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    Deutscher Bundestag 74. Sitzung Bonn, den 11. Juni 1959 Inhalt: Zur Tagesordnung Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 3975 A Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 3975 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3976 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (FDP) (Drucksache 1152) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 3976 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1959 (Haushaltsgesetz 1959) (Drucksachen 650, 1050 his 1079) — Dritte Beratung — Allgemeine Aussprache Schoettle (SPD) 3976 D Dr, Vogel (CDU/CSU) 3982 B Lenz (Trossingen) (FDP) 3990 C Dr. Schild (DP) . . . . . . . 3996 B Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Ollenhauer (SPD) . . . . . . . 4005 D Dr. Krone (CDU/CSU) 4010 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 4015 A Dr. Mende (FDP) . . . 4017 D, 4026 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 4022 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 4024 D, 4028 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 4025 B Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 4027 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4030 B Dr. Jaeger (CDU/CSU) 4030 C Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 4035 A Erler (SPD) 4037 D, 4049 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 4039 D, 4047 C Dr. Starke (FDP) . . . . . . . . 4041 D Kühn (Köln) (SPD) . . 4043 B, 4049 B Zoglmann (FDP) 4046 D Hermsdorf (SPD) . . . . . . . 4048 A Ritzel (SPD) 4048 C Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . 4048 D Einzelplan 05, Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts Dr. Meyer (Frankfurt) (SPD) . . 4050 B Erler (SPD) 4051 C Zur GO Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 4051 D Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Ritzel (SPD) 4052 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 4053 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4053 A Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 4054 B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 4054 D Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . . 4055 B Rademacher (FDP) . . . . . . . 4055 B Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (11. ÄndG LAG) (Drucksachen 631, 964); Schriftlicher Bericht des Lastenausgleichsausschusses (Drucksache 1130) — Zweite Beratung 4000 A Entwurf eines Gesetzes zum Europäischen Niederlassungsabkommen vom 13. Dezember 1955 (Drucksache 584) ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 1116) — Zweite und dritte Beratung - 4000 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen (Drucksache 791); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1125) ; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1121, zu 1121) — Zweite und dritte Beratung — 4000 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Januar 1958 mit dem Königreich der Niederlande über den Abbau von Steinkohlen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet (Drucksache 1028) — Erste Beratung . . . . . . . . . . . 4000 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Zweiten Protokoll vom 15. Dezember 1956 zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates (Drucksache 1029) — Erste Beratung — 4000 D Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1958 zum Handelsabkommen vom 20. März 1926 mit der Republik Portugal (Drucksache 1030) — Erste Beratung -- . . . . . . . . 4001 A Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung eines Darlehens an die Türkische Republik (Drucksache 1098) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 4001 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Mai 1958 mit dem Königreich Dänemark über die gemeinsame Fischerei in der Flensburger Innenförde (Drucksache 1031) -- Erste Beratung — . . . 4001 B Entwurf eines Gesetzes zu den Verträgen vom 22. September 1958 über die Auslieferung und über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich (Drucksache 1099) — Erste Beratung — 4001 B Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 23. August 1958 mit dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (Drucksache 1101) — Erste Beratung — . . . . . . . 