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    Deutscher Bundestag 74. Sitzung Bonn, den 11. Juni 1959 Inhalt: Zur Tagesordnung Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 3975 A Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 3975 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3976 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (FDP) (Drucksache 1152) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 3976 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1959 (Haushaltsgesetz 1959) (Drucksachen 650, 1050 his 1079) — Dritte Beratung — Allgemeine Aussprache Schoettle (SPD) 3976 D Dr, Vogel (CDU/CSU) 3982 B Lenz (Trossingen) (FDP) 3990 C Dr. Schild (DP) . . . . . . . 3996 B Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Ollenhauer (SPD) . . . . . . . 4005 D Dr. Krone (CDU/CSU) 4010 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 4015 A Dr. Mende (FDP) . . . 4017 D, 4026 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 4022 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 4024 D, 4028 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 4025 B Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 4027 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4030 B Dr. Jaeger (CDU/CSU) 4030 C Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 4035 A Erler (SPD) 4037 D, 4049 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 4039 D, 4047 C Dr. Starke (FDP) . . . . . . . . 4041 D Kühn (Köln) (SPD) . . 4043 B, 4049 B Zoglmann (FDP) 4046 D Hermsdorf (SPD) . . . . . . . 4048 A Ritzel (SPD) 4048 C Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . 4048 D Einzelplan 05, Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts Dr. Meyer (Frankfurt) (SPD) . . 4050 B Erler (SPD) 4051 C Zur GO Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 4051 D Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Ritzel (SPD) 4052 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 4053 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4053 A Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 4054 B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 4054 D Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . . 4055 B Rademacher (FDP) . . . . . . . 4055 B Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (11. ÄndG LAG) (Drucksachen 631, 964); Schriftlicher Bericht des Lastenausgleichsausschusses (Drucksache 1130) — Zweite Beratung 4000 A Entwurf eines Gesetzes zum Europäischen Niederlassungsabkommen vom 13. Dezember 1955 (Drucksache 584) ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 1116) — Zweite und dritte Beratung - 4000 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen (Drucksache 791); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1125) ; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1121, zu 1121) — Zweite und dritte Beratung — 4000 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Januar 1958 mit dem Königreich der Niederlande über den Abbau von Steinkohlen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet (Drucksache 1028) — Erste Beratung . . . . . . . . . . . 4000 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Zweiten Protokoll vom 15. Dezember 1956 zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates (Drucksache 1029) — Erste Beratung — 4000 D Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1958 zum Handelsabkommen vom 20. März 1926 mit der Republik Portugal (Drucksache 1030) — Erste Beratung -- . . . . . . . . 4001 A Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung eines Darlehens an die Türkische Republik (Drucksache 1098) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 4001 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Mai 1958 mit dem Königreich Dänemark über die gemeinsame Fischerei in der Flensburger Innenförde (Drucksache 1031) -- Erste Beratung — . . . 4001 B Entwurf eines Gesetzes zu den Verträgen vom 22. September 1958 über die Auslieferung und über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich (Drucksache 1099) — Erste Beratung — 4001 B Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 23. August 1958 mit dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (Drucksache 1101) — Erste Beratung — . . . . . . . 4001 B Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen vom 18. April 1958 mit der Französischen Republik über nebeneinanderliegende nationale Grenzabfertigungsstellen und Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfe an der deutsch-französischen Grenze (Drucksache 1021) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 C Entwurf eines Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds (Auslandsbonds-Entschädigungsgesetz) (Drucksache 1019) — Erste Beratung — 4001 D Entwurf eines Gesetzes zu dem deutsch- schweizerischen Abkommen vom 5. Februar 1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr (Drucksache 1020) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 D Entwurf eines Gesetzes über die Zuständigkeit auf dem Gebiet des Rechts des öffentlichen Dienstes (Drucksache 1080) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 D Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 6. Juni 1956 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden/Zivilstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen (Drucksache 1100) — Erste Beratung — 4002 A Entwurf eines Gesetzes über eine Zählung im Handel sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (Handelszählungsgesetz 1959) (Drucksache 1104) — Erste Beratung — 4002 A Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 27. Juni 1958 zum Europäischen Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 1117) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 4002 B Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes (Abg. Schulze-Pellengahr, Ruhnke, Dr. Dahlgrün, Dr. Schneider [Lollar] u. Gen.) (Drucksache 1025) — Erste Beratung — 4002 B Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent 1959 für feste Brennstoffe (Drucksache 1113) — Erste Beratung — . . . 4002 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (Drucksache 1111) — Erste Beratung — . . . . . . ..4002 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (FDP) (Drucksache 1118) — Erste Beratung — . . . 4002 C Entwurf eines Gesetzes über die Erstattung von Kriegsfolgelasten auf dem Gebiet des öffentlichen Schulwesens durch den Bund (Fünftes Überleitungsgesetz) (SPD) (Drucksache 1132) — Erste Beratung — 4002 D Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsverhältnissen der bei der Landespostdirektion Berlin als Postfacharbeiter und Postfacharbeiterinnen beschäftigten Personen (Abg. Neuburger, Schmidt [Hamburg] u. Gen.) (Drucksache 1137) - Erste Beratung — 4002 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) (Drucksache 1144) — Erste Beratung — 4003 A Antrag der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Ubersicht über die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus eigener landwirtschaftlicher Erzeugung und aus Einfuhren; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksachen 481, 1082) 4003 B Antrag der Abg. Dr. Kopf, Metzger u. Gen. betr. Vereinfachung der Grenzformalitäten; Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 519, 1040) . . 4003 B Übersicht 7 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 1084) 4003 C Antrag des Bundesminister der Finanzen betr. Zustimmung zum Grundstückstausch mit der Stadt Hannover aus Anlaß der Verwendung wesentlicher Teile des ehem. Fliegerhorstes Langenhagen-Evershorst; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 981, 1120) . . . 