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ID0305301200

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    Deutscher Bundestag 53. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1958 Inhalt: Glückwunsch zum 71. Geburtstag des Abg. Nieberg 2909 A Erweiterung der Tagesordnung 2909 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (Frenzel, Dr. Böhm, Dr. Dehler u. Gen.) (Drucksache 706) — Erste Beratung — . 2909 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1959 (Drucksache 650) — Fortsetzung der ersten Beratung —, Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1958 an (Drucksache 703) — Erste Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 2909 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 2920 B Lenz (Trossingen) (FDP) 2929 B Niederalt (CDU/CSU) 2933 B Dr. Schild (DP) . . . . . . 2938 A Etzel, Bundesminister 2942 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 484); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 690) — Zweite und dritte Beratung — Seuffert (SPD) 2943 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Änderung und Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 366); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 695); Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (FDP) (Drucksache 631) — Erste Beratung — Zühlke (SPD) 2944 C Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 2945 B Kuntscher (CDU/CSU) . . . . 2945 D Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des § 64 des Landbeschaffungsgesetzes (Drucksache 601); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 700) — Zweite und dritte Beratung — Eilers (Oldenburg) (FDP) . . . . 2946 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Eignungsübungsgesetzes (Drucksache 705) — Erste, zweite und dritte Beratung — 2947 B Entwurf eines Gesetzes zu den internationalen Betäubungsmittel-Protokollen von 1946, 1948 und 1953 (Drucksachen 453, zu 453) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen (Drucksache 701) — Zweite und dritte Beratung — 2947 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vierten Zusatzabkommen vom 1. 11. 1957 zum Zollvertrag mit der Schweizerischen Eid- II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 genossenschaft (Drucksache 524); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 689) — Zweite und dritte Beratung — 2947 D Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 523); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 688) Junghans (SPD) . . . . . . . 2948 B Entwurf einer Verordnung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Durchführung und Ergänzung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer (Drucksache 655) ; Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 714) 2948 C Antrag des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Veräußerung bundeseigener Grundstücke im Bereich Alter Postplatz, Rotebühl- und Fritz-Elsas-Straße in Stuttgart an die Stadt Stuttgart (Drucksache 694) . . . . 2948 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Kriegsopferversorgung (Drucksache 621) . . 2948 D Nächste Sitzung 2948 D Anlagen 2949 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2909 53. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Altmaier 13. 12. Frau Beyer (Frankfurt) 11. 12. Birkelbach 12. 12. Frau Dr. Bleyler 13. 12. Brand 13. 12. Cramer 13. 12. Dr. Dittrich 31. 12. Dr. Eckhardt 12. 12. Frau Eilers (Bielefeld) 31. 12. Engelbrecht-Greve 12. 12. Even (Köln) 11. 12. Faller 11. 12. Fuchs 13. 12. Dr. Furler 12. 12. Heinrich 31. 12. Höfler 13. 12. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Kalbitzer 12. 12. Keuning 11. 12. Kiesinger 12. 12. Kramel 31. 12. Kriedemann 31. 12. Kühn (Köln) 11. 12. Leber 12. 12. Lohmar 31. 12. Dr. Maier (Stuttgart) 13. 12. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 13. 12. Margulies 13. 12. Mengelkamp 15. 12. Müser 13. 12. Neubauer 12. 12. Dr. Preiß 31. 12. Pütz 13. 12. Reitzner 31. 12. Richarts 12. 12. Scheel 13. 12. Scheppmann 13. 12. Dr. Schmidt (Gellersen) 11. 12. Schneider (Hamburg) 12. 12. Dr. Schneider (Saarbrücken) 31. 12. Schultz 13. 12. Frau Dr. Steinbiß 12. 12. Storch 12. 12. Frau Strobel 12. 12. Dr. Wahl 13. 12. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 16. 12. Winkelheide 11. 12. Wullenhaupt 11. 12. Anlage 2 Umdruck 194 Änderungsantrag der Abgeordneten Seuffert, Scharnberg, Zühlke und Dr. Lindenberg zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes (2. ÄndG ASpG) (Drucksachen 484, 690). Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 5 wird Buchstabe c (Einfügung in § 5 Abs. 4 des Altsparergesetzes) gestrichen. Bonn, den 11. Dezember 1958 Seuffert Scharnberg Zühlke Dr. Lindenberg Anlage 3 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Pohle zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Kriegsopferversorgung (Drucksache 621). Die tiefe Enttäuschung, die sich in den Kreisen der Kriegsopfer nach den Erklärungen des Herrn Bundesministers Blank über seine Vorstellungen zur Neuordnung der Kriegsopferversorgung gezeigt hat, ist in diesem Jahr nicht mehr zu beheben. Es ist seitens der Bundesregierung weder der Versuch gemacht worden, im Wege einer Überbrückungszahlung dem veränderten Preisgefüge seit Verabschiedung der 6. Novelle zum BVG zu begegnen, noch kann mit der Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung in nächster Zeit gerechnet werden. Unter diesen Umständen muß der Bundestag initiativ werden. Mit der Vorlage des Antrages Drucksache 621 soll bewirkt werden, daß der Bundestag die Regierung auffordert, eine Vorlage über eine Überbrückungszahlung einzubringen. Der Termin, der in dem Antrag gesetzt ist, wird nicht innegehalten werden können, doch erwarten meine Freunde, daß der Kriegsopferausschuß und der Bundestag sich mit einem Termin bis spätestens 30. Januar 1958 einverstanden erklären. Die Bundesregierung ist in der dritten Legislaturperiode jetzt über ein Jahr im Amt. Nach der Regierungserklärung soll das Werk der Sozialreform fortgeführt werden. Ein Jahr hindurch hat man wirklich Zeit und Gelegenheit gehabt, für das Gebiet der Kriegsopferversorgung innerhalb der Sozialreform Gedanken und Vorstellungen zu entwickeln, die jetzt in einer Gesetzesvorlage ihren Niederschlag finden müssen. Diese Vorlage erwarten wir spätestens zum Ausklang des ersten Vierteljahres 1959. Wir hoffen zuversichtlich, daß sich der Bundestag in seiner Mehrheit diesen unseren Vorstellungen anschließt. In Kriegsopferfragen bedarf es keiner großen Worte. Es bedarf der menschlichen Anteilnahme mit unserem leidenden Bruder, der Hilfe für die Witwen und die Waisen. Wir haben hier die Hilfsmöglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen. Diesem Ziele dient der Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion. Ich bitte um Ihre Zustimmung, daß er dem Kriegsopferausschuß überwiesen wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Schild


