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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 64. Sitzung Bonn, den 25. Februar 1959 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten und weiterer Mitglieder des argentinischen Abgeordnetenhauses 3411 A Abg. Lulay tritt für den ausgeschiedenen Abg. Kiesinger in den Bundestag ein . . 3411 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Arndgen 3411 B Wahl der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments (Drucksache 888) . . 3411 C Nachwahl eines Vertreters und von Stellvertretern der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 3411 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Mühlengesetzes (Abg. Lücker [München], Kriedemann, Mauk, Dr. Elbrächter u. Gen.) (Drucksache 70); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 881); Schriftlicher Bericht des Ernährungsauschusses (Drucksache 476 [neu]) — Zweite und dritte Beratung —Bading (SPD) 3412 A Dr. Pflaumbaum (CDU/CSU) . 3412 C Kriedemann (SPD) . . . 3412 D, 3413 C Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 850, zu 850, 863) ; in Verbindung mit Antrag betr. Arbeitserleichterung für die Landfrauen (FDP) ; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 208, 578) ; Antrag betr. Feststellung der Lage der Familienbetriebe im Grünen Bericht (DP) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksachen 627, 790); Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der Deutschen Anstalt für Agrarwerbung (FDP) (Drucksache 817) — Erste Beratung — Lücker (München) (CDU/CSU) . . 3414 A Kriedemann (SPD) 3420 A Bauknecht (CDU/CSU) 3425 A Köhler (FDP) . . . . . . . . 3428 C Logemann (DP) 3432 B Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . 3437 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 3443 A Frau Dr. Pannhoff (CDU/CSU) . . . 3447 C Sühler (CDU/CSU) 3450 D Frehsee (SPD) 3453 B Wittmer-Eigenbrodt (CDU/CSU) . 3457 B Welslau (SPD) 3459 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 Dr. Reinhard (CDU/CSU) 3460 A Bading (SPD) 3461 C Rehs (SPD) 3462 A Leukert (CDU/CSU) 3463 D Struve (CDU/CSU) 3464 D Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 3465 B Antrag betr. Hilfe für politische Häftlinge aus der sowjetisch besetzten Zone (SPD) (Drucksache 800) . . . . . . . . . 3467 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1954 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 84, 815) . . . . 3467 B Antrag betr. Freigabe des Rasthauses am Chiemsee (Abg. Dr. Franz, Wieninger, Dr. Besold u. Gen.); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 196, 825) 3467 C Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 3. November 1958 betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Zoglmann; Mündlicher Bericht des immunitätsausschusses (Drucksache 846) Ritzel (SPD) 3467 D Übersicht 5 des Rechtsausschusses über Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 838) 3467 D Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 206 [neu]) 3468 A Entwurf eines Gesetzes zu den drei Abkommen vom 3. April 1958 mit der Portugiesischen Republik über deutsche Vermögenswerte in Portugal, auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und über die Liquidation des früheren deutsch-portugiesischen Verrechnungsverkehrs (Drucksache 763) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 858) — Zweite und dritte Beratung - 3468 A Entwurf eines Gesetzes zu den zwei Abkommen vom 8. April 1958 mit Spanien über gewisse Auswirkungen des zweiten Weltkrieges und über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte (Drucksache 764); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 859) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 3468 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3468 D Anlagen 3469 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 3411 64. Sitzung Bonn, den 25. Februar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 14.02 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 4. 4. Dr. Arndt 1. 3. Dr. Bärsch 28. 3. Dr. Bechert 27. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Berendsen 12. 3. Frau Blohm 27. 2. Börner 27. 3. Dr. Bucerius 27. 2. Conrad 26. 2. Dr. Deist 8. 3. Diebäcker 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 28. 2. Eilers (Oldenburg) 27. 2. Etzenbach 25. 2. Fuchs 28. 2. Geiger (München) 25. 2. Glahn 25. 2. Dr. Gleissner (München) 27. 2. Dr. Götz 15. 3. Dr. Greve 11. 4. Dr. Gülich 31. 3. Freiherr zu Guttenberg 12. 3. Hamacher 26. 2. Heinrich 16. 5. Hermsdorf 31. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 4. 4. Höcker 25. 2. Hoogen 25. 2. Jacobs 31. 3. Dr. Jaeger 28. 2. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Dr. Jordan 26. 2. Kalbitzer 25. 2. Kramel 7. 3. Kunst 21. 4. Kunze 27. 2. Kurlbaum 8. 3. Leber 26. 2. Lenz (Brühl) 27. 2. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 4. Margulies 27. 2. Dr. Meyer (Frankfurt) 16. 3. Murr 28. 2. Paul 26. 2. Pietscher 14. 3. Ramms 28. 2. Frau Rösch 14. 3. Scharnowski 27. 2. Scheel 27. 2. Schneider (Bremerhaven) 25. 2. Schoettle 28. 2. Schröder (Osterode) 31. 3. Schwarz 2. 4. Storch 27. 2. Sträter 26. 2. Frau Strobel 27. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wagner 25. 2. Weinkamm 7. 3. Wieninger 28. 2. Wilhelm 27. 2. Dr. Will 27. 2. Frau Wolff (Berlin) 25. 2. b) Urlaubsanträge Dr. Baade 10. 4. von Bodelschwingh 4. 4. Gleisner (Unna) 10. 3. Lenze (Attendorn) 12. 4. Lohmar 5. 4. Odenthal 14. 3. Stahl 23. 3. Stenger 15. 3. Anlage 2 Umdruck 206 (neu) Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Abgeordneten Dr. Leverkuehn, Kalbitzer und Genossen betr. Hilfe für die minderentwickelten Gebiete - Drucksache 518 - an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten (f), an den Außenhandelsausschuß, an den Haushaltsausschuß 2. Antrag der Abgeordneten Jacobs, Lücker (München), Gerns und Genossen betr. Europäisches Abkommen über Weinerzeugung und Weinhandel - Drucksache 830 - an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (f), an den Außenhandelsausschuß 3. Antrag der Abgeordneten Lücker (München), Gerns, Jacobs und Genossen betr. Gegenseitige Anerkennung der Diplome landwirtschaftlicher Fach- und Hochschulen in den Mitgliedsländern des Europarates - Drucksache 831 - an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bonn, den 24. Februar 1959 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion 3470 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 Anlage 3 Umdruck 228 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 850, zu 850). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, in sinnvoller Ergänzung des Grünen Planes ein wirtschaftliches Strukturprogramm vorzulegen, das die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben in den Landbezirken gewährleistet. Damit soll dem Mangel an produktiven Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten und der Konzentration von Wirtschaft und Menschen in den industriellen Ballungsräumen entgegengewirkt werden. Bonn, den 24. Februar 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 230 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von den Abgeordneten Lücker (München), Kriedemann, Mauk, Dr. Elbrächter und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Mühlengesetzes (Drucksachen 70, 476 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 2 1. erhält § 7 Abs. 1 Nr. 5 folgende Fassung: „5. a) die in § 2 Abs. 1 genannten Erzeugnisse, soweit sich nicht aus Absatz 1 a etwas anderes ergibt, in der Mühle nicht mehr hergestellt werden können, b) die Stillegung für 30 Jahre durch Grundbucheintragung sichergestellt ist,"; 2. wird in § 7 hinter Absatz 1 folgender Absatz 1 a eingefügt: „(1 a) Von der Voraussetzung nach Absatz 1 Nr. 5 Buchstabe a ist abzusehen, soweit es sich um Vorrichtungen zur Herstellung von Futterschrot handelt, und wenn der Inhaber der Mühle sich bei der Vereinbarung des Pauschalbetrages verpflichtet, den Pauschalbetrag für den Fall zurückzuzahlen, daß diese Vorrichtungen zur Herstellung der in § 2 Abs. 1 genannten Erzeugnisse während der in Absatz 1 Nr. 5 Buchstabe b genannten Frist verwendet werden." Bonn, den 25. Februar 1959 Dr. Krone und Fraktion Anlage 5 Umdruck 231 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 850, zu 850). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat die Erklärung der Bundesregierung sowie ihren Bericht über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen; er gibt seiner Genugtuung Ausdruck, daß die Auswirkungen der bisherigen Grünen Pläne im Rahmen der gesamten Agrarpolitik als Hilfe zur Selbsthilfe der Landwirtschaft und in Verbindung mit einer besseren Ernte zum ersten Male sichtbar zu einer Verbesserung der Lage der Landwirtschaft in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geführt haben. Der Bundestag begrüßt die Verlagerung der Mittel zugunsten der Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Er stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz mit der Maßgabe zu, daß die Mittel innerhalb der einzelnen Positionen austauschbar sind; er erwartet, daß die Richtlinien zur Durchführung der vorgesehenen Maßnahmen im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Anstrengungen im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung fortzusetzen, um im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes — insbesondere auch seiner Verpflichtungen gemäß § 1 — den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen. Im Rahmen dieser Bemühungen sollen die Betriebsgruppen und Bodennutzungssysteme stärker gefördert werden, die in ihrer Entwicklung bisher zurückgeblieben sind. Bonn, den 25. Februar 1959 Dr. Krone und Fraktion Dr. Preiß und Fraktion Anlage 6 Umdruck 232 Antrag der Fraktion der DP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 850, zu 850). Der Bundestag wolle beschließen: Der Landwirtschaft ist über die Mittel im vorliegenden Grünen Plan hinaus aus ERP-Mitteln ein Rationalisierungskredit in Höhe von 250 Millionen DM im Grünen Plan 1959/60 zur Verfügung zu stellen. Die weiter erforderlichen Zinsverbilligungsmittel sind ebenfalls aus Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — oder aus dem Grünen Plan 1959/60 insofern bereitzustellen, daß der ERP-Kredit für die Endkreditnehmer 2,5 v. H. beträgt. Bonn, den 25. Februar 1959 Logemann Dr. Preiß und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 3471 Anlage 7 Schriftliche Begründung der Abgeordneten Frau Korspeter zu dem Antrag der Fraktion der SPD betr. Hilfe für politische Häftlinge aus der sowjetisch besetzten Zone (Drucksache 800) Bereits 1954, als wir uns erstmalig in diesem Hause über die Hilfe für ehemalige politische Häftlinge aus der Zone auseinandersetzten, forderte die Bundestagsfraktion der SPD die Vorlage eines Gesetzentwurfs, der neben bestimmten Hilfsmaßnahmen auch eine Entschädigung für erlittene Haft regeln sollte. Die Bundesregierung legte 1955 dem Bundestag einen Gesetzentwurf vor, der die Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung, entsprechend den Bestimmungen des BVG, und die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige, entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen, regeln sollte. Darüber hinaus enthielt der Gesetzentwurf Vergünstigungen nach dem Heimkehrergesetz bei einem Gewahrsam, der länger als 12 Monate gedauert hat, und Haftbeihilfen in dem gleichen Umfang, wie sie im Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz vorgesehen sind. Leider konnten sich die Bundesregierung und auch die Regierungskoalition nicht dazu entschließen, entsprechend unserer Forderung einen Rechtsanspruch auf die Haftentschädigung festzulegen. Es wurde der sogenannte 10-Millionen-Fonds geschaffen, der den Betroffenen keinen Rechtsanspruch auf eine Haftentschädigung sicherte, sondern ihnen lediglich eine Beihilfe gewährte, wenn sie sich in einer wirtschaftlichen Notlage befanden. Meine Fraktion hat bereits damals eine solche Regelung sehr bedauert und sehr deutlich ausgesprochen, daß sie die Schaffung dieses Fonds nur als einen ersten Schritt betrachte und daß sie eine Entwicklung wünsche, bei der das menschliche und politische Opfer wirkungsvoller berücksichtigt werde. Trotz dieser Bedenken haben wir uns damals hinter diesen Gesetzentwurf gestellt, eben weil er als ein erster Schritt zu betrachten war. Aber wir haben immer wieder gemahnt, die Hilfebedürftigkeitsprüfung fallenzulassen und den ehemaligen politischen Häftlingen einen Rechtsanspruch auf die Haftbeihilfe zu sichern, das heißt, eine wiedergutmachende Entschädigung für die zu Unrecht erlittene Haft zu gewähren. Wir haben es begrüßt, daß bei der Beratung eines ersten Änderungsgesetzes zum Häftlingshilfegesetz im Jahre 1957 alle Fraktionen unserem Änderungsantrag — Häftlingsbeihilfe nunmehr ohne Hilfebedürftigkeitsprüfung zu gewähren und den Rechtsanspruch dafür zu sichern — ihre Zustimmung gaben. Das war sicher eine positive Entwicklung des Häftlingshilfegesetzes, die von allen anerkannt wurde. Leider ist es uns damals nicht gelungen, die soviel umstrittene und meiner Meinung nach auch unangebrachte Sechsmonatsfrist zu beseitigen. Diese Frist behindert auch heute noch jede Anerkennung, wenn der Häftling länger als ein halbes Jahr - gerechnet vom Tage seiner Entlassung an — in der Zone blieb, bevor er in die Bundesrepublik flüchtete. Aus einer uns vorgelegten Statistik von seiten des zuständigen Ministeriums ist zwar ersichtlich, daß zur Vermeidung unbilliger Härten bei Überschreitung dieser Sechsmonatsfrist von der Möglichkeit, den Härteparagraphen in Anspruch zu nehmen, Gebrauch gemacht wurde; trotzdem sollte auch dieser Stichtag verschwinden, da er menschlich und auch politisch nicht zu vertreten ist. Darüber hinaus besteht bei vielen, die sich mit den Hilfsmaßnahmen für ehemalige politische Häftlinge befaßt haben — insbesondere aber bei den Betroffenen selbst — der Wunsch nach einer grundsätzlichen Änderung des Häftlingshilfegesetzes. Diese Änderungswünsche sind von dem Gedanken getragen, daß — ich zitiere wörtlich aus den an den Herrn Bundestagspräsidenten gesandten Petitionen — „gleiche Schicksale, bedingt durch in ihren Methoden gleiche totalitäre Systeme, gleiche Maßnahmen erfordern." Meine Fraktion hat sich nach sehr sorgfältigen Überlegungen hinter diese Forderung gestellt und legt dem Bundestag, nachdem sie bereits am 7. Mai 1958 einen Änderungsantrag zum Häftlingshilfegesetz eingebracht hatte, der noch zur Beratung beim zuständigen Ausschuß liegt, nunmehr einen sehr konkret gehaltenen Antrag vor. Er strebt eine Regelung an, die den anerkannten Häftlingen aus der sowjetisch besetzten Zone für Schäden an Leben und Gesundheit infolge Freiheitsentziehung sowie für Schäden in der Ausbildung Leistungen nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes gewährt. Wir sind der Meinung, daß wir nur dann zu einer endgültigen Bereinigung dieses Problems kommen können, wenn die Leistungen dem Bundesentschädigungsgesetz entsprechen, da es in Deutschland kein anderes Gesetz gibt, das sich damit befaßt, Unrecht wiedergutzumachen, das aus der Verletzung menschlichen Rechtsgutes entstanden ist. Es handelt sich — vom Verfolgten her — um das gleiche Schicksal. Es gibt Menschen, die Buchenwald als Konzentrationslager zweimal erlebt haben und für die nicht einzusehen ist, daß für dieselben Leiden unterschiedliche Regelungen erfolgen. Gleichzeitig wollen wir damit aber auch deutlich machen, daß wir das Unrechtssystem in der Zone nicht anders beurteilen als das System, für das wir jetzt bereits Wiedergutmachung leisten. Dabei darf ich darauf hinweisen, daß wir bewußt von einer Regelung für Berufs- und Vermögensschäden, wie sie im Bundesentschädigungsgesetz zu finden ist, abgesehen und unseren Antrag auf Personenschäden einschließlich Ausbildungsschäden beschränkt haben. Wir gehen von der Voraussetzung aus, daß die Höhe der Leistungen, die Bemessungsgrundlage, die Berechnungsmethode und auch die medizinische Begutachtung und Behandlung sich nach den Bestimmungen des Bundesentschädigungsgesetzes und nach der hieraus entwickelten Verwaltungspraxis richten. 3472 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 Es ist von uns keineswegs daran gedacht, durch eine Novelle zum Bundesentschädigungsgesetz die Einbeziehung der ehemaligen politischen Häftlinge in dieses Gesetz zu vollziehen. Vielmehr ist es unsere Vorstellung, daß das jetzige Häftlingshilfegesetz aus der Beziehung zum Bundesversorgungsgesetz, Heimkehrergesetz und Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz herausgenommen wird und daß die genannten Teile des Bundesentschädigungsgesetzes in ein neugestaltetes Häftlingshilfegesetz aufgenommen werden. Dabei denken wir vor allem an eine, dem politischen Widerstandskampf angemessene, Erhöhung der Haftbeihilfe auf einen Entschädigungssatz von 5 DM täglich; an eine der Schwere der Haft entsprechende großzügige Anerkennung der gesundheitlichen Schäden, insbesondere der Spätschäden; an eine bessere Gesundheitsfürsorge, an eine Regelung der Hinterbliebenen- und Beschädigtenrenten nach den Leistungen des Bundesentschädigungsgesetzes, sowie an eine ausreichende Ausbildungsbeihilfe zur Fortsetzung der durch die Inhaftierung unterbrochenen Ausbildung. Das Häftlingshilfegesetz in seiner jetzigen Form wird diesen Forderungen nicht gerecht. Es bringt keine gerechte und ausreichende Würdigung des erlittenen Unrechts. Wir sollten uns deshalb zusammenfinden, um zu einer Regelung zu kommen, die dem Charakter einer Wiedergutmachung entspricht. Wir sollten uns dabei auch von dem Gedanken leiten lassen, daß diese Änderungswünsche nicht nur vom materiellen Gesichtspunkt her gesehen werden dürfen, sondern daß in erster Linie politische und ideelle Gesichtspunkte dabei eine Rolle spielen. Die Männer und Frauen, die wegen ihrer demokratischen Gesinnung in der Zone inhaftiert wurden, haben ein Anrecht darauf, daß ihre Leiden nicht geringer gewertet werden als die der unter dem Naziregime Verfolgten. Ein erheblicher Teil der Geschädigten wurde in Haft genommen — und zwar viele Jahre ihres Lebens — und hat Schäden erlitten, weil sie im unfreien Teil Deutschlands für jene Grundsätze eingetreten sind, die das Fundament der Bundesrepublik bilden. Sie sind in Haft genommen worden, weil sie für ihre freiheitliche Gesinnung eingetreten sind, und sie haben damit der Demokratie und der Freiheit Opfer gebracht, die weit über das Normalmaß der allgemeinen Kriegsfolgeschäden hinausgehen. Diese Schäden müssen von uns wiedergutgemacht werden. Mit einer solchen Regelung würden wir zu erkennen geben, daß die Bundesrepublik bereit ist, jedem Opfer totalitärer Willkür eine Entschädigung für erlittenes Leid zu gewähren, und wir würden das Bewußtsein stärken, daß ein ganzes Volk dafür einstehen muß, wenn einem Teil des Volkes Unrecht durch Gewalt widerfährt. Wir hoffen sehr, daß die uns allen gestellte Aufgabe — ihre Erledigung ist gleichzeitig auch ein Ausdruck unseres gesamtdeutschen Wollens — nicht an finanziellen Überlegungen scheitert. Die Ausgaben, über die wir uns selbstverständlich Vorstellungen gemacht haben und auf die wir bei den anschließenden Beratungen näher eingehen können, sind nicht dergestalt, daß sie unsere menschliche und politische Verpflichtung zu überschatten vermögen. Was bis jetzt getan wurde, war zu wenig. Wir sollten bereit sein, nun schnell und umfassend eine bessere Regelung zu schaffen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Eschmann (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 20): Wie erklärt es sich, daß die vorgesehene Rechtsverordnung zum Artikel 2 § 4 Abs. 2 Satz 2 des AngestelltenversicherungsNeuregelungsgesetzes immer noch nicht erlassen ist, obwohl in der Fragestunde der 30. Sitzung des Bundestages vom 12. Juni 1958 Staatssekretär Claussen vom Bundesarbeitsministerium erklärt hat, daß mit dem Erlaß der Rechtsverordnung nach den Sommerferien 1958 des Parlaments zu rechnen sei? Nach dem Stande der Vorarbeiten war im Juni vorigen Jahres damit zu rechnen, daß die Rechtsverordnung nach den Sommerferien hätte erlassen werden können. Im Zuge der Vorbereitung des Entwurfs sind jedoch — insbesondere infolge von Gesetzesänderungen auf anderen Rechtsgebieten — nachträglich Schwierigkeiten aufgetreten, die nunmehr im Wege von Besprechungen mit den beteiligten Bundesressorts beseitigt werden konnten. Es ist beabsichtigt, den jetzt erarbeiteten Entwurf im Laufe des kommenden Monats mit den Ländern sowie den Versicherungsträgern zu besprechen und sodann dem Bundesrat zur Zustimmung zuzuleiten. Blank Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Finanzen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kroll (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 21) : Ist es richtig, daß die Verordnung zur Änderung "der Allgemeinen Zollordnung und der Post-Zollordnung vom 17. November 1958 (BGBl. I S. 741), die u. a. Erleichterung für die Einfuhr von Waren des Buchhandels bringt, nur für Päckchen und Drucksachen gilt, jedoch Postpakete und Warensendungen ausschließt? Durch die Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Zollordnung und der Post-Zollordnung vom 17. November 1958 ist der Katalog derjenigen ausländischen Postsendungen bedeutend erweitert worden, die den Empfängern ohne Einschaltung eines Zollamts von der Post ausgehändigt werden dürfen. Dieser Verzicht auf die Zollkontrolle und damit auf die Erhebung der Eingangsabgaben muß auf Sendungen beschränkt bleiben, die entweder keine Handelsware oder nur Handelsware geringen Umfanges und allenfalls geringer Abgabenbelastung enthalten. Diese Voraussetzung ist in der Regel aber nur bei den