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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3074

  • date_rangeDatum: 11. Juni 1959

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    Deutscher Bundestag 74. Sitzung Bonn, den 11. Juni 1959 Inhalt: Zur Tagesordnung Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 3975 A Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 3975 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3976 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (FDP) (Drucksache 1152) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 3976 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1959 (Haushaltsgesetz 1959) (Drucksachen 650, 1050 his 1079) — Dritte Beratung — Allgemeine Aussprache Schoettle (SPD) 3976 D Dr, Vogel (CDU/CSU) 3982 B Lenz (Trossingen) (FDP) 3990 C Dr. Schild (DP) . . . . . . . 3996 B Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Ollenhauer (SPD) . . . . . . . 4005 D Dr. Krone (CDU/CSU) 4010 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 4015 A Dr. Mende (FDP) . . . 4017 D, 4026 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 4022 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 4024 D, 4028 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 4025 B Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 4027 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4030 B Dr. Jaeger (CDU/CSU) 4030 C Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 4035 A Erler (SPD) 4037 D, 4049 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 4039 D, 4047 C Dr. Starke (FDP) . . . . . . . . 4041 D Kühn (Köln) (SPD) . . 4043 B, 4049 B Zoglmann (FDP) 4046 D Hermsdorf (SPD) . . . . . . . 4048 A Ritzel (SPD) 4048 C Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . 4048 D Einzelplan 05, Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts Dr. Meyer (Frankfurt) (SPD) . . 4050 B Erler (SPD) 4051 C Zur GO Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 4051 D Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Ritzel (SPD) 4052 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 4053 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4053 A Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 4054 B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 4054 D Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . . 4055 B Rademacher (FDP) . . . . . . . 4055 B Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (11. ÄndG LAG) (Drucksachen 631, 964); Schriftlicher Bericht des Lastenausgleichsausschusses (Drucksache 1130) — Zweite Beratung 4000 A Entwurf eines Gesetzes zum Europäischen Niederlassungsabkommen vom 13. Dezember 1955 (Drucksache 584) ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 1116) — Zweite und dritte Beratung - 4000 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen (Drucksache 791); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1125) ; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1121, zu 1121) — Zweite und dritte Beratung — 4000 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Januar 1958 mit dem Königreich der Niederlande über den Abbau von Steinkohlen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet (Drucksache 1028) — Erste Beratung . . . . . . . . . . . 4000 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Zweiten Protokoll vom 15. Dezember 1956 zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates (Drucksache 1029) — Erste Beratung — 4000 D Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1958 zum Handelsabkommen vom 20. März 1926 mit der Republik Portugal (Drucksache 1030) — Erste Beratung -- . . . . . . . . 4001 A Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung eines Darlehens an die Türkische Republik (Drucksache 1098) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 4001 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Mai 1958 mit dem Königreich Dänemark über die gemeinsame Fischerei in der Flensburger Innenförde (Drucksache 1031) -- Erste Beratung — . . . 4001 B Entwurf eines Gesetzes zu den Verträgen vom 22. September 1958 über die Auslieferung und über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich (Drucksache 1099) — Erste Beratung — 4001 B Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 23. August 1958 mit dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (Drucksache 1101) — Erste Beratung — . . . . . . . 4001 B Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen vom 18. April 1958 mit der Französischen Republik über nebeneinanderliegende nationale Grenzabfertigungsstellen und Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfe an der deutsch-französischen Grenze (Drucksache 1021) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 C Entwurf eines Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds (Auslandsbonds-Entschädigungsgesetz) (Drucksache 1019) — Erste Beratung — 4001 D Entwurf eines Gesetzes zu dem deutsch- schweizerischen Abkommen vom 5. Februar 1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr (Drucksache 1020) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 D Entwurf eines Gesetzes über die Zuständigkeit auf dem Gebiet des Rechts des öffentlichen Dienstes (Drucksache 1080) — Erste Beratung — . . . . . . . . 4001 D Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 6. Juni 1956 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden/Zivilstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen (Drucksache 1100) — Erste Beratung — 4002 A Entwurf eines Gesetzes über eine Zählung im Handel sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (Handelszählungsgesetz 1959) (Drucksache 1104) — Erste Beratung — 4002 A Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 27. Juni 1958 zum Europäischen Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 1117) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 4002 B Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes (Abg. Schulze-Pellengahr, Ruhnke, Dr. Dahlgrün, Dr. Schneider [Lollar] u. Gen.) (Drucksache 1025) — Erste Beratung — 4002 B Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent 1959 für feste Brennstoffe (Drucksache 1113) — Erste Beratung — . . . 4002 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (Drucksache 1111) — Erste Beratung — . . . . . . ..4002 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (FDP) (Drucksache 1118) — Erste Beratung — . . . 4002 C Entwurf eines Gesetzes über die Erstattung von Kriegsfolgelasten auf dem Gebiet des öffentlichen Schulwesens durch den Bund (Fünftes Überleitungsgesetz) (SPD) (Drucksache 1132) — Erste Beratung — 4002 D Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsverhältnissen der bei der Landespostdirektion Berlin als Postfacharbeiter und Postfacharbeiterinnen beschäftigten Personen (Abg. Neuburger, Schmidt [Hamburg] u. Gen.) (Drucksache 1137) - Erste Beratung — 4002 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) (Drucksache 1144) — Erste Beratung — 4003 A Antrag der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Ubersicht über die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus eigener landwirtschaftlicher Erzeugung und aus Einfuhren; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksachen 481, 1082) 4003 B Antrag der Abg. Dr. Kopf, Metzger u. Gen. betr. Vereinfachung der Grenzformalitäten; Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 519, 1040) . . 