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ID0304200400

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    Deutscher Bundestag 42. Sitzung Berlin, den 2. Oktober 1958 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Erfüllung des EWG-Vertrags (Drucksache 371) Margulies (FDP) 2429 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 2434 B Dr. Furler (CDU/CSU) 2436 C Birkelbach (SPD) 2441 A Scheel (FDP) 2443 D Dr. Starke (FDP) . . . . . 2448 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung (FDP) (Drucksache 446) — Erste Beratung — Frau Friese-Korn (FDP) . . . . . 2450 B Entwurf eines Gesetzes zu den internationalen Betäubungs-Protokollen von 1946, 1948 und 1953 (Drucksache 453) — Erste Beratung — 2450 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes (Drucksache 100) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 478) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . . 2450 D Nächste Sitzung 2451 C Anlagen 2453 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 42. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Oktober 1958 2429 42. Sitzung Berlin, den 2. Oktober 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.06 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 4. 10. Bauer (Wasserburg) 4. 10. Blachstein 4. 10. Frau Döhring (Stuttgart) 4. 10. Eplée 4. 10. Gibbert 4. 10. Giencke 4. 10. Günther 4. 10. Hilbert 4. 10. Josten 4. 10. Knobloch 4. 10. Dr. Kopf 4. 10. Kraft 3. 10. Kunze 4. 10. Dr. Löhr 4. 10. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 4. 10. Müser 5. 10. Peters 4. 10. Dr. Pferdmenges 4. 10. Pietscher 6. 10. Rademacher 4. 10. Ramms 4. 10. Scharnberg 4. 10. Schneider (Bremerhaven) 4. 10. Stauch 3. 10. Theis 3.10. Wacher 3. 10. Wischnewski 5. 10. b) Urlaubsanträge Berkhan 30. 10. Dr. Böhm 10. 10. Dowidat 10. 10. Engelbrecht-Greve 4. 11. Frehsee 4. 11. Dr. Gülich 11. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 25. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Jahn (Frankfurt) 10. 10. Maier (Freiburg) 22. 11. Muckermann 12. 10. Rasner 28. 10. Frau Schmitt (Fulda) 17. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 18. 10. Schoettle 18. 10. Anlage 2 Umdruck 161 (neu) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Erfüllung des EWG-Vertrages (Drucksache 371). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag unterstreicht erneut die große Bedeutung, die dem Abschluß eines Vertrages über eine Europäische Freihandelszone zur Ergänzung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als einen weiteren Schritt auf dem Wege zur weltweiten wirtschaftlichen Zusammenarbeit zukommt. Er billigt die Bemühungen der Bundesregierung, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Standpunkten der Verhandlungspartner herbeizuführen und Lösungen zu erarbeiten, die den wichtigsten Interessen aller Beteiligten Rechnung tragen. Er fordert die Bundesregierung auf, auch weiter alles in ihren Kräften Liegende zu tun, um baldmöglichst zum Abschluß eines Vertrages zu gelangen, der die Schaffung einer umfassenden Europäischen Freihandelszone vorsieht, die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ergänzen soll. Berlin, den 1. Oktober 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Dr. Mende und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Großen Anfrage Drucksache 371 nehme ich wie folgt Stellung.
    Die Frage 1 lautet:
    Wann und in welcher Weise gedenkt die Bundesregierung der Verpflichtung nachzukommen, gemäß Artikel 2a des Gesetzes zu den Verträgen vom 25. März 1957 zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft Bundestag und Bundesrat über die Entwicklungen im Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und im Rat der Europäischen Atomgemeinschaft laufend zu unterrichten?
    Angesichts der Tragweite, die der Tätigkeit der Organe der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft und damit auch der Wirtschaft in der Bundesrepublik zukommt, und angesichts der Vielzahl der Aufgaben, welche den Organen von den Mitgliedstaaten übertragen worden sind, hält es die Bundesregierung für eine vordringliche Aufgabe, die gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik über die Tätigkeit dieser Organisationen und die von ihnen erreichten Ergebnisse zu unterrichten. Sie mißt daher der Unterrichtungspflicht, die in Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes zu den Rom-Verträgen festgesetzt ist, besondere Bedeutung bei und ist selbstverständlich gewillt, dieser Verpflichtung zu entsprechen.
    Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes sieht zunächst eine laufende Unterrichtung über die Entwicklung im Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und im Rat der Europäischen Atomgemeinschaft vor. Eine solche Unterrichtung dürfte nach Auffassung der Bundesregierung allerdings nur dann sinnvoll sein, wenn die Arbeit der beiden Gemeinschaften bereits zu gewissen Ergebnissen geführt hat und bestimmte Entwicklungstendenzen erkennen läßt. Da die verschiedenen Organe ihre Tätigkeit erst im Laufe der letzten Monate aufgenommen haben und der organisatorische Aufbau noch nicht abgeschlossen ist, hat die Bundesregierung bisher davon abgesehen, das Plenum des Bundestags und des Bundesrates schon jetzt mit einer eingehenden Unterrichtung zu befassen. Die Bundesregierung hat jedoch ihre Bereitschaft bekundet, vor den jeweils interessierten Ausschüssen zu berichten. Sie hat bereits wiederholt vor dem Sonderausschuß des Bundesrates für Angelegenheiten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Freihandelszone auf dessen Wunsch berichtet. Für eine Berichterstattung vor dem Wirtschaftsausschuß des Bundestags war ein Termin vereinbart, der jedoch wegen der heutigen Plenarsitzung verschoben worden ist.
    Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes sieht weiterhin vor, daß Bundestag und Bundesrat vor der jeweiligen Beschlußfassung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft unterrichtet werden, „soweit durch den betreffenden Beschluß innerdeutsche Gesetze erforderlich werden oder in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltendes Recht geschaffen wird". Diese Unterrichtung ist in einigen Fällen bereits geschehen. Dabei hat es allerdings Schwierigkeiten bereitet, den gesetzgebenden Körperschaften die Entwürfe rechtzeitig vor der Beschlußfassung im Rat zuzuleiten. Der Rat mußte nämlich in der ersten Zeit einzelne Beschlüsse mit größter Beschleunigung fassen, um die Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Organe der Gemeinschaften zu schaffen. Die Bundesregierung wird sich jedoch dafür einsetzen, daß künftig vor der Beschlußfassung im Rat den gesetzgebenden Körperschaften eine ausreichende Frist zur Verfügung steht, um etwaige schwerwiegende Bedenken gegen die jeweiligen Entwürfe der Bundesregierung noch so rechtzeitig zur Kenntnis bringen zu können, damit diese hei der Beschlußfassung im Rat berücksichtigt werden können. Sie hat daher den Rat über die ihr aus Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik obliegende Verpflichtung unterrichtet.



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard Die Frage 2 lautet:
    Was hat die Bundesregierung unternommen zur Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtung, alsbald nach Inkrafttreten des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Abkommen zu schließen, welche die harmonische Entwicklung des gesamten Handelsverkehrs gewährleisten?
    Ich antworte darauf wie folgt: Zusammen mit den übrigen Partnern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist die Bundesregierung anläßlich der Mai-Tagung des GATT mit den anderen Vertragspartnern des GATT in einen ,eingehenden Meinungsaustausch eingetreten. Dabei ist in Aussicht genommen, fortlaufende Beratungen über die gesamte künftige zoll- und handelspolitische Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft abzuhalten. Dieser Umstand ist von den GATT-Vertragspartnern mit großer Befriedigung aufgenommen worden.
    Darüber hinaus bemühen sich die EWG-Staaten um eine Aufklärung ihrer Handelspartner in aller Welt. Sie haben namentlich den lateinamerikanischen Ländern ihre Auffassung in mehreren Memoranden dargelegt und sich darin für den Bedarfsfall auch ausdrücklich zu gegenseitigen Konsultationen erboten.
    Die Frage 2 a:
    Welche Schritte hat die Bundesregierung zum Zustandekommen einer Europäischen Freihandelszone unternommen?
    Die Antwort lautet: Schon vor der Unterzeichnung des EWG-Vertrags am 25. März 1957 hatte die Bundesregierung ihren Einfluß im Kreise der sechs EWG-Staaten dahingehend geltend gemacht, daß Regierungsverhandlungen über die Errichtung einer Freihandelszone eingeleitet werden. Am 12. Februar 1957 gab der damalige Ministerpräsident Spaak im Namen der Regierungen der sechs EWG-Staaten vor dem OEEC-Rat eine Erklärung ab, in der die grundsätzliche Bereitwilligkeit der sechs EWG-Staaten zur aktiven Mitarbeit bei der Errichtung einer Europäischen Freihandelszone mitgeteilt wurde.
    In den auf Grund eines Beschlusses der OEEC eingerichteten Arbeitsgruppen haben die Vertreter der Bundesregierung wirksam mitgearbeitet. Als Bundesminister für Wirtschaft habe ich anläßlich internationaler Konferenzen, bei meinen Besuchen im Ausland, bei Besuchen ausländischer Regierungsmitglieder in der Bundesrepublik und bei anderen sich darbietenden Gelegenheiten betont, welche wirtschaftliche und politische Bedeutung die deutsche Öffentlichkeit der zu errichtenden Europäischen Freihandelszone beimißt.
    Bei den im Laufe der Verhandlungen aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten hat die Bundesregierung durch immer neue Vorschläge in den Verhandlungen versucht, Lösungen zu finden, die die Zustimmung der sechs EWG-Partner wie der übrigen elf OEEC-Mitglieder finden könnten. Die Vertreter der Bundesregierung haben, insbesondere auch in zweiseitigen Besprechungen, namentlich mit der französischen und der englischen Regierung, versucht, für die am meisten voneinander entfernten Standpunkte gegenseitiges Verständnis zu wekken und Vorschläge für deren Annäherung zu entwickeln. Auf diese Weise wurde die Bundesregierung in die Rolle eines Vermittlers versetzt, die sie nach bestem Vermögen und mit anerkannt gutem Erfolg erfüllt hat und weiter zu erfüllen bemüht bleibt.
    Die Frage 2 b:
    Welchen Stand haben die Verhandlungen zur Bildung dieser Freihandelszone erreicht?
