Rede:
ID0303800600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 51
    1. der: 4
    2. und: 2
    3. daß: 2
    4. das: 2
    5. Diskussion: 2
    6. über: 2
    7. in: 2
    8. wir: 2
    9. Ich: 1
    10. danke: 1
    11. dem: 1
    12. Herrn: 1
    13. Berichterstatter.Meine: 1
    14. Damen: 1
    15. Herren,: 1
    16. ich: 1
    17. schlage: 1
    18. Ihnen: 1
    19. vor,: 1
    20. Problem: 1
    21. während: 1
    22. Kapitel: 1
    23. Außenpolitik: 1
    24. allgemeinen: 1
    25. Aussprache: 1
    26. mitbesprochen: 1
    27. wird: 1
    28. nicht: 1
    29. eine: 1
    30. besondere: 1
    31. darüber: 1
    32. eintreten.: 1
    33. Abstimmen: 1
    34. würden: 1
    35. den: 1
    36. Antrag: 1
    37. am: 1
    38. Schluß: 1
    39. Abstimmungen: 1
    40. zum: 1
    41. Einzelplan: 1
    42. 05.: 1
    43. Sind: 1
    44. Sie: 1
    45. damit: 1
    46. einverstanden?\n: 1
    47. Das: 1
    48. Wort: 1
    49. hat: 1
    50. Abgeordnete: 1
    51. Meyer.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 38. Sitzung Bonn, den 2. Juli 1958 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Scharnberg 2177 A Zur Tagesordnung Rasner (CDU/CSU) . . . . . . 2177 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 2177 C Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksachen 300, 354, 357, 362 bis 365, 378, 400 bis 404, 408, 412, 413, 440 bis 444, 447, 460 bis 468); Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung (Drucksache 490) — Fortsetzung der dritten Beratung — in Verbindung mit den Anträgen zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 502) . . . . . . . .2177 D, 2201 A Allgemeine Aussprache Dr. Gradl (CDU/CSU) . . . . . 2177 D Dr. Meyer (Frankfurt) (SPD) . . . 2179 D Dr. von Brentano, Bundesminister . 2183 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2187 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 2193 C Kiesinger (CDU/CSU) . . . . . 2194 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . 2197 D Schultz (FDP) 2201 A Ritzel (SPD) . . . . . . . . 2204 D Probst (Freiburg) (DP) . . . . 2206 C Strauß, Bundesminister . . 2208 A, 2229 C, 2239 A Merten (SPD) 2222 D Wienand (SPD) . . . . . . . 2236B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 2241 A Weiterberatung vertagt . . . . . . 2246 C Nächste Sitzung 2246 C Anlagen 2247 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1958 2177 38. Sitzung Bonn, den 2. Juli 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 7. 7. Frau Albertz 5. 7. Altmaier * 5. 7. Dr. Barzel 5. 7. Bauer (Würzburg) * 5. 7. Bauknecht 5. 7. Frau Beyer (Frankfurt) 5. 7. Birkelbach * 5. 7. Fürst von Bismarck * 5. 7. Blachstein * 5. 7. Burgemeister 4. 7. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 7. Döring (Düsseldorf) 5. 7. Dr. Eckhardt 2. 7. Euler 4. 7. Franke 12. 7. Gaßmann 5. 7. Gerns * 5. 7. D. Dr. Gerstenmaier 2. 8. Gockeln 3. 7. Heye * 5. 7. Höfler * 5. 7. Frau Dr. Hubert * 5. 7. Jacobs * 5. 7. Kiesinger * 5. 7. Dr. Königswarter 5. 7. Dr. Kopf * 5. 7. Kriedemann 5. 7. Kühlthau 2. 7. Kühn (Köln) * 5. 7. Leber 4. 7. Lohmar 2. 7. Lücker (München) * 5. 7. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 5. 7. Frau Dr. Maxsein* 5. 7. Metzger * 5. 7. Dr. Meyer (Frankfurt) * 5. 7. Müller-Hermann 5. 7. Frau Niggemeyer 12. 7. Paul * 5. 7. Dr. Preiß 5. 7. Pusch 5. 7. Frau Dr. Rehling 2. 7. Richarts 2. 7. Ruf 5. 7. Scheel 5. 7. Dr. Schneider (Saarbrücken) 5. 7. Schoettle 19. 7. Schütz (Berlin) 5. 7. Schütz (München) * 5. 7. Seidl (Dorfen) * 5. 7. Spies (Brücken) 4. 7. Struve 5. 7. Dr. Wahl* 5. 7. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 5. 7. Dr. Will 5. 7. Dr. Zimmer * 5. 7. *) für die Teilnahme an der Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 150 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1958, hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung (Drucksachen 300 Anlage, 464, 490). Der Bundestag wolle beschließen: In Einzelplan 14 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung sind die Gesamtausgaben um 3 000 000 000 DM zu kürzen. Bonn, den 1. Juli 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wienand (Fragestunde der 35. Sitzung vom 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 16): Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der als Musterzusammenlegung bezeichneten Zusammenlegung in Ägidienberg (Siegkreis) eine Freifläche von ca. 9 bis 10 Morgen nicht an einen Landwirt, der sich zur Abrundung seines Besitzes darum beworben hatte, verkauft worden ist, sondern an einen Nichtlandwirt? Ist die Bundesregierung bereit, in Zukunft alles ihr Mögliche zu tun und darauf hinzuwirken, daß Landwirte zur Abrundung ihres Besitzes und zur Herstellung ihrer Existenzfähigkeit in den Besitz solcher Freiflächen bei Zusammenlegungsverfahren kommen? Ihre Frage erlaube ich mir, wie folgt, zu beantworten: Die praktische Durchführung der Flurbereinigungen und beschleunigten Zusammenlegungen ist Angelegenheit der Länder. Nach den bei der zuständigen Landesbehörde getroffenen Feststellungen liegt der Fall folgendermaßen: Bei der in Frage stehenden Fläche handelt es sich um mehrere, seit Jahrzehnten nicht mehr in Kultur befindliche, versumpfte und von Quellen durchsetzte Grundstücke mit einer Gesamtgröße von 2,58 ha, die im Rahmen der Flurbereinigung zusammengefaßt worden sind, aber wegen ihres 'schlechten Kulturzustandes nicht an einen Beteiligten der Flurbereinigung ausgewiesen werden konnten. Die Fläche wurde daher nach öffentlicher Bekanntmachung im Februar 1957 zum Verkauf ausgeschrieben. Als Kaufinteressenten bewarben sich der Eigentümer eines größeren Hofeis mit 50 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 125 ha Wald, der die Fläche zur Abrundung seines Waldbesitzes aufforsten wollte, und außerdem ein Viehhändler und Metzgermeister, der sie zu kultivieren und als Viehweide zu nutzen beabsichtigte. Im Herbst 1957 und Frühjahr 1958 bewarben sich aus anderen Gemeinden zwei weitere Landwirte. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung beschloß jedoch am 16. April 1958 einstimmig, die Fläche an den Viehhändler zu verkaufen, da dieser am ehesten in der Lage sei, die für eine Kultivie- 2248 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1958 rung notwendigen erheblichen Mittel aufzubringen und so das Land einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Eine Eigentumsübertragung hat noch nicht stattgefunden. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft soll nochmals mit der Angelegenheit befaßt werden. Die Bundesregierung ist zwar in Verfolgung Ihres Programms zur Verbesserung der Agrarstruktur immer bemüht gewesen, auf die Länder dahingehend einzuwirken, daß alle innerhalb und außerhalb von behördlich gelenkten Flurbereinigungs- und beschleunigten Zusammenlegungsverfahren frei werdenden Flächen, die sich für eine landwirtschaftliche Nutzung eignen, zur Aufstockung landwirtschaftlicher Betriebe bis auf die Größe von Familienbetrieben verwendet werden. Es ist aber in der praktischen Durchführung nicht möglich, diesen Grundsatz in jedem einzelnen Fall zu verwirklichen. Bonn, den 27. Juni 1958 Lübke
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Johann Baptist Gradl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Schluß der außenpolitischen Debatte am 25. März ist eine Reihe von Anträgen den zuständigen Ausschüssen überwiesen worden. Dazu gehörten auch zwei Anträge der Fraktion der FDP, die Viermächteverhandlungen über die deutsche Frage betrafen. Es handelt sich um den Umdruck 33, Antrag der FDP vom 18. März 1958, und um den Umdruck 40, Antrag der FDP vom 22. März 1958. Diese beiden Anträge sind im Auswärtigen Ausschuß erörtert worden. Ich habe nun über das Ergebnis der Ausschußberatungen Bericht zu erstatten.