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aussprache in der ersten Lesung soll mehr oder weniger die Weichenstellung geben für die Beratungen im Haushaltsausschuß, für die Beratungen der zweiten und dritten Lesung und schließlich für die Verabschiedung des Haushalts. Wenn ich die bisherigen Ausführungen bedenke, die von der Opposition und von meinen Freunden aus der Koalition gemacht worden sind, dann möchte ich sagen, daß man in den Äußerungen der Opposition gewisse Ressentiments allgemeiner politischer Art feststellen kann, die dem Herrn Bundesfinanzminister nicht gerecht werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Der Bundesfinanzminister steht zum zweitenmal vor diesem Hause. Ich habe dabei empfunden — das ist auch der allgemeine Eindruck, den wir aus der Tagespresse und in der Öffentlichkeit gewinnen —, daß er die gesamten Haushalts-, Finanz- und Steuerprobleme mit einem ungeheuer tiefen Ernst in sich herumträgt, bewältigt und uns vorgetragen hat. Seine Rede ist keineswegs von irgendeinem Optimismus getragen, noch weniger aber von irgendeinem Zweckpessimismus. Seine Rede ist vielmehr in die Gesamtsituation eingebettet, in der wir uns befinden. Wenn man von dieser Gesamtsituation ausgeht, dann sollte man sich negative kritische Äußerungen doch sehr wohl überlegen. In dieser Zeit des Ernstes, in der wir allgemein-politisch diesseits des Eisernen Vorhangs leben, sollte auch sehr überlegt werden, ob man halbnegative Äußerungen tun darf oder nicht. Ich glaube, daß die Gesamtsituation, in der sich der Bundesfinanzminister befindet, auch Maßstab für das ist, was er in seiner Rede an Möglichkeiten, an Aussichten anbietet. Ich halte diese keineswegs für theoretisch.
    Ich halte es nicht für richtig, zu sagen, daß es sich um einen Routinehaushalt handelt. Angesichts der Situation, in der sich der Finanzminister befindet, kann er gar keine anderen Grundsätze verfolgen, als er sie in seiner Rede verkündet hat. Infolge der allgemeinen politischen Unwägbarkeiten und der allgemeinen Spannungsverhältnisse in der Außenpolitik — die Berlinfrage ist schon angeschnitten worden — kann auch die Haushaltspolitik nur mit Schätzungen über das arbeiten, was auf uns zukommen kann. Genauso fragwürdig sind auch die technischen Umwälzungen unserer Zeit zu werten.
    Der Herr Kollege Schoettle hat an der Methode der Gestaltung des Verteidigungshaushalts und an den Spielregeln, mit denen in den letzten vier Jahren der Verteidigungshaushalt behandelt und aufgebaut worden ist, scharfe Kritik geübt. Das mag vom formalen haushaltsrechtlichen Standpunkt aus, der Haushaltsordnung, den Wirtschaftsbestimmungen und allem, was damit zusammenhängt, bis zu einem hohen Grade berechtigt sein. Aber angesichts der technischen und der allgemein-menschlichen
    Entwicklung in Verbindung mit den haushaltspolitischen Zusammenhängen

    (Abg. Dr. Conring: Und angesichts der Forderung der Wirtschaftlichkeit der Ausgaben!)

