Rede:
ID0304403200

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Herr: 1
    2. Abgeordneter: 1
    3. Dr.: 1
    4. Deist,: 1
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    6. Sie: 1
    7. eine: 1
    8. Zwischenfrage?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 44. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1958 Inhalt: Nachruf auf S. H. Papst Pius XII. Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 2475 A Grußworte an den wiedergenesenen Abg. Schoettle . . . . . . . . . . 2477 D Zur Tagesordnung Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . 2475 D Horn (CDU/CSU) . . . . . . . 2476 C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 2477 B Entwurf eines Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung (Drucksache 416) — Erste Beratung —, Entwurf eines Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln (Drucksache 417) — Erste Beratung — Etzel, Bundesminister . . . . . . 2478 B Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) . . . . 2480 B Dr. Harm (SPD) . . . . . . . . 2481 D Dr. Atzenroth (FDP) . . . . . . 2486 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 2487 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 2489 C Dr. Hellwig (CDU/CSU) . . 2493 A, 2505 D Dr. Starke (FDP) . . . . 2496 D, 2504 B Dr. Deist (SPD) . . . . . . . . 2498 A Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank (Drucksache 533) — Erste Beratung — . . . . . . 2506 D Entwurf eines Gesetzes über die Bildung von Rückstellungen in der Umstellungsrechnung der Geldinstitute, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen und in der Altbankenrechnung der Berliner Altbanken (CDU/CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 514) — Erste Beratung — 2506 D Entwurf eines Gesetzes über „unveränderte Rohmilch" (FDP) (Drucksache 421) — Erste Beratung — Köhler (FDP) 2507 A Bauknecht (CDU/CSU) 2507 D Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 (Drucksache 525) — Erste Beratung — Dr. Strauß, Staatssekretär . . . . 2508 A Dr. Dehler (FDP) . . . . . . . . 2509 A Lange (Essen) (SPD) . . . . . . 2510 B Dr. Winter (CDU/CSU) . . . . . 2510 D Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Familienrechtsänderungsgesetz) (Drucksache 530) — Erste Beratung — 2511 B Erklärungen nach § 36 GO Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . 2511 C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 2512 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2512 C Anlage 2513 A 44. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Altmaier* 19. 10. Bauer (Wasserburg) 15. 10. Bauer (Würzburg)* 19. 10. Dr. Becker (Hersfeld)* 19. 10. Berkhan 30. 10. Birkelbach* 19. 10. Dr. Birrenbach 15. 10. Fürst von Bismarck 17. 10. Blachstein 18. 10. Conrad 15. 10. Demmelmeier 15. 10. Diel (Horressen) 15. 10. Frau Döhring (Stuttgart) 18. 10. Dowidat 18. 10. Eilers (Oldenburg) 15. 10. Engelbrecht-Greve 4. 11. Etzenbach 15. 10. Even (Köln)* 19. 10. Frehsee 5. 11. Dr. Furler* 19. 10. Gerns* 19. 10. Frau Geisendörfer 18. 10. Goldhagen 15. 10. Dr. Gossel 15. 10. Dr. Gülich 18. 10. Günther 15. 10. Hansing 15. 10. Heye* 19. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 16. 10. Höfler' 19. 10. Frau Dr. Hubert* 19. 10. Hübner 15. 10. Jacobi 15. 10. Jacobs* 19. 10. Jahn (Stuttgart) 17. 10. Keuning 15. 10. Kiesinger* 19. 10. Frau Kipp-Kaule 17. 10. Dr. Kopf* 19. 10. Frau Dr. Kuchtner 17. 10. Kühlthau 15. 10. Kühn (Bonn) 15. 10. Kühn (Köln)* 19. 10. Dr. Leverkuehn* 19. 10. Dr. Löhr 17. 10. Lücker (München)* 19. 10. Maier (Freiburg) 22. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Frau Dr. Maxsein* 19. 10. Meitmann 15. 10. Dr. Mende* 19. 10. Dr. Menzel 16. 10. Metzger* 19. 10. Müller (Worms) 17. 10. Neuburger 17. 10. Nieberg 15. 10. Paul* 19. 10. Dr. Preusker 15. 10. Rasner 28. 10. Frau Dr. Rehling* 19. 10. Scharnberg 15. 10. Dr. Schmid (Frankfurt)* 19. 10. Frau Schmitt (Fulda) 17. 10. Schmitt (Vockenhausen) 15. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 1. 11. Schütz (München)* 19. 10. Dr.-Ing. Seebohm 17. 10. Seidl (Dorfgin)* 19. 10. Dr. Serres* 19. 10. Dr. Stammberger 18. 10. Stauch 15. 10. Stenger 17. 10. Varelmann 15. 10. Wagner 17. 10. Dr. Wahl* 19. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 19. 10. Frau Welter (Aachen) 15. 10. Frau Wessel 15. 10. Dr. Zimmer* 19. 10. b) Urlaubsanträge Graf Adelmann 31. 10. Dr. Baade 30. 10. Dr. Böhm 2. 11. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 24. 10. Giencke 25. 10. Frau Herklotz 23. 10. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Lenz (Trossingen) 9. 11. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 11. Niederalt 10. 11. Rehs 22. 10. Reitzner 31. 12. Scheel 4. 11. Spitzmüller 30. 10. Dr. Steinmetz 10. 11. Dr. Stoltenberg 10. 11. Dr. Vogel 10. 11. Dr. Wolff (Denzlingen) 31. 10. für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates.
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    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einige Bemerkungen zu den Ausführungen machen, die Herr Hellwig dem Problem der Publizität gewidmet hat. Er meinte, wir müßten unterscheiden zwischen dem Problem der Markttransparenz, also der Offenlegung der Machtverhältnisse auf dem Markt, und dem Problem der Unternehmenspublizität. Er sagte, bei der Markttransparenz möge es sich allenfalls um eine öffentliche Angelegenheit handeln.

