Rede:
ID0302607700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3026

  • date_rangeDatum: 25. April 1958

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 26. Sitzung Bonn, den 25. April 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Volksbefragung wegen einer atomaren Ausrüstung der Bundeswehr (Drucksache 303) — Fortsetzung der Ersten Beratung — Dr. Greve (SPD) 14F° B Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 1467 D Dr. Dr. Heinemann (SPD) 1476 D Dr. Schröder, Bundesminister 1480 D, 1503 A, 1506 C Dr. Arndt (SPD) 1489 A Heiland (SPD) 1505 A Ollenhauer (SPD) 1506 D Dr. Mommer (SPD) 1508 B Hoogen (CDU/CSU) 1508 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Viehzählungsgesetzes (Drucksache 298) — Erste Beratung — 1509 B Entwurf eines Gesetzes über Bodenbenutzungserhebung und Ernteberichterstattung (Drucksache 323) —Erste Beratung— 1509 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Dr. Schmidt [Wuppertal], Ruhnke, Margulies, Dr. Elbrächter u. Gen.) (Drucksache 301) — Erste Beratung — 1509 D Entwurf eines Vierten Bundesgesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Drucksache 318) — Erste Beratung — . . . . 1509 D Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Drucksache 317) — Erste Beratung — 1510 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. 9. 1956 mit dem Königreich Belgien über eine Berichtigung der deutschbelgischen Grenze und andere die Beziehungen zwischen beiden Ländern betreffende Fragen (Drucksache 315) — Erste Beratung — 1510 B Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 324) — Erste Beratung — 1510 B Schreiben des RA Josef Jösch, Frankfurt am Main betr. Genehmigung des Strafverfahrens gegen den Abg. Vogt; Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses (Drucksache 286) und Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Dr. Fritz Rauhut, Würzburg; Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses (Drucksache 176) Jahn (Marburg) (SPD), Berichterstatter 1510 C Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. von Brentano; Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses (Drucksache 287) Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 1511 C Nächste Sitzung 1511 D Anlage 1512 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958 1459 26. Sitzung Bonn, den 25. April 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albrecht 31. 5. Altmaier 26. 4. Bauer (Wasserburg) 26. 4. Bauereisen 26. 4. Bauknecht 10. 5. Dr. Bechert 26. 4. Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) 25. 4. Frau Berger-Heise 3. 