4001 B Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen vom 18. April 1958 mit der Französischen Republik über nebeneinanderliegende nationale Grenzabfertigungsstellen und Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfe an der deutsch-französischen Grenze (Drucksache 1021) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 C Entwurf eines Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds (Auslandsbonds-Entschädigungsgesetz) (Drucksache 1019) — Erste Beratung — 4001 D Entwurf eines Gesetzes zu dem deutsch- schweizerischen Abkommen vom 5. Februar 1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr (Drucksache 1020) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 D Entwurf eines Gesetzes über die Zuständigkeit auf dem Gebiet des Rechts des öffentlichen Dienstes (Drucksache 1080) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 D Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 6. Juni 1956 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden/Zivilstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen (Drucksache 1100) — Erste Beratung — 4002 A Entwurf eines Gesetzes über eine Zählung im Handel sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (Handelszählungsgesetz 1959) (Drucksache 1104) — Erste Beratung — 4002 A Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 27. Juni 1958 zum Europäischen Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 1117) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 4002 B Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes (Abg. Schulze-Pellengahr, Ruhnke, Dr. Dahlgrün, Dr. Schneider [Lollar] u. Gen.) (Drucksache 1025) — Erste Beratung — 4002 B Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent 1959 für feste Brennstoffe (Drucksache 1113) — Erste Beratung — . . . 4002 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (Drucksache 1111) — Erste Beratung — . . . . . . ..4002 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (FDP) (Drucksache 1118) — Erste Beratung — . . . 4002 C Entwurf eines Gesetzes über die Erstattung von Kriegsfolgelasten auf dem Gebiet des öffentlichen Schulwesens durch den Bund (Fünftes Überleitungsgesetz) (SPD) (Drucksache 1132) — Erste Beratung — 4002 D Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsverhältnissen der bei der Landespostdirektion Berlin als Postfacharbeiter und Postfacharbeiterinnen beschäftigten Personen (Abg. Neuburger, Schmidt [Hamburg] u. Gen.) (Drucksache 1137) - Erste Beratung — 4002 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) (Drucksache 1144) — Erste Beratung — 4003 A Antrag der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Ubersicht über die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus eigener landwirtschaftlicher Erzeugung und aus Einfuhren; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksachen 481, 1082) 4003 B Antrag der Abg. Dr. Kopf, Metzger u. Gen. betr. Vereinfachung der Grenzformalitäten; Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 519, 1040) . . 4003 B Übersicht 7 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 1084) 4003 C Antrag des Bundesminister der Finanzen betr. Zustimmung zum Grundstückstausch mit der Stadt Hannover aus Anlaß der Verwendung wesentlicher Teile des ehem. Fliegerhorstes Langenhagen-Evershorst; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 981, 1120) . . . 4003 C Antrag der Abg. Schmidt (Hamburg) u. Gen. betr. Inanspruchnahme von Naturschutzgebieten für militärische Zwecke; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksachen 191, 1115) Dr. Gossel (CDU/CSU) . . . . . . 4003 D Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 4004 D Antrag dies Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Beteiligung an der Deutsche Wochenschau GmbH, Hamburg (Drucksache 1039) 4005 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf eines Teils der bundeseigenen ehem. Infanteriekaserne in Kempten (Allgäu) an die Stadt Kempten (Drucksache 1091) . . . . . . . . . . 4005 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD FDP, DP betr. Ferienaktion für Berliner Kinder (Drucksache 1107) . . . . . 