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    Deutscher Bundestag 80. Sitzung zugleich 209. Sitzung des Bundesrates Bonn, den 15. September 1959 Inhalt: Ansprache des Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier zur Beendigung der Amtsperiode von Bundespräsident Professor Dr. Heuss und zum zehnjährigen Bestehen der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . 4371 A Eidesleistung des Bundespräsidenten . . . 4376 A Ansprachen Bundespräsident Dr. h. c. Lübke . . 4376 B Präsident des Bundesrates Kaisen . 4378 D Professor Dr. Heuss 4381 A Anlage 4383 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 15. September 1959 4371 80. Sitzung zugleich 209. Sitzung des Bundesrates Bonn, den 15. September 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 11.02 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 15. 9. Bauer (Wurzburg) *) 19. 9. Bazille 15. 9. Becker (Pirmasens) 15. 9. Frau Berger-Heise 15. 9. Dr. Bergmeyer 15. 9. Frau Beyer (Frankfurt) 15. 9. Dr. Birrenbach 15. 9. Fürst von Bismarck *) 19. 9. Blachstein *) 19. 9. Frau Dr. Bleyler 15. 9. Brand 15. 9. Dr. Brecht 15. 9. Corterier *) 19. 9. Dr. Dahlgrün 15. 9. Diebäcker 15. 9. Döring (Düsseldorf) 15. 9. Dröscher 15. 9. Ehren 15. 9. Etzenbach 15. 9. Franke 15. 9. Franzen 15. 9. Frau Dr. Gantenberg 15. 9. Gedat 15. 9. Geiger (Aalen) 15. 9. Gerns *) 19. 9. Glüsing (Dithmarschen) 15. 9. Goldhagen 15. 9. Freiherr zu Guttenberg 15. 9. Hahn 15. 9. Hansing 15. 9. Dr. Dr. Heinemann 15. 9. Hellenbrock 15. 9. Heye *) 19. 9. Höcherl 15. 9. Höfler *) 19. 9. Frau Dr. Hubert *) 19. 9. Hübner 15. 9. Huth 15. 9. Jacobs *) 19. 9. Jahn (Frankfurt) 15. 9. Frau Kalinke 15. 9. Keller 15. 9. Kirchhoff 15. 9. Dr. Kliesing (Honnef) 15. 9. Dr. Königswarter 15. 9. Frau Korspeter 15. 9. Kreitmeyer 15. 9. Frau Dr. Kuchtner 15. 9. Kühn (Köln) *) 19. 9. Kuntscher 15. 9. Kunze 15. 9. Lange (Essen) 15. 9. Leonhard 15. 9. Leukert 15. 9. Maier (Freiburg) 15. 9. Margulies 15. 9. Mattick 15. 9. Mank 15. 9. Frau Dr. Maxsein *) 19. 9. Dr. Meyer (Frankfurt) *) 19. 9. Neuburger 15. 9. Ollenhauer 15. 9. Paul *) 19. 9. Pietscher 15. 9. Pohle 15. 9. Rademacher 15. 9. Regling 15. 9. Frau Dr. Rehling *) 19. 9. Rehs 15. 9. Frau Renger *) 19. 9. Dr. Ripken 15. 9. Dr. Rüdel (Kiel) 15. 9. Dr. Schäfer 15. 9. Dr. Schellenberg 15. 9. Dr. Schmidt (Wuppertal) 15. 9. Schmitt (Vockenhausen) 15. 9. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 9. Schröter (Berlin) 15. 9. Seidl (Dorfen) *) 19. 9. Dr. Siemer 15. 9. Frau Strobel 15. 9. Unertl 15. 9. Vogt 15. 9. Wacher 15. 9. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) *) 19. 9. Wehr 15. 9. Wienand 15. 9. Wischnewski 15. 9. Wullenhaupt 15. 9. Dr. Zimmer *) 19. 9. Zühlke 15. 9. b) Urlaubsanträge Frau Albertz 3. 10. Berger 29. 9. Dr. Gülich 31. 10. Jahn (Stuttgart) 30. 9. Dr. Leiske 17. 10. Scharnowski 29. 10. Nachtrag zur Anlage 1 des Sitzungsberichts der 70. Sitzung Beurlaubungen Finckh 20. 6. *) für die Teilnahme an .der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr verehrter Herr Professor Heuss! Meine Herren Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates! Exzellenzen! Sehr geehrte Mitglieder des Bundestages und Bundesrates! Liebe Mitbürger! Zunächst möchte ich dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herrn Dr. Gerstenmaier, der mir in seiner Ansprache ein freundliches Willkommen geboten hat, meinen herzlichen Dank sagen. Seine Worte sind mir heute eine Freude und für die Zukunft eine Ermutigung.