4003 B Übersicht 7 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 1084) 4003 C Antrag des Bundesminister der Finanzen betr. Zustimmung zum Grundstückstausch mit der Stadt Hannover aus Anlaß der Verwendung wesentlicher Teile des ehem. Fliegerhorstes Langenhagen-Evershorst; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 981, 1120) . . . 4003 C Antrag der Abg. Schmidt (Hamburg) u. Gen. betr. Inanspruchnahme von Naturschutzgebieten für militärische Zwecke; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksachen 191, 1115) Dr. Gossel (CDU/CSU) . . . . . . 4003 D Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 4004 D Antrag dies Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Beteiligung an der Deutsche Wochenschau GmbH, Hamburg (Drucksache 1039) 4005 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf eines Teils der bundeseigenen ehem. Infanteriekaserne in Kempten (Allgäu) an die Stadt Kempten (Drucksache 1091) . . . . . . . . . . 4005 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD FDP, DP betr. Ferienaktion für Berliner Kinder (Drucksache 1107) . . . . . 4005 B Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank (Drucksache 1089) . . . 4005 B Nächste Sitzung 4057 C Anlagen - 4059 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 3975 74. Sitzung Bonn, den 11. Juni 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauknecht 13. 6. Bausch 29. 6. Berendsen 31. 7. Birkelbach 11. 6. Börner 12. 6. Dr. Burgbacher 12. 6. Dr. Deist 11. 6. Diebäcker 11. 6. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 19. 6. Franke 11. 6. Dr. Frede 20. 6. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 12. 6. Gedat 11. 6. Glahn 12. 6. Dr. Gleissner (München) 6. 7. Gottesleben 20. 6. Dr. Greve 4. 7. Dr. Gülich 1. 8. Dr. Hesberg 8. 7. Heye 12. 6. Jahn (Frankfurt) 11. 7. Jaksch 30. 6. Kalbitzer 11. 6. Dr. Knorr 20. 6. Köhler 4. 7. Dr. Kreyssig 12. 6. Kühlthau 26. 6. Leukert 12. 6. Lücker (München) 15. 6. Dr. Maier (Stuttgart) 27. 6. Matthes 15. 6. Memmel 20. 6. Odenthal 11. 6. Dr. Oesterle 13. 6. Pernoll 20. 6. Dr. Pferdmenges 13. 6. Pusch 20. 6. Dr. Ratzel 12. 6. Scharnowski 12. 6. Dr. Schmidt (Gellersen) 11. 6. Schmidt (Hamburg) 13. 6. Dr. Schneider (Lollar) 20. 6. Siebel 12. 6. Stahl 15. 6. Stenger 12. 6. Sträter 11. 6. Frau Strobel 11. 6. Theis 12. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 6. Wegener 20. 6. Wittmer-Eigenbrodt 12. 6. b) Urlaubsanträge Frau Renger 18. 6. Scheel 4. 7. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Mischnick zu dem von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (2. ÄndG HHG) (Drucksache 1118). Der Deutsche Bundestag hat durch die Verabschiedung des Häftlingshilfegesetzes im Jahre 1955 anerkannt, daß die aus der Haft in sowjetischen und sowjetzonalen Konzentrationslagern zurückkehrenden Personen einer besonderen Hilfe bedürfen. Das Häftlingshilfegesetz ist damals in enger Anlehnung an das Heimkehrergesetz entstanden, obwohl von der Sache her eine Anlehnung an das Bundesentschädigungsgesetz für die Opfer des Dritten Reiches richtiger gewesen wäre. Zwischen Kriegsgefangenschaft und der fast ausschließlich politischen Haft der unter das Häftlingshilfegesetz fallenden Personen besteht doch ein erheblicher Unterschied. Es ist deshalb nur zu verständlich, daß der Wunsch der politischen Häftlinge immer dringender wird, ihre besondere Lage auch in dem für sie zuständigen Gesetz entsprechend zu berücksichtigen. Vor allen Dingen geht es vielen der ehemaligen Häftlinge darum, einmal genau den Status des politischen Häftlings festgelegt zu wissen. Mit Recht weisen sie darauf hin, daß sie und ihre Kameraden Freiheit, Gesundheit und sogar das Leben für das geopfert haben, was andere zu einem großen Teil nur vom sicheren Port aus mit Sonntagsreden zu verteidigen pflegen: die Freiheit für uns ,alle. Wer den Menschen in Mitteldeutschland immer und immer wieder zuruft: „Haltet aus," „Laßt euch nicht unterkriegen," „Leistet geistigen Widerstand" - der muß auch zu dem vergleichsweise bescheidenen Opfer eines gewissen finanziellen Ausgleiches für diejenigen bereit sein, die in diesem Sinne tätig waren und dabei zu Schaden kamen. Mit dem Häftlingshilfegesetz ist ein solcher Versuch unternommen worden. Es wäre erfreulich, wenn sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages dazu bereitfinden könnten, für die politischen Häftlinge eine eigenständige gesetzliche Regelung zu schaffen, die in ihren Grundsätzen der dies Bundesentschädigungsgesetzes angepaßt ist. Die vorliegende Novelle der Regierung zum Häftlingshilfegesetz in Drucksache 1111 läßt aber deutlich werden, daß die Regierung und damit wohl auch die Mehrheitsfraktion des Deutschen Bundestages zu dieser völligen Neuordnung - zumindest zur Zeit - nicht bereit ist. In Anbetracht dieser Umstände hat sich die FDP-Bundestagsfraktion entschlossen, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nur eine Novelle zum bestehenden Häftlingshilfegesetz vorzulegen; ihr Wunsch, eine völlige Reformierung der Häftlingshilfegesetzgebung vorzunehmen, bleibt davon unberührt. Ziel der FDP-Novelle ist es im Gegensatz zur Regierungsnovelle, zumindest eine ge- 4060 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 wisse Angleichung an das Bundesentschädigungsgesetz zu erreichen. Die Novelle der Freien Demokraten unterscheidet sich von der Regierungsvorlage insbesondere in zwei Punkten: die Regierungsvorlage behält leider die Forderung bei, daß ein politischer Häftling sich innerhalb von sechs Monaten nach seiner Haftentlassung in der Bundesrepublik niederlassen muß, um Ansprüche nach dem Häftlingshilfegesetz geltend machen zu können. An sich wäre ein völliger Wegfall dieser Ausschließungsfrist das richtige. Der FDP-Entwurf sieht eine Verlängerung der Frist von 6 auf 12 Monate in der Hoffnung vor, damit wenigstens zu einer gemeinsamen Basis kommen zu können. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß eine ganze Reihe von Häftlingen verständlicherweise mehr 'als 6 Monate braucht, um sich endgültig über seinen künftigen Wohnsitz zu entscheiden. Der wichtigste Unterschied zwischen Regierungsvorlage und FDP-Entwurf ist im § 9a Abs. 1 enthalten. Während die Regierungsvorlage eine Beihilfe — um das Wort „Entschädigung" zu vermeiden — von DM 1,— pro Hafttag für die ersten zwei Jahre und von DM 2,— pro Hafttag für die weiteren Jahre beibehält, verlangt der FDP-Entwurf eine Beihilfe von DM 5,— vom ersten Hafttag an, sofern, genau wie in der Regierungsvorlage, die Haft länger als 12 Monate betrug. Es ist damit derselbe Betrag gewählt worden, der im Bundesentschädigungsgesetz festgelegt ist. Es ist beim besten Willen nicht einzusehen, warum ein Hafttag während des Dritten Reiches anders bewertet werden soll als ein Hafttag unter sowjetzonaler oder sowjetischer Herrschaft. Es haben sich dadurch schon die kuriosesten Situationen ergeben. Eine nicht unerhebliche Zahl von politischen Häftlingen aus der Zone mußte schon während der Zeit des Dritten Reiches mit dem KZ Bekanntschaft machen; bei der Festlegung ihrer Entschädigung stellten sie dann aber fest, daß gleiche Tatbestände nicht gleich behandelt werden. Es sei hier gar nicht darauf eingegangen, die Art der Haft, ihre Härte usw. zwischen den beiden Systemen zu vergleichen. Eine volle Abgeltung des seelischen, gesundheitlichen und sonstigen Schadens, den ein Häftling erlitten hat, ist durch Geld sowieso nicht möglich. Insoweit folgen wir Freien Demokraten auch der Begründung der Regierungsvorlage. Nur scheint uns der daraus gezogene Schluß, deshalb solle es bei den bisherigen niedrigen Sätzen bleiben, reichlich bequem und für die Betroffenen unzumutbar zu sein. Insbesondere ist der im Regierungsentwurf enthaltene Vorschlag, denjenigen Häftlingen, die nach dem 1. Januar 1958 gekommen sind oder noch kommen werden, eine zusätzliche Beihilfe zu gewähren, völlig absurd. Die von der Bundesregierung gegebene Begründung, damit die schwieriger gewordenen Startbedingungen gegenüber den früher entlassenen Häftlingen verbessern zu wollen, ist fadenscheinig. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, daß nur fiskalische Gesichtspunkte bei diesem Vorschlag entscheidend waren. Denn jeder weiß, daß die Hauptzahl der politischen Gefangenen in den Jahren 1954 bis 1956 heimkehrten; sie wären durch den Regierungsvorschlag alle von einer berechtigten zusätzlichen Leistung ausgeschlossen. Der politische Kenner weiß darüber hinaus, daß gerade bei den Häftlingen, die in diesen Jahren entlassen wurden, all diejenigen sind, die unmittelbar nach Kriegsende, in dem festen Glauben, auch in der sowjetischen Besatzungszone einen demokratischen Staat aufbauen zu können, sich selbst im Kampf gegen die Ausbreitung der kommunistischen Diktatur exponierten und dabei Schaden erlitten. Leider sieht der Entwurf der Regierung auch keinerlei Verbesserung der Gesundheitsfürsorge vor. In der Novelle der Freien Demokraten sind entsprechende Bestimmungen nur deshalb nicht enthalten, weil der Reformentwurf zur Kriegsopferversorgung, den die Freien Demokraten unter der Drucksache 962 eingebracht haben, eine entscheidende Umstellung der gesamten Kriegsopferversorgung vorsieht. Nach unseren Vorschlägen soll diese Versorgung 'auch für die Beschädigungen gelten, die während der politischen Haft erlitten wurden. Durch die Einführung der Berufsschadensrente an Stelle der Ausgleichsrente soll nach den Gedanken der Freien Demokraten die gesamte Kriegsopferversorgung zumindest ähnlich geregelt werden, wie es im Bundesentschädigungsgesetz niedergelegt ist. Damit würden auch die politischen Häftlinge in der gleichen Form eine bessere Versorgung als bisher erhalten. Die Freien Demokraten gehen von dem Grundsatz aus, daß diese Versorgung keine Fürsorgeleistung sein darf, sondern einer Abgeltung von Rechtsansprüchen gleichkommen muß. Wer sich auf den Standpunkt stellt, daß für Enteignungen von Grund und Boden usw. Entschädigung gewährt werden muß — wir Freien Demokraten billigen diesen Grundsatz vorbehaltlos —, der muß auch bereit sein, bei der Enteignung der Gesundheit, soweit es irgend möglich ist, eine Entschädigung zu gewähren. Außerdem sieht der Vorschlag der FDP zur Reform der Kriegsopferversorgung vor, daß bei den Folgeschäden der ursächliche Zusammenhang mit den Kriegs- oder Haftfolgen als gegeben betrachtet wird, es sei denn die Versorgungsverwaltung kann das Gegenteil nachweisen. Man kann also von einer für den Geschädigten besseren Umkehrung der Beweislast sprechen. Die redaktionellen Änderungen des Regierungsentwurfs mit den Ergänzungen des Bundesrates werden von uns begrüßt und — sofern sie nicht im FDP-Entwurfenthalten sind oder übernommen wurden — unterstützt. Um die finanziellen Auswirkungen des FDP-Vorschlages abzumildern, scheint eine Auszahlung der erhöhten Haftbeihilfe, in gleichen Raten 'auf drei Jahre verteilt, durchaus vertretbar. Ein baldige Verabschiedung des Gesetzentwurfes ist dringend notwendig, um den vielseitigen Versprechungen an die politischen Häftlinge endlich die Tat folgen zu lassen. Da wir Freien Demokraten den geistigen Kampf gegen die kommunistische Idee für das Entscheidende halten, sind wir der Meinung, daß gerade denjenigen, die in diesem geistigen Kampf an der vordersten Front gestanden haben und stehen, die Gewißheit gegeben werden muß, daß sie von uns nicht vergessen sind. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4061 Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen zu dem von den Abgeordneten Neuburger, Schmidt (Hamburg) und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Rechtsverhältnissen der bei der Landespostdirektion Berlin als Postfacharbeiter und Postfacharbeiterinnen beschäftigten Personen (Drucksache 1137) . Die äußerst schwierige Angleichung der Rechtsverhältnisse der Angehörigen der Landespostdirektion Berlin gemäß dem Berliner Landesbeamtengesetz vom 1. Dezember 1952 vollzog sich im allgemeinen zur vollen Befriedigung aller Beteiligten. Einige offengebliebene Fragen, die zunächst von dem Gesetz nicht erfaßt waren oder werden konnten, wurden in der Zwischenzeit ebenfalls geregelt. Lediglich die Verbeamtung von inzwischen über 50 Jahre alt gewordenen Postfacharbeitern, Fernmeldebauhandwerkern und einigen Postangestellten stieß auf beamtenrechtliche und haushaltsrechtliche Schwierigkeiten. Der gesamte Fragenkomplex wurde in den vergangenen Jahren wiederholt in den Sitzungen des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost eingehend erörtert. Ich und meine Mitarbeiter haben nie einen Zweifel darüber gelassen, daß seitens der Deutschen Bundespost alles versucht wird, um auch diese letzte Frage zugunsten der überalterten Postfacharbeiter zu lösen. Der dem Hohen Hause in der Drucksache 1137 vorgelegte Gesetzentwurf findet dem Grunde nach deshalb meine volle Unterstützung, weil er meinen Absichten und Plänen entspricht. Bereits im Dezember 1955 ist wegen der Übernahme von 464 überalterten Postfacharbeitern der Landespostdirektion Berlin an den Bundesfinanzminister herangetreten worden. Nach ursprünglicher Ablehnung des Antrags, vielfachen Verhandlungen und Erweiterung des Antrags auf Übernahme von weiteren überalterten Kräften, nämlich 133 Fernmeldebauhandwerkern und 6 Postangestellten, hat der Bundesfinanzminister unter dem 30. Mai dieses Jahres seine grundsätzliche Zustimmung zur Übernahme dieser Kräfte in das Beamtenverhältnis nach § 36a RHO erteilt. Außer dieser Zustimmung ist noch eine Ausnahmegenehmigung des Bundespersonalausschusses nach der BLV erforderlich, mit deren Erteilung gerechnet werden kann. Ohne diese abzuwarten, ist die LPD Berlin bereits angewiesen worden, alle Vorbereitungen zur Übernahme der in Betracht kommenden Kräfte zu treffen. Damit würden die Wünsche auf Verbeamtung der überalterten, noch im Dienst befindlichen