    Die Antwort lautet: Die Verhandlungen, die seit dem Herbst des vergangenen Jahres in dem „Regierungsausschuß für die Errichtung einer Europäischen Freihandelszone" unter dem Vorsitz des englischen Ministers Maudling in Paris geführt werden, haben bislang noch nicht zur Redaktion eines Vertragstextes geführt. Eine solche Redaktion kann erst erfolgen, wenn einige wesentliche Grundsatzentscheidungen gefaßt sein werden. In dieser Hinsicht haben sich insofern Verzögerungen ergeben, als die sechs in der EWG zusammengeschlossenen Staaten eine gemeinsame Haltung einnehmen wollen, die aber noch nicht in allen Punkten erzielt werden konnte. In einem unter der Leitung des belgischen Botschafters beim Europäischen Wirtschaftsrat, Herrn Ockrent, stehenden Ausschuß der Sechs wurde eine wesentliche Arbeit zur Annäherung der Haltung der Gemeinschaftsländer erzielt. Eine Entscheidung hierüber mußte aber wegen der französischen Regierungskrise vom Frühjahr dieses Jahres hinausgeschoben werden, und auch die gegenwärtige Regierung brauchte einige Zeit, bevor sie sich dieser Frage widmen konnte. In einer Sitzung des Ministerrates der EWG am 23. und 24. Juli dieses Jahres wurden jedoch bedeutsame Fortschritte erzielt; so wurde von seiten der Sechs dem gleich darauf tagenden Maudling-Ausschuß ein Memorandum über die Vorschläge der Sechs betreffend die Regelung der landwirtschaftlichen Fragen überreicht, das im großen und ganzen eine nicht ungünstige Aufnahme erfahren hat. Bei dieser Tagung wurde außerdem eine Arbeitsgruppe erneut beauftragt, die mit der Beteiligung einer Reihe weniger entwickelter OEEC-Mitgliedsländer an der Freihandelszone verbundenen Probleme weiter zu untersuchen. In der schwierigen, sich aus den unterschiedlichen nationalen Zolltarifen ergebenden Problematik, wie z. B. Schutz gegen Verkehrsverlagerungen durch herkömmliche Ursprungsregeln, Harmonisierung der Außentarife, Erhebung von Ausgleichstaxen und dergleichen, kam der Regierungsausschuß insofern weiter, als nunmehr ein bestimmtes Verfahren für die weitere Prüfung akzeptiert wurde, dem auch die französische Regierung zustimmte. Auch der Verlauf und das Ergebnis der kürzlich in Venedig abgehaltenen Tagung des Ministerrates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft berechtigt dazu, den Abschluß eines Freihandelszonenvertrages zwischen den 17 OEEC-Mitgliedsländern mit größerer Zuversicht als bisher zu betrachten. Bei dieser Tagung hat man beschlossen, daß sich der institutionelle Aufbau der Freihandels-



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    zone an den der OEEC anlehnen sollte. So sind ein Rat auf Ministerebene und auf Ebene der Stellvertreter, ein oder mehrere Direktionskomitees und eventuell auch ein Gerichtshof vorgesehen. Zwischen den sechs EWG-Staaten konnte ferner Einvernehmen darüber erzielt werden, daß einer der Hauptforderungen der übrigen elf OEEC-Mitgliedsländer, und zwar der Forderung nach gleichzeitigem Inkrafttreten der Zoll- und Kontingentsmaßnahmen, entsprochen werden soll. Der Endtermin der Übergangszeit soll in der Freihandelszone an den Endtermin der EWG angeschlossen werden und darf diesen Termin urn nicht mehr als drei Jahre überschreiten. Für die Beschlußfassung im Ministerrat ist zunächst die Einstimmigkeit in Aussicht genommen. Es soll jedoch im Laufe der Übergangszeit geprüft werden, inwieweit auch Mehrheitsbeschlüsse gefaßt werden können. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, in welchem Verfahren die sechs Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft ihre einheitliche Haltung im Rat der Freihandelszone festlegen. Diese Frage wird noch geprüft und soll im Ministerrat der EWG am 7. Oktober dieses Jahres geklärt werden. Die Beschlüsse a.uf Grund der Beratungen der sechs EWG-Staaten werden dem Maudling-Ausschuß auf seiner nächsten Tagung vom 21. bis 30. Oktober dieses Jahres unterbreitet werden.
    Als derzeitiger Ratspräsident der EWG bin ich gebeten worden, Minister Maudling dahingehend zu unterrichten, daß die sechs EWG-Staaten bei der nächsten Tagung des OEEC-Regierungsausschusses zu einer Grundsatzdebatte zur Verfügung stehen. Ich habe mich in diesem Sinne bereits mit Herrn Minister Maudling in Verbindung gesetzt.
    Die Frage 2 c lautet:
    Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, falls es nicht gelingt, vor dem 31. Dezember 1958 einen Vertrag zur Bildung einer Freihandelszone abzuschließen?
    Ich antworte: Der Vertrag über die Europäische Freihandelszone wird zu Ende dieses Jahres mit Sicherheit noch nicht abgeschlossen, geschweige denn ratifiziert sein. Es stellt sich damit die Frage, wie innerhalb des westlichen Europa die Tatsache aufgenommen wird, daß sich einige Mitgliedsländer der OEEC wechselseitig gewisse Handelserleichterungen einräumen, die sie den anderen Mitgliedsstaaten nicht gewähren. Diese Unterschiedlichkeit auszuschließen, ist im engeren wirtschaftlichen Bereich die Absicht der Freihandelszone. Die Bundesregierung ist daher lebhaft für ein provisorisches Abkommen eingetreten für den Fall, daß der Freihandelszonenvertrag nicht zum 1. Januar 1959 in Kraft treten könnte. Ein solches provisorisches Abkommen zur Senkung der Zölle um 10 % gegenüber allen OEEC-Mitgliedern — und vielleicht auch zur Ausweitung der Kontingente entsprechend dem EWG-Vertrag — stellt jedoch nur einen Vorgriff auf den endgültigen Freihandelszonenvertrag dar.