    Dr. Gradl
    Im Auswärtigen Ausschuß sind die beiden Anträge auf meinen-Vorschlag als eine Einheit genommen worden, weil sie substantiell identisch sind.
    Die FDP-Fraktion beschränkte sich in ihrem Antrag vom 22. März 1958 darauf, im Hinblick auf eine kommende Gipfelkonferenz die Forderung zu formulieren, daß man sich im Zusammenhang mit dieser Gipfelkonferenz oder auf dieser Gipfelkonferenz bei den Vier Mächten für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag für Gesamtdeutschland einsetzen möge. Der andere Antrag sah darüber hinaus vor, daß den Vier Mächten vorgeschlagen werden sollte, ein besonderes Gremium zu schaffen, ein Vier-Mächte-Gremium, eine Art Arbeitsgruppe mit hohem Rang, der das Thema „Lösung der deutschen Frage" zur Beratung übertragen werden sollte.
    Diese beiden Anträge sind, wie gesagt, im Ausschuß gemeinsam erörtert worden. Um den Bericht abzukürzen und Ihnen das Verständnis der Begründung zu erleichtern, will ich Ihnen zunächst den Antrag in seiner endgültigen Fassung, wie ihn der Auswärtige Ausschuß dem Hohen Hause zur Annahme vorschlägt, zur Kenntnis geben. Der Umdruck wird im Laufe der Sitzung verteilt werden. Der Antrag lautet:
    Der Bundestag wolle beschließen,
    Um die Wiederherstellung der deutschen Einheit zu fördern, wird die Bundesregierung beauftragt, sich bei den Vier Mächten, den USA, der UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, dafür einzusetzen, daß auf einer künftigen internationalen Konferenz (Gipfelkonferenz) oder auch unabhängig davon ein Vier-Mächte-Gremium (mindestens im Range einer Botschafter-Konferenz) mit dem Auftrag gebildet wird, gemeinsame Vorschläge zur Lösung der deutschen Frage zu erarbeiten.
    Dies ist der Antrag, den der Auswärtige Ausschuß dem Hohen Hause zur Annahme empfiehlt.
    Zur Begründung oder zur Erklärung des Antrages darf ich noch einige kurze Bemerkungen machen. An den Anfang des Antrages ist das Grundmotiv gestellt, das den Auswärtigen Ausschuß und die Fraktionen bei der Beratung dieses Antrages und seiner Formulierung geleitet hat: die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands. Es bedarf keiner besonderen Begründung, daß das das Ziel einer jeden solchen Überlegung ist. Der Antrag, der nun dem Hohen Hause vorgelegt ist, zeigt in der Tat einen Weg, einen nicht unwesentlichen, vielleicht sogar einmal einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der deutschen Frage — und darunter verstehen wir natürlich die Wiederherstellung der staatlichen Einheit unseres Landes — zu leisten.
    Der Antrag gibt dem Vier-Mächte-Gremium, dessen Bildung zu gegebener Zeit er vorschlägt, die Anregung eines Arbeitsauftrages, gemeinsame Vorschläge zur Lösung der deutschen Frage zu erarbeiten. Das ist eine sehr allgemeine Formulierung, aber sie ist mit Bedacht gewählt worden, um allen Vier Mächten nach allen Seiten den Weg und die Möglichkeit freizuhalten, daß sie auf den Vorschlag, der in dem Antrag enthalten ist, eingehen, ohne sich dabei durch irgendwelche früheren Erklärungen, die sie bei dieser oder jener Gelegenheit einmal zur deutschen Frage abgegeben haben, gehemmt zu fühlen.
    Die Arbeitsaufgabe ist auch deshalb so allgemein formuliert — und es ist bewußt auf jede Präzisierung dieser Arbeitsaufgabe verzichtet —, weil wir der Überzeugung sind, daß bei ernsthaften Verhandlungen über die Lösung der deutschen Frage doch alles mit einbezogen werden muß, was dem deutschen Problem seine eigentlichen Schwierigkeiten gibt. Infolgedessen ist es, so betrachtet, auch nicht notwendig, den Arbeitsauftrag konkreter zu formulieren, als es mit den Worten dieses Antrages geschehen ist: zur Lösung der deutschen Frage Vorschläge zu erarbeiten.
    Es versteht sich von selbst, daß es dabei urn die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands geht, zu der sich die Vier Mächte — alle vier Mächte — in wiederholten und zum Teil feierlichen Erklärungen verpflichtet haben. Es versteht sich von selbst, daß es in diesen Zusammenhängen auch darum geht, in Europa eine Friedensordnung zu finden, die den Sicherheitsinteressen aller Beteiligten, soweit das irgend möglich ist, entspricht. Es ist durchaus denkbar, daß man sich dabei über Vertragsentwürfe und über die Frage, ob ein Vertrag oder ob verschiedene Verträge abgeschlossen werden sollen, sehr sorgfältig unterhalten wird. Alle diese Möglichkeiten sind in dieser allgemeinen Formel des Arbeitsauftrags enthalten; damit sind alle Möglichkeiten geöffnet. Deshalb eben ist auf die Präzisierung des Arbeitsauftrages verzichtet worden.
    Das Wesentliche dieses Antrags liegt in dem Vorschlag, die Vier Mächte, die als ursprüngliche Besatzungsmächte eine primäre Verantwortung für die Wiederherstellung der deutschen Einheit haben, dazu zu bringen, nun ein besonderes Gremium zu schaffen, das die Lösung der deutschen Frage als eigentlichen Auftrag bekommt. Die deutsche Frage ist auf vielen internationalen Konferenzen nach dem Kriege erörtert worden. Aber niemals hat eine solche Erörterung dazu geführt, daß die Vier Mächte ein Gremium eingesetzt hätten, das wirklich die eigentliche Verantwortung für die Behandlung der deutschen Frage und für ein systematisches stetiges Gespräch auferlegt bekam. Wir erinnern uns, daß es z. B. für die österreichische Frage ein solches Gremium im Rang einer Botschafterkonferenz oder auch zeitweise der. stellvertretenden Außenminister gegeben hat. Eine solche Instanz gab es auch für die Lösung der Triester Frage. Für die deutsche Frage hat es bisher eine solche Institution nicht gegeben.
    Bei der Erörterung dieses Vorschlags waren wir uns darüber einig, daß, auch wenn ein Viermächtegremium gebildet wird, damit keineswegs eine sichere Gewähr für den Erfolg der Arbeit dieses Gremiums besteht. Wir sind uns auch darüber im klaren, daß damit schon gar nicht die Gewähr für einen schnellen Erfolg gegeben ist. Auf der andern Seite sind wir uns darüber einig und klar, daß anders als



