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    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1959 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fragen der Justizpolitik (Drucksache 569) Dr. Arndt (SPD) . . . . . 3047 B, 3118 B Schäffer, Bundesminister . . 3056 A, 3076 D, 3117 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3069 C, 3095 B Jahn (Marburg) (SPD) 3069 D Dr. Kanka (CDU/CSU) . . . 3077 D, 3114 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 3082 A Dr. Schneider (Lollar) (DP) . . . 3086 D Rehs (SPD) 3091 B Benda (CDU/CSU) . . . . . . 3098 C Dr. Stammberger (FDP) 3106 A Wittrock (SPD) . . . . . . . 3107 C Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . 3110 D, 3114 A Dr. von Brentano, Bundesminister . 3113 B, 3114 C Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3118 B Entwurf eines Gesetzes zu den Vereinbarungen mit den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Ver- einigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, der Republik Frankreich, des Königreichs Dänemark, des Königreichs der Niederlande und des Königreichs Belgien über gegenseitige Hilfe gemäß Art. 3 des Nordatlantik-Vertrages (Drucksache 47); Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 593) — Zweite und dritte Beratung Graf Adelmann (CDU/CSU) . . . 3123 D Erler (SPD) 3124 C Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) 3126 C Schultz (FDP) . . . . . . . . 3129 D Probst (Freiburg) (DP) . . . . . 3130 B Entwurf eines Gesetzes über das Europäische Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 541); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 785, zu 785) — Zweite und dritte Beratung — 3130 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3131 C Anlagen 3133 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3047 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9,03 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 55. Sitzung Seite 3002 D Zeile 11 statt „Rademacher". Ramms. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3133 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 4.4. Altmaier* 23.1. Dr. Atzenroth 22.1. Dr. Bärsch 23.1. Baur (Augsburg) 23.1. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Birkelbach*- 23.1. Fürst von Bismarck* 23.1. Blachstein* 23.1. Frau Blohm 31.1. Diel (Horressen) 23.2. Dr. Eckhardt 10. 2. Eilers (Oldenburg) 23.1. Etzenbach 7.2. Frenzel 23.1. Dr. Furler* 23.1. Gedat 30. 1. Geiger (München) 23.1. Gerns* 23.1. D. Dr. Gerstenmaier 23.1. Gleisner (Unna) 20. 2. Graaff 23.1. Dr. Greve 7.2. Dr. Gülich 31. 1. Haage 23.1. Häussler 23.1. Heinrich 31.1. Heye* 23.1. Höfler* 23.1. Frau Dr. Hubert* 23.1. Jacobs 28. 2. Dr. Jaeger 26.1. Frau Kalinke 31.1. Kiesinger* 23.1. Dr. Kliesing (Honnef)* 23.1. Köhler 24.1. Dr. Kohut O 24.1. Dr. Kopf* 23.1. Kramel 16.2. Kriedemann 22.1. Kühn (Bonn) 26.1. Kühn (Köln)* 23.1. Kunst 31.1. Kurlbaum* 23.1. Dr. Leverkuehn* 23.1. Lücker (München)* 23.1. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30.1. Dr. Martin 26.1. Mank 24.1. Frau Dr. Maxsein* 23.1. Memmel 31.1. Dr. Mende* 23.1. Dr. Menzel 15.2. Metzger* 23.1. Dr. Meyer (Frankfurt)* 23.1. *für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaub bis einschließlich Müser 17.2. Dr. Oesterle 6.2. Paul' 23.1. Pelster 31.1. Pernoll 23.1. Pütz 14.2. Rademacher 24.1. Frau Dr. Rehling* 23.1. Dr. Reith 31.1. Rohde 31.1. Ruf 23.1. Dr. Schild 22.1. Dr. Schmid (Frankfurt)* 23.1. Schneider (Hamburg) 2.2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15.2. Schütz (München)* 23.1. Seidl (Dorfen)* 23.1. Dr. Serres* 23.1. Vogt 23.1. Dr. Wahl* 23.1. Walpert 31.1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 31.1. Weinkamm 23.1. Wullenhaupt 24.1. Dr. Zimmer* 23.1. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehrs auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ritzel (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 31) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um das neu eingerichtete Autotransportwesen der Bundesbahn mit wesentlich vermehrten Ein- und Ausladestationen auszustatten? Ist die Bundesregierung insbesondere bereit, die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zu veranlassen, auf den bis jetzt für cien Autotransport erschlossenen Strecken eine vor Beginn der Bahnreise des Automobilisten stattfindende Verladung des Autos in geschlossenen oder offenen Güterwagen so rechtzeitig zu ermöglichen, daß der Reisende bei seiner Ankunft am ausländischen oder innerdeutschen Bestimmungsort seinen Wagen sofort zur Verfügung hat? Sieht die Bundesregierung auch die Möglichkeit, die Einrichtung des Autotransports von bundesdeutschen Stationen nach Berlin durchzuführen? Die Beförderung von Autos mit Reisezügen war 1958 noch auf die Sommersaison (Juni bis Oktober) beschränkt. Im vergangenen Jahre waren Autotransportwagen einmal zwischen Hamburg und Basel und zum andern in der Verbindung Ostende-München eingesetzt. Im kommenden Sommer sollen versuchsweise in zwei weiteren Zügen Autotransportwagen mitgeführt werden. Einer dieser Züge wird zwischen Mülheim (Ruhr)-Speldorf und München Ost verkehren. Kraftwagen können dabei auch in Düsseldorf Hauptbahnhof und in Köln-Deutz ein- und ausgeladen werden. Der andere Transportwagen wird von Großenbrode mit Verlademöglichkeit in Lüneburg nach München Ost und zurück verkehren. 3134 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 Zweck des seit einigen Jahren versuchsweise eingeführten Verfahrens ist es, die Reisenden, die am Tage ihren Kraftwagen benutzen, nachts mitsamt ihrem Fahrzeug über längere Strecken auf der Schiene zu befördern. Demgemäß sind jedem der genannten Züge Schlaf- und Liegewagen beigegeben. Eine Unterwegsbedienung ist im allgemeinen deswegen nicht vorgesehen, weil nach allen bisherigen Erfahrungen kein Interesse an einer Kurzstreckenbeförderung besteht und bei der bisherigen Fahrplangestaltung die Zwischenbahnhöfe zur Nachtzeit angelaufen werden. Die Beförderung von Kraftwagen in Tageszügen wurde bisher nicht gefordert. Sie ist deshalb bis auf weiteres auch nicht geplant. Zudem gibt es nur wenige Großstadtbahnhöfe, deren Bahnsteige ohne Schwierigkeit von Personenkraftwagen erreicht und befahren werden können. Die Bundesbahn prüft laufend die Möglichkeit, weitere Verbindungen dieser Art zu schaffen. Maßgebend für die Einrichtung weiterer Verkehre sind neben der Nachfrage die Einrichtung der Personenbahnhöfe mit Anfahrrampen und ausreichend breiten Bahnsteigen sowie das Vorhandensein entsprechend ausgerüsteter Transportwagen. Zur Zeit ist die Bundesbahn bemüht, die Konstruktion der Verladeeinrichtungen dieser Wagen zu verbessern, um die Aufenthalte der Züge abzukürzen. Bei dem heutigen Verfahren hat der Reisende seinen Wagen unmittelbar nach der Ankunft des Zuges zur Verfügung. Es ist deshalb nicht erforderlich, ihm eine vorausgehende Verladung zu ermöglichen, soweit die Beförderungsart „Auto im Zuge" eingeführt ist. Übrigens könnten normale Güterwagen, auf die der Reisende etwa vorher sein Fahrzeug verladen hat, deshalb nicht mit Schnellzügen befördert werden, weil sie für solche Geschwindigkeiten nicht geeignet sind und weil im allgemeinen auf den Personenbahnhöfen unterwegs . nicht die erforderliche Zeit für das Ein- und Ausrangieren vorhanden ist. In den Jahren vor dem letzten Krieg konnten Personenkraftwagen auf allen Güterabfertigungen gegen einen stark ermäßigten Beförderungspreis zur Beförderung mit Güterzügen nach allen Richtungen aufgegeben werden. Von dieser Einrichtung ist so gut wie kein Gebrauch gemacht worden, weil im Güterverkehr, der zum grollen Teil mit Bedarfsgüterzügen bedient wird, die Ankunftszeit im allgemeinen nicht mit völliger Sicherheit vorher angegeben werden kann. In gewissen Schnellzügen werden dagegen besonders eingerichtete Gepäckwagen mitgeführt, die der Autobeförderung dienen. Dabei handelt es sich einmal um Doppelstockgepäckwagen (DPw4üm) mit Schwenkhubbühne. Hier werden die Autos vom Bahnsteig aus durch die Seitentür verladen; Fassungsvermögen 8 