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    Deutscher Bundestag 58. Sitzung Bonn, den 28. Januar 1959 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) (Drucksache 654) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister 3169 B, 3176 D, 3177 D Lange (Essen) (SPD) . 3171 A, 3177 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . . 3172 C Dr. Stammberger (FDP) . . . . . 3175 A Dr. Schranz (DP) . . . . . . . . 3176 B Anträge der Fraktion der SPD, der Abg. Höcherl, Bauer (Wasserburg), Fuchs, Krug, Lücker (München) u. Gen. und der Abg. Mauk u. Gen. betr. Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes und Antrag der Fraktion der DP betr. Nachtrag zum Grünen Bericht 1958; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 499 [neu], Umdrucke 15, 16, 17, 21, Drucksachen 138 [neu], 200, zu 200) . . . . 3178 B Antrag der Fraktionen der DP, CDU/CSU betr. Ubersicht über die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus eigener landwirtschaftlicher Erzeugung und aus Einfuhren (Drucksache 481) . Dr. Pflaumbaum (CDU/CSU) . . . 3178 C Entwurf eines Gesetzes (SPD) über steuerliche Erleichterungen für die Zonenrandgebiete (Drucksache 624) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD betr. Strukturprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 479) Antrag der Fraktion der SPD betr. Kulturelle Förderungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 588) Junghans (SPD) 3178 D, 3203 C Franke (SPD) 3185 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 3187 C Wacher (CDU/CSU) 3189 D Dr. Götz (CDU/CSU) 3193 C Hartmann, Staatssekretär 3198 D Dr. Starke (FDP) 3199 B Tobaben (DP) . . . . . . . . 3203 A Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1958 an (Länderfinanzausgleichsgesetz 1958) (Drucksache 703); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 788) — Zweite und dritte Beratung — 3205 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (Drucksache 425); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 743) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 3205 C Entwurf eines Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (Drucksache 423); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 754) — Zweite und dritte Beratung — Benda (CDU/CSU) 3205 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19. Juni 1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen (Drucksache 424) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 755) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . . . . 3206 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen (Drucksache 415); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 768) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Kanka (CDU/CSU) . . . . . 3206 D Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen (Drucksache 783) . . . . 3207 A Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht betr. Aussetzungsbeschlüsse; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 806) 3207 C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 196) 3207 C Nächste Sitzung 3207 C Anlagen 3209 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 3169 58. Sitzung Bonn, den 28. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 4. 4. Dr. Baade 30. 1. Bauknecht 30. 1. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Birkelbach 28. 1. Frau Blohm 31. 1. Dr. Deist 28. 1. Diel (Horressen) 23. 2. Dr. Eckhardt 10. 2. Etzenbach 7. 2. Fuchs 30. 1. Gedat 30. 1. Gleissner (Unna) 20. 2. Dr. Gradl 30. 1. Dr. Greve 7. 2. Dr. Gülich 31. 1. Freiherr zu Guttenberg 28. 1. Haage 30. 1. Heinrich 31. 1. Heye 29. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 28. 1. Jacobs 31.3. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Frau Kalinke 31. 1. Kiesinger 28. 1. Frau Kipp-Kaule 28. 1. Kramel 16. 2. Kraus 30. 1. Dr. Kreyssig 30. 1. Kühn (Bonn) 30. 1. Kühn (Köln) 30. 1. Kunst 21.4. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 1. Dr. Maier (Stuttgart) 28. 1. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 1. Memmel 31. 1. Dr. Menzel 15. 2. Murr 31. 1. Müser 17. 2. Dr. Oesterle 6. 2. Ollenhauer 29. 1. Pelster 31. 1. Frau Dr. Probst 28. 1. Pütz 14. 2. Dr. Reith 31. 1. Richarts 28. 1. Rohde 31. 1. Scharnowski 30. 1. Scheel 28. 1. Schneider (Bremerhaven) 28. 1. Schneider (Hamburg) 2. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 2. Schoettle 30. 1. Schröder (Osterode) 30. 1. Walpert 31. 1. Weinkamm 30. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Welter (Aachen) 28. 1. Wittmer-Eigenbrodt 28. 1. b) Urlaubsanträge Graaff 15. 2. Frau Dr. Steinbiß 14. 2. Anlage 2 Umdruck 196 Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Der folgende Antrag wird gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: Antrag der Fraktion der FDP betr. Deutsches Arbeitsgesetzbuch (Drucksache 563) an den Ausschuß für Arbeit (federführend), an den Rechtsausschuß. Bonn, den 13. Januar 1959 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 198 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kanka, Jahn (Marburg), Frau Dr. Diemer-Nicol aus Dr. Schneider (Lollar) zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen (Drucksachen 415, 768). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 1 erhält § 850 c Abs. 2 Satz 1 folgende Fassung: „Übersteigt das Arbeitseinkommen die nach Absatz 1 unpfändbaren Beträge, so bestimmt sich bei Arbeitseinkommen bis zu monatlich 800 DM (wöchentlich 180 DM, täglich 30 DM) der pfändbare Betrag unter Berücksichtigung der Unterhaltspflichten des Schuldners nach der Tabelle, die diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist." Bonn, den 28. Januar 1959 Dr. Kanka Jahn (Marburg) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Schneider (Lollar) 3210 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 Anlage 4 Erklärung gem. § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1958 an (Drucksache 703). Nach Art. 107 Abs. 2 GG „ist ein angemessener finanzieller Ausgleich zwischen leistungsfähigen und leistungsschwachen Ländern sicherzustellen". In der Begründung zu dem z. Z. noch gültigen Finanzausgleichsgesetz hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages vor noch nicht vier Jahren zur „Angemessenheit" ausgeführt: „Sie — die Intensivierung — findet ihre Grenze allein in der Notwendigkeit, auch auf die Bedürfnisse der leistungsfähigen Länder Rücksicht zu nehmen und die Höhe ihrer Ausgleichsverpflichtungen in Grenzen zu halten, die für sie noch tragbar sind. Nur aus diesem Grund beschränkt der Ausgleichsplan der Bundesregierung die von den ausgleichspflichtigen Ländern aufzubringende und den ausgleichsberechtigten Ländern zuzuweisende Ausgleichsmasse auf rund 5 % des Gesamtbetrages der Ländersteuereinnahmen. Obschon seit 1955 das Ländersteueraufkommen von 8058 Mio. DM auf 12 995 Mio. DM im Rechnungsjahr 1958 angestiegen ist und die Finanzkraftunterschiede der Länder abgeflacht sind, soll das Verhältnis zwischen Ausgleichsmasse und Ländersteuereinnahmen nach der Vorlage um 50 % gegenüber damals erhöht werden, nämlich