4005 B Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank (Drucksache 1089) . . . 4005 B Nächste Sitzung 4057 C Anlagen - 4059 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 3975 74. Sitzung Bonn, den 11. Juni 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauknecht 13. 6. Bausch 29. 6. Berendsen 31. 7. Birkelbach 11. 6. Börner 12. 6. Dr. Burgbacher 12. 6. Dr. Deist 11. 6. Diebäcker 11. 6. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 19. 6. Franke 11. 6. Dr. Frede 20. 6. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 12. 6. Gedat 11. 6. Glahn 12. 6. Dr. Gleissner (München) 6. 7. Gottesleben 20. 6. Dr. Greve 4. 7. Dr. Gülich 1. 8. Dr. Hesberg 8. 7. Heye 12. 6. Jahn (Frankfurt) 11. 7. Jaksch 30. 6. Kalbitzer 11. 6. Dr. Knorr 20. 6. Köhler 4. 7. Dr. Kreyssig 12. 6. Kühlthau 26. 6. Leukert 12. 6. Lücker (München) 15. 6. Dr. Maier (Stuttgart) 27. 6. Matthes 15. 6. Memmel 20. 6. Odenthal 11. 6. Dr. Oesterle 13. 6. Pernoll 20. 6. Dr. Pferdmenges 13. 6. Pusch 20. 6. Dr. Ratzel 12. 6. Scharnowski 12. 6. Dr. Schmidt (Gellersen) 11. 6. Schmidt (Hamburg) 13. 6. Dr. Schneider (Lollar) 20. 6. Siebel 12. 6. Stahl 15. 6. Stenger 12. 6. Sträter 11. 6. Frau Strobel 11. 6. Theis 12. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 6. Wegener 20. 6. Wittmer-Eigenbrodt 12. 6. b) Urlaubsanträge Frau Renger 18. 6. Scheel 4. 7. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Mischnick zu dem von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (Drucksache 1118). Der Deutsche Bundestag hat durch die Verabschiedung des Häftlingshilfegesetzes im Jahre 1955 anerkannt, daß die aus der Haft in sowjetischen und sowjetzonalen Konzentrationslagern zurückkehrenden Personen einer besonderen Hilfe bedürfen. Das Häftlingshilfegesetz ist damals in enger Anlehnung an das Heimkehrergesetz entstanden, obwohl von der Sache her eine Anlehnung an das Bundesentschädigungsgesetz für die Opfer des Dritten Reiches richtiger gewesen wäre. Zwischen Kriegsgefangenschaft und der fast ausschließlich politischen Haft der unter das Häftlingshilfegesetz fallenden Personen besteht doch ein erheblicher Unterschied. Es ist deshalb nur zu verständlich, daß der Wunsch der politischen Häftlinge immer dringender wird, ihre besondere Lage auch in dem für sie zuständigen Gesetz entsprechend zu berücksichtigen. Vor allen Dingen geht es vielen der ehemaligen Häftlinge darum, einmal genau den Status des politischen Häftlings festgelegt zu wissen. Mit Recht weisen sie darauf hin, daß sie und ihre Kameraden Freiheit, Gesundheit und sogar das Leben für das geopfert haben, was andere zu einem großen Teil nur vom sicheren Port aus mit Sonntagsreden zu verteidigen pflegen: die Freiheit für uns ,alle. Wer den Menschen in Mitteldeutschland immer und immer wieder zuruft: „Haltet aus," „Laßt euch nicht unterkriegen," „Leistet geistigen Widerstand" - der muß auch zu dem vergleichsweise bescheidenen Opfer eines gewissen finanziellen Ausgleiches für diejenigen bereit sein, die in diesem Sinne tätig waren und dabei zu Schaden kamen. Mit dem Häftlingshilfegesetz ist ein solcher Versuch unternommen worden. Es wäre erfreulich, wenn sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages dazu bereitfinden könnten, für die politischen Häftlinge eine eigenständige gesetzliche Regelung zu schaffen, die in ihren Grundsätzen der dies Bundesentschädigungsgesetzes angepaßt ist. Die vorliegende Novelle der Regierung zum Häftlingshilfegesetz in Drucksache 1111 läßt aber deutlich werden, daß die Regierung und damit wohl auch die Mehrheitsfraktion des Deutschen Bundestages zu dieser völligen Neuordnung - zumindest zur Zeit - nicht bereit ist. In Anbetracht dieser Umstände hat sich die FDP-Bundestagsfraktion entschlossen, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nur eine Novelle zum bestehenden Häftlingshilfegesetz vorzulegen; ihr Wunsch, eine völlige Reformierung der Häftlingshilfegesetzgebung vorzunehmen, bleibt davon unberührt. Ziel der FDP-Novelle ist es im Gegensatz zur Regierungsnovelle, zumindest eine ge- 4060 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 wisse Angleichung an das Bundesentschädigungsgesetz zu erreichen. Die Novelle der Freien Demokraten unterscheidet sich von der Regierungsvorlage insbesondere in zwei Punkten: die Regierungsvorlage behält leider die Forderung bei, daß ein politischer Häftling sich innerhalb von sechs Monaten nach seiner Haftentlassung in der Bundesrepublik niederlassen muß, um Ansprüche nach dem Häftlingshilfegesetz geltend machen zu können. An sich wäre ein völliger Wegfall dieser Ausschließungsfrist das richtige. Der FDP-Entwurf sieht eine Verlängerung der Frist von 6 auf 12 Monate in der Hoffnung vor, damit wenigstens zu einer gemeinsamen Basis kommen zu können. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß eine ganze Reihe von Häftlingen verständlicherweise mehr 'als 6 Monate braucht, um sich endgültig über seinen künftigen Wohnsitz zu entscheiden. Der wichtigste Unterschied zwischen Regierungsvorlage und FDP-Entwurf ist im § 9a Abs. 1 enthalten. Während die Regierungsvorlage eine Beihilfe — um das Wort „Entschädigung" zu vermeiden — von DM 1,— pro Hafttag für die ersten zwei Jahre und von DM 2,— pro Hafttag für die weiteren Jahre beibehält, verlangt der FDP-Entwurf eine Beihilfe von DM 5,— vom ersten Hafttag an, sofern, genau wie in der Regierungsvorlage, die Haft länger als 12 Monate betrug. Es ist damit derselbe Betrag gewählt worden, der im Bundesentschädigungsgesetz festgelegt ist. Es ist beim besten Willen nicht einzusehen, warum ein Hafttag während des Dritten Reiches anders bewertet werden soll als ein Hafttag unter sowjetzonaler oder sowjetischer Herrschaft. Es haben sich dadurch schon die kuriosesten Situationen ergeben. Eine nicht unerhebliche Zahl von politischen Häftlingen aus der Zone mußte schon während der Zeit des Dritten Reiches mit dem KZ Bekanntschaft machen; bei der Festlegung ihrer Entschädigung stellten sie dann aber fest, daß gleiche Tatbestände nicht gleich behandelt werden. Es sei hier gar nicht darauf eingegangen, die Art der Haft, ihre Härte usw. zwischen den beiden Systemen zu vergleichen. Eine volle Abgeltung des seelischen, gesundheitlichen und sonstigen Schadens, den ein Häftling erlitten hat, ist durch Geld sowieso nicht möglich. Insoweit folgen wir Freien Demokraten auch der Begründung der Regierungsvorlage. Nur scheint uns der daraus gezogene Schluß, deshalb solle es bei den bisherigen niedrigen Sätzen bleiben, reichlich bequem und für die Betroffenen unzumutbar zu sein. Insbesondere ist der im Regierungsentwurf enthaltene Vorschlag, denjenigen Häftlingen, die nach dem 1. Januar 1958 gekommen sind oder noch kommen werden, eine zusätzliche Beihilfe zu gewähren, völlig absurd. Die von der Bundesregierung gegebene Begründung, damit die schwieriger gewordenen Startbedingungen gegenüber den früher entlassenen Häftlingen verbessern zu wollen, ist fadenscheinig. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, daß nur fiskalische Gesichtspunkte bei diesem Vorschlag entscheidend waren. Denn jeder weiß, daß die Hauptzahl der politischen Gefangenen in den Jahren 1954 bis 1956 heimkehrten; sie wären durch den Regierungsvorschlag alle von einer berechtigten zusätzlichen Leistung ausgeschlossen. Der politische Kenner weiß darüber hinaus, daß gerade bei den Häftlingen, die in diesen Jahren entlassen wurden, all diejenigen sind, die unmittelbar nach Kriegsende, in dem festen Glauben, auch in der sowjetischen Besatzungszone einen demokratischen Staat aufbauen zu können, sich selbst im Kampf gegen die Ausbreitung der kommunistischen Diktatur exponierten und dabei Schaden erlitten. Leider sieht der Entwurf der Regierung auch keinerlei Verbesserung der Gesundheitsfürsorge vor. In der Novelle der Freien Demokraten sind entsprechende Bestimmungen nur deshalb nicht enthalten, weil der Reformentwurf zur Kriegsopferversorgung, den die Freien Demokraten unter der Drucksache 962 eingebracht haben, eine entscheidende Umstellung der gesamten Kriegsopferversorgung vorsieht. Nach unseren Vorschlägen soll diese Versorgung 'auch für die Beschädigungen gelten, die während der politischen Haft erlitten wurden. Durch die Einführung der Berufsschadensrente an Stelle der Ausgleichsrente soll nach den Gedanken der Freien Demokraten die gesamte Kriegsopferversorgung zumindest ähnlich geregelt werden, wie es im Bundesentschädigungsgesetz