Kraftwagen. Außerdem werden zukünftig — ohne Möglichkeit der Verladung an Zwischenstationen — Gepäckwagen mit Stirnwandtüren (MPw4i) verwendet, in denen zwei bis drei Kraftwagen unterzubringen sind. Bisher lief je einer der erwähnten Doppelstockwagen im Fernschnellzug „Komet" zwischen Hamburg und Basel. Der Verkehr wurde täglich bedient. An zwei Wochentagen liefen die Wagen bis Chiasso durch; jedoch soll diese Verlängerung nach Chiasso aufgegeben werden. Ferner gab es eine Verbindung Ostende—München, die an einzelnen Tagen, 1958 insgesamt 19mal, bedient wurde. Hier fanden belgische Spezialgüterwagen Verwendung, die für den Lauf in Schnellzügen geeignet sind. Die neugeplanten Verbindungen Mülheim (Ruhr)—München Ost und Großenbrode—München Ost sollen dreimal wöchentlich durchgeführt werden. Hier werden Gepäckwagen mit Stirnwandtür verwendet. Für die Beförderung der Pkw in Autotransport-wagen wird eine mäßige Fracht erhoben, die nicht vom Gewicht der Wagen abhängig ist. Unterschieden wird lediglich zwischen Pkw mit einer Länge von bis zu 4,42 m und größeren Wagen. Die Beförderungsart „Auto im Reisezug" hat im letzten Jahr recht lebhaften Zuspruch gefunden. Gezählt wurden in der Verbindung Hamburg—Basel 2535 Pkw und 6252 Reisende, auf der Strecke Ostende — München (an 19 Tagen) 865 Pkw und 2573 Reisende. Im Verkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin kann eine Beförderung auf Autotransportwagen nur eingeführt werden, wenn die Deutsche Reichsbahn (Ost) diesem Verfahren zustimmt. Das ist kaum anzunehmen, um so mehr als gegenwärtig die Zahl der verkehrenden Reisezüge sehr gering ist und deswegen diese Züge schon heute bis an die Grenze des Möglichen mit Personenwagen ausgelastet sind. Dr.-Ing. Seebohm Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 37) : Welche Zeitspanne ist im Rahmen des Straßenbauprogramms des Bundesverkehrsministeriums für den Ausbau der Strecke vom Nürnberger Kreuz nach Tennenlohe und damit zum Anschluß an die bereits vierspurig befahrbare Bundesstraße 4 zwischen Tennenlohe und Erlangen vorgesehen? Ist bei den Planungen zum weiteren Ausbau der Bundesstraße 8 schon eine Entscheidung in der Frage der Ortsumgehungen von Langenzenn und Emskirchen getroffen worden? Die für den Vollausbau der Autobahnteilstrecke Nürnberger Kreuz — Tennenlohe erforderlichen Mittel stehen zur Verfügung. Die Arbeiten zur Herstellung des Fahnbahnunterbaues und eines Teiles der Fahrbahndecke sind vergeben. Der Rest der Deckenarbeiten ist ausgeschrieben; mit der Zuschlagserteilung ist in den nächsten Tagen zu rechnen. Mit der Durchführung der Arbeiten wurde im Herbst 1958 begonnen. Ich rechne damit, daß bis Ende dieses Jahres der gesamte Streckenabschnitt zweibahnig, d. h. vierspurig, dem Verkehr übergeben werden kann. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3135 Im Wirtschaftsplan der Gemeinde Emskirchen ist bereits eine generelle Linienführung für die Ortsumgehung vorgesehen. Für Langenzenn soll ebenfalls die Trasse für eine spätere Umgehung im Wirtschaftsplan der Gemeinde berücksichtigt werden. Nachdem wir uns entschlossen haben, die Autobahn Frankfurt/M.—Würzburg—Nürnberg jetzt beschleunigt zu bauen, sind diese Umgehungen nicht mehr vordringlich. Der derzeitige starke und für die Gemeinden besonders lästige Durchgangsverkehr wird künftig von der Bundesstraße 8 abwandern und auf die neue Autobahn übergehen. In den generellen Planungen der beiden Ortsumgehungen und deren Aufnahme in die Wirtschaftspläne der Gemeinden sehe ich eine vorsorgliche Maßnahme, um die Mögkeit für spätere Umgehungen bei einer heute noch nicht voraussehbaren Verkehrsentwicklung offenzuhalten. Dr.-Ing. Seebohm
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    Rede von Dr. Wolfgang Stammberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haben Sie keine Angst, ich möchte die Debatte nicht unnötig lange „ausstracken". Ich möchte auch der Bundesregierung weder weitere „Hallsteine" in den Weg legen, noch ihr zusätzliche „Blankenhörner" aufsetzen.