    In dieser Stunde übernehme ich das mir übertragene Amt aus den Händen eines Vorgängers, dessen Scheiden allgemein tief bedauert wird. Nur der Respekt vor der Verfassung war es, der den Wechsel im Amte des Bundespräsidenten bedingte.
    Nach dem Grundgesetz ist die Stellung des Bundespräsidenten die einer neutralen Macht. Sie ist herausgehoben aus dem Bereich der Regierungsgeschäfte und an die Wahrung einer umgrenzten Anzahl von Funktionen gebunden. Die Ereignisse der vergangenen zehn Jahre haben gelehrt, daß die Pflichten des Bundespräsidenten sich nicht ohne weiteres im einzelnen festlegen lassen. Mein Herr Vorgänger hat allen aus der staatlichen Entwicklung anfallenden politischen Erfordernissen mit behutsamer und glücklicher Hand Rechnung getragen und damit bewiesen, daß menschliches Wirken auch im politischen Bereich bedeutsamer ist, als es Institutionen sind.
    Im Parlamentarischen Rat sind die Grenzen, die das Grundgesetz für das Amt des Bundespräsidenten festgelegt hat, sehr eingehend diskutiert worden. Es herrschte volle Übereinstimmung, daß die Machtbefugnisse des Bundespräsidenten gegenüber der Zeit der Weimarer Republik beschränkt werden müßten. Die Erklärung dafür ist leicht zu finden, wenn wir uns vor Augen halten, daß unser Grundgesetz in seinem materiellen Inhalt die Folgerung aus den sehr schmerzhaften Lehren zieht, die uns der jüngste Abschnitt unserer Geschichte erteilt hat. Die Mitglieder des Parlamentarischen Rates wollten die Wiederholung von zwei Übeln vermeiden: die völlige Aufsplitterung der politischen Kräfte, die in der Weimarer Republik zur Erschöpfung der Staatsautorität führte, und die Zusammenballung von großen Machtbefugnissen in einer Hand.
    Weder totale Staatsmacht noch totale Auflösung der Staatsautorität ist die Erwartung, die an das Grundgesetz der Bundesrepublik in seiner praktischen Wirksamkeit geknüpft wird. Dabei sollte man aber nie vergessen, daß alle darauf gesetzten Hoffnungen enttäuscht werden können, wenn die Masse der Bürger kein inneres Verhältnis zu ihrem Staate findet.
    Eine demokratische Verfassung, eine Verfassung eines sozialen Rechtsstaates, muß deshalb allen, die ein Stück Staatsautorität verkörpern, also ein öffentliches Amt innehaben, gleich einem unvergänglichen Siegel das Bewußtsein einprägen, daß sie eine dem Gemeinwohl dienende Funktion ausüben.
    Ich möchte damit sagen: Ein Amt ist recht geführt, wenn diese Verpflichtung des Dienens dem einzelnen Staatsbürger, der Rat und Hilfe bei der Behörde sucht, klar erkennbar wird. Sein positiver Eindruck wird sich dann auf den Staat und die Staatsform übertragen.
    Dieser Weg zur Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Bürger und Staat wird um so erfolgreicher beschritten werden, je mehr gute Vorbilder vorhanden sind, denen der jugendliche Nachwuchs nacheifern kann.
    Zehn Jahre haben wir im Amte des Bundespräsidenten ein Beispiel für ständig wachsende Autorität vor uns gehabt. Heute, am Tage des Ausscheidens unseres verehrten ersten Bundespräsidenten aus seinem Amte, möchte auch ich ihm herzlich danken, daß er mir durch seine vorbildliche Amtsführung, durch die von ihm geschaffene Tradition und durch die ritterliche Art seines Beistandes in den Tagen der Überleitung die Bewältigung der vor mir liegenden Aufgaben wesentlich erleichtert hat. Uns allen, besonders aber der Jugend, der selbstlose politische Arbeit vorgelebt werden muß, war er im uneigennützigen Dienst an der Gesamtheit ein leuchtendes Beispiel.
    Gestatten Sie mir jetzt einige persönliche Bemerkungen.
    Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 15. September 1959 4377
    Bundespräsident Dr. h. c. Lübke
    Über mein bisheriges Leben und Wirken ist in den letzten Wochen viel geschrieben worden — sehr vieles, was mir selbst bis dahin völlig unbekannt war.

    (Heiterkeit.)

    Aber es ist heute nicht der Tag, an dem man sich mit Ungereimtheiten oder mit Schlimmerem auseinandersetzen könnte.