5. Birkelbach 25. 4. Dr. Birrenbach 25. 4. Frau Bleyler 26. 4. Blöcker 25. 4. Dr. Böhm 26. 4. Brese 25. 4. Frau Dr. Brökelschen 26. 4. Conrad 25. 4. Dr. Dehler 25. 4. Dr. Deist 25. 4. Diel (Horressen) 5. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 30. 4. Dr. Dittrich 26. 4. Dr. Eckhardt 30. 4. Eichelbaum 3. 5. Eilers (Oldenburg) 25. 4. Dr. Elbrächter 25. 4. Engelbrecht-Greve 26. 4. Erler 25. 4. Felder 30. 4. Dr. Frey 26. 4. Dr. Friedensburg 30. 4. Frau Friese-Korn 31. 5. Gaßmann 26. 4. Geiger (München) 26. 4. Frau Geisendörfer 23. 5. Geritzmann 25. 4. Gontrum 25. 4. Dr. Gülich 26. 4. Hahn 25. 4. Hamacher 25. 5. Dr. von Haniel-Niethammer 26. 4. Häussler 30. 4. Heinrich 15. 5. Heix 25. 4. Frau Herklotz 1. 5. Höcherl 10. 5. Höcker 25. 4. Dr. Hoven 25. 4. Frau Dr. Hubert 17. 5. Hufnagel 26. 4. Iven (Düren) 26. 4. Jacobs 25. 4. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 25. 4. Kalbitzer 25. 4. Keuning 25. 4. Frau Kipp-Kaule 26. 4. Frau Korspeter 26. 4. Dr. Kreyssig 25. 4. Kriedemann 25. 4. Kunze 15. 5. Kurlbaum 25. 4. Leber 25. 4. Dr. Leverkuehn 25. 4. Dr. Lindenberg 25. 4. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 6. Ludwig 25. 4. Dr. Maier (Stuttgart) 26. 4. Margulies 25. 4. Mattick 26. 4. Frau Dr. Maxsein 25. 4. Mellies 23. 5. Memmel 25. 4. Meyer (Oppertshofen) 26. 4. Neuburger 25. 4. Frau Niggemeyer 30. 4. Priebe 25. 4. Frau Dr. Probst 25. 4. Rademacher 25. 4. Rasch 25. 4. Frau Renger 10. 6. Richarts 25. 4. Frau Rösch 26. 4. Ruf 25. 4. Scharnberg 26. 4. Scharnowski 26. 4. Scheel 25. 4. Scheppmann 2. 5. Schlee 25. 4. Dr. Schmid (Frankfurt) 26. 4. Schneider (Hamburg) 25. 4. Dr. Schneider (Saarbrücken) 25. 4. Frau Dr. Schwarzhaupt 25. 4. Seidl (Dorfen) 25. 4. Dr. Seume 25. 4. Dr. Starke 25. 4. Storch 25. 4. Sträter 31. 5. Frau Strobel 25. 4. Struve 7. 5. Dr. Wahl 15. 5. Wegener 25. 4. Weimer 31. 5. Dr. Zimmer 26. 4. b) Urlaubsanträge Rasner 25. 5.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir aufrichtig leid, daß ich nun noch einmal sprechen muß. Aber Sie werden es verstehen, und ich glaube, wir sind uns einig, daß diese Sache außerordentlich wichtig ist und daher mindestens jeden Zeitaufwand verdient, wenn nicht notwendig macht. Ich will mich aber bemühen, den Hauptpunkten in ganz wenigen kurzen Strichen nachzugehen, und zu dem Stellung nehmen, was mein Vorredner vorgetragen hat.
    Ich fange an mit dem Verbot der Kommunistischen Partei durch das Bundesverfassungsgericht. Es ist gesagt worden, hier habe die Möglichkeit bestanden, das Grundgesetz nicht strikt zu behandeln, weil — —

