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    Deutscher Bundestag 65. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1959 Inhalt: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842); Beschlüsse in zweiter Beratung (Drucksache 876) Dritte Beratung — Spitzmüller (FDP) .. 3477 B, 3499 B Dr. Schellenberg (SPD) 3479 A, 3483 A, C, 3484 C, 3485 C, 3496 D, 3498 D, 3501 A, 3503 B Wittrock (SPD) . . . . . . . . 3481 A Gaßmann (CDU/CSU) . 3481 C, 3482 C, 3483 A, C, 3484 C, 3485 C Dr. Schild (DP) . . . . 3487 A 3502 C Dr. Atzenroth (FDP) . . 3488 B, 3495 D Regling (SPD) . . . . . . . . 3490 A Dr. Stammberger (FDP) . 3491 A, 3504 B Blank, Bundesminister 3492 B Ruf (CDU/CSU) 3493 C Stingl (CDU/CSU) 3499 A Horn (CDU/CSU) 3499 C Frau Korspeter (SPD) 3501 C Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . 3501 D Dürr (FDP) . . . . . . . . . 3502 A Frau Welter (Aachen) (CDU/CSU) . 3503 C Frau Friese-Korn (FDP) 3504 D Dr. Schneider (Saarbrücken) (FDP) 3505 B Namentliche Abstimmungen . . 3497 A, 3499 C 3505 Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kindergeldes (Kindergeldneuregelungsgesetz) (FDP) (Drucksache 799) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Antrag betr. Vorlage eines Gesetzes zur Auflösung und Abwicklung der Familienausgleichskassen (FDP) (Drucksache 803) 3507 B Antrag betr. Gewährung des vollen Kostenersatzes an die gesetzliche Krankenversicherung (SPD); Mündlicher Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses (Drucksachen 123, 636) Winkelheide (CDU/CSU) 3507 C Geiger (Aalen) (SPD) 3508 A Dr. Franz (CDU/CSU) 3509 D Nächste Sitzung 3510 D Anlagen 3511 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Februar 1959 3477 65. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 4. 4. Dr. Arndt 1. 3. Dr. Baade 10. 4. Dr. Bärsch 28. 3. Dr. Bechert 27. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) 26. 2. Berendsen 12. 3. Dr. Bergmeyer 26. 2. Dr. Besold 26. 2. Frau Blohm 27. 2. von Bodelschwingh 4. 4. Börner 27. 3. Dr. Bucerius 27. 2. Conrad 26. 2. Dr. Deist 8. 3. Diebäcker 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 28. 2. Döring (Düsseldorf) 26. 2. Dr. Eckhardt 27. 2. Eilers (Oldenburg) 27. 2. Fuchs 28. 2. Gerns 26. 2. Gleisner (Unna) 10. 3. Dr. Gleissner (München) 27. 2. Dr. Götz 15. 3. Dr. Greve 11. 4. Dr. Gülich 31. 3. Freiherr zu Guttenberg 12. 3. Hamacher 26. 2. Heinrich 16. 5. Hermsdorf 31. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 4. 4. Jacobs 31. 3. Dr. Jaeger 28. 2. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Dr. Jordan 26. 2. Frau Kalinke 27. 2. Dr. Kopf 26. 2. Kramel 7. 3. Krammig 27. 2. Kunst 21. 4. Kunze 27. 2. Kurlbaum 8. 3. Leber 26. 2. Lenz (Brühl) 27. 2. Lenze (Attendorn) 12. 4. Lohmar 5. 4. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 4. Margulies 27. 2. Dr. Martin 26. 2. Metzger 26. 2. Dr. Meyer (Frankfurt) 16. 3. Müller-Hermann 26. 2. Murr 28. 2. Odenthal 14. 3. Paul 26. 2. Pietscher 14. 3. Rademacher 26. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Ramms 28. 2. Frau Dr. Rehling 28. 2. Frau Rösch 14.3. Scharnowski 27. 2. Scheel 27.2. Dr. Schmidt (Gellersen) 26.2. Schoettle 28.2. Schröder (Osterode) 31.3. Schwarz 2.4. Stahl 23.3. Dr. Steinmetz 26.2. Stenger 15.3. Storch 27. 2. Sträter 26. 2. Frau Strobel 27. 2. Weinkamm 7.3. Wieninger 28. 2. Wilhelm 27. 2. Dr. Will 27.2. Anlage 2 Umdruck 209 Entschließungsantrag der Fraktion der DP zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. bei der Durchführung des Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze mit dem Gesamtverband der Familienausgleichskassen ein Verwaltungsübereinkommen herbeizuführen, wonach a) keine Beitragserhöhung vorgenommen wird, um das erhöhte Kindergeld bereitstellen und auszahlen zu können, b) etwaige bis zum 31. März 1960 entstehende Fehlbeträge bei den Familienausgleichskassen und ihrem Gesamtverband durch Bereitstellung von Bundesmitteln und durch Inanspruchnahme und Auflösung der gesetzlichen und freien Reserven der Familienausgleichskassen zu decken sind; 2. dem Bundestag bis zum 15. Dezember 1959 einen Gesetzentwurf zwecks Neuregelung des Kindergeldes vorzulegen, in welchem a) das ungerechte System der Kindergelderhebung und -auszahlung durch Familienausgleichskassen beseitigt wird, b) ein anderes gerechteres und zweckmäßigeres System für die Erhebung und Auszahlung des Kindergeldes eingeführt wird, c) die Lasten, die aus der Bereitstellung und Auszahlung des Kindergeldes erwachsen, auf den allgemeinen