4003 C Antrag der Abg. Schmidt (Hamburg) u. Gen. betr. Inanspruchnahme von Naturschutzgebieten für militärische Zwecke; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksachen 191, 1115) Dr. Gossel (CDU/CSU) . . . . . . 4003 D Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 4004 D Antrag dies Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Beteiligung an der Deutsche Wochenschau GmbH, Hamburg (Drucksache 1039) 4005 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf eines Teils der bundeseigenen ehem. Infanteriekaserne in Kempten (Allgäu) an die Stadt Kempten (Drucksache 1091) . . . . . . . . . . 4005 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD FDP, DP betr. Ferienaktion für Berliner Kinder (Drucksache 1107) . . . . . 4005 B Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank (Drucksache 1089) . . . 4005 B Nächste Sitzung 4057 C Anlagen - 4059 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 3975 74. Sitzung Bonn, den 11. Juni 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauknecht 13. 6. Bausch 29. 6. Berendsen 31. 7. Birkelbach 11. 6. Börner 12. 6. Dr. Burgbacher 12. 6. Dr. Deist 11. 6. Diebäcker 11. 6. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 19. 6. Franke 11. 6. Dr. Frede 20. 6. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 12. 6. Gedat 11. 6. Glahn 12. 6. Dr. Gleissner (München) 6. 7. Gottesleben 20. 6. Dr. Greve 4. 7. Dr. Gülich 1. 8. Dr. Hesberg 8. 7. Heye 12. 6. Jahn (Frankfurt) 11. 7. Jaksch 30. 6. Kalbitzer 11. 6. Dr. Knorr 20. 6. Köhler 4. 7. Dr. Kreyssig 12. 6. Kühlthau 26. 6. Leukert 12. 6. Lücker (München) 15. 6. Dr. Maier (Stuttgart) 27. 6. Matthes 15. 6. Memmel 20. 6. Odenthal 11. 6. Dr. Oesterle 13. 6. Pernoll 20. 6. Dr. Pferdmenges 13. 6. Pusch 20. 6. Dr. Ratzel 12. 6. Scharnowski 12. 6. Dr. Schmidt (Gellersen) 11. 6. Schmidt (Hamburg) 13. 6. Dr. Schneider (Lollar) 20. 6. Siebel 12. 6. Stahl 15. 6. Stenger 12. 6. Sträter 11. 6. Frau Strobel 11. 6. Theis 12. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 6. Wegener 20. 6. Wittmer-Eigenbrodt 12. 6. b) Urlaubsanträge Frau Renger 18. 6. Scheel 4. 7. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Mischnick zu dem von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (Drucksache 1118). Der Deutsche Bundestag hat durch die Verabschiedung des Häftlingshilfegesetzes im Jahre 1955 anerkannt, daß die aus der Haft in sowjetischen und sowjetzonalen Konzentrationslagern zurückkehrenden Personen einer besonderen Hilfe bedürfen. Das Häftlingshilfegesetz ist damals in enger Anlehnung an das Heimkehrergesetz entstanden, obwohl von der Sache her eine Anlehnung an das Bundesentschädigungsgesetz für die Opfer des Dritten Reiches richtiger gewesen wäre. Zwischen Kriegsgefangenschaft und der fast ausschließlich politischen Haft der unter das Häftlingshilfegesetz fallenden Personen besteht doch ein erheblicher Unterschied. Es ist deshalb nur zu verständlich, daß der Wunsch der politischen Häftlinge immer dringender wird, ihre besondere Lage auch in dem für sie zuständigen Gesetz entsprechend zu berücksichtigen. Vor allen Dingen geht es vielen der ehemaligen Häftlinge darum, einmal genau den Status des politischen Häftlings festgelegt zu wissen. Mit Recht weisen sie darauf hin, daß sie und ihre Kameraden Freiheit, Gesundheit und sogar das Leben für das geopfert haben, was andere zu einem großen Teil nur vom sicheren Port aus mit Sonntagsreden zu verteidigen pflegen: die Freiheit für uns ,alle. Wer den Menschen in Mitteldeutschland immer und immer wieder zuruft: „Haltet aus," „Laßt euch nicht unterkriegen," „Leistet geistigen Widerstand" - der muß auch zu dem vergleichsweise bescheidenen Opfer eines gewissen finanziellen Ausgleiches für diejenigen bereit sein, die in diesem Sinne tätig waren und dabei zu Schaden kamen. Mit dem Häftlingshilfegesetz ist ein solcher Versuch unternommen worden. Es wäre erfreulich, wenn sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages dazu bereitfinden könnten, für die politischen Häftlinge eine eigenständige gesetzliche Regelung zu schaffen, die in ihren Grundsätzen der dies Bundesentschädigungsgesetzes angepaßt ist. Die vorliegende Novelle der Regierung zum Häftlingshilfegesetz in Drucksache 1111 läßt aber deutlich werden, daß die Regierung und damit wohl auch die Mehrheitsfraktion des Deutschen Bundestages zu dieser völligen Neuordnung - zumindest zur Zeit - nicht bereit ist. In Anbetracht dieser Umstände hat sich die FDP-Bundestagsfraktion entschlossen, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nur eine Novelle zum bestehenden Häftlingshilfegesetz vorzulegen; ihr Wunsch, eine völlige Reformierung der Häftlingshilfegesetzgebung vorzunehmen, bleibt davon unberührt. Ziel der FDP-Novelle ist es im Gegensatz zur Regierungsnovelle, zumindest eine ge- 4060 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 wisse Angleichung an das Bundesentschädigungsgesetz zu erreichen. Die Novelle der Freien Demokraten unterscheidet sich von der Regierungsvorlage insbesondere in zwei Punkten: die Regierungsvorlage behält leider die Forderung bei, daß ein politischer Häftling sich innerhalb von sechs Monaten nach seiner Haftentlassung in der Bundesrepublik niederlassen muß, um Ansprüche nach dem Häftlingshilfegesetz geltend machen zu können. An sich wäre ein völliger Wegfall dieser Ausschließungsfrist das richtige. Der FDP-Entwurf sieht eine Verlängerung der Frist von 6 auf 12 Monate in der Hoffnung vor, damit wenigstens zu einer gemeinsamen Basis kommen zu können. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß eine ganze Reihe von Häftlingen verständlicherweise mehr 'als 6 Monate braucht, um sich endgültig über seinen künftigen Wohnsitz zu entscheiden. Der wichtigste Unterschied zwischen Regierungsvorlage und FDP-Entwurf ist im § 9a Abs. 1 enthalten. Während die Regierungsvorlage eine Beihilfe — um das Wort „Entschädigung" zu vermeiden — von DM 1,— pro Hafttag für die ersten zwei Jahre und von DM 2,— pro Hafttag für die weiteren Jahre beibehält, verlangt der FDP-Entwurf eine Beihilfe von DM 5,— vom ersten Hafttag an, sofern, genau wie in der Regierungsvorlage, die Haft länger als 12 Monate betrug. Es ist damit derselbe Betrag gewählt worden, der im Bundesentschädigungsgesetz festgelegt ist. Es ist beim besten Willen nicht einzusehen, warum ein Hafttag während des Dritten Reiches anders bewertet werden soll als ein Hafttag unter sowjetzonaler oder sowjetischer Herrschaft. Es haben sich dadurch schon die kuriosesten Situationen ergeben. Eine nicht unerhebliche Zahl von politischen Häftlingen aus der Zone mußte schon während der Zeit des Dritten Reiches mit dem KZ Bekanntschaft machen; bei der Festlegung ihrer Entschädigung stellten sie dann aber fest, daß gleiche Tatbestände nicht gleich behandelt werden. Es sei hier gar nicht darauf eingegangen, die Art der Haft, ihre Härte usw. zwischen den beiden Systemen zu vergleichen. Eine volle Abgeltung des seelischen, gesundheitlichen und sonstigen Schadens, den ein Häftling erlitten hat, ist durch Geld sowieso nicht möglich. Insoweit folgen wir Freien Demokraten auch der Begründung der Regierungsvorlage. Nur scheint uns der daraus gezogene Schluß, deshalb solle es bei den bisherigen niedrigen Sätzen bleiben, reichlich bequem und für die Betroffenen unzumutbar zu sein. Insbesondere ist der im Regierungsentwurf enthaltene Vorschlag, denjenigen Häftlingen, die nach dem 1. Januar 1958 gekommen sind oder noch kommen werden, eine zusätzliche Beihilfe zu gewähren, völlig absurd. Die von der Bundesregierung gegebene Begründung, damit die schwieriger gewordenen Startbedingungen gegenüber den früher entlassenen Häftlingen verbessern zu wollen, ist fadenscheinig. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, daß nur fiskalische Gesichtspunkte bei diesem Vorschlag entscheidend waren. Denn jeder weiß, daß die Hauptzahl der politischen Gefangenen in den Jahren 1954 bis 1956 heimkehrten; sie wären durch den Regierungsvorschlag alle von einer berechtigten zusätzlichen Leistung ausgeschlossen. Der politische Kenner weiß darüber hinaus, daß gerade bei den Häftlingen, die in diesen Jahren entlassen wurden, all diejenigen sind, die unmittelbar nach Kriegsende, in dem festen Glauben, auch in der sowjetischen Besatzungszone einen demokratischen Staat aufbauen zu können, sich selbst im Kampf gegen die Ausbreitung der kommunistischen Diktatur exponierten und dabei Schaden erlitten. Leider sieht der Entwurf der Regierung auch keinerlei Verbesserung der Gesundheitsfürsorge vor. In der Novelle der Freien Demokraten sind entsprechende Bestimmungen nur deshalb nicht enthalten, weil der Reformentwurf zur Kriegsopferversorgung, den die Freien Demokraten unter der Drucksache 962 eingebracht haben, eine entscheidende Umstellung der gesamten Kriegsopferversorgung vorsieht. Nach unseren Vorschlägen soll diese Versorgung 'auch für die Beschädigungen gelten, die während der politischen Haft erlitten wurden. Durch die Einführung der Berufsschadensrente an Stelle der Ausgleichsrente soll nach den Gedanken der Freien Demokraten die gesamte Kriegsopferversorgung zumindest ähnlich geregelt werden, wie es im Bundesentschädigungsgesetz niedergelegt ist. Damit würden auch die politischen Häftlinge in der gleichen Form eine bessere Versorgung als bisher erhalten. Die Freien Demokraten gehen von dem Grundsatz aus, daß diese Versorgung keine Fürsorgeleistung sein darf, sondern einer Abgeltung von Rechtsansprüchen gleichkommen muß. Wer sich auf den Standpunkt stellt, daß für Enteignungen von Grund und Boden usw. Entschädigung gewährt werden muß — wir Freien Demokraten billigen diesen Grundsatz vorbehaltlos —, der muß auch bereit sein, bei der Enteignung der Gesundheit, soweit es irgend möglich ist, eine Entschädigung zu gewähren. Außerdem sieht der Vorschlag der FDP zur Reform der Kriegsopferversorgung vor, daß bei den Folgeschäden der ursächliche Zusammenhang mit den Kriegs- oder Haftfolgen als gegeben betrachtet wird, es sei denn die Versorgungsverwaltung kann das Gegenteil nachweisen. Man kann also von einer für den Geschädigten besseren Umkehrung der Beweislast sprechen. Die redaktionellen Änderungen des Regierungsentwurfs mit den Ergänzungen des Bundesrates werden von uns begrüßt und — sofern sie nicht im FDP-Entwurfenthalten sind oder übernommen wurden — unterstützt. Um die finanziellen Auswirkungen des FDP-Vorschlages abzumildern, scheint eine Auszahlung der erhöhten Haftbeihilfe, in gleichen Raten 'auf drei Jahre verteilt, durchaus vertretbar. Ein baldige Verabschiedung des Gesetzentwurfes ist dringend notwendig, um den vielseitigen Versprechungen an die politischen Häftlinge endlich die Tat folgen zu lassen. Da wir Freien Demokraten den geistigen Kampf gegen die kommunistische Idee für das Entscheidende halten, sind wir der Meinung, daß gerade denjenigen, die in diesem geistigen Kampf an der vordersten Front gestanden haben und stehen, die Gewißheit gegeben werden muß, daß sie von uns nicht vergessen sind. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4061 Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen zu dem von den Abgeordneten Neuburger, Schmidt (Hamburg) und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsverhältnissen der bei der Landespostdirektion Berlin als Postfacharbeiter und Postfacharbeiterinnen beschäftigten Personen (Drucksache 1137) . Die äußerst schwierige Angleichung der Rechtsverhältnisse der Angehörigen der Landespostdirektion Berlin gemäß dem Berliner Landesbeamtengesetz vom 1. Dezember 1952 vollzog sich im allgemeinen zur vollen Befriedigung aller Beteiligten. Einige offengebliebene Fragen, die zunächst von dem Gesetz nicht erfaßt waren oder werden konnten, wurden in der Zwischenzeit ebenfalls geregelt. Lediglich die Verbeamtung von inzwischen über 50 Jahre alt gewordenen Postfacharbeitern, Fernmeldebauhandwerkern und einigen Postangestellten stieß auf beamtenrechtliche und haushaltsrechtliche Schwierigkeiten. Der gesamte Fragenkomplex wurde in den vergangenen Jahren wiederholt in den Sitzungen des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost eingehend erörtert. Ich und meine Mitarbeiter haben nie einen Zweifel darüber gelassen, daß seitens der Deutschen Bundespost alles versucht wird, um auch diese letzte Frage zugunsten der überalterten Postfacharbeiter zu lösen. Der dem Hohen Hause in der Drucksache 1137 vorgelegte Gesetzentwurf findet dem Grunde nach deshalb meine volle Unterstützung, weil er meinen Absichten und Plänen entspricht. Bereits im Dezember 1955 ist wegen der Übernahme von 464 überalterten Postfacharbeitern der Landespostdirektion Berlin an den Bundesfinanzminister herangetreten worden. Nach ursprünglicher Ablehnung des Antrags, vielfachen Verhandlungen und Erweiterung des Antrags auf Übernahme von weiteren überalterten Kräften, nämlich 133 Fernmeldebauhandwerkern und 6 Postangestellten, hat der Bundesfinanzminister unter dem 30. Mai dieses Jahres seine grundsätzliche Zustimmung zur Übernahme dieser Kräfte in das Beamtenverhältnis nach § 36a RHO erteilt. Außer dieser Zustimmung ist noch eine Ausnahmegenehmigung des Bundespersonalausschusses nach der BLV erforderlich, mit deren Erteilung gerechnet werden kann. Ohne diese abzuwarten, ist die LPD Berlin bereits angewiesen worden, alle Vorbereitungen zur Übernahme der in Betracht kommenden Kräfte zu treffen. Damit würden die Wünsche auf Verbeamtung der überalterten, noch im Dienst befindlichen Kräfte erfüllt werden können. Im einzelnen möchte ich zu der Drucksache folgendes ausführen: Zu § 1: Der Kreis der nach dem Entwurf erfaßten Personen unterscheidet sich von dem, dessen Übernahme vom Bundesfinanzminister genehmigt wurde, dadurch, daß ihm der Stand vom 1. Dezember 1952 zugrunde gelegt wurde, während die Ermittlungen der LPD die Kräfte betreffen, die am 1. Januar 1957 eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 und mehr Jahren zurückgelegt und am 1. Juli 1957 das 50. Lebensjahr bereits überschritten hatten. Welche Unterschiede hinsichtlich der zu übernehmenden Kräfte dadurch auftreten, kann ohne weitere Ermittlungen nicht angegeben werden. Ferner besteht ein Unterschied darin, daß die Betreffenden nach dem Gesetzentwurf nur noch am 1. Januar 1959 im Dienst der LPD Berlin gestanden haben müssen, während nach dem vom BdF genehmigten Antrag die Kräfte noch bis zur Übernahme im Postdienst gestanden haben müssen. Die Genehmigung des BdF umfaßt im Gegensatz zum Gesetzentwurf nicht nur die überalterten Postfacharbeiter (§ 1) und Fernmeldebauhandwerker (§ 6), sondern auch noch 6 Postangestellte des mittleren Dienstes. Zu § 4: Die zur Anstellung der Kräfte erforderlichen Planstellen stehen nur zu etwa 50 v. H. zur Verfügung. Eine zusätzliche Zuweisung von Stellen als kw-Stellen wäre daher erwünscht. Zu § 5: Die Zustimmung des BdF erfaßt den im § 5 bezeichneten Personenkreis nicht, weil der Antrag sich nur auf die im Dienst befindlichen Kräfte erstreckt hat. Eine nachträgliche Übernahme in das Beamtenverhältnis von Personen, die wegen Berufsunfähigkeit (Invalidität) oder wegen Erreichens der Altersgrenze ausgeschieden sind, ferner die Einräumung einer beamtenrechtlichen Versorgung von Hinterbliebenen solcher Personen, die bereits verstorben sind, ohne bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst Beamte gewesen zu sein, ist der Verwaltung bei allem Wohlwollen zu einer gerechten Lösung nur im Wege der Gesetzgebung möglich. Auf eine Reihe anderer Einzelheiten und Zusammenhänge darf mein Haus während der Ausschußberatungen hinweisen. In Vertretung Dr. Steinmetz Anlage 4 Umdruck 311 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 650 Anlage, 1053). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 04 03 Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache 650 Anlage S. 21) a) wird der Ansatz von 13 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 8 000 000 DM gekürzt, 4062 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 b) erhält der Haushaltsvermerk folgende Fassung: „Die Mittel sind übertragbar. Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuß des Deutschen Bundestages und durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärung des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 316 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Leistungen der Baulastträger durch eine Vereinbarung mit den Ländern — und diese durch eine Vereinbarung mit den Gemeinden und Kreisen —für die Dauer eines mindestens vierjährigen Zeitraumes, beginnend ab Rechnungsjahr 1960, in einem „Gesamtplan des deutschen Straßenbaues" zusammenzufassen. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 317 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, in europäischen und außereuropäischen Ländern mit stark motorisiertem Straßenverkehr die dortigen Methoden der Kontrolle der sogenannten Verkehrssünder festzustellen und das Ergebnis dieser Feststellung bis zum 31. Oktober 1959 dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen und dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vorzulegen mit dem Ziel, die ständig steigenden Aufwendungen für die Verkehrssünderkartei zu verringern. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 324 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 650 Anlage, 1053). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 04 01 — Bundeskanzler und Bundeskanzleramt —In Titel 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers zu allgemeinen Zwecken — (Drucksache 650 Anlage S. 10) wird der Haushaltsvermerk wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Zu Kap. 04 03 — Presse und Informationsamt der Bundesregierung — In Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache 650 Anlage S. 21) wird der Haushaltsvermerk wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 10. Juni 1959 Dr. Mende und Fraktion Anlage 8 Umdruck 329 (neu) Entschließungsantrag der Fraktion der DP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, der Entwicklung der deutschen Seehäfen in den kommenden Jahren ihr besonderes Augenmerk zu widmen. Als Folge des verlorenen Krieges hat sich die Wettbewerbslage der deutschen Seehäfen sehr verschlechtert. Die Verwirklichung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft kann ohne entsprechende Vorkehrungen zu einer weiteren Beeinträchtigung der Position der deutschen Seehäfen infolge ihrer Randlage im europäischen Wirt- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4063 schaftsgebiet führen. Aus diesem Grunde müssen rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, um den bisherigen hohen Leistungsstand der deutschen Seehäfen erhalten und weiter ausbauen zu können. Dazu gehört vor allem der beschleunigte Ausbau der see- und binnenwärtigen Wege von und zu den Seehäfen, wobei der Elektrifizierung der Nord-SüdStrecke der Bundesbahn von Gemünden bis Bremerhaven und Hamburg besondere Bedeutung zukommt. Weiter muß die Vertiefung der Unterweser und Unterelbe mit besonderem Nachdruck gefördert werden, um mit dem Ansteigen der Schiffsgrößen Schritt zu halten. Bonn, den 10. Juni 1959 Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 9 Umdruck 348 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 12 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 601 — Förderung des Reiseverkehrs in Deutschland — (Drucksache 1061 S. 5) wird der Ansatz von 5 300 000 DM um 1 700 000 DM auf 7 000 000 DM erhöht. Bonn, den 10. Juni 1959 Rademacher Dr. Bucher und Fraktion
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    Rede von Wolfgang Döring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte ursprünglich zu Beginn der Ausführungen des Kollegen Jaeger den Eindruck, daß sich die heutige Nachmittagsdebatte zu einer Art heiterem Hausfrauennachmittag entwickeln würde.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Als ich seine Ausführungen über den Bundeskanzler, über den Menschenfreund, über den väterlichen Freund, über den Freund der Kinder hörte, da hatte ich das Gefühl, als wenn aus dem Buche „Der Führer, wie ihn keiner kennt" zitiert würde.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Das sagt ausgerechnet Herr Döring! Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wenn ich Ihnen als ein junger Demokrat gestehen soll, was ich heute nachmittag am meisten vermißt habe, so muß ich sagen: es ist die eindeutig kritische, sich von bestimmten Dingen distanzierende CDU-Stimme in diesem Hause.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Ich glaube, es hätte einer Fraktion Ihrer Stärke sehr gut angestanden — lassen Sie das einen „Parteimanager", wie Sie vorhin sagten, auch sagen -, es hätte Ihnen wahrscheinlich sogar genützt, wenn hier heute nachmittag ein Mann aus Ihrer Fraktion aufgestanden wäre und gesagt hätte: Was geschehen ist, halte auch ich für unerträglich und — wenn Sie ein deutliches Wort wünschen — für eine menschliche Unzulänglichkeit.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Sollte ich das mit dieser Aufforderung provoziert haben, — nun, ich glaube, wir werden es alle begrüßen, wenn wir auch aus Ihren Reihen einmal eine kritische Stimme hören.
    Etwas Weiteres hat mich heute nachmittag hier, ich möchte sagen, peinlich berührt, nicht sosehr für alle Zuhörer, nicht sosehr für die Kollegen hier im Plenum, sondern für einen Mann auf der Regierungsbank, nämlich für den Bundeswirtschaftsminister. Ich habe mich heute nachmittag gefragt: was muß er eigentlich empfinden, wenn er der Mann ist, für den wir ihn immer gehalten haben, wenn er das Schauspiel, das hier vorgeführt wird, anhört und betrachtet?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich glaube, er muß sich als ein Politiker auch einmal überlegen, welche Wirkungen so etwas in der Zukunft haben wird. Er muß sich auch einmal überlegen, welche Beurteilung er in der Zukunft in der Öffentlichkeit und im Volke erfahren wird, wenn er dieses Schauspiel widerspruchslos ablaufen läßt.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Noch etwas anderes hat mich persönlich sehr bedrückt. Sie haben so wie ich — ich habe Sie genau angesehen -- bei dem Versuch des Bundeskanzlers, seine Haltung und seine Handlungsweise zu rechtfertigen, peinliche Minuten gehabt. Ich habe sie gehabt — ich gestehe Ihnen das offen — seinetwegen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Och!)