    (Abg. Dr. Arndt: Nein, habe ich nicht gesagt! Das Grundgesetz sagt etwas anderes, als Sie behaupten!)

    — Sie täuschen sich! Den Text kann ich Ihnen noch einmal vorlesen. — Es sei möglich gewesen, hier nicht strikt vorzugehen, weil eine Weltmacht hinter der Kommunistischen Partei in der Bundesrepublik gestanden habe und das Bundesverfassungsgericht durch das Verbot der Kommunistischen Partei Erschwerungen für die Wiedervereinigung geschaffen habe. Ich weise die Behauptung als eine ungeheuer gefährliche, in meinen Augen brunnenvergiftende Behauptung zurück.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Unverschämtheit!)

    Einerseits kennen wir die Praxis der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken durch 30 Jahre hin in diesem Punkt, was das Schicksal kommunistischer Parteien im Ausland angeht. Wer andererseits aber das Urteil des Bundesverfassungsgerichts kennt — und ich glaube, mein Herr Vorredner kennt es oder könnte es kennen —, weiß, daß das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgesprochen hat, daß zu jeder Zeit, zu der gesamtdeutsche Wahlen, um die wir alle ringen, möglich werden, die Kommunistische Partei für diese Wahlen wieder zugelassen werden könnte.
    Meine Damen und Herren, ich habe in diesem Hohen Hause schon einmal gesagt: Ob dann bei gesamtdeutschen Wahlen CDU, SPD und KPD oder CDU, SPD, SED und KPD kandidieren werden, das wird in der Sache sicherlich keinen Unterschied bedeuten.
    Der zweite Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte, ist folgender. Das, was Herr Dr. Arndt gesagt hat und was ich jetzt wiederholen werde, paßt sehr schlecht zu dem, was er über die notwendige Einigkeit in Grundfragen gesagt hat. Er hat nämlich kurz und schlicht — ich drücke mich hier jetzt etwas abgekürzt aus — das gesamtdeutsche Denken meiner politischen Freunde mehr oder weniger mit einem Fragezeichen versehen. Herr Dr. Arndt, das ist eines der schlimmsten Worte, die hier gesagt werden können, und das paßt — ich wiederhole — sehr schlecht zu dem, was Sie selbst vorher über die Notwendigkeit der Einigkeit in den Grundfragen ausgeführt haben.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, uns ist nach 1945 von unserem Vaterland in mancher Beziehung nicht sehr viel geblieben. Aber das Wenige, was man da 1949 in eine grundgesetzliche Ordnung fügen konnte, in einer Weise zu demontieren, wie das hier geschehen ist und wie nach meiner Meinung Ihr Weg es weiter bedeuten würde, das halte ich in der Tat für einen Verstoß gegen jenes Minimum von Einigkeit in Grundfragen, das wir uns um des ganzen Volkes willen bewahren müssen und bewahren sollten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der nächste Punkt, auf den ich einzugehen habe, ist die Frage eines Generalstreiks. Sie werden verstehen, daß ich zu diesem Thema jetzt nicht ausführlich Stellung nehmen kann. Ich weise aber mit Entschiedenheit den Gedanken zurück, daß in dem Falle, um den es sich hier handelt, nach dem Grundgesetz ein Generalstreik erlaubt sein könnte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Ich habe darüber eine umfangreichere Betrachtung vorliegen. Ich verzichte mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit darauf, sie hier zur Kenntnis zu bringen, und beschränke mich auf die Feststellung.
    Ich komme zum nächsten Punkt. Das ist das, was von meinem Vorredner so gerühmt worden ist als die Meisterleistung eines seiner politischen Freunde in der Vordebatte zu dieser Debatte. Meine Damen und Herren, in dieser Meisterleistung — ich will hier gar nicht zu der gegebenen Bewertung Stellung nehmen — gibt es einen Satz, den ich für todgefährlich halte. Dort wird nämlich gesagt, „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" habe es nach Jena geheißen. — Ich lese vielleicht lieber gleich den ganzen Absatz vor; dann wird es deutlicher:
    Manche liehen jenes Wort sehr, das nach der Schlacht bei Jena in den Straßen Preußens angeschlagen worden ist und das da hieß: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht! Zuzeiten, meine Damen und Herren, muß es anders heißen, nämlich: Unruhe ist die erste Bürgerpflicht!
    Meine Damen und Herren, wenn ein so armes und gepeinigtes Volk wie das unserige mit seit Jahrzehnten unglückseliger Geschichte, von der die
    1504 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958
    Bundesminister Dr. Schröder
    l meisten hier doch den größten Teil erlebt haben, etwas braucht, dann ist ist es nicht das Aufschrekken in eine Unruhe, sondern dann ist es der Versuch, dieses Volk so behutsam wie möglich zu behandeln.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD. — Zuruf links: Einzuschläfern!)

    — Wer spricht hier von Einschläfern? Hier geht es darum, daß der Nation eine Aufgabe gestellt ist, wie sie sie in dieser Größe und Schwere in ihrer ganzen Geschichte noch nicht vor sich gesehen hat, nämlich die, unter solchen Umständen, wie sie heute gegeben sind, ihre nationale Gestalt zurückzugewinnen.
    Wenn Sie glauben, daß Sie da Unruhe in diesem Bereich stiften dürften, wie Sie das jetzt zu organisieren unternommen haben,

    (Zuruf von der SPD: Sie haben die Unruhe gebracht!)

    dann versündigen Sie sich an der deutschen Zukunft. Das sage ich Ihnen allen Ernstes.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Fortgesetzte Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Mommer: Auch bei Wasserstoffbomben! — Unruhe.)