Bundeshaushalt übernommen werden. Bonn, den 18. Februar 1959 Frau Kalinke Logemann Matthes Probst (Freiburg) Dr. Schild Dr. Schneider (Lollar) Dr. Schranz Tobaben Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 211 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, dem Bundestag bis zum 30. September 1959 den Entwurf einer Neufassung der Kindergeldgesetze vorzulegen. Dabei sollen insbesondere 1. das Kindergeldgesetz vom 13. November 1954 (BGBl. I S. 333), das Kindergeldanpassungsgesetz vom 7. Januar 1955 (BGBl. I S. 17), das Kindergeldergänzungsgesetz vom 23. Dezember 1955 (BGBl. I S. 841), das Gesetz zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften der Kindergeldgesetze vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 1061) und das Zweite Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze vom . . . (BGBl. I S. . . .) in einem Gesetz zusammengefaßt werden; 2. die Organisation der Kindergeldgewährung vereinfacht werden; 3. die Aufbringung der Mittel neu geregelt werden, um vor allem eine Entlastung der gewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebe sowie sonstiger Beitragspflichtigen zu erreichen. Bonn, den 18. Februar 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 212 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, dem Bundestag bis zum 30. September 1959 ihre Pläne über die Einbeziehung weiterer Kinder in die Kindergeldgewährung darzulegen. Bonn, den 18. Februar 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 214 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat bei der Einbringung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze erklärt, daß die Bundesregierung Untersuchungen über das Ausmaß der besonderen Belastungen lohnintensiver Betriebe eingeleitet hat. Die Bundesregierung wird ersucht, über das Ergebnis dieser Untersuchungen dem Deutschen Bundestag schnellstmöglich 2u berichten. Die Bundesregierung wird beauftragt, entsprechend dem Ergebnis einen Gesetzentwurf so rechtzeitig vorzulegen, daß ein Inkrafttreten anfangs des Jahres 1960 möglich ist. Dieser Gesetzentwurf soll das Ziel haben, die ungleichmäßige Belastung besonders in der Aufbringung der Mittel zu beseitigen. Bonn, den 18. Februar 1959 Dr. Krone und Fraktion Anlage 6 Umdruck 229 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842, 876). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 wird folgende Nummer 5 angefügt: ,5. Nach § 36 wird folgender § 36a eingefügt: „§ 36a Tilgung von Kassenkrediten Kassenkredite des Bundes, die in Ausführung von § 11 Abs. 5 in Anspruch genommen worden sind, werden, soweit sie bei Auflösung der Familienausgleichskassen nicht aus dem Vermögen • der Familienausgleichskassen getilgt werden können, aus Haushaltsmitteln des Bundes getilgt."' Bonn, den 25. Februar 1959 Frau Friese-Korn Keller Spitzmüller Weber (Georgenau) Dr. Mende und Fraktion Anlage 7 Umdruck 233 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842). Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Februar 1959 3513 Der Bundestag wolle beschließen: Artikel 6 wird in der Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt. Bonn, den 25. Februar 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 8 Umdruck 234 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD (Drucksachen 123, 636) betr. Gewährung des vollen Kostenersatzes an die gesetzliche Krankenversicherung. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung eine angemessene Erstattung für Aufgaben gewährt wird, die sie im Interesse anderer Stellen durchzuführen haben. Insbesondere ist sicherzustellen, daß die Träger der Krankenversicherung erhalten 1. Abgeltung der Aufwendungen in der Familienwochenhilfe gemäß § 205 d RVO, 2. Ersatz der anteiligen Aufwendungen für den Beitragseinzug durch die Träger der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung, 3. vollen Ersatz der Aufwendungen für die Ausstellung und den Umtausch der Versicherungskarten durch die Rentenversicherung. Bonn, den 25. Februar 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 235 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842, 876). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 wird Nr. 4 gestrichen. Bonn, den 25. Februar 1959 Dr. Krone und Fraktion Anlage 10 Umdruck 237 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842, 876). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, vom Bundesrechnungshof alsbald ein Gutachten über die Finanzgestaltung der Familienausgleichskassen einzuholen und dem Hause vorzulegen. Bonn, den 26. Februar 1959 Dr. Mommer und Fraktion Anlage 11 Umdruck 238 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze (Drucksachen 666, 842, 876). Der Bundestag wolle beschließen: Dem Artikel 1 werden folgende Nummern 4, 5 und 6 angefügt: ,4. In § 11 wird folgender neuer Absatz 4 angefügt: „ (4) Eine Erhöhung des Beitragssatzes über den Stand vom 31. Dezember 1958 hinaus ist unzulässig, wenn der Vermögensbestand einschließlich der Betriebsmittel den Bedarf an Ausgaben für mehr als zwei Monate übersteigt. Eine Ausgleichszahlung nach § 14 gilt als Ausgabe." 5. § 12 erhält einen Absatz 2 mit folgendem Wortlaut: „(2) Vom 1. Januar 1959 an werden der Rücklage weitere Mittel nicht zugeführt." 6. Es wird folgender § 41 angefügt: „§ 41 Der Dritte Abschnitt Aufbringung der Mittel, §§ 9 bis 14, tritt am 31. Dezember 1959 außer Kraft." ' Bonn, den 26. Februar 1959 Dr. Mommer und Fraktion Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Strobel (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. 2. 1959, Drucksache 854, Frage 31): Ist die Bundesregierung bereit, durch Verordnung oder im Brotgesetz das Mindestgewicht für Brötchen auf 50 Gramm festzusetzen, um auf diese Weise unlautere Preisforderungen bei einem wichtigen Nahrungsmittel zu verhindern? Infolge der in den einzelnen Teilen des Bundesgebietes vorhandenen unterschiedlichen GeschmackVerzehr- und Backgewohnheiten werden Brötchen in den verschiedensten Arten, Formen und Größen hergestellt. Mit einer Festsetzung von einheitlichen Brötchengewichten würde in diese lang entwickelte Tradition eingegriffen werden. Eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen würde umfangreiche Verwaltungsarbeit erfordern. Die Bundesregierung möchte daher davon Abstand nehmen, ein einheitliches Brötchengewicht festzusetzen. Sie wird jedoch mit den obersten Landesbehörden prüfen, ob diese bereit und in der Lage sind, jeweils für ihren örtlichen Bereich Bestimmungen über Mindestgewichte bei Brötchen zu erlassen. Im übrigen sind die zuständigen Wirtschaftsverbände gebeten worden, bei ihren Mitgliedern für die Beibehaltung der ortsüblichen Gewichte nachdrücklich einzutreten. Mit den gleichen Stellen ist erörtert worden, ob die Anwendung der Handelsklassenverordnung sinnvoll sein könnte. Lübke Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesens auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pohle (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 35): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß die im Dänischen Wohld verkehrenden Postomnibusse bereits ein zu ehrwürdiges Alter haben und unter ihnen besonders ein antiker, mit Haltestange versehener Anhänger hervorsticht, der von den Passagieren des Berufsverkehrs mit nordischem Humor allgemein als „Viehtransporter" bezeichnet wird? Darf die Bevölkerung in diesem Gebiet auf einen baldigen Austausch der Invaliden unter den Postomnibussen rechnen? Bei dem erwähnten Personen-Anhänger handelt es sich nicht um ein posteigenes, sondern um ein angemietetes Fahrzeug. Der Anhänger ist nach einer Beschädigung bei einem kleineren Verkehrsunfall seit dem 7. Februar 1959 nicht mehr in Betrieb. Der Mietvertrag ist inzwischen gekündigt worden. Es besteht nicht die Absicht, den Anhänger wieder anzumieten. Die übrigen von der Deutschen Bundespost im Dänischen Wohld eingesetzten Fahrzeuge befinden sich in einem einwandfreien Zustand, so daß für einen Austausch dieser Fahrzeuge keine Notwendigkeit besteht. Stücklen Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pohle (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. 2. 1959, Drucksache 854, Frage 36) : Wie viele Jahre werden voraussichtlich die Gemeinden Altenholz und Dänischenhagen noch auf die Aufstellung eines schon seit Jahren erbetenen Münzfernsprechers warten müssen? Den Anträgen der Gemeinden Altenholz und Dänischenhagen auf Einrichtung von Münzfernsprechern kann zur Zeit nicht entsprochen werden, weil das Aufkommen an Gesprächen bei den schon jetzt vorhandenen öffentlichen Sprechstellen in diesen beiden Gemeinden so gering ist, daß die Aufwendungen für die Einrichtung und Unterhaltung zusätzlicher Münzfernsprecher nicht vertretbar wären. Ich darf darauf hinweisen, daß die Errichtung einer öffentlichen Sprechstelle mit Münzfernsprecher auf Straßen und Plätzen etwa 3000 DM kostet. Die Kosten erhöhen sich noch um etwa 1500 DM, wenn die Sprechstelle mit einem Fernwahlmünzfernsprecher ausgestattet wird. Die reinen