Kräfte erfüllt werden können. Im einzelnen möchte ich zu der Drucksache folgendes ausführen: Zu § 1: Der Kreis der nach dem Entwurf erfaßten Personen unterscheidet sich von dem, dessen Übernahme vom Bundesfinanzminister genehmigt wurde, dadurch, daß ihm der Stand vom 1. Dezember 1952 zugrunde gelegt wurde, während die Ermittlungen der LPD die Kräfte betreffen, die am 1. Januar 1957 eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 und mehr Jahren zurückgelegt und am 1. Juli 1957 das 50. Lebensjahr bereits überschritten hatten. Welche Unterschiede hinsichtlich der zu übernehmenden Kräfte dadurch auftreten, kann ohne weitere Ermittlungen nicht angegeben werden. Ferner besteht ein Unterschied darin, daß die Betreffenden nach dem Gesetzentwurf nur noch am 1. Januar 1959 im Dienst der LPD Berlin gestanden haben müssen, während nach dem vom BdF genehmigten Antrag die Kräfte noch bis zur Übernahme im Postdienst gestanden haben müssen. Die Genehmigung des BdF umfaßt im Gegensatz zum Gesetzentwurf nicht nur die überalterten Postfacharbeiter (§ 1) und Fernmeldebauhandwerker (§ 6), sondern auch noch 6 Postangestellte des mittleren Dienstes. Zu § 4: Die zur Anstellung der Kräfte erforderlichen Planstellen stehen nur zu etwa 50 v. H. zur Verfügung. Eine zusätzliche Zuweisung von Stellen als kw-Stellen wäre daher erwünscht. Zu § 5: Die Zustimmung des BdF erfaßt den im § 5 bezeichneten Personenkreis nicht, weil der Antrag sich nur auf die im Dienst befindlichen Kräfte erstreckt hat. Eine nachträgliche Übernahme in das Beamtenverhältnis von Personen, die wegen Berufsunfähigkeit (Invalidität) oder wegen Erreichens der Altersgrenze ausgeschieden sind, ferner die Einräumung einer beamtenrechtlichen Versorgung von Hinterbliebenen solcher Personen, die bereits verstorben sind, ohne bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst Beamte gewesen zu sein, ist der Verwaltung bei allem Wohlwollen zu einer gerechten Lösung nur im Wege der Gesetzgebung möglich. Auf eine Reihe anderer Einzelheiten und Zusammenhänge darf mein Haus während der Ausschußberatungen hinweisen. In Vertretung Dr. Steinmetz Anlage 4 Umdruck 311 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 650 Anlage, 1053). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 04 03 Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache 650 Anlage S. 21) a) wird der Ansatz von 13 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 8 000 000 DM gekürzt, 4062 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 b) erhält der Haushaltsvermerk folgende Fassung: „Die Mittel sind übertragbar. Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuß des Deutschen Bundestages und durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärung des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 316 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Leistungen der Baulastträger durch eine Vereinbarung mit den Ländern — und diese durch eine Vereinbarung mit den Gemeinden und Kreisen —für die Dauer eines mindestens vierjährigen Zeitraumes, beginnend ab Rechnungsjahr 1960, in einem „Gesamtplan des deutschen Straßenbaues" zusammenzufassen. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 317 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, in europäischen und außereuropäischen Ländern mit stark motorisiertem Straßenverkehr die dortigen Methoden der Kontrolle der sogenannten Verkehrssünder festzustellen und das Ergebnis dieser Feststellung bis zum 31. Oktober 1959 dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen und dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vorzulegen mit dem Ziel, die ständig steigenden Aufwendungen für die Verkehrssünderkartei zu verringern. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 324 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 650 Anlage, 1053). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 04 01 — Bundeskanzler und Bundeskanzleramt —In Titel 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers zu allgemeinen Zwecken — (Drucksache 650 Anlage S. 10) wird der Haushaltsvermerk wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Zu Kap. 04 03 — Presse und Informationsamt der Bundesregierung — In Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache 650 Anlage S. 21) wird der Haushaltsvermerk wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 10. Juni 1959 Dr. Mende und Fraktion Anlage 8 Umdruck 329 (neu) Entschließungsantrag der Fraktion der DP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, der Entwicklung der deutschen Seehäfen in den kommenden Jahren ihr besonderes Augenmerk zu widmen. Als Folge des verlorenen Krieges hat sich die Wettbewerbslage der deutschen Seehäfen sehr verschlechtert. Die Verwirklichung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft kann ohne entsprechende Vorkehrungen zu einer weiteren Beeinträchtigung der Position der deutschen Seehäfen infolge ihrer Randlage im europäischen Wirt- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4063 schaftsgebiet führen. Aus diesem Grunde müssen rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, um den bisherigen hohen Leistungsstand der deutschen Seehäfen erhalten und weiter ausbauen zu können. Dazu gehört vor allem der beschleunigte Ausbau der see- und binnenwärtigen Wege von und zu den Seehäfen, wobei der Elektrifizierung der Nord-SüdStrecke der Bundesbahn von Gemünden bis Bremerhaven und Hamburg besondere Bedeutung zukommt. Weiter muß die Vertiefung der Unterweser und Unterelbe mit besonderem Nachdruck gefördert werden, um mit dem Ansteigen der Schiffsgrößen Schritt zu halten. Bonn, den 10. Juni 1959 Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 9 Umdruck 348 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 650 Anlage, 1061, 1150) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 12 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 601 — Förderung des Reiseverkehrs in Deutschland — (Drucksache 1061 S. 5) wird der Ansatz von 5 300 000 DM um 1 700 000 DM auf 7 000 000 DM erhöht. Bonn, den 10. Juni 1959 Rademacher Dr. Bucher und Fraktion
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Herr Ollenhauer hat sich in sehr temperamentvollen, zuweilen fast pathetischen Ausführungen beklagt, daß ich die Grundlage unserer demokratischen Ordnung zerstöre, daß ich kein inneres Verhältnis zum Geiste der Demokratie überhaupt habe. Das war, glaube ich — ich habe, so gut ich das konnte, seine Ausführungen notiert —, eigentlich die Quintessenz dessen, was er mir vorgeworfen hat.
    Warum hat er mir das vorgeworfen? Er hat es mir deshalb vorgeworfen, weil ich mich im Gegensatz auch zu einem Teil meiner eigenen Parteifreunde entschlossen habe, nach sehr reiflicher und sehr gewissenhafter Prüfung, meine Kandidatur zur Wahl des Bundespräsidenten zurückzuziehen. Das ist der einfache und klare Tatbestand.
    Wenn ich dem gegenüberhalte, meine verehrten Zuhörer, daß mir deswegen von Herrn Ollenhauer und von der sozialdemokratischen Presse und auch einem Teil der nichtsozialdemokratischen Presse