    — Sie sollten gar nicht „Och" rufen. Bei aller Gegnerschaft, bei aller Schärfe, bei aller Härte, die wir und auch ich gelegentlich in Wahlauseinandersetzungen haben zutage treten lasesn: es ist für mich peinlich, wenn ich als Oppositioneller anhören muß, wie kümmerlich sich unser eigener Bundeskanzler hier verteidigt.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Es ist mir außerdem für eine Fraktion in Ihrer Größenordnung peinlich, und es ist mir peinlich auch gegenüber den Zuhörern und den Zuschauern des Auslands, die hier in diesem Saale sind.

    (Unruhe bei der CDU/CSU.)

    Denn, meine Damen und Herren, wenn im Ausland

    (Zuruf von der CDU/CSU: Plumpe Methoden hier!)

    — Das sind keine plumpen Methoden! Im Ausland weiß man sehr wohl die Leistungen Ihres Bundeskanzlers zu schätzen;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber Sie nicht!)

    man hat jahrelang mit ihm zusammengearbeitet. Man hat im Ausland aber auch ein Gefühl dafür, ob man sich in einem demokratischen Staatswesen so verhalten kann, wie das Ihr Regierungschef und Parteiführer tut. Sie wissen das genauso gut wie ich; Sie brauchen gar nicht zu protestieren, Sie können lesen, und Sie können hören wie wir alle.
    Etwas anderes hat mich sehr überrascht. In der Christlich-Demokratischen-Union wurde vor dieser Debatte immer darüber gestritten, wer denn eigentlich der bessere Europäer sei. Es wurde gesagt, es bestünden Zweifel daran, daß Ludwig Erhard ein ebenso guter Europäer sei wie der Bundeskanzler Konrad Adenauer. Darüber stellte man dann unterschiedliche Betrachtungen an. Wissen Sie, uns interessierte bei der Frage, wer Nachfolger im Bundeskanzleramt wird, primär nicht so sehr, wer der bessere Europäer ist, uns würde vielmehr interessie-



    Döring (Düsseldorf)

    ren, wer in der Zukunft eine bessere Politik für ganz Deutschland macht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Buh! Rufe von der CDU/CSU.)

    — Meine Damen und Herren, auch „Buh" Schreien, auch Lärmen übertönt nicht die Stimme Ihres Gewissens, die heute nachmittag wahrscheinlich oft genug bei Ihnen hörbar geworden ist.

    (Abg. Pelster: Wir sind ja kein Döring!)

    Ich habe in den letzten Tagen eine ganze Reihe von Unterhaltungen angehört, eine ganze Reihe von Stimmungsbildern bekommen, die sich auf die Auseinandersetzung dieses Nachmittags und darauf konzentrierten, was man von ihr zu erwarten habe. Allgemein wurde festgestellt, und Sie selbst haben durch Ihre Äußerungen dazu beigetragen, daß die Christlich-DemokratischeUnion in eine schwierige Situation geraten sei, und gestern vormittag schien noch niemand so recht zu wissen, wie die Christlich Demokratische Union aus dieser Schwierigkeit herauskäme.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dazu brauchen wir Döring nicht!)

    — Nein, ganz sicher nicht; dazu brauchen Sie mich nicht. Aber Sie brauchen mich vielleicht für etwas anderes.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

    Für mich war es sehr eindrucksvoll, als ein bekannter Publizist, der in der Vergangenheit sehr eifrig Ihre Politik verfochten hat, mich fragte: „Herr Döring, was wird denn bei dieser Debatte herauskommen? Da werden die Sozialdemokraten wieder aufstehen und sagen: Die Demokratie als solche ist gefährdet. Dann wird wieder lange palavert über die Demokratie, und das Volk, die Masse des Volkes wird dadurch gar nicht angesprochen; die interessiert das gar nicht. Was heißt überhaupt schon Demokratie?"

    (Abg. Kunze: Das wissen Sie eben nicht!)

    Meine Damen und Herren, diese Äußerung eines Publizisten, der sicher mit einer oberflächlichen Einstellung zur Demokratie oder dem, was man sich hier in diesem Hause darunter vorgestellt hat, nicht allein steht, trägt dazu bei, daß es für jüngere Menschen nicht leichter sein wird, ein Verhältnis zu einem demokratischen Staat zu bekommen.
    Lassen Sie mich ohne jede Polemik, wenn Sie so wollen — Sie werden sie bei mir immer unterstellen —, einmal folgendes sagen. Ich möchte die jüngeren Kollegen in der CDU/CSU-Fraktion ansprechen, die mir gleichaltrig sind. Ich sehe den Kollegen Wacher, ich sehe den Kollegien Jaeger, ich sehe den Kollegen Majonica, die so wie ich in einem totalitären System aufgewachsen sind.

    (Abg. Schröter [Berlin] : Aber das sind doch Köpfe!)

