Rede:
ID0304101800

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3041

  • date_rangeDatum: 1. Oktober 1958

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:05 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Becker: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 1

  • subjectLänge: 120 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 89
    1. Ich: 6
    2. —: 5
    3. zu: 4
    4. Entschließung: 3
    5. bitte: 3
    6. sich: 3
    7. der: 3
    8. ist: 2
    9. den: 2
    10. ob: 2
    11. jemand: 2
    12. diese: 2
    13. um: 2
    14. ein: 2
    15. Handzeichen.: 2
    16. Stimme: 2
    17. die: 2
    18. Sitzung: 2
    19. Meine: 1
    20. Damen: 1
    21. und: 1
    22. Herren!: 1
    23. Weitere: 1
    24. Wortmeldungen: 1
    25. liegen: 1
    26. nicht: 1
    27. vor.: 1
    28. Die: 1
    29. Aussprache: 1
    30. geschlossen.Wir: 1
    31. kommen: 1
    32. zur: 1
    33. Abstimmung: 1
    34. über: 1
    35. vorgelegten: 1
    36. Entwurf: 1
    37. einer: 1
    38. Entschließung.: 1
    39. Um: 1
    40. vollkommen: 1
    41. genau: 1
    42. sein,: 1
    43. frage: 1
    44. ich,: 1
    45. gegen: 1
    46. stimmen: 1
    47. wünscht.: 1
    48. in: 1
    49. diesem: 1
    50. Fall: 1
    51. Keine: 1
    52. dagegen.: 1
    53. frage,: 1
    54. enthalten: 1
    55. will.: 1
    56. dann: 1
    57. Niemand: 1
    58. wünscht: 1
    59. enthalten.: 1
    60. Dann: 1
    61. ich: 1
    62. lalle: 1
    63. diejenigen,: 1
    64. zuzustimmen: 1
    65. wünschen,: 1
    66. erheben.: 1
    67. stelle: 1
    68. fest,: 1
    69. daß: 1
    70. Deutsche: 1
    71. Bundestag: 1
    72. einstimmig: 1
    73. angenommen: 1
    74. hat.: 1
    75. danke: 1
    76. Ihnen.\n: 1
    77. berufe: 1
    78. nächste: 1
    79. des: 1
    80. Deutschen: 1
    81. Bundestags: 1
    82. auf: 1
    83. 2.: 1
    84. Oktober: 1
    85. vormittags: 1
    86. 9: 1
    87. Uhr.Die: 1
    88. heutige: 1
    89. geschlossen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 41. Sitzung Berlin, den 1. Oktober 1958 Inhalt: Ansprachen zu Beginn der Tagung in Berlin Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 2391 A Brandt, Regierender Bürgermeister 2391 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Wessel, Dr. Leverkuehn, Frau Welter (Aachen), Reitzner, Jahn (Frankfurt), Dr. Schneider (Lollar) und Stauch . 2393 A Abg. Meis (CDU/CSU) tritt als Nachfolger des verstorbenen Abg. Dr. h. c. Arnold in den Bundestag ein 2393 B Abg. Wilhelm (SPD) tritt als Nachfolger des Abg. Schreiner in den Bundestag ein 2393 B Abg. Eplée (CDU/CSU) tritt als Nachfolger des Abg. Dr. Meyers (Aachen) in den Bundestag ein 2393 B Abg. Dr. Schneider (Lollar) (DP) tritt als Nachfolger des Abg. Euler in den Bundestag ein 2393 C Amtliche Mitteilungen 2393 C Große Anfrage der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP betr. Flüchtlingsfragen und Zonenverhältnisse (Drucksache 546) Wehner (SPD) 2394 B Lemmer, Bundesminister 2397 B Dr. Gradl (CDU/CSU) 2406 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 2411 A Dr. Mende (FDP) 2416 B Frau Kalinke (DP) 2420 D Kiesinger (CDU/CSU) 2424 B Einstimmige Annahme der Entschließung Umdruck 160 2426 D Nächste Sitzung 2426 D Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 41. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 1. Oktober 1958 2391 41. Sitzung Berlin, den 1. Oktober 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 4. 10. Bauer (Wasserburg) 4. 10. Blachstein 4. 10. Frau Döhring (Stuttgart) 4. 10. Eplée 4. 10. Frau Dr. Gantenberg 4. 10. Gibbert 4. 10. Giencke 4. 10. Günther 4. 10. Hilbert 4. 10. Josten 4. 10. Knobloch 4. 10. Koenen (Lippstadt) 4. 10. Dr. Kopf 4. 10. Kunze 4. 10. Dr. Löhr 4. 10. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 4. 10. Müser 5. 10. Peters 4. 10. Dr. Pferdmenges 4. 10. Pietscher 6. 10. Dr. Preusker 1. 10. Stauch 3. 10. Dr. Wilhelmi 1. 10. Wischnewski 5. 10. b) Urlaubsanträge Berkhan 30. 10. Dr. Böhm 10. 10. Dowidat 10. 10. Engelbrecht-Greve 4. 11. Frehsee 4. 11. Frenzel 5. 11. Dr. Gülich 11. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 25. 10. Jahn (Frankfurt) 10. 10. Maier (Freiburg) 22. 11. Muckermann 12. 10. Rasner 28. 10. Frau Schmitt (Fulda) 17. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 18. 10. Schoettle 18. 