auf 7,5 %. Diese übermäßige Nivellierung verstärkt eine Entwicklung, die bereits das derzeitige Gesetz herbeigeführt hat. Das Land Nordrhein-Westfalen, das im Rechnungsjahr 1956 in der Reihenfolge der Länder bei den Reinausgaben für Zwecke des Landes noch an der drittletzten Stelle stand, ist im Rechnungsjahr 1957 mit großem Abstand an die allerletzte Stelle gesunken. Angesichts der besonderen wirtschaftlichen und sozialen Lage im Lande Nordrhein-Westfalen kann dies nicht ohne weitreichende Folgen auf die Volkswirtschaft in der ganzen Bundesrepublik bleiben. Wir sehen uns daher aus diesen und weiterreichenden Gründen nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Dr. Toussaint Dr. Storm Wullenhaupt Dr. Maria Pannhoff Dr. Even (Düsseldorf) Holla Muckermann Solke Teriete Vehar Windelen Mengelkamp Siebel Günther Frau Niggemeyer Dr. Schmidt (Wuppertal) Eichelbaum Krüger (Neheim) Dr. Kliesing Meis Margarete Engländer Brück Dr. Hesberg Oetzel Dr. Bartels Dr. Willeke Kirchhoff Ehren Even (Köln) Winkelheide Frau Dr. Rehling Schulze-Pellengahr Katzer Mick Dr. Serres Kunze Anlage 5 Erklärung zur Abstimmung gemäß § 59 der Geschäftsordnung. Die unterzeichneten Abgeordneten der Fraktion der Freien Demokratischen Partei sehen sich außerstande, dem Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1958 an (Länderfinanzausgleichsgesetz 1958) (Drucksache 703) zuzustimmen. Dabei wird der Grundsatz anerkannt, daß eine Lastenverteilung zwischen den Ländern zum Ausgleich ihrer unterschiedlichen Steuerkraft notwendig ist, um im Interesse der Bevölkerung das erforderliche Mindestmaß an erfüllten öffentlichen Aufgaben in allen Ländern sicherzustellen. Der vorliegende Gesetzentwurf Vorlage Nr. 703 schießt jedoch über dieses Ziel hinaus, belastet in ungerechtfertigter Weise einige Länder mehr als andere und berücksichtigt zu wenig die unterschiedliche Krisenanfälligkeit einiger ausgleichspflichtiger Länder. Besonders das Land Hamburg wird in bedenklicher Weise getroffen, obowohl sich Hamburg durch die Abtrennung seines natürlichen Hinterlandes, den heute schon spürbaren, scharfen Wettbewerb innerhalb der EWG, der durch die Schwierigkeiten bei der Schaffung der Freihandelszone verstärkt wirksam wirkt, und seine Abhängigkeit von der Entwicklung des Außenhandels in einer besonderen Lage befindet, auf die nicht nur seiner selbst wegen, sondern auch deshalb Rücksicht genommen werden sollte, weil Hamburg für die ganze Bundesrepublik entscheidend wichtige Aufgaben zu erfüllen hat. Welche Schwierigkeiten drohen, zeigt beispielhaft und eindrucksvoll die Diskussion in diesen Tagen um den geplanten Kohlenzoll. Unter diesen Umständen sind die unterzeichneten Abgeordneten der Meinung, daß die Auffüllungsquote für die empfangsberechtigten Länder anstatt auf 91 % auf 89,23 % hätte festgesetzt werden sollen. Ein solcher ermäßigter Schlüssel würde dagegen wirken, daß das Aufkommen an Ländersteuern den ausgleichsberechtigten Ländern das Aufkommen in den ausgleichspflichtigen prozentual überflügelt, was nicht der Sinn eines angemessenen Finanzausgleichs sein kann. Setzt man 1955 das Aufkommen an Ländersteuern = 100 %, erreichen ab 1. Januar 1959 bei Ab- und Zusetzung der Zahlungen im Finanzausgleich die ausgleichspflichtigen Länder 129,07 %, die empfangsberechtigten Länder jedoch 133,79 %. Hinzu kommt, daß der Entwurf Vorlage Nr. 703 auch noch durch eine ungerechtfertigte, ungleiche Belastung der ausgleichspflichtigen Länder als ganz neue Regelung einseitig zu Lasten von Nordrhein-Westfalen und Hamburg die Bedenken verstärkt. Die Steuerkraft der ausgleichspflichtigen Länder zwischen 100 % und 110 % der Meßzahl wird nur mit drei Viertel, über 110 % jedoch voll angesetzt, was zur Folge hat, daß ausgehend von einem auf Grund der Meßzahlen errechneten nominellen Überschuß in Höhe von 805,9 Mio DM Nordrhein-Westfalen mit 687,9 Mio DM und Hamburg ausgehend von 339,5 Mio DM mit 321,2 Mio DM ausgleichspflichtig ist. Demgegenüber Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 321 1 l steht z. B. Baden-Württemberg ausgehend von 304,7 Mio DM mit 248,4 Mio DM ausgleichspflichtiger Masse trotz seiner ausgewogenen Wirtschaftsstruktur unverhältnismäßig besser. Diese Unebenheiten der neuen Regelung nach der Vorlage Nr. 703 sollten schnellstens durch ein Übereinkommen zwischen. Bund und Ländern bereinigt werden. Sie bedingen weiterhin, daß die Entlastungswünsche der Länder gegenüber dem Bund im vertikalen Finanzausgleich nach wie vor gerechtfertigt sind und verstärkt zur Geltung kommen müssen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse dazu zwingen sollten Frau Friese-Korn Rademacher Keller Ramms Dr. Mende Dowidat Dr. Hoven Zoglmann Dr. Dahlgrün Döring (Düsseldorf) Anlage 6 Erklärung zur Abstimmung gemäß § 59 der Geschäftsordnung. Zur Begründung unserer Ablehnung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1958 erklären wir: Es mag richtig sein, daß sich die Finanzlage einiger empfangender Länder in den letzten Jahren verschärft hat. Dennoch kann daraus eine so weitgehende Inanspruchnahme der gebenden Länder nicht abgeleitet werden, denn sie führt zu einer allmählichen Nivellierung, die aus zwei Gründen bedenklich erscheint: 1. Der föderative Aufbau unseres Staates verlangt, daß jedes Bundesland über die Masse seiner Einnahmen selbst verfügen kann. 2. Die steuerstarken Länder sind darauf angewiesen, sich durch erhöhte staatliche Aufwendungen ihre höheren Einnahmen zu erhalten. Die Vorlage zum Länderfinanzausgleichsgesetz 1958 beruht auf einer Majorisierung der Länder Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Dabei ist Hamburg durch den geänderten Berechnungsmodus für die Abführungsquoten der ausgleichspflichtigen Länder besonders benachteiligt. Dr. Seffrin Gewandt Schneider (Hamburg) Dr. Leverkuehn Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Finanzen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Faller (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 19): Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß kleinen Gemeinden (z. B. Müllheim [Baden]) nur mit Darlehen, nicht auch mit Zuschüssen geholfen werden soll, wenn sie durch die Anwesenheit von Garnisonen der Streitkräfte gezwungen werden, Abwasseranlagen zu hauen, die in ihrer Größe und ihren Kosten weit über das Maß dessen hinausgehen, was normalerweise in einer Gemeinde dieser Größenklasse notwendig wäre? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes für den durch die Einrichtung von Garnisonen der Streitkräfte veranlaßten Bau von Abwasseranlagen nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der betreffenden Gemeinden zu richten hat. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Streitkräfte und ihre Angehörigen für die Abwasseranlagen Gebühren und Beiträge aufbringen. Diese müssen für die Errichtung der Anlagen verwendet werden, soweit sie nicht für laufende Unterhaltungskosten benötigt werden. Ein völliger Verzicht auf die Verzinsung und Rückzahlung der Bundesfinanzhilfe wäre in diesen Fällen haushaltsrechtlich nicht zu verantworten. In Vertretung Hartmann Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Mende (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786 Frage 21): Sind der Bundesregierung die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiet der medizinischen Forschung über eingetretene Schäden durch Verabfolgung von Vigantol und anderen künstlichen Vitamin-D-Präparaten an Säuglinge bekannt? Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern aus den Erkenntnissen der modernen Kinderheilkunde über Vigantolschäden zu ziehen? Seit der Einführung einer allgemeinen, ärztlich gelenkten Prophylaxe mit Vigantol und anderen D-Vitaminpräparaten hat die Rachitis ihre Bedeutung als Volkskrankheit verloren. Gesundheitsschäden können auftreten, wenn D-Vitamin in zu hohen Dosen verabfolgt wird. Der Bundesgesundheitsrat hat sich mit diesen Fragen befaßt und kam nach eingehenden Beratungen zu dem Schluß, daß eine ordnungsgemäß durchgeführte Rachitisprophylaxe mit D-Vitamin für den Säugling unschädlich ist und wegen ihres anerkannten Wertes fortgesetzt werden muß. Den gleichen Standpunkt vertritt der von mir um Stellungnahme gebetene Direktor einer Universitätsklinik, der zugleich Mitglied eines Fachausschusses der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde für Fragen der Rachitisprophylaxe ist. Dr. Schröder Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmitt (Vockenhausen) (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 23) : Ist die Äußerung des Herrn Bundesinnenministers, daß die Unterschiede in der Uniformierung von Bundesgrenzschutz und Bundeswehr ein „beachtliches Problem" seien, so auszulegen, daß der Herr Minister für eine Angleichung der Uniformen des Bundesgrenzschutzes an die der Bundeswehr eintritt? 3212 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode —58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 Auf einer Pressekonferenz am 10. Dezember 1959 wurde ich gefragt, ob daran gedacht sei, die Abzeichen des Bundesgrenzschutzes denen anderer Bundesorganisationen anzugleichen oder ob es so bleiben würde, daß ein Hauptmann im BGS zwei Sterne und bei anderen Organisationen drei Sterne habe. In Beantwortung dieser Frage habe ich auf die Ausführungen in meiner Stuttgarter Rede am 30. Oktober 1958 über das buntscheckige Aussehen der Polizeien im Bundesgebiet hingewiesen, daß ich dort als Symptom dafür bezeichnet habe, daß die Organisation der mit Sicherheitsaufgaben in den Ländern beauftragten staatlichen Einrichtungen in jedem deutschen Land anders ist. Auf diese Buntscheckigkeit und ihre symptomatische Bedeutung habe ich mich bei meiner Äußerung bezogen, daß die Frage ein „beachtliches Problem" sei. Ich vertrete diese Auffassung nach wie vor und bin der Meinung, daß die unterschiedliche Uniformierung des BGS und der Bereitschaftspolizeien der verschiedenen Bundesländer im Falle eines gemeinsamen Einsatzes nach Art. 91 GG Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Ihre Frage dürfte aber insoweit auf einem Mißverständnis beruhen, als Sie davon ausgehen, daß sich meine Äußerung auf die unterschiedliche Uniformierung von BGS und Bundeswehr bezogen habe. Aus dem mir vorliegenden Wortlautprotokoll der Pressekonferenz vom 10. Dezember 1958 wie aus meinen Ausführungen in Stuttgart, auf die ich mich dabei bezogen habe, geht klar hervor, daß ich nur von der Unterschiedlichkeit der Uniformen der verschiedenen Polizeien, nicht aber von der Bundeswehr gesprochen habe. Dr. Schröder Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verteidigung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wegener (Fragestunde der 55. Sitzung vom 19. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 25): Steht der Herr Bundesverteidigungsminister nach wie vor zu der in der Fragestunde am 12. Dezember 1957 durch den Herrn Staatssekretär Dr. Rust abgegebenen Erklärung, daß im Zuge der Neuordnung der Platzverhältnisse des Truppenübungsplatzes Senne auf das bundeseigene, militärisch nicht voll ausgenutzte Übungsplatzgelände im Westteil der Senne zurückgegriffen werden soll und daß ein „Erwerb des außerhalb des Platzes im Osten zusätzlich beschlagnahmten Gebiets zu einer unerwünschten Verfestigung der in der Besatzungszeit geschaffenen Verhältnisse" führen würde? An der Auffassung des Bundesministeriums für Verteidigung zu der von Ihnen angeschnittenen Frage hat sich nichts geändert. Ich bin nach wie vor bestrebt, den bisher militärisch nicht voll benutzten Westteil des Übungsplatzes Senne in Anspruch nehmen und dafür im Osten des Platzes zusätzlich beschlagnahmtes, nicht bundeseigenes Gelände freistellen zu lassen. Es ist jedoch notwendig, um zu einer rationellen Ausnutzung des Gesamtplatzes zu kommen, von dieser Freistellung einen geringen Teil, etwa 800 ha auszunehmen. Hierbei ist beabsichtigt, anstelle des Grundstückserwerbs möglichst mit entgeltlichen Benutzungsverträgen auszukommen. Wenn dieses Vorhaben durchgeführt ist, wird der dem Ubungsplatz abgekehrte Hang des Teutoburger Waldes durch den Ubungsbetrieb nicht mehr beeinträchtigt werden. Strauß Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Riedel (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 29) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Westdeutsche Rundfunk und der Norddeutsche Rundfunk in einer Sendung vom 13. Dezember 1958, um 23.30 Uhr, die Bundesrepublik von einem Sprecher als „Rheinische Republik" bezeichnen ließen und die Bemühungen von Bundestag und Bundesregierung für Berlin als „ostlothringische" Hilfeleistungen deklarierten? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um bei den verantwortlichen Aufsichtsgremien von NDR und WDR sicherzustellen, daß künftig vorsätzliche Abwertungen von Legislative und Exekutive durch die Redaktionen der öffentlichen Rundfunkanstalten unterbleiben? Wer zeichnete für die fragliche Sendung verantwortlich? Ist der Betreffende zur Verantwortung gezogen worden? Die erwähnten Äußerungen sind in der vom Norddeutschen Rundfunk veranstalteten kabarettistischen Sendung „Hallo — Nachbarn!" gefallen, die nach meinen Informationen von dem Journalisten Wolfgang Menge zusammengestellt wird. Der genaue Wortlaut der Sendung ist mir nicht bekannt. Ich habe den Präsidenten des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg und die Ministerpräsidenten der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die die Aufsicht über diesen Sender ausüben, gebeten, der Angelegenheit nachzugehen und mich von dem Ergebnis der Nachforschung in Kenntnis zu setzen. Dr. Schröder Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Justiz auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hansing (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786 Frage 30) : Der Herr Bundeswirtschaftsminister wird um Auskunft darüber ersucht, ob bereits Verfahren auf Grund des § 2 a des Wirtschaftsstrafgesetzes im Bundesgebiet eingeleitet wurden und gegebenenfalls wie diese Verfahren ausgegangen sind. Die Bundesregierung hat im letztem Jahr anläßlich der Beratungen des Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 im Deutschen Bundestag Unterlagen über die Zahl der auf Grund des § 2 a des Wirtschaftsstrafgesetzes eingeleiteten und durchgeführten Verfahren gesammelt und den beratenden Ausschüssen vorgelegt. Hiernach sind seit dem Inkrafttreten des § 2 a vorn 22. Dezember 1956 bis zum 30. September 1958 auf Grund dieser Bestimmungen insgesamt 59 Ermittlungsverfahren anhängig gemacht worden. Davon sind 33 noch nicht abgeschlossen. In 18 Fällen wurde das Verfahren eingestellt; 8 Bußgeldbescheide sind ergangen, von denen 4 rechtskräftig geworden sind. Darüber hin- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 3213 aus ist es in zahlreichen Fällen den Preisüberwachungsbehörden ohne Einleitung eines formellen Verfahrens gelungen, durch Verhandlungen mit Verbänden und Firmen Preisüberhöhungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Schäffer Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Nadig (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 32) : Stimmen die Pressemeldungen, wonach die Sterblichkeit der Mütter während und kurz nach der Geburt des Kindes in der Bundesrepublik auffallend hoch ist? Hat die Regierung Maßnahmen zur Untersuchung dieser Frage veranlaßt, und sind evtl. schon Gegenmaßnahmen zur Minderung der Sterblichkeitsziffer getroffen? Es ist richtig, daß die Müttersterblichkeit in der Bundesrepublik noch verhältnismäßig hoch ist. Nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes starben im Jahre 1956 14, im Jahre 1957 13 von 10 000 Müttern an den Folgen der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts in der Bundesrepublik, in den Niederlanden z. B. 1956 nur 7. Diese Entwicklung wird von der Ärzteschaft und von den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundes- und Landesbehörden aufmerksam verfolgt. In verschiedenen Bundesländern sind besondere Erhebungen eingeleitet worden, die dazu dienen sollen, vergleichbare und stichhaltige statistische Unterlagen zu schaffen und zu klären, welche Gründe die verhältnismäßig hohe Müttersterblichkeit in der Bundesrepublik verursachen. Eine abschließende Beurteilung ist zur Zeit noch nicht möglich, weil eine Summe medizinischer, soziologischer, gesundheits- und sozialpolitischer Faktoren hier zusammenwirkt. Von den Sachverständigen wird darüber geklagt, daß viele Frauen sich nicht rechtzeitig und nicht häufig genug während der Schwangerschaft untersuchen lassen. Eine verstärkte Belehrung der werdenden Mütter und eine frühzeitige Beratung der Schwangeren durch den Hausarzt in engster Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Ärztevereinigungen, den Hebammen und dem Gesundheitsamt wird angestrebt. Dr. Schröder Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 36): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß sich gerade in Städten mittlerer Größe an den Samstagen mit 13-Uhr-Postschalterschluß völlig unhaltbare Zustände ergeben? Kann nicht wenigstens durch die beschleunigte Einrichtung von Automaten für den Fernsprech-Wählverkehr in solchen Städten eine gewisse Abhilfe geschaffen werden? ich habe bereits bei der Beantwortung einer Frage des Herrn Kollegen Ritzel in der Fragestunde der 47. Sitzung des Hohen Hauses eingegend ausgeführt, daß die Einführung der 45-Stunden-Woche auch im Bereich meiner Verwaltung gewisse Einschränkungen der Dienstleistungen der Deutschen Bundespost unumgänglich macht. So habe ich mich auch dazu entschließen müssen, die Richtlinien, innerhalb derer die Amtsvorsteher die Schalterstunden nach den örtlichen Verhältnissen, insbesondere dem Verkehrsbedürfnis und den Postverbindungen festsetzen, dahin abzuändern, daß die Postschalter an Samstagen — abgesehen von den ersten Samstagen im Monat, an denen sie bis zur ortsüblichen Ladenschlußzeit oder bis zu der an den übrigen Werktagen festgesetzten Zeit geöffnet bleiben dürfen — in der Regel spätestens um 14 Uhr, in Ausnahmefällen bei besonders dringendem Verkehrsbedürfnis um 15 Uhr zu schließen sind. Eine Anordnung, die Postschalter an Samstagen allgemein um 13 Uhr zu schließen, ist nicht ergangen. Wenn einzelne Ämter einen früheren Schalterschluß als 14 Uhr festgesetzt haben, so haben sich die Amtsvorsteher zuvor durch gewissenhafte Beobachtung des Verkehrsanfalles von der Zweckmäßigkeit und der Tragbarkeit dieser Regelung überzeugt. Die an sich geringfügigen Einschränkungen der Postschalterstunden, die nicht aus Bequemlichkeit oder gar Böswilligkeit, sondern einzig und allein im Interesse der Stabilität der Tarife und aus personalwirtschaftlichen Gründen angeordnet werden mußten, haben, wie ich selbst beobachtet habe und wie mir auch die in diesen Tagen eingehenden Erfahrungsberichte der Oberpostdirektionen beweisen, in der Offentlichkeit im allgemeinen volles Verständnis gefunden. Von „völlig unhaltbaren Zuständen", die sich aus der Neuregelung der Schalterstunden an den Samstagen ergeben haben sollen, ist mir nichts bekannt. Vereinzelte Beschwerden, die es naturgemäß bei jeder neuen Maßnahme gibt und die zumeist nur durch die nicht immer vermeidbaren Übergangsschwierigkeiten ausgelöst waren, konnten in allen Fällen zur Zufriedenheit beider Seiten, der Postbenutzer wie der Deutschen Bundespost, erledigt werden. Im übrigen habe ich dafür Sorge getragen, daß nicht nur in den großen Orten, in denen bei den Bahnhofs-Postämtern bzw. den Ämtern in der Nähe des Bahnhofs nach wie vor ein verlängerter, teils sogar Tag und Nacht durchgehender Schalterdienst wahrgenommen wird, sondern ebenso auch in mittleren Orten den Postbenutzern in dringenden Fällen ausreichende Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Postdienstleistungen auch nach Schalterschluß erhalten geblieben sind. Bei den meisten Postämtern besteht ein Bereitschaftsdienst für die Annahme von Einschreibe-, Wert- und Paketsendungen, Telegrammen und telegraphischen Einzahlungen, für Gespräche an der Öffentlichen Fernsprechstelle usw. Daneben bieten „Stumme Postämter", die Münzfernsprecher, Briefkasten, MünzWertzeichengeber und bei Bedarf Münzwechsler vereinigen und — wenn sie in den Vorhallen der Postämter untergebracht sind — zumeist auch noch die Schließfächer einbeziehen, dem Postbenutzer 3214 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959 Gelegenheit, die eiligsten Postdienstgeschäfte unabhängig von den Postschalterstunden zu erledigen. Derartige „Stumme Postämter" befinden sich nicht nur bei jedem Postamt (im Windfang, Eingang zur Schalterhalle), sondern werden seit geraumer Zeit in ständig zunehmender Zahl auch außerhalb der Postdienstgebäude an verkehrsgünstig gelegenen Stellen in eigens dafür entwickelten Fernsprechhäuschen eingerichtet. Durch verstärkte Mittelzuteilung habe ich dafür gesorgt, daß die Oberpostdirektionen den steigenden Bedarf an Öffentlichen Münzfernsprechern auch decken können. Soweit, bedingt durch die Änderungen des Schalterschlusses, ein Mangel an Automaten für den Fernsprechwählverkehr aufgetreten ist, wird dieser schnellstens behoben werden. Stücklen Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verteidigung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 38) : Hält es der Herr Bundesverteidigungsminister im Rahmen der Haushaltsmittel und mit dem Grundsatz sorgsamster Verwendung des Steueraufkommens für vertretbar und vereinbar, wenn bei der Gebirgsjäger-Garnison Bad Reichenhall auf eine Gesamtstärke von etwa 750 Soldaten annähernd 100 Vertragsangestellte treffen? Irn Standort Bad Reichenhall waren am 16. 