    (Abg. Dr. Hellwig: Das habe ich nicht gesagt, Herr Dr. Deist!)

    — Schön, aber jedenfalls haben Sie gesagt, bei der
    Unternehmenspublizität handle es sich in erster
    Linie um eine Art Informationsrecht des Aktionärs.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Da hat er recht!)

    — Meine sehr verehrten Damen und Herren, da hat er nicht recht; Sie wollen mir gestatten, daß ich darüber eine andere Meinung habe. Die Vorgänge in den großen Gesellschaften haben für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung eine so ungeheure Bedeutung, daß die Frage, ob man weiß, was in diesen Riesenkonzernen vorgeht, für uns nicht mehr eine private Angelegenheit sein kann, sondern eine öffentliche Angelegenheit ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Darum werden wir es nicht zulassen, daß Sie so tun, als wenn es sich hier um Dinge handle, die eigentlich nur die Unternehmungen und ihre Aktionäre und vielleicht allenfalls die Banken angingen. Das ist vielmehr eine Angelegenheit, die in den großen Rahmen der Publizität gehört. Wenn Sie wirklich — wie Sie einmal ausgeführt haben, Herr Dr. Hellwig — der Auffassung sind, daß es eine Aufgabe der Demokratie ist, der öffentlichen Kritik die Möglichkeit zu geben, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu durchleuchten und offenzulegen,

    (Abg. Dr. Hellwig: Dazu stehen wir auch heute; das gehört nur nicht in diese Vorlage!)

    dann sollten Sie die Publizität der Unternehmungen nicht als eine private Angelegenheit hinstellen, die mit der Frage der öffentlichen Durchleuchtung der Wirtschaft nicht mehr sehr viel zu tun hat.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Eine Bemerkung möchte ich doch zu den etwas gekünstelten Vergleichen zwischen der Publizität in Amerika und der in Deutschland machen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Haben Sie sie durchgeführt oder ich?)

