Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Herr Abgeordnete Erler hat verschiedene Behauptungen aufgestellt, die ich nicht unwidersprochen lassen kann. Er hat zunächst gesagt, daß der Kanzler Geld des Staates für Parteizwecke verwendete. Meine Damen und Herren! Ich erkläre im vollen Bewußtsein dessen, was ich sage: Niemals ist mit meinem Wissen oder Willen auch nur irgend etwas Derartiges geschehen. Dieser Fonds, der neulich schon hier besprochen worden ist, wird von mir gar nicht bewirtschaftet. Ich glaube, ich habe kein einziges Mal eine Entscheidung getroffen, wer aus dem Fonds etwas erhalten soll oder was gegeben werden soll. Das ist der Fonds, der nach dem Haushalt zu Informationszwecken bestimmt ist, und der deswegen der Bewirtschaftung des Leiters des Presse- und Informationsamtes untersteht und nicht mir.
Im übrigen möchte ich Ihnen das eine doch sagen, Herr Kollege Erler: Bitte, besehen Sie sich die Propaganda der Regierung Steinhoff in diesem Wahlkampf.
Da können Sie allerdings sehen, wofür Steuergelder verwendet werden.
— Ich werde Ihnen die Drucksachen zuschicken.
Herr Kollege Erler hat weiter gesagt,
ich hätte auf das Bundesverfassungsgericht einen Druck ausgeübt. Das, meine Damen und Herren, ist ungefähr die schwerste Beschuldigung, die Herr Erler aussprechen konnte.
Ich bin deshalb gezwungen, Ihnen genau mitzuteilen, worum es sich handelt.
Es hat eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht stattgefunden. In dieser Verhandlung war die Bundesregierung durch Beamte des Bundesfinanzministeriums vertreten. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Termin, ohne vorher davon eine Mitteilung zu machen, den Professor Eschenburg als Sachverständigen geladen und ihn ein Gutachten erstatten lassen. Es sind dann Behauptungen vor dem Bundesverfassungsgericht aufgestellt worden, die unrichtig waren.
Das Kabinett hat sich mit dieser Frage beschäftigt und hat den Bundesfinanzminister Etzel beauftragt, den Antrag zu stellen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, um diese Tatsachen klarzustellen.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag des Bundesfinanzministers ohne eine Begründung abgelehnt. Darauf habe ich den gleichen Antrag gestellt wie der Bundesfinanzminister. Das ist der Druck, meine Damen und Herren, den ich nach Angabe des Herrn Kollegen Erler auf das Bundesverfassungsgericht ausgeübt haben soll!
Meine Damen und Herren! Ich kann nicht auf alle Einzelheiten eingehen, die Herr Erler hier vorgetragen hat.
Ich möchte Ihnen aber hier doch, meine Damen und Herren, die merkwürdige Art und Weise zur Kenntnis bringen, in der Herr Kollege Erler zitiert. Er hat gesagt, ich hätte nach dem Bericht der „Rundschau" erklärt, wir wollten sorgen, daß wir bei der Landtagswahl die Mehrheit bekämen, damit wir machen könnten, was wir wollten. Er hat daraus gefolgert: Also das ist der Wille der CDU, zu machen, was sie will. Ich habe in der betreffenden Rede gesagt, daß die FDP erklärt habe, wenn sie und die SPD zusammen die Mehrheit haben würden, würden sie nach der Wahl eine Regierung SPD/ FDP bilden. Darauf habe ich gesagt — ich lese Ihnen jetzt den Bericht der „Bonner Rundschau" vom 9. Juni vor —:
„Die FDP möchte ich bei alledem nicht mehr
erwähnen", sagte der Bundeskanzler. „Mögen
sie machen, was sie wollen. Sorgen wir , daß
2162 Deutscher Bundestag—3. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1. Juli 1958
Bundeskanzler Dr. Adenauer
wir die Mehrheit bekommen, damit w i r machen können, was wir wollen."