    Die Bundesregierung ist mit ganzer Kraft bestrebt, eine beschleunigte Verwirklichung des Freihandelszonenvertrags herbeizuführen, und ist fest überzeugt, daß dieser Vertrag zustande kommt. Sie sieht sich in diesem Optimismus durch das Ergebnis der vorerwähnten Tagung des Ministerrats der EWG in Venedig wie überhaupt durch die letzte Entwicklung der Verhandlungen zwischen den 17 OEEC-Mitgliedsländern bestärkt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Anfrage ist beantwortet. Ich bitte diejenigen, die dafür sind, daß die Anfrage besprochen wird, um ein Handzeichen. — Mehr als 50 Mitglieder des Hauses wünschen die Besprechung der Anfrage.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Furler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Furler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, daß die Bundesregierung verpflichtet ist, den Bundestag und den Bundesrat eingehend über die Entwicklung zu informieren, die in den Räten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und von Euratom stattfindet, und daß sie auch verpflichtet ist, uns zu unterrichten, wenn dort Beschlüsse gefaßt werden, die entweder unmittelbar bei uns Recht sind oder die innerdeutsche Gesetze notwendig machen. Ich sage dies deshalb, weil ich glaube, daß Herr Margulies die sich aus dem Gesetz ergebende Unterrichtungspflicht zu weit faßt. Diese Unterrichtung hat nichts zu tun mit einer Information über die Regierungsverhandlungen zur Errichtung einer Freihandelszone. Aber auch ich hielte es für sehr nützlich, wenn die Regierung über den Art. 2 a des Gesetzes zu den Verträgen hinaus freiwillig den Bundestag über jene Verhandlungen laufend unterrichtete. Die Erfahrungen, die wir bei der Entstehung der EWG gemacht haben, sprechen sehr dafür. Sie erinnern sich, daß damals ein großer Unmut entstanden war, weil die Verhandlungen ohne Fühlungnahme mit dem Parlament geführt wurden.
    Wir wissen, daß solche Verhandlungen schwierig sind, daß es nicht möglich ist, die Parlamente von Schritt zu Schritt zu unterrichten. Aber wir mußten damals noch unmittelbar vor der Unterzeichnung einen Unterausschuß schaffen, wir mußten manches wieder zurechtbiegen, um schließlich eine gemeinsame Meinung zu den europäischen Verträgen zu bekommen. So wäre es vielleicht gut, wenn bei den Verhandlungen über die möglicherweise noch kompliziertere Freihandelszone immerhin ein laufender Konnex zwischen Regierung und Parlament bestünde.
    Ich bin mir darüber klar, daß auch die in Art. 2 a genannte Orientierungspflicht nicht einfach zu erfüllen ist. Zunächst ist manchmal eine gewisse Vertraulichkeit notwendig. Dann aber sind es hier das Plenum und etwa acht Ausschüsse, die unmittelbar interessiert sind, und da ist es natürlich nicht ganz leicht, die Unterrichtung in' einer alle befriedigenden Form durchzuführen.
    Allerdings ist sicher, daß die bisherige Unterrichtung wohl nicht genügend war, wobei vielleicht auch mitspielte, daß die Technik der Unterrichtung



    Dr. Furler
    noch nicht richtig entwickelt war. Wir haben uns damals in dem anläßlich der Ratifizierung der Verträge gebildeten Sonderausschuß, der die Unterrichtungspflicht gefordert hat, auch noch kein ganz sicheres Urteil darüber bilden können, welchen Weg man am besten gehen sollte. Wir wollen auch im vorliegenden Falle die beste und wirksamste Methode ermitteln; etwa ob wir ein besonderes Gremium schaffen müssen. Wir werden, wenn wir zu einer Lösung gekommen sind, die notwendigen organisatorischen Anträge stellen.
    Ich darf aber feststellen, daß sich bisher in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft entscheidende Dinge nicht abgespielt haben. Sehen Sie sich den großen Bericht an, den die Kommission nunmehr dem Europäischen Parlament vorgelegt hat, ein umfangreiches interessantes Dokument, aus dem sich ergibt, daß die Institutionen aufgebaut wurden — das wissen Sie — und daß die Wirtschaftsgemeinschaft bisher vor allem Studien betrieben hat, um die Lösung der vielfältigen Probleme vorzubereiten, die sich stellen, wenn einmal die wirklich entscheidende Tätigkeit kommt. Es ist interessant, damit den gleichen Bericht der Euratomgemeinschaft zu vergleichen. Die Atomgemeinschaft, die viel rascher aktiv ins Leben getreten ist, hat schon einen sehr wichtigen Vertrag mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen. Noch interessanter ist der Vergleich mit dem Bericht, den die Hohe Behörde für das Europäische Parlament ausgearbeitet hat. Dort ist man schon mitten in der Arbeit. Die Hohe Behörde hat die Anfangsschwierigkeiten überwunden. Die Übergangszeit der Gemeinschaft ist abgeschlossen. Im Gegensatz zu den beiden anderen, ersten Berichten handelt es sich hier am sehr konkrete Darlegungen.
    Nun zu der sehr schwerwiegenden Frage, die unter Ziffer 2 der Großen Anfrage angeschnitten ist: wie eigentlich das Verhältnis der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu — wie es heißt — der harmonischen Entwicklung des gesamten Handelsverkehrs sei. Wir wissen, daß schon die Verhandlungen über die EWG und die Tatsache, daß sie ins Leben trat, in der übrigen Welt sehr starkes Mißtrauen erregt hat, so vor allem in Südamerika, den arabischen Staaten, in Indien. Überall wurden Befürchtungen laut, und zwar trotz der deutlichen Haltung der sechs Regierungen zu dieser Frage — ich komme darauf noch zurück — und trotz der Erfahrungen, die man mit der Montangemeinschaft gemacht hat. Auch der Montangemeinschaft hat man vorgeworfen, sie wolle eine autarke, in sich abgeschlossene Politik auf dem Gebiet von Kohle und Stahl treiben. Wer aber die fünf Jahre des Bestehens der Montangemeinschaft überblickt, sieht, daß diese durch ihr Verhalten gezeigt hat, daß sie nicht daran denkt, Autarkie zu betreiben. Ich erinnere an das Assoziationsabkommen mit Großbritannien, das gerade in der Zeit der schwierigen Kohlenversorgung eine sehr bedeutende Wirkung hatte; ich erinnere an die großzügigen Verträge mit der Schweiz, mit Osterreich und an die Verhandlungen über Beschwerden, die von Dänemark ausgingen, und ähnliches mehr.
    Dieses Mißtrauen zu überwinden, hat auch die Europäische Kommission unternommen. Herr Präsident Hallstein hat sehr deutliche Erklärungen vor dem Europäischen Parlament abgegeben. In einer Folge von Vorträgen verficht er gegenüber der Öffentlichkeit ständig den Gedanken, daß die EWG nicht daran denkt, sich abzuschließen.
    Wir können feststellen, daß das Mißtrauen in der Tat zurückgegangen ist. Einmal hat man sich mit den Dingen abgefunden und gesehen, daß die Gefahren, die man von der EWG befürchtete, überschätzt worden sind. Man hat auch ihre positiven Seiten erkannt. Man sieht nämlich ein, daß die EWG zu einer stärkeren wirtschaftlichen Entwicklung führt. Daraus folgt, daß das Gebiet in der Lage ist, mehr Importe aufzunehmen, an denen diejenigen Länder interessiert sind, aus denen dieses Mißtrauen kam. Im übrigen hat sich auch der Gedanke durchgesetzt, daß man Europa eine größere wirtschaftliche Einigkeit schließlich nicht versagen kann, wenn man selber politische und wirtschaftliche Großräume anstrebt, wie das in Indien der Fall ist und wie das die arabischen Staaten wollen.
    Nun zu einem sehr wichtigen und schwierigen Punkt: dem Verhältnis zum GATT. Herr Margulies, ich glaube, es wäre wirklich nicht sehr real gewesen, zunächst lange mit dem GATT zu verhandeln. Es war richtig, einmal die Tatsachen zu schaffen, die als notwendig erachtet wurden, die EWG zu gründen, und dann in der Überzeugung, man werde sich dort mit dem Guten und Richtigen schon durchsetzen, das GATT anzugehen. Man klebt dort auch nicht mehr an juristischen Vorstellungen. Inzwischen hat man sich im GATT entschlossen, praktische Lösungen zu suchen. Man überlegt, wie man sich mit dieser EWG arrangieren kann. Schließlich ist auch nicht alles sakrosankt, was innerhalb des GATT als Norm besteht. Auch das GATT ist entwicklungsbedürftig. Ich glaube, wir kommen sehr viel besser auf dem Weg zum Ziele, den die Regierungen hier gegangen sind.
    Nun zu der allgemeinen Frage der Freihandelszone. Die Freihandelszone ist ein nicht einfaches Gebilde, und man muß sich, wenn man die Einzelfragen beurteilen will, immer wieder einige grundlegende Tatsachen vor Augen halten.
    Zunächst: Es ist ganz sicher, daß sowohl der Gedanke und die Verhandlungen wie auch eine Entstehung der Freihandelszone ausschließlich bewirkt und verursacht sind durch das Werden und das Entstehen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Hätte man jene Wirtschaftsgemeinschaft nicht entwickelt, würde wahrscheinlich kaum jemand noch von einer Freihandelszone sprechen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Die Wirtschaftsgemeinschaft war die Ursache der Verhandlungen über die Freihandelszone. Es war der heutige Ministerpräsident Macmillan, der als Schatzkanzler als erster die Anregung zur Freihandelszone gab, indem er sagte: Wir müssen nun ernsthaft mit der Möglichkeit rechnen, daß diese Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wird. Wie sollen wir uns dazu stellen? Beitreten können wir nicht.



    Dr. Furler
    Ablehnen wäre ein großer Schaden. Also: Finden wir eine Form der Verbindung. Und es kam der Gedanke der Freihandelszone.
    Also hat diese Europäische Wirtschaftsgemeinschaft als Motor gewirkt. Ich bin der Überzeugung, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft eben durch die schwerwiegende Tatsache ihrer Existenz ständig nach einer Ergänzung durch die Freihandelszone verlangt, ja sie geradezu erzwingt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das ist meine Überzeugung, und das entspricht, glaube ich, auch den realen politischen Gegebenheiten.
    Das zweite, was ich in bezug auf die grundlegenden Tatsachen sagen wollte: Vergessen Sie nie, daß die kulturellen, wirtschaftlichen, historischen und politischen Verschiedenheiten unter den 17 Staaten der Freihandelszone viel größer sind als zwischen Italien, Frankreich, Deutschland und den drei Benelux-Staaten, diesen sechs unmittelbaren Nachbarn im westlichen Kontinent. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß diese wirtschaftlich und politisch doch enger verbunden sind als Länder wie Norwegen, die Türkei, Griechenland, Portugal oder Großbritannien, die eine ganz andere und viel differenziertere historische und wirtschaftspolitische Entwicklung hinter sich haben. Diese Differenzen aber machen auch die Verhandlungen so schwierig. Deshalb soll man, wenn es nicht von heute auf morgen klappt, nicht gleich sagen, es sei hoffnungslos. Man muß eben diese Schwierigkeiten in geeigneten Formen ausgleichen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Ein Drittes. Es fehlt in der Tat, vielleicht auch noch in der Gemeinschaft selbst, obwohl er dort schon stärker entwickelt ist, ein gewisser, notwendiger Gemeinschaftsgeist. Ein solcher Gemeinschaftsgeist entsteht nämlich nicht v o r dem Zusammenschluß, sondern erst i n ihm. Er muß erzeugt werden durch Erfahrungen, Vernunft und Opfer. Aber bisher versucht in den Verhandlungen eben jeder, eine möglichst günstige Position zu erreichen. Ich will das nicht als kritisches Beispiel bringen, aber in der Tat hat natürlich Macmillan, hat England versucht, eine sehr günstige Position zu erreichen. Sie dürfen nicht vergessen: wenn man ohne besondere Vereinbarungen eine nur auf die Niederlegung der inneren Zölle gerichtete Freihandelszone mit dem Gemeinsamen Markt abgeschlossen hätte, dann hätte England ohne besondere Konzessionen den besten Standort in ganz Europa gehabt. Wahrscheinlich hätte man dort von auswärts sehr viel investiert, weil ja England dann frei gewesen wäre gegenüber dem Commonwealth und frei gewesen wäre gegenüber dem Kontinent und seiner Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft; eine Sonderposition — ich muß das sagen, auch das ist einer der allgemeinen Grundsätze —, die man in dieser Form natürlich nicht ohne weiteres bekommt und wo man sagen muß: Wer Rechte will, muß eben auch Pflichten übernehmen, weil es anders nicht geht.