niedergelegt ist. Damit würden auch die politischen Häftlinge in der gleichen Form eine bessere Versorgung als bisher erhalten. Die Freien Demokraten gehen von dem Grundsatz aus, daß diese Versorgung keine Fürsorgeleistung sein darf, sondern einer Abgeltung von Rechtsansprüchen gleichkommen muß. Wer sich auf den Standpunkt stellt, daß für Enteignungen von Grund und Boden usw. Entschädigung gewährt werden muß — wir Freien Demokraten billigen diesen Grundsatz vorbehaltlos —, der muß auch bereit sein, bei der Enteignung der Gesundheit, soweit es irgend möglich ist, eine Entschädigung zu gewähren. Außerdem sieht der Vorschlag der FDP zur Reform der Kriegsopferversorgung vor, daß bei den Folgeschäden der ursächliche Zusammenhang mit den Kriegs- oder Haftfolgen als gegeben betrachtet wird, es sei denn die Versorgungsverwaltung kann das Gegenteil nachweisen. Man kann also von einer für den Geschädigten besseren Umkehrung der Beweislast sprechen. Die redaktionellen Änderungen des Regierungsentwurfs mit den Ergänzungen des Bundesrates werden von uns begrüßt und — sofern sie nicht im FDP-Entwurfenthalten sind oder übernommen wurden — unterstützt. Um die finanziellen Auswirkungen des FDP-Vorschlages abzumildern, scheint eine Auszahlung der erhöhten Haftbeihilfe, in gleichen Raten 'auf drei Jahre verteilt, durchaus vertretbar. Ein baldige Verabschiedung des Gesetzentwurfes ist dringend notwendig, um den vielseitigen Versprechungen an die politischen Häftlinge endlich die Tat folgen zu lassen. Da wir Freien Demokraten den geistigen Kampf gegen die kommunistische Idee für das Entscheidende halten, sind wir der Meinung, daß gerade denjenigen, die in diesem geistigen Kampf an der vordersten Front gestanden haben und stehen, die Gewißheit gegeben werden muß, daß sie von uns nicht vergessen sind. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4061 Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen zu dem von den Abgeordneten Neuburger, Schmidt (Hamburg) und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsverhältnissen der bei der Landespostdirektion Berlin als Postfacharbeiter und Postfacharbeiterinnen beschäftigten Personen (Drucksache 1137) . Die äußerst schwierige Angleichung der Rechtsverhältnisse der Angehörigen der Landespostdirektion Berlin gemäß dem Berliner Landesbeamtengesetz vom 1. Dezember 1952 vollzog sich im allgemeinen zur vollen Befriedigung aller Beteiligten. Einige offengebliebene Fragen, die zunächst von dem Gesetz nicht erfaßt waren oder werden konnten, wurden in der Zwischenzeit ebenfalls geregelt. Lediglich die Verbeamtung von inzwischen über 50 Jahre alt gewordenen Postfacharbeitern, Fernmeldebauhandwerkern und einigen Postangestellten stieß auf beamtenrechtliche und haushaltsrechtliche Schwierigkeiten. Der gesamte Fragenkomplex wurde in den vergangenen Jahren wiederholt in den Sitzungen des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost eingehend erörtert. Ich und meine Mitarbeiter haben nie einen Zweifel darüber gelassen, daß seitens der Deutschen Bundespost alles versucht wird, um auch diese letzte Frage zugunsten der überalterten Postfacharbeiter zu lösen. Der dem Hohen Hause in der Drucksache 1137 vorgelegte Gesetzentwurf findet dem Grunde nach deshalb meine volle Unterstützung, weil er meinen Absichten und Plänen entspricht. Bereits im Dezember 1955 ist wegen der Übernahme von 464 überalterten Postfacharbeitern der Landespostdirektion Berlin an den Bundesfinanzminister herangetreten worden. Nach ursprünglicher Ablehnung des Antrags, vielfachen Verhandlungen und Erweiterung des Antrags auf Übernahme von weiteren überalterten Kräften, nämlich 133 Fernmeldebauhandwerkern und 6 Postangestellten, hat der Bundesfinanzminister unter dem 30. Mai dieses Jahres seine grundsätzliche Zustimmung zur Übernahme dieser Kräfte in das Beamtenverhältnis nach § 36a RHO erteilt. Außer dieser Zustimmung ist noch eine Ausnahmegenehmigung des Bundespersonalausschusses nach der BLV erforderlich, mit deren Erteilung gerechnet werden kann. Ohne diese abzuwarten, ist die LPD Berlin bereits angewiesen worden, alle Vorbereitungen zur Übernahme der in Betracht kommenden Kräfte zu treffen. Damit würden die