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ID0303803100

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    Vokabeln: 9
    1. Herr: 1
    2. Bundesminister,: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 38. Sitzung Bonn, den 2. Juli 1958 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Scharnberg 2177 A Zur Tagesordnung Rasner (CDU/CSU) . . . . . . 2177 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 2177 C Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksachen 300, 354, 357, 362 bis 365, 378, 400 bis 404, 408, 412, 413, 440 bis 444, 447, 460 bis 468); Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung (Drucksache 490) — Fortsetzung der dritten Beratung — in Verbindung mit den Anträgen zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 502) . . . . . . . .2177 D, 2201 A Allgemeine Aussprache Dr. Gradl (CDU/CSU) . . . . . 2177 D Dr. Meyer (Frankfurt) (SPD) . . . 2179 D Dr. von Brentano, Bundesminister . 2183 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2187 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 2193 C Kiesinger (CDU/CSU) . . . . . 2194 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . 2197 D Schultz (FDP) 2201 A Ritzel (SPD) . . . . . . . . 2204 D Probst (Freiburg) (DP) . . . . 2206 C Strauß, Bundesminister . . 2208 A, 2229 C, 2239 A Merten (SPD) 2222 D Wienand (SPD) . . . . . . . 2236B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 2241 A Weiterberatung vertagt . . . . . . 2246 C Nächste Sitzung 2246 C Anlagen 2247 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1958 2177 38. Sitzung Bonn, den 2. Juli 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 7. 7. Frau Albertz 5. 7. Altmaier * 5. 7. Dr. Barzel 5. 7. Bauer (Würzburg) * 5. 7. Bauknecht 5. 7. Frau Beyer (Frankfurt) 5. 7. Birkelbach * 5. 7. Fürst von Bismarck * 5. 7. Blachstein * 5. 7. Burgemeister 4. 7. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 7. Döring (Düsseldorf) 5. 7. Dr. Eckhardt 2. 7. Euler 4. 7. Franke 12. 7. Gaßmann 5. 7. Gerns * 5. 7. D. Dr. Gerstenmaier 2. 8. Gockeln 3. 7. Heye * 5. 7. Höfler * 5. 7. Frau Dr. Hubert * 5. 7. Jacobs * 5. 7. Kiesinger * 5. 7. Dr. Königswarter 5. 7. Dr. Kopf * 5. 7. Kriedemann 5. 7. Kühlthau 2. 7. Kühn (Köln) * 5. 7. Leber 4. 7. Lohmar 2. 7. Lücker (München) * 5. 7. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 5. 7. Frau Dr. Maxsein* 5. 7. Metzger * 5. 7. Dr. Meyer (Frankfurt) * 5. 7. Müller-Hermann 5. 7. Frau Niggemeyer 12. 7. Paul * 5. 7. Dr. Preiß 5. 7. Pusch 5. 7. Frau Dr. Rehling 2. 7. Richarts 2. 7. Ruf 5. 7. Scheel 5. 7. Dr. Schneider (Saarbrücken) 5. 7. Schoettle 19. 7. Schütz (Berlin) 5. 7. Schütz (München) * 5. 7. Seidl (Dorfen) * 5. 7. Spies (Brücken) 4. 7. Struve 5. 7. Dr. Wahl* 5. 7. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 5. 7. Dr. Will 5. 7. Dr. Zimmer * 5. 7. *) für die Teilnahme an der Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 150 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1958, hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung (Drucksachen 300 Anlage, 464, 490). Der Bundestag wolle beschließen: In Einzelplan 14 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung sind die Gesamtausgaben um 3 000 000 000 DM zu kürzen. Bonn, den 1. Juli 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wienand (Fragestunde der 35. Sitzung vom 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 16): Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der als Musterzusammenlegung bezeichneten Zusammenlegung in Ägidienberg (Siegkreis) eine Freifläche von ca. 9 bis 10 Morgen nicht an einen Landwirt, der sich zur Abrundung seines Besitzes darum beworben hatte, verkauft worden ist, sondern an einen Nichtlandwirt? Ist die Bundesregierung bereit, in Zukunft alles ihr Mögliche zu tun und darauf hinzuwirken, daß