    Herr Hellwig meinte, die Publizität in Deutschland sei auf dem Gebiete der Bilanz, also des Ausweises der Vermögensteile und der Verbindlichkeiten, viel größer, nämlich aufgegliederter, als in Amerika. Dort lege man den größeren Wert nicht auf die Aufgliederung der Vermögensteile, sondern auf den Ertrag. Nun, meine Damen und Herren, wenn ich mal von den Aktionären absehe und von dem öffentlichen Interesse ausgehe, dann interessiert mich nicht die Aufgliederung der Vermögensteile, sondern dann interessiert mich, ob die Werte, die für das Vermögen in der Bilanz angesetzt sind, einigermaßen brauchbar zur Beurteilung der Vermögenslage des Unternehmens sind. Das sind sie aber nicht, wenn wir die Bewertungsvorschriften anwenden, die wir heute bei uns in Deutschland im Aktienrecht nun einmal haben und die geradezu willkürliche Bewertungen auf der Aktivseite und auf der Passivseite zulassen. Darum ist eine formal größere Aufgliederung der Aktiv- und der Passivseite der Bilanz als in den USA gar nichts wert. Die geringere Aufteilung in den USA ist für die Öffentlichkeit deswegen viel interessanter, weil die Werte, die dort angegeben sind, viel aufschlußreicher sind als unsere. Uns interessiert die große Aufgliederung der Vermögenswerte und der Schuldenteile in der Bilanz gar nicht so sehr, weil mit den Werten, die dort geteilt ausgewiesen werden, nicht viel anzufangen ist.
    Wir sind weit davon entfernt, zu sagen, das Bruttoprinzip in der Gewinn- und Verlustrechnung sei gar nichts. Sicherlich ist das ein Ansatzpunkt, und auch ein guter Ansatzpunkt. Aber das Problem der Publizität in der modernen Demokratie ist so groß, daß das, was Sie bieten, ein kleines Mäuschen ist. — Das mindert nicht den Wert dessen, was hier geschieht, sondern besagt nur: Wer sich schon einmal daran begibt, die Publizitätsvorschriften des Aktienrechts unter die Lupe zu nehmen, sollte nicht an den wesentlichen Dingen vorbeigehen und so tun, als sei diese Vorlage nun der Inbegriff dessen, was auf diesem Gebiete geschehen könnte. Das wollten wir sagen. Und darum kommt es so entscheidend darauf an, daß Sie hierbei nicht stehenbleiben, sondern das Kernproblem der Bewertung der Bilanz, der richtigen Ausweise der

    Dr. Deist
    Vermögenswerte und des richtigen Ertragsausweises innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung aufs Korn nehmen.
    Herr Hellwig hat gesagt, die Großen entsprächen diesen Publizitätsvorschriften im wesentlichen; ein Mangel sei eigentlich nur bei den Mittleren und Kleineren zu beklagen. Dieser Auffassung kann ich nicht zustimmen. Der Mangel bei den Mittleren und Kleineren stört uns nicht; ihn beklagen wir auch nicht. Im öffentlichen Interesse ist es auch gar nicht so wichtig, ob die mittleren und kleineren Unternehmen wer weiß wieviel ausweisen. Was uns interessiert, ist, daß die größeren und großen Unternehmungen ihre Karten auf den Tisch legen, und dazu gibt es zahlreiche Methoden. Sie könnten z. B. zu dem Bruttoumsatzausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung anordnen, daß die großen Gesellschaften von einem bestimmten Rahmen ab im Geschäftsbericht ihre Umsätze nach bestimmten Gesichtspunkten aufgliedern müssen. Durch eine solche Publizitätspolitik würden Sie dem Kleinen — dessen Publizität uns nicht interessiert — überhaupt nicht wehtun; Sie würden aber erreichen, daß die Großen verpflichtet sind, ihre Karten auf den Tisch zu legen, damit wir wissen, was los ist. — Das wollte ich zu den Bemerkungen sagen, die Herr Hellwig Herrn Kurlbaum glaubte entgegenhalten zu können.
    Nun aber zu dem anderen Problem! Wenn man sich die Begründung des Gesetzentwurfs über die steuerliche Behandlung der Ausgabe von Gratisaktien, die Begründung des Herrn Bundesfinanzministers und die Begründung der Vertreter der Regierungsparteien zu diesem Gesetzentwurf angehört hat, dann bekommt man einen merkwürdigen Eindruck. Es handele sich hier darum, endlich eine Chance zu ergreifen und der richtigen Rechtstheorie gegenüber der juristisch-zivilistischen Denkweise des Bundesfinanzhofs zum Durchbruch zu verhelfen; es handele sich hier darum, die richtige Doktrin endlich einmal herauszustellen und an die Stelle formaler Denkweise eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu setzen. Als wenn sich hier etwas fernab von allem Materiellen in der Welt vollzöge, als wenn es sich hier nicht um Dividenden und um Aktien handelte, sondern um eine hehre ideelle Angelegenheit, nämlich der richtigen Rechtstheorie zum Siege zu verhelfen!

    (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Nein, der richtigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise!)

    — Darauf komme ich sofort, Herr Kollege Schmidt; zu der wirtschaftlichen Betrachtungsweise möchte ich nämlich anschließend etwas sagen. — Herr Kollege Schmidt meint sagen zu können, diesen Aktionären fließe eigentlich gar nichts zu, sie bekämen eigentlich das, was ihnen in früherer Zeit vorenthalten worden sei — die armen, benachteiligten Aktionäre, deren Recht nun endlich gleichsam in Form eines Wiedergutmachungsgesetzes wiederhergestellt werden soll.

    (Zuruf des Abgeordneten Dr. Schmidt [Wuppertal].)

    — Ich werde noch darauf kommen, warum ich das so darstelle, weil nämlich, wie mein Kollege Dr. Harm schon dargelegt hat, hinter dem Gesetzentwurf ganz andere, sehr materielle Dinge stecken.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Und ein Drittes! Beim Herrn Bundesfinanzminister kommt das dann hinaus auf die Formel des Mißverhältnisses zwischen dem ausgewiesenen Nennkapital und dem wirklichen Vermögen und der Differenz zwischen Steuerrecht und Privatrecht, als wenn es sich hier mehr um eine bilanztechnische und steuertechnische Angelegenheit handle.
    Worum geht es denn nun wirklich bei diesem Gesetz?
    Zunächst einmal, um hier doch den Eindruck richtigzustellen, als ob der benachteiligte Aktionär endlich wieder in seine Rechte eingesetzt werde: Wir haben im Jahre 1928, d. h. in einem Jahre hoher Konjunktur und guter Ertragslage, eine Durchschnittsdividende von 6,4 % gehabt. Nach den amtlichen Ausweisen war der durchschnittliche Dividendensatz im Jahre 1955 bereits auf rund 7,5 %, im Jahre 1956 auf etwa 8,5 %, im Jahre 1957 auf 9,5 % gestiegen, und inzwischen ist er weiter gestiegen.

    (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Das ist aber keine Nettoverzinsung!)

    — Nur keine Sorge, ich komme auf die Nettoverzinsung gleich zu sprechen. — Wir haben also eine ständige Steigerung des Dividendenniveaus über das Maß dessen, was in guten Konjunkturjahren vor dem Kriege gezahlt wurde.
    Parallel mit dieser Dividendenentwicklung — das ist nicht uninteressant — verläuft die Entwicklung der Durchschnittskurse. Die Durchschnittskurse der Aktien sind nämlich von etwa 120 % im Jahre 1954 — es kommt da auf einige Prozente gar nicht an — auf etwa 250 oder 260 % im August 1958 gestiegen. Diese Entwicklung läuft direkt parallel mit der der Dividenden.
    Es ist nämlich gar nicht so, daß der Kurs in erster Linie durch den Vermögenswert beeinflußt wird. Er wird in viel stärkerem Umfang durch die Dividenden beeinflußt. Das heißt, durch Steigen der Dividenden bekommen die Aktien hohe Kurswerte, und dann stellt man fest, daß diese hohen Kurswerte ja in gar keinem Verhältnis zu den Nominalwerten stehen. So werden Gratisaktien ausgegeben, damit das Verhältnis wieder glattgestellt wird. Dann steigen die Dividenden wieder, und die Kurswerte steigen mit, und da die Sache nicht einmal begrenzt ist, können wir dieses Spiel ad infinitum weiterführen. Das steckt hinter diesem Gesetzentwurf.
    Und wie lautet die Begründung? Man sagt, das Mißverhältnis zwischen dem inneren Vermögenswert — ausgedrückt im Kurswert, den ich soeben geschildert habe — und dem Nominalwert werde berichtigt. Die Begründung des Gesetzentwurfs bringt dazu drei entscheidende Sätze. Der erste Satz — er ist nicht ganz uninteressant — sagt, nach dem, D-Markbilanzgesetz seien in der Regel ein niedrigeres Kapital und hohe Rücklagen eingesetzt worden;



    Dr. Deist
    das müsse nun einmal bereinigt werden. In gewissem Umfang ist das richtig. Das Grundkapital betrug nämlich nach den D-Mark-Eröffnungsbilanzen zum 21. Juni 1948 rund 10 Milliarden DM, die Rücklagen betrugen 4,5 Milliarden DM, d. h. 45 %. Das ist ein verhältnismäßig hoher Anteil.
    Das Statistische Bundesamt hat im Heft 9 von „Wirtschaft und Statistik" des Jahres 1957 Betrachtungen darüber angestellt, worauf das wohl zurückzuführen sei. Es ist zu folgender Überlegung gekommen: Hier wirkt es sich aus, daß bei der Umstellung von Reichsmarkkapitalien auf D-Mark mit Rücksicht auf die Vermögensabgabe das Grundkapital niedrig und die Rücklagen hoch bemessen wurden. Das heißt, die Anlagewerte wurden sehr hoch angesetzt, weil man nämlich die Abschreibung von hohen Anlagewerten benutzen mußte, um die Gewinne herabzudrücken und daher geringere Erträge bei niedrigeren Steuern auszuweisen. Man hätte dann natürlich ein entsprechend hohes Kapital und damit die hohe Lastenausgleichsabgabe in Kauf nehmen müssen. So war es ursprünglich auch gedacht. Daraufhin wurde das Kapital niedriger angesetzt und dafür ein Teil in die Rücklage gesteckt, so daß man auf der einen Seite Abschreibungen zur Verminderung der Gewinne vornahm, aber auf der anderen Seite eine niedrigere Vermögensabgabe zahlte.