    Dr. Gradl
    durch sehr mühselige Verhandlungen eine befriedigende und befriedende Lösung der deutschen Frage ohnehin nicht möglich ist. Wenn dieses Ziel erreicht werden soll — und es soll ja erreicht werden —, dann geht das eben nicht anders als dadurch, daß man eine feste Institution schafft, die sich dieser Angelegenheit besonders und verantwortlich annimmt.
    Ich sagte eingangs, daß die Anträge, die schließlich zu dem jetzigen gemeinsamen Antrag geführt haben, in der außenpolitischen Debatte im März eingebracht worden sind und daß sie gewissermaßen von der Erwartung überschattet waren, in absehbarer Zeit könnte eine internationale Konferenz, eine sogenannte Gipfelkonferenz, zustande kommen. Aber selbst wenn in naher Zeit eine solche Konferenz zusammenträte, wäre dadurch dieser Vorschlag, wie wir meinen, in keiner Weise überflüssig. Im Gegenteil, wenn eine Gipfelkonferenz zustande kommt, kann man von ihr sicherlich nicht erwarten, daß sie die deutsche Frage erschöpfend behandelt und es gewissermaßen bis zu einer vollzugsfähigen Lösung bringt. Bei dem Charakter einer solchen Konferenz und dem üblichen Ablauf können ohnehin nur Grundzüge erwartet werden. Im günstigsten Falle, selbst wenn also eine Gipfelkonferenz die deutsche Frage einer Lösung wirklich näherbringen sollte, wird nachher zweifellos eine besondere Kommission, irgendein besonderes Arbeitsgremium geschaffen werden müssen. Dieses Gremium ist also auf alle Fälle auch im Zusammenhang mit einer Gipfelkonferenz notwendig, und das war mit eine der Überlegungen, die nun zu diesem Antrag geführt haben.
    Vielleicht darf ich hinzufügen — weil ich glaube, daß auch darüber volle Übereinstimmung bestand —, daß der Gedanke eines besonderen ViermächteGremiums für die deutsche Frage in den Überlegungen des Auswärtigen Ausschusses auch aus folgendem Grunde so positiv betrachtet wurde: wenn eine solche große internationale Konferenz zustande kommt, darf sie, vom deutschen Standpunkt aus betrachtet, auf keinen Fall' so zu Ende gehen, daß für die deutsche Frage nur ein deklamatorisches Ergebnis übrigbleibt und sonst gar nichts. Das mindeste, was wir erwarten und verlangen müssen, ist dann eben der Arbeitsauftrag an eine besondere Gruppe, die sich der deutschen Frage verantwortlich annimmt und' verpflichtet ist, die Erörterungen darüber stetig, dauerhaft und sehr ernst zu führen.
    In dem Antrag ist gesagt, daß bei diesem Appell an die Vier Mächte, ein Vier-Mächte-Gremium einzusetzen, und dem Auftrag an die Bundesregierung, sich in diesem Sinne zu bemühen, der Blick zunächst auf eine etwaige Gipfelkonferenz gerichtet ist. Aber es heißt in dem Antrag auch, daß dieser deutsche Wunsch auch dann vertreten werden soll, wenn man in absehbarer Zeit nicht mit einer Gipfelkonferenz sollte rechnen können. Es ist durchaus vorstellbar, daß man auch unabhängig von einer Gipfelkonferenz ein solches Vier-Mächte-Gremium schafft.
    Über die Notwendigkeit brauche ich dem, was schon gesagt worden ist, nichts hinzuzufügen. Die
    Frage, die sich bei dem Lesen des Antrages aufdrängt, wann denn dieser Vorschlag den Vier Mächten zur Kenntnis gebracht und bei ihnen vertreten werden soll, kann man dahin beantworten, daß man es der Bundesregierung, an die das Hohe Haus durch Annahme des Antrages den Auftrag richten würde, überlassen muß, wann und wie dieser durch Annahme des Antrags deutlich gemachte Wunsch des Hohen Hauses vertreten und durchgesetzt werden sollte.
    Damit sind, glaube ich, die wesentlichen Punkte des Antrags in der in dieser Debatte gebotenen Kürze begründet. Es handelt sich, wie gesagt, um einen Antrag, den alle Fraktionen dieses Hauses befürworten. Wir geben uns alle, das darf ich abschließend sagen, auch bei diesem Vorschlag keinen Illusionen hin. Alle sind sich darüber im klaren, daß damit vielleicht nur ein ganz winziger Ansatz erreicht wird, um in der deutschen Frage der ersehnten Lösung näherzukommen. Aber so, wie die Dinge sind, muß man jede, auch die winzigste Möglichkeit benutzen, hier weiterzukommen. Das war der Grundgedanke aller, die gemeinsam diesen Antrag dem Hohen Hause unterbreitet haben.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß das Problem während der Diskussion über das Kapitel Außenpolitik in der allgemeinen Aussprache mitbesprochen wird und daß wir nicht in eine besondere Diskussion darüber eintreten. Abstimmen würden wir über den Antrag am Schluß der Abstimmungen zum Einzelplan 05. Sind Sie damit einverstanden?