    Und was ich als letztes Allgemeines noch sagen wollte: In allen Ländern finden wir immer wieder bei diesen Entwicklungen eine überempfindliche Haltung gewisser Wirtschaftskreise, die große Bedenken wegen einer zu starken Konkurrenz in einem noch größeren Gebiet haben. Deshalb wird es auch notwendig sein, gewisse Übergangsregelungen zu schaffen, gewisse Sonderklauseln zu geben. Es wird auch notwendig sein und es schadet nichts, strukturelle, grundlegende Verschiedenheiten, die sich nie ändern werden, durch Sonderregelungen auszugleichen. Aber man darf aus diesen Bedenken nun nicht auf eine Ablehnung der größeren Gemeinschaft schließen. Wir haben es in manchen Ländern erlebt, daß gewisse Industriekreise zunächst sehr gegen die Wirtschaftsgemeinschaft waren, alle Befürchtungen hatten und plötzlich — ich denke an Frankreich — sehr für die Wirtschaftsgemeinschaft sind, aber die neue Angst der größeren Freihandelszone zuwenden. Ich glaube aber, auch das wird sich ändern.
    Die größte Schwierigkeit in dieser Freihandelszone kann man objektiv zunächst nicht aus der Welt schaffen. Sie liegt in der Tatsache, daß die Freihandelszone — im Gegensatz zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — keinen einheitlichen Außenzolltarif hat. Daraus ergibt sich die Gefahr einer Verlagerung, einer unorganischen Verlagerung der Warenströme deshalb, weil die Außenländer versuchen werden, über den niedrigsten nationalen Zolltarif in die große Gemeinschaft zu importieren und ihre Ware dann zu einem billigen Zollsatz auch in die Länder hineinzubekommen, die glauben, sich durch einen höheren Tarif stärker schützen zu müssen. Hier liegt ein sehr schwieriger Punkt, der aber auch lösbar ist. Man kann hier durch technische Ursprungsnachweise und andere Dinge dafür sorgen, daß keine allzu großen Ungerechtigkeiten passieren. Aber ich glaube, die beste Methode, diese Schwierigkeit zu überwinden, ist eine Harmonisierung der Außenzolltarife auf die Zukunft hin.

    (Sehr richtig!)

    Das sollte nun auch keine unüberwindliche Schwierigkeit sein, und man sollte da auch etwas der Zukunft vertrauen. Denn die ganze Entwicklung unserer westlichen Länder geht doch zu einem Niederzoll, zu einem freien System und nicht zu einem Hochzollsystem, und ich glaube, daß man über die Harmonisierung der Außenzölle diese Schwierigkeiten am besten beseitigen könnte.
    Nun noch dazu einige sehr wichtige Sonderfragen. Einmal das Verhältnis der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Freihandelszone. Sie wissen, die politischen Tendenzen sind sehr verschiedenartig. Es gibt Leute, die ganz gern hätten, wenn die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft sich gewissermaßen im Rahmen der Freihandelszone auflöste. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das darf nicht sein. Das darf schon aus zwei Gründen nicht sein. Einmal, weil, wie ich darlegte, die
    Wirtschaftsgemeinschaft der Motor ist, der die an-



    Dr. Furler
    deren vorwärtstreibt, und dann, weil sie eben besondere Aufgaben hat und weil manche dieser Aufgaben von den übrigen Staaten einfach nicht — ich mache keinen Vorwurf daraus, sie können das einfach nicht — übernommen werden können. Infolgedessen soll die Freihandelszone die Wirtschaftsgemeinschaft nicht ersetzen. Sie soll sie ergänzen. Sie soll sie nicht beeinträchtigen. Sie soll nur eine weitere Wirkungsmöglichkeit geben. Sie soll sie vor allem räumlich erweitern und ergänzen. Sie soll den Gedanken des freien, durch Zölle und Kontingente nicht behinderten Handels ausdehnen auf möglichst das ganze freie Europa. Das Europäische Parlament, das sich auch mit diesem Problem befaßt hat und das mit uns hier auf dem Standpunkt steht, die Wirtschaftsgemeinschaft dürfe nicht beeinträchtigt oder auf lange Sicht irgendwie aufgelöst werden, hat deshalb auch einen neuen Begriff geschaffen und gesagt, wir wollen nicht von Freihandelszone sprechen, sondern von einer Wirtschaftsassoziation. Denn der Vertrag muß zustande kommen zwischen der Gemeinschaft der sechs und den übrigen elf Staaten. Ich halte den Gedanken für politisch gut und für richtig. Ich habe nur gewisse Bedenken, diesen Begriff der Wirtschaftsassoziation zu bringen. Unter „Freihandelszone" kann so relativ noch jedermann etwas verstehen. Unter „Wirtschaftsassoziation" wird man schwerlich in der breiten Öffentlichkeit ein konkretes Bild entstehen lassen können. Aber das ist auch wichtig. Das schließt nicht aus, das, was hinter diesem etwas komplizierten Begriff steht, zu billigen, nämlich eine Vereinbarung zwischen dem Gemeinsamen Markt und dem größeren der Freihandelszone. Ich finde, daß auch Artikel 238 des EWG-Vertrags eine unmittelbare Bindung hier nicht bringt. Es gibt ja Kombinationen und Variationen. Wichtig ist nur, daß das Ziel erreicht wird: daß die Vereinbarung die EWG unberührt läßt, daß sie in die Vereinbarung aufgenommen wird und daß natürlich auch die Organe der EWG in den Institutionen der Freihandelszone mitwirken, beratend und — zumindest auf handelspolitischem Gebiet — mit der Zeit auch mitwirkend und etwas stärker neben den Sechs in den Vordergrund tretend.