    Aufgewachsen bin ich in, einer ländlichen Welt mit ihrem einfachen, vielfach schweren Leben, aber auch ihren Schönheiten. Dieser Welt, mit der mich tiefe Liebe verbindet, habe ich einen großen Teil meiner bisherigen Lebensarbeit gewidmet. Kindheit und Jugend verbrachte ich in dem mir bis heute nahegebliebenen Dorf Enkhausen im westfälischen Sauerland in einem Elternhaus, in dem man auf tätiger Arbeit ein sparsames und unabhängiges Leben aufbaute. Die wirtschaftliche Basis eines gutgehenden handwerklichen Betriebes mit Landwirtschaft war gesund und bot mir sorglose Kinderjahre, auch nach dem frühen Tode meines Vaters. Neben meiner guten Mutter, die überall half, wo Not war, hatte mein ältester Bruder den größten Einfluß auf meine Entwicklung. In seiner für dörfliche Verhältnisse beachtlichen Bibliothek fand ich Anregung aus vielen Wissensgebieten. Er sorgte dafür, daß die Ausbildung in geordneter Weise erfolgte. Auch an den Abenden im Familienkreise wurde in Lesestunden mit nachfolgenden Diskussionen oder mit musikalischen Übungen sozusagen „spielend" weitergelernt. So begann ich mit 18 Jahren nach dem Besuch der Gymnasien Werl und Brilon nach bestandenem Abitur meine eigentliche Berufsausbildung, die dann schon nach kurzem Anlauf durch den ersten Weltkrieg unterbrochen wurde. Am 1. August 1914 meldete ich mich als Kriegsfreiwilliger in Köln in der irrigen Annahme, ich würde sonst zu spät an die Front kommen.
    Erst nach Abschluß des Krieges konnte ich meine Studien fortsetzen, Examina machen und dann meine praktische Arbeit aufnehmen. Seit 1926 war ich Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Bauernschaft, von 1931 bis 1933 Mitglied des Preußischen Landtages.
    Am 1. April 1933 wurden alle landwirtschaftlichen Organisationen, natürlich auch unsere, aufgelöst, und ich wurde am gleichen Tage verhaftet und wieder freigelassen. Nach etwa 10 Monaten erfolgte die zweite Verhaftung, die mir mehr als 20 Monate Zeit gab, darüber nachzudenken, was Freiheit und Menschenwürde bedeuten. Im August 1944 sollte ich erneut verhaftet werden, aber man hat mich dann glücklicherweise vergeblich gesucht.
    Nach meiner Entlassung aus der Haft im Herbst 1935 war ich bis nach dem zweiten Weltkrieg im Bauwesen tätig. Im Januar 1947 übernahm ich als Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen die Aufgabe, die durch Krieg und Kriegsfolgen schwer zurückgeworfene landwirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern und die Ernährung der Bevölkerung des dicht besiedelten Landes zu sichern. 1953 wurde ich —
    nach kurzer Tätigkeit beim Raiffeisenverband Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
    Besonderen Einfluß auf meine Entwicklung hatten mein Elternhaus, der erste Weltkrieg — so merkwürdig das auch klingen mag — und meine Tätigkeit als Minister. Im Elternhaus wirkten das Vorbild derer, die für mich sorgten, die Geborgenheit in der Familie und die Verwurzelung in der Heimat. Im Kriege und als Minister für Ernährung und Landwirtschaft lernte ich Verantwortung für Leben und Gesundheit anderer zu tragen und erkannte Sinn und Bedeutung der Verpflichtung des einzelnen für die Gesamtheit. — So viel über meine Entwicklung.
    Meine Damen und Herren, in dieser Stunde drängt es mich, über die Lebensfrage unseres Volkes, die deutsche Wiedervereinigung, zu sprechen. In dieser Sorge sind wir alle verbunden, ungeachtet der Parteizugehörigkeit, der Konfession und des Berufes, aber auch in der Auffassung, daß wir Deutschen nur e i n Deutschland kennen. Einem Teil unseres Vaterlandes, der in erzwungener Unfreiheit lebt, wird aber zur Zeit noch das unveräußerliche. Recht auf Selbstbestimmung und Heimat vorenthalten. Auf die Dauer wird es aber weder durch widersinnige Grenzen noch durch gewaltsame Unterbrechung der persönlichen Verbindung ausgeschlossen werden können. Denn es wäre ein unlösbarer Widerspruch, wenn diejenigen, die heute den asiatischen und afrikanischen Völkern ihr Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung zubilligen, uns Deutschen dieses natürliche Recht versagten.