Herr Abgeordneter Erler sucht es immer so darzustellen — Herr Kollege Krone hat das schon hervorgehoben —, als wenn ich mich nicht Tag um Tag um die Wiedervereinigung bemühte. Ich sehe mich infolgedessen gezwungen, folgende Mitteilung zu machen, die ich bisher noch nie gemacht habe und die ich lieber unterlassen hätte. Als sich Ende der 40er Jahre in Berlin die SED bildete und der Druck gegen die deutschen Parteien — ich nenne sie absichtlich die „deutschen Parteien", das waren die CDU und die SPD — einsetzte, bin ich sofort als damaliger Vorsitzender der CDU der britischen Zone nach Hannover gefahren, um dem Herrn D r. Schumacher vorzuschlagen, daß unsere beiden Parteien gemeinsam den Abwehrkampf führen sollten. Ich bin in Hannover, meine Damen und Herren, nicht empfangen worden.
Herr Kollege Erler ist dann auf die Frage der Bewaffnung der Bundeswehr eingegangen und hat erklärt, daß wir gegen den Auftrag des Volkes handelten. Ich stelle fest, meine Damen und Herren, daß ich von dieser Stelle aus am 10. Mai 1957 erklärt habe: Die Frage, ob die Bundeswehr mit atomaren Waffen ausgerüstet werden muß, ist zur Zeit „noch nicht spruchreif" ; die Entscheidung wird aber in zwei bis drei Jahren fallen. Das war zu einer Zeit, als wir den Wahlkampf führten, der das Ergebnis vom 15. September 1957 brachte. Bei der Wahl war also dem deutschen Volk bekannt, daß diese Frage von diesem Bundestag zu lösen ist.
Im übrigen möchte ich Ihnen, was die Frage dieser Waffen angeht, zwei Ausführungen vorlesen, die in diesem Hause gemacht worden sind. Einmal:
Es geht auch nicht einmal um die Zahl der Divisionen allein. Entscheidend ist doch Art und Umfang der Ausrüstung. Sie sind sicher mit uns der Meinung, daß in unserer Lage nur die modernste Ausrüstung akzeptabel ist.
Weiter hat der betreffende Redner gesagt:
Jeder deutsche Verteidigungsbeitrag hat auch nur dann einen Sinn, wenn er eingebaut ist in einen strategischen Plan, der uns die Gewißheit gibt, daß im Ernstfall die Verteidigung mit dem vollen Gewicht der militärischen Stärke an der deutschen Grenze erfolgt.
Das sind Ausführungen des Herrn Kollegen Ollenhauer , die er am 5. Dezember 1952 gemacht hat.
Er hat am 15. Dezember 1954 in diesem Hause und von dieser Stelle aus gesagt:
Ich will mich hier auf keine militärtechnische Debatte einlassen, aber ich sage Ihnen eins: als Staatsbürger habe ich ein Recht, zu fragen, ob mein Junge, wenn er schon nach Ihrem Willen Soldat werden sollte, nicht wenigstens die Chance hat, die leistungsfähigsten Verteidigungsmittel zu besitzen, die es gibt.
Herr Erler hat soeben ausgeführt, wenn wir den Anfang damit machten, daß wir unsere Truppen nicht mit diesen Waffen versähen, dann würden die anderen das auch tun. Nun, der stellvertretende Ministerpräsident Mikojan hat mich gefragt, ob wir nicht darauf verzichten könnten, unsere Truppen mit diesen Waffen zu versehen. Er hat aber nicht gesagt: dann werden wir auch abrüsten!, sondern er hat gesagt: dann werden wir unsere Atombomben nicht auf Ihr Gebiet werfen! — Ich will Ihnen auch sagen, was ich darauf geantwortet habe. Ich habe ihm gesagt: Sie wissen ganz genau, daß im Ernstfall eine solche Zusage doch nicht gehalten wird! — Darauf hat er mir nicht mehr geantwortet.
Man hat sich beklagt über den Ton, man hat sich besonders beklagt über mich, Herr Kollege Erler. Nun, ich muß Ihnen sagen, die Behauptung, daß wir das deutsche Volk dem Atomtod überantworten, ist die schwerste Beleidigung, die Sie aussprechen können!