    Vielleicht denken Sie einmal darüber nach, ob nicht der erste Teil dessen, was oben gesagt worden ist, auch heute sehr viel richtiger wäre. Ich lese Ihnen das noch einmal vor; es ist ja einer Ihrer Freunde gewesen, und diesen ersten Teil finde ich sehr gut: „ . . . das nach der Schlacht bei Jena in den Straßen Preußens angeschlagen worden ist ...: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht".

    (Abg. Kiesinger: Berlins!)

    — Ich kann nur zitieren, was hier steht, Herr Kollege Kiesinger. — Ich könnte mir denken, daß die Situation, in der die Deutschen sich heute befinden, nicht dazu geeignet ist, sie zu einer gesteigerten Unruhe aufzurufen, sondern eher dazu, ihnen zur Sammlung ihrer Kraft zu verhelfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe bereits gestern ausgeführt, daß ich das, was Sie vorhaben, als eine Demontage der Verfassung durch die Hintertür bezeichnen möchte. Sie haben geglaubt, Sie könnten mir eine hoffärtige Kritik Ihrer Denkkategorien vorwerfen. Meine Damen und Herren, ich würde mich mit Ihren Denkkategorien überhaupt nicht beschäftigen, wenn wir nicht die Früchte schon vor uns sähen — Hamburg und Berlin, wir haben die Zitate gehabt — und wenn wir nicht genötigt wären, dafür zu sorgen, daß sich nicht wirklich eine Welle der Radikalität entwickelt, die ja nicht nur uns treffen könnte; Sie selbst sind es, meine Damen und Herren, die das Ende dieser Radikalität ganz bestimmt nicht erleben möchten.

    (Zustimmung in der Mitte. — Abg. Metzger: Die Atombomben sind viel radikaler, Herr Minister; das werden Sie noch erleben!)

    — Unsere Politik geht darauf aus, Herr Kollege Metzger, dafür zu sorgen — soweit wir das zu unserem kleinen deutschen Teil können daß nirgendwo in der Welt mehr Atombomben geworfen werden. Darauf geht unsere Politik aus: nirgendwo in der Welt!

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich bitte, hier auch nicht den Eindruck zu erwecken, als ob wir dabei seien, wie Herr Blachstein es nannte, dem Volk den Maulkorb umzuhängen oder, wie hier gesagt wurde; das Volk für vier Jahre von seinen Meinungsäußerungen fernzuhalten. Vielleicht geben doch die meisten von Ihnen in einer stillen Stunde, die wir ja nach dieser Debatte einmal finden werden, zu, daß in Deutschland eher zu laufend und zu viel gewählt wird, daß zu viele politische Wahlentscheidungen laufend stattfinden, meistens mit denselben Themen, meistens auch noch am falschen Platz, als daß wir uns darüber beklagen könnten, das Volk habe nicht Gelegenheit genug, seine Meinung zu äußern.
    Wir stehen in diesem Jahre vor einer Serie von nicht weniger als fünf Wahlen. Ich bin nicht derjenige, der es erfunden hat oder erfinden möchte, daß die Landtagswahlen unter die Gesetze der Bundespolitik gestellt werden, aber vielleicht lesen Sie, meine Damen und Herren, einmal in Ihrem Schrifttum nach, auf Ihren Plakaten nach, wie Sie seit 1951/1952 Landtagswahlen organisiert haben. Das Traurige, was dem deutschen Volk passiert, ist, daß ihm, nachdem es die falsche Thematik Ihrer Landtagswahlkämpfe, die sich mit Landespolitik überhaupt nicht beschäftigten, durchgestanden hat, nachdem es 1953 eine klare Entscheidung über die Wiederbewaffnung getroffen hat, die wir 1957, obwohl Sie sie inzwischen Jahr für Jahr in Frage zu stellen gesucht haben, wieder erkämpft haben, nun droht, daß Sie die ganze Verteidigungsfrage in neuer Auflage aufrollen. Sie wollen es gleichzeitig doppelt tun: Sie wollen es durch eine außerparlamentarische Aktion und durch Landtagswahlen. Nach meiner Meinung genügen die organisierten Landtagswahlen völlig. Ich beklage aufs tiefste, daß das zwangsläufig das Thema sein wird. Wir werden uns dem Thema stellen, und — seien Sie sicher — mit den richtigen Fragestellungen sehen wir dem Ergebnis dieser Wahlen mit großer Zuversicht entgegen.
    An Sie richte ich aber den Appell: Fahren Sie nicht auf einem Weg fort, der zur innenpolitischen Demontage führt, und teilen Sie unser Vaterland nicht zum zweitenmal!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Heiland.

