Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zunächst nur auf zwei Anfragen, die der Herr Kollege Wittrock im Laufe seiner Rede an mich gerichtet hat, zu antworten, und ich hoffe, daß infolgedessen die Atmosphäre in diesem Hause wieder völlig ruhig sein wird; denn ich werde mich auch bemühen, zu einer ruhigen Betrachtung beizutragen.
Die Anfrage des Herrn Abgeordneten Wittrock hat sich zunächst einmal auf den Begriff des Verfassungsschutzes und des Staatsgeheimnisses sowie darauf bezogen, wer letzten Endes die Feststellung zu treffen hat, daß etwas ein Staatsgeheimnis ist. Selbstverständlich hat jeder Leiter einer Behörde, der mit einer Materie in Berührung kommt, die unter den Begriff des Staatsgeheimnisses fallen könnte, seinen Untergebenen gegenüber in jedem einzelnen Falle eine Meinung zu äußern. Aber die letzte Entscheidung, ob in dem betreffenden Falle wirklich ein Staatsgeheimnis vorgelegen hat, trifft selbstverständlich das Gericht.
Über die Frage, was ein Staatsgeheimnis im Sinne der Vorschriften über den Landesverrat ist, gibt es jetzt schon eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte. Ich möchte — nur wegen der Fragen des Herrn Kollegen Wittrock — feststellen, daß nach dieser Rechtsprechung die Namen und der Tätigkeitsbereich der Bediensteten der operativen Abteilung eines Amtes für Verfassungsschutz oder eines sonstigen Nachrichtendienstes — z. B. auch die dienstlichen Funktionen als V-Mann-Führer oder -Führerin — ein Staatsgeheimnis sind, dessen Preisgabe unbefugt ist oder dessen öffentliche Bekanntmachung das Wohl der Bundesrepublik gefährden kann. Daß Landesverrat auch bei Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen in der Presse begangen werden kann, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 99 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs, der die öffentliche Bekanntmachung eines Staatsgeheimnisses ausdrücklich als Mittel des Verrats erwähnt.
Nun die Anwendung dieser von mir in meiner Einleitungsbegründung gegebenen Darstellung auf das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof! Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat einen allerdings als Beschuldigten vornommenen Journalisten bei dessen Vernehmung auf den Begriff Landesverrat hingewiesen. Es ist aber unrichtig —
ich möchte das feststellen —, daß ihm bei der Vernehmung als Beschuldigter Straffreiheit zugesichert wurde, wenn er den Informanten seines Artikels nennt. Pflichtgemäß hat der Richter nach seiner eigenen dienstlichen Äußerung dem Journalisten zunächst nur eröffnet, daß der Gegenstand des Verfahrens nicht die Schilderung der Vorfälle in der Kölner Bar ist, sondern allein die Beschreibung der dienstlichen Funktionen zweier Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz sowie der Verdacht, daß er die diesem Artikel zugrunde liegenden Informationen gegen Zahlung eines Entgelts von einem Bediensteten des Bundesamts erlangt und sich dadurch unter Umständen der aktiven Bestechung schuldig gemacht hat. Sodann hat der Richter den Journalisten darüber belehrt, die Frage nach dem Informanten sei erforderlich, um einmal den Vorwurf der aktiven Bestechung und zum andern die Schuldfrage hinsichtlich des Landesverrats zu klären; denn wenn er die Information ohne Bezahlung von einem Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz erhalten habe, entfalle der Verdacht der aktiven Bestechung und möglicherweise auch der Vorsatz hinsichtlich des Landesverrats, da er dann unter Umständen darauf habe vertrauen können, daß ihm ein Amtsangehöriger keine Staatsgeheimnisse zum Zwecke der Presseveröffentlichung mitteilen werde.
Der Richter hat hinzugefügt, die Frage nach dem Informanten diene daher seiner — des Journalisten — Entlastung und könne im Endergebnis unter Umständen eine Einstellung des Verfahrens herbeiführen.
Ich glaube, jeder muß zugeben, daß diese Belehrung rechtlich zutreffend war. Es muß aber auch festgestellt werden, daß eine Zusicherung von Straffreiheit nicht erfolgt ist. Gegen die Abgabe einer solchen Zusicherung spricht im übrigen schon, daß nur der Generalbundesanwalt mit Zustimmung des Bundesgerichtshofs, nicht aber der Ermittlungsrichter, zur Einstellung des Verfahrens in der Lage ist.
Nun darf ich noch eine persönliche Bemerkung anknüpfen.