    und angesichts der Forderung nach Wirtschaftlichkeit der Ausgaben — wie Herr Kollege Conring sagt — kann ich diese Kritik nicht bejahen. Die technischen Umwälzungen haben dazu geführt, daß viele Entscheidungen, die in bezug auf den Verteidigungshaushalt getroffen worden sind, einfach überholt sind und neu gefaßt werden mußten. Wir werden in den nächsten Jahren immer wieder vor dieser Frage stehen. Wegen der wiederholten Umstellungen, die wir bei großen Posten des Verteidigungshaushalts vornehmen mußten, ergaben sich auch letzten Endes die Ausgabenreste.
    Aber nicht nur die militär-technische Umstellung, sondern auch die technischen Strukturwandlungen in unserer Zeit ergeben für den Bundesfinanzminister eine Fülle von Fragen. Er hat nicht etwa eine Übersicht des Statistischen Bundesamts, aus der er die Entwicklung der installierten Energie bei der Automation und Technisierung vorausschauend beurteilen könnte. Auch hat er keinen Überblick über den Verbrauch an Energie in der automatisierten und technisierten Großwirtschaft im Vergleich zur lohnintensiven Wirtschaft, in der wir es ja bislang mit ganz anderen Verhältnissen zu tun hatten. Schließlich befindet er sich in der Situation, mit irgendwelchen Forderungen der Opposition oder einzelner Gruppen dieses Hohen Hauses rechnen zu müssen, Forderungen durch die in der Öffentlichkeit irgendwelche politischen Fragen aufgerollt werden.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat auch von den Problemen der Gesellschaftsstruktur gesprochen, und wir wissen doch alle, daß noch keineswegs ein politisches Leitbild für diese Gesellschaftsstruktur besteht, nicht einmal innerhalb einzelner Fraktionen, geschweige denn im ganzen Haus, so daß der Finanzminister nicht ohne weiteres Schlußfolgerungen daraus für den Haushalt ziehen kann. Ich werde darauf noch eingehend zu sprechen kommen.
    Auch die Disharmonien zwischen Bund und Ländern in Fragen des Grundgesetzes sind keineswegs ausgepaukt. Welche Entscheidungen hier noch getroffen werden und welche Auswirkungen sie auf den Haushalt haben, ist auch für den Finanzminister durchaus fraglich.
    Kollege Niederalt und Kollege Vogel haben die Stellung der Haushaltsreferenten in den einzelnen Ressorts behandelt. Man kann das von ihnen angeschnittene Problem erweitern; es dreht sich nicht nur um die verantwortliche Stellung der Haushaltsreferenten, sondern das Problem ist ganz einfach, daß der Bundesfinanzminister mit dem. Mangel an Zivilcourage rechnen muß. Es fehlt in den einzelnen Ressorts vielfach der Mut, die Dinge so nüchtern zu sehen, wie sie gesehen werden müßten; man darf eben nicht von Wunschträumen ausgehen.

    (Beifall bei der DP und in der Mitte.)

    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2939
    Dr. Schild
    Aber nicht nur an Zivilcourage, sondern auch an Phantasie fehlt es manchmal; oft genug mangelt es auch an der Fähigkeit, die notwendigen Kontakte innerhalb der Ministerien herzustellen.
    Das alles muß man in Betracht ziehen. Der Bundesfinanzminister steht vor der von mir dargelegten Situation, wie wir auch selber alle davor stehen. Ich muß sagen, der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner Rede die vor ihm liegenden Aufgaben sehr ernst genommen. So meine ich, daß es ihm auch mit dem Abbau der Subventionen — wir betreiben ja diese Politik seit langem — ernst ist. Sicher meint er es auch ernst, wenn er das Problem der Ausgabenreste unter die Lupe nehmen will. Ich habe den Eindruck, daß seine Mahnung ebenfalls ernst gemeint ist, daß das Spiel mit den Bindungsermächtigungen so nicht fortgesetzt werden kann.
    Wenn ich die Ausführungen des Bundesfinanzministers auf einen Nenner bringen wollte, würde ich sagen, daß es ihm darum geht, im Rahmen der Möglichkeiten, die ihm die Situation erlaubt, Ordnung zu schaffen. In diesem Sinne stimmen meine politischen Freunde von der Deutschen Partei einigen seiner Thesen und Grundsätze allgemein zu, so etwa der Kennzeichnung als „Haushalt am Rande des Defizits", seiner Forderung nach Sparsamkeit und Harmonisierung von Wirtschafts-, Sozial-, Finanz- und Währungspolitik, damit hier nicht von den verschiedenen Ressorts an verschiedenen Strängen gezogen wird. Auch billigen wir seine Forderung nach Stärkung des Kapitalmarkts und Förderung des Sparsinns der Bevölkerung, ebenso die Forderung, daß der außerordentliche Haushalt künftig aus Kapitalmarktmitteln bedient werden soll, gerade mit Rücksicht auf die mancherlei offenen Fragen. Zwischen Defizit und Juliusturm liegt, wie es Kollege Niederalt in anderen Worten ausgedrückt hat, ein schmaler Grat. Ich habe aus der Rede des Herrn Finanzministers und seinen Maßnahmen den Eindruck, daß er sich bemüht, mit einem „Stopp" gegen das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben wenigstens zu beginnen. Ich habe auch den Eindruck, daß er sich in seiner Rede gegen den Zug der Zeit zur völligen Vergesellschaftung gewandt hat. Er hat ferner scharfe Kritik an den Ausgabenresten geübt — eine Kritik, die das Hohe Haus angeht —, weil diese Einsparungen für andere Zwecke als vorgesehen verwendet worden sind.
    Das ausgewogene Verhältnis zwischen Wirtschaftskraft und sozialer Last hat er besonders betont. Was uns von der Rechten sehr beeindruckt und erfreut hat, ist die von ihm ausgerufene Warnung vor einer fortlaufenden Rentenanpassung in dem System, das wir hier begonnen und vor dem meine Fraktionskollegen ganz besonders gewarnt haben. Seine Warnung vor Zinssubventionen und sein Hinweis auf ihre Fragwürdigkeit bei dem jetzigen Kapitalmarkt, sein Vorhaben, in Zukunft einen Straßenbauplan als besondere Beilage des Haushaltsplans vorzulegen, seine Warnung vor der Tendenz, Länderlasten erneut auf den Bund abzuwälzen und zu übernehmen, und letzten Endes sein Appell an die Selbstverantwortung der Staatsbürger, damit wir nicht Wähler haben, die keine staatsbürgerlichen Pflichten zu erfüllen haben, bejahen wir mit allem Nachdruck.