Unterhaltungskosten betragen für jede Sprechstelle etwa 60 DM monatlich. Stücklen Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Keilhack (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 38) : Warum ist die Vorlage einer Verordnung zur Änderung der Qualitätsmerkmale für Butter, die in der Fragestunde am 4. April 1957 für „alsbald" zugesagt wurde, noch nicht erfolgt? Wann wird sie an den Bundesrat gehen, und wird sie eine Verschärfung der jetzigen Bestimmungen im Sinne der Wünsche der Verbraucher enthalten? Im April 1957 sind die obersten Landesbehörden für Ernährung und Landwirtschaft, der Herr Bundesminister des Innern und die beteiligten Wirtschaftskreise von meinem Ministerium unterrichtet worden, daß im Entwurf der Novelle zur Butterverordnung vorgesehen sei, Butter, die älter ist ,als 4 Wochen, nicht mehr als Deutsche Markenbutter zu kennzeichnen. Die obersten Landesbehörden sprachen sich gegen eine solche Regelung aus. Überwiegend bestand die Auffassung, daß nicht das Alter einer gewissen Buttermenge, sondern vielmehr die festgestellte Qualität für eine Einstufung von Lagerbutter maßgebend sein müsse. Besonders wurde die Zeit von 4 Wochen als zu kurz bezeichnet. Infolge der langwierigen Verhandlungen über die Kennzeichnung von Lagerbutter und verschiedene andere bedeutsame Fragen der Butterverordnung war es nicht möglich, die Fertigstellung des Entwurfs, wie vorgesehen, zu beschleunigen. Nunmehr wird der Entwurf wohl im März d. J. dem Bundesrat zugeleitet werden können. Dazu ist neben verschiedenen sonstigen Änderungen eine besondere Kennzeichnung der in- und ausländischen Butter vorgesehen, die bei Abgabe von Molkereien oder Großhandelsbetrieben über 6 Wochen alt ist. Ich hoffe, daß diese Regelung jetzt die erforderliche Mehrheit im Bundesrat finden wird. Lübke Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Keilhack (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18, 2. 1959, Drucksache 854, Frage 39) : Wie will der Herr Bundesernährungsminister die überhöhten Verbraucherpreise für Fleisch, insbesondere Rindfleisch, beeinflussen? Welche Anweisungen hat die Einfuhr- und Vorratsstelle für Fleisch hei Auslagerungen bekommen, um preisdrückend zu wirken? Warum hat das Bundesernährungsministerium nicht bereits im Herbst 1958 für ausreichende Gefrierfleisch-Importe gesorgt? Die Preise für Rindfleisch im Großhandel sind in der ganzen Welt erheblich höher als vor einem Jahr. Nach den Feststellungen des Hamburger Weltwirtschaftlichen Archivs betrug der Weltmarktindex — berechnet auf Goldwertbasis —, wenn man den Durchschnitt der Jahre 1952 bis 1956 = 100 setzt, für Fleisch im Großhandel im Januar 1958 88,3, im Januar 1959 109,0. Es ist also eine Steigerung des Einstandspreises für den Rohstoff Fleisch um über 20 % eingetreten. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Februar ,1959 3515 Der Kleinverkaufspreis für Rindfleisch in der Bundesrepublik ist dagegen nur um 6 % höher als im Januar v. J. Es sind Einfuhrmöglichkeiten für Schlachtrinder aus allen in Betracht kommenden europäischen Ländern freigegeben worden. Seit Beginn des Jahres wurden durchschnittlich 9000 Rinder pro Woche eingeführt. Außerdem sind Einfuhrmöglichkeiten für rd. 10 000 t Rindergefrierfleisch aus Argentinien, Brasilien und Uruguay sowie 6500 t aus Neuseeland eröffnet worden. Die ersten Ankünfte aus Südamerika sind seit Anfang dieser Woche in den Markt gegangen. An Schweinen wurden seit Anfang des Jahres so viel eingeführt, daß die Lebendviehpreise in den vergangenen Wochen verschiedentlich beachtlich gesunken sind. Die Einfuhr- und Vorratsstelle hat ihre Gefrierfleischvorräte für Berlin reservieren müssen. Dort lagert sie seit Wochen Rindergefrierfleisch zu einem festen Abgabepreis von 3 DM je kg aus, und zwar so viel, wie der Markt aufnimmt. Die Käufe schwanken zwischen 60 und 200 t pro Woche. Es war beabsichtigt, die Einfuhrmöglichkeiten für überseeisches Gefrierfleisch bereits Ende November 1958 bekanntzugeben. Gründe handelspolitischer und verfahrensrechtlicher Art haben eine Verzögerung um einen Monat zur Folge gehabt. Lübke
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    Rede von Thomas Ruf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einige wenige sachliche Bemerkungen machen. Ich lasse mich keinesfalls auf irgendeine Polemik ein, Herr Professor Schellenberg, weder von der einen noch von der anderen Seite. Ich meine, wir sollten endlich mit der Polemik, mit diesem Hin und Her Schluß machen.