(Zustimmung!)

Das Wort hat der Abgeordnete Meyer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Wilhelm Meyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich heute zum Haushalt sprechen darf, so möchte ich zunächst der Genugtuung Ausdruck geben, daß dank dem neuen Haushalt das Auswärtige Amt endlich wieder eine Ostabteilung erhalten hat. Gewiß hat auch vorher im Auswärtigen Amt die Pflege der Ostbeziehungen niemals völlig geruht. Gewiß bedeutet die Begründung der Ostabteilung kein Abrücken vom Westen und unseren 'dortigen Freunden. Aber sie ist doch, so möchte ich meinen, eine Unterstreichung der ungeheuren Bedeutung unserer Ostbeziehungen. Sie gibt die erweiterte Möglichkeit, so hoffen wir, zu ihrer besseren Wahrnehmung als bisher.
    Um so mehr beklagen wir die Tatsache, daß bislang mit der Entwicklung der diplomatischen Beziehungen zu den Ländern zwischen der Sowjetunion und uns noch keine wesentlichen Fortschritte erzielt worden sind. Es ist gesagt worden, daß die Sowjetunion entsprechende deutsche Schritte mißdeuten und annehmen könnte, wir wollten in Warschau oder Prag oder anderswo gegen die Sowjetunion womöglich gar intrigieren. In Wahrheit denken wir



    Dr. Meyer (Frankfurt)

    hieran nicht im Traum — mit Ausnahme lediglich einiger unverantwortlicher politischer Wirrköpfe. Aber wir hätten keine deutsche Diplomatie mehr wert des Namens, wennn sie nicht etwaige sowjetische Besorgnisse auch auszuräumen vermöchte. Wir bleiben uns bewußt, daß der Schlüssel zu allen Ostfragen und der Schlüssel auch zur Wiedervereinigung in der Hauptsache im östlichen Raum liegt. Selbstverständlich denken wir nicht daran, Sondierungen Moskaus etwa zu unterlassen, wenn es sich um die Aufnahme jener Beziehungen handeln sollte.
    Noch eine große Anzahl anderer Gründe sind gegen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit jenen Staaten, die zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion liegen, vorgebracht worden Es heißt, daß die Aufnahme solcher diplomatischen Beziehungen virtuell eine Anerkennung der OderNeiße-Linie in sich schließen würde. Aber ich glaube, man kann es völlig klarmachen, daß dies niemals in die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit jenen Staaten hineininterpretiert werden darf. Es ist ferner gesagt worden, daß Beziehungen von Volk zu Volk wertvoller seien als Beziehungen zu Regierungen. Aber es sind eben leider Regierungen, mit denen die Menschen und die anderen Staaten verhandeln müssen.
    Man kann auch nicht sagen, daß es uns der Westen etwa verargen könnnte, wenn wir mit jenen Staaten diplomatische Beziehungen aufnähmen, denn der Westen selbst unterhält sie ja, und die amerikanische Botschaft in Warschau ist gewiß nicht gegründet worden, um den Kommunismus zu fördern.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Aber was auch alle diese und noch viele andere Einwände sein mögen: insgesamt — das ist unsere Auffassung — reichen sie nicht aus und können einer exakten Prüfung wirklich nicht standhalten.

    (Abg. Erler: Sehr wahr!)

    Wesentlich ist, daß es fahrlässig, daß es unendlich gefährlich, daß es fast unheimlich erscheinen muß, in diesen weiten Räumen, bei diesen großen Völkern nicht eine einzige amtliche bundesdeutsche Vertretung zu unterhalten

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    und alle Nachrichten und Beurteilungen nur aus zweiter und dritter Hand zu erlangen, oft sogar aus trüben Quellen. Wie lange soll dieser unbefriedigende Zustand denn dauern? Soll er ungezählte Jahre dauern? Soll es ungezählte Jahre dauern, bis wir diese Beziehungen aufnehmen, obschon doch zu Abrüstungsverhandlungen, zu Wiedervereinigungsverhandlungen, zu Friedensverhandlungen, wenn es zu ihnen kommen sollte, ganz gewiß auch Vertreter der genannten Zwischenstaaten am Verhandlungstisch mitsitzen würden? Welche Vorteile könnten für uns aus solcher unserer Abstinenz erwachsen?
    Auch John Foster Dulles, der amerikanische Außenminister, erhebt bekanntlich keinen Widerspruch dagegen, daß sich Vertreter dieser Staaten bei Konferenzen einfinden. Und während wir hier zusammensitzen, befinden sich, wenn ich mich nicht täusche, Vertreter Rumäniens, der Tschechoslowakei und Polens neben den Amerikanern am Verhandlungstisch in Genf.
    Ich kann verstehen, daß manche zögern, daß manche sagen: Laßt uns vorerst nur Wirtschaftsvertretungen einrichten! Freilich weiß ich nicht, wie sich jene Staaten hierzu stellen, also ob sie hiermit einverstanden sein würden. Aber gesetzt, sie wären es, so können Wirtschaftsbeziehungen —hierüber müssen wir uns völlig klar sein — diplomatische Beziehungen doch nicht ersetzen. Wirtschaftsdelegierte haben im allgemeinen keinen Zugang zu den Außenämtern, keinen ausreichenden Verkehr mit dem Diplomatischen Korps.
    Nur warnen kann man vollends davor, etwa auf innere Umwälzungen oder Revolutionen in den Oststaaten warten oder mit solchen Vorgängen auch nur rechnen zu wollen. Erstens wissen wir nicht, ob Umwälzungen kommen werden; in der Außenpolitik darf man spekulativen Erwartungen nicht zu großen Raum geben. Zweitens wissen wir nicht, ob uns die neuen Regierungen überhaupt günstig wären, und drittens käme eine solche Haltung im Kern einer Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten nahe. Und vor nichts — so wage ich zu erklären — hat sich unsere Außenpolitik in diesen ungeheuer schweren Zeiten mehr zu hüten als vor dem Verdacht auch nur eigener 'deutscher Einmischung in anderer Staaten Innenpolitik; niemals werden wir unsere neue deutsche Einheit fest begründet haben, wenn wir nicht jede fremde Einmischung in unsere deutschen Affären endgültig ausgeschlossen haben.

    (Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Diese Kardinalthese der allseitigen Nichteinmischung in die inneren Verhältnisse der Staaten, diese deutsche Generalthese dürfen wir niemals durch irgendeine Seitenpolitik auch nur der Möglichkeit einer Schwächung aussetzen.
    Wenn wir uns gegen einen Anfang mit Wirtschaftsvertretungen in diesen Ländern wenden und alsbaldige diplomatische Beziehungen fordern, dann geschieht dies aber auch deshalb, weil wir an dieses große Vorhaben nicht mit Lauheit, nicht mit Halbherzigkeit herantreten wollen. Lassen Sie uns vielmehr — so möchte ich vorschlagen — vor aller Weltöffentlichkeit klar zum Ausdruck bringen, daß wir zwar in Wahrnehmung unserer eigenen Interessen solche Schritte unternehmen würden, daß wir hiermit aber gleichzeitig auch einer allgemeinen Entspannung dienen und einen Beitrag zu einer allgemeinen Friedensgestaltung liefern wollen.
    Wir hoffen, daß unsere Außenpolitik allmählich derartige Schritte gehen wird. Wir werden die Außenpolitik hierbei unterstützen. Aber einstweilen arbeitet sie leider so zögernd, so sehr langsam, so initiativarm, daß wir dieser Außenpolitik zu unserem tiefen Bedauern unser volles Vertrauen nicht schenken können.

    (Beifall bei der SPD.)




    Dr. Meyer (Frankfurt)

    Alles, was ich heute im Rahmen der Haushaltsdebatte nur sehr gedrängt zu sagen habe, kann und will keinen Anspruch auf eine zusammenfassende Erörterung der außenpolitischen Probleme erheben. Noch weniger kann ich eine so wesentliche Institution wie unser Auswärtiges Amt erschöpfend behandeln.
    Vielleicht war das Auswärtige Amt mit seinen riesenhaften Nachkriegsaufgaben schon längst seiner bisherigen Organisation entwachsen, so daß diese Organisation reformbedürftig geworden war. In solcher Annahme begrüßen auch wir die nunmehrige — jedenfalls virtuelle — Schaffung der beiden Unterstaatssekretariate. Bisher blieb allzu viel allzu lange mit nachteiligen Folgen für unsere Politik beim Staatssekretär hängen. Nun ist der Staatssekretär wie der Außenminister wohl doch erheblich entlastet worden. Wir hoffen, daß dies der gesamten Arbeit der großen und ehrwürdigen Behörde zugute kommen wird. Ich frage mich sogar, ob in dieser Hinsicht schon genug geschehen ist, nicht was die gehobenen, aber die wirklich leitenden Stellen anlangt.
    Ein großer Umschwung in- und außerhalb aller Auswärtigen Ämter der ganzen Welt vollzieht sich auch in der Gestaltung der Kulturpolitik. Die Anträge, die wir insoweit zum Etat gestellt haben, hatten die Bewilligung beachtlicher zusätzlicher Mittel zum Ziel. Die deutsche Kulturpolitik im Ausland wird sich — dessen, so glaube ich, müssen wir uns bewußt werden — in der Gegenwart und Zukunft im allgemeinen weitgehend den Männern und Frauen der Politik, der Presse, der Universitäten und auch der technischen Wissenschaften, den Instituten wirklich großen Charakters und der Jugend zuwenden müssen und wird weniger — wenn natürlich in begrenzten Umfang auch weiterhin — die Besucher von Tanzvorführungen, Theatern und Gemäldeausstellungen zu erfassen haben. Die Kulturbestrebungen unserer Außenpolitik werden auch unsere ganze Unterstützung finden, wenn sie allmählich dazu übergeht, Studienassessoren ins Ausland hinauszuschicken, damit diese nach zwei- bis dreijährigen Erfahrungen den Unterricht in unseren Gymnasien und Lyzeen befruchten können, wie das bitter nötig ist.
    Unsere Institute im Ausland sind heute im wesentlichen archäologische Institute. Der Kreis dieser Institute wird in der Richtung erweitert werden müssen, daß sie junge und alte Dozenten wie der Geschichte, der Soziologie und der Wirtschaftswissenschaft einerseits und wie der Mineralogie, der Ölkunde, der Chemie und der Physik andererseits beherbergen. Auf diese Weise könnte wieder das aufgeholt werden, was wir in den letzten Jahrzehnten in so tragischer Weise in diesen Ländern verloren haben und was einst zum guten Teil unsere Größe ausmachte, eine Größe, auf die stolz zu sein wir jedenfalls nicht zu verzichten brauchen. Vieles geschieht aber auch in dieser Hinsicht auf unserer Seite noch zu langsam und mit zu armseligen Mitteln. Gestern hat mein Freund Erler über die Entwicklungsländer gesprochen. Es versteht sich von selber, daß wir ihnen im großen Umfange zur Seite stehen müssen. Über die epochale Bedeutung der Neugestaltung der Verhältnisse in den Entwicklungsländern brauchen wir kaum noch viele Worte zu verlieren. Es handelt sich hierbei aber — dies möchte ich ganz klar zum Ausdruck bringen — keineswegs, wie man mitunter hört, etwa um eine Abwehr des Kommunismus, vielmehr sollte es sich für uns um eine sittliche Verpflichtung handeln.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Zu lange sind diese Länder ausgenutzt oder in ihrer Entwicklung nur ungenügend gefördert worden. Wir freuen uns über jedes Land, das den Kolonialismus, in welcher Form er sich auch immer repräsentieren mag, abschüttelt und in junger Freiheit einen berechtigten Platz im Rate der Völker einnimmt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich übergehe jüngste außenpolitische Entwicklungen, wie sie sich im Zerschlagen von Fensterscheiben geäußert haben. Ich übergehe sie nicht, weil ich den Vorgängen nicht etwa gerecht werden wollte auch in dem ihnen zugrunde liegenden Ernst; ich übergehe diese Vorgänge vielmehr, weil ich in Erinnerung an Religion- und Pseudoreligionskriege nicht den Gebrauch, aber den Mißbrauch des Ideologischen in der Politik verabscheue,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    nicht zuletzt im Gedanken auch an die Geschichte unseres deutschen Volkes, das ebenfalls aus ideologischen und pseudoideologischen Gründen so wahnsinnige Kriege einst und noch erst gestern geführt hat und das heute wiederum Gefahr läuft, Ideologie und Außenpolitik zu identifizieren, obschon sie im Wesen so unendlich verschieden sind.
    Schon seit etwa 25 Jahren, mindesteens seit Hiroshima und Nagasaki hat eine Zeitenwende angehoben. Lange haben die Außenministerien vieler Staaten gleichwohl eine überkommene Außenpolitik getrieben. Nunmehr hat, wenn nicht alles täuscht, große Unruhe, große Bewegung in der Außenpolitik eingesetzt, zwar nicht immer in Richtung nach vorwärts, ja mitunter fast in Richtung nach rückwärts, wie in solchen Zeitenwenden ja nicht alles einheitlich geschehen kann. Indes eine große Bewegung ist offenbar im Werden. Es sieht so aus — noch kann man gewiß nichts Endgültiges sagen —, als ob in Genf die Sowjetunion und Amerika zu einer Einigung über die Beendigung von Atomexperimenten gelangen werden. Gerade wir würden dies außerordentlich begrüßen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es wäre ein außenpolitisches Ereignis allerersten Ranges mit vielleicht sehr großen Konsequenzen. Ist unsere deutsche Außenpolitik hierauf bereits vorbereitet? Diese Frage muß aufgeworfen werden.
    Sodann wirft sich die weitere schwere Frage auf: Hat die Sowjetunion wirklich nur an einem geteilten Deutschland Interesse? Ist nicht eine Koexistenz mit einem geeinten und freien Deutschland doch auch der Sowjetunion bei verständnisvoller Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen und unserer eigenen Bedeutung möglich?

    (Sehr wahr! bei der SPD. — Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)




    Dr. Meyer (Frankfurt)

    Wir werden unsere Außenpolitik auf solche Möglichkeit einzustellen haben. Sind wir vorbereitet?
    Haben wir Demarchen in New Delhi, in Kabul, in Kairo, in Stockholm unternommen, um festzustellen, ob Indien, Afghanistan, Ägypten, Schweden — diese Staaten werden heute am meisten genannt — bereit sind, an einer etwaigen Gipfelkonferenz teilzunehmen? Haben wir genug Interesse gezeigt oder auch versucht, an der Zuziehung solcher sogenannten „Neutralen" unterstützend mitzuwirken? Sollten wir solche Möglichkeiten der Entspannung nicht ernsthaft fördern, eben durch jene Demarchen an den genannten Orten?
    Und weiterhin: Sind wir darauf vorbereitet — ich möchte es ganz vorsichtig formulieren, weil es sich um Formulierungen gegenüber einem Staat und seiner Regierung handelt, mit dem in Freundschaft zu leben eines unserer wesentlichen Bedürfnisse, nicht nur des Kopfes, sondern auch des Herzens, ist —, daß der heutige französische Ministerpräsident uns nützen, daß er uns aber auch schaden mag? Haben wir an Alternativen gedacht, — ein Denken, das eines der wesentlichsten Elemente jeder Außenpolitik darstellen muß?

    (Abg. Erler: Sehr wahr!)

    Daß de Gaulle vielleicht in Moskau oder in Warschau neue Wege gehen mag, auch vielleicht aus einem französischen Sendungsgefühl heraus, scheint sicher. Sind wir hierauf vorbereitet?
    Wenn ich an unsere heutige Außenpolitik denke, habe ich mitunter den Eindruck — aber ich hoffe, zu Unrecht —, daß der Geist des Barons von Holstein wieder auferstanden ist. Nach Faschoda glaubte die damalige deutsche Außenpolitik, daß es niemals zu einer Einigung zwischen Frankreich und England würde kommen können. Wie hat sich aber damals unsere Außenpolitik in verhängnisvoller Weise getäuscht! Bereits im Jahre 1903 wurde die Entente cordiale zwischen beiden Staaten geschlossen, und in gewisser Hinsicht ist sie heute noch von Bestand. Ähnlich täuschte sich unsere damalige Außenpolitik darin, daß sie annahm, England und Rußland könnten nicht zu einem Einvernehmen gelangen. Aber kurze Zeit darauf, wenige Jahre später — also nur Augenblicke im weltgeschichtlichen Betrachten — war dieses Einvernehmen erzielt.
    Manchmal habe ich, wenn ich an unsere heutige Außenpolitik denke, auch den Eindruck — und ich hoffe, zu Unrecht —, daß sie von einem so schönen und reinen Geiste wie etwa jenem von Christian Morgenstern beherrscht ist, der schrieb: „daß nicht sein kann, was nicht sein darf".

    (Beifall bei der SPD.)

    Man denkt, so weiter machen zu können wie bisher, weil sich eben doch nichts ändern werde. Vollends: was strömt an Energien von der deutschen Außenpolitik her ins deutsche Volk? Wir sehen einige andere Energien in immer stärkerem Wachsen sich breitmachen und Einfluß ausüben. Ich möchte den Namen nicht nennen, der heute auf unsere Lippen
    tritt, wenn wir das sagen. Vor zwölf Jahren hätte man auf seine Worte noch nicht geachtet. Heute beachtet man sie im deutschen Volke und sogar im Ausland. Ich bin sicher, daß alle Parteien dieses Hohen Hauses weit abrücken von Männern dieser Art, die im großen Umfange zentrifugale Tendenzen in unserem wahrhaftig schon verstümmelten Land noch vorwärtszutreiben sich anschicken.
    Ich bin auch betroffen, daß ich, wenn ich mich nicht irre, von seiten eines der Herren Bundesminiter Äußerungen des Inhalts gehört habe, daß uns mehr noch als an der Wiedervereinigung an der Befreiung der Menschen Mitteldeutschlands gelegen sei. Was sollen solche Worte bedeuten? Was ist das für eine Illusion; oder was ist das für eine Abkehr von ganz natürlichem Denken und eine Hinkehr zu Methoden des Zwanges verabscheuungswürdigsten Charakters!

    (Zuruf von der Mitte: Aber, aber!)

    — Die Illusionen bestehen insofern — Herr Kollege, ich hoffe, daß Sie mir bald zustimmen werden —, als die Freiheit für die Menschen in Mitteldeutschland schlechthin nicht garantiert werden kann. Das werden Sie zugeben, sofern Sie nicht zu kindhafte oder illusionäre Vorstellungen von der Macht und .dem besonderen Denken der Regierungen haben, die sich östlich von Mitteldeutschland an der Macht befinden. Eine Hinkehr zur Gewalt wäre es, weil diese Menschen in Mitteldeutschland von ganzem Herzen und in uns bedrängender Form sich danach sehnen, mit uns wiedervereinigt zu werden. Ist das auch nur im entferntesten Nationalismus? Ist es nicht ein gesundes Nationalgefühl, das wir allesamt hier in diesem Hause kultivieren wollen, und ein gesunder Patriotismus, ohne den wir nicht zur Wiedervereinigung je zu gelangen vermögen?

    (Sehr währ! bei der SPD.)