    (Abg. Frau Kalinke: Sehr gut!)

    So habe ich es wenigstens aufgefaßt, als er die Gemeindeeinwohnersteuer vorschlug, damit auch jeder Staatsbürger, der von der Einkommensteuer befreit ist, merkt, daß er wenigstens in seinem lokalen Bereich zu seiner selbstverwaltenden Gemeinde noch etwas beisteuern muß.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Aber die Haushaltspolitik hat auch ihr eigenartiges Wesen. Sie verlangt auch eine Stabilität, genau wie die Währungspolitik, die Wirtschaftspolitik oder die Konjunkturpolitik. Die Stabilität der Haushaltspolitik aber ist, wenn wir nicht zu grundsätzlichen Reformen kommen, nicht gegeben, weder bei der Regierung noch in diesem Hause. Die Stabilität der Haushaltspolitik hängt von zwei Dingen ab. Sie hängt erstens von einer Reform der Haushaltsordnung und der Wirtschaftlichkeitsbestimmungen ab, die zu Beginn der Existenz dieses Staates, der westdeutschen Bundesrepublik, noch aus dem alten Reich übernommen wurden und mit den Spielregeln unserer repräsentativen Demokratie einfach nicht mehr harmonieren. Wir brauchen ein neues Haushaltsrecht. Ohne die Neuschaffung des Haushaltsrechts einschließlich der Wirtschaftlichkeitsbestimmungen wird es bei den Zuständen bleiben, die Kollege Lenz kritisiert hat, nämlich daß wir nach wie vor einen sogenannten Routinehaushaltsplan haben.
    Diesen Routinehaushaltsplan können wir nur beseitigen, wenn wir an die Grundlagen des Haushaltsrechts herangehen. Bei der Reformierung des Haushaltsrechts ist die parlamentarische Kontrolle ganz anders zu gestalten als bisher in der Haushaltsordnung. All die Probleme der überplanmäßigen und der außerplanmäßigen Ausgaben, der Stellenbesetzung und der Gewalt der Exekutive über diese Dinge müssen neu durchdacht werden. Dem Parlament muß die Möglichkeit gegeben werden, hier rechtzeitig einzugreifen, was jetzt auf Grund des Haushaltsrechts manchmal gar nicht möglich ist.
    In dem Haushaltsrecht fehlt etwas ganz Grundsätzliches: Die sogenannten zeitgemäßen Richtlinien für die Tätigkeit unserer Beamten und Angestellten in den großen wirtschaftlichen Unternehmungen des Bundes. Wir kranken an der Frage, wer eigentlich in den Unternehmungen des Bundes regiert. Wir haben in den vergangenen Monaten den Fall auf uns zukommen sehen, daß der ganze Aufsichtsrat eines Bundesunternehmens abgesägt werden mußte. Aber man hat die Konsequenz für diese Personen nicht bei anderen Gesellschaften gezogen, in denen sie auch noch sitzen; da hat man sie ruhig belassen, ohne zu prüfen, ob da nicht dieselben Fehldispositionen, Unklarheiten und Unmöglichkeiten auftreten.
    Es fehlt der Einbau ganz wichtiger Bestimmungen aus der Verdingungsordnung für Bauleistungen in das Haushaltsrecht. Das betrifft ein großes Kapitel der kritischen Arbeit unseres Rechnungsprüfungsausschusses. In allen Rechnungsprüfungsunterlagen, die wir vom Bundesrechnungshof erhalten, wird
    2940 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958
    Dr. Schild
    doch fast auf jeder Seite, auf der von den Bauvorhaben die Rede ist, gesagt: Was in der Bauwirtschaft von den öffentlichen Baubehörden gemacht isst, schreit geradezu zum Himmel — in der falschen Vorplanung, in der falschen Durchführung, in der falschen Finanzierung. Und was wir uns da im Haushaltsausschuß an Zahlen — im Soll — vorsetzen lassen müssen, das stimmt nachher überhaupt nicht mehr mit der Wirklichkeit überein. — Wichtige Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen gehören also in die Haushaltsordnung, in das Haushaltsrecht hinein. Auch die Funktion des Bundesrechnungshofes ist in diesem Sinne erneut zu überprüfen im Hinblick auf die Notwendigkeit eines vielleicht noch stärkeren Ausmaßes von Eingriffsmöglichkeiten, die wir unter allen Umständen zur Beurteilung der Situation brauchen.
    Meine Damen und Herren, ohne eine Neugestaltung des Haushaltsrechts wird es bei dem Routinehaushalt mit den jetzigen Spielregeln und Methoden bleiben; denn daran ist der Bundesfinanzminister gebunden.
    Das zweite, was wichtig ist, ist die Harmonisierung der haushaltspolitischen Belange zwischen Bund und Ländern. Ich habe schon beim vorjährigen Haushalt gesagt: es kann uns nicht genügen, daß man in Einzelfällen zwischen Bund und Ländern hin und her debattiert: Wer zahlt was? Wer ist wofür zuständig? Die grundgesetzliche Regelung ist in vielen Dingen faktisch überholt. Der Bund zahlt in viele Dinge hinein, die nach dem Grundgesetz ausschließlich Länderbelange wären.
    Die notwendige Harmonisierung braucht mang nicht durch Grundgesetzänderung zu machen; zu ihr kann man durch entsprechende Staatsverträge zwischen Bund und Ländern kommen. Aber es muß endlich dieses Hin und Her aufhören.