    (Zuruf von der SPD: „Teil" ist gut!)

    — ja, sicher lese ich das doch auch; das ist doch ganz klar — diese Vorwürfe gemacht werden und behauptet wird, daß ich von der Demokratie nichts halte, kein inneres Verhältnis dazu habe, so möchte ich Ihnen, Herr Ollenhauer, folgendes sagen. Ich habe in meinem ganzen langen Leben, auch in der Zeit der Verfolgung durch den Nationalsozialismus,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    bewiesen, daß ich demokratische Grundsätze vertrete.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber ich für meine Person und, ich glaube, auch meine Parteifreunde halten für den obersten Grundsatz der demokratischen Ordnung, daß jeder seinem Gewissen folgt,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und ich verlange von Ihnen, meine Herren von der Sozialdemokratie, daß, wenn ich Ihnen sage: Ich bin hei dieser Entscheidung meinem Gewissen gefolgt, Sie das nicht bezweifeln, sondern mir das glauben. Sie mögen das für falsch halten, was ich getan habe, Sie sehen es von einem anderen Standpunkt aus an; meinetwegen; es ist eines jeden Recht zu kritisieren. Aber das bitte ich zu respektieren: ich babe diesen Entschluß gefaßt nach sehr reiflicher
    und gewissenhafter Überlegung auch mit meinen Parteifreunden, zum Teil auch im Gegensatz zu meinen Parteifreunden. Ich erblicke demokratische Freiheit darin,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    daß man unter Umständen auch gegen die Meinung seiner Parteifreunde handelt.
    Ehe ich auf weitere Vorwürfe des Herrn Kollegen Ollenhauer eingehen muß — leider muß -, möchte ich hier einige Feststellungen zu den Tatsachen treffen.
    Ich habe mich am 7. April gegenüber dem Gremium, das meine Partei und die CSU zur Vorbereitung der Bundespräsidentenwahl bestimmt hat, bereit erklärt, die Kandidatur anzunehmen. Jeder, der dabeigewesen ist—und es waren über 70 Leute dabei —, weiß — es lag in meinen Worten und, ich glaube, auch in der Art, wie ich die Worte ausgesprochen habe —, daß mir dieser Entschluß nicht leicht gefallen ist. Er ist mir nicht leicht gefallen, weil die ganze Situation in der Welt verlangt -
    das bitte ich doch einmal zu verstehen —, daß nicht ganz plötzlich mitten während dieses weltpolitischen Geschehens sich dasselbe ereignet, was sich damals ereignet hat, als Churchill dadurch, daß er die Wahlen verlor, durch Attlee ersetzt wurde,

    (Zurufe rechts: Sie haben doch keine Wahl verloren!)

    der ein ausgezeichneter Mann ist, der aber in die ganzen Verhandlungen hineinkam, ohne vorher damit befaßt gewesen zu sein.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD und der FDP.)

    Seitdem, meine Damen und Herren, hat sich die Weltlage wiederum verändert. Ich habe hier vor mir liegen — und ich werde ihn mit Erlaubnis des Präsidenten verlesen - einen Brief, den der amerikanische Staatssekretär Dulles am 8. April an mich gerichtet hat. Er schrieb so:
    Mein lieber Freund!
    Die Nachricht von Ihrem Entschluß, sich als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland aufstellen zu lassen, hat mich hier in Florida erreicht. Ich habe auch mit dem größten Interesse Berichte über Ihre heutige Ansprache an das deutsche Volk erhalten. Obgleich ich im einzelnen nicht die Beweggründe kenne, die Ihnen diese Entscheidung nahelegten, habe ich volles Vertrauen, daß sie Ihre Absicht widerspiegeln, sich auch weiterhin für die Sache der menschlichen Freiheit und den konstruktiven Wiederaufbau Europas einzusetzen, bei dem sich Ihre staatsmännische Kunst bereits in so hervorragender Weise erwiesen hat. Ich teile Ihre Überzeugung, daß die aufgeklärte Politik, die Sie in so weitgehendem Maße zu einem Bestandteil des nationalen Lebens Ihres Landes gemacht haben, von langer Dauer sein wird. Ich freue mich darauf, in den harten bevorstehenden Zeiten gemeinsam mit Ihnen unsere Anstrengungen fortzusetzen.