1. 1959 ca. 850 Soldaten untergebracht. Die Verlegung eines weiteren Bataillons nach Bad Reichenhall erfolgt in den nächsten Tagen. An zivilen Hilfskräften waren am gleichen Tage bei den militärischen Dienststellen einschließlich der bei der Truppe beschäftigten Küchenhilfskräfte — und bei der Standortverwaltung 40 Vertragsangestellte und 53 Lohnempfänger tätig. Die Zahl hält sich in den durch den Haushaltsplan 1958 gegebenen Grenzen. Die Angestellten und Arbeiter sind unter Beachtung der gebotenen Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit eingesetzt, um den Soldaten von allen nichtmilitärischen Aufgaben freizustellen. Hierzu verweise ich auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Merten über den Verteidigungshaushalt 1958, abgedruckt im Parlamentarischen Politischen Pressedienst vom 24. Juni 1958: Die SPD setze sich für die Beschäftigung möglichst vieler Zivilisten in der Bundeswehr ein, weil die Soldaten, die monatlich zwischen 1500 und 2000 DM kosteten, die „teuersten Küchenhilfen" seien, die man sich denken könne . . ." Nach diesem Grundsatz ist auch im Standort Bad Reichenhall verfahren worden. Strauß
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    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Antrag der SPD wird gesagt, die bisherigen Hilfsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet hätten ihren Zweck nicht ausreichend erfüllt und die Entwicklung des letzten Jahres habe gezeigt, daß die strukturellen Krisenherde noch nicht beseitigt seien. Gestatten Sie mir bitte, daß ich hierzu einige kurze Bemerkungen mache und mich dabei der Klarheit und der Vollständigkeit halber nicht auf die Entwicklung des letzten Jahres, das im Antrag erwähnt ist, beschränke. Ich glaube nämlich, daß, wenn man über strukturelle Probleme spricht, nicht die Zahlen eines einzelnen Jahres allein betrachtet werden dürfen.
    Es muß zugegeben werden, daß die wirtschaftliche Entwicklung des Zonenrandgebiets im Gesamtdurchschnitt nicht im gleichen Tempo wie die des Bundesgebiets fortgeschritten ist. Die Zahl der Beschäftigten z. B., wie sie in der Statistik der Arbeitsverwaltung ausgewiesen wird, ist im gesamten Bundesgebiet von 1952 bis 1958 um etwa ein Viertel gestiegen. In der gleichen Zeit hat sich die Zahl der Beschäftigten im Zonenrandgebiet nur um rund ein Fünftel vermehrt. Allerdings fällt der Vergleich zwischen dem Bundesgebiet und dem Zonenrandgebiet für das Zonenrandgebiet günstiger aus, wenn man die sogenannte Industrieberichterstattung heranzieht, die zwar nur einen Teil der Beschäftigten — nämlich die Industriebeschäftigten erfaßt, sie aber dafür im Gegensatz zur allgemeinen Beschäftigungsstatistik nicht am Wohnort, sondern am tatsächlichen Arbeitsort zählt. Außerdem kommt der Zahl der neugeschaffenen Dauerarbeitsplätze in der Industrie als Initialzündung für die strukturelle Erholung eines Gebietes die größte Bedeutung zu. Die Zahl der Industriebeschäftigten hat sich von 1952 bis 1958 im Zonenrandgebiet ebenso wie im gesamten Bundesgebiet um rund 33 % vermehrt.
    Selbstverständlich will ich diese Zahlen nicht in ihrem Erkenntniswert überschätzen. Beim Zonenrandgebiet handelt es sich um einen 40 km breiten Streifen entlang dem Ostrand der Bundesrepublik, der von Flensburg bis Passau reicht und weder eine historische noch eine wirtschaftliche Einheit darstellt.
    Alle Durchschnittszahlen für diesen Gebietsstreifen sind also statistische Durchschnittswerte, die die sehr verschiedenartigen wirtschaftlichen Situa-
    3188 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 58. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1959
    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    tionen in den einzelnen Gebietsteilen nicht erkennen lassen. So ist z. B. die Zahl der Industriebeschäftigten in einigen ländlichen Bezirken des Zonenrandgebietes gleich geblieben oder sogar leicht gesunken. Dagegen hat die Entwicklung in anderen, stärker mit Industrie besetzten Teilen des Zonenrandgebiets durchaus mit der durchschnittlichen Bundesentwicklung Schritt gehalten oder diese sogar übertroffen.
    Ich will hier nicht einmal die bekannten Beispiele Wolfsburg und Salzgitter besonders herausstellen; auch in einer Reihe anderer Industriebezirke des Zonenrandgebiets, z. B. Kiel, Neumünster, Lüneburg, Hildesheim, Braunschweig, Fulda, Schweinfurt, Bayreuth, hat sich die Entwicklung durchaus positiv vollzogen. Ich führe dies hier nicht an, weil ich etwa der Auffassung wäre, die Probleme des Zonenrandgebiets seien zum großen Teil gelöst. Die Bundesregierung ist sich klar darüber, daß auch in Zukunft noch wirksame Hilfsmaßnahmen zur Förderung des Zonenrandgebiets durchgeführt werden müssen.
    Mit dem Hinweis auf den wirtschaftlichen Aufschwung in einigen Teilen des Zonenrandgebiets einerseits und auf eine gewisse Stagnation in anderen Teilen will ich Ihre Aufmerksamkeit lediglich auf einen Sachverhalt lenken, der nicht nur im Zonenrandgebiet, sondern im gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus in fast allen Industriestaaten Europas zu beobachten ist. Ich meine die räumlichen Konzentrationstendenzen, die der modernen industriellen Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten anhafteten und dazu geführt haben, daß in manchen Gebieten geballt Industriebetriebe entstanden, während sich in anderen Landschaften keine oder nur wenige Industriebetriebe ansiedelten. Die Folge dieser Entwicklung, die man in den verschiedensten Teilen Europas beobachten kann, war, daß in den Gebieten, in denen sich keine Industrie ansiedelte, die Einkommens- und Wirtschaftsentwicklung sehr häufig hinter dem Aufschwung, den zahlreiche Industriegebiete nahmen, zurückblieb.
    Die Bundesregierung beschäftigt sich zur Zeit eingehend mit diesen Problemen, die für die regionale Wirtschaftsstruktur der Bundesrepublik und damit für das wirtschaftliche Schicksal der einzelnen Landschaften von entscheidender Bedeutung sind. In den zuständigen interministeriellen Ausschüssen der Bundesregierung sind diese Fragen im Laufe der letzten Monate intensiv erörtert worden. Dabei wurden auch schon Vorstellungen erarbeitet, wie vielleicht eine wirksame Behandlung des Problems ermöglicht werden könnte. Allerdings bitte ich, zu bedenken, daß es sich hier um schwierige strukturelle Fragen handelt, die mit Sicherheit nicht in wenigen Jahren gelöst werden können. Lassen Sie mich zur Klarstellung lediglich sagen, daß diese Erörterungen in keinem Zusammenhang mit der in der Offentlichkeit so stark diskutierten Neuabgrenzung der Sanierungsgebiete stehen.