(Zuruf von der CDU/CSU.) — Ja, das ist die Konsequenz.

Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958 1505

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf-Ernst Heiland


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte meine Wortmeldung schon zurückgezogen und wäre auch der Meinung gewesen, daß wir jetzt diese ernste Frage, die uns alle angeht, draußen im Gespräch mit der Bevölkerung in die Dikussion nehmen sollten.
    Der Herr Minister fühlte sich berufen, zu sagen, daß Herr Dr. Arndt die gesamtdeutsche Haltung der CDU angezweifelt habe. Meine Damen und Herren, wenn die gesamtdeutsche Haltung der CDU in den letzten Tagen in Zweifel gekommen ist, dann durch Herrn Wenger vom „Rheinischen Merkur".

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Warten Sie doch ab! Ich werde sagen, daß die Partei offiziell davon abgerückt ist. Aber ich werde dem Herrn Minister auch sagen, daß Herr Wenger mit diesen Ausführungen die Grenze des Landes-und Hochverrats gestreift oder überschritten hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Herr Minister, es gibt Strafanträge, die Sie von Amts wegen zu stellen hätten. Sie haben ja heute hier unausgesprochen einige Drohungen in dieser Beziehung — und zwar in anderer Richtung — vom Stapel gelassen.
    Dann haben Sie sich mit der Frage der Unruhe als erster Bürgerpflicht auseinandergesetzt. Ich habe manchmal das Gefühl, als ob die Menschheit und vor allen Dingen das deutsche Volk die strukturellen Veränderungen unseres Seins in den letzten hundert Jahren bewußt nicht zur Kenntnis zu nehmen bereit ist. Sie ist vor allen Dingen nicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß das technische Zeitalter das militärische Denken der vergangenen Jahrhunderte überholt und sinnlos gemacht hat.

    (Abg. Dr. Seffrin: Wissen wir doch schon längst, Herr Heiland!)

    — Sie leben nur nicht danach!

    (Abg. Pelster: Und Sie?)

    Vielleicht quälen Sie sich damit. — Ach, Herr Pelster, ob ich danach lebe!!
    Es wurde hier auch gesagt, daß in diesen letzten Zeiten mit politischen Dingen demagogisch umgegangen würde. Nun, ich will Ihnen zum Kapitel Demokratie und Demagogie von einem Fall berichten. Es hat bei cien Bundestagswahlen einen Wahlkreis gegeben, da wurde ein gedrucktes Flugblatt Ihrer Partei verteilt, in dem nicht mehr und nicht weniger stand als dies: „Wissen Sie schon, daß unter ihrer Regierung" — gemeint war die SPD, es stand dabei — „vor 1933 7 Millionen Erwerbslose, damit Hitler und damit der zweite Weltkrieg kamen?!" Der Kandidat der CDU in diesem Wahlkreis hat bis zum 4. März 1933 dem Reichsbanner angehört. Am 13. März 1933 hat er den Kandidaten der SPD aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Was da geschehen ist, war sogar geschmacklos. Wir würden in solchen Fragen gar nicht bis in die letzten Einzelheiten aufrechnen. Aber es gehört zum guten Ton, daß der, der beim Nationalsozialismus mitgemacht
    hat — wenn auch gegen bessere Überzeugung —, bei der Schuldaufrechnung sich ruhig verhält.