    (Abg. Dr. Hellwig: Wird die Vermögensabgabe vom Aktivvermögen oder von dem Gesellschaftskapital, von der Passivseite gezahlt?)

    1— Vielleicht lesen Sie einmal — so einfach ist das nicht — die Begründung des Statistischen Bundesamts in „Wirtschaft und Statistik", Heft 9 aus dem Jahre 1957, um diese Zusammenhänge zu erkennen. Derjenige, der eine verhältnismäßig niedrige Vermögensabgabe zahlt, wird heute dadurch belohnt, daß bei der Ausschüttung dieses Vermögensteils des Unternehmens, auf der Seite der Rücklagen, entsprechende Steuern nicht erhoben werden. Aber dabei handelt es sich um einen Anteil von 4,5 Milliarden DM gleich 45 %.
    Zur Begründung wird zweitens angeführt, durch spätere Berichtigung auf Grund des D-Mark-Bilanzgesetzes und durch Rückerstattung gemäß dem Londoner Schuldenabkommen seien auch Kapitalien erhöht worden. Auch das ist in gewissem Umfang richtig, spielt aber nur eine ganz geringe Rolle.
    Der entscheidende Tatbestand ist in der Begründung unter 3. angegeben worden, wo es heißt, daß von den Gesellschaften aus den laufenden Erträgen Rücklagen gebildet wurden, weil sie aus verschiedenen Gründen Gewinnausschüttungen über einen bestimmten Vomhundertsatz des Nennkapitals hinaus nicht für möglich gehalten haben. — Die Unternehmungen, die 11, 12 und 14 % Dividende zahlten — und das sind diejenigen, die freie Aktien ausschütten können —, hatten natürlich Hemmungen, noch höhere Dividenden auszuzahlen. Die Gewinne wurden in Rücklagen gesteckt. Daraus ergibt sich, daß das Grundkapital, das Aktienkapital von 10 Milliarden zum 20. Juni 1948 auf 18,6 Milliarden zum 31. Dezember 1955, nämlich um 90 %, stieg, während die Rücklagen von 4,5 auf 10,9 Milliarden, also um 140 % zunahmen. Dieses Steigen der Rücklagen aus Gewinnen, die nicht ausgeschüttet worden sind, ist der wesentliche Bestandteil der Beträge an Rücklagen, die für eine Ausschüttung von Gratisaktien in Frage kommen.

    (Zuruf rechts: Natürlich!)

    — Ist richtig! Ich danke Ihnen, daß Sie das bestätigen.
    Daneben spielen eine große Rolle Rückstellungen, wie Pensionsrückstellungen und andere. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß diese zum großen Teil Rücklagecharakter haben, also auch nicht ausgeschüttete Gewinne darstellen, und ich werde nachher — —

    (Abg. Dr. Hellwig: Werden sie versteuert oder nicht versteuert?)

    — Darauf komme ich. Sie vergessen den kleinen Unterschied zwischen der Besteuerung der Aktiengesellschaft und der Besteuerung der Aktionäre für das ihnen zufließende Einkommen.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Herr Dr. Deist, Sie wissen, das ist eine Banalität; so diskutiert man doch nicht!)

    — Herr Dr. Hellwig, ist das eine Banalität, daß man in der ganzen Welt wegen dieses Unterschiedes zwischen Unternehmern und Aktionären die Körperschaftsteuer auf diese großen Unternehmungen in anonymer Gestalt zusätzlich erhebt gegenüber der Einkommensteuer, die jeder zu bezahlen hat? Dahinter steckt doch wohl ein tieferer Grund.

    (Abg. Dr. Hellwig: Sie müssen doch nachweisen, daß dem Gesellschafter überhaupt etwas zufließt!)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter Dr. Deist, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bitte!