    Deshalb trägt jeder von uns — solange die Zerrissenheit unseres Landes anhält — eine persönliche Verantwortung für die deutsche Einheit. In der tapferen Bevölkerung jenseits des Eisernen Vorhanges muß die Hoffnung lebendig bleiben, daß der Tag des Zusammenschlusses kommen wird. Nach allem, was unsere Landsleute in Mittel- und Ostdeutschland an Leid, Unterdrückung und Enttäuschung in den vergangenen Jahren erlebt haben, sollte jede unserer Erklärungen durch Taten erhärtet werden, Taten, die aus dem Gefühl der natürlichen Zusammengehörigkeit und gegenseitiger Hilfsbereitschaft geboren sein müssen.
    Allen Brüdern und Schwestern in Mittel- und Ostdeutschland möchte ich heute unseren Gruß entbieten und ihnen versichern, daß wir, die in Freiheit leben, uns in besonderem Maße verpflichtet fühlen, ein geeintes Deutschland zu schaffen. Die Welt soll erkennen, mit welcher Lebendigkeit und Strahlungskraft heute und in Zukunft die Gedanken um die Einheit und das Heimatrecht in unserem Volke wirksam sind. In dieser entscheidenden Frage wird unsere Standhaftigkeit und unsere Geduld nie erlahmen.
    Bei solcher Gemeinsamkeit des Willens zur Einheit kann auch Berlin seinen unveräußerlichen Rang als politischer Mittelpunkt Deutschlands erfolgreicher behaupten. Das Gefühl für die Bedeutung unserer deutschen Hauptstadt lebt in unserem Volke stärker ,denn je. Die dunklen Wolken, die vor wenigen Monaten über ihr auftauchten, haben die Ge-



    Bundespräsident Dr. h. c. Lübke
    danken und Energien 'aller Deutschen auf sie gerichtet. Deshalb war gerade in der Zeit der politischen Bedrängnis Berlins der Zusammenhalt mit der Bundesrepublik ganz besonders eng und herzlich. Daß das wirtschaftliche Leben unserer Hauptstadt damals in der westdeutschen Wirtschaft einen besonders starken Rückhalt fand, hat die Berliner Bevölkerung dankbar anerkannt. Man sieht daraus: Je schwerer die Bedrückung, desto stärker der Wille zur Freiheit und Einheit.
    Am heutigen Tage treffen sich der Präsident der Vereinigten Staaten, Eisenhower, dessen freundschaftlicher Besuch in Bonn in unserer Erinnerung lebendig bleiben wird, und der Ministerpräsident der Sowjetunion, Chruschtschow. Den Besprechungen, in denen auch Deutschland und Berlin eine große Rolle spielen werden, wünschen wir im Interesse des Weltfriedens und der Freiheit aller Völker 'den besten Erfolg. Auch bei bescheidensten Erwartungen muß man sagen, daß durch persönliche Aussprachen verantwortlicher Männer eine politische Entspannung wenigstens erhofft werden kann.
    Für die Verwirklichung der deutschen Wiedervereinigung sind wir auf ,die Unterstützung der freien Welt angewiesen. Wir können aber in unseren eigenen Anliegen nur dann auf Hilfe von außen rechnen, wenn auch wir der ungeheuren Not außerhalb unserer Grenzen, besonders in den Entwicklungsländern, aus menschlicher und christlicher Verpflichtung nach besten Kräften zu steuern suchen. Wir müssen deshalb unseren Idealismus sowie unseren Wiedergutmachungs- und Hilfswillen den übrigen Völkern durch eindrucksvolle Leistungen glaubhaft machen.
    Die Bekämpfung des Hungers in der Welt ist dabei aus politischen und menschlichen Gründen das vordringlichste Problem. Sie alle wissen, daß die Entwicklungsländer geradezu eine Bevölkerungsexplosion erleben und daß sich in diesem Punkt für die Entwicklung in der Welt nicht nur wir Deutsche, sondern auch viele andere interessieren. Es war mir sehr interessant, daß gerade auch der Präsident Eisenhower von uns Deutschen sehr nachdrücklich gefordert hat, bei der Lösung dieses Problems zu helfen.
    Dais unvermeidliche Heranwachsen von Milliarden hungernder Menschen, die leicht eine Beute kommunistischer Ideen werden können, ist die Schicksalsfrage unserer Zeit. Es ist klar, daß das Nebeneinander von satten Völkern, bei denen täglich Tausende von Tonnen Lebensmitteln verderben oder vernichtet werden, und hungernden, von Seuchen und grenzenloser Armut und Unwissenheit geplagten Menschenmassen auf die Dauer völlig unmöglich ist. So wie der Bruder ,gegenüber dem Bruder Verantwortung trägt, so haben auch die Völker füreinander einzustechen. Beachten wir dieses Gebot nicht, so wird das ungelöste Problem den Fortbestand unserer Zivilisation in Frage stellen.