    (Abg. Pelster: Das gilt auch für Sie!)

    — Ich habe im Zuchthaus gesessen, als der Kandidat der CDU SA-Sturmbannführer wurde.
    Ich wollte mich mit dem Herrn Minister und seinem Ausdruck: „Demontage durch die Hintertür" auseinandersetzen; der Herr Minister meinte doch wohl: die Demokratie durch die Hintertür demontieren.

    (Bundesinnenminister Dr. Schröder: Ich meinte: die Verfassung durch die Hintertür demontieren!)

    — Also unsere demokratische Grundlage, aus der wir leben; die Verfassung ist der Ausdruck davon. Herr Minister, Sie sprachen von Demontage durch die Hintertür. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß unser gesamtes gesellschaftliches Sein sich in einem unerhörten Maße verändert hat. Sie haben vorhin einmal sehr kluge Marxsche Gedanken interpretiert; Sie haben sie offenbar gut studiert. Die von mir angedeutete Entwicklung bedingt auch, daß wir die Veränderung im gesellschaftlichen Sein der Welt zur Kenntnis nehmen. Dazu gehört auch, daß Sie zur Kenntnis nehmen, daß die Atombombe keine politischen Probleme mehr löst. Die Atombombe kann nur eines erreichen: daß das biologische Leben auf dieser Erde zu Ende ist, wenn sie angewandt wird.

    (Zuruf rechts: Sagen Sie das Chruschtschow! — Abg. Kiesinger: Sagen Sie doch keine Banalitäten! Das wissen wir doch alle! Sagen Sie es bitte an die Adresse Moskaus!)

    — Nein, ich sage es auch an Ihre Adresse, Herr Kollege Kiesinger,

    (Abg. Kiesinger: Aha!)

    weil wir alle begreifen müssen, daß ein neues Denken auch im militärischen Raum Platz greifen muß.

    (Abg. Kiesinger: Einverstanden!)

    Ich bin der Meinung, daß wir es an die Adresse Moskaus sehr deutlich zu sagen haben.
    Sehen Sie, Herr Kiesinger, ich komme aus dem Ruhrgebiet, und ich stehe nicht erst seit heute in der Auseinandersetzung mit dem Kommunismus. Das ist eine Tätigkeit, die ich im politischen Raum schon von Kindesbeinen an ausgeübt habe. Die Rote Armee hatte meinen Vater bereits 1920 zum Tode verurteilt. Die Begegnung mit dem Kommunismus ist mir schon von Kindesbeinen an bekannt. Als sie meinen Vater nicht bekamen, haben sie meine Mutter verhaftet. Wenn der Kommunismus im Ruhrgebiet nach 1945 und in den späteren Zeiten keine entscheidende Rolle mehr gespielt hat, dann deswegen, weil die Sozialdemokratische Partei ihn energisch heruntergekämpft hat.

    (Abg. Pelster: Auch andere Leute, nicht nur Sie!)

    — Wird nicht bestritten, Herr Pelster!

    (Abg. Pelster: Dann müssen Sie es sagen!)

    Das deutsche Volk beschäftigt sich also mit einer Frage, die an das Sein oder Nichtsein eines jeden
    1506 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958
    Heiland
    einzelnen von uns rührt. Das sollte uns gemeinsam veranlassen, vor der Entscheidung mit jedem Staat" burger in Gespräche über diese Problematik einzutreten. Um nicht mehr und nicht weniger geht es. Wir wünschen, daß Sie gemeinsam mit uns draußen mit den Bürgern, deren Schicksal entschieden werden soