Rede von
Ernst
Zühlke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Die Bundestagsfraktion der SPD hat die Bundesregierung schon am 7. Mai 1958 in einem Antrag ersucht, bis zum 1. September 1958 den Entwurf eines Änderungsgesetzes zum Lastenausgleichsgesetz vorzulegen. Dieser Antrag wurde damals nach unserer Meinung völlig unnötig dem Ausschuß überwiesen. Heute befaßt sich nun der Bundestag mit diesem Antrag und den Beschlüssen des Ausschusses. Das Ergebnis der Ausschußbeschlüsse entspricht nicht ganz unseren Vorstellungen. Die Mitglieder der CDU und CSU im Lastenausgleichsausschuß beschränkten sich auf ein Ersuchen an die Bundesregierung, Vorschläge bis zum Frühjahr 1959 zu machen. Ich möchte zu unseren Anträgen noch folgendes sagen. Wir haben das Ziel verfolgt, die Fristen für die Entrichtung von Lastenausgleichsabgaben zum Zwecke einer schnelleren Erfüllung der Ausgleichsleistungen dort, wo das ohne Härten möglich ist, zu verkürzen und die sonstigen Bedingungen zu vereinfachen.
Begründung: Schon im Herbst 1954 hat die Bundesregierung die Beschleunigung des Lastenausgleichs zugesagt. Zwar steht in diesem Jahr durch Mittel des Kapitalmarktes eine halbe Milliarde D-Mark zusätzlich zur Verfügung. Dennoch reicht dieser Betrag für eine beschleunigte Abwicklung nicht aus. Die SPD-Bundestagsfraktion vertritt die Auffassung, daß wirtschaftlich sehr gut fundierte Abgabepflichtige durchaus in der Lage wären, unter Anrechnung auf die letzten Laufjahre erhöhte Abgaberaten zu zahlen. Nach dem Bericht der Bundesministerien für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegssachgeschädigte und der Finanzen, der als Anlage zum Schriftlichen Bericht vorliegt, haben von der vorzeitigen freiwilligen Ablösung der Abgabeschuld nur 9 % aller Vermögensabgabepflichtigen, 18 % aller Hypothekengewinnabgabepflichtigen und 12 % aller Kreditgewinnabgabepflichtigen Gebrauch gemacht. Hier handelt es sich um einen Personenkreis mit überwiegend geringeren Abgabeverpflichtungen. Wenn hier keine gesetzliche Veränderung eintritt, werden die Geschädigten, die die Heimat und all ihren Besitz verloren haben, noch bis zum Jahre 1978, also 30 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, warten müssen.
Ich wiederhole jetzt einige Gedanken, die immer wieder auch in der Öffentlichkeit herausgestellt werden. Viele der Geschädigten sind schon
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2945
Zühlke
jetzt darüber hinweggestorben; viele werden noch sterben, ohne den Ausgleich ihrer materiellen Verluste zu erleben. Es war in der Tat einmal an die Umverteilung der erhalten gebliebenen Vermögen gedacht. Gesetzlich ist der Begriff der Vermögensabgabe noch vorhanden, doch es ist keine echte Vermögensumschichtung oder Vermögensabgabe; denn in Wahrheit zahlt bei uns der Verbraucher ganz allgemein mit Konsumverzicht die Vermögensabgabe zum Lastenausgleich.
Denn sie ist in den Kreisen der Erzeuger als Kosten einkalkuliert.
Ferner war in unserem Antrag hervorgehoben, und ich will das noch einmal betonen: Die SPD-Bundestagsfraktion hält weiterhin an einer Anhebung der Unterhaltshilfesätze fest, an einer Verbesserung der Bestimmungen über die Verrechnung zwischen Unterhaltshilfe und sonstigen Einkünften, an einer Verbesserung der Anrechnungsbestimmungen zwischen Unterhaltshilfe und Hauptentschädigung.
Wie außerdem aus dem Bericht des Bundesministeriums zu ersehen ist, steht noch eine Regelung betreffend die Ersatzeinheitsbewertung aus. Der Bericht sagt: „Es kann damit gerechnet werden, daß das Bundeskabinett im Frühjahr des kommenden Jahres die Rechtsverordnungen vorlegen wird, um die Feststellungen bestimmter Fakten durchführen zu können." Dadurch ist die im Feststellungsgesetz enthaltene Voraussetzung für die Entschädigung heute noch nicht abgeschlossen.
Es wird von der SPD-Bundestagsfraktion begrüßt, daß sich Beirat und Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt in ihren letzten Sitzungen mit der Verwendung von Mitteln für das Rechnungsjahr 1959 jetzt schon befaßt haben und die vorhandenen Mittel rechtzeitig verteilen werden. Die Anspruchsberechtigten aus dem Lastenausgleich bleiben nach dem Verhalten der Mehrheit des Lastenausgleichsausschusses weiterhin in der Ungewißheit, wann ihre berechtigten Wünsche in Erfüllung gehen werden.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich auch in Zukunft bemühen, eine Verbesserung des Lastenausgleichs zu erreichen. Sie hofft dabei auf die Unterstützung derjenigen, die heute noch keine Veränderung zugunsten der Geschädigten durchführen wollen. Trotz dieser Tatsache werden wir dem Ausschußantrag unsere Zustimmung nicht verweigern.