    (Zuruf von der SPD: Sagen Sie das mal Herrn Gaßmann!)

    Im Zusammenhang mit dem Kindergeld sind im Laufe der letzten Zeit so viele polemische, unerfreuliche, ja gehässige Bemerkungen gefallen, daß man sich manchmal schämen möchte, meine Damen und Herren!

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ich meine, wir haben doch wahrhaftig alle miteinander andere und viel, viel größere Sorgen zu bewältigen.

    (Zuruf von der SPD: Das stimmt!)

    Wir sollten angesichts des Ernstes unserer außenpolitischen Lage

    (große Unruhe bei der SPD)

    auch endlich einmal daran denken, daß wir so — —

    (Abg. Dr. Schellenberg: Haben Sie keine anderen Argumente? — Weitere Zurufe von der SPD.)

    — Lassen Sie mich das einmal aussprechen! Angesichts des Ernstes der außenpolitischen Lage

    (Lachen und weitere Zurufe von der SPD)

    haben wir allen Grund, uns auch bei unseren innenpolitischen Auseinandersetzungen etwas an die Zügel zu nehmen, — bei allen sachlichen Meinungsverschiedenheiten.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Warum ändern Sie dann die Beschlußfassung der zweiten Lesung?)




    Ruf
    Man sollte sich sachlich auseinandersetzen und sollte nicht einfach so ins Blaue hinein gegeneinander polemisieren und immer wieder aneinander vorbei- und gegeneinander reden. Man muß doch endlich auch den Willen spüren, daß man zueinanderwill und daß es einem um die Sache geht, um eine gemeinsame Sache. Das hat man bisher bei vielen Sprechern einfach nicht gemerkt und nicht feststellen können.

    (Abg. Schröter [Berlin] : Aber Herr Gaßmann hat es doch festgestellt! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das, was der Herr Bundesarbeitsminister vorhin zu dem FDP-Entwurf gesagt hat, noch etwas ergänzen. Er hat gesagt, es sei nur ein halber Entwurf. Es ist nämlich deshalb nur ein halber Entwurf, weil er zu der Frage der Aufbringung der Mittel nichts sagt. Er sagt darüber nicht das geringste, er schweigt sich vollkommen darüber aus. Ich könnte mich ganz dumm stellen und sagen: Vielleicht meint die FDP, da die Finanzämter Träger der Kindergeldzahlung sein sollen und da die Finanzämter Länderbehörden sind, soll die Auszahlung über die Länderhaushalte erfolgen. Aber daran denken Sie offenbar nicht. Das weiß ich. Sie denken daran, daß der Bundeshaushalt diese Dinge bezahlen soll. Aber, Herr Dr. Atzenroth, haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, haben Sie sich mit Ihren Kollegen aus dem Haushaltsausschuß schon einmal darüber unterhalten, wie Sie diese Summe decken wollen? Sie wissen doch ganz genau, Herr Dr. Atzenroth, daß wir alle miteinander hier im Hause quer durch die Fraktionen, uns Gedanken darüber machen, wie wir z. B. die notwendige Verbesserung der Versorgung der Kriegsopfer herbeiführen und finanzieren sollen. Sollen wir die Lösung dieses Problems noch weiter hinausschieben, noch weiterhin vertagen? Sollen wir etwaige Mittel, die dafür in Aussicht genommen sind, zurückstellen?
    Wenn ich sage, daß im Bundeshaushalt bei der gegenwärtigen Situation unseres Haushalts keine Mittel für die Finanzierung zur Verfügung stehen, werden Sie mir zugeben müssen, daß es gar keinen anderen Weg gibt, als zu einer Finanzierung über die Steuer überzugehen. Das würde bedeuten, daß wir Steuern erhöhen oder neue Steuern einführen, daß wir z. B. von der Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftssteuer Gebrauch machen.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Andere Steuern haben Sie nicht?)

    — Ja, meinen Sie denn, Herr Dr. Atzenroth, diese Kindergeldleistung fällt als Geschenk vom Himmel herunter? Sie müssen sich doch ernsthaft Gedanken darüber machen, woher das Geld kommen soll. Es bleibt doch auch bei der Kindergeldgesetzgebung so, daß der Staat nur das verteilen kann, was er vorher von seinen Bürgern holt. Daran kommen Sie doch nicht vorbei, Herr Dr. Atzenroth!

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Und nun zu der mittelständischen Auseinandersetzung. Es wurde gesagt, insbesondere von Herrn Dr. Schild, dieses Kindergeldgesetz sei ganz besonders mittelstandsfeindlich, und der Mittelstand — so wird gern gesagt — sei besonders schwer durch die Kindergeldgesetzgebung belastet. Daß wir an die Belastung insbesondere der kleinen und mittleren lohnintensiven Betriebe gedacht haben, ersehen Sie daraus, daß wir im Gegensatz zum Regierungsentwurf diese neue Verbesserung nicht vom 1. Januar an, sondern erst vom 1. März an in Kraft treten lassen. Das haben wir in erster Linie — schweren Herzens — aus Rücksichtnahme gegenüber diesen Betrieben getan, weil wir an die Beitragszahler gedacht haben.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Bloß zwei Monate!)

    — Bloß zwei Monate, selbstverständlich, Herr Dr. Atzenroth! Seien Sie sich doch darüber im klaren — die Untersuchungen werden das, so befürchte ich, ergeben —: wenn wir auf irgendein anderes System umstellen, werden wahrscheinlich diejenigen Kreise, die heute so sehr über die Belastung klagen, erst recht klagen; sie werden auf dem Wege der Steuer erst recht betroffen werden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ich darf Ihnen noch eines sagen, Herr Dr. Atzenroth. Sie kennen meine Einstellung zu diesen Dingen. Ich habe im Jahre 1954 zu denen gehört, die bereit waren, einer anderen Lösung zuzustimmen. Aber ich habe damals letzten Endes deswegen zugestimmt, weil ich klar sah, daß, wenn ich nicht zustimmte, die Belastung von Anfang an viel, viel größer sein würde, daß sonst von Anfang an schon das zweite Kind in die Kindergeldgesetzgebung einbezogen worden wäre, so daß man nicht bloß damals 0,5 %, sondern sofort das Dreifache an Beiträgen zu zahlen gehabt hätte. Das hätten Sie nicht verhindert. Machen Sie sich doch Gedanken darüber, ob Sie eine weitere, unangemessene Ausdehnung der Kindergeldgesetzgebung in Zukunft verhindern können, wenn man zu Ihrem System, das Sie so mit ganzem Herzen befürworten, übergeht.
    Man sollte doch die Kirche im Dorf lassen, man darf nicht so übertreiben und nicht verallgemeinern. Man kann nicht sagen: D e r Mittelstand ist schwer belastet, und der Mittelstand ist mit der jetzigen Regelung ganz und gar unzufrieden. Ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung sagen, daß es sehr wohl maßgebliche Gruppen des sogenannten Mittelstandes gibt, die mit der jetzigen Regelung durchaus zufrieden sind,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    die mir, als ich sie fragte: „Was meint ihr zu diesen Änderungsvorschlägen?", sogar erklärt haben: „Nein, lassen Sie es um Gottes willen dabei; wir fahren bei diesem System noch am besten, es ist für uns ganz gut!" Sie dürfen also nicht alles über einen Leisten schlagen!

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Denken Sie doch bitte ferner daran, welche Ausnahmen wir geschaffen und inwieweit wir uns Gedanken gemacht haben, um diesen mittelständischen Anliegen Rechnung zu tragen. Wir haben doch gerade die kleinen Selbständigen immer mehr befreit! Der Mittelstandsausschuß hat heute vom Bun-