    (Heiterkeit.)

    Ich tue das allerdings nicht unter dem Eindruck der Ermahnung des Herrn Bundeskanzlers gegenüber meinem Freund Bucher, man dürfe so hochgestellte Persönlichkeiten nicht kritisieren. Diese Kritik, meine Damen und Herren, ist unser gutes Recht, und wir werden davon Gebrauch machen, wann immer, wie immer und wozu immer wir das für notwendig halten.

    (Beifall bei der FDP und SPD. — Abg. Dr. Weber [Koblenz] : Dann muß sie aber fundiert sein!)

    Aber ich möchte — Herr Kollege Weber, beruhigen Sie sich nur — zu einem Punkt sprechen, der heute noch sehr wenig Beachtung gefunden hat. Das ist der Punkt 9 der Großen Anfrage der SPD, den die SPD leider nicht begründet, den aber der Herr Bundesjustizminister dennoch beantwortet hat.
    Der Herr Bundesjustizminister hat sich in seiner Beantwortung gegen den Vorwurf eines mangelnden rechtsstaatlichen Verhaltens verwahrt. Zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme von Geheimpatenten oder angeblichen Geheimpatenten hat er sich dabei auf die §§ 99 ff. des Strafgesetzbuches und vor allem auf den § 30 a des Patentgsetzes berufen. Nun, Herr Bundesjustizminister, Sie wissen genauso gut wie ich, daß § 30 a des Patentgesetzes nur gilt, wenn der Erfinder seine Rechte abtritt und der Bund dann der Anmelder ist, mit anderen Worten, wenn zwischen beiden vorher eine Einigung zustande gekommen ist.
    Was aber geschieht nun, meine Damen und Herren, wenn das nicht der Fall ist, wenn es zu einer solchen Einigung — aus welchen Gründen auch immer — nicht kommt? Wenn das alles richtig wäre, Herr Bundesjustizminister, was Sie hier vorhin gesagt haben, dann hätte es nicht des juristischen Schleichweges bedurft, den man zweifellos mit ministerieller Rückendeckung eingeschlagen hat, als der Herr Präsident des Deutschen Patentamts seine Mitteilung vom 14. August 1956 herausgegeben hat, die nunmehr eine dubiose, eine höchst dubiose Rechtsgrundlage für solche Verfahren ist; ich darf wohl annehmen, daß die erwähnte Mitteilung der Grund für diesen Teil der Großen Anfrage der SPD gewesen ist.
    Ich möchte hier einmal auf eine andere Bestimmung des Patentgesetzes, auf den § 8, zu sprechen kommen. Nach diesem Paragraphen hat die Bundesregierung die Möglichkeit, in die Lizenzrechte vor allem hinsichtlich der Ausschließlichkeit einzugreifen, wenn ihr dies im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt oder der Sicherheit des Bundes als notwendig erscheint. Das ist insofern bemerkenswert, als hier die Rechte des privaten Schutzrechtinhabers soweit wie möglich auf rechtsstaatlicher Grundlage gewahrt werden. Dort ist nämlich die Anfechtung einer solchen Anordnung vor den jeweiligen Verwaltungsgerichten vorgesehen; es ist vorgesehen der Anspruch auf eine Vergütung, also eine Entschädigung für die Benutzung, die notfalls im Streitfalle durch Anrufung der ordentlichen Gerichte eingeklagt werden kann.
    Die Mitteilung des Präsidenten des Bundespatentamts vom 14. August 1956 geht weit über das hinaus. Sie entspricht vielmehr der seinerzeit im Entwurf der Bundesregierung im 1. Bundestag vorgesehenen Fassung eines § 30 a Abs. 2, wonach auch Patente Dritter als Geheimpatente behandelt werden können, wenn dies der Präsident des Patentamts auf Weisung einer obersten Bundesbehörde mit Rücksicht auf die Sicherung des Staates anordnet. Diese Bestimmung war im Gesetz von 1936 nicht enthalten; sie ist vielmehr erst durch eine Kriegsverordnung im Jahre 1939 eingeführt worden, und im Jahre 1953 hielt es der 1. Bundestag — aus welchen Gründen auch immer — nicht für erforderlich, diese kriegsbedingte Maßnahme als Dauervorschrift in das geltende Recht aufzunehmen. Er glaubte, daß, wenn es notwendig sei, ein Patent als Geheimpatent zu behandeln, der Bund die Erfindung erwerben und nach § 30 a in seiner jetzt geltenden Fassung als eigenes Geheimpatent anmelden könne. So der damalige Wille des Gesetzgebers!
    Meine Damen und Herren, über alles das setzt sich die Exekutive einfach hinweg, und man hat das Gefühl, daß hier nach dem Grundsatz gehandelt wird: Wenn nicht mit dem Parlament, dann ohne das Parlament, notfalls auch gegen das Parlament! Man kann es auch etwas kürzer sagen: Hier wird nach dem Motto gehandelt: „La loi c'est moi." Hierfür gibt es ja bereits eine regierungsamtliche Übersetzung. Sie stammt vom Herrn Bundespressechef von Eckardt und lautet: Das Kabinett kann das. Der Herr Kollege Rehs hat soeben schon gesagt: das



    Dr. Stammberger
    Kabinett kann das nicht, und ich möchte hier erklären: Das Kabinett kann auch d a s nicht;

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    denn diese Praxis ist nicht nur contra legem, sie ist auch contra constitutionem. Sie kommt praktisch einer Enteignung gleich, und die weisen Väter des Grundgesetzes, wie man sie immer so schön zu nennen pflegt, haben in Art. 14 GG bestimmt, daß eine Enteignung nur erfolgen kann auf Grund eines Gesetzes, das gleichzeitig auch die Entschädigungsansprüche regelt.
    An dieser gesetzlichen Grundlage fehlt es hier. Das hat auch der Herr Bundesjustizminister in seinen Worten ganz offen und mit der ihm eigenen Ehrlichkeit durchblicken lassen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Während im § 8 des Patentgesetzes, den ich vorhin bereits erwähnt habe, alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, findet man nichts davon in der Mitteilung des Bundespatentamtes vom 14. August 1956, obwohl hier die Eingriffe in die Rechte einer Privatperson bedeutend schwerer sind, so schwer, daß damals der Bundestag diesem Vorschlag der Bundesregierung seine Zustimmung versagen zu müssen glaubte.
    Wir Freien Demokraten verkennen durchaus nicht, daß sich die Situation heute gegenüber der Situation im 1. Bundestag politisch und insbesondere militärpolitisch geändert hat. Ich darf heute schon namens meiner Fraktion erklären, daß wir einem Änderungsvorschlag, wie ihn der Herr Bundesjustizminister bereits angekündigt hat — wenn auch mit sehr vagen und zaghaften Worten —, im Grundsatz zustimmen werden. Aber was wir hier verlangen, ist eine klare Entscheidung durch don Gesetzgeber, um die sich die Bundesregierung längst hätte kümmern können, falls sie diese Regelung für notwendig erachtet.
    In dieser Mitteilung des Patentamtes wird von einem Staatsnotstand gesprochen. Das ist ein Wort, das augenblicklich sehr beliebt ist. Ein solcher Notstand liegt im Augenblick zumindest nicht in einer solchen zeitlichen Bedrängnis vor, daß nicht der Gesetzgeber längst hätte Klarheit schaffen können. Was uns aber eher als ein Notstand erscheint, ist der bedenkliche Mangel an rechtsstaatlichem Einfühlungsvermögen bei den für diese Handlungsweise verantwortlichen Ressorts der Bundesregierung. Wir wollen nur hoffen, daß die Bundesregierung wenigstens in diesem Punkte aus dieser Debatte die Konsequenzen zieht und uns sobald wie möglich einen Gesetzentwurf vorlegt, der an Stelle der Besetz- und verfassungswidrigen Mitteilung vom 14. August 1956 und der daraus entwickelten Praxis einwandfreie gesetzliche Voraussetzungen schafft, um die Sicherheit unseres Staates zu gewährleisten, auch ohne den dadurch betroffenen Bürgern dieses Staates ihre verfassungsmäßigen Rechte zu nehmen.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Wittrock.