    Eine Sicherung unseres Lebens ist nur möglich durch allmähliche Eingliederung der Entwicklungsländer in unsere geistige und ökonomische Welt. Dafür Opfer zu bringen ist leicht, wenn man bedenkt,
    welche Summen allein in der Bundesrepublik jährlich für Tabak und alkoholische Getränke ausgegeben werden — ich nenne das nur als Beispiel —, während aus weiten Teilen der Welt der Jammer der Mütter um ihre hungernden Kinder zu uns dringt. Wollen wir uns diesem Ruf verschließen? Was wird sich ereignen, wenn die hungernden Massen, organisiert durch zerstörerische Ideologien, aufstehen und die wohlhabenden Völker zum Kampf um das Brot zwingen? Es ist eine überparteiliche gesamtdeutsche und darüber hinaus eine Aufgabe aller Industrieländer, auf die Dauer auch der Sowjetunion, hier gemeinsam zu helfen.
    Wie Sie aus meinem Lebensbild ersehen konnten, habe ich meine bisherige Arbeit in großem Umfange der Entwicklung der Landwirtschaft und damit der Sicherung der Ernährung und der Bekämpfung des Hungers gewidmet. Ich möchte mich auch dm Weltweiten Bereich in meinem neuen Amt im Zusammenwirken mit allen Bevölkerungskreisen und allen zuständigen Stellen um die Durchführung wirksamer Förderungsmaßnahmen zur Bekämpfung des Hungers in der Welt im Wege der „Hilfe zur Selbsthilfe" bemühen. Da s bedeutet praktisch, in Zusammenarbeit mit dein Entwicklungsländern deren eigene Nahrungsquellen zur vollen Ausnutzung zu bringen, damit sie 'aus eigener Kraft ihre Nahrungssorgen verringern können. Fassen wir diese Aufgabe richtig und in uneigennützigem Sinne an, dann helfen wir anderen, aber ,auch unis selbst.
    Ich trete mein Amt mit idem Vorsatz an, mit allen meinen Kräften idem Wohle unseres Volkes und Vaterlandes zu dienen. Unser Volk und allen voran die Träger seines Willens bitte ich um Vertrauen und Mitarbeit.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundespräsident, ich danke Ihnen.
Das Wort hat der Herr Präsident des Bundesrates.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Herren Präsidenten, Exzellenzen, meine Damen und Herren! Nach der Eidesleistung des neuen Herrn Bundespräsidenten und seiner Antrittsrede möchte ich ihm zunächst die herzlichsten Glückwünsche des Bundesrates übermitteln. Ich möchte versichern, daß alle unsere guten Gedanken und besten Wünsche ihn in sein hohes Amt begleiten. Möge sich vor allem unsere Hoffnung erfüllen, daß mit ihm nach Theodor Heuss erneut ein Politiker in dieses hohe Amt berufen worden ist, der sich durch sein Wirken als ein Volks- und Friedenspräsident erweisen wird.
    Unser Staatsakt ist, wie schon der Herr Bundestagspräsident betonte, einfach und formlos. Trotzdem spürt ein jeder von uns hier in dieser Versammlung, daß es sich um einen historischen Akt handelt, wenn jetzt vor den frei gewählten Vertretern des deutschen Volkes und den Vertretern der deutschen Länder der neue Bundespräsident sein Amt übernimmt. Dieser schlichte Staatsakt entspricht unserem Staatswesen. Wir haben, staatsrechtlich gesehen, keinen Adel, keine Patrizier mehr, aber wir haben auch keine Untertanen mehr. Unsere Verfassung kennt nur einen Stand, den des



    Bundesratspräsident Kaisen
    Staatsbürgers schlechthin, jeder ausgestattet mit gleichen Rechten, aber auch gleichen Pflichten.
    Es ist daher kein Wunder, daß die Auswahl der Staatsmänner anders vor sich geht als früher und daß heute die Wiege so mancher unserer Politiker und Staatsmänner in einem engen und niedrigen Haus stand; viele von ihnen haben dazu eine harte, entbehrungsreiche Jugendzeit durchlebt. Diese Zeit wiederum hat für manchen von ihnen die politische Lebensarbeit bestimmt.
    Das gilt auch für unseren neuen Bundespräsidenten. Sie haben soeben gehört, aus welchen Verhältnissen er kommt: aus kleinbäuerlichen landwirtschaftlichen Verhältnissen auf dem Dorfe; sie haben sein Leben bestimmt. Gewiß haben auch diese Verhältnisse in ihm eine Stimme wachgerufen, die ihn hieß, sich für diejenigen einzusetzen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Er hat dabei auch bald die Reibungen und Auseinandersetzungen im politischen Leben zur Genüge kennengelernt und stand als Agrarpolitiker — was ich bezeugen kann — bald mitten drin im Meinungsstreit über die richtige Agrarpolitik; darüber kann man bekanntlich sehr lange streiten.