    (Abg. Niederalt: Lassen wir es doch bei der Zuständigkeitsregelung des Grundgesetzes!)

    — Herr Kollege Niederalt, was nützt die Zuständigkeit nach dem Grundgesetz, wenn aus allen Kreisen der Bevölkerung, auch aus Bayern, ständig Anträge auch an unser Haus und an den Haushaltsausschuß kommen, daß wir für das allgemeinbildende Schulwesen etwas tun sollen, das doch nach dem Grundgesetz ausschließlich Länder- und Gemeindesache ist?

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Bezüglich der Ausbildung der Beamten steht überhaupt keine Regelung im Grundgesetz; müssen Bund und Länder versuchen, zu einer Harmonisierung der Beamtenausbildung und zu einer Regelung des Austauschs von Beamten zwischen Bund und Ländern zu kommen. Vielfach bekommt doch der Bund einfach nicht die sachverständigen Beamten, die er braucht, um überhaupt seine Aufgaben erfüllen zu können.
    So gibt es eine Menge Angelegenheiten zwischen Bund und Ländern, die man nicht der Zufälligkeit, der Regelung nach Belieben — nach dem Grundsatz: „Es wird schon irgendwie geregelt werden!" —
    überlassen sollte. Man sollte vielmehr alle diese Fragen durch einen Staatsvertrag regeln, die Fragen des allgemeinen Schulwesens, der Krankenhäuser, des Straßenbaues — auch völlig variabel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden —, auch Fragen des Wohnungsbaues, etwa: Was zahlen die Länder, was zahlen die Gemeinden, was zahlt der Bund? Wenn Sie die Kritik des Bundesrates an den Erläuterungen zum Haushaltsgesetz lesen, sehen Sie, daß zwischen Bund und Ländern in bezug auf das Problem der richtigen föderalistischen Relation eine Harmonie nicht vorhanden ist. Solange nicht in einem Staatsvertrag zwischen dem Bund und den Ländern die Harmonisierung der Funktionen und der darauf beruhenden Ausgaben auf lange Sicht, nicht nur für ein Jahr, geregelt ist, fürchte ich, es bleibt bei diesem kritisierten Routinehaushalt.
    Noch etwas anderes ist grundsätzlich wichtig und muß bedacht werden, wenn wir die Haushaltspolitik, die Finanzpolitik und die Steuerpolitik insgesamt beurteilen wollen. Die Bundesregierung und der Bundesfinanzminister haben entsprechend unserem Wunsche das Material zur Beurteilung der finanzpolitischen Gesamtsituation dankenswerterweise weiter ausgedehnt, so daß wir, wenn wir sowohl den Vermögens- und Schuldennachweis wie die Vorbemerkungen wirklich durchforschen, einigermaßen im Bilde sein können, was den Bund betrifft. Gleichzeitig sagt der Herr Bundesfinanzminister aber, daß es sich hier um eine Bewegungsmasse von 39,1 Milliarden handelt, daß die wirkliche Bewegungsmasse, die finanzpolitische Bewegungsmasse und die sozialpolitische Bewegungsmasse in unserem Volke jedoch 77 Milliarden beträgt. Hier fehlt uns also der Funktionshaushaltsplan für das, was im ganzen Volke vor sich geht, nicht nur für das, was im Bund vor sich geht. Wir haben es Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, zu danken, daß wir jetzt wissen, wie der BundesFunktionsplan aussieht, welche einzelnen Ausgaben auf die verschiedenen Funktionen entfallen. Gerade für die Harmonisierung zwischen Bund und Ländern müssen wir und müssen insbesondere die Haushaltsexperten wissen, wie es in den Ländern mit dem Kapitel Wohnungsbau, dem Kapitel Straßenbau, dem Kapitel Lastenausgleich und allen sonstigen Ausgaben aussieht, mit den Lasten also, die die Länder zu tragen haben. Hier müssen wir auch die Relation zum Bund kennen.

    (Abg. Dr. Martin: Wir sind doch Föderalisten!)