    Daß die Freihandelszone auch das Gebiet von Kohle und Stahl umfassen muß, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und ein Problem nur deshalb, weil Kohle und Stahl eine besondere Gemeinschaft innerhalb der Sechs, die Montanunion, haben, die natürlich ebenfalls in die Freihandelszone hineingenommen werden muß.
    Nun noch einige spezielle Fragen, die ich anschneiden will, weil ich glaube, man erhöht die Schwierigkeit nicht, wenn man über sie spricht.
    Da ist zunächst einmal die Stellung Frankreichs. Herr Margulies hat in sehr skeptischen, fast schon pessimistischen Ausführungen darauf hingewiesen. Sicher ist, daß die innerpolitische Entwicklung in Frankreich zunächst gewisse Hemmungen in den Verhandlungen gebracht hat. Sicher ist auch, daß starke wirtschaftliche Kreise in Frankreich keine Freunde der Freihandelszone sind. Ich habe aber vorhin schon bemerkt: wir 'haben die gleiche Erfahrung schon einmal bei den langwierigen, komplizierten Verhandlungen über die Entstehung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gemacht. Die Ergebnisse der Konferenz von Venedig scheinen aber doch zu zeigen, daß Frankreich im Begriff ist, eine positivere Haltung einzunehmen, die dem entspricht, was die anderen fünf Mitglieder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wollen und anstreben. Wir haben mit Befriedigung von der sehr positiven Formulierung des Herrn Wirtschaftsministers Erhard Kenntnis genommen, wonach in Frankreich die zögernde Haltung einer positiveren Beurteilung Platz gibt. Wir wollen auf diesem Wege weiterschreiten und hoffen, daß wir doch noch zu einer gemeinsamen Haltung kommen werden.
    Das zweite sind die Währungsprobleme. Auch hier hauptsächlich das Verhältnis des französischen Franken zu den anderen Währungen. Aber auch da möchte ich sagen, daß ein wirtschaftlich erstarkendes und ein politisch sich kräftigendes Frankreich eher die Möglichkeit hat, zu einer endgültigen Lösung der Franc-Frage auch innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und innerhalb der Freihandelszone zu kommen.
    Daß England einen starken Wandel seiner Wünsche und Einstellungen erlebt hat, ist sicher. Ich glaube, daß die endgültigen Widerstände wohl nicht mehr von England ausgehen, das wohl eingesehen hat, daß die völlige Abschließung der landwirtschaftlichen Produktion ebenso unhaltbar ist wie der Gedanke, daß man in die Freihandelszone hinein kann, ohne irgendwelche Opfer zu bringen.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang aber noch eines sagen — ich sprach über Frankreich, ich sprach über England —: es ist nicht so, daß gerade wir die Freihandelszone am allernotwendigsten haben, daß wir aus unmittelbarem eigenstem Interesse allein an dieser Freihandelszone hängen. Ich möchte das betonen, damit die anderen nicht auf die Idee kommen: die Deutschen haben dies so dringend nötig. Das wäre ja nicht gerade eine gute Verhandlungsposition. Auch wenn es, was ich nicht hoffe und nicht wünsche, nicht zu positiven Ergebnissen führt, kommen wir durch. Es ist nicht so, daß gerade wir besonders drängen müßten.
    Aber es hat sich die Situation ergeben, daß die Deutschen offenbar eine Vermittlungsposition haben. Darüber spricht die Regierungserklärung. Wir möchten nur hoffen, daß die Regierung von dieser Vermittlerrolle nicht so sehr aus einem eigenen Interesse, sondern aus dem Vertrauen der anderen gegenüber unserer Haltung einen möglichst positiven Gebrauch machen wird.
    Meine Damen und Herren, ganz zum Schluß noch einige Bemerkungen. Aus den schwerwiegenden und schwierigen, etwas langwierigen Verhandlungen über die Freihandelszone darf nicht eine Art Krise um die europäische Wirtschaftsentwicklung, eine Art Pessimismus entstehen. Dazu ist kein Grund. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ist erst ,ab 1. Januar 1958 als lebendige Tatsache in Erscheinung getreten. Die Verhandlungen über die Frei-



    Dr. Furler
    handelszone sind schon sehr weit gediehen. Auf alle Fälle ist kein Anlaß, zu sagen, wir befänden uns in einer Krise.