    Zweifellos ist es aber nicht die Ballungstendenz allein, die die Entwicklung in den einzelnen Teilen des Zonenrandgebiets bestimmt hat. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation in einzelnen Gebieten spielen immer mehrere Faktoren gleichzeitig eine Rolle, und im Zonenrandgebiet kommt eben vor allem der politische Faktor hinzu. Die Nähe der Zonengrenze, die durch sie bedingten psychologischen Hemmnisse, die Abschnürung von den früheren Bezugs- und Absatzgebieten wirken sich, wenn auch wiederum in sehr unterschiedlicher Intensität, hemmend auf die wirtschaftliche Entwicklung dieses Gebietsstreifens aus.
    Als ein Beispiel für das Zusammenwirken verschiedener Faktoren, die aber durch die Nähe der Zonengrenze ihre besondere Akzentuierung erfahren haben, darf ich das Gebiet von Hof in Oberfranken erwähnen. Dieses Gebiet ist durch die Abtrennung des benachbarten Sachsen, mit dem es früher enge Bezugs- und Absatzverbindungen pflegte, besonders hart getroffen. Hinzu kommt, daß sich einige Sparten der Textilindustrie, die in diesem Gebiet eine dominierende Rolle spielt, in der letzten Zeit ungünstiger als die Wirtschaft der Bundesrepublik in ihrer Gesamtheit entwickelt haben. Diese Faktoren haben in Verbindung mit den psychologischen Hemmungen, die von der nahen Zonengrenze ausgehen, dazu geführt, daß die Gesamtentwicklung des Gebiets um Hof, obwohl es sich hier um einen industrialisierten Bezirk handelt, hinter anderen Industriegebieten des Zonenrandgebiets zurückgeblieben ist.
    Es würde zu weit führen, über einzelne Beispiele für die unterschiedliche Entwicklung hier ausführlich zu berichten. Ich glaube, es ist am zweckmäßigsten, diese und ähnliche spezielle Probleme in den Ausschüssen zu erörtern, denen die vorliegenden SPD-Anträge überwiesen werden dürften.
    Einige Worte möchte ich zum Punkt I Ziffer 1 des Antrages Drucksache 479 sagen. Ein Teil der Maßnahmen, die unter diesem Punkt angeführt sind, nämlich der Ausbau von Landstraßen II. Ordnung und von Gemeindestraßen, wird von der Bundesregierung bereits im Rahmen des Regionalen Förderungsprogramms durchgeführt. Allerdings sind die Beträge, die hierfür zur Verfügung stehen, geringer als die in dem Antrag Drucksache 479 verlangten Summen. Immerhin sind in den Jahren 1954 bis 1958 insgesamt rund 100 Millionen DM Bundeshaushaltsmittel für gewerbliche Erschließungsmaßnahmen — unter denen der wesentlichste Anteil auf Straßenbauten entfällt — zusätzlich in das Zonenrandgebiet geflossen. Dagegen wird in dem zur Diskussion stehenden Antrag allein für den Ausbau kleiner Straßen ein Betrag von 80 Millionen DM jährlich über fünf Jahre hinweg, also insgesamt eine Summe von 400 Millionen DM, gefordert.
    Für den Ausbau der Autobahnstrecke Kassel-Ruhrgebiet und der Bundesstraßen im Zonenrandgebiet wird außerdem innerhalb von fünf Jahren ein Betrag von 2,14 Milliarden DM beantragt. Ich darf dazu bemerken, daß die Bundesregierung einen. großen Teil dieser Maßnahmen bereits in ihren Planungen vorgesehen hat. Allerdings wird für die Durchführung dieser Vorhaben eine größere Zeitspanne als fünf Jahre erforderlich sein, weil die in den einzelnen Jahren voraussichtlich verfügbaren Mittel die in dem Antrag genannten Beträge nicht erreichen werden. Wie Sie wissen, ist die Finanzierung des Ausbauplans für die Bundesfernstraßen,

    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    in dem diese Projekte enthalten sind und der drei Phasen zu je drei Jahren vorsieht, noch nicht völlig geklärt.
    Was ich zum Thema Straßenbau gesagt habe, gilt eigentlich sinngemäß für alle in dem Antrag Drucksache 479 enthaltenen Einzelanträge. Die Bundesregierung führt bereits seit mehreren Jahren zahlreiche Maßnahmen in der Richtung durch, wie sie die SPD-Fraktion in ihrem Antrag verlangt. So gewährt sie z. B. Zinsverbilligungen für die Modernisierung und Rationalisierung sowie günstige Kredite zum Auf- und Ausbau der Betriebe. Sie gibt jährlich rund 20 Millionen DM für Frachthilfen zum Ausgleich von zonengrenzbedingten Mehrfrachten aus; sie bevorzugt die Betriebe im Zonenrandgebiet bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und ermöglicht der Wirtschaft dieses Gebietes im Zusammenwirken mit den Ländern steuerliche Erleichterungen, insbesondere Sonderabschreibungen. Außerdem fördert die Bundesregierung die Ertragskraft der Landwirtschaft im Zonenrandgebiet, indem sie in Ergänzung zum Grünen Plan Kredite und Zuschüsse für strukturverbessernde Maßnahmen der Landwirtschaft aus Mitteln des Regionalen Förderungsprogramms gewährt.
    Ich brauche alle Maßnahmen im einzelnen hier nicht vollständig aufzuführen. Sie wurden in diesem Hohen Hause, besonders in den zuständigen Ausschüssen, wiederholt erörtert und — so habe ich den Eindruck — in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung gutgeheißen.
    Ich glaube, daß keine Veranlassung besteht, die Bundeshilfe für das Zonenrandgebiet als unzureichend oder gar als geringfügig anzusehen. Im Laufe der Jahre 1954 bis 1958 hat die Bundesregierung neben den nicht als Ausgaben im Haushalt erscheinenden Maßnahmen wie z. B. den steuerlichen Erleichterungen über 440 Millionen DM zusätzlich für das Zonenrandgebiet bereitgestellt.
    Wenn immer wieder Klagen laut werden, daß die Maßnahmen der Bundesregierung für das Zonenrandgebiet in ihrem finanziellen Umfang zu klein bemessen sind, so möchte ich hierzu bemerken, daß die Bundesregierung vor der Notwendigkeit steht, mit den Mitteln, die für die regionale Wirtschaftsförderung zur Verfügung stehen, nicht nur das Zonenrandgebiet, sondern auch die Notstandsgebiete außerhalb des Zonenrandgebiets zu unterstützen. Ich darf hier an die sogenannte Sanierungsaktion erinnern, die die Bundesregierung seit mehreren Jahren für alle strukturschwachen Gebiete der Bundesrepublik durchführt. Diese Sanierungsaktion wurde wiederholt kritisiert, weil sie nach Meinung der Kritiker mit zu geringen Mitteln ausgestattet ist und immer weitere Gebiete an ihr teilhaben wollen.