10. Anlage 2 Umdruck 160 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP betr. Flüchtlingsfragen und Zonenverhältnisse (Drucksache 546) Der Bundestag wolle beschließen: Die heutigen Erklärungen der Bundesregierung über die politischen Verhältnisse im sowjetischen Besatzungsbereich Deutschlands und über das sich aus diesen Verhältnissen ergebende Flüchtlings- Anlagen zum Stenographischen Bericht problem veranlassen den Deutschen Bundestag zu folgenden Feststellungen: I. Seit mehr als zehn Jahren dauert jetzt der Flüchtlingsstrom an, trotz aller Behinderungen und Sperren, die das Zonenregime zwischen die beiden Teile Deutschlands legt. Die Zahl von mehr als drei Millionen Flüchtlingen allein aus Mitteldeutschland ist der erschütternde Ausdruck der Existenz- und Gewissensnot, die auf der deutschen Bevölkerung zwischen Elbe und Oder lastet. Er ist der Beweis, daß das, was den Menschen in Mitteldeutschland zugemutet wird, über die Grenze der Leidensfähigkeit hinausgeht. Er ist aber auch der klare Beweis, daß die Mitteldeutschen nicht in den ihnen aufgezwungenen Verhältnissen leben wollen. Der Bundestag protestiert gegen die fortdauernde Verletzung der Gesetze der Menschlichkeit. Es ist nicht nur ein Gebot politischer Klugheit und weitblickenden Verständigungswillens, sondern der reinen Menschlichkeit, den Deutschen in der Zone den Weg zu freier demokratischer Selbstbestimmung und zur gesamtdeutschen Gemeinschaft freizugeben. II. Der Deutsche Bundestag erhebt besonders Einspruch gegen die kaltherzige und heimtückische Knebelung der Freizügigkeit, durch die den Einwohnern der sowjetisch besetzten Zone das Reisen über die Zonengrenze hinweg nahezu unmöglich gemacht ist. Das krasseste Zeichen der Unterbrechung der menschlichen Beziehungen ist der Rückgang des Reiseverkehrs um fast 85 °/o gegenüber dem Vorjahr. Der Deutsche Bundestag wiederholt sein Verlangen, allen Deutschen das Reisen innerhalb Deutschlands endlich freizugeben. Daß von den Besuchern die jeweils im anderen Teil Deutschlands geltenden gesetzlichen und behördlichen Vorschriften zu beachten sind, ist eine Selbstverständlichkeit. III. Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, gemeinsam mit den Regierungen der Länder und insbesondere auch mit dem Senat von Berlin weiterhin dafür zu sorgen, daß den Flüchtlingen bei ihrer ersten Aufnahme in die Obhut des freiheitlichen Deutschland jede mögliche menschliche Rücksicht und Hilfe zuteil wird, und daß alles, was geschehen kann, für ihre wirtschaftliche und soziale Eingliederung getan wird. Aber die Aufnahme der Flüchtlinge darf nicht nur eine Pflicht der Behörden sein. Jeder einzelne Deutsche im Bundesgebiet 'ist aufgerufen, zu seinem Teil mitzuhelfen, um dem Flüchtling das tröstliche Gefühl wirklicher Geborgenheit zu geben. Der Welt muß gezeigt werden, daß sich die Deutschen nicht nur in Worten zu der Einheit ihres Volkes bekennen, sondern auch mit helfender Tat. IV. Die Bundesrepublik Deutschland ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für die Zeit bis zur Wiederherstellung der Einheit Deutsch- 2428 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 41. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 1. Oktober 1958 land geschaffen wurde. Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt. Der Deutsche Bundestag erwartet die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands von einem unmittelbaren freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist. Der Deutsche Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes ebnet, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat. V. Der Bundestag bekennt sich erneut zu seinem einmütigen Vorschlag eines Vier-Mächte-Gremiums, das gemeinsame Vorschläge zur Lösung der deutschen Frage vorbereiten soll. Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten weiterhin für die Realisierung des Vorschlages nachdrücklich einzusetzen. Berlin, den 30. September 1958 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe am Schluß dieser Sitzung die Ehre und die in unserem Hause seltene Freude, dem Hohen Hause eine gemeinsame Entschließung aller Fraktionen vortragen und zur Annahme empfehlen zu dürfen. Erlauben Sie mir, dieser Entschließung, bevor ich den Entwurf verlese, angesichts der vorgerückten Stunde eine kurze Begründung vorauszuschicken.
    Der Deutsche Bundestag ist auch dieses Mal nach Berlin gekommen, um in der Hauptstadt Deutschlands seinen Willen zur Einheit unseres geteilten Vaterlandes und seine tiefe Verbundenheit mit unseren deutschen Landsleuten in der sowjetischen Zone feierlich kundzutun. Er appelliert bei dieser Gelegenheit zugleich an die Staatsmänner und an alle Menschen guten Willens in der Welt: das Unrecht der Teilung unseres Volkes und Landes und die Unterdrückung der Freiheit von 18 Millionen Deutschen darf nicht ins Unabsehbare fortgesetzt, die friedliche Lösung dieses keineswegs nur das deutsche Volk berührenden Problems darf nicht von Jahr zu Jahr verschleppt werden.