    — Warum soll ich in dem Punkt nicht Föderalist sein? Jedenfalls müssen wir hier erst zu Erkenntnissen kommen, bisher haben wir sie nicht. Wir tappen doch völlig im Dunkeln und wissen nicht, ob wir bei den Dotationen an die Länder des Guten zuviel oder zuwenig tun. Wir wissen es nicht, weil wir keinen Funktionshaushalt für das gesamte Aufkommen an Steuern und seine Verteilung auf die einzelnen Funktionsträger haben. Ich bitte deshalb darum, daß das nachgeholt wird, zumindest für das abgelaufene Jahr. Ich kann mir vorstellen, daß es für das Jahr 1959/60 nicht möglich ist; aber für das abgelaufene Jahr, für das alle Länderhaushalte
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2941
    Dr. Schild
    vorliegen, läßt sich ein Überblick über den Gesamtfunktionshaushalt schaffen.
    Wichtig sind auch Schätzungsergebnisse, d. h. praktisch die volkswirtschaftlichen Daten, auf denen wir unsere ganze Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik aufbauen. Hierzu möchte ich sagen, daß die verschiedenen volkswirtschaftlichen Abteilungen: der Bundesbank, des Bundesfinanzministeriums und anderer Ministerien und des Statistischen Bundesamtes, wie sich jetzt bei dem sogenannten Sozialbericht des Bundesarbeitsministeriums gezeigt hat, zu keiner Harmonisierung ihrer Auffassungen und der daraus zu ziehenden Konsequenzen gekommen sind. Wenn ich den Sozialbericht und die Allgemeinen Vorbemerkungen auf wichtige Zahlen hin vergleiche, so finde ich hinsichtlich der Bewertung der Einkommensverhältnisse bei Unselbständigen und Selbständigen und deren Familienangehörigen wesentliche Abweichungen. Wir dürfen uns von derartigen Abweichungen nicht beirren lassen, sondern müssen von der Bundesregierung eindeutige volkswirtschaftliche Daten verlangen. Damit will ich nicht etwa sagen, daß die verschiedenen volkswirtschaftlichen Institutionen, die die Regierung unterhält, aufgelöst werden sollten. Nur müssen die Arbeiten zur Beschaffung des Erkenntnismaterials besser als bisher harmonisiert werden.
    Damit komme ich zu dem von dem Herrn Bundesfinanzminister angeschnittenen Problem der gesellschaftlichen Struktur. Jeder Bundeshaushalt, aber erst recht die Gesamthaushalte von Bund, Länder und Gemeinden stehen im Zusammenhang mit der Struktur der Gesellschaft, in der wir leben und in der wir uns entwickeln. Von der Mittelaufbringung und den öffentlichen Lasten und ihre Verteilung auf die verschiedenen Bevölkerungsschichten gehen Rückwirkungen 'aus, die die Gesellschaftsstruktur entscheidend beeinflussen. Hier befindet sich auch der Herr Bundesfinanzminister in einer fragwürdigen Situation, weil kein einheitliches politisches Leitbild für die Entwicklung der Gesellschaftsstruktur vorhanden ist.
    Die große Schicht der Unselbständigen in unserem Volke lebt unter dem politischen Leitbild „soziale Sicherheit". Das sind etwa 12 Millionen Familien der Arbeitnehmer, der Angestellten und Beamten und etwa 6 Millionen unverheiratete Staatsbürger derselben Schicht. Für die große Schicht der Selbständigen mit etwa 4 Millionen Familien — die Unverheirateten spielen in der Schicht der Selbständigen eine ganz geringe Rolle — besteht keine derartige politische Konzeption. Deshalb ist auch das Subventionsproblem nicht so einfach zu beurteilen.
    In der Schicht der Selbständigen gibt es ganz große Gruppen, denen keine Subventionen aus den Bundes- und Länderhaushalten gezahlt werden. Hier handelt es sich lediglich um kleine berufliche Förderungsmaßnahmen. Ich denke an die 6 Millionen DM Gewerbeförderungsmittel für das Handwerk und an die 2 Millionen DM Gewerbeförderungsmittel für Handel und Gaststätten. Für die freien Berufe gibt es in diesem Haushaltsplan überhaupt
    keine Förderungsmittel; wir müssen sie erst noch einmal beantragen.
    Subventionen im echten Sinne aber gibt es für die große Schicht der gewerblichen Selbständigen und der freien Berufe in den Haushaltsplänen nicht, und das ist gut so. Es ist gut, daß diese Schicht der rauhen Luft des freien Wettbewerbs ausgesetzt ist; denn der Wettbewerb ist die Basis für die Erhaltung der Spannkraft, mit der die Selbständigkeit gewahrt wird, wenn auch manchmal mit sehr viel Defaitismus, wenn auch manchmal mit sehr großem Mißerfolg. Bei aller Kritik an der Subventionspolitik sollte man deshalb bedenken, daß es Bevölkerungsschichten gibt, die sich bislang von dieser Subventionspolitik ferngehalten haben.

    (Sehr wahr! bei der DP.)

    Ich möchte das ausdrücklich betonen, nicht etwa, weil ich in Zukunft für diese Bevölkerungsschichten Subventionen beantragen will, sondern nur, um sie als Vorbild für andere darzustellen.

    (Beifall bei der DP.)