Briefsendungen, einschließlich der Päckchen und Drucksachen, nicht aber bei den Paketsendungen gegeben. Erfahrungsgemäß führt der Handel gerade hochwertige und hochbelastete Waren (z. B. optische Geräte, Textilien, Kosmetika Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 3473 usw.) im großen Umfang auf dem Postwege ein. Wollte man also auch die Paketsendungen, die bis zu 20 kg schwer sein dürfen, von jeder Zollkontrolle befreien, so würde man den Postweg gegenüber anderen Einfuhrwegen ungerechtfertigt, begünstigen und ein Loch öffnen, durch das vor allem Handelswaren verschiedenster Art zum Schaden der deutschen Produktion ohne Erhebung der Eingangsabgaben und ohne Rücksicht auf Einfuhrbeschränkungen wirtschaftlicher, gesundheitspolizeilicher oder ähnlicher Art in den freien Inlandsverkehr gelangen würden. Eine so weitgehende Befreiung der Postsendungen von der Zollkontrolle konnte deshalb nicht ausgesprochen werden. Die Verpflichtung der Post, Postpakete usw. dem Zollamt vorzuführen, bedeutet nicht, daß in allen diesen Fällen Eingangsabgaben erhoben werden. Ergibt vielmehr die Zollkontrolle, daß die Waren nach den gesetzlichen Bestimmungen abgabenfrei sind und keinen Einfuhrverboten unterliegen, werden sie sofort freigegeben. In Vertretung Hartmann Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Finanzen auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Beyer (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 23): Ich frage die Bundesregierung, wann sie die von dem Relations Office in Wiesbaden eingenommenen Entschädigungen für die zu Übungszwecken in Anspruch genommenen Waldungen der Gemeinden Rodheim, Ober-Rosbach, Nieder-Rosbach, Ockstadt, Ober-Mörlen, Nieder-Mörlen und Langenhain-Ziegenberg, die sich inzwischen auf 146 774,40 DM belaufen, an die Gemeinden weiterleitet? Die von den amerikanischen Streitkräften für die Inanspruchnahme der fraglichen Waldungen zur Verfügung gestellten Beträge sind von dem Herrn Finanzminister des Landes Hessen im Einvernehmen mit dem Bundesrechnungshof zunächst nicht an die Eigentümer der Grundstücke ausgezahlt worden, weil den Eigentümern durch die Inanspruchnahme die Nutzung des Waldes nicht entzogen worden war. Die Eigentümer konnten vielmehr ihre beschlagnahmten Waldungen weiterhin bewirtschaften, Holz einschlagen und verwerten. Die zur Verfügung gestellten Beträge sind von dem Herrn Hessischen Minister der Finanzen vorerst auf Verwahrung genommen worden. Jedoch sind zur Abgeltung von Schäden, die durch die amerikanischen Streitkräfte an Wegen, Wasserabzugsgräben und Kulturen innerhalb der in Anspruch genommenen Waldungen verursacht worden sind, an die Gemeinden Ober-Rosbach, Nieder-Rosbach, Ober-Mörlen, Nieder-Mörlen und Rodheim bisher insgesamt 47 030,87 DM gezahlt worden. Ein Antrag auf Auszahlung der auf Verwahrung genommenen Beträge liegt dem Bundesministerium der Finanzen bisher nicht vor. Auf fernmündliche Rückfrage hat das hessische Finanzministerium mitgeteilt, daß am 27. November 1958 ein derartiger Antrag vom Landrat des Kreises Friedberg gestellt worden sei; der Antrag habe dem Bundesministerium der Finanzen noch nicht vorgelegt werden können, weil das Verteidigungslastenamt Hanau Ermittlungen über die Größe der einzelnen in Anspruch genommenen Flächen und der auf die Eigentümer entfallenden Anteile anstellen müsse. Die Unterlagen seien jedoch inzwischen zusammengestellt worden und würden dem Bundesministerium der Finanzen zusammen mit dem Antrag in Kürze zugeleitet werden. Das Bundesministerium der Finanzen wird über den Antrag unverzüglich befinden und Ihnen die getroffene Entscheidung schriftlich mitteilen. Eine endgültige Stellungnahme zu der Frage, wie über den Antrag entschieden werden wird, ist mir zu meinem Bedauern gegenwärtig noch nicht möglich. Schon jetzt kann jedoch gesagt werden, daß grundsätzliche Bedenken gegen den Antrag nicht bestehen dürften. Denn zur Zeit ist ein neuer Entwurf von Richtlinien für die Bemessung der Nutzungsvergütung bei forstwirtschaftlichen Flächen in Bearbeitung, in denen vorgesehen ist, daß eine gewisse Nutzungsvergütung auch dann gewährt werden kann, wenn durch die Inanspruchnahme dem Eigentümer die wirtschaftliche Nutzung des Forstes nicht entzogen ist. In Vertretung Hartmann Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bauer (Würzburg). (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. 2. 1959, Drucksache 854, Frage 24): Gedenkt die Bundesregierung der vorn Bundesrechnungshof geäußerten Auffassung Rechnung zu tragen, die bisherigen Maßnahmen zur Förderung der fremdsprachlichen Ausbildung von Bundesbediensteten seien unzulänglich? Die Bundesregierung hält in Übereinstimmung mit dem Bundesrechnungshof eine Intensivierung der Maßnahmen zur Sprachausbildung der Bundesbediensteten für notwendig. Der Bedarf an Bediensteten mit fremdsprachlichen Kenntnissen hat in den letzten Jahren ständig zugenommen. Dies gilt sowohl für internationale Verhandlungen wie für die Entsendung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in internationale Organisationen und für den Austausch von Bediensteten mit anderen Ländern. Aus diesen Erwägungen ist die Bundesregierung bemüht, die Sprachausbildung der Bundesbediensteten in verstärktem Umfange zu fördern. In Vertretung Dr. Anders Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Auswärtigen auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Kanka und 3474 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 Bauer (Würzburg) (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. 2. 1959, Drucksache 854, Fragen 25 und 28): Trifft die Meldung zu, daß die Deutsche Botschaft in Athen — im Gegensatz zur Behandlung eines gleichartigen Falles durch die Österreichische Botschaft — eine alsbaldige Intervention im Sinn persönlicher Bemühung eines Botschaftsangehörigen an Ort und Stelle unterlassen hat, um einen jungen deutschen Fremdenlegionär am Weihnachtsabend von einem einlaufenden holländischen Tanker zu übernehmen, obwohl die Ankunft der beiden blinden Passagiere durch Funk mitgeteilt worden war? Stimmt es, daß der österreichische Staatsangehörige von seiner Botschaft übernommen wurde, während das Schiff seine Fahrt mit dem Deutschen an Bord fortsetzte, und was ist über dessen weiteres Schicksal bekannt? Trifft der im Fränkischen Volksblatt vom 27. Januar 1959 unter Bezugnahme auf die Wiener Zeitung „HEUTE" wiedergegebene Bericht zu, nach dem sich am 24. Dezember 1958 in Athen die Österreichische Botschaft in vorbildlicher Weise eines aus der Fremdenlegion entwichenen Österreichers, während sich zur gleichen Zeit und am gleichen Ort in wenig vorbildlicher Weise die Deutsche Botschaft eines aus der Fremdenlegion entwichenen Deutschen angenommen hat? Wenn nein: In welchen Punkten weichen die Schilderungen und die Tatsachen voneinander ab? Wenn ja: was ist unternommen worden oder wird unternommen werden, um Verantwortliche zur Verantwortung zu ziehen? Den in den Fragen erwähnten Zeitungsmeldungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 24. Dezember 1958 gegen 9 Uhr wurde die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Athen von der holländischen Schiffsagentur (KNSM) in Piräus fernmündlich benachrichtigt, daß sich an Bond des am selben Tage um 18 Uhr in Piräus einlaufenden holländischen Dampfers „Tarakan" zwei entwichene Fremdenlegionäre befänden, von denen einer deutscher und der andere österreichischer Staatsangehöriger sei. Die Personalien des deutschen Staatsangehörigen seien im Gegensatz zu denen des Österreichers nicht bekannt. Ein Angehöriger der deutschen Botschaft begab sich daraufhin sofort nach Piräus, um bei der dortigen Fremdenpolizei die Erlaubnis zur Einreise des deutschen Staatsangehörigen zu erwirken. Nachdem diese Erlaubnis erteilt war — die Verhandlungen waren wegen der fehlenden Personalien sehr schwierig — wurde der holländische Schiffsagent, der gleichzeitig niederländischer Wahlkonsul ist, gebeten, den deutschen Staatsangehörigen in Empfang zu nehmen und für seine vorläufige Unterkunft zu Borden. Zu diesem Zweck wurden dem Agenten die notwendigen Geldmittel übergeben. Eine sofortige Heimschaffung des deutschen Legionärs war nicht möglich, weil wegen der fehlenden Personalien kein Reisepaß ausgestellt und das für eine Heimschaffung auf dem Landwege erforderliche jugoslawische Visum am 24. Dezember 1958 und an den beiden folgenden Feiertagen nicht mehr beschafft werden konnte. Eine Heimschaffung auf dem Seewege war ebenfalls unmöglich, weil sich zu dieser Zeit kein deutsches Schiff im Hafen von Piräus befand. Der Legionär, der — wie sich jetzt herausstellte — Heinz Werner Stamm hieß und am 21. Februar 1931 in Berlin geboren war, wurde vereinbarungsgemäß von dem niederländischen Schiffsagenten an Bord abgeholt und auf Kosten der deutschen Botschaft in einem Hotel in Piräus vorläufig untergebracht. Trotz aller Bemühungen der Botschaft wurde das jugoslawische Durchreisevisum erst am 30. 12. 1958 erteilt. Noch am selben Tage erhielt Herr Stamm ein Zehrgeld und wurde auf Kasten der Botschaft nach Freilassing heimgeschafft. Herr Stamm hat sich über die Behandlung durch die deutsche Botschaft nie beklagt, sondern sich für die ihm zuteil gewordene Hilfe bedankt. Wie inzwischen festgestellt wurde, ist er — wie vorgesehen — in der Bundesrepublik eingetroffen. Hiernach hat die Deutsche Botschaft in Athen alles getan, was unter den gegebenen Umständen von ihr erwartet werden konnte. Sie hat sofort einen Beamten nach Piräus entsandt, um sicherzustellen, daß dem entflohenen Legionär die erforderliche Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Sie hat den Hilfsbedürftigen angemessen untergebracht und zum erstmöglichen Termin in das Bundesgebiet heimgeschafft. Der Botschaft kann daher in keiner Weise ein Vorwurf gemacht werden. Insbesondere hieße es die Anforderungen an die Betreuung hilfsbedürftiger Deutscher im Ausland überspannen, wollte man verlangen, daß jeder Hilfsbedürftige persönlich von einem Beamten der Botschaft am Hafen abgeholt würde. Es muß vielmehr genügen, wenn die Auslandsvertretung sofort die sachlichen Voraussetzungen schafft, um dem Hilfsbedürftigen die alsbaldige Rückkehr in das Bundesgebiet zu ermöglichen. Infolgedessen bedauere ich es sehr, daß eine Reihe deutscher Zeitungen sich diese z. T. unrichtigen und unvollständigen Meldungen ohne Nachprüfung zu eigen gemacht und gegen die deutsche Botschaft in Athen unbegründete Vorwürfe erhoben hat, zumal der Hilfsbedürftige schon längst heimgeschafft worden war. Ich darf noch bemerken, daß die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich gehalten sind, bei der Heimschaffung von hilfsbedürftigen Deutschen aus dem Ausland den billigsten Reiseweg zu wählen. v. Brentano Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Voigt (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 26) : Trifft die Behauptung in dem Artikel „Wolfsburger Fehlleistung", abgedruckt in der Zeitung „Europa-Union" vom 23. Januar 1959, zu, wonach das Volkswagenwerk bei seiner großen Inseratenaktion zum Jahresende beträchtliche Summen in die Kassen der italienischen Kommunisten gelenkt haben soll? Welche Beweggründe haben die dafür Verantwortlichen veranlaßt, in großen kommunistischen Zeitungen Italiens ganzseitige Inserate aufzugeben? Es trifft nicht zu, daß das Volkswagenwerk Gelder in die Kassen italienischer Kommunisten gelenkt hat. Bei dem beanstandeten Inserat handelt es sich vielmehr um eine Anzeige, die der Generalimporteur des Volkswagenwerkes in Italien ohne Wissen des Volkswagenwerkes im Rahmen eines gegenseitigen Geschäftes in einer kommunistischen Zeitung veröffentlicht hat. Das Volkswagenwerk hat mit dieser Werbeaktion nichts zu tun, hat jedoch auf meine Veranlassung seinen Importeur gebeten, künftig von derartigen Anzeigen abzusehen. Dr. Lindrath Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1959 3475 Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Wirtschaft auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hansing (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 27): Ist die Bundesregierung in Anbetracht der angespannten Beschäftigungslage in der Werftindustrie bereit, im Interesse einer Förderung des deutschen Schiffsexportes die Laufzeit der von ihr übernommenen Sicherung und Gewährleistung für Ausfuhrgeschäfte (Hermes-Garantien) zu verlängern? Der angespannten Beschäftigungslage in der deutschen Werftindustrie hat die Bundesregierung seit geraumer Zeit insofern Rechnung getragen, als sie Bürgschaften und Garantien für Schiffsverkäufe in das Ausland auch dann übernimmt, wenn die Kaufpreise nicht bei Ablieferung der Schiffe voll bezahlt, sondern teilweise kreditiert werden. Dabei wird erwartet, daß der ausländische Käufer des Schiffes 20 bis 50 % des Kaufpreises bis zur Ablieferung, den Rest innerhalb von 3 bis 5 Jahren bezahlt. In Vertretung Westrick Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verteidigung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. Februar 1959, Drucksache 854, Frage 29): Was hält der Herr Bundesverteidigungsminister von dem Versuch des Presseoffiziers der 1. Gebirgsjäger-Division in Mittenwald, in eigenen Lehrgängen sogenannte Truppenberichterstatter auszubilden? Teilt der Herr Minister die in Pressekreisen herrschende Auffassung, daß eine verstärkte Public-Relations-Arbeit det Bundeswehr nach dieser Methode nur dann nicht in schädlichen Dilettantismus und in politische Einseitigkeit (s. frühere P.K.Berichter) ausartet, wenn die verantwortlichen Presseoffiziere den Truppenberichterstattern einen periodischen und unmittelbaren Kontakt zur politisch unabhängigen und zur parteigebundenen Presse (Besuch von Zeitungsverlagen, Vorträge von Berufsjournalisten u. a.) ermöglichen? Bisher wurden in zwei Divisionen des Heeres Kurzlehrgänge durchgeführt, um geeignete Soldaten für die Unterstützung der Presseoffiziere bei den Divisionen zu gewinnen. Für diese Kurzlehrgänge wurden Journalisten gewonnen, die die Lehrgangsteilnehmer in die Pressearbeit eingeführt haben. Außerdem wurden örtliche Zeitungsbetriebe besichtigt. Die ersten Lehrgänge haben ein überwiegend positives Echo in der Presse gefunden. Die wenigen negativen Äußerungen in der Presse beruhten offensichtlich auf Mißverständnissen, die inzwischen als ausgeräumt angesehen werden können. Ein abschließendes Urteil über die Truppenberichterstattung läßt sich erst auf Grund weiterer Erfahrungen fällen. Hierbei werden die von der Öffentlichkeit, insbesondere der Presse selbst gegebenen Anregungen berücksichtigt werden. Strauß Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Wirtschaft auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hansing (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. 2. 1959, Drucksache 854, Frage 34) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkung des geplanten Kohlezolls auf die wirtschaftliche Situation der Schifffahrt und der Werftindustrie? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die auf eine Drosselung der Kohleneinfuhr und damit auf eine Einschränkung der Kohlenfracht abzielende Maßnahme der Einführung eines Kohlenzolls zu einem Rückgang des Reparaturgeschäfts und zu Stornierungen von Kohlenfrachteraufträgen bei den Werften führen wird? Was gedenkt — falls diese Ansicht geteilt wird — die Bundesregierung in Anbetracht der ohnehin ernsten Beschäftigungslage der Werften hiergegen zu tun? Die mit der Einführung eines Kohlezolls angestrebte und wegen der Entwicklung der Feierschichten und der Halden an der Ruhr dringend notwendig gewordene Verminderung der Kohleeinfuhren wird sich bedauerlicherweise in einem gewissen Ausmaß auf die Beschäftigung der Schiffahrt auswirken. Es ist möglich, daß sich diese Situation auch auf die Beschäftigung der Werften auswirken wird, obwohl m. E. die Zurückhaltung der Reeder bei der Vergabe von Aufträgen viel mehr durch die lang andauernde Frachtenbaisse zu erklären ist. Soweit ich unterrichtet bin, liegen insbesondere bei schleswig-holsteinischen Werften in Kiel und Flensburg Neubauaufträge für Kohlentransportschiffe vor. Inwieweit diese bereits abgeschlossenen Aufträge durch einen Kohlezoll in ihrer Realisierung gefährdet sind, kann z. Z. nicht übersehen werden. Die vorliegende Anfrage kann heute nicht eingehender beantwortet werden, da die Untersuchungen, in welchem Umfang ein Kohlezoll sich auf die wirtschaftliche Situation der Schiffahrt und der Werftindustrie auswirken wird, wegen der Kürze der Zeit noch nicht abgeschlossen werden konnten. In Vertretung Westrick Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pohle (Fragestunde der 61. Sitzung vom 18. 2. 1959, Drucksache 854, Frage 37): Wie hoch werden nach dem gegenwärtigen Stande des Bundesversorgungsgesetzes die Einsparungen Im Kriegsopferhaushalt in den nächsten 5 Jahren voraussichtlich sein, wenn der zu erwartende natürliche Abgang von Versorgungsberechtigten als Grundlage der Schätzung verwandt wird? Auf Grund der gegenwärtig geltenden Fassung des Bundesversorgungsgesetzes werden in den nächsten 5 Jahren bei unveränderten wirtschaftlichen Verhältnissen voraussichtlich Minderausgaben, von Jahr zu Jahr errechnet, in Höhe von insgesamt 476 Millionen DM erwartet. Blank
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit besonderer Genugtuung ist hier heute von allen Seiten auf den erfreulichen Anstieg der Arbeitsproduktivität und auf den Umstand hingewiesen worden, daß er in der Landwirtschaft sehr viel größer war als in der gewerblichen Wirtschaft. In der Landwirtschaft betrug er in den letzten vier Jahren 20 %, in der gewerblichen Wirtschaft nur 13 %. Nun gibt es sicherlich niemanden in diesem Hause, ganz gleich auf welcher Seite, der sich nicht über diesen Umstand freut. Diese Erhöhung der Arbeitsproduktivität ist sicher nicht allein auf die Verringerung des Arbeitskräftebesatzes in den landwirtschaftlichen Betrieben zurückzuführen, sondern — und ich möchte die betreffende Stelle des Grünen Berichts ausdrücklich unterstreichen — dazu hat neben der betrieblichen Rationalisierung und Mechanisierung auch die Verbesserung des Ausbildungs- und Leistungsstandes der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte beigetragen.
    Der Grüne Plan hat sicherlich einen gewissen Anteil an dieser Verbesserung des Ausbildungs-und Leistungsstandes. In der Gruppe der Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und der landwirtschaftlichen Arbeits- und Lebensverhältnisse haben die Grünen Pläne von Anfang an einen Titel für Forschung, Ausbildung, Beratung und Aufklärung enthalten, der von 10 Millionen DM im Jahre 1956 über 15 Millionen DM im Jahre 1957 auf 20 Millionen DM im Jahre 1958 erhöht worden ist. Der Grüne Plan 1959 sieht wiederum 20 Millionen DM für diese Zwecke vor.
    In diesem Betrag sind auch Förderungsmittel für die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung enthalten. Erstmalig ist vor nun etwa drei Jahren in Niedersachsen die Erkenntnis gewonnen worden, daß die ständige Verringerung des landwirtschaftlichen Arbeitskräftepotentials eine Hebung des Leistungsstandes der verbleibenden Arbeitskräfte zwingend erforderlich macht.
    Seit etwa einem Jahr sind sich die Sozialpartner und die Landwirtschaftskammern, ich kann sagen, auf Bundesebene darüber einig geworden, daß die Facharbeiterausbildung eine wichtige Aufgabe im Hinblick auf die notwendige Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen landwirtschaftlichen Betriebe mit denen anderer EWG-Länder darstellt. Ganz im Gegensatz zur Industrie — das muß ganz klar gesehen werden — brauchen wir in der Landwirtschaft eine Allround-Ausbildung, und die Hebung des Leistungsstandes der gesamten Landarbeiterschaft muß das Ziel der landwirtschaftlichen Facharbeiterausbildung sein.
    Nachdem diese Facharbeiterausbildung in Niedersachsen besonders entwickelt worden ist, ist zu hoffen, daß sich nun alle Länder der Bundesrepublik dieser wichtigen und dringenden Aufgabe aktiv unterziehen werden. In den nördlichen Ländern sind schon einige Fortschritte erzielt worden, in den süddeutschen Ländern steckt eine derartige Ausbildung noch in den allerersten Anfängen. Niedersachsen und Hessen bemühen sich um die Bereitstellung entsprechender Ausbildungsstätten. Landwirtschaftliche Facharbeiterschulen — heute werden sie auch Landarbeitsschulen genannt — müssen sich wegen ihrer besonderen Aufgabenstellung, nämlich vor allen Dingen praktische, technische und handwerkliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, von den Landwirtschaftsschulen grundlegend unterscheiden. Es wäre sehr zu wünschen und läge durchaus im Interesse der Bemühungen um die Verbesserung der Agrarstruktur, wenn die Bundesregierung und die Grünen Pläne die Anstrengungen unterstützten, die in dieser Richtung gemacht werden. Der bisherige Widerstand der Bundesregierung gegen die Errichtung einer Landarbeitsschule in Niedersachsen, die von der Landwirtschaftskammer Hannover seit langem beantragt ist, ist eigentlich nicht verständlich, da im Grünen Plan gesagt wird, daß die Erhöhung der Arbeitsproduktivität wesentlich auch auf die Erhöhung des Leistungsstandes der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte zurückzuführen sei. Das muß also auch als eine wichtige Aufgabe angesehen werden, und sie muß von allen Seiten mit allen Mitteln gefördert werden.
    Zur Verbesserung der Agrarstruktur gehört unabdingbar auch die Verbesserung der landwirtschaftlichen Arbeitskräftestruktur. Hierbei meine ich jetzt nicht die Verringerung des Arbeitskräftebesatzes — darüber ist heute schon genug gesprochen worden —, sondern denke an eine grundlegende Änderung



    Frehsee
    der landwirtschaftlichen Lohnarbeitsverfassung. Die gegenwärtige Lohnarbeitsverfassung ist immer noch ungesund. Sie ist immer noch weitgehend eine Gesindearbeitsverfassung. Auf Seite 98 des Grünen Berichts steht, daß es 333 000 sogenannte ständige Lohnarbeitskräfte, die sich in Kost und Wohnung befinden, und 167 000 sonstige ständige Lohnarbeitskräfte gibt. Das bedeutet nach unserem Sprachgebrauch — übrigens sehr im Gegensatz zu dem Grünen Bericht 1958; ich fand diese Zahlen außerordentlich überraschend und befremdlich —, daß zwei Drittel der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte noch ledige Landarbeiter, sogenannte Gesindekräfte sind. Nur ein Drittel sind nach den Zahlen auf Seite 98 des Grünen Berichts verheiratete Landarbeiter und Landarbeiterinnen. Angesichts dieser Tatsache ist es besonders zu begrüßen, daß der Grüne Plan die Umstellung von ledigen auf verheiratete Arbeitskräfte so nachhaltig und sicherlich teilweise auch schon erfolgreich gefördert hat. Ich habe gewisse Zweifel in bezug auf die Zahlen erkennen lassen, die ich da zitiert habe. Ich glaube gar nicht einmal, daß es so schlimm ist, wie es der Grüne Bericht darstellt. Es ist also zu begrüßen, daß die Maßnahme, die Frau Dr. Pannhoff soeben angesprochen hat, die Seßhaftmachung verheirateter Landarbeiter im Zuge des Landarbeiterwohnungsbaues, nachhaltig gefördert wird. Das Verfahren zur Durchführung dieser Maßnahme, das mit den Richtlinien vom 30. Mai 1958 festgelegt worden ist, hat sich inzwischen konsolidiert, nachdem es 1957 einige Gegensätze in bezug auf Verfahrensweg und Methode gegeben hat. Man sollte daher an dem Verfahren, bei dem das Schwergewicht auf die Errichtung von Landarbeitereigenheimen gelegt wird, nichts ändern und die Richtlinien für das Rechnungsjahr 1959/60 verlängern, damit keine Verzögerung eintritt.
    Ganz im Gegensatz zum Vorjahr — meine Damen und Herren, heute haben Sie das nicht wieder gehört, was Sie in den Debatten über den Grünen Bericht der vergangenen Jahre eigentlich immer wieder mit sehr viel Nachdruck vorgetragen bekommen haben — wurde 1958 in den landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr so nachdrücklich über den landwirtschaftlichen Arbeitskräftemangel geklagt. Das ist zweifellos auf das günstige Herbstwetter, das keine Arbeitsspitzen gebracht hat, sicherlich aber auch auf die in diesem Jahre erstmalig in vollem Ausmaß erkennbar gewordene Wirkung der Technisierung und Mechanisierung zurückzuführen.
    Ob die landwirtschaftlichen Betriebe allerdings richtig beraten sind, wenn sie, wie es alljährlich geschieht, zum Winter eine so große Anzahl landwirtschaftlicher Lohnarbeitskräfte entlassen — die Arbeitslosenzahl ist vom November zum Dezember um 1501)/o angestiegen —, möchte ich dahingestellt sein lassen. Man sollte dieses Problem gerade im Zusammenhang mit den Klagen über die ungeheure Belastung der Landfrau, der Bäuerin, und vielleicht auch im Zusammenhang mit jener Feststellung sehen, wonach die Zahl der Landwirtschaftslehrlinge um 3,8% zurückgegangen sei. Wenn nach dem Grund gefragt wird, wird gesagt: Wir können unsere Söhne nicht mehr in die Lehre schicken, weil wir auf
    ihre Arbeitskraft angewiesen sind. Wenn schon jetzt wegen der fehlenden Landarbeiter auf die ordnungsmäßige Berufsausbildung der künftigen Betriebsleiter verzichtet werden muß, dann ist bereits heute ein kritisches Stadium erreicht, das unsere volle Aufmerksamkeit erfordert.

