskutieren müssen, möchte ich jetzt nicht näher darauf eingehen, sondern nur die mir wichtig erscheinenden Neuerungen kurz andeuten. Das sind u. a. die Neuregelung des Depotstimmrechts, der verstärkte
    Minderheitenschutz, besonders in Konzernen, die stärkere Publizität etwa durch die Vorschriften über den Unternehmensvertrag, also den Konzernvertrag, die Sicherung außenstehender Aktionäre bei einem Konzern, der Ausbau der Haftung der Weisungsberechtigten und die Aufstellung von Konzernabschlüssen und -geschäftsberichten. Ich glaube, daß alle diese im Entwurf enthaltenen Gedanken zu begrüßen sind und daß wir, wenn wir den Entwurf hier im Hause beraten, diese Gedanken noch weiter ausbauen sollten.
    Sie werden es deshalb verstehen, wenn ich zu dem Vorschlag unter A II in dem Antrag der Fraktion der SPD nur sagen kann, daß ich seine Tendenz und auch weitgehend seinen Inhalt bejahe. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, daß für Personalgesellschaften mindestens dann Publizität verlangt werden sollte, wenn es sich um wirklich wichtige, große Unternehmen handelt. Ob allerdings die Festlegung einer Meldepflicht schon bei einer Beteiligung von 10 % nicht ein wenig über das Ziel hinausschießt, möchte ich hier offenlassen.
    Meine Frage an die Bundesregierung ist: Wann können wir mit dem Regierungsentwurf des neuen Aktienrechts rechnen? Wir sollten ihn so rechtzeitig erhalten, daß erhebliche Vorarbeiten für seine Verabschiedung geleistet werden können, falls es nicht gelingt, ihn noch in dieser Wahlperiode zu verabschieden.
    Als letztes erwähne ich das wichtigste und vielleicht heikelste Gebiet, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Bei den Debatten beim Zustandekommen dieses Gesetzes, an denen ich noch nicht teilgenommen habe, ist von bestimmter Seite immer wieder die These vertreten worden, das Kartellverbot fördere die Konzentration. Nun, für die Vereinigten Staaten läßt sich das statistisch weder beweisen noch widerlegen. Aber eines scheint mir sicher: daß ein scharfes Kartellverbot die Konzentration dann fördert, wenn nicht zugleich Bestimmungen gegen die Konzentration vorhanden sind, — einfach deswegen, weil sonst die Betroffenen natürlich gezwungen sind, auf die Konzentration auszuweichen.
    Nun muß ich allerdings generell sagen, daß sich unser jetziges Gesetz auch nur mit dem Marktbeherrscher, d. h. mit dem Monopol auf einem einzigen Markt, beschäftigt, während die beiden anderen, in meinen Augen wichtigeren Formen der Konzentration, die vertikale und die horizontale über mehrere Bereiche hinweggehende im Grunde genommen darin kaum behandelt sind.
    Im einzelnen zu diesem Gesetz! Gegen den Mißbrauch der Marktmacht haben wir die berühmten §§ 22 und 26 Abs. 2, Verbot der Diskriminierung bzw. der Behinderung. Die Fraktion der SPD hat beantragt, die Befugnisse im § 22 zu erweitern, also vermutlich die in den Vorarbeiten zu diesem Gesetz diskutierte Generalklausel wieder einzuführen. Nach meinen Erfahrungen in der Praxis meine ich, daß man mit der ziemlich scharfen Formulierung des § 26 Abs. 2 — Diskriminierungs- und Behinderungsverbot — gerade gegen die Behinderung der Wettbewerber doch verhältnismäßig viel



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    machen kann. Ich halte deshalb, wenn sich die bisherigen Bestimmungen als unzulänglich erweisen, die aufgeworfene Frage durchaus für diskutabel, ohne daß ich jedoch damit zur Frage der Generalklausel hier endgültig Stellung nehmen möchte. Aber zunächst einmal sollten wir abwarten, bis das Bundeskartellamt eine Reihe von Entscheidungen getroffen hat, in denen es klipp und klar sagt: Hier reichen für meine Arbeit die §§ 22 und 26 Abs. 2 nicht aus. Ich habe eine Reihe von Fällen erlebt, in denen man das zunächst annahm, nachher aber feststellte, daß man bei richtiger Auslegung und Anwendung durchaus auch mit diesem Mittel vorgehen kann. Die Engländer haben mit einem wesentlich milderen Gesetz, wie Herr Kollege Kurlbaum vorhin schon andeutete, bei richtiger Handhabung durchaus positive Erfolge erzielt.
