Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1954 wurde das noch weitgehend auf eine gelenkte Wirtschaft abgestellte Wirtschaftsstrafgesetz 1949/52 durch ein Gesetz abgelöst, das sich darauf beschränkte, für das nach dem 30. Juni 1954 fortgeltende Wirtschaftsrecht den notwendigen Strafschutz zu gewährleisten. Dieses Gesetz, das Wirtschaftsstrafgesetz 1954, hat sich in der Praxis bewährt. Es tritt jedoch am 31. Dezember 1958, also Ende dieses Jahres, außer Kraft, während die Wirtschaftsgesetze, denen es strafrechtlichen Schutz verleiht, weiterhin fortgelten. Es handelt sich hierbei insbesondere um die landwirtschaftlichen Marktordnungsgesetze, nämlich das Getreidegesetz, das Zukkergesetz, das Milch- und Fettgesetz sowie das Vieh- und Fleischgesetz. Nach Außerkrafttreten des Wirtschaftsstrafgesetzes würden diese für die Ernährungspolitik so bedeutsamen Vorschriften ohne Strafsanktion und damit in ihrer praktischen Anwendung und Durchsetzung gefährdet sein. Das gleiche würde auch für die weiteren in § 1 des Wirtschaftsstrafgesetzes genannten Rechtsvorschriften des Verkehrsrechts, nämlich das Güterkraftverkehrsgesetz und das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffahrtsverkehr, gelten, ebenso für die übrigen in § 1 genannten Gesetze.
§ 2 des Wirtschaftsstrafgesetzes ist für die Verfolgung und Ahndung derjenigen noch vorhandenen Preisvorschriften, auf deren Weitergeltung trotz der weitgehenden Verwirklichung der sozialen Marktwirtschaft nicht verzichtet werden kann, von Bedeutung. Ich darf nur auf die wichtige Verordnung über die Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen und die nicht weniger bedeutsame Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen für Bauleistungen hinweisen. Auch die Preisvorschriften des Getreidepreisgesetzes werden durch § 2 strafrechtlich geschützt.
Daß der Fortfall der Strafvorschriften für die aufgezählten wichtigen Rechtsgebiete unerträglich
wäre, liegt auf der Hand. Es muß die Möglichkeit erhalten bleiben, Zuwiderhandlungen gegen diese Gesetze zu verfolgen und zu ahnden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der erforderliche Strafschutz am besten durch Verlängerung der Vorschriften des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 gewährleistet wird. Sie hat, wie schon im Jahre 1954, bewußt nicht den Weg beschritten, auf ein selbständiges Wirtschaftsstrafgesetz zu verzichten und die einzelnen von mir genannten Gesetze mit selbständigen Straf- und Bußgeldvorschriften zu versehen. Dieser Weg wäre schon gesetzesökonomisch verfehlt. Da sich die Zahl der Gesetze, auf die das geltende Wirtschaftsstrafgesetz Anwendung findet, seit 1954 nicht wesentlich verringert hat, würden die erforderlichen Gesetzesänderungen recht umfangreich sein. In jedes dieser Gesetze müßte die Mehrzahl der Vorschriften des Wirtschaftsstrafgesetzes in gleichlautender Form eingearbeitet werden.
Die im Wirtschaftsstrafgesetz 1954 als Niederschlag jahrzehntelangen Bemühens enthaltenen Grundsätze einer einheitlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen wirtschaftsrechtliche Vorschriften sollten jedenfalls so lange fortgelten, bis im Rahmen der Großen Strafrechtsreform und der damit verbundenen Überprüfung des gesamten Nebenstrafrechts der Zeitpunkt gekommen ist, die Grundlagen des Ordnungswidrigkeitenrechts und des Wirtschaftsstrafrechts neu zu durchdenken. Aus diesen Erwägungen hält es die Bundesregierung für zweckmäßig, das Gesetz um weitere vier Jahre zu verlängern.
Die Bundesregierung hält es für notwendig, auch die viel umkämpfte Strafvorschrift des § 2 a des Wirtschaftsstrafgesetzes, die sich gegen unangemessene Preisüberhöhungen richtet und die erst 1956 in das Wirtschaftsstrafgesetz wieder aufgenommen worden ist, beizubehalten. Sie werden sich erinnern, daß die Frage der Aufnahme einer solchen Vorschrift das Hohe Haus in der letzten Legislaturperiode zweimal beschäftigt hat und daß das Für und Wider einer solchen Vorschrift eingehend erörtert wurde. Während die von der Bundesregierung zunächst, im Jahre 1954, vorgeschlagene Preisüberhöhungsvorschrift nicht die Zustimmung des Hohen Hauses fand, wurde 1956 der jetzige § 2 a, der wesentliche Einschränkungen gegenüber dem früheren § 19 des Wirtschaftsstrafgesetzes von 1949/52 enthält, nach eingehenden Debatten in den Ausschüssen und im Plenum beschlossen.
Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß inzwischen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Kraft getreten ist, hält die Bundesregierung einen Verzicht auf die Vorschrift des § 2 a gegenwärtig nicht für möglich, um in solchen Fällen mißbräuchlicher Preisbildung, denen mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gegenwärtig noch nicht ausreichend begegnet werden kann, einschreiten zu können. Der neue Entwurf sieht daher die unveränderte, bis zum 31. Dezember 1962 befristete Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes vor.