    Sie sehen, wie wichtig es ist, für die Schicht der Selbständigen und ihre Strukturentwicklung gewisse Leitbilder zu schaffen, nach denen man sich auch haushaltspolitisch richten kann.
    Wir haben zwei Anträge vor uns liegen - Sie
    werden sie schon gelesen haben -: einmal den Antrag der Koalition, uns demnächst über die Konzentrationsmaßnahmen in der Wirtschaft und ihre Auswirkungen auf die selbständigen Betriebe zu unterhalten, zum andern den Antrag der SPD, der die Bundesregierung auffordert, einen Lagebericht über die Situation der Mittelschichten — darunter sind die Selbständigen zu verstehen - im November nächsten Jahres vorzulegen. Diese beiden Anträge werden wahrscheinlich in ein und derselben Debatte, lapidar genannt: Mittelstandsdebatte, beraten werden. In Wirklichkeit wird es eine Debatte über die Lage der Selbständigen sein, die man nicht mehr mit dem allgemeinen Schlagwort , Mittelstand" erfassen kann; denn diese landläufige Bezeichnung trifft die Schicht-Situation nicht mehr. Angesichts der Disparitäten zu den Unselbständigen und zu der technisierten, automatisierten Großwirtschaft können wir zukünftig besser von der Schicht der Selbständigen sprechen.
    Aber um diese Disparitäten geht es auch in diesem Haushaltsplan und in den zukünftigen Haushaltsplänen. Wir müssen uns überlegen, wie und mit welchen Mitteln wir finanzpolitisch, steuerpolitisch und haushaltspolitisch mit den aufgetretenen Disparitäten zwischen den lohnintensiven selbständigen Betrieben bis in die freien Berufe hinein einerseits und den energie- und kapitalintensiven, technisierten Betrieben der Großwirtschaft andererseits fertig werden. Zweitens müssen wir uns mit den Disparitäten befassen, die aus dem völlig verschiedenartigen Lebensrhythmus, den Lebensmöglichkeiten und dem Arbeitsaufwand der Selbständigen, im Verhältnis zu den Unselbständigen sich entwickelt haben. Auch über die Spannungsverhältnisse, die durch die unterschiedlichen Lasten, die einerseits die Selbständigen und andererseits die
    2942 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958
    Dr. Schild
    Unselbständigen zu tragen haben, entstanden sind, muß einmal ein offenes Wort gesprochen werden. Gerade die Unterschiedlichkeit dieser Lasten hat letzten Endes zu den großen Disparitäten geführt.
    Das sind einige Grundsätze, die nach unserer Auffassung in Zukunft beachtet werden sollten. Aus ihnen ergeben sich auch gewisse Anträge, die wir im Laufe der Haushaltsberatungen bis zur dritten Lesung stellen werden und für die wir um Ihr Verständnis bitten.
    Ich möchte Sie noch alle bitten, sich den Vermögens- und Schuldennachweis und die Allgemeinen Vorbemerkungen des Haushaltsplanes auf den Seiten 427 bis 444 eingehend anzusehen. Hier werden Sie sehen, auf welchem Wege der Konzernbildung beim Bundesvermögen auf allen Ebenen der Wirtschaft wir uns bewegen. Wir müssen uns ernsthaft überlegen, wie wir dieser Konzernbildung, dieser Vergesellschaftung, dieser völligen Überforderung von Menschen, die diese Dinge leiten sollen, einen Riegel vorschieben können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen zu einer Schlußbemerkung,

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Franz Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sagt mir in der Presse manchmal nach, ich sei fleißig; dieser vielleicht angeborene Fleiß hat mich veranlaßt, während der Diskussion eine Antwortrede auf die Diskussionsbeiträge zu fertigen. Sie ist hier. Aber nun bin ich der Meinung, wir Männer sollten manchmal gute Ratschläge unserer Kolleginnen in diesem Hause entgegennehmen. Eine von mir sehr verehrte Kollegin hat mir im 1. Bundestag einmal etwas gesagt, was ich jetzt befolgen will. Sie hat nämlich gesagt: Mancher Mann verzichtet eher auf eine schöne Frau als auf eine vorbereitete Rede.

    (Große Heiterkeit.)

    Ich meine also auf die vorbereitete Rede verzichten zu sollen.

    (Abg. Niederalt: Ich werde entsprechende Schlüsse ziehen! — Weitere Zurufe.)

    — Die schöne Frau dafür ist noch nicht da.

    (Erneute große Heiterkeit.)

    Ich will also darauf verzichten, noch einen Diskussionsbeitrag zu leisten und damit vielleicht die ganze Debatte wieder aufklingen zu lassen. Ich will mich auf ein paar Schlußworte beschränken, Worte des Dankes — damit fange ich an — für die Kritik, die wir gefunden haben, so wie ich es vorgestern erbeten hatte, und natürlich auch Worte des Dankes für das Lob, das wir fanden.
    Herr Kollege Schoettle, der leider nicht mehr hier sein kann, hat hier heute in seiner liebenswürdig-schwäbischen Art ein mildes Grollen durch dieses Haus gehen lassen — ich sage: ein mildes Grollen —, hinter dem, so glaubte ich vernehmen zu dürfen, doch einige Sympathie für das gestanden hat, was dieser böse Finanzminister tut. Ich bin ihm dafür dankbar, und ich möchte mich dem Wort anschließen, das Kollege Vogel gebrauchte: Wir sind sehr froh, daß er wenigstens im ersten Teil dieser Debatte wieder da sein durfte. Wir sind froh über sein Dasein in diesem Hause überhaupt.
    Zu einer kleinen Sache möchte ich aber Stellung nehmen. Herr Kollege Schoettle hat heute gesagt, ich hätte eine negative Verbeugung vor der Vergangenheit gemacht, und er hat es der Phantasie des Hauses überlassen, auszudeuten, was damit gemeint sei.