    (Abg. Schröter [Berlin] : Das kann man wohl sagen!)

    Sehen Sie das auch im Zusammenhang mit dieser Frage.
    In unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitskräfteentwicklung stehen die landwirtschaftlichen Lohnprobleme. Nach dem Grünen Bericht haben sich die Wochenverdienste der Industriearbeiter um 5 % erhöht, die landwirtschaftlichen Tariflöhne um 8 %. Ganz abgesehen davon, daß Tariflöhne nicht mit Effektivverdiensten verglichen werden können — dazu besteht auch gar kein Anlaß, da neuerdings die Arbeiterverdienste in der Landwirtschaft regelmäßig, in den vergangenen zwei Jahren im März und September, ab 1959 im September, ermittelt werden —, bedeutet diese Entwicklung lediglich, daß der Abstand zwischen den Industriearbeiterlöhnen und den Landarbeiterlöhnen sich nicht vergrößert hat; verringert hat er sich nicht. Denn 5% von dem dem durchschnittlichen Wochenverdienst eines Industriearbeiters zugrunde liegenden Bruttostundenverdienst von 2,20 DM im Jahre 1957/58 sind 11 Pfennig, und 8 % von den 1.42 DM Bruttoverdienst eines Landarbeiters sind 11,2 Pfennig. Der Abstand hat sich insofern nicht verringert. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen — was heute wiederholt gesagt worden ist —, daß die Arbeitsverdienste von Industrie und Gewerbe in einer gegenüber der Landwirtschaft um 21/2 Stunden wöchentlich kürzeren Arbeitszeit erzielt worden sind.
    Auch addiert das Statistische Bundesamt auf Grund der Ergebnisse der Lohnstrukturerhebung vom Jahre 1953 immer noch einen ominiösen Betrag von 8 Pfennig zu den festgestellten Effektivverdiensten der Landarbeiter. Mit diesen 8 Pfennig soll der sogenannte versteckte Lohnanteil abgegolten werden, der sich aus dem verbilligten Bezug von Sachleistungen und Naturalien ergibt. Die Naturalentlohnung der Stundenlöhner — genauer gesagt der verheirateten Landarbeiter, denn nur für sie kommt das überhaupt in Frage, und diese machen, wie ich vorhin sagte, nur ein Drittel der Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte aus — ist seit 1953 unter bewußter Förderung durch beide Sozialpartner derart zurückgegangen, daß der Betrag von 8 Pfennig, Herr Kollege Bauknecht, der in den 1,43 DM steckt, nicht gerechtfertigt erscheint. Das ist ein Tip für Sie. Ich schließe mich durchaus den Argumenten an, die Sie vorhin in dieser Richtung vorgetragen haben.
    Wenn man von dem im Grünen Bericht auf Seite 114 angeführten durchschnittlichen Vergleichslohn für Männer mit 5126 DM ausgeht und ihm einen durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienst eines Landarbeiters gegenüberstellt, der — das wollen wir einmal annehmen — durchgehend beschäftigt