Landwirte zur Abrundung ihres Besitzes und zur Herstellung ihrer Existenzfähigkeit in den Besitz solcher Freiflächen bei Zusammenlegungsverfahren kommen? Ihre Frage erlaube ich mir, wie folgt, zu beantworten: Die praktische Durchführung der Flurbereinigungen und beschleunigten Zusammenlegungen ist Angelegenheit der Länder. Nach den bei der zuständigen Landesbehörde getroffenen Feststellungen liegt der Fall folgendermaßen: Bei der in Frage stehenden Fläche handelt es sich um mehrere, seit Jahrzehnten nicht mehr in Kultur befindliche, versumpfte und von Quellen durchsetzte Grundstücke mit einer Gesamtgröße von 2,58 ha, die im Rahmen der Flurbereinigung zusammengefaßt worden sind, aber wegen ihres 'schlechten Kulturzustandes nicht an einen Beteiligten der Flurbereinigung ausgewiesen werden konnten. Die Fläche wurde daher nach öffentlicher Bekanntmachung im Februar 1957 zum Verkauf ausgeschrieben. Als Kaufinteressenten bewarben sich der Eigentümer eines größeren Hofeis mit 50 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 125 ha Wald, der die Fläche zur Abrundung seines Waldbesitzes aufforsten wollte, und außerdem ein Viehhändler und Metzgermeister, der sie zu kultivieren und als Viehweide zu nutzen beabsichtigte. Im Herbst 1957 und Frühjahr 1958 bewarben sich aus anderen Gemeinden zwei weitere Landwirte. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung beschloß jedoch am 16. April 1958 einstimmig, die Fläche an den Viehhändler zu verkaufen, da dieser am ehesten in der Lage sei, die für eine Kultivie- 2248 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1958 rung notwendigen erheblichen Mittel aufzubringen und so das Land einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Eine Eigentumsübertragung hat noch nicht stattgefunden. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft soll nochmals mit der Angelegenheit befaßt werden. Die Bundesregierung ist zwar in Verfolgung Ihres Programms zur Verbesserung der Agrarstruktur immer bemüht gewesen, auf die Länder dahingehend einzuwirken, daß alle innerhalb und außerhalb von behördlich gelenkten Flurbereinigungs- und beschleunigten Zusammenlegungsverfahren frei werdenden Flächen, die sich für eine landwirtschaftliche Nutzung eignen, zur Aufstockung landwirtschaftlicher Betriebe bis auf die Größe von Familienbetrieben verwendet werden. Es ist aber in der praktischen Durchführung nicht möglich, diesen Grundsatz in jedem einzelnen Fall zu verwirklichen. Bonn, den 27. Juni 1958 Lübke
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    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Wenn ich nichts anderes sage, als daß ich mit dem Kollegen Merten, dem Oppositionssprecher zu meinem Haushalt, hoffentlich und wie ich überzeugt bin, einen Wunsch gemeinsam habe, daß nämlich wir beide weder als Krieger noch als Häftlinge jemals gegen Rußland zu marschieren haben, und ein Mitglied der Opposition sagt: „Ob man Ihnen das glauben darf?", dann möchte ich wissen, wo die Unterstellung und wo die beleidigende Absicht ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Damals hat der Kollege Merten fortgefahren:
    Der Minister hoffe, mit Hilfe der Amerikaner die politischen Verhältnisse in Rußland ändern zu können.
    Merten betonte, daß er an die Möglichkeit einer echten Koexistenz glaube, und vertrat die Ansicht, daß der Rapacki-Plan die Möglichkeit bietet, die Russen aus Polen hinauszumanövrieren.
    Es heißt dort weiter:
    Von der evangelischen Kirche erhofft Merten ein sehr ernstes Wort, sobald die Bundeswehr mit Atomwaffen ausgerüstet wende. Er wisse, daß es Militärpfarrer gebe, die ihren Soldaten dann verbieten werden, sich an der Ausbildung zu beteiligen, auch wenn sie hinausfliegen.
    Ich hätte einen solchen klerikalen Einfluß in der Bundeswehr an sich nie für wünschenswert gehalten;