    Sodann: Sind wir wirklich schon hinreichend vorbereitet, daß eine Gipfelkonferenz stattfinden mag? Wirft sich nicht die Frage auf, ob unsere Regierung sich beteiligen wird? Arbeitet unsere Regierung auf eine Beteiligung hin, auf eine Beteiligung nicht in Form von Anwesenheit in einem Vorraum, auf eine Beteiligung nicht im Wege lediglich von Konsultationen? Mir sind Konsultationen und dergleichen nicht genug. Ich möchte aus vielen Gründen, die ich hier nicht im einzelnen erörtern möchte und kann, daß unsere Regierung doch de facto an der Führung und Gestaltung einer solchen Gipfelkonferenz mitbeteiligt wird.
    Ich kenne natürlich auch die Genfer Beschlüsse. Ich weiß, daß danach die vier vertragsschließenden Mächte auch heute immer noch verpflichtet sind, die deutsche Wiedervereinigung herbeizuführen. Ich befürworte keineswegs, sie aus solcher Verantwortung zu entlassen. Aber ich weiß auch, daß die Sowjetunion von den Genfer Beschlüssen abgerückt ist und sie als überholt bezeichnet. Deshalb dürfen wir, so scheint mir, nicht zu sehr, nicht zu stark auf die Erfüllung jener Genfer Verpflichtungen bauen. Wir dürfen nicht vergessen, daß eben eine Großmacht — manche mögen vielleicht sagen: leider — zu nichts und gar nichts im Gang der Geschichte



    Dr. Meyer (Frankfurt)

    jemals gezwungen werden konnte, es sei denn um den fürchterlichsten Preis, an den man heute überhaupt nicht mehr zu denken wagt. Das ist der Preis eines Krieges. Sonst gibt es keine Zwangsausübung gegenüber einer Großmacht. Auch dies ist eine der bitteren Lehren aus den ungarischen Vorgängen, eine Lehre, die freilich manchmal nicht genügend in unsere Köpfe eingedrungen zu sein scheint.
    Wir müssen, so denke ich, auch Amerika klarmachen - ohne es zu kränken; vielmehr in dem Geist, in dem man sprechen kann, wenn man befreundet ist, befreundet sein und befreundet bleiben will —, daß das hundertprozentige Festhalten an den Genfer Bestimmungen uns nicht weiterbringen dürfte. Wir müssen in unserer Außenpolitik etwas einfallsreicher werden.

    (Sehr wahr bei der SPD.)

    Ist ferner unsere Regierung vorbereitet, eine klarere Sprache zu sprechen, auch in den westlichen Hauptstädten? Ist sie bereit, durch unsere Botschafter den dortigen Außenämtern zu sagen, daß es schlechthin unsittlich ist, die Sicherheit der Welt im wesentlichen Umfang darauf aufzubauen, daß 18 Millionen Deutsche nach 12 Jahren nun noch weitere Jahre in Knechtschaft gehalten werden?

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ist dies christlich? Ich glaube, es ist weder dieses noch amerikanisch noch britisch noch demokratisch. Ebensowenig glaube ich, daß es eine Förderung der Gedanken des Abendlandes zu bedeuten vermöchte.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Ist unsere Außenpolitik bereit, in diesem Sinne mit größter Energie auch unsere Presseabteilung — unsere vielbesungene Presseabteilung — zu benutzen? Die Presseabteilungen von Ägypten und Tunis, von Marokko, Ghana und Israel, von Jugoslawien und Zypern verkünden, wie ich fürchte, ihre Wahrheiten besser als wir unsere eigenen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Von unserer Außenpolitik strömt oft doch noch zuviel Lethargie aus, mitunter — nur mitunter — wie eine breite Lava. Aber wir haben den festen Willen, daß es eines Tages — und je eher desto lieber — doch zu einer gemeinsamen Außenpolitik Deutschlands kommen wird; denn diese kann und darf nicht gegründet sein auf die Zustimmung von wenig mehr als nur 50 % der deutschen Bevölkerung. Natürlich trägt letzteres dazu bei, daß unsere Außenpolitik Einbuße an Wirkungsmöglichkeiten erleidet. Deshalb sind meine politischen Freunde und ich sehr froh darüber, daß heute früh, auch dank der großen Arbeit unseres Kollegen Dr. Gradl, aber doch auch dank der Zustimmung aller Fraktionen, im Auswärtigen Ausschuß ein gemeinsamer Schritt getan worden ist, den ich im einzelnen nicht mehr zu erläutern brauche, weil das in vorzüglicher und erschöpfender Weise von Herrn Gradl geschehen ist. Ein Reis der Hoffnung ist es, lassen Sie mich sagen, dem dürren Stamm entsprossen.
    Dann aber, wenn es auf solchem Wege weitergehen soll, machen Sie doch nicht sich selbst und uns die Aufgabe so unendlich schwer! Derjenige ist gewiß niemals berufen, sich mit deutscher Außenpolitik in einer Weise zu beschäftigen, die einer gemeinsamen Außenpolitik dienen soll, der die präsumptiven Partner der Außenpolitik Zerstörer des Christentums und Förderer des Kommunismus nennt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Außenpolitik und Innenpolitik befinden sich nicht in voneinander getrennten Retorten, sondern in einer Art von kommunizierenden Röhren. Eine vergiftete, eine krankhafte Innenpolitik erzeugt auch eine unheilbestimmte, krankhafte Außenpolitik.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich möchte dem Herrn deutschen Außenminister von ganzem Herzen wünschen, daß es ihm im Interesse des gesamten deutschen Volkes hüben und drüben von Elbe und Werra gelingt, die deutsche Außenpolitik von den Sünden der deutschen Innenpolitik einigermaßen frei zu halten, ja, eher der deutschen Innenpolitik gesunden zu helfen, damit sie einen Beitrag auch zu einer gesunden deutschen Außenpolitik liefern kann.

    (Abg. Dr. Mommer: Herr Schröder soll ja Außenminister werden! Wie wird das dann? Das wird schön werden!)

    Wer durch das Brandenburger Tor in Berlin einzieht, Herr Adenauer oder Herr Ollenhauer, ist mir nicht völlig gleichgültig, aber doch unendlich zweitrangig, wenn nur das eine Deutschland auch durch deutsche außenpolitische Staatskunst endlich wieder vereinigt ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP.)