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Herr Kollege Ollenhauer, eines bitte ich daraus zu ersehen: daß ich damals ohne jede Einwirkung von außen den Entschluß gefaßt habe, mich als Kandidat zur Verfügung zu stellen. Ich möchte in gleicher Weise erklären, daß ich mich später ohne jede Einwirkung von außen entschlossen habe, diese Kandidatur zurückzuziehen. Ich habe das getan, weil plötzlich — Sie wissen, daß Foster Dulles sich in Florida zuerst erholte; Sie kennen die Bilder, wie er im Meer geschwommen ist —, ganz plötzlich gegen alle Erwartungen der Ärzte der katastrophale Rückschlag eingetreten ist, der es ihm dann trotz Aufwendung seiner letzten Kräfte unmöglich gemacht hat, auf dem gemeinsamen Feld im Kampf gegen den Kommunismus, auf dem wir alle stehen, meine Damen und Herren, weiter mitzuarbeiten. Der Tod Dulles war für alle freien Völker der Welt ein großer, ein nicht zu ersetzender Verlust. Ein Weiteres kam hinzu: der Ablauf der Dinge in Genf. Diese beiden Umstände zusammen haben in mir immer mehr den Entschluß reif werden lassen, bei der Tätigkeit zu bleiben, die ich jetzt ausübe.
    Herr Ollenhauer hat mir vorgeworfen, ich hätte das Parlament getäuscht. Anscheinend sieht er eine Täuschung des Parlaments darin, daß ich auf die leidlich freundlichen Abschiedsworte, die Herr Erler mir am 3. Juni gewidmet hat,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    ihm nicht gesagt habe: Verehrter Herr Erler, Sie müssen noch einige Jahre warten.

    (Erneute Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Ich leugne nicht, Herr Erler, daß auf der einen Seite Ihre Worte mir gutgetan haben. Auf der anderen Seite muß ich aber auch hier ehrlich bekennen, daß ich mich über eins gewundert habe. Ich habe nämlich schon am 14. Mai im Bundeskabinett erklärt, daß mein Entschluß, mich als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl zur Verfügung zu stellen, infolge des Verlaufs der Ereignisse schon zu 90 % nicht mehr vorhanden sei. Daß Sie, Herr Erler, der Sie so vieles hören und wissen, davon nichts gehört haben, das hat mich beim Anhören Ihrer Rede etwas gewundert.

    (Abg. Erler: Der Erhard hat's mir nicht gesagt! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    — Also, meine Damen und Herren, ich habe diese Erklärung ja vor dem Kabinett, das voll besetzt war, abgegeben. Daran ist also nichts zu rütteln.

    (Abg. Erler: Aber der Erhard hat's doch auch nicht gewußt!)

    — Herr Erhard war dabei, als ich das gesagt habe.

    (Abg. Kühn [Köln]: Er war doch überrascht! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Ich möchte etwas Weiteres klären. Als ich mich bereit erklärte, die Kandidatur anzunehmen, habe ich — meine Parteifreunde, mit denen ich gesprochen habe, werden das bestätigen — zur Bedingung gemacht, daß über die Frage der Nachfolgerschaft im Bundeskanzleramt erst gesprochen werde, wenn die Bundespräsidentenwahl vorbei sei.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Das hielt ich für korrekt und das hielt ich auch für richtig gegenüber Herrn Bundespräsidenten Heuss. Ich wäre mir direkt etwas komisch vorgekommen, wenn ich, der ich vorläufig Kandidat war, der ich noch gar nicht gewählt war, nun große Verhandlungen darüber hätte führen sollen, wer Bundeskanzler wird. Auch deswegen, meine Damen und Herren, bin ich an dem Tage, nachdem ich mich bereit erklärt hatte, nach Cadenabbia abgefahren, damit keiner an mich herantreten könnte, um mich zu fragen.

    (Lachen, Unruhe und Zurufe bei der SPD.)

    Aber ich hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht; ich gebe das offen zu.

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Diese Tage in Cadenabbia sind mir nicht gerade verschönt worden durch die Ausführungen namentlich in der deutschen Presse darüber, wer nun Bundeskanzler werden wolle.
    Die Annahme des Herrn Kollegen Ollenhauer, daß ich vom Weißen Haus in Washington irgendwie beeinflußt worden sei — das hat er nämlich auch angedeutet —, ist völlig falsch.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Ist nicht gesagt! Weitere Zurufe von der SPD: Na, na!)

    — Er hat gesagt, am 4. Juni habe das Weiße Haus erklärt, es sei nicht überrascht gewesen.

    (Zurufe von der SPD: Ja!)

    — Also jetzt verstehe ich Sie nicht mehr! Das soll doch wohl heißen: — —

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Nein, er hat damit gesagt, daß Sie das Weiße Haus unterrichtet haben, aber nicht, daß Sie vom Weißen Haus beeinflußt wurden! — Abg. Erler: Das Weiße Haus hat mehr gewußt als Erhard! Das ist alles! Nicht etwa: Es hat Sie angestiftet; das war nicht der Inhalt!)

    — Ja, da muß ich Ihnen auch wieder eine Legende zerstören. Ich habe mit Herrn Erhard, ehe er nach Amerika abreiste, zweimal, einmal anderthalb Stunden und einmal eine Stunde, in voller Freimütigkeit gesprochen, wie das unter Parteifreunden bei uns üblich ist.

    (Abg. Ollenhauer: Wer sagt hier die Wahrheit? Sie oder Erhard? — Zurufe von der SPD: Er sieht weg! Wer lügt? Sehen Sie ihn an dabei!)

    — Ich sage nochmals: Ich habe es zuerst im Kabinett
    gesagt, am 14. Mai in Gegenwart von Herrn Erhard.

    (Abg. Wienand: Dann hat Erhard nicht zugehört! — Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Herr Erhard, nicken Sie mal!)