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    auf alle Fälle hielte ich ihn für nicht in Übereinstimmung befindlich mit der Auffassung des Kollegen Merten. Sehen Sie, das sind die Töne, vor denen wir — ich möchte es einmal sehr allgemein fassen — uns hüten sollten. Denn Sie wissen ganz genau, daß die Behauptung, die Politik der Bundesregierung sei eine konsequente Fortsetzung oder sei die geistige Nachfolge der Politik, die von Wilhelm II. bis Hitler getrieben worden sei, eine aus der Propagandakiste der SED auf Moskauer Weisung kommende Parole ist; das ist nicht zu bestreiten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn Sie einmal in den Archiven des Bundesgebietes, in den Archiven des Ostbüros, in den Archiven des DGB nachforschen und versuchen, die verschiedenen für zugkräftig gehaltenen Parolen zu registrieren, dann werden Sie diese Parole: Wilhelm II. — Hitler - Adenauer schon in sehr frühen Jahren finden.
    Kollege Schmid sagte neulich, im Hause des Gehängten spreche man nicht vom Strick. Sie sind gestern gegen beleidigende Unterstellungen zu Felde gezogen. Ich möchte mir die von unserem Kollegen Carlo - Schmid neulich ausgesprochene Mahnung ebenfalls voll zu eigen machen und Sie bitten, ohne Empfindlichkeit auch von mir anzuhören, was ich zu sagen habe.
    Sie sagten: Die SPD sagt ja zur Landesverteidigung. Das heißt, sie sagt ja zu der Wehrkonzeption, wie sie in Stuttgart verabschiedet worden ist und wie sie gestern, glaube ich, zum ersten Mal in diesem Parlament hier von Ihnen vertreten worden ist. Es ist fast bedauerlich, daß uns die Besprechung des Haushaltsplanes aus zeitlichen Gründen nicht auch die Möglichkeit gibt, nüchtern und sachlich einmal über die Grundlagen und die Denkmaßstäbe, die zu dieser Konzeption geführt haben, und über die Analysen, die darin ihren Niederschlag gefunden haben, sowie über die Ergebnisse, die dort festgelegt sind, in aller Ruhe zu sprechen, ohne daß man eine Wirkung von draußen erwartet.
    Ich darf Ihnen entgegenhalten, daß nicht nur nach meiner Auffassung in Ihrer gestrigen Rede doch einige offensichtliche Fehler oder grobe Irrtümer enthalten sind. Einmal kommt in dieser Wehrkonzeption zum Ausdruck, daß die Bundeswehr nach der Vorstellung der Opposition hier in der Bundesrepublik die Aufgabe habe, ein Gegengewicht gegen die sogenannten Volksarmeen, also gegen die Nachbarn, darzustellen: Wenn man als Nachbarn die sowjetische Besatzungszone, Polen und die Tschechoslowakei nimmt, dann kommt man nach dem gegenwärtigen Stand schon auf sieben plus achtzehn plus fünfzehn Divisionen; dais wären vierzig Divisionen. Die Bundeswehr mit ihren sieben nur zum Teil aufgebauten Divisionen scheidet als Gegengewicht also völlig aus. Ein Gegengewicht zur Armee der sogenannten DDR darzustellen, ist nicht Aufgabe der Bundeswehr. Das löst das Problem nicht. Denn die Frage für uns ist nicht, eine Bruderkampfauseinandersetzung mit den Soldaten der SBZ erfolgreich zu bestehen, die ihrerseits angesichts der Methoden, die drüben angewandt werden, sicherlich auch nicht alle überzeugte Anhänger dieses Systems sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unser Problem liegt wirklich anders. Ich meine das ernst, und es ist keine Phrase, Herr Kollege Eschmann. Wir kennen die Wirkung der modernen Waffen Gott sei Dank nur aus Büchern und nicht aus der Wirklichkeit. Aus der Wirklichkeit kennt sie zum Glück keiner. Aber aus Büchern und Berichten über die Versuche kennen wir sie. Deshalb muß unser Bestreben darauf gerichtet sein, im Rahmen des großen übernationalen Sicherheits-