    Ruf
    desfinanzministerium ein Schreiben bekommen, aus dem hervorgeht, daß durch die Heraufsetzung der Einkommensgrenze auf 6000 DM 52 % derjenigen Steuerzahler, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu versteuern haben, von der Zahlung überhaupt befreit sind.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Vor kurzem habe ich einen Bericht des Hauptverbandes der Familienausgleichskassen in der Januarnummer 1959 der Zeitschrift „Die Berufsgenossenschaft" gelesen. Darin stand, daß 75 % — meine Damen und Herren, 75 %! — der Selbständigen keine Beiträge zahlen; sie werden teilweise, abgesehen von dieser Befreiungsgrenze, gar nicht herangezogen. Sie sollten also nicht so übertreiben.
    Ich brauche zum Problem der lohnintensiven Betriebe keine langen Ausführungen zu machen; dazu hat der Herr Bundesarbeitsminister schon in der ersten Lesung einiges gesagt. Aber etwas möchte ich dazu doch bemerken. Ich gebe zu, daß das Problem der lohnintensiven Betriebe und ihre Belastung durch die Sozialabgaben ein brennendes Problem ist, das uns zu beschäftigen hat, je mehr die Technisierung und die Automatisierung in unserer Wirtschaft Fortschritte macht. Auf der anderen Seite müssen wir uns nun einmal damit abfinden, daß die menschliche Arbeitskraft in unserem Wirtschaftsleben immer teurer wird, daß die Handarbeit immer kostspieliger wind und daß der Verbraucher infolgedessen bereit sein muß, diese Leistungen entsprechend besser zu honorieren, als er es in der Vergangenheit getan hat. Denn er bekommt dafür die Produkte, die unsere moderne industrialisierte Wirtschaft durch Massenproduktion ausstößt, ja entsprechend billiger. Das ist ein Gesetz der wirtschaftlichen Entwicklung, um das man nicht herumkommt, auf das man hinweisen muß.
    Dann lassen Sie mich, meine Freunde aus dem Mittelstand, darauf aufmerksam machen, daß die Kinderreichen, für die wir dieses Kindergeldgesetz geschaffen haben und die an der Erhöhung teilnehmen sollen, doch die besten Kunden gerade des Mittelstands sind. Das kommt dem Mittelstand indirekt wieder zugute.
    Es ist gesagt worden, es sei in letzter Zeit nichts geschehen, die Regierung habe die' verschiedenen Entschließungen, die der Bundestag gefaßt hat, unberücksichtigt gelassen. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß uns die Bundesregierung entsprechend einer Entschließung, die wir gemeinsam gefaßt haben, in Drucksache 3490 vom 7. Mai 1957 einen Reformentwurf vorgelegt hat. Nach diesem sollten damals die Beitragssätze vereinheitlicht werden; dieser einheitliche Beitragssatz sollte auf 1 % festgesetzt werden. Ihnen ist bekannt, welche Schwierigkeiten nachher entstanden sind. Ihnen ist auch bekannt, daß sich die Selbstverwaltung der Familienausgleichskassen mit Nachdruck dagegen gewehrt hat; sie war damit nicht einverstanden. Ihnen ist sicherlich weiter bekannt, daß sich auch Verfassungsrechtler mit dieser Frage befaßt haben. Ich darf nur auf ein Gutachten von Professor Werner Weber, Göttingen, hinweisen.
    Aber eines möchte ich den Herren der FDP doch nicht vorenthalten. Mir liegt ein Bericht der Neuen Zürcher Zeitung vom 28. Januar 1959 über eine Debatte betreffend das Kinderzulagengesetz vor dem Zürcher Kantonrat vor. Es ist Ihnen bekannt, daß in allen Staaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und auch in der Schweiz unser Kindergeldsystem gilt, daß also in diesen Staaten das Kindergeld durchweg durch Beiträge und nicht durch Steuern finanziert wird. In der Schweiz ist nun von einer Kommission der Vorschlag gemacht worden, einen einheitlichen Beitragssatz nicht von 1 %, sondern von 1,5% festzulegen. Dagegen haben sich insbesondere die Freisinnigen der Schweiz — das sind noch wahrhaft freisinnige Menschen, von denen könnten Sie etwas lernen, Herr Dr. Atzenroth — gewehrt. Ich darf Ihnen einiges von den Ausführungen des Redners vorlesen. Er sagte:
    Was uns nun aber das Eintreten auf den Kommissionsvorschlag verunmöglicht, ist vor allem der Paragraph, der die Beiträge der Arbeitgeber an die kantonale Familienausgleichskasse, also an die Ersatz- oder Auffangkasse, auf 1,5 % der Lohnsumme begrenzen will. Das hat nichts anderes zur Folge, als daß allfällige Defizite dieser Auffangkasse aus öffentlichen Mitteln, d. h. aus Steuergeldern gezahlt werden müssen. Bisher bestand der Grundsatz, daß die Wirtschaft die Kinderzulagen bezahle. Statt zu dezentralisieren, huldigen wir einem ausgesprochenen Zentralismus. Statt das bereits erwähnte Subsidiaritätsprinzip zu wahren, schaffen wir ein förmliches Monopol für die staatliche Auffangkasse. Fürwahr ein etatistische Lösung par excellence!
    Der klare Widerspruch zur bisherigen Entwicklung der Zulagen in der Privatwirtschaft dürfte Ihnen durch diesen Schildbürgerstreich offenbar werden. Statt den Familienschutzgedanken zu verfolgen, macht man sich ausgesprochen daran, familienfremde staatliche Kräfte zur Entwicklung zu bringen. Inskünftig soll nicht mehr die Wirtschaft allein, sondern hauptsächlich der Staat die Familie stützen und unterstützen. Fürwahr eine noch nie gesehene Auslösung staatlicher Dynamik!
    In der Schweiz hat man offenbar noch etwas mehr Angst vor zuviel Staat als bei uns.
    Ich möchte mich zunächst auf diese Ausführungen beschränken. Ich werde nachher noch einiges zu dem Antrag der FDP sagen, sobald er begründet ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Atzenroth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zum Wort gemeldet, weil der Herr Minister sich mit unserem Gesetzentwurf beschäftigt hat. Wir hätten es gern gehört, wenn er in eine Kritik unseres Gesetzentwurfs eingetreten wäre. Aber der einzige Einwand, den er vorgebracht hat, ist der gewesen, ob wir nicht den Widerstand der Länder fürchteten. Ich darf Ihnen,



    Dr. Atzenroth
    Herr Minister, aus einem Bundesratsprotokoll vorlesen. Danach hat einer der Ministerpräsidenten gesagt:
    Alle diese und andere Schwierigkeiten, die ich im einzelnen hier nicht aufführen möchte, könnten vermieden werden, wenn die Finanzämter mit der Durchführung der Kindergeldgesetze beauftragt werden.