    Sie, Herr Bundespräsident, haben über 30 Jahre hindurch an führender Stelle im landwirtschaftlichen Organisationswesen und in der Regierung erfolgreich für Ihre Auffassungen — z. B. über die Hebung der Produktion auf dem landwirtschaftlichen Gebiet — gearbeitet, und Sie haben sich in schwerster Zeit dafür eingesetzt, dem hungernden deutschen Volk die Schnitte Brot zu verschaffen, die auch zum Leben gehört. Ihr soeben vorgetragener Appell an die Weltöffentlichkeit, an die hungernde Menschheit zu denken, ist mit ein Ausfluß Ihrer Erfahrung aus dieser Zeit, wo um jede Schnitte Brot gekämpft werden mußte und in der uns, was wir heute dankbar anerkennen, wohl jede zweite von den Amerikanern gegeben wurde. Wer das miterlebt hat, kann empfinden, wie sehr Sie in diesem Augenblick an die unerhörten sozialen Spannungen zwischen den Völkern der Erde, zwischen den hungernden und den satten, denken. Daher glaube ich, daß Sie in Ihr Amt einen Schatz von Erfahrungen mitbringen, die Sie in der Verbindung zwischen Amt und Volk gebrauchen können.
    Unser neuer Bundespräsident kann von sich aus ebenso wie sein Vorgänger sagen: „Ich habe dieses Amt wahrlich nicht gesucht!" Wenn er sich letzten Endes nicht zu einem Verzicht entschloß, so aus dem einfachen Pflichtbewußtsein, daß man sich in solcher Zeit einem politischen Auftrag eben nicht entziehen darf, auch wenn er noch so viele Schwierigkeiten mit sich bringen mag. Und das ist sicher: an Schwierigkeiten aller Art und an politischen Problemen, die noch manches Kopfzerbrechen verursachen werden, wird es auch dem neuen Bundespräsidenten nicht fehlen.
    Unsere Bevölkerung hat mit den Jahren durch das vorbildliche Wirken von Theodor Heuss einen bestimmten Begriff von diesem hohen Amt bekommen. Es ist in ihren Augen ein Amt, das bindende Kraft auszustrahlen vermag. Unsere Bevölkerung hat daher auch diesen Wechsel auf dem Präsidentenstuhl mit einer ungewöhnlichen Aufmerksamkeit und großer Anteilnahme verfolgt. Ich will auf die einzelnen Phasen nicht eingehen; aber ich habe mir immer gesagt: ich kann es nur begrüßen, daß dem so ist. Denn die Ordnung der Bundesrepublik beruht nicht zuletzt auf dem Ansehen der Institutionen, die die Verfassung schuf. In dieser Ordnung erlebte unser Volk im Laufe des letzten Jahrzehnts die Wendung zum Besseren, und ein jeder erlebte sie in seinem persönlichen Schicksal. Ein jeder spürt daher, daß diese Wendung nicht nur mit der Wirtschaft, sondern auch irgendwie mit dem neuerstandenen deutschen Staatswesen verbunden ist. Es ist daher verständlich, wenn sich jetzt viele Augen auf den neuen Bundespräsidenten richten mit der Frage: „Wie wird er sein Amt ausüben?"
    Nun, darüber wird die Zeit zu urteilen haben. Ich kann hier nur nochmals betonen, daß sich Heinrich Lübke auf den vielen Stationen seines politischen Wirkens bewährt hat. Aus diesem Grunde verdient er Vertrauen, und aus diesem Grunde gebe ich auch im Namen der Länder dem neuen Präsidenten die Versicherung, daß er in seinem Amt als Staatsoberhaupt jederzeit die loyale Unterstützung der Länder finden wird.
    Einige Worte noch zum Abschied an Theodor Heuss. Es sollen keine abschließenden Worte über sein Wirken sein. Dazu bin ich gar nicht in der Lage, das kann ich gar nicht überblicken, dazu steht auch noch zu viel von ihm vor uns; er steht lebendig unter uns. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, welch große Genugtuung überall darüber empfunden wird, daß er durch sein Beispiel gezeigt hat, welche Form und Gestaltungskraft auch in der Demokratie dem höchsten Staatsamt innewohnt, wenn dieses Amt bewußt von einem überzeugten Demokraten ausgeübt und von ihm immer wieder gezeigt wird, daß auch in der Demokratie und mit den Mitteln der Demokratie ausgezeichnet regiert werden kann, was bekanntlich früher oft bezweifelt wurde.