Wünsche auf Verbeamtung der überalterten, noch im Dienst befindlichen Kräfte erfüllt werden können. Im einzelnen möchte ich zu der Drucksache folgendes ausführen: Zu § 1: Der Kreis der nach dem Entwurf erfaßten Personen unterscheidet sich von dem, dessen Übernahme vom Bundesfinanzminister genehmigt wurde, dadurch, daß ihm der Stand vom 1. Dezember 1952 zugrunde gelegt wurde, während die Ermittlungen der LPD die Kräfte betreffen, die am 1. Januar 1957 eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 und mehr Jahren zurückgelegt und am 1. Juli 1957 das 50. Lebensjahr bereits überschritten hatten. Welche Unterschiede hinsichtlich der zu übernehmenden Kräfte dadurch auftreten, kann ohne weitere Ermittlungen nicht angegeben werden. Ferner besteht ein Unterschied darin, daß die Betreffenden nach dem Gesetzentwurf nur noch am 1. Januar 1959 im Dienst der LPD Berlin gestanden haben müssen, während nach dem vom BdF genehmigten Antrag die Kräfte noch bis zur Übernahme im Postdienst gestanden haben müssen. Die Genehmigung des BdF umfaßt im Gegensatz zum Gesetzentwurf nicht nur die überalterten Postfacharbeiter (§ 1) und Fernmeldebauhandwerker (§ 6), sondern auch noch 6 Postangestellte des mittleren Dienstes. Zu § 4: Die zur Anstellung der Kräfte erforderlichen Planstellen stehen nur zu etwa 50 v. H. zur Verfügung. Eine zusätzliche Zuweisung von Stellen als kw-Stellen wäre daher erwünscht. Zu § 5: Die Zustimmung des BdF erfaßt den im § 5 bezeichneten Personenkreis nicht, weil der Antrag sich nur auf die im Dienst befindlichen Kräfte erstreckt hat. Eine nachträgliche Übernahme in das Beamtenverhältnis von Personen, die wegen Berufsunfähigkeit (Invalidität) oder wegen Erreichens der Altersgrenze ausgeschieden sind, ferner die Einräumung einer beamtenrechtlichen Versorgung von Hinterbliebenen solcher Personen, die bereits verstorben sind, ohne bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst Beamte gewesen zu sein, ist der Verwaltung bei allem Wohlwollen zu einer gerechten Lösung nur im Wege der Gesetzgebung möglich. Auf eine Reihe anderer Einzelheiten und Zusammenhänge darf mein Haus während der Ausschußberatungen hinweisen. In Vertretung Dr. Steinmetz Anlage 4 Umdruck 311 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 650 Anlage, 1053). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 04 03 Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache 650 Anlage S. 21) a) wird der Ansatz von 13 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 8 000 000 DM gekürzt, 4062 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 b) erhält der Haushaltsvermerk folgende Fassung: „Die Mittel sind übertragbar. Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuß des Deutschen Bundestages und durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärung des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 316 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Leistungen der Baulastträger durch eine Vereinbarung mit den Ländern — und diese durch eine Vereinbarung mit den Gemeinden und Kreisen —für die Dauer eines mindestens vierjährigen Zeitraumes, beginnend ab Rechnungsjahr 1960, in einem „Gesamtplan des deutschen Straßenbaues" zusammenzufassen. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 317 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, in europäischen und außereuropäischen Ländern mit stark motorisiertem Straßenverkehr die dortigen Methoden der Kontrolle der sogenannten Verkehrssünder festzustellen und das Ergebnis dieser Feststellung bis zum 31. Oktober 1959 dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen und dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vorzulegen mit dem Ziel, die ständig steigenden Aufwendungen für die Verkehrssünderkartei zu verringern. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 324 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 650 Anlage, 1053). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 04 01 — Bundeskanzler und Bundeskanzleramt —In Titel 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers zu allgemeinen Zwecken — (Drucksache 650 Anlage S. 10) wird der Haushaltsvermerk wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Zu Kap. 04 03 — Presse und Informationsamt der Bundesregierung — In Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache 650 Anlage S. 21) wird der Haushaltsvermerk wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 10. Juni 1959 Dr. Mende und Fraktion Anlage 8 Umdruck 329 (neu) Entschließungsantrag der Fraktion der DP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, der Entwicklung der deutschen Seehäfen in den kommenden Jahren ihr besonderes Augenmerk zu widmen. Als Folge des verlorenen Krieges hat sich die Wettbewerbslage der deutschen Seehäfen sehr verschlechtert. Die Verwirklichung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft kann ohne entsprechende Vorkehrungen zu einer weiteren Beeinträchtigung der Position der deutschen Seehäfen infolge ihrer Randlage im europäischen Wirt- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4063 schaftsgebiet führen. Aus diesem Grunde müssen rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, um den bisherigen hohen Leistungsstand der deutschen Seehäfen erhalten und weiter ausbauen zu können. Dazu gehört vor allem der beschleunigte Ausbau der see- und binnenwärtigen Wege von und zu den Seehäfen, wobei der Elektrifizierung der Nord-SüdStrecke der Bundesbahn von Gemünden bis Bremerhaven und Hamburg besondere Bedeutung zukommt. Weiter muß die Vertiefung der Unterweser und Unterelbe mit besonderem Nachdruck gefördert werden, um mit dem Ansteigen der Schiffsgrößen Schritt zu halten. Bonn, den 10. Juni 1959 Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 9 Umdruck 348 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 12 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 601 — Förderung des Reiseverkehrs in Deutschland — (Drucksache 1061 S. 5) wird der Ansatz von 5 300 000 DM um 1 700 000 DM auf 7 000 000 DM erhöht. Bonn, den 10. Juni 1959 Rademacher Dr. Bucher und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Siegfried Zoglmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Kollegen Kühn, der sich mit dem Titel 300 befaßt hat, habe ich nun unserem Antrag, der Ihnen in Umdruck 324 vorliegt, zu begründen. Es handelt sich, wie gerade gesagt worden ist, um einen Geheimfonds, der dem Herrn Bundeskanzler mittelbar zur Verfügung steht.
    Nach der Diskussion des heutigen Nachmittags ist man versucht, bei dieser Gelegenheit wieder in die Generaldebatte von vorhin zurückzufallen; denn es steht ja alles im Raum, es wird ja alles angerührt, was vorhin um den Komplex „Bundeskanzler" hier



    Zoglmann
    ausgeführt wurde. Aber ich möchte nicht in diesen Fehler verfallen.
    Ich kann es auch deshalb unterlassen, weil mir ein Kollege der CDU — ein sehr maßgeblicher Kollege — heute mittag gesagt hat: Gleichgültig, was heute nachmittag von der Opposition zu dem Komplex Adenauer auszuführen sein wird, es wird sich nichts darunter befinden, kein Argument, das nicht bereits innerhalb der CDU ebenfalls schon ausgesprochen wurde. — Das heißt also: Hier ist heute nachmittag ein Spiel mit etwas verdeckten Karten gespielt worden. Hier hat man nach außen hin so getan, als ob nichts passiert sei; effektiv aber hat man sich nach dieser Aussage des namhaften Kollegen von der CDU offenbar innerhalb der Fraktion mit diesen Dingen anders beschäftigt, als es hier anklang. Da also wenigstens Sie, meine Herren von der Mehrheitspartei, mit diesen Auffassungen vertraut sind, kann ich mir ihre weitere Behandlung schenken.
    Allerdings muß ich eines sagen: Wenn wir den Antrag stellen, den Fonds von 13 Millionen DM der Kontrolle des Hauses zu unterstellen, dann tun wir das in der klaren Erkenntnis, daß nicht einzusehen ist, weshalb ein Fonds, der dem Bundespresseamt und dem Bundeskanzleramt für Publikationszwecke zur Verfügung steht, anders zu behandeln sein soll als der Fonds, aus dem der Bundesnachrichtendienst gespeist wird. Niemandem können Sie klarmachen, daß man hier mit zweierlei Maß messen soll. Eher ist das Gegenteil anzunehmen. Eher wäre anzunehmen, daß der Fonds, mit dem Herr Gehlen ausgestattet ist, etwas sorgsamer behandelt wird als etwa der Fonds, den der Bundespressechef und das Bundeskanzleramt für Publikationszwecke zur Verfügung haben.