    (Allseitiger Beifall.) Wir müssen darum unsere Stimme eindringlich, ja beschwörend erheben. Kein freies Volk, das sich selbst achtet und das sich die Achtung der anderen Völker bewahren will, könnte anders handeln als wir.

    Wir erwarten die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht etwa von einem zwischen der Bundesrepublik und dem Zonenregime ausgehandelten Staatsvertrag, wie man ihn uns anbietet. Es gibt heute nur einen freien demokratisch legitimierten deutschen Staat, die deutsche Bundesrepublik, die Sachwalterin des nationalen Anliegens aller Deutschen ist, bis das ganze deutsche Volk und die Form seiner politischen Existenz in freier Selbstbestimmung vollendet.

    (Beifall.)

    Unsere Verbündeten, insbesondere die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich, haben uns wiederholt und feierlich versprochen, uns bei der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes in Frieden und Freiheit zu helfen. Wir sollten ihnen in dieser Stunde für dieses Versprechen und für ihre bisherigen Bemühungen danken.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wir bitten sie zugleich, allen Schwierigkeiten
    zum Trotz ihre Anstrengungen im Bunde mit uns
    zu verstärken, damit das große Ziel erreicht wird.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Lösung dieses Problems wird schwieriger und die Lage gefährlicher mit jedem Jahr, das ergebnislos dahingeht.
    Wir wissen wohl, daß die staatliche Einheit Deutschlands nur mit der Zustimmung der Sowjetunion erreicht werden kann. Darum appellieren wir in dieser Stunde besonders an sie. Das deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze verachtet zwar die Gewalthaber in der Zone, die sich nur durch den Willen der Sowjetunion an der Macht halten und die diese Macht nur nach dem Willen der Sowjetunion ausüben können. Das deutsche Volk hat aber weder Feindschaft noch Haß gegen die Völker der Sowjetunion. Es möchte mit ihnen im Gegenteil in guter friedlicher Nachbarschaft leben. Das deutsche Volk denkt auch nicht daran, sich in innere Verhältnisse der Sowjetunion einzumischen. Aber es verlangt sein gutes Recht, in einem ungeteilten Vaterland in einer von ihm selbst frei bestimmten staatlichen Ordnung zu leben.

    (Lebhafter Beifall.)

    Wenn der Sowjetunion nach den unglückseligen Ereignissen der Vergangenheit ebenso viel wie uns an der Entwicklung eines guten Verhältnisses zwischen unseren Staaten und Völkern gelegen ist, dann kann sie nicht hoffen, dieses Ziel zu erreichen, wenn sie ein Viertel des deutschen Volkes in Gefangenschaft hält.