    Für Zusammenschlüsse haben wir in diesem Gesetz bekanntlich nur die Meldepflicht des § 23. Das Bundeskartellamt sagt in seinem Bericht, diese Vorschrift sei unzureichend, weil der Marktbegriff schwer abzugrenzen sei und die Befugnisse nicht sehr weit reichten. Auch der Herr Bundeswirtschaftsminister hat in seiner Antwort durchblicken lassen, daß die Befugnisse wohl nicht zur Bekämpfung von Zusammenschlüssen ausreichen. Die Fraktion der SPD schlägt deshalb vor, über die Meldepflicht hinaus eine Erlaubnispflicht und sogar die Möglichkeit der Entflechtung einzuführen.
    Nun, ich gebe dem Bundeskartellamt durchaus darin Recht, daß die Bestimmung über die Meldepflicht, die allein auf einem Marktanteil aufbaut, wahrscheinlich problematisch ist, einfach deshalb, weil man in vielen Fällen gar nicht feststellen kann, ob dieser Marktanteil nun erreicht ist oder nicht — Substitutionskonkurrenz und alle diese Dinge. Ob man aber deshalb schon heute eine Erlaubnispflicht einführen soll, möchte ich doch in Frage stellen; denn Merkmale dafür, wann ein Zusammenschluß eines Verbotes bedürftig oder einer Erlaubnis würdig ist, haben wir im Grunde genommen noch gar nicht. Das Bundeskartellamt selber sagt in seinem Bericht zu diesem Thema — den ich mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren darf —:
    Eine sichere Grundlage für die Beurteilung ist aber notwendig, weil die nicht zu vermeidende Rechtsunsicherheit einer schwebenden Unwirksamkeit im Anmelde- bzw. Erlaubnisverfahren nicht noch dadurch erhöht werden darf, daß die in Betracht kommenden Unternehmen nur schwer feststellen können, ob die von ihnen vorgesehenen Maßnahmen unter die Konzentrationsbestimmungen fallen.
    Wir müssen darüber hinaus bedenken, daß wir jetzt in den größeren Markt der EWG hineingehen und sowieso mit größeren Unternehmenseinheiten rechnen müssen, ganz abgesehen davon, daß wir dann auch die Koordinierung unserer deutschen und der Vorschriften des Gemeinsamen Marktes erreichen müssen, bei denen, wie die Beteiligten wissen, im Augenblick ein erheblicher Rechtswirrwarr besteht. Mir scheinen allerdings Rechtsunsicherheit und Rechtswirrwarr gerade auf dem gebiet des Wirtschaftsrechts auf die Dauer genauso
    unerwünscht zu sein wie gewisse wirtschaftspolitisch abzulehnende Erscheinungen, die man im Augenblick vielleicht mangels ausreichender Befugnisse und Bestimmungen noch nicht bekämpfen kann.
    Abgesehen davon ist der Vorschlag der SPD, eine Erlaubnispflicht einzuführen und eine Entflechtung zu ermöglichen, in meinen Augen deshalb sachlich unzulänglich, weil er im Grunde genommen nur die Monopole, also diejenigen Unternehmen erfaßt, die einen großen Marktanteil auf einem Markte haben. Die Frage der vertikalen und horizontalen Konzentration wird damit eben auch nicht gelöst.