    Ich spreche ganz speziell die Jüngeren an, eine Generation, die so wie ich am 8. Mai 1945 in einer sehr schwierigen Situation war, für die nämlich 1945 viel mehr als nur Städte und Häuser zerstört
    und für die viel mehr als Materielles vernichtet war,

    (Zurufe von der Mitte: Für Sie schon, für uns nicht!)

    sondern für die alle ihnen bis dahin gültige Wertvorstellungen nicht mehr galten.

    (Abg. Dr. Jaeger: Das war nie unsere Wert: vorstellung!)

    — Ich behaupte, die seelischen Verwüstungen in dieser Generation waren sehr viel schwerwiegender.

    (Zuruf von der Mitte: Bei Ihnen, nicht bei uns!)

    —Sie sollten es sich nicht so leicht machen.
    Ich tue eines nicht: ich leugne niemals meine Entwicklung, ich kann sie auch nicht leugnen. Bei Ihnen gibt es zu viele, die sich ihrer Entwicklung in den Jahren 1933 bis 1945 nicht mehr erinnern können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich kann mich noch erinnern.
    Sie wissen, wie alt ich bin. Sie kennen mein Alter aus dem Handbuch. Aber eis ist bedauerlich, daß Sie, Kollege Jaeger, nicht begreifen wollen, was ich sagen will. Gerade diese Generation — das müssen Sie mir zugestehen — hatte es sehr schwer, auf Grund ihrer Entwicklung allein ein Verhältnis zu einem demokratischen Staatswesen zu finden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Jaeger.)

    — O ja, es gibt immer Opportunisten, die es gar nicht schwer haben; es gab Leute wie Sie, die von heute auf morgen von der NSDAP auf die CDU umschalten konnten,

    (Abg. Dr. Jaeger: Sie halben auf die FDP umgeschaltet!)

    Aber viele hatten es nicht so leicht, sich zurechtzufinden. Diese haben — und eis gibt leine ganze Reihe in diesem Haus einen schweren Weg inneren Kampfes hinter sich gebracht. Sie haben aber ihr Verhältnis zum demokratischen Staat, zum Begriff „Demokratie" gefunden, sie halben ihr Verhältnis dazu durch Arbeiten in den Parteien, durch Arbeiten in den demokratischen Institutionen gefunden und bekennen sich leidenschaftlich zu 'ihnen.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie glauben, daß man diesen Kräften und vor allen Dingen den noch jüngeren alles bieten kann, wenn Sie glauben, daß Sie durch Ihr Verhalten zu keiner Zeit bei diesen Menschen erhebliche Erschütterungen hervorrufen können, dann brauchen Sie nur so weiterzumachen, wie wir es zum Teil heute nachmittag hier erlebt haben. Wenn eine bestimmte Generation zu glauben beginnt, Demokratie sei in der Praxis nichts anderes als die Manipulation von Staatsämtern, nichts anderes ,als der Schacher um Ämter,

    (Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU; — Abg. Dr. Jaeger: Düsseldorf und Hannover!)

    wenn sie glauben zu beginnt, praktische Demokratie
    bedeute den Versuch, lukrative Einkommensquellen



    Döring (Düsseldorf)

    zu erhalten, dann wird der Tag nicht fern sein, wo sich diese Kräfte, abgestoßen von dieser Praxis, vom demokratischen Staat schlechthin entfernen werden.

    (Abg. Dr. Jaeger: Darum laufen Ihnen ja die Wähler davon!)

    — Ich möchte mit Rücksicht auf Ihren verstorbenen Kollegen Arnold nicht auf die Bemerkung Ihres Kollegen Jaeger eingehen. — Nun, Herr Kollege Krone, Sie schütteln den Kopf. Ich müßte mich dann mit ihm oder seinen politischen Entscheidungen im Jahre 1956, als ich noch im Landtag war, auseinandersetzen. Er kann sich dazu nicht mehr äußern. Sie werden also nicht von mir erwarten, daß ich das hier tue.
    Was ich sagen wollte, ist etwas anderes. Sie glauben, daß man demokratische Prinzipien, die heute nachmittag zur Diskussion gestanden haben, unter Umständen ungestraft manipulieren kann. Ich sage Ihnen, Sie werden das auf die Dauer nicht ungestraft tun. Wir lachen jetzt noch alle zusammen über kleine Parteigruppierungen, von denen wir alle wissen, daß sie keine Demokraten aus Überzeugung sind. Wir lachen so über diese kleinen Gruppierungen, wie wahrscheinlich die demokratischen Parteien in der Weimarer Republik über die ihnen damals als Sekte erscheinende NSDAP gelacht haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es können aber innerpolitische oder wirtschaftliche Umstände sein, die es einer solchen Sekte einmal sehr leicht machen, unter Hinweis auf einen manipulierten Staat oder einen Staat, der als solcher erscheinen muß, Kapital für radikale Bewegungen zu schlagen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich weiß, daß es sehr schwierig ist, ein so ernstes Thema in einer solchen Debatte in aller Breite zu behandeln. Aber ich glaube, man sollte sich einmal etwas mehr mit den potentiellen Gefahren befassen, die in der CDU-Wählerschaft dieser Altersklassen, auch in unserer, möglicherweise auch in der sozialdemokratischen Wählerschaft vorhanden sind. Wir sollten das nicht so leicht nehmen, wie wir es heute nachmittag gelegentlich wohl getan haben.
    Meine Damen und Herren, mir hat gestern noch ein Kollege zu sagen versucht, wie der heutige Nachmittag und diese Debatte nach seinen Erfahrungen voraussichtlich ablaufen würde. Der Kollege sagte mir: „Wissen Sie, was geschehen wird? Wenn über Besorgnisse hinsichtlich der demokratischen Entwicklung gesprochen wird, wird sich die CDU ausschütten vor Lachen, und ihre Freude und Heiterkeit wird sich immer mehr steigern; dann werden einige Repliken aus der Wahlkampfkiste kommen, und dann wird sich eine Atmosphäre ergeben wie auf Pützchens Jahrmarkt."
    Wir sind der Meinung, daß das eigentliche Problem, das heute nachmittag zur Debatte stand und an dessen sorgfältiger Behandlung wir alle interessiert sein müssen, offensichtlich auf seiten der Christlich-Demokratischen Union gar nicht zur
    Debatte gestanden hat, oder Sie wollen es nicht zugeben, daß Sie das Problem heute nachmittag aus rein parteipolitischen Überlegungen nicht so behandeln wollen, wie es der Kollege Ollenhauer dankenswerterweise zu behandeln versucht hat, als er den Auftakt für diese Diskussion gab.
    Ich befürchte, daß der Kollege, der gestern diese Warnung aussprach, recht behalten wird, wenn wir in dem Stil weiter verfahren, wie er durch den Kollegen Jaeger entwickelt worden ist. Ich habe die Furcht, daß sich, wenn dieser Stil fortgesetzt wird, eine Art von brüllender Wahlkampffreude bei der CDU entwickelt wird.
    Sie mögen, weil Sie nun einmal als CDU von dem Freien Demokraten Döring in den Wahlkämpfen nichts Gutes erfahren haben, über diese Worte hinweggehen. Sie mögen sich darüber hinwegsetzen, Sie mögen lachen, Sie mögen sich auch ausschütten vor Lachen, meine Damen und Herren. Sie werden aber eines Tages vielleicht nicht mehr lachen, Sie werden alle zusammen mit uns gemeinsam dann nicht mehr lachen, wenn die Methoden, die Sie zur Zeit zulassen, in diesem demokratischen Staat Entwicklungen heraufbeschwören, für die wir alle als Volk schon einmal bitter haben zahlen müssen.
    Wir wollten das nicht ungesagt sein lassen, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Sie werden schuld daran sein, wenn Sie als Mehrheitspartei solche Manipulationen heute zulassen. Sie werden verantwortlich sein, wenn es im innerpolitischen Bereich eines Tages wieder revolutionäre Entwicklungen geben wird. Sorgen Sie dafür, daß es sie nicht gibt. Sie allein können es im Augenblick bewirken.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! .Ich glaube, wir sollten dem Kollegen Döring aufrichtig dafür dankbar sein, daß er uns zu dem eigentlichen Thema des heutigen Nachmittags wieder zurückgeführt hat,