    Schließlich möchte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen noch eine Bemerkung zu dem in Punkt II 1 der Bundestagsdrucksache 479 enthaltenen Antrag machen, nach dem das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen mit der Koordinierung der strukturverbessernden Maßnahmen für das Zonenrandgebiet beauftragt werden soll.
    Zur Zeit werden alle regionalen Wirtschaftsförderungsprogramme — also nicht nur die Hilfsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet — in einem besonders hierfür geschaffenen Ausschuß, dem Interministeriellen Ausschuß für Notstandsgebietsfragen, koordiniert. Zu diesem Ausschuß, in dem das Bundeswirtschaftsministerium den Vorsitz und die Geschäftsführung hat, gehören alle Bundesressorts, die an regionalen Wirtschaftsfragen interessiert sind. Auch das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen ist darin vertreten.
    Ich würde es nicht für gut halten, an dieser Regelung, die sich, wie mir bestätigt wurde, bewährt hat, etwas zu ändern. Das Ergebnis einer Beauftragung des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen wäre zunächst, daß dort ein zusätzliches Referat oder sogar eine Abteilung für Wirtschaftsfragen geschaffen werden müßte. Es liegt auf der Hand, daß damit Doppelarbeit, Reibungen und Unübersichtlichkeit im Verwaltungsaufbau verbunden wären.
    Wie ich bereits erwähnte, halte ich es nicht für zweckmäßig, über diese grundsätzlichen Äußerungen hinaus hier noch zu den Einzelheiten der SPD-Anträge Stellung nehmen. Insbesondere sollten, meine ich, die Diskussionen über die Anträge auf Drucksache 624 und Drucksache 588, die sich mit Fragen der weiteren steuerlichen Bevorzugung und der kulturellen Förderung des Zonenrandgebiets befassen, den zuständigen Ausschüssen vorbehalten bleiben. Dabei müssen nämlich, wenn sinnvolle Ergebnisse erzielt werden sollen, sehr detaillierte, fachliche Überlegungen angestellt werden, mit denen das Plenum des Hohen Hauses nicht belastet werden sollte.
    Ich darf noch einmal die Versicherung geben, daß die Bundesregierung entschlossen ist, auch in Zukunft die Wirtschaftskraft des Zonenrandgebiets nach besten Kräften zu fördern und zu stärken, damit es in die Lage versetzt wird, die wirtschaftliche und vor allem hohe politische Aufgabe, die ihm als Grenzgebiet zum östlichen Machtbereich zufällt, wirksam zu erfüllen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Wacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerhard Wacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Debatten über Grenzgebiete scheinen auch zu den Grenzgebieten der Aufmerksamkeit dieses Hohen Hauses zu gehören. Wir haben es meistens erlebt, daß am Ende die Abgeordneten der Grenzlandkreise die Debatte unter sich zum Abschluß brachten.
    Ich habe mich gefragt, woran das liegt. Ich glaube, noch nicht bei allen ist die Erkenntnis durchgedrungen, daß die Grenzgebiete eine Hypothek sind, die der Krieg dem ganzen deutschen Volk und damit auch allen Abgeordneten hinterlassen hat.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Auch Ihre Fraktion, Herr Kollege, glänzt ja nicht durch vollzähliges Erscheinen.



    Wacher
    Im übrigen glaube ich, daß ein Grund auch in den üblichen Aneinanderreihungen und damit Wiederholungen von Grenzland-Wahlkreisberichten liegt, die die Geduld der Kollegen allzu stark strapazieren. Dazu gehört es auch, daß man, wie es heute geschehen ist, Anträge aufzählt, die ungefähr sechs Jahre zurückliegen.
    Wir sollten im Interesse des Grenzlandes nicht versuchen, an der Klagemauer des Bundestages Klagelieder für die regionalen Zeitungen des Wahlkreises zu singen, sondern wir sollten uns auf das Wesentliche, auf das Typische und vor allem auf Vorschläge beschränken, die nicht nur unseren Eifer zeigen, sondern die unseren Sinn für die Wirklichkeit unter Beweis stellen.
    So gesehen haben die SPD-Anträge zwei Seiten. Sicher eine gute; sie veranlassen nämlich den Bundestag, eine Bilanz zu ziehen, und sie zeigen der Bevölkerung in den Grenzgebieten, daß ihre Sorgen auch die Sorgen dieses Hohen Hauses sind.
    Aber ich bin doch der Meinung, daß diese Anträge auch eine negative Seite zeigen. Sie können natürlich — Herr Kollege, Sie wissen das sicher genausogut wie ich — Hoffnungen erwecken, aber deren Realisierung ist nicht möglich. Sie wissen höchstwahrscheinlich genausogut wie ich, daß bei Annahme der von Ihnen gestellten Anträge innerhalb von fünf Jahren zusätzliche Kosten in Höhe von mindestens 8 bis 10 Milliarden erwachsen würden. Ich bin gar nicht der Meinung, daß man diese Beträge nicht gut einfließen lassen könnte; man muß sich aber bei solchen Anträgen immer auch den Kopf zerbrechen, woher man diese Beträge nimmt, und von Deckungsvorschlägen habe ich — zumindest heute — noch nichts gehört.
    Wer neue Wege beschreiten will — und das wollen Sie mit diesen Anträgen —, soll sich erst einmal darüber orientieren, wo er sich befindet und wie der bisherige Weg ausgesehen hat. Wir sind sehr dankbar für die Regierungserklärung, die aufgezeigt hat, daß wir mit den Ergebnissen der bisherigen Maßnahmen mindestens zufrieden sein können. Ich glaube, daß wir uns mit unseren Förderungsmaßnahmen — und das scheint mir das Wesentlichste zu sein — auf dem richtigen Wege befinden. Immerhin ist nicht abzuleugnen, daß die Zahl der Beschäftigten im Grenzland erheblich zugenommen hat, daß die Arbeitslosigkeit insgesamt gesehen zurückgegangen ist, daß neue Betriebe angesiedelt werden konnten. Das war unser aller Sorge noch vor Jahren. Eine weitere große Sorge ist von uns genommen worden: Es ist gelungen, die Abwanderung von Betrieben weitestgehend zu stoppen.
    Meine Damen und Herren, wir sollten es uns abgewöhnen, das Grenzland so etwa als Armenhaus zu bezeichnen, und diese Meinung sollte man auch nicht durchklingen lassen. Damit leistet man dem Grenzland den schlechtesten Dienst. Wenn Sie, Herr Kollege Junghans, die Frage stellen — ich glaube doch, ich habe Sie richtig verstanden —, ob das Leben im Grenzland noch lebenswert sei, dann klingt eben schon wieder dieses Wort „Armenhaus" durch. Wir wollen doch alle, daß Firmen dort ansässig werden, und wenn die Firmen dieses Wort vom Armenhaus hören, können wir sie nun einmal nicht veranlassen, dort hinzugehen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung hat sich gezeigt, und sie ist, glaube ich, nicht zuletzt auf die Maßnahmen des regionalen Förderungsprogramms zurückzuführen. Dieses Programm — das sollten wir eigentlich alle dankbar anerkennen — hat doch in dem Augenblick eingesetzt, als die Regierung finanziell überhaupt dazu in der Lage war.