    Der Kollege Kühn hat sich vorhin sehr dezent über einen ihm bekanntgewordenen Fall, der sich mit den „Situationsanalysen" befaßt, geäußert. Nun hat der Kollege Kühn allerdings Veranlassung — nicht etwa, weil er befürchten müßte, soweit mir bekannt ist, daß ein ihm nahestehender Parteifreund etwa ebenfalls aus diesem Fonds Gelder bekommen hätte —, sich sehr dezent zu äußern. Ich möchte mich nicht so dezent äußern. Ich möchte eine ganz klare Frage stellen, und da folge ich ihm nicht ganz, wenn er sagt: wir sind alle frei von Fehlern. Ich meine jetzt die Journalisten; ich spreche auch als Journalist. So frei sind wir gar nicht. Die Journalisten sind so schwach wie alle andern Menschen auch. Man sollte sie nicht überfordern, und ich glaube, wir sind nahe daran, jemanden zu überfordern, wenn wir ihn beauftragen, bestimmte Arbeiten mit hoher Dotierung zu erstellen, und dann dieser Mann morgen oder übermorgen in einer Rundfunkanstalt oder mit Hilfe eines sonstigen Publikationsmittels plötzlich korrekt über den Auftraggeber von gestern berichten soll. Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich, ob Sie diesen Menschen nicht überfordern! Wenn Sie ihn überfordern, dann fällt die Schuld auch auf Sie zurück, nicht nur auf den Mann, der vielleicht in einer solchen Form sündigt. Also deshalb: Kontrolle dieses Fonds!
    Ich darf in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Fall erwähnen. Mir ist bekanntgeworden, daß an der Saar aus einem ähnlichen Geheimfonds des Ministerpräsidenten ein Landtagspräsident, der im Zuge einer neuen Koalitionsbildung seinen Posten räumen mußte, um ihn für einen anderen freizugeben, monatelang weiterhin die Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als Landtagspräsident bezog, also obwohl er seit Monaten nicht mehr Landtagspräsident war. Um solche Dinge zu verhindern, müssen wir hier klar die Kontrolle dieses Fonds verlangen. Im Vaterunser heißt es so schön: „Führe uns nicht in Versuchung". Die meisten kommen nämlich darin um. Deshalb bitten wir Sie um die Annahme unseres Antrags.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Barzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! In Anbetracht der vorgerückten Stunde ganz kurz! Ich bedanke mich bei Herrn Kühn für seine Anteilnahme an „Rettet den Barzel". Ich möchte nur zur Richtigstellung folgendes sagen: Es ist hier ein Mißverständnis vorhanden. Herr von Hanstein war Sekretär der Liga für Menschenrechte. Er war nicht Mitglied, nicht Funktionär, nicht irgendwie beteiligt an den Aktionen des Komitees „Rettet die Freiheit".
    Sie, Herr Kollege Kühn und auch Herr Kollege Zoglmann, haben angedeutet, zwar nicht wörtlich, aber dem Sinn nach, daß hier irgendwelche Machenschaften mit Journalisten passiert seien. Die erste Verlautbarung in der sozialdemokratischen Presse dazu behauptete, daß Staatssekretär Globke finstere Honorare für nichtjournalistische Tätigkeit verausgabt habe. Wenn ich Sie recht verstanden habe, Herr Kollege Kühn — Sie haben es sehr verschlüsselt vorgetragen —, haben Sie heute gesagt, der Staatssekretär von Eckardt sei hier zuständig. Ich möchte nachdrücklich, in aller Schlichtheit, aber auch mit aller Deutlichkeit diese Behauptung bestreiten. Hier kann nicht nur der Mund gespitzt, sondern hier muß gepfiffen werden, sonst ist diese Behauptung eine Verleumdung aller Bonner Journalisten.

    (Abg. Erler: Warum äußert sich denn die Regierung nicht? Sie haben doch keine Kontrolle über den Fonds! Woher wollen Sie das wissen?)

    — Herr Kollege Erler, darf ich vielleicht weitermachen.
    Die Anträge der SPD und der FDP auf den Umdrucken 311 und 324 betreffen beide den Tit. 300. Das Problem ist bekannt. Es ist hier im Hause schon oft erörtert worden. Die Argumente meiner Fraktion und der Regierung sind bekannt.
    Wir sehen uns nicht imstande, der Offenlegung oder gar der Kürzung dieser Mittel zuzustimmen, erstens weil die Politik der Opposition zur Zeit die Gemeinsamkeit mit uns in wesentlichen Fragen ab-

    Dr. Barzel
    lehnt und zweitens weil diese Mittel ihrer Natur nach vertraulich behandelt werden müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Heiland: Hoch lebe die Korruption!)