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    systems das, was an uns liegt, zu tun, damit das politische Ziel, dem das militärische Instrument dienstbar gemacht werden muß, erreicht wird, nämlich den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. Die Volkspolizei oder die nationale Volksarmee könnte kaum von sich aus auf Befehl Ulbrichts einen Krieg unternehmen. Das ist nach allen politischen Maßstäben ausgeschlossen. Die Polen wollen das weder, noch sind sie dazu bereit. Die Tschechen wollen es sicherlich auch nicht. Wenn eine Satellitenarmee marschiert, dann marschiert sie auf Befehl Moskaus,

    (Sehr gut! in der Mitte)

    sei es mit der Roten Armee, sei es als Vorhut der Roten Armee oder sei es in ihrem Auftrag.
    Das politische Ziel, das wir als Voraussetzung für Einheit, Frieden und Sicherheit, als Voraussetzung für Abrüstung, Entspannung und wirklichen Frieden in der Welt unentwegt verfolgen müssen, muß in zwei Etappen erreicht werden. Die Endetappe muß die kontrollierte allgemeine Abrüstung sein. Bis es dazu kommt — und das geht weder sehr schnell, noch wird die Durchführung der kontrollierten Abrüstung sehr schnell gehen —, muß die Anwendung des Machtinstruments des Sowjetblocks oder einzelner Teile dieses Machtinstruments gegen uns oder gegen einen anderen Verbündeten unmöglich gemacht werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich sehe keinen anderen Sinn in der Bundeswehr. Andernfalls wäre ihr Aufbau verfehlt. Darum geht die Vorstellung vom Gegengewicht gegen die Volkspolizei am politischen Ziel vorbei und wird den politischen Notwendigkeiten in keiner Weise gerecht.
    Ferner scheint mir die Wehrkonzeption der SPD sehr stark von der Vorstellung bedingt zu sein, was für uns an Sicherheitsapparat und aktiven Verteidigungsmaßnahmen notwendig ist, wenn der von der SPD gewünschte ideale außenpolitische Zustand eines allgemeinen Sicherheitssystems erreicht ist. Aber unsere Aufgabe als Bundesregierung und Parlament ist heute im Jahre 1958 nicht, Maßnahmen zu überlegen, die wir nach Eintreten eines Idealzustandes für notwendig halten, sondern unsere Aufgabe ist, die Maßnahmen zu überlegen, die bis zum Eintreten dieses Zustandes notwendig sind, damit dieser Zustand überhaupt eintreten kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben in dem Sinne eine sehr heftige Polemik gegen die Wehrpflicht geführt. Sie haben auch von der Geschichte der SPD gesprochen. Natürlich unterliegen die Formen der Verteidigung dem Wandel, je nach dem Fortschritt und der Entwicklung der Technik. Das steht außer Zweifel. Aber wir halten daran fest, daß es ohne eine Verteidigungspflicht, die in verschiedenen Formen — Länge, Dauer, Art usw. — abgeleistet werden kann, eine Landesverteidigung bei uns nicht gibt, Herr Kollege Merten. Alles andere ist eine Illusion. Es mag für Sie schwer sein, das zu vertreten. Ich glaube nicht, daß Sie es sich sehr leicht machen. Aber ein Berufsheer veraltet sehr schnell, und seine Qualität vermindert sich. Auch die Engländer haben jetzt ihre schweren Probleme, und ob sie damit bei ihrer ganz anders gearteten geographischen Situation zu Rande kommen, ist noch mit einem Fragezeichen zu versehen.
    Zweitens braucht man ein gewisses Maß an Reserven. Herr Merten, wir sind bestimmt nicht so töricht, daß wir uns vorstellten, es wäre heute noch eine Mobilmachung im Stile vom September 1870 oder vom August 1914 möglich. Aber ein gewisses Maß an Reserven — über die Frage „Wo?", „Wieso?" und „Warum?" ist hier nicht zu sprechen — ist auch heute noch notwendig. Dann müßte gerade die SPD aufgeschlossen sein für den Gedanken, daß ein Berufsheer immer die Gefahr in sich birgt, einen Staat im Staate darzustellen oder sich dazu zu entwickeln. Durch ein reines Freiwilligenheer würde das Volk von dem Gedanken der Verpflichtung des Staatsbürgers zur Landesverteidigung isoliert werden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.) Das ist nicht wünschenswert.