    Ich möchte Ihnen selbst einen Vorschlag unterbreiten. Man könnte wenigstens eine bessere Befolgung der Vorschrift über die Meldepflicht durch eine Bestimmung erreichen, wonach Zusammenschlüsse erst dann zivilrechtlich gültig sind, wenn sie dem Bundeskartellamt angemeldet werden. Das bedeutet nicht, daß eine Prüfung erfolgt, das bedeutet nicht, daß eine Erlaubnis nötig ist. Eine solche Bestimmung sichert aber, daß die Unternehmenszusammenschlüsse, durch die ein Marktanteil von 20 % oder mehr erreicht wird, auch tatsächlich angemeldet werden.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wesentlich wichtiger erscheint mir auch auf dem Gebiet des Kartellrechts die Publizität. Zum Thema der Firmenbezeichnungen sowie zum Konzernrecht
    habe ich schon einiges gesagt. Ob man darüber hinaus ein Konzernregister einführen sollte, in das alle Konzerne einzutragen wären, möchte ich so lange offenlassen, solange wir noch keine Erfahrungen mit der im Entwurf des neuen Aktiengesetzes vorgesehenen Eintragung der Unternehmensverträge in das Handelsregister gesammelt haben. An sich ist damit ja Publizität über die Konzernzusammenhänge genug vorhanden.
    Die Fraktion der SPD schlägt darüber hinaus noch die Abschaffung der Preisbindung der zweiten Hand und eine schärfere Handhabung der Befugnisse des Kartellamts gegen Ausschließlichkeitsverträge des § 18 vor. Die Meinungen über den Wert der vertikalen Preisbindungen und auch der Ausschließlichkeitsklausel sind zweifellos nicht nur in diesem Hause, nicht nur in der Wirtschaft und Wissenschaft, sondern, wie Herr Kollege Atzenroth vorhin schon sagte, auch unter den Verbrauchern sehr geteilt. Im übrigen handelt es sich in beiden Fällen zwar um wichtige Probleme des Wettbewerbs- oder Kartellrechts, aber in meinen Augen eigentlich nur um indirekte Fragen der Konzentration.
    Ich bin auch hier wieder der Meinung, daß die Möglichkeiten, die das Bundeskartellamt durch den § 17 für die Preisbindung und den § 18 für die Ausschließlichkeitsverträge hat, zunächst ausreichen. Solange das Bundeskartellamt nur zwei Verfahren nach § 18 und noch keines nach § 17 eingeleitet hat, kann man eigentlich nicht sagen, daß diese Bestimmungen nicht ausreichen. Wir sollten also auf diesem Gebiet die Entwicklung abwarten.

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    Schließlich noch ein Wort zu dem Vorschlag, eine Monopolkommission zu bilden. Zunächst darf ich den Herrn Kollegen Kurlbaum — wenn er die Güte hat, zuzuhören — sachlich dahin berichtigen, daß sich gerade die englische Monopolkommission als unzulänglich erwiesen hat. Sie wurde nämlich durch das Gesetz von 1956 abgeschafft, und es wurde eine andere Regelung eingeführt. Gewiß hat die Kommission auch in ihrer unzulänglichen Form drüben eine ganze Reihe sehr positiver Ergebnisse erzielt. Aber ich möchte diese Frage gar nicht endgültig entscheiden, weil nach meiner Auffassung die vorgeschlagene Kommission im wesentlichen eine Aufgabe hätte, deren Lösung wir mit unserer Forderung nach einer Enquete vorläufig anstreben.
    Abschließend darf ich unterstreichen: Kernproblem ist nach meiner Auffassung gar nicht so sehr der Mißbrauch auf dem beherrschten Markt, sondern vielmehr auf den vorgelagerten und gleichgelagerten Stufen. Dafür fehlen uns aber noch die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Deshalb eine Enquete und deshalb eine wissenschaftliche Durcharbeitung. Wir können eis uns nicht leisten, auf einem so wichtigen Gebiet mit der Stange im Nebel herumzufahren.

    (Abg. Dr. Fritz: Sehr richtig!)

    Mancher mag meine Haltung zu den Fragen als sehr vorsichtig bezeichnen. Es mag sein, daß ich als Jurist die Fragen immer etwas behutsamer anpacke. Im Grundsatz sind wir uns durchaus darin einig, daß unerwünschte Konzentration bekämpft werden sollte. Da es ,aber dafür, wie auch Sie sagen, kein Patentrezept, sondern nur ein Bündel von Maßnahmen gibt, scheint mir, daß man die einzelnen Rezepte sehr sorgfältig prüfen und auf ihre Wirksamkeit abwägen sollte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)