    (Abg. Stingl: Ja, wenn man einen Sprecher für das Ganze nimmt!!)

    — Mindestens gibt es solche Stimmen, und wir können keineswegs die Haltung der Länder hierzu schon als festliegend betrachten, wie es der Herr Minister getan hat.
    Die Formulierung, daß die Auszahlung durch die Finanzämter erfolgen soll, bedeutet doch nicht, daß jeder Kindergeldbezieher persönlich zum nächsten Finanzamt gehen muß, um das Geld gegen Quittung in Empfang zu nehmen. Das ist zu primitiv gedacht, und so ist unser Gesetzentwurf keineswegs aufzufassen. Die Auszahlung kann sich in drei Formen vollziehen: durch die Post — geregelt durch einen Erlaß des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen —, durch Scheckhefte oder auch über die Unternehmer; das ist alles auch bei unserer Regelung durchaus möglich. Die Einwände, die gegen unseren Gesetzentwurf gemacht worden sind, können wir also nicht als stichhaltig anerkennen.

    (Zuruf von der Mitte: Wer soll zahlen?)

    Der Herr Minister hat gesagt, niemand könne brauchbare Vorschläge machen. Wir haben aber wenigstens einen Vorschlag gemacht, und mit dem soll man sich beschäftigen, nicht nur am Rande, nicht nur an der Oberfläche, indem man sagt: die Länder werden nicht zustimmen, es geht technisch nicht.

    (Zuruf des Bundesministers Blank.)

    — Ja, Herr Minister, darauf komme ich jetzt auch; ich habe mir auch dazu Material beschafft. — Herr Ruf hat gefragt: Wenn Sie Ihren Gesetzentwurf durchbringen, wie wollen Sie dann die Aufbringung regeln? Dann müssen Sie Steuern erheben, dann müssen Sie die Ergänzungsabgabe einführen, so haben Sie gesagt, Herr Ruf; ich weiß nicht, ob ich Sie recht verstanden habe. Das Damoklesschwert, das Herr Schäffer seinerzeit über uns aufgehängt hat, sollen wir ausgerechnet hier anwenden, wenn es sich um die Kindergeldzahlung handelt, die Sie doch auch wollen!
    Meine Damen und Herren, es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, diese Beträge aufzubringen. Sie können z. B. auf die Sparprämie verzichten, das sind schon 400 Millionen in einem Jahr. Aber wir haben uns jetzt nicht über diese Frage zu unterhalten.
    Herr Ruf, ich darf Ihnen mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wieder etwas zitieren. Da hat jemand gesagt:
    Jetzt zeigt sich im Gegenteil, daß wir allenthalben bekanntgeben:
    — wir, die Bundesrepublik — die Steuern sollen nicht erhöht werden, aber
    gleichzeitig ist man bereit, einmal Soziallasten
    und ein andermal Spezialsteuern zu erhöhen.
    — Und diese Umlage ist eine Spezialsteuer! — Hier sagt der Betreffende:
    Meine Damen und Herren, wir müssen doch alles in allem nehmen. Wir stellen also fest, daß man zwar immer sehr fleißig gegen Steuererhöhungen spricht,
    — das hat Herr Ruf wieder getan —
    aber in Spezialfällen immer wieder geneigt ist,
    einer Minderheit Belastungen zuzumuten.
    Wer hat das gesagt? Herr Schmücker von Ihrer Fraktion in der 61. Sitzung des Deutschen Bundestages im Februar 1959.

    (Beifall rechts.)

    Sie behaupten, Herr Ruf, Steuern dürften wir nicht erhöhen. Aber Sie unterstellen ohne weiteres, daß man diese Spezialsteuer beliebig erhöhen kann, Herr Ruf.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Das ist ein ungerechtes Verhalten. So dürfen Sie hier nicht argumentieren, und das sollten Ihnen Ihre Kollegen aus dem Mittelstand nicht abnehmen. Sie sollten es jetzt beweisen, daß diese Haltung falsch ist, daß die Haltung, die Sie in der zweiten Lesung eingenommen haben, auch in der dritten Lesung die richtige ist, und diese Haltung sollte aufrechterhalten werden.
    Deswegen ergeht meine Mahnung an alle diejenigen Kollegen aus der CDU, die in der zweiten Lesung mit uns gestimmt haben, auch in diesem Fall mit uns zu stimmen und sich nicht durch Äußerungen, die hier von ihren eigenen Kollegen getan worden sind, von ihrer klaren und sachlichen Haltung — sachlich und nicht polemisch, Herr Ruf —, die im Sinne der Ausführungen von Herrn Schmücker liegt, abhalten zu lassen.

    (Beifall rechts.)