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es mag für die Sowjetunion im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands Probleme



    Kiesinger
    geben, deren Lösung ihr schwierig scheint. Politische Klugheit und weitblickender Verständigungswille auf allen Seiten — unsere Entschließung appelliert an diese geistige Bereitschaft — würden solche Schwierigkeiten sicher überwinden können. Der vom Deutschen Bundestag vorgeschlagene Vier-Mächte-Ausschuß für die Vorbereitung der Lösung der deutschen Frage könnte, wenn die Verhandlungen im Geiste einer solchen weitblickenden Verständigungsbereitschaft geführt würden, zur Überwindung solcher Schwierigkeiten die wertvollsten Dienste leisten. Die drei Westmächte haben in ihrer jüngsten Note unsere Vorschläge akzeptiert. Wir bitten die Sowjetunion, ihnen beizutreten und mitzuarbeiten in einem ständigen Ausschuß, der die Lösung der ganzen deutschen Frage einschließlich der Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit vorbereiten soll.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unsere unmittelbarste Sorge gilt den in den letzten Monaten getroffenen Maßnahmen des Zonenregimes und der dadurch herbeigeführten erneuten Erschwerung des ohnehin kaum erträglichen Loses unserer Landsleute in der Zone. Unsere Entschließung bringt den Willen, den Flüchtlingen aus der Zone nach allen Kräften zu helfen, zum Ausdruck. Aber sie erstrebt darüber hinaus auch eine Besserung der menschenunwürdigen Verhältnisse in der Zone selbst, solange die politische Lösung des deutschen Problems noch nicht möglich ist. Auch hier ist der wirkliche Adressat unseres Appells die Sowjetunion. Denn in ihrer Macht liegt es, die Verhältnisse drüben zu ändern und zu bessern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unser dringlichstes Anliegen ist und bleibt die Wiedervereinigung der Deutschen, und wir müssen alle Kräfte daransetzen, daß sie sobald wie möglich herbeigeführt wird. Solange wir dieses Ziel noch nicht erreicht haben, müssen wir wir, das heißt dieses Parlament, Bund und Länder, aber auch jeder Deutsche in der Bundesrepublik — tun, was in unserer Macht steht, um die materielle, geistige und seelische Not in der Zone zu mindern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir müssen dies tun, weil wir die schwere Last unserer Landsleute wenigstens zu einem wahrhaftig bescheidenen Teil mittragen wollen. Wir müssen aber auch mit allen unseren Kräften helfen, um ihren Mut und ihre Kraft zum Durchhalten ihres unsäglich schweren Lebens zu 'stärken. Mir scheint, daß wir auf diesem Gebiet noch vieles nachzuholen haben. Je mehr wir dies alle gemeinsam im Vertrauen und in vertraulicher Zusammenarbeit tun und je mehr wir dabei auf einseitige Aktionen verzichten, desto mehr Aussicht auf Erfolg haben wir.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In der letzten Zeit sind mancherlei Vorschläge für eine solche geistige und materielle Hilfe für die Zonenbevölkerung verlautbart worden. Zwar zählt unsere gemeinsame Entschließung solche Maßnahmen nicht auf, aber ihr Aufruf zu helfender Tat gilt auch und gilt besonders hier.
    Herr Kollege Wehner sprach am Schluß seiner Rede von dem, was uns trennt und eint. Ich tat dasselbe am vergangenen Sonntag in der Kongreßhalle. Auch ich halte nichts vom Vertuschen und Verwischen unserer gegensätzlichen Auffassungen über den Weg zur deutschen Einheit. Wir haben auch heute nichts verwischt und nichts vertuscht, und wir haben gut daran getan. Denn uns ging es nicht darum, eine Volkskammerschau vorzuführen.

    (Beifall.)