    Nachdem mich Herr Ollenhauer in sehr starken Ausdrücken bezichtigt hat, daß ich durch mein Verhalten die höchsten Ämter in einem demokratischen Staat in der Öffentlichkeit herabgesetzt und das aufkommende Gefühl für demokratisches Empfinden



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    entweder, wie er gesagt hat, zertreten oder zerstört hätte, möchte ich Ihnen doch einmal mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten vorlesen, wie Herr Ollenhauer vorher über mich geurteilt hat. Ich zitiere hier nach der „Freien Presse" in Bielefeld vom 27. April 1959:
    Die Kandidatur des Bundeskanzlers für das Amt des Bundespräsidenten sieht Ollenhauer als Beweis dafür an, daß Adenauer durch seine inflexible Politik, seinen persönlichen Starrsinn und seine Isolierung von den westlichen Verbündeten
    — ich bin von ihnen gar nicht isoliert, verehrter Herr Ollenhauer —
    mit seiner Außenpolitik endgültig gescheitert
    sei. Er habe keine andere Möglichkeit gesehen,
    als sich aus der aktiven Politik zurückzuziehen.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Nun, das war doch gerade vor dem Bundespräsidentenposten auch nicht sehr schmeichelhaft, wenn Sie damals die Ansicht geäußert haben, ich träte als gescheiterter Politiker die Flucht auf den Bundespräsidentenstuhl an.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich weiß nicht, ob solche Ausführungen sehr geeignet sind, den Respekt im deutschen Volke vor demokratischen Einrichtungen zu stärken.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn ich mich nun, wie ich schon mehrfach gesagt habe, aus wohlerwogenen Gründen entschlossen habe, auf dieses von mir außerordentlich hoch eingeschätzte und respektierte Amt zu verzichten, so habe ich das auch nicht mit leichtem Herzen getan. Ich habe das — ich sage das ganz offen — mit geteilten Gefühlen getan. Denn es ist doch wohl selbstverständlich, daß ein Mann, der in seinem Leben so viel erlebt, mitgemacht und vielleicht auch geleistet hat, es auch einmal gern sehen würde, wenn er sich mit Ehren nur so aus der Entfernung, wie Herr Bundespräsident Heuss das getan hat, der Politik würde widmen können. Sehen Sie, ich stehe Ihnen so gern Auge in Auge gegenüber. Das Vergnügen würde ich dann nicht mehr haben.

    (Heiterkeit.)

    Das hat mich auch etwas bewegt.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich will Ihnen sagen, was mich außerdem etwas bewegt hat: Ich würde dann auch keine „hemdsärmeligen Wahlreden" mehr halten können. Das würde mir schmerzlich sein, ich gebe das offen zu.

    (Heiterkeit.)

    Ich tue das dann und wann gern, wenn es nicht so oft ist.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Trotzdem hatte ich mich dazu entschlossen. Gott sei Dank habe ich dann aber doch gespürt, daß ich noch nicht so inflexibel bin, daß ich im richtigen Augenblick nicht doch noch einen anderen Entschluß fassen könnte.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, meine verehrten Damen und Herren, daß das deutsche Volk mich verstehen wird. Ich habe so, wie ich gehandelt habe, nicht im Hinblick auf meine Partei gehandelt — das sage ich Ihnen hiermit auch —, sondern ich habe so gehandelt, wie ich im Interesse des deutschen Volkes glaubte handeln zu müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Zukunft wird zeigen, ob ich richtig gehandelt habe oder nicht. Ich bin überzeugt, ich habe richtig gehandelt, und ich hoffe, meine Damen und Herren, daß Sie das eines Tages auch noch einsehen werden.
    Aber nun möchte ich eine Frage stellen. Während der Rede des Herrn Dr. Krone kamen Zwischenrufe, daß ich den gemeinsamen Kampf mit Ihnen gegen den Kommunismus abgelehnt hätte. Ich weiß nicht, wer aus Ihrer Mitte mir das zugerufen hat. Ich möchte den betreffenden Herrn wirklich bitten — vielleicht kann er mir schreiben, wenn er das Material gegenwärtig nicht hier hat —, mir doch zu schreiben, wann und wo ich das jemals getan habe. Das habe ich niemals getan, und ich werde es niemals tun. Denn weit über allem Parteigegensatz steht doch bei mir die Erkenntnis der furchtbaren Gefahr, in der wir alle stehen, der Gefahr, daß wir unsere Freiheit verlieren, wenn wir nicht in den freien Staaten der Welt alle diejenigen, die die Freiheit lieben, in den entscheidenden Fragen des Volkes zusammenhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Damit möchte ich schießen. Ich bitte, nur noch eines von mir anzunehmen. Ihre Presse, die nicht zu Ihnen gehörige Presse, aber auch Herr Ollenhauer haben mehrfach betont, es handele sich hier um den Willen zur Macht. Nun, meine Damen und Herren, ich glaube, Sie alle werden mir zugeben, daß Sie den Willen zur Macht auch haben. Das ist doch selbstverständlich. Warum werfen Sie mir das denn vor, wenn Sie diesen Willen auch haben. Vor allem bitte ich nicht zu übersehen: es ist ja nicht die Arbeit, die den Menschen so mitnimmt — die ist es nicht —, sondern es ist die mit der Macht verbundene Verantwortung,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und aus diesem Gefühl der Verantwortung habe ich gehandelt.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
,Das Wort hat der Abgeordnete Mende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Mende


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
    Wir befinden uns nicht bloß in einer Kanzlerkrisis, sondern in einer Krisis des persönlichen Regimes.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Das deutsche Volk hat von oben nicht sehr viel freudige Ereignisse erlebt. Wir haben in diesem
    4018 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Borin, Donnerstag, den 11. Juni 1959
    Dr. Mende
    Jahr eine Reihe schmerzlich-widerspruchsvoll geführter Prozesse erlebt. Wir haben in diesem Jahre ein Halbmilliarden-Defizit, und wir haben jetzt diese Rede, eine Rede, welche die Engländer beleidigt hat.
    Mit diesen Worten begann der Abgeordnete aus Schwaben im Deutschen Reichstag, Konrad Haußmann, am 11. November 1908 jene Debatte, die zu einer Kritik an dem damals so selbstherrlichen Monarchen und an seinem selbstherrlichen Kanzler Fürst Bülow führte. Seine Rede stand unter dem Thema „Das persönliche Regiment vor dem Tribunal". Man könnte angesichts der heutigen Debatte beinahe glauben, daß das deutsche Volk aus den leidvollen Erfahrungen mit dem persönlichen Regiment der letzten fünf Jahrzehnte nicht viel gelernt hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Aber bevor ich meine Kritik am Verhalten des Bundeskanzlers im Namen der Freien Demokratischen Partei darlege, gestatten Sie mir, kurz auf die Zitierung meines Bundestagskollegen Dr. Dehler durch Herrn Kollegen Dr. Krone einzugehen. Herr Kollege Dr. Krone ,glaubte, Kritik üben zu müssen an dem Gespräch, das Dr. Dehler vor wenigen Tagen in einem Restaurant in Genf mit drei höheren Funktionären des Pankower Regimes geführt hat und worüber er nicht nur dem Bundesaußenminister, sondern auch anderen in Genf berichtet hat. Wir glauben, daß es wahrlich nicht Hoch- und Landesverrat ist, wenn man in einem Restaurant ein Gespräch mit den Leuten führt, die nach dem westlichen Vorschlag ohnehin in einer gemischten deutschen Kommission mit uns sprechen sollen,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    nach dem Vorschlag der Westmächte, der ja wohl auch der Vorschlag der Bundesregierung ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unter Bedingungen!)