    Diese Aufwärtsentwicklung ist aber — und das möchte ich von dieser Stelle aus auch einmal dankbar anerkennen — nicht zuletzt dem Unternehmermut zu verdanken. Es ist halt ein Unterschied, ob ich einen neuen Betrieb in Ratzeburg, in Helmstedt, Hersfeld, Eschwege, Mellrichstadt, Oberviechtach aufziehe oder ob ich diesen Betrieb im Ruhrgebiet neu gründe.

    (Zurufe von der SPD.)

    Man soll auch daran denken, daß die Arbeitnehmer trotz besserer Verdienstmöglichkeiten anderswo nicht fortgelaufen sind und daß sie den Verlokkungen besserer Arbeitsbedingungen und höherer Löhne früher und heute widerstanden haben und nicht in die Ballungsräume abgewandert sind.
    Es ist einfach unrichtig, wenn man sagt, daß der wirtschaftliche Wiederaufbau am Zonenrandgebiet vorbeigegangen sei. Aber ich gebe zu — und wir alle müssen das zugeben —, daß das Zonenrandgebiet an der Aufwärtsentwicklung nicht in vollem Maße teilgenommen hat. Ich stimme da den Herren der SPD völlig zu. Aber wenn man es sich so leicht macht — verzeihen Sie bitte, Herr Junghans — und nur die negativen Seiten herausstellt und einfach daran vorübergeht, daß in den letzten Jahren Gott sei Dank auch etwas Positives geschehen ist, dann wird man eben den Dingen nicht ganz gerecht und entstellt die Situation.
    Herr Franke, Sie haben in Ihrem Bericht — ich darf das dankbar anerkennen — ganz objektiv anerkannt, daß man bei gewissen Maßnahmen auf dem kulturellen Gebiet wirklich Erfolge zu verzeichnen hat. Aber die Gesundung schreitet — das gebe ich Ihnen zu — nur langsam fort, und sie schreitet vor allem unterschiedlich fort. Wenn man den Bericht der Arbeitsgemeinschaft „Grenzland" liest, den Sie Herr Junghans zitiert haben, und feststellt, daß in einem Arbeitsamtsbereich am 31. Dezember des letzten Jahres 29,5 % Arbeitslose vorhanden waren, dann gibt einem das zu denken. Nur dürfen wir daran erinnern, daß das nicht allein Grenzlandprobleme, sondern vor allem Sanierungsprobleme sind.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Ich erwähne das nur. Ich habe nicht gesagt, daß
    Sie das behauptet haben. Man sollte, wenn man
    diese Zahlen nennt, auf diese Dinge kurz eingehen.
    Die Anlage des Antrags bezüglich des Strukturprogrammes wird dem Problem nicht so ganz gerecht — Herr Junghans, Sie selber haben das angedeutet —, weil dieses Gebiet keine einheitliche Struktur hat. Neben ausgesprochenen Notstands-



    Wacher
    gebieten haben wir auch industrielle Schwerpunkte. Die Standortbedingungen sind wegen der verschiedenen Entfernungen zu den Verbraucherzentren natürlich sehr unterschiedlich. Schon daraus ergibt sich eine sehr unterschiedliche Gestaltung.
    In den vorgelegten Anträgen werden neue Wege aufgezeigt. Wir sind bisher aus wohlüberlegten Gründen den Weg gegangen, eine Steigerung der Wirtschaftskraft durch gezielte Maßnahmen hervorzurufen. Die Antragsteller schlagen nun unter anderem allgemeine, globale Maßnahmen vor. Sie sind also — darüber muß man sich klar sein — bereit, die Steuermittel allgemein zu verteilen, auch an solche Betriebe — und solche Betriebe gibt es; auch Sie, Herr Kollege Junghans, haben das zugestanden —, die diese Beträge nicht unbedingt brauchen. Allen diesen Maßnahmen sind natürlich insofern Grenzen gesetzt, als wir an eine Wettbewerbsneutralität gegenüber den übrigen Gebieten ab dem 41. Kilometer denken müssen. Lassen Sie mich das viel strapazierte Volkswagenwerk nochmals zitieren. Das Volkswagenwerk hat doch wirklich zusätzliche Gelder nicht nötig. Es würde sie bei globalen Maßnahmen aber bekommen, weil es zufällig im Grenzgebiet liegt.
    Ich möchte noch eine zweite Vorbemerkung machen. Die Antragsteller haben uns eine wirklich sehr übersichtliche Zusammenstellung der laufenden Maßnahmen gegeben. Sie haben aber einen Punkt vergessen — so nehme ich an —: die Frachthilfen. Auf diese Frachthilfen wollen wir nicht verzichten. Ich nehme auch nicht an, daß Sie das wollen. Die ) Frachthilfen sind immer noch eine wesentliche Stütze der Kalkulation und eine sehr entscheidende Maßnahme für die Milderung der Standortnachteile. Ich glaube, man sollte darauf hinweisen, daß niemand daran denkt — ich darf das deshalb aufgreifen —, diese Frachthilfen auch nur etwas abzubauen.
    Nun zu dem Punkt Straßenbau! Herr Kollege Junghans, Sie sagten, wir müßten diese Beträge dort einfließen lassen, um auch auf diesem Gebiet etwas für die Wiedervereinigung zu tun. Nein, ich bin der Meinung, daß diese Kosten entstehen, weil wir bisher die Wiedervereinigung noch nicht erreicht haben und wir das gesamte Straßennetz dieses Gebietes umorientieren müssen, zum Beispiel von Ost nach West, wie es im nordbayerischen Raum der Fall ist.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Natürlich, ich kenne die Probleme. Sie haben sie in genau derselben Form, wie wir sie im süddeutschen Raum haben. Man muß auch zugeben, daß auf dem Gebiet der Straßen einiges besser geworden ist. Ich stimme Ihnen aber darin zu, daß man auf diesem Gebiet noch sehr vieles tun kann. Den Kollegen, die die Absicht haben, ihren Urlaub im Bayerischen Wald oder in einem anderen deutschen Grenzgebiet zu verbringen, verspreche ich jedoch, daß sie mit ihren Wagen nicht liegenbleiben, weil die Straßen so schlecht wären, daß sie nicht durchkämen. Es gibt auch dort schon sehr gut ausgebaute Straßen.

    (Sehr gut! bei der CSU.)

    Es ist im übrigen, meine Damen und Herren, nicht Aufgabe des Bundestages, den Ausbau einzelner Straßen zu beschließen und dafür die Mittel festzusetzen. Das zu fordern ist nach Auffassung meiner politischen Freunde und nach meiner persönlichen Ansicht genauso abwegig wie die Forderung nach dem Ausbau von einer bestimmten Linie ab. Es kommt mehr darauf an, Verkehrsadern zu den Wirtschaftszentren als ein wohlausgebautes, im übrigen aber isoliertes Straßennetz in einem 40-km-Streifen zu schaffen. Das darf ich, zumindest der Klarheit halber, hier sagen.
    Ich erinnere außerdem daran, daß das Hohe Haus — ich glaube, es war im Juli 1958 — den Zehnjahresplan für die Bundesfernstraßen beschlossen hat. Sie haben doch diese Karte noch in Erinnerung?