    Theodor Heuss sind in den letzten Monaten aus allen Kreisen unserer Bevölkerung eine Fülle von Beweisen der Achtung, der Verehrung und der Liebe zuteil geworden, so daß ich mich nach der Würdigung seiner Leistung durch den Herrn Bundestagspräsidenten darauf beschränken kann, im Namen des Bundesrates und der Länder nur noch ein Wort des Dankes über sein Wirken als Staatsmann hinzuzufügen. Seine größte Leistung besteht nach unserer Meinung darin, daß es ihm zum erstenmal in der deutschen Geschichte gelang, die demokratische Idee als festen Bestandteil in die höchste Stelle des demokratischen Staatswesens einzuordnen und diese Idee mit dem Staatsamt auf das engste zu verbinden. Wir wissen leider aus bitteren Erfahrungen nur zu gut, daß echtes demokratisches Staatsgefühl nicht durch eine demokratische Verfassung allein zur Entwicklung gelangen kann; dieses Staatsgefühl wird nur lebendig durch die Vermittlung von Männern und Frauen, die sich durch ihr Vorbild im Dienste der Demokratie bewähren. Zu solchen Männern zählt seit Jahren Theodor Heuss. Ihm gebührt daher ein hervorragender Platz in der Geschichte nicht nur der deutschen Demokratie, sondern auch in der Geschichte der Bundesrepublik, für



    Bundesratspräsident Kaisen
    die er zehn Jahre hindurch im höchsten Staatsamt Hervorragendes geleistet hat.
    Zum Schluß lassen Sie mich bitte in diesem Zusammenhang des schon von dem Herrn Bundestagspräsidenten gewürdigten ersten Reichspräsidenten der ersten deutschen Republik kurz gedenken. Ich habe mich damals für Friedrich Ebert in meinem politischen Wirkungskreis eingesetzt, weil ich mir in der damaligen turbulenten Zeit darüber klar wurde, daß gerade seine Figur, seine Person, sein Wollen, seine Schlichtheit, seine Selbstsicherheit und Klarheit nötig waren, um an dieser Spitze dem politischen Geschehen wenigstens einigermaßen eine Richtung zu geben. Ich habe auch in ihm angesichts der widerwärtigen Treibereien der Gegner der Demokratie die große Tragik des Schicksals unseres Volkes persönlich verkörpert gesehen, sich dann erst recht zu zerfleischen, wenn es eigentlich darauf ankam, endlich einmal zusammenzustehen.
    Wer die politischen Auseinandersetzungen in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg miterlebte und sie mit den politischen Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit des zweiten Weltkrieges vergleicht, der wird zugeben müssen, daß es heute bedeutend ruhiger zugeht, weil eines fehlt, etwas, worauf schon der Herr Bundestagspräsident hingewiesen hat. Was die Gemüter damals entzweite und die Menschen in Bruderzwist und Bürgerkriege verstrickte, war der Kampf darum, ob die Prinzipien der Demokratie oder die Prinzipien der Diktatur — die nur eine Diktatur über das Proletariat oder eine Diktatur über das Volk sein kann — Geltung haben sollten. Dieser Streit ist heute in der Bundesrepublik entschieden, und zwar zugunsten der Prinzipien der Demokratie. Hitler und Stalin, die erbittertsten Gegner der Demokratie, deren Ziele zwar verschieden waren, die sie aber mit den gleichen barbarischen Methoden zu erreichen suchten, haben mit dafür den Ausschlag gegeben.
    Aber nicht zuletzt ist die Wendung zur Festigung der Demokratie in der heutigen Zeit auch der Entwicklung auf wirtschaftlichem Gebiet zu verdanken, in deren Verlauf sich durch Anwendung besserer Technik und Arbeitsmethoden das Produktionsergebnis gegenüber früher gewaltig erhöhte, so daß sich manche neue Möglichkeit ergab, Elend und Nachkriegsnot heute besser als früher überwinden zu können.
    Friedrich Eberts Amtsperiode fiel allerdings in eine Zeit, die erfüllt war von sozialen Spannungen und politischen Zerreißproben. Das Reich blieb schließlich zwar zusammen, aber das dauernde Minus in der Handelsbilanz riß immer neue Löcher auf, so daß es nicht zu einer Beruhigung kam.
    Heute ist Deutschland leider geteilt, aber das Merkwürdige ist, daß die Bundesrepublik mehr wirtschaftliche Energie und Kraft auf den Weltmarkt ausstrahlt, als es jemals in der deutschen Geschichte der Fall gewesen ist. Heute, 40 Jahre später, erkennen wir, welche unerhörten Lasten den Politikern von Weimar — und hier wiederum auch Friedrich Ebert — auferlegt waren. Heute wissen wir auch zur Genüge, daß die damalige Periode deutscher Zwietracht und Zerrissenheit den Nährboden abgab für sehr gefährliche totalitäre Entwicklungstendenzen, und leider wurde
    die deutsche Politik in dem Jahrzehnt nach Weimar von ihnen bestimmt.