    (Zustimmung bei der SPD)

    nämlich zu der Frage, welch einen Eindruck die jüngsten Entscheidungen des Regierungschefs in unserem Volke und auch draußen in der Umwelt hinterlassen haben und wie dieser Eindruck in Deutschland und darüber hinaus der zarten Pflanze Demokratie in unserem Lande bekommt. Darum geht es doch.
    Es geht doch gar nicht um die Frage, ob der Schritt des Bundeskanzlers rechtlich zulässig ist oder nicht. Natürlich ist er rechtlich zulässig. Man kann niemanden gegen seinen Willen zum Bundespräsidenten wählen. Das wäre doch eine völlig absurde Vorstellung. Die hat weder bei uns jemand noch bei Ihnen. Das ist doch vollkommen klar.

    (Unruhe bei der CDU/CSU.)

    Sondern die Frage, um die es hier geht, ist doch
    die: ob in einem demokratischen Staatswesen in



    Erler
    wichtigen politischen Entscheidungen der Wille eines einzelnen Mannes sich gegenüber dem Willen der Mehrheit seiner Partei und der Mehrheit des Hauses durchsetzen kann, — und zwar nicht jetzt in dieser einzelnen Entscheidung, sondern in der ganzen Methode, wie er dieses Problem behandelt.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Woher wissen Sie das?)

    Wir haben es hier doch nicht mit einem einzelnen Entschluß zu tun. Wenn Sie den Kanzler gefragt hätten, ob er Bundespräsident werden wollte, und er hätte nein gesagt, wäre alles erledigt gewesen. Aber worum es hier geht, ist doch die Methode, mit der der Herr Bundeskanzler gewissermaßen plötzlich einen Purzelbaum geschlagen, aus ganz bestimmten Motiven, die mit seiner Selbsttäuschung über die Machtfülle des Bundespräsidentenamtes zusammenhängen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    mit höchsten Staatsämtern gespielt und sie damit nahe an den Rand der Abwertung im Gefühle unseres Volkes gebracht hat.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU.) Das ist der eine Punkt.

    Der zweite Punkt! Das ist ein Punkt, der geht nicht nur Sie an; Sie mögen sagen: „Das ist eine innerparteiliche Angelegenheit", nein, das geht uns alle an. Der zweite Punkt ist der, wie er dabei mit Menschen umgegangen ist. Sie wissen, daß wir eine Reihe von politischen Auseinandersetzungen mit dem Bundeswirtschaftsminister ausgefochten haben. Das steht heute gar nicht zur Debatte, sondern zur Debatte steht, wie ein Regierungschef mit seinen Mitarbeitern umgeht und wieweit sie das dulden. Das steht zur Debatte, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD.)

    Es steht noch mehr zur Debatte. Es steht unter anderem zur Debatte, wie das Auslandsecho zeigt, ob es einem Manne erlaubt sein kann, durch die Legende — durch die vom Kollegen Dr. Jaeger kunstvoll, in geradezu byzantinischer Weise aufgeputzte Legende — von der Unersetzlichkeit eines Mannes draußen in der Welt den Eindruck zu erwecken, daß die deutsche Demokratie niemals auf eigenen Füßen stehen könne, sondern auf zwei Augen und zwei Hände gegründet sei, nämlich die des jetzigen Bundeskanzlers. Das wäre wahrhaft ein böses Zeugnis, wenn wir uns das ausstellen sollten, und das sollten auch Sie nicht tun.
    Es gibt ein gutes Wort in England, was eigentlich das Wesensgesetz der Demokratie sei: „Government by discussion", d. h. die Probleme werden miteinander diskutiert, es wird darum gerungen, und letzten Endes entscheidet dann — da hat Dr. Jaeger recht — die von der Wählerschaft in die Mehrheit berufene Parlamentsmehrheit, so man sich nicht zu einer einmütigen Entscheidung zusammenraufen kann.
    Nun hat der Herr Bundeskanzler sein Gewissen angerufen, das einer anderen Entscheidung als der zuletzt gefällten entgegenstünde. Ich will das ernst nehmen, Eine Gewissensentscheidung ist für den einzelnen ein Befehl, über den er nicht hinweg kann. Jawohl. Wir haben ja hier einmal in nächtlicher Stunde darum gerungen, oh es zulässig ist, bei anderen Staatsbürgern diese Gewissensentscheidung in unzulässiger Weise zu verkürzen oder nicht.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Vielleicht entsinnen wir uns noch dieser Stunde. Es gibt nicht nur das Gewissen des Regierungschefs, in der Demokratie gibt es das Gewissen eines jeden einzelnen. Aber die Gewissensentscheidung befiehlt dem einzelnen, was er zu tun und zu lassen hat. Sie gibt nicht den Anspruch, daß die Gewissensentscheidung des einzelnen — und sei er noch so hochgestellt — die Regeln für die demokratische Meinungsbildung und Entscheidung in einer Demokratie ersetzt oder an ihre Stelle tritt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Auch dieses Problem sollten Sie einmal bis zu Ende durchdenken, weil Sie sonst den Gewissensabsolutismus eines Individuums benutzen, um damit die Grundregeln der demokratischen Verfassungswirklichkeit außer Kraft zu setzen.
    Wenn einmal Gewissen gegen Gewissen steht — das gibt es doch auch; das macht doch gerade so manchen Konflikt erst im vollen Sinn wirklich tragisch, auch in diesem Hause hier —, dann muß eben gerungen und argumentiert und nicht einfach autoritär von einem einzelnen entschieden werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das sind Dinge, über die wir doch noch reiflicher nachdenken sollten, um nicht auf eine Bahn zu geraten, bei der allzu leicht demokratische Grundregeln — und wir müssen sie doch alle erst in unserem Volke wirklich Wurzeln schlagen lassen — verletzt werden könnten, bevor sie wirklich eingewurzelt sind.
    Und dann der Respekt vor der Person anderer, vor den Werten, die in anderen verkörpert sind! Meine Damen und Herren, Sie können hier dem Bundeskanzler Elogen singen für all das, was Sie — mitunter großzügig auch unsere Aufbauleistung in Ländern und Gemeinden einschließend — einfach auf sein und Ihr Konto buchen. Das ist verständlich. Aber Sie dürfen demgegenüber nicht vergessen, daß es in diesem Bild auch Schattenseiten gibt, an die Sie selbst sich erinnern müssen, weil Sie sonst in Versuchung geraten, das Bild so zu verzeichnen, daß der Held Ihr Herrscher wird und Sie sich seinem Befehl auch mit Ihrer Mehrheit nicht mehr zu widersetzen vermögen, wenn einmal Ihr Gewissen angerufen ist.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Ich will Ihnen das illustrieren, meine Damen und Herren. Wie muß es in dem Herzen eines Mannes aussehen, der kürzlich von einem seiner Mitarbeiter und früher einmal von einem meiner Freunde hier in diesem Hause, von dieser Tribüne, im Ton der Abwertung, im Ton des Vorwurfs gesagt hat: Der Betreffende im ersten Fall handelt es sich