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    Rede von Karl Wittrock


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier noch einige Bemerkungen zu jenem Punkt unserer Großen Anfrage — und zu den entsprechenden Ausführungen des Herrn Bundesministers der Justiz — machen, der sich mit dem Verfahren gegen Journalisten und mit dem Problem einer geheimen Rechtsprechung befaßt. Zu diesem Punkt ist noch einiges aufzuklären.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)

    Aber zuvor eine kurze Bemerkung zu einem anderen Sachkomplex, zu der Frage der Dauer von Gerichtsverfahren. Es ist sicherlich sehr interessant, was der Herr Justizminister über die Reform der Strafprozeßordnung, überhaupt unseres Verfahrensrechts, gesagt hat. Ich möchte aber die Gelegenheit benutzen, die Bundesregierung darauf hinzuweisen, daß es einen Weg gibt, die auch von dem Bundesjustizminister beklagte Überlastung der Gerichte zu vermeiden oder einzuschränken. Das ist nämlich möglich, wenn die Bundesregierung die Konsequenzen aus einer Stellungnahme des Präsidenten des Bundesrechnungshofes zieht. In dieser Stellungnahme wird darauf hingewiesen, daß die öffentliche Hand in einem zu starken Maße die Gerichte dadurch belastet, daß über Gebühr Rechtsmittel eingelegt werden, daß über Gebühr Verfahren verschleppt werden. Ich meine, die zuständigen Ressorts der Bundesregierung sollten einmal sehr ernsthaft die Dinge überprüfen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Sie brauchen nur mal — um eine Personengruppe zu nennen — die Besatzungsgeschädigten zu fragen, welche Erfahrungen über Verfahrensverschleppungen gemacht worden sind, die der Vertreter des öffentlichen Interesses, des Bundesinteresses, am laufenden Band praktiziert. Da können Ansatzpunkte für Entlastungsmaßnahmen und damit auch für Beschleunigungseffekte gefunden werden.

    (Abg. Jahn [Marburg] : Sehr richtig!)

    Aber nun zum noch wesentlicheren Punkte meiner Ausführungen: Die Antwort des Ministers zu Ziffer 6 unserer Großen Anfrage zeigt: Die Bundesregierung ist sich der Gefahr nicht bewußt, die für die Informationsfreiheit der Presse entsteht, wenn Ermittlungsverfahren gegen Journalisten eingeleitet werden, die bestimmte Vorgänge zur Sprache gebracht haben. Ich kann aus der Antwort des Bundesjustizministers nur eines entnehmen: Die Bundesregierung will die bestehende Gefahr nicht sehen. Wir Sozialdemokraten bleiben dabei: Es gibt Ansätze für eine gefährliche Praxis, Ermittlungsverfahren gegen Journalisten einzuleiten, und zwar offensichtlich mit dem Ziel, die Journalisten zur Preisgabe ihrer Informationsquellen zu veranlassen.
    Wir bleiben dabei auch in dem vom Herrn Bundesjustizminister Schäffer angeführten Fall. Da richtete sich das Ermittlungsverfahren ebenfalls zunächst ausschließlich gegen den berichtenden Journalisten. Es ist eine Verschleierung der Zusammenhänge, Herr Bundesminister, wenn Sie sich hierherstellen und erklären — dem Sinne nach —: Die Bundesanwaltschaft hat alle in Betracht kommenden Personen gerichtlich vernehmen lassen. Entscheidend für die Beurteilung des Vorwurfs, der in der



    Wittrock
    Tat hinter dieser Ziffer der Großen Anfrage steckt, ist nämlich folgendes: Nur einer von all den Personen, die gerichtlich vernommen worden sind, wurde bis kurz vor Ende des Jahres als Beschuldigter vernommen, nämlich der Journalist; die anderen wurden bis kurz vor Ende des Jahres als Zeugen vernommen. Es ist ein Trick, den der Herr Bundesjustizminister gewählt hat. Er spricht davon: Alle sind gerichtlich vernommen worden. Also ist ja alles durchaus in bester Ordnung, gegen alle richten sich irgendwelche Maßnahmen; das ist es, was wir denken sollen! Aber die tatsächlichen Zusammenhänge sind die: Derjenige, der als Beschuldigter herausgepickt worden ist, ist der Journalist, und erst etwa im Dezember ist ein suspendierter Bediensteter der in Betracht kommenden Behörde dann ebenfalls — dann ebenfalls! — als Beschuldigter vernommen worden.
    Das wollte ich einmal hier sagen zur Klarstellung der Art und Weise, wie in diesem doch sicherlich nicht ganz unwesentlichen Punkte von der Bundesregierung der Versuch gemacht wird, den Dingen so einen ganz bestimmten „effet" zu geben.