    Frehsee
    ist und 2500 Arbeitsstunden erreicht, also sehr viel mehr als ein Industriearbeiter im Durchschnitt, so beträgt der Unterschied, auch wenn wir bei dem Landarbeiter die 1,43 DM zugrunde legen, in denen die dubiosen 8 Pfennig enthalten sind, 1550 DM. Das sind 30 Vo des Vergleichslohns. Das bedeutet, daß der Landarbeiterlohn um 43 % erhöht werden müßte, wenn der Vergleichslohn erzielt werden sollte.
    Der Lohnabstand beträgt danach je Stunde 60 Pfennig. Aber es Ist richtig, was von anderer Seite gesagt wonden ist, daß das nicht der Unterschied zwischen den Effektivverdiensten der Landarbeiter rund der Industriearbeiter ist. Der liegt tatsächlich bei etwa einer Mark. Im übrigen beträgt der Abstand der deutschen Landarbeiterlöhne zu denen der Landarbeiter in den westlichen EWG-Ländern etwa 50 Pfennig. Er ist nicht etwa auf Grund der Wechselkurse errechnet, sondern unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und unter Berücksichtigung der Kaufkraft. Es könnte passieren, daß in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft der Vorwurf eines Lohndumpings erhoben wird. Der Vorwurf eines Dumpings wird ja auf verschiedenen anderen Gebieten sehr häufig erhoben. Es könnte passieren, daß er auch hier eines Tages erhoben wird. Dann würde sich dieser Vorwurf gegen Italien und gegen die Bundesrepublik Deutschland richten. Es muß daher außer Zweifel stehen, daß die Landwirtschaft rechtzeitig Anstrengungen zur Harmonisierung der Löhne — natürlich 'im Sinne einer Heraufziehung des deutschen Lohnniveaus auf das der anderen Länder — unternehmen muß.