    In dieser Stunde aber und hier angesichts des gefangenen und leidenden Viertels unseres Volkes, ihm zum Trost und uns zur Mahnung, darf ich es einmal wagen auszusprechen: was wir nicht aufgeben dürfen, ist Wahrhaftigkeit unseres Strebens und Streitens, Respekt voreinander und das immer wache Bewußtsein unseres gemeinsamen Schicksals und der schweren Verantwortung, die es uns allen zusammen auferlegt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In diesem Geiste, meine Damen und Herren, wurde der gemeinsame Entschließungsentwurf verfaßt. Er hat folgenden Wortlaut:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Die heutigen Erklärungen der Bundesregierung über die politischen Verhältnisse im sowjetischen Besatzungsbereich Deutschlands und über das sich aus diesen Verhältnissen ergebende Flüchtlingsproblem veranlassen den Deutschen Bundestag zu folgenden Feststellungen:
    I.
    Seit mehr als zehn Jahren dauert jetzt der Flüchtlingsstrom an, trotz aller Bemühungen und Sperren, die das Zonenregime zwischen die beiden Teile Deutschlands legt. Die Zahl von mehr als drei Millionen Flüchtlingen allein aus Mitteldeutschland ist der erschütternde Ausdruck der Existenz- und Gewissensnot, die auf der deutschen Bevölkerung zwischen Elbe und Oder lastet. Es ist der Beweis, daß das, was den Menschen in Mitteldeutschland zugemutet wird, über die Grenze der Leidensfähigkeit hinausgeht. Es ist aber auch der klare Beweis, daß die Mitteldeutschen nicht in den ihnen aufgezwungenen Verhältnissen leben wollen. Der Bundestag protestiert gegen die fortdauernde Verletzung der Gesetze der Menschlichkeit. Es ist nicht nur ein Gebot politischer Klugheit und weitblickenden Verständigungswillens, sondern der reinen Menschlichkeit, den Deutschen in der Zone den Weg zu freier demokratischer Selbstbestimmung und zur gesamtdeutschen Gemeinschaft freizugeben.
    II.
    Der Deutsche Bundestag erhebt besonders Einspruch gegen die kaltherzige und heimtückische Knebelung der Freizüzigkeit, durch die den Einwohnern der sowjetisch besetzten Zone das Reisen über die Zonengrenze hinweg nahezu unmöglich gemacht ist. Das krasseste Zeichen der Unterbrechung der menschlichen Beziehungen ist der Rückgang des Reiseverkehrs um



    Kiesinger
    fast 85 % gegenüber dem Vorjahr. Der Deutsche Bundestag wiederholt sein Verlangen, allen Deutschen das Reisen innerhalb Deutschlands endlich freizugeben. Daß von den Besuchern die jeweils im anderen Teil Deutschlands geltenden gesetzlichen und behördlichen Vorschriften zu beachten sind, ist eine Selbstverständlichkeit.
    III.
    Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, gemeinsam mit den Regierungen der Länder und insbesondere auch mit dem Senat von Berlin weiterhin dafür zu sorgen, daß den Flüchtlingen bei ihrer ersten Aufnahme in die Obhut des freiheitlichen Deutschland jede mögliche menschliche Rücksicht und Hilfe zuteil wird, und daß alles, was geschehen kann, für ihre wirtschaftliche und soziale Eingliederung getan wird. Aber die Aufnahme der Flüchtlinge darf nicht nur eine Pflicht der Behörden sein. Jeder einzelne Deutsche im Bundesgebiet ist aufgerufen, zu seinem Teil mitzuhelfen, um dem Flüchtling das tröstliche Gefühl wirklicher Geborgenheit zu geben. Der Welt muß gezeigt werden, daß sich die Deutschen nicht nur in Worten zu der Einheit ihres Volkes bekennen, sondern auch mit helfender Tat.
    IV.
    Die Bundesrepublik Deutschland ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für die Zeit bis zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands geschaffen wurde. Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt.
    Der Deutsche 'Bundestag erwartet die Wiederherstellung der ,staatlichen Einheit Deutschlands von einem unmittelbaren freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der
    Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist.
    Der Deutsche Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat, ebnet.
    V.
    Der Bundestag bekennt sich erneut zu seinem einmütigen Vorschlag eines Vier-Mächte-Gremiums, das gemeinsame Vorschläge zur Lösung der deutschen Frage vorbereiten soll. Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten weiterhin für die Realisierung des Vorschlages nachdrücklich einzusetzen.
    Dies, meine Damen und Herren, ist der Wortlaut des Entschließungsentwurfs. Ich bitte das Hohe Haus, diese Entschließung anzunehmen.

    (Beifall im ganzen Hause.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den vorgelegten Entwurf einer Entschließung. Um vollkommen genau zu sein, frage ich, ob jemand gegen diese Entschließung zu stimmen wünscht. Ich bitte in diesem Fall um ein Handzeichen. — Keine Stimme dagegen. — Ich frage, ob sich jemand der Stimme enthalten will. Ich bitte dann um ein Handzeichen. — Niemand wünscht sich zu enthalten. — Dann bitte ich lalle diejenigen, die der Entschließung zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Ich stelle fest, daß der Deutsche Bundestag einstimmig diese Entschließung angenommen hat. Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall.)

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestags auf den 2. Oktober vormittags 9 Uhr.
Die heutige Sitzung ist geschlossen.