    (las, was der Sprecher der Bundesregierung ausgeführt hat, nämlich wie so was dann geht, wie ein solches Verfahren eingefädelt wird, mit Erlaubnis des Präsidenten hier zitieren. Es heißt da: Zunächst muß festgestellt werden, ob von diesen Leuten ein Landesverrat begangen worden ist. Das festzustellen ist zunächst einmal Angelegenheit der Behörde der Behörde! —, die festzustellen hat, ob das Verratene oder das, was gesagt wurde, ein Staatsgeheimnis ist. In einer späteren Pressekonferenz hat ein anderer Sprecher der Bundesregierung ebenfalls gesagt: Die Behörde äußert sich dazu zunächst gutachtlich, ob der angegebene Vorgang oder die angegebene Tatsache ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuches ist. Es heißt dann weiter: Wenn das festgestellt ist, hat der Oberbundesanwalt im Rahmen des Legalitätsprinzips die Pflicht, die Strafverfolgung einzuleiten. In diesem Falle -gemeint ist der Fall, um den es dabei ging — mußte das Innenministerium oder das Verfassungsschutzamt feststellen, daß auch auf dem Sektor des Verfassungsschutzes etwas gesagt worden ist. So werden also diese Verfahren eingefädelt. Eine Verwaltungsentscheidung steht am Anfang. Sie donnert irgend etwas zum Staatsgeheimnis auf, und schon ist man in der Lage, ich will nicht sagen, gleich ein gerichtliches Verfahren, aber doch ein recht unangenehmes Ermittlungsverfahren wie auch in dem besagten Fall —, nämlich ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats, einzuleiten. Was ich hier sage, ist an sich nichts Neues. Es liegt auf der gleichen Ebene wie eine Bemerkung in einem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 27. Juli 1954, in dem es heißt, die Befugnis, amtliche Schriftstücke unter Geheimnisschutz zu stellen, stehe jeder Behörde zu. Vom Geheimnisschutz bis zur Deklarierung als Staatsgeheimnis im Wege einer gutachtlichen Äußerung der zuständigen Behörde, (Abg. Dr. Weber [Koblenz] : Die ist doch nicht bindend!)


    (Hört! Hört! bei der SPD.) Die Behörde stellt das also zunächst fest.


    (Abg. Dr. Weber [Koblenz] : Der Staatsanwalt ist doch nicht daran gebunden!)

    die ihre gutachtliche Äußerung der Bundesanwalt-
    schaft übermittelt, ist es ein ganz kleiner Schritt.
    Das ist so wichtig und eine auch für die Presse so gefährliche Grenze, daß wir der Auffassung sind, diese Gelegenheit, in der es darauf ankommt, auch diesen justizpolitisch interessanten Tatbestand aufzudecken, müsse dazu benutzt werden, diese Zusammenhänge einmal vor der Offentlichkeit dieses Hauses darzulegen.
    Daß bei einer solchen Praxis ein Journalist sich sehr leicht ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats zuzieht, wenn er nicht nur in die Verfassungsschutzämter, sondern überhaupt in das Dunkel der Geheimfondsinstitutionen hineinleuchtet — und deren gibt es eine ganze Menge —, liegt auf der Hand. Wir können ohne weiteres sagen: Hier herrscht Rechtsunsicherheit und somit keine Rechtsstaatlichkeit.
    Das ist auch damals in der von mir erwähnten Pressekonferenz von den anwesenden Journalisten deutlich empfunden worden. Diese haben nämlich Fragen an die Regierungsvertreter gerichtet, zum Beispiel die Frage: Wie erkenne ich, ob die Stellung eines Beamten, seine Funktion usw., ein Staatsgeheimnis ist? Gibt es hierüber Urteile? Wo finde ich die Urteile?
    Die Vertreter der Bundesregierung haben darauf geantwortet: Es gibt Kommentare, auch hier im Hause, und da können Sie nachsehen. Es gibt auch Urteile, aber — Herr Bundesminister, das haben die Regierungssprecher erklärt — diese Urteile sind geheim.
    Es mutet wie ein Hohn an, daß in dieser Debatte der Bundesminister der Justiz der wißbegierigen Presse — das sind Zusammenhänge, die die Presse unmittelbar außerordentlich interessieren — emp-