    (Abg. Bauknecht: Und des Agrarpreisniveaus!)

    Vor wenigen Tagen ist bei einem Besuch des für die sozialen Fragen in der EWG-Kommission zuständigen Herrn bei dem Herrn Bundesminister Blank klargestellt worden, daß Harmonisierung der Löhne nicht bedeuten kann, daß die Länder, in denen sie Spitzenstellungen haben, nun so lange stillhalten und warten, bis die anderen herangekommen sind.
    In diesem Jahr sind besonders günstige Voraussetzungen für einen kräftigen Schritt auf dem Wege zur Lohnangleichung vorhanden. Darunter sind nicht nur die verhältnismäßig günstige Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe, der Betriebs- und Arbeitseinkommen, der Verkaufserlöse und die gute Ernte zu verstehen, sondern auch der Umstand, auf den der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 18. Februar hingewiesen hat. Vielleicht haben Sie das gelesen. Danach haben seit etwa einem halben Jahr wesentliche Lohnerhöhungen im gewerblichen und industriellen Bereich bei uns nicht stattgefunden, und für die meisten Wirtschaftszweige stehen sie nicht bevor, wenigstens nicht unmittelbar. Es besteht also zur Zeit die in diesem Umfang noch niemals gegebene günstige Gelegenheit, die ich geradezu als eine Chance für die Landwirtschaft bezeichnen möchte, jetzt einen kräftigen Schritt zur Lohnangleichung zu machen. Landwirtschaftliche Lohnerhöhungen werden in diesem Jahre in besonderem Umfang differenzverringernd wirken. Die Landwirtschaft sollte diese Chance nutzen.
    Im Gegensatz zu den meisten der vergangenen „Grünen Debatten" war diesmal nicht wieder die Rede davon — wie früher zu meinem Kummer regelmäßig —, daß die Lohnerhöhungen die Mehreinnahmen der landwirtschaftlichen Betriebe immer aufzehrten. Herr Kollege Bauknecht, ich habe Ihnen damals gesagt, ich würde Sie mal daran erinnern; ich kann mir das nicht ganz versagen.

    (Abg. Schröter [Berlin] : Das stört die Harmonie nicht!)

    — Das stört die Harmonie sicherlich nicht. — Sie haben vor zwei Jahren gesagt, die Lohnerhöhung koste 300 Millionen DM; sie hat dann nur 140 Millionen gekostet. Die Erhöhung der Sozialausgaben sollte 150 bis 200 Millionen DM kosten; sie kostete nur 44 Millionen DM, wie jetzt der Grüne Bericht ausweist; wenn er korrigiert worden ist, kann ich nichts dafür.
    Aber wenn auch davon nicht die Rede war, der Grüne Bericht enthält diesmal wieder einige tendenziöse Zahlen, die im Interesse seiner Glaubhaftigkeit in Zukunft fortgelassen werden sollten. Was soll denn bloß — so frage ich die dafür verantwortlichen Herren des Bundesernährungsministeriums — die Aufteilung des landwirtschaftlichen Tariflohnindexes in einen Barlohnindex und in einen Gesamtlohnindex? Wo gibt es das sonst noch in der Lohnstatistik irgendwo auf der Welt, daß ein Index für einen Teil des Lohnes berechnet wird, der übrigens nirgends Parallelen hat und deshalb auch absolut keinen Vergleichswert besitzt. Dieser Index ist wirklich ganz tendenziös erfunden worden, um eine Entschuldigung für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Preise und des Indexes der Verkaufserlöse zu finden, deren es gar nicht bedarf. Der Index ist eine reine Zweckerfindung. Das Ministerium sollte von dieser für meine Begriffe unwürdigen Methode endlich Abstand nehmen. Das gilt auch für den seltsamen Mischindex für die Preise der landwirtschaftlichen Betriebsmittel und für die Bruttobarlöhne. Natürlich muß man einen Kostenindex haben; man darf aber nicht diese Mischung zwischen Barlöhnen und Betriebsmitteln schaffen, weil das einen optisch wirksamen Index geben soll.

    (Unruhe und Zurufe in der Mitte.)

    Sie haben den Index für die landwirtschaftlichen Betriebsmittel, und Sie haben den Index für die landwirtschaftlichen Löhne. Diese Indizes muß man einzeln darstellen. Jedem Statistiker ist klar, daß man nicht mischen darf, weil es auf die Masse dessen ankommt, was man mit dem Index ausdrücken will.
    Der Index auf der Basis von 1938 ist ohnehin zweifelhaft. Soll etwa das damalige Verhältnis zwischen landwirtschaftlichen Preisen, Verkaufserlösen und Löhnen — Löhnen, die im „Dritten Reich" mit Hilfe des Arbeitszwanges und des Lohnstopps künstlich niedergehalten worden sind — als


    Frehsee
    ideal, unveränderbar und endgültig hingestellt werden?

    (Erneute Zurufe von der Mitte.)