    Erler
    also um Herrn Minister Erhard — „der glaubt sogar selbst, was er sagt". — Wie muß es im Herzen eines Mannes aussehen, bei dem das ein Vorwurf ist!

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Christliche Politik! — Der Zyniker!)

    Nun noch ein paar Sätze zu Dingen, die Kollege Dr. Jaeger uns hier vorgetragen hat. Er sprach von neuen Verhältnissen und neuen Tatbeständen, die natürlich auch zu neuen Entschlüssen führen müßten. Da gebe ich ihm recht, aber der Tenor der Rede war, daß es in der CDU/CSU offenbar keinen Mann außer dem Bundeskanzler gäbe, der imstande wäre, das Steuer in die Hand zu nehmen. Denn von der ganzen Garnitur, die Sie uns vorgestellt haben, bleibt doch nichts übrig, wenn Sie nach wie vor den Entschluß für richtig halten, daß die Lage unseres Volkes es zwingend gebiete, daß nur Dr. Adenauer Bundeskanzler bleiben darf.

    (Zuruf von der Mitte: Weil er der beste ist!)

    Damit haben Sie Ihre ganze Galerie leider weitgehend selber entwertet, wobei noch die Nebenfrage erlaubt ist, ob man für diese Frage, um die es geht, noch einen Außenminister hat oder nicht; aber das nur am Rande.
    Da wir gerade bei dem Außenminister sind; er wurde hier apostrophiert! Herr Kollege Jaeger, wir wollen bei der Wahrheit bleiben. Ich weiß, das ist mitunter schwer, wenn man im politischen Leben steht. Mitunter entgleist einem etwas. Wir alle wollen die Wahrheit nicht verfälschen, aber manchmal stellen sich bestimmte Tatbestände in der Erinnerung durch das eigene Zutun und die eigene Meinung etwas anders dar, als sie sich bei objektiv er Prüfung herausstellen würden.
    Prüfen Sie so einmal unsere Äußerungen über die Genfer Konferenz. Sie werden sich dabei davon überzeugen müssen, daß von maßlosem Optimismus bei der Opposition in bezug auf diese Konferenz niemals und an keiner Stelle die Rede war. Ich möchte sagen, daß wir ihr eher noch skeptischer entgegengegangen sind. Das können Sie nachlesen, das können Sie aus unserem Pressedienst ersehen, das können Sie, wenn es Ihnen Spaß macht, in meinen Rundfunkreden nachlesen. Wir sind dieser Konferenz eher skeptischer entgegengegangen als die Regierung.
    Wir haben vorhin eine Rede, sagen wir einmal, über das Thema der Nibelungentreue gehört. Gewiß, Treue ist ein hoher Wert. Aber Sie wissen auch, wohin uns mitunter blinde Nibelungentreue geführt hat. Ich will Sie nicht zur Untreue anstiften, obwohl Sie sich selber manchmal ein bißchen untreu geworden sind.
    Vorhin wurde hier von dem Ahlener Programm gesprochen. Der eine meint, es gelte noch, der andere sagt, er habe daran nicht mitgewirkt und deshalb sei es für ihn nicht so recht verbindlich, und der dritte hat Herrn Dr. Heinemann gesagt, wenn er heute noch zum Ahlener Programm stünde, sei er eigentlich kein Sozialist. Ich entsinne mich
    noch der Versammlungsreihen, die damals im Südwesten der Bundesrepublik stattfanden, auf denen über das Ahlener Programm gesprochen wurde. Das geschah unter einem sehr einleuchtenden und populären Schlagwort; ich glaube, es war Jakob Kaiser, der es geprägt hat. Da war die Rede vom „Sozialismus aus christlicher Verantwortung". Das war die Kennmarke, unter der das Ahlener Programm populär gemacht worden ist. Das ist offenbar das, was Herrn Heinemann inzwischen in unsere Reihen geführt hat.
    Zum Schluß möchte ich aber doch noch eine Bitte an den Kollegen Jaeger richten. Er möge noch einmal seine Sätze über die Bedeutung des Amtes des Bundespräsidenten überdenken. Er hat hier in, glaube ich, die Verhältnisse unseres Volkes nicht recht treffender Weise gesagt: Daß der Bundespräsident halt von der Mehrheit gewählt wird, das sei so in der Demokratie. Da würde eben die Wahl veranstaltet, und die Mehrheit, die daraus hervorgehe, habe dann die entsprechenden Staatsämter zu besetzen. Niemand wird leugnen, daß das auf alle Fälle bei der Bildung der Bundesregierung so ist. Ich möchte mir — auch wenn es verfassungsrechtlich so ist — für das höchste Amt in der Bundesrepublik doch etwas anderes wünschen: ich möchte mir wünschen, daß man sich Rechenschaft darüber gibt, daß in diesem Amt, so wie es Bundespräsident Heuss verkörpert hat, nicht nur der Mehrheitswille, sondern die Integration, die Zusammenschmelzung unseres Volkes sichtbar wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Wir sind nach außen hin schon so gespalten, daß der Bundespräsident nicht Symbol der Spaltung, sondern der Einheit sein sollte.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)