    Wittrock
    fiehlt, ihre Veröffentlichungsaufgabe zu erfüllen. Ich kann mir das nur so erklären, daß der Herr Bundesminister der Justiz über die wahren Zusammenhänge gar nicht richtig informiert worden ist; denn er hat ja hier — und darin stimme ich ihm durchaus zu — ausgeführt, der Geheimnisschutz dürfe sich nicht auf die juristische Würdigung erstrecken. So habe ich ihn verstanden: daß die juristische Würdigung auch in Zeitschriften usw. veröffentlicht werden kann.
    Herr Minister, die Praxis ist wesentlich engherziger und ängstlicher als Sie, und das wissen auch die Herren Ihres Ministeriums. Um Ihnen, Herr Minister, diese bestehende Praxis anschaulich zu machen und damit unter Beweis zu stellen, daß es tatsächlich eine geheime Rechtsprechung gibt, erwähne ich einen Beschluß des Bundesgerichtshofs, der kurz und lapidar lautet: Die Anordnung des Vorsitzenden des Senats vom 15. 4. 1954, durch die das in der vorbezeichneten Sache ergangene Urteil des Zweiten Strafsenats des Bundesgerichtshofs als „geheim" unter formelle Sekretur gestellt wurde, wird bestätigt.
    Ich glaube, daß im Hinblick auf diese Feststellung Ihre Behauptung, Herr Minister, es gebe keine geheimen Urteile und es gebe keine geheime Rechtsprechung zum Begriff des Staatsschutzes und der Staatsgefährdungsdelikte, einfach nicht aufrechterhalten werden kann.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß gerade auf dem Gebiete der Rechtsprechung zum Staatsschutzrecht die Öffentlichkeit und Transparenz mindestens in der Wiedergabe der juristischen Entscheidungsgründe bestehen muß. Ich nehme an, daß bei dieser Debatte unter anderem mit herauskommt, daß das Bundesministerium der Justiz dafür Sorge tragen wird, hier eine weitestgehende Transparenz der juristischen Erwägungen eines Gerichts zu den einzelnen Staatsschutztatbeständen zu gewährleisten, denn gerade die Rechtsprechung zum Staatsschutzrecht — das haben ja die Journalisten in dieser Pressekonferenz damals sehr deutlich empfunden — muß nicht nur für die möglicherweise Betroffenen übersehbar sein, sondern die besondere Problematik verlangt auch die ständige Durchleuchtung dieser Rechtsprechung durch die Rechtswissenschaft und überhaupt durch die Öffentlichkeit.
    Herr Kollege Kanka, jetzt kommt etwas sehr Wichtiges, was Sie interessieren wird: Wie sehr heute schon die kritische Durchleuchtung der Staatsschutzrechtsprechung im Rahmen dieser geheimen Rechtsprechung gefährdet ist, zeigt folgender Sachverhalt.
    Eine juristische Fachzeitschrift verlangt von dem Verfasser eines Aufsatzes über Probleme des Staatsschutzrechts die schriftliche Versicherung, daß kein von ihm zitiertes bisher unveröffentlichtes Urteil ein Geheimurteil ist! Das mag eine übertriebene Vorsicht sein, aber der Vorfall zeigt, Herr Kollege Kanka, wie weitverbreitet heute die Sorge ist, auf dem Gebiete des Staatsschutzrechts und durch die Existenz von Geheimurteilen mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.
    Vielleicht ist das ein Barometer dafür, in welch starkem Maße heute, wo Sie immer so von der Integrität unserer Staatsschutzvorschriften überzeugt sind, die Tatbestände bereits „ausgeufert" sind. Ich möchte einen Gedanken aufgreifen, der in diesem Hohen Hause am Schlusse der letzten Wahlperiode bereits angeklungen ist: Vielleicht sollte der Bundestag einmal darüber nachdenken, ob er ein größeres Maß an Rechtssicherheit und Straffung dadurch erreichen kann, daß er der Reform des Staatsschutzrechts bei der Strafrechtsreform den Vorrang einräumt, Herr Minister. Auch die Frage einer Amnestie gehört zu diesem ganzen Fragenkomplex; aber das mag jetzt nicht erörtert werden.
    Heute und hier müssen wir verlangen, daß es um der Rechtssicherheit willen keine Geheimurteile
    gibt. Und da kann man es sich nicht so leicht machen, wie das der Bundesjustizminister, wahrscheinlich in Ermangelung von ausreichenden Informationen, hier getan hat. Um der Wahrung einer ausgeglichenen demokratischen Ordnung willen muß der Unfug eingestellt werden, bestimmte kritische Tatbestände und Vorgänge — ich denke hier an die Geheimfondssphäre und alle dort tätigen Funktionsträger — zum Staatsgeheimnis aufzuzäumen, wenn sie Gegenstand einer Presseberichterstattung werden. Die Unterrichtung einer kritischen Öffentlichkeit, meine Damen und Herren, die Sie auf Güterabwägung Wert legen, kann eher dem Wohl des Staates dienen, und zwar einem wohlverstandenen Wohle des Staates, als das Schweigen über die oft düstere Geheimsphäre gewisser Institutionen.
    Ich frage Sie, Herr Bundesminister, der Sie ja vorgeben oder wenigstens sagen, daß Ihnen die Rechte der Presse, die Pressefreiheit und dergleichen, so sehr am Herzen lägen: Wie soll denn nun die Presse in diese Geheimsphäre hineinleuchten können und ihre staatspolitische Pflicht erfüllen, nämlich Dinge, die faul sind, beim Namen zu nennen, wenn in diesem Bereich die verantwortlichen Staatsfunktionäre mit der Tarnkappe des Staatsgeheimnisses versehen werden, so wie das jetzt der Fall ist, indem die zuständigen Behörden selber alles das, was dort geschieht, zunächst einmal mit dem Etikett des Staatsgeheimnisses versehen?
    Ich räume ein: der Presse wird bei einer Berichterstattung in diesem Bereich eine Interessenabwägung nicht erspart bleiben können. Aber die Regierung sollte und muß der Presse die Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtern. Die Bundesregierung tut jedoch das genaue Gegenteil. Sie hat kein Gespür für die Aufgabe der Presse. Sie ist bestrebt — ich will es Ihnen auch gleich beweisen, verehrte Frau Kollegin Schwarzhaupt —, die Presse durch das Statuieren von Exempeln einzuschüchtern, so daß sich die Journalisten veranlaßt sehen, die Bundesregierung in Pressekonferenzen um die Abgrenzung des Geheimnisbegriffs anzuhalten. Die Bundesregierung geht so weit, Ermittlungsverfahren gegen Journalisten mit dem kaum zu leugnenden Ziel einzuleiten, auf diese Weise der Informanten habhaft zu werden. — Sie zweifeln? Bitte, folgender Sachverhalt: Ein Journalist wird als Beschuldigter vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vernommen, und zwar in