    (Heiterkeit und Zurufe.)

    Er hat weiter gesagt, ich hätte von finanzpolitischen Folgen der Vergangenheit gesprochen, und im Grunde genommen sei meine ganze Rede doch eine scharfe Kritik an der Politik der vergangenen Bundesregierung gewesen. Nun fiel mir gestern abend, als ich meine Pressemappen studieren mußte, eine Zeitung in die Hand, zu der Herr Kollege Schoettle, wie ich glaube, Beziehungen hat. Es waren die „Stuttgarter Nachrichten", als deren Herausgeber neben zwei anderen Herren Herr Erwin Schoettle erscheint. Da ist eine sehr witzige Anfangsbemerkung gemacht, die ich dem Hohen Hause nicht vorenthalten möchte.
    In einem Leitartikel, überschrieben „Etzels Budget" steht:
    Schäffer hatte seinen Haushalt mit vielen Geheimnissen umgeben. Seine Vorschätzungen des Steueraufkommens waren jahrelang zu pessimistisch. Schließlich glaubten ihm seine engsten Parteifreunde nicht mehr. Seine Kassenreserven weckten auch deren Begehrlichkeit. Vor der Bundestagswahl plünderten sie gemeinsam mit der Opposition aus Angst vor dem Wähler seinen Juliusturm.
    Das scheint mir ein freundliches Eingeständnis zu sein gegenüber der Situation, wie sie war, nämlich die Erkenntnis: Wir waren allzumal Sünder. Wir sollten froh sein, wenn wir über dieses „allzumal Sünder" dahin kommen, gewisse Dinge, die wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben, in Zukunft richtig zu machen. „Seine Freunde plünderten gemeinsam mit der Opposition" — das ist ein sehr nettes Wort gerade in diesem Augenblick in Erwin Schoettles Zeitung.
    Lassen Sie mich noch ein Wort der Versöhnung sagen, weil ich glaube, hier und dort falsch verstanden worden zu sein, und zwar zu dem Problem der Subventionen. Das, was ich dort gesagt habe, meine sehr verehrten Freunde, nehme ich sehr ernst. Ich möchte aber nicht, daß jetzt, vor Weihnachten, viele Freunde unseres Hauses mit falschen Vorstellungen von hier weggehen. Subventionen sind überall dort, wo sie die Kosten verfälschen, vom Übel.

    (Zuruf von der SPD.)

    Aber ich habe in meiner Rede sehr eindeutig erklärt, daß der Staat — und da stimme ich mit meinem Freund Schoettle durchaus überein —, natürlich gewisse Aufgaben hat, zu denen man ein Ja
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2943
    Bundesfinanzminister Etzel
    sagen muß. Ich habe wörtlich gesagt — ich darf diese drei Sätze wiederholen --:
    Theoretisch ist es zwar richtig, daß alle Subventionen den Grundsätzen der Marktwirtschaft widersprechen. Vereinbar mit ihr sind aber auch nach meiner Meinung solche Staatshilfen, die als Start- und Anpassungshilfen zur Erleichterung struktureller Umstellungen in den Erzeugungs- und Absatzbedingungen oder auch als Überbrückungshilfe bei akuten Notständen gewährt werden. Für solche gerechtfertigte, ja zum Teil notwendige Staatshilfen, die sachlich und zeitlich begrenzt sind, hat auch der Finanzminister volles Verständnis.
    Ich meine diese Subventionen im breiten Raume, im gewerblichen und im landwirtschaftlichen Raum, und einige Deutungen, die ich gelesen habe, ich hätte mich als Gegner berechtigter Wünsche der Landwirtschaft dokumentiert, sind falsch. Ich möchte ausdrücklich erklären, daß der Bundesfinanzminister, der schon zum zweitenmal 2,4 Milliarden DM in seinem Haushalt für Zwecke der Landwirtschaft eingesetzt hat, ein ausgesprochener Freund der Landwirtschaft ist.

    (Beifall in der Mitte.)

    Aus strukturellen Gründen muß uns an einem gesunden landwirtschaftlichen Stand gelegen sein, und wir müssen und sollen ihm deshalb helfen. Mein Wunsch und Begehren gehen allerdings dahin, daß die hohen Beträge, die wir hier ausgeben, richtig, d. h. für strukturelle Maßnahmen ausgegeben werden, damit der Bauernstand eines Tages so gesund geworden sein wird, daß er aus sich selber existieren kann. Das soll unser allgemeines Ziel sein.

    (Beifall.)

    Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich mich an dieser Stelle dem eingangs wiedergegebenen Worte folgend mit einem nochmaligen Dank an Sie alle verabschieden.

    (Erneuter Beifall.)