    Sehr sonderbar ist auch, daß man im Grünen Bericht den Durchschnittsverdienst eines ledigen Landarbeiters — in Hausgemeinschaft also — in Betrieben über 50 ha mit 205 DM angeführt hat. Diese Leute sind überwiegend in Betrieben bis 20 ha tätig. Ich finde dafür keine Erklärung. Deren Verdienste, die Verdienste also der Masse der ledigen Landarbeitskräfte, sind nicht genannt, nur die Verdienste der in Großbetrieben ganz vereinzelt vorkommenden ledigen Landarbeiter, die vielleicht einen höheren Lohn haben. Diese Tendenzen sind an und für sich bedauerlich. Der landwirtschaftlichen Lohnpolitik kommt im Rahmen der zu entwickelnden gemeinsamen europäischen Agrarpolitik wachsende Bedeutung zu, und deswegen muß sie auf reellen, sehr exakten, einwandfreien und objektiven Grundlagen betrieben werden.
    In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß nach dem Grünen Bericht im Durchschnitt Arbeitseinkommen erzielt werden, die um 22 % unter dem Vergleichslohn liegen, während der Landarbeiterjahresverdienst um 30 % unter dem Vergleichslohn liegt. Das bedeutet: Der Grüne Bericht 1959 weist aus, daß die Arbeitseinkommen der Familienarbeitskräfte die Jahresverdienste der landwirtschaftlichen Lohnarbeitskräfte eindeutig überschreiten.
    Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Sie ist
    übrigens heute auch schon zitiert worden. Der Herr Minister hat sich in seiner Antwort auf die Redner der ersten Runde schon dazu geäußert. Ich möchte doch noch einmal darauf zurückkommen. Wenn Sie beim Studium des vorliegenden Grünen Berichts den Grünen Bericht 1958 zum Vergleich herangezogen haben, dann haben Sie festgestellt, daß die Lohnkosten erheblich berichtigt worden sind. Allein bei den Bruttobarlöhnen für fremde Arbeitskräfte und dem Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung sind diesmal 553 Millionen DM weniger eingesetzt als im Grünen Bericht 1958 für 1956/57. Das ist, wie im Grünen Bericht erklärt wird, auf die Berichtigung der Arbeitskräftezahl zurückzuführen. Der Herr Minister hat gesagt, er trage keine Schuld daran, schuld habe das Statistische Bundesamt. Die Statistiker hätten ihm die Zahlen gegeben, und er müsse sie seinen Berechnungen zugrunde legen. — Damit will ich mich auch gar nicht auseinandersetzen. Das ist doch gar nicht das Entscheidende. Entscheidend ist aber, daß dieser Betrag als solcher dagewesen ist. Bei den Einnahmen ist er ja in Erscheinung getreten, und irgendwo muß er auch bei den Ausgaben in Erscheinung treten; wenn nicht bei den Lohnarbeitskräften, dann ist er irgendwo anders in Erscheinung getreten und ist also den Einkommen der Familienarbeitskräfte im Wirtschaftsjahr 1956/57 zuzurechnen, und das Verhältnis war insofern günstiger.

    (Abg. Bauknecht: Das Einkommen der Familienarbeitskräfte war auch ein jämmerliches!)

    — Nun gut, nur meine ich, damit wir das noch einmal in aller Klarheit feststellen: Diese 553 Millionen wurden den Landarbeitern zu Unrecht angeschrieben, und daraus wurde ihr Verdienst errechnet. Das ist irrig gewesen, weil die Grundlage, die Arbeitskräftezahl, nicht stimmte. Wären die 553 Millionen damals nicht dagewesen, würde sich also der Überschuß von 780 Millionen um diese 553 Millionen erhöhen müssen. Das ist aber nicht der Fall. Sie sind also irgendwo in der Landwirtschaft gewesen.
    Es ist verständlich, daß die landwirtschaftliche Presse, insbesondere die Bauernverbandspresse, jede Zahl begeistert aufgreift, die geeignet erscheint, dem speziellen Gruppeninteresse zu dienen. Das gilt natürlich besonders für die Entlohnung der Familienarbeitskräfte. Da sollte man eins nicht tun, man sollte nicht bei der Berechnung der Entlohnung der Familienarbeitskräfte den Bruttoüberschuß durch die Zahl der Familienarbeitskräfte dividieren und dann, wie es geschieht, einen Zuschlag für Wohnung und Unterkunft — diese fast 1200 DM jährlich — für die Vollarbeitskräfte anrechnen. Dann muß man natürlich die Gesamtzahl der Familienangehörigen zugrunde legen, die in den landwirtschaftlichen Betrieben wohnen, natürlich auch dort essen und nur in seltenen Ausnahmefällen dafür etwas bezahlen. Da muß man also die Gesamtzahl der Familienangehörigen zugrunde legen und nicht die Zahl der Vollarbeitskräfte. Das geht doch gar nicht; das ist unmöglich.

    (Widerspruch in der Mitte.)

    — Ich darf noch einmal wiederholen. (Abg. Dr. Pflaumbaum: Bitte!)

    Es wird also bei der Berechnung der Einkommen
    der Familienarbeitskräfte das Bruttobareinkommen
    — die Differenz zwischen Verkaufserlösen und Ausgaben — dividiert durch die Zahl der Vollarbeitskräfte. Da haben wir also den Lohnanteil je Vollarbeitskraft. Das ist korrekt.

    (Abg. Dr. Pflaumbaum: Ja!)

    Und dann wird hinzugerechnet der Betrag von 1200 DM jährlich, ebenfalls mal der Zahl der Vollarbeitskräfte. Es wird aber nicht berücksichtigt, daß noch eine große Anzahl von Familienangehörigen vorhanden ist, außer der Zahl der Vollarbeitskräfte; bei den Vollarbeitskräften handelt es sich ja um eine statistisch festgestellte Zahl. Die Gesamtzahl der Familienangehörigen muß bei dieser Berechnung — —

    (Abg. Dr. Pflaumbaum: Das hat aber doch mit dem Lohn der Vollarbeitskräfte nichts zu tun!)

    — Nein, das hat nur mit dem Gesamteinkommen etwas zu tun. Es kommt ja eine ganz neue Zahl heraus. Ich will sie hier gar nicht errechnen, aber es kommt eine neue Zahl heraus, die dann durch eine andere Zahl dividiert werden muß.
    Im Abschnitt A des Grünen Plans wird im Überblick über die agrarpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung im Jahre 1958 darauf hingewiesen, daß

    Frehsee
    zur Angleichung der sozialen Verhältnisse der in der Landwirtschaft Tätigen — das ist das Postulat des Landwirtschaftsgesetzes: die Angleichung an die sozialen Verhältnisse vergleichbarer Berufsgruppen — auch der dem Bundetag vorliegende Gesetzentwurf für das neue Jugendarbeitsschutzgesetz beitragen werde, das die Einbeziehung der jugendlichen Landarbeiter in den gesetzlichen Jugendarbeitsschutz vorsieht. Dieser Entwurf enthält wieder eine Reihe von Ausnahmebestimmungen, von denen ich zum Teil sagen muß, daß sie nicht naturbedingt sind. An diesem Beispiel zeigt sich, wie schwer es manchmal der Regierung fällt, dem Willen des Gesetzgebers zu folgen, und wie schwer es dem Gesetzgeber, also uns selber, die wir das Landwirtschaftsgesetz geschaffen haben, fällt, das Postulat zu beachten, das wir dort gesetzt haben, nämlich die soziale Lage der in der Landwirtschaft Tätigen an die vergleichbarer Berufsgruppen anzugleichen und eben keine anderen als die unbedingt naturnotwendigen Ausnahmen im Jugendarbeitsschutzgesetz vorzusehen. Jede über wirklich naturbedingte Notwendigkeiten hinausgehende Ausnahmebestimmung für Kinder und Jugendliche in der Landwirtschaft bedeutet einen Verstoß gegen den Geist des Landwirtschaftsgesetzes und sein Postulat nach sozialer Gleichstellung. Wenn Sie das so auslegen, wie wir es damals ausgelegt haben, dann soll zweifellos soziale Gleichstellung erzielt werden. Es ist erfreulich, daß die Landwirtschaft überhaupt einbezogen wird. Man bemüht sich aber von seiten der Verbände sehr intensiv darum, die Kinderarbeit wieder zuzulassen und die Jugendlichenarbeit in bestimmten Fällen wieder zuzulassen. Das ist keine soziale Gleichstellung. Ich meine, wir sollten uns in der Forderung nach sozialer Gleichstellung einig sein und nirgends Einbrüche zulassen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auf dem Lande sieht es anders aus als in der Stadt!)

    — Die soziale Gleichstellung der in der Landwirtschaft Tätigen muß erfolgen.

    (Weitere Zurufe von der Mitte.)

    Sie muß erfolgen, wenn die Landwirtschaft mit der gewerblichen Wirtschaft gleichziehen, in ihrer Struktur in Ordnung kommen und mit den Landwirtschaften anderer europäischer Länder wettbewerbsfähig werden will.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wittmer-Eigenbrodt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt Wittmer-Eigenbrodt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Telegrammstil einige Bemerkungen. — Herr Frehsee, Sie kennen mich und meinen Betrieb zur Genüge, um zu wissen, daß ich kein Interesse an Lohndruck habe. Aber eines darf ich wohl ganz kurz sagen. Daß sich die Zahl der Betriebe über 100 ha um 7,8 % vermindert hat, hat seine Ursache in der Illiquidität. Wenn man diesen Betrieben ermöglichen will, höhere Löhne zu zahlen — uns interessieren hier hauptsächlich die Fremdarbeitskräfte —, dann muß man
    auch dafür sorgen, daß sie liquide genug sind, sie zu zahlen. Damit reimt sich allerdings nicht zusammen, daß Ihre Partei auf der anderen Seite verhindern hilft, daß die Betriebe die nötigen Einnahmen haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Sie kamen soeben ganz kurz auf das Jugendarbeitsschutzgesetz und auf die Solidarität in der Sozialauffassung zu sprechen. Ich darf mich hier dem anschließen, was vorhin Frau Dr. Pannhoff gesagt hat. Ich glaube, bisher sind wir alle, die wir in der Landwirtschaft groß geworden sind, noch nicht dadurch verdorben, daß wir in unserer Jugend gelernt haben, mitzuarbeiten und Freude an der Arbeit zu haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das, was wir heute auf dem Lande machen, bringt keinen Segen für diese Kinder. Denn unsere Kinder haben Gott sei Dank noch Freude, wenn sie mithelfen und mitwirken und sich auch mal ein kleines Taschengeld verdienen können.