    Wittrock
    einem Verfahren wegen Landesverrats. Der Ermittlungsrichter stellt die Einstellung des Verfahrens nach § 153 c der Strafprozeßordnung in Aussicht, falls der Beschuldigte — also der Journalist — die Namen seiner Informanten preisgibt. Da kann man schlechterdings nicht leugnen, daß das der entscheidende Zweck der ganzen Geschichte ist. Gibt es einen klareren Beweis dafür, daß es in dem ganzen Verfahren nur auf die Feststellung des Informanten ankam? Übrigens soll, so weit ich unterrichtet bin, der Bundesminister des Innern über das Verhalten des Ermittlungsrichters sehr ungehalten gewesen sein.
    In diesem Zusammenhang stelle ich eine Frage: Trifft es zu, daß gegen den Ermittlungsrichter Maßnahmen erwogen worden sind, um so — vielleicht als eine erwünschte Nebenwirkung — zu erreichen, daß ein Austausch des Ermittlungsrichters eintritt? Ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich Wert auf die Beantwortung dieser Frage lege. Vielleicht ist der Herr Bundesminister des Innern in der Lage, hier eine Antwort auf diese Frage zu erteilen.
    Aber wie dem auch sei, es ist ein glatter Mißbrauch des § 153 c der Strafprozeßordnung, wenn er dazu benutzt wird, einen Journalisten zur Preisgabe der Namen seiner Informanten, na, sagen wir ruhig, zu nötigen. Bei den Beratungen in diesem Hause zu § 153 c ist an alles mögliche gedacht worden, nur an so etwas nicht.
    Es ist übrigens sagenhaft — Herr Bundesminister der Justiz, das möchte ich hier mit einer abschließenden Bemerkung noch erwähnen —, wozu der § 153c verwendet wird. Da sitzen ja einige Herren auf der Regierungsbank, die damals im Ausschuß bei den vertraulichen Beratungen die Besorgnisse angehört haben, die durch die Erwartung zerstreut wurden, daß diese Vorschrift unter allen Umständen einschränkend angewandt und um Gottes willen jeder Mißbrauch und jede Ausuferung vermieden wird. Heute müssen wir nach den ersten Erfahrungen sagen: was da passiert, ist einfach sagenhaft.
    Ich will dafür auch ein Beispiel angeben. Gegen eine Frau läuft ein Verfahren wegen Staatsgefährdung. Es wird die Einstellung nach § 153 c beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs nach Abklärung mit der Bundesanwaltschaft erwogen. Der Ermittlungsrichter erklärt dem Sinne nach, nach dem bisher von der Frau Gebotenen könne noch nicht eingestellt werden, die Frau müsse noch etwas weitergehend auspacken. Nun sind dieser Beschuldigten insgesamt 23 ausführliche, schriftlich fixierte Fragen vorgelegt worden; eine dieser Fragen besteht aus 22 Unterfragen. Diese eine Frage ist so interessant, so bemerkenswert, daß ich sie dem Hause nicht vorenthalten möchte. Sie lautet kurz und lapidar: „Was ist über nachstehende Funktionärinnen bekannt?" Dann heißt es im Klammern: „Es interessieren insbesondere deren Zugehörigkeit zur KP, ihre früheren und gegenwärtigen Funktionen, ihr Einsatz durch die KP, ihr Einfluß" — also der Einfluß dieser Personen, — ,,... Bitte auch in zeitlicher Hinsicht möglichst genaue Angaben." Dann folgen die 22 Namen von eben diesen Frauen, die ich hier jetzt nicht verlesen will.
    Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ganz offen sagen: es wird einem übel, wenn man sieht, wie hier eine Frau regelrecht ausgepreßt wird, ehe man ihr die Straffreiheit gewährt. Nach meiner Meinung entspricht ein solches Verfahren, eine solche Praxis, ein solcher Gebrauch, der praktisch ein Mißbrauch einer Bestimmung der Strafprozeßordnung ist, die aus durchaus wohlerwogenen Gründen damals eingeführt worden ist, nicht der Würde eines demokratischen Staates. Da dies nicht ohne die Bundesanwaltschaft geschieht und geschehen kann, dürfte die politische Verantwortung der Bundesregierung außer Frage stehen.
    Meine Damen und Herren, ich will der Versuchung widerstehen, in dieser Debatte weitere kritische Bemerkungen zu machen. Aber ich möchte abschließend noch das eine sagen — in Anlehnung an die ersten Bemerkungen des Kollegen Stammberger —: Wir haben hier in diesem demokratischen Parlament, in dieser Bundesrepublik die Pflicht, die Dinge so auszusprechen, wie sie sind. Zu einer lebendigen Demokratie gehört eine Pflicht zur Kritik; denn nur die Kritik schafft die Voraussetzungen, bestehende Mißstände und Tendenzen zur Unterminierung der demokratischen Institutionen zu vereiteln und ihnen Schranken zu bauen. Der Sinn der Bemerkungen und Ausführungen, die von den Sozialdemokraten gemacht worden sind, ist eben ganz einfach der, der Pflicht zur Kritik zu entsprechen und damit das Recht zur Demokratie zu sichern.

    (Beifall bei der SPD.)