    Hier möchte ich mir einen kleinen Exkurs nicht versagen. Ein sehr bedeutender philosophischer Kopf, Herr Jaspers, hat in Frankfurt sehr schwere Bedenken erhoben gegen eine allzu optimistische Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung. Es steht mir nicht zu, mit einem Philosophen zu streiten. Ich glaube aber doch verpflichtet zu sein, hier von diesem Platz aus einem Philosophen einige Anregungen zum Denken zu geben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist sicherlich sehr wertvoll,. wenn man sich Gedanken macht über die Grundlagen und Ausgangspunkte unserer politischen Aktion. Aber es wäre wohl auch richtig, wenn man in diesen Überlegungen und Ausführungen auch gewisse objektiv vorhandene fortschrittliche Erkenntnisse in der wirtschaftstheoretischen und in der wirtschaftspolitischen Entwicklung berücksichtigte. Man sollte diese modernen Gedanken, die sich schon auf Erfahrungen stützen, nicht ohne weiteres ablehnen und sagen, sie seien im Ergebnis der Ausdruck einer gewissen Unwahrhaftigkeit. So ist es nicht. Wir sind ja auch keine Illusionisten. Wir können aber nicht davon leben, daß wir den Menschen schwarze Bilder über die Zukunft an die Wand malen, zumal wir überzeugt sind, daß gar kein Anlaß besteht, diese schwarzen Bilder zu malen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Politiker muß doch handeln. Wir sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen und nehmen nicht an, das Paradies auf Erden sei ausgebrochen, weil Wirtschaftsminister Erhard hier regiert und weil wir nun sehr gute Verhältnisse in der Bundesrepublik, in Europa und auch in der Welt haben. Aber wir handeln im Bewußtsein dessen, daß wir allen Grund zu der Annahme haben, daß die wirtschaftliche Entwicklung, wenn wir wachsam und klug sind und die modernen Erkenntnisse rechtzeitig anwenden, nicht ohne weiteres wieder einen so tiefen Absturz durchmachen wird wie einstmals in den Jahren 1929/32. Man ist im übrigen heute überzeugt, daß man damals mit etwas modernerem wirtschaftspolitischem Denken vielleicht weitergekommen wäre.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auf alle Fälle — und das möchte ich gerade Herrn Jaspers sagen — fördern wir den Aufbau dieser größeren europäischen Gemeinschaften — das haben wir bisher immer wieder betont —, um uns krisenfester zu machen, weil wir überzeugt sind, daß wir in einem größeren Wirtschaftsgebiet, in einem größeren Wirtschaftsraum, wenn einmal eine gewisse Wende käme, sicherer dastünden, als wenn wir gegenüber anderen, schon entstandenen Großräumen des Ostens zersplittert blieben.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Doch nun zurück zu unserem Thema. Am 1. Januar 1959 tritt die erste Zollsenkung innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Kraft. Es wäre sehr erwünscht und sehr wichtig, wenn zu diesem Zeitpunkt auch schon die Freihandelszone sich zollpolitisch auswirken würde. Ich bin überzeugt, daß es Übergangsregelungen gibt. Wir können hier keine konkreten Vorschläge machen, die Dinge sind zu kompliziert. Wir wissen, daß die Regierung alles tut, um den 1. Januar als Ansatzpunkt auch für die Zollregelung in der Freihandelszone zu nehmen. Aber man darf das auch nicht so hinstellen, als sei das eine Frage von Sein oder Nichtsein, ob nun am 1. Januar ein ausreichendes Zwischenabkommen zustande kommt oder nicht. Wir müssen den Willen haben, zu handeln; dann wird sich auch ein Weg finden. Denn der politische Wille ist immer entscheidend. An ihn appelliere ich in allen Staaten. Man muß sich einmal zu einer gewissen Haltung bekennen und dann die notwendigen Konsequenzen ziehen. Ich möchte hoffen, daß wir zur Vollendung der Freihandelszone nicht mehr so tragische Lehren nötig haben, wie wir sie bekamen, um die Wirtschaftsgemeinschaft zu Ende zu bringen. Vergessen Sie nicht, daß es Anfang Oktober 1956 so aussah, als seien die Verhandlungen gescheitert. Es kamen dann die tragischen Ereignisse von Suez und Ungarn, und es kam jener Besuch des Bundeskanzlers am 6. November 1956 in Paris. Unter dem Eindruck dieser Europa erschütternden Vorgänge kamen die Verhandlungen über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft sehr schnell wieder in Gang und führten zu einem positiven Ende.
    Ich meine, die damaligen Lehren und die heutige Weltlage sollten genügen, um zu zeigen, wie notwendig ein baldiger weiterer Zusammenschluß auch in der Freihandelszone ist.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wir unterstützen daher die Bemühungen der Regierung um die Entstehung der Freihandelszone. Es ist durchaus nicht so, daß wir auch nur ein Wort von jenen Erklärungen, die Herr Margulies zitiert hat, zurückzunehmen hätten. Ich finde sie in vollem Einklang mit dem, was wir immer gewollt haben und was wir auch in Zukunft wollen werden.
    Wir halten die Freihandelszone für sehr bedeutsam, für eine ausgezeichnete Ergänzung der Wirtschaftsgemeinschaft. Über beide geht der Weg zu einem größeren wirtschaftlich freien Europa und überhaupt zu einer wirtschaftlich in sich freien westlichen Welt.
    Ich darf Sie daher im Namen der Deutschen Partei und meiner Fraktionsfreunde bitten, den Entschließungsantrag anzunehmen, der Ihnen vorliegt, einen Entschließungsantrag, den ich in meinen Ausführungen schon begründet habe.

    (Beifall in der Mitte und bei der DP.)