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Das tut ihnen bestimmt nichts. Aber ihnen künstlich beizubringen, daß sie gewissermaßen Angst und Scheu vor der Arbeit haben müssen, das mögen andere sozial nennen; ich tue es jedenfalls nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ganz kurz, Herr Dr. Schmidt, zu dem, was Sie zur Flurbereinigung sagten. Herr Minister Lübke hat vorhin sehr richtig darauf hingewiesen, daß wir in diesem Jahr gewaltige Mittel für Strukturmaßnahmen, nämlich 798 Millionen DM, im Grünen Plan haben. Kommen die ordentlichen Haushaltsmittel hinzu, ist die Milliardengrenze überschritten. Es ist daher verwunderlich, daß sich Teile von Presse und Rundfunk darüber beschweren und sagen, daß das noch nicht genug sei. Es kommt schließlich nicht nur auf das Bewilligen an, sondern auch darauf, daß diese Mittel ordnungsmäßig und voll wirksam angewandt werden. In diesem Zusammenhang komme ich zu Ihrer Flurbereinigung. In den vergangenen drei Jahren sind mit 232 Millionen DM rund 610 000 ha bereinigt worden. In diesem Jahr ist eine Aufstockung um 80 % vorgenommen worden, und es müßten dem entsprechend 360 000 ha umgelegt werden. Herr Schmidt (Gellersen) sagt, das wäre heute eine Kleinigkeit für die Behörden. Nun, er steht damit in absolutem Gegensatz zu diesen Behörden und zu den Experten, die auch heute auf dem Standpunkt stehen, daß im günstigsten Falle trotz Rationalisierung und automatischen Rechenmaschinen nicht mehr als 250 000 ha geschafft werden könnten.
    Es scheint mir wesentlich zu sein, daß Sie, Herr Minister, daran denken, nunmehr einem alten Wunsch der Landwirtschaft zu entsprechen und neben dem behördlichen Verfahren wenigstens zu einem erheblichen Teil auch das außerbehördliche Verfahren zuzulassen. Wir wollen nicht noch 15 Jahre auf das Ende der Flurbereinigung warten. Die Zulassung des außerbehördlichen Verfahrens ermöglicht die Mobilisierung der Brachländereien



    Wittmer-Eigenbrodt
    durch die ortskundigen, noch landwirtschaftswilligen Bauern usw., und es kann da sehr viel mehr geschafft werden. Ich glaube vor allen Dingen der öffentlichkeit gegenüber betonen zu dürfen, daß dies ein ganz klarer Beweis für die Bereitschaft des Berufsstandes ist, die Strukturverbesserung mit allen Mitteln zu fördern. Ich befinde mich da etwas im Gegensatz zu Herrn Kriedemann, der meinte, dieser Wille sei nicht in dem notwendigen Umfang vorhanden. Sie, Herr Schmidt (Gellersen), sagten vorhin, daß im norddeutschen Raum in dieser Hinsicht so viel mehr getan werde als in dem bedürftigeren süddeutschen Raum. Dazu darf ich allerdings auf das Gebiet der Aufstockung und Aussiedlung hinweisen und feststellen, daß in dem norddeutschen Raum das außerbehördliche Verfahren sehr viel mehr Platz gegriffen hat. In Hessen konnte leider — ich erkenne ohne weiteres an, daß die Regierung dort sehr aktiv ist — nicht dasselbe Ergebnis erzielt werden.
    Es ist ganz klar, daß die Umschichtung im Bereich der Landwirtschaft durch die Disharmonie zwischen Besatz mit Vollarbeitskräften und Betrieb hervorgerufen worden ist. Aus diesem Grunde sind in erster Linie die Kleinsiedler und Kleinbauern ausgewandert. Wir haben es heute — das ist meines Erachtens noch nicht in genügender Klarheit herausgestellt worden — mit zwei vollkommen gegensätzlichen Bereichen zu tun. Das eine ist der Industriebereich und das andere der industrieferne Mittelgebirgsbereich. In dem einen Teil haben wir die Masse derer, die in andere Berufe abgewandert sind.
    In diesem Bereich haben wir auch den Großteil dieser ungeheuerlichen Sozialbrache, die man heute ,auf mindestens 130 000 ha schätzt. Davon wären wenigstens noch zwei Drittel unbedingt bebauungswürdig. Ich brauche hierfür keine näheren Belege anzuführen. Es mag genügen, darauf hinzuweisen, daß es im Kreise Altena in Westfalen der deutschen Bauernsiedlung schon vor Jahren gelungen ist, ein Drittel der gesamten Nutzfläche des Kreises aufzukaufen. In diesen Bezirken ist die Sozialbrache deshalb so stark, weil die ursprünglichen Eigentümer kein Geld brauchen — das kann man ruhig sagen — und das Land als einen Wert und als ein Spekulationsobjekt festhalten.
    Hier ist — den Wunsch darf ich äußern, Herr Minister — eine großzügige Anpassung der Maßnahmen von Bund und Ländern an die Wünsche der bisherigen Eigentümer notwendig. Bei den auslaufenden Betrieben hat man durch Lösung der Wohnraumfrage und der Altersversorgung schon recht gute Erfolge erzielt. Die Bedingungen für Geld
    und Sachwertabfindungen für die Brachländereien müßten wohl etwas reizvoller werden. Herr Kollege Wacher hat in dieser Hinsicht sehr bemerkenswerte Vorschläge gemacht und hat darüber bereits sowohl mit Ihnen wie mit Herrn Minister Lindrath gesprochen. Er schlägt vor, dort, wo es gewünscht wird, die Sachwertgegenleistung in Form von Kleinaktien oder in Form von Eigentumswohnungen in Städten zu gewähren.
    Viel schwieriger liegen die Verhältnisse in den anderen Gebieten, man kann ruhig sagen: den Notstandsgebieten, den Gebieten, die industriefern gelegen sind, in den Berglandgebieten mit schiefen Hängen, die nur eine ,geringe Anwendung der Technik zulassen, den Gebieten mit kargen Böden, rauhem Klima und kurzer Vegetationszeit. Bei den Betrieben, die wir hier finden, handelt es sich meistens um Futterbaubetriebe. Trotzdem finden wir hier wenig Sozialbrache. Ich denke zum Beispiel an den Vogelsberg in der Rhön, den Bayerischen Wald, an die Hocheifel und andere Gebiete. Hier kämpfen Bauer und Bäuerin einen verzweifelten Existenzkampf.
    Das Schlimme ist, daß für diese Gebiete die allgemeinen Maßnahmen, und zwar die Globalmaßnahmen, allein nicht ausreichen. Hier muß etwas anderes geschehen. Man kann auf den Gedanken kommen, den der Herr Kollege Sühler hier vorgetragen hat, daß gezielte Sondermaßnahmen ergriffen werden müssen. Ich stimme ihm zu. Ich befürchte aber, daß auch diese gezielten Sondermaßnahmen ein sehr großes Ausmaß haben müßten, um wirksam zu werden. Also damit allein ist nicht zu helfen. Das Problem reicht hier über den Rahmen der Landwirtschaft hinaus. Hier müssen sich das Landwirtschaftsministerium, das Wirtschaftsministerium und das Sozialministerium zusammenfinden, um einen weiteren Ausgleich zu schaffen. Bei der Kapitalarmut dieser Gebiete muß mit allen Mitteln — ich stimme dem, was hierzu gesagt wurde, vollkommen zu; wir stimmen ja in vielen Dingen sehr weitgehend überein — für die Ansiedlung mittlerer Industrie gesorgt werden. Noch besser wäre vielleicht eine großzügige Förderung des Pendlerverkehrs zur Industrie hin.
    Diese Gebiete müssen aber auch mehr als bisher für die Erholung des Städters erschlossen werden. Hier decken sich die Interessen von Stadt und Land. Wir wissen doch alle — auch die Gewerkschaften sind darüber im Bilde —, daß die Menschen zwar älter werden als früher, daß aber ihre Leistungsfähigkeit früher nachläßt, so daß wir in Zukunft mit vielen leistungsunfähigen Rentnern zu rechnen haben. Hier tut die systematische Modernisierung der Althöfe und die gleichzeitige Erschließung für den Fremdenverkehr not. Fremdenverkehrsgewerbe und Grünlandwirtschaft sind eine denkbar gute Kombination.
    Bei der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse ist ein Raumordnungsgesetz unbedingt notwendig. Ich bin froh darüber, daß der Landwirtschaft bei dieser Forderung immer mehr Hilfsstellung geleistet wird, selbst von solchen, die das früher nicht taten. Auch das Wohnungsbauministerium steht heute auf diesem Standpunkt; Raumordnung liegt sowohl im Interesse der Industrie als auch des Städtebaus. Der Mittelstand fordert seit langem das Raumordnungsgesetz. Wir sollten dieses Gesetz in absehbarer Zeit schaffen.
    Auf die Althofsanierung will ich nicht weiter eingehen, auch nicht auf andere Fragen der Agrarstruktur. Nur das eine will ich sagen: die Althofsanierung ist von besonderer Bedeutung für die



    Wittmer-Eigenbrodt
    Bäuerin. 77,5% der familieneigenen Arbeitskräfte sind Frauen. Wir wissen alle, daß auf der Landfrau heute wirklich die größte Last liegt, ihr kann durch die Althofsanierung am meisten geholfen werden. Man kann ihr damit, wie festgestellt ist, die Arbeit bis zu 50% erleichtern.
    Ich möchte noch kurz hervorheben, daß die Beratung und der Unterricht eine wesentliche Rolle spielen. Ich darf von dieser Stelle aus unseren Landwirtschaftslehrern und Landwirtschaftsberatern unseren herzlichen Dank dafür sagen, daß sie dazu beigetragen haben, die Entwicklung unserer Landwirtschaft so voranzutreiben. Ich möchte nur noch die Anregung geben, diesen Beruf auch finanziell so reizvoll zu gestalten, daß ihn auch wirklich tüchtige Menschen ergreifen.
    Meine Ausführungen sind nun doch länger geworden. Herr Rösing schaut mich an. Ich bedauere es, daß man die Dinge nicht zu Ende erörtern kann; es ist nicht meine Schuld. Ich möchte nur noch kurz darauf hinweisen, wie notwendig bei der neuen peinlichen Scheidung zwischen Baugesetz und Grundstücksverkehrsgesetz eine gute Zusammenarbeit ist.
    Zum Schluß möchte ich nur das eine sagen: Was wir hier beschließen, dient nicht nur dazu, dem einen oder anderen in der Landwirtschaft zu helfen, sondern dient letztlich der Erhaltung des Bauernstandes an sich und damit auch der Erhaltung der Freiheit. Wenn für irgend jemanden der Satz gilt, dann für den europäischen Menschen: Eine Kultur reicht so weit, wie die Bauernhöfe reichen.

    (Beifall in der Mitte.)