    Wir glauben, daß ein solches Gespräch, das im offenen Bereich geführt wird, mit Berichterstattung an die verantwortlichen Männer der Regierung, also nicht hinter dem Rücken der Öffentlichkeit, nicht hinter dem Rücken der Regierung, nicht um die Stellung der Regierung zu erschweren, sondern vielleicht um zu erfahren, wie man noch aus der bösen Situation von Genf herauskommen kann, wahrlich wesentlich besser ist, als heimlich nach Pankow zu fahren und sich mit Vinzenz Müller von der SED zu treffen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Wir glauben ferner, daß das unmittelbare Gespräch — mit Berichterstattung an die eigene Regierung —, daß die Auftragsverhandlungen zwischen Vertretern der beiden deutschen Teilstaaten, wie sie im westlichen Vorschlag und wie sie im Deutschlandplan der FDP gefordert werden, immer noch besser sind, als über Schmidt-Wittmack und Donhauser mit Ost-
    berlin zu verkehren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Im übrigen ist nun einmal Thomas Dehler ein kantiges Etwas, und er hat eine Vorliebe für die Herausgabe von Tonbändern. Vielleicht hat er sich bei den Herren Töplitz, Kegel und Meissner auch darum bemüht, das Tonband herauszubekommen, das vielleicht eines Tages im britischen Rundfunk abgespielt wird. Ich meine das Tonband, auf dem das Geheimgespräch des heutigen Justizministers Schäffer mit dem SED-Verteidigungsminister Vinzenz Müller aufgenommen ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Nachdem es Herrn Dehler in drei Jahren nicht gelungen ist, die Tonbänder eigener Verhandlungen im Kanzleramt zu bekommen, hat er vielleicht den Versuch gemacht, seinem Nachfolger im Amt zu helfen. Was wissen Sie von seinen tieferen Absichten!

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Sie sollten also glimpflicher mit ihm umgehen.
    Im übrigen hat dieser Mann mit seinen Stärken und Schwächen vier Jahrzehnte bewiesen, daß er nicht nur dem Nationalsozialismus Widerstand geleistet hat — was nicht jeder in diesem Hause von sich behaupten kann —,

    (Beifall bei der SPD)

    sondern daß er auch gegenüber dem Kommunismus gefeit ist. Sie sollten also aus diesen Gesprächen keine Staatsaktion machen.
    Als der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Krone, am 7. April dieses Jahres mir in meiner Eigenschaft als Vorsitzendem der Freien Demokraten im Bundestag die Mitteilung machte, daß sich der Herr Bundeskanzler entschlossen habe, für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, habe ich das nach einer Fraktionssitzung als eine staatspolitisch gute Entscheidung bezeichnet. Ich möchte auch an dieser Stelle Herrn Dr. Krone für die loyale Haltung gegenüber einer parlamentarischen Minderheit danken, die dadurch zum Ausdruck kam, daß er vor seiner eigenen Fraktion die Fraktion der Freien Demokratischen Partei informiert hatte. Das war ein guter Stil.
    Die Fraktion hat also die Entscheidung des Kanzlers, für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, als staatspolitisch gut bezeichnet. Für diese positive Beurteilung waren uns zwei Gründe maßgebend. Der erste Grund war, daß das Tauziehen um das höchste Amt im Staate damit endlich abgeschlossen war. Zweitens glaubten wir, daß es gut sei, wenn Bundeskanzler Adenauer mit seinen 83 Jahren das Ansehen, das er in der westlichen Welt genießt, und der Respekt, den er auch im Osten für sich beanspruchen kann, der NachkriegsDemokratie in dem Amt des Staatsoberhauptes noch einige Jahre dienstbar mache, gleichzeitig aber den Weg für eine kontinuierliche Regelung der schwierigen Frage seiner Nachfolge freigebe.
    Wenige Tage später hat der Herr Bundeskanzler jene bekannte Rede im Rundfunk und im Fernsehen gehalten, die einige unserer Freunde nachdenklich werden ließ. Der Kanzler ließ durchblicken, daß er aus dem Amt des Bundespräsidenten mehr machen würde. Viele von uns haben das nicht nur als einen
    Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Juni 1959 4019
    Dr. Mende
    Versuch der Ausweitung der Kompetenzen des Staatsoberhauptes und einer späteren Einflußnahme auch auf die aktive Politik gewertet, sondern gleichzeitig als eine massive Kritik an der Amtsführung des Bundespräsidenten Theodor Heuss. Sie werden verstehen, daß die Freien Demokraten da empfindlich sind. Wir wußten, daß Theodor Heuss einer Verlängerung seiner Amtszeit durch Änderung des Grundgesetzes nicht zustimmen wollte, und zwar wegen seines hohen Respektes vor den demokratischen Institutionen und weil er nicht wollte, daß das Grundgesetz ad personam, also seinetwegen, geändert wird. Niemand kann leugnen, daß Theodor Heuss in der Ausübung dieses Amtes ein nachahmenswertes Beispiel für alle künftigen Nachfolger gegeben hat.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Gerade wir Freien Demokraten sagen das parteipolitisch gleichzeitig mit einem bitteren Unterton; denn unser Bundesvorsitzender Theodor Heuss ging uns genau in dem Augenblick als Parteipolitiker verloren, in dem er das Amt des Staatsoberhauptes übernahm, das er in so vorbildlicher Weise ohne auch nur den geringsten Verdacht parteipolitischer Einflußnahme geführt hat.

    (Beifall bei der FDP, der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der DP.)

    Was wäre uns Freien Demokraten in den zehn Jahren alles erspart geblieben, wenn Theodor Heuss unser Vorsitzender geblieben wäre!

    (Beifall bei der FDP. — Lachen bei der CDU/CSU.)