    Vor 40 Jahren erhielt auch unser Verhältnis zu Rußland sein Gepräge. Daß es bis heute nicht gelungen ist, dieses Verhältnis auf der Grundlage gegenseitiger Achtung und Anerkennung dauerhaft zu gestalten, ist eine der wahrhaft tragischen Seiten, nicht nur unserer, sondern der gesamten europäischen Geschichte und auch der russischen Geschichte. Lenin hatte damals im stillen alles berechnet und alles, was zum Sieg gehört, in seine Rechnung einkalkuliert. Er hatte auch nicht übersehen, daß die wirtschaftliche, politische, soziale und gesellschaftliche Struktur Deutschlands und Europas anders war als die russische. Aber er hatte daraus nicht die Folgerung gezogen, daß der deutsche Zusammenbruch 1918 keine gleichen revolutionären Konsequenzen wie der Zusammenbruch in Rußland zuließ. Die Folgen dieser Verkennung, dieses grundsätzlichen Irrtums wirken sich bis heute in der russischen Politik aus, die bekanntlich die Lehren Lenins befolgt und darauf hofft, daß die Weltrevolution trotz allem noch einmal siegen wird. Ich bin der festen Überzeugung, daß diese Hoffnung vergebens sein wird, wenigstens in den großen Industrieländern.
    Auch wenn der Kommunismus heute nach 40jähriger Herrschaft im Materiellen manches erreicht hat und unter ihm der russische Mensch heute besser lebt als zur Zeit des Zaren, so bleibt der Bolschewismus doch auf geistigem und politischem Gebiet im Vergleich zu unserer gesellschaftlichen 'und politischen Struktur in vormärzlicher Gebundenheit stecken, einer Gebundenheit, wie sie unsere Verhältnisse vor hundert Jahren zeigten. Wenn die Sowjets den Westen in seiner Produktion einholen oder ihn übertreffen wollen — wozu wir Glück wünschen —, dann müssen sie sich letzten Endes auch unserer Produktionsmethoden und der von ihnen bedingten politischen Methoden bedienen, sonst kommen sie nicht zum Ziel.
    Es war aber schon das Ziel von Weimar, den Rückfall in diese überholten Zustände wenigstens für Deutschland zu verhindern. Es war das größte Verhängnis, daß die demokratischen Kräfte damals schließlich der Diktatur der Faschisten unterlagen. Die Folgen sind schwer. Es ist hier schon auf diese düsteren Perioden hingewiesen worden, an deren Ende ein zerrissenes Deutschland stand. Wir können für die Lösung des Problems heute noch keine Zustimmung von Rußland erhoffen; wir können nur von unserer Verbindung mit der freien Welt erhoffen, daß wir nicht obendrein von Rußland gleichgeschaltet werden.
    Unser politischer Wille und unser gemeinsames Ziel muß auf ein freies, geeintes, demokratisches Deutschland gerichtet bleiben. In diesem Sinne haben Friedrich Ebert und Theodor Heuss an höchster Stelle zu wirken gesucht. Ihr Wirken und Wollen war getragen von ihrer engen Verbindung mit der Ideenwelt der deutschen Demokratie. Die Gegenwart und damit auch die Zukunft der Demokratie in Deutschland werden nach wie vor davon bestimmt, wie die Politiker und Staatsmänner zu ihr stehen. Hier ergibt sich nicht zuletzt auch eine Aufgabe für die Parteien.



    Bundesratspräsident Kaisen
    Wesentlich ist, ob die drei Parteien, die in der Hauptsache das Grundgesetz schufen, sich trotz aller Meinungsverschiedenheiten unbedingt dann aufeinander verlassen können, wenn es darum geht, den demokratischen Boden zu erhalten und gegen jeden Angriff zu sichern.
    Mit den drei von mir genannten Präsidenten der Republik ist jetzt jede dieser drei Parteien zum Zuge gekommen. Die Hoffnung ist nicht ohne Zuversicht, daß auch der neue — dieses Mal von der CDU gestellte — Bundespräsident Heinrich Lübke das Werk seiner beiden, aus der FDP und der SPD kommenden Vorgänger fortsetzt und mit innerer Anteilnahme an der ihm gestellten politischen und sozialen Aufgabe arbeitet: nämlich ein freies Deutschland formen zu helfen von Bürger zu Bürger, von den Ländern zum Bund.
    In diesem Sinne übermittle ich Ihnen, Herr Bundespräsident, im Namen des Bundesrates und der Länder die besten Wünsche für eine erfolgreiche Tätigkeit.