    Ferner ist es nicht möglich, die erforderliche Anzahl von Freiwilligen zu stellen. Die besten Freiwilligen bekommen wir dadurch, daß wir von den Wehrpflichtigen diejenigen übernehmen, die sich nach ihren Erfahrungen im militärischen Dienst dazu entschließen, länger zu dienen, weil die Formen, in denen sich heute das militärische Leben in der Bundeswehr abspielt, nicht der Schreckvorstellung entspricht, die man, vielfach mit gewissem politischem Hintergrund, im Lande verbreitet hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) '

    Sie halben hier eine interessante Bemerkung gemacht, die ich festhalten möchte — ich kann sie nicht wörtlich, aber sinngemäß, glaube ich, sehr genau wiedergeben —, daß natürlich genug Freiwillige dann vorhanden wären, wenn die Verteidigung von allen politischen Kräften des Landes getragen würde. Ich weiß, was damit gemeint ist. Es geht auch zurück bis auf die Zeiten von Dr. Kurt Schumacher, als er sagte, in einer SPD-Wehrverfassung gibt es keine Kriegsdienstverweigerer. Ich greife diese Auffassung gar nicht an. Aber ist es nicht sehr gefährlich, zu sagen: wenn Ihr uns an der Regierung beteiligen würdet, oder wenn wir an der Regierung beteiligt wären — was ja nicht eine Frage der Verteidigungspolitik oder Nichtverteidigungspolitik ist —, dann gäbe es genug Freiwillige, weil dann alle politischen Kräfte dahinterstehen würden?

    (Abg. Wienand: Das ist aber Rabulistik!)

    Ich halte im Gegenteil ein Abseitsstehen ,gerade der Wählerschichten und der Bevölkerungsgruppen, deren politisches Vertrauen Sie haben und von denen Sie getragen werden, aus der heutigen Bundeswehr vom gesamten staatspolitischen Sinne aus für verfehlt, für verhängnisvoll und für alle demokratischen Kräfte in diesem Lande schädlich.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Ich weiß genau, warum ich das sage.
    Sie werden es auch sofort als Rabulistik bezeichnen, Herr Kollege, wenn ich mir die Frage erlaube - nur einmal, aber ich bin ja auch politischer Diskussionsredner : Welches wäre die Einstellung der SPD, wenn sich die Bundesregierung für eine Freiwilligen- und Berufsarmee entschieden hätte? Wissen Sie, warum ich die Frage stelle? Nicht aus politischer Spielerei, sondern weil in der englischsprachigen Ausgabe des SPD-Pressedienstes vom Jahre 1951, als noch die Gespräche auf dem Petersberg und die Vorarbeiten für die EVG in Paris liefen, geschrieben stand, der Bundeskanzler betreibe offensichtlich die Aufstellung eines Freiwilligenheeres, wenigstens für den Anfang, die Opposition sage dazu mit aller Entschiedenheit nein. Ich kann es im Wortlaut zitieren, aber Sie kennen ja sicher das Zitat. Es kann sein, daß das die übereilte Stilübung eines Parteiredakteurs war. Das haben wir auch schon kennengelernt,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    das gibt es überall, intra und extra muros. Es kann aber auch sein, daß das noch die letzten Ausläufer der SPD-Wehrtradition waren, die seit dem Erfurter Programm ja immer von dem Gedanken der Verpflichtung des Bürgers getragen war. Deshalb möchte ich wirklich wissen, wie heute Ihre Einstellung wäre, wenn der Bundeskanzler auf die falsche Idee — das darf man ja wohl in Zusammenhang mit seinem Namen sagen — gekommen wäre, als politische Entscheidung eine Berufsarmee ins Leben zu rufen statt eine Armee auf der Basis der Wehrpflicht. Denn wenn er zu dieser falschen Entschließunggekommen wäre, und Sie würden dieselbe Meinung vertreten wie heute, dann wäre das eine Übereinstimmung, die einem beinahe wie ein Geschenk erscheinen müßte. Aber ich habe etwas den Verdacht, daß Sie dann das Gegenteil von dem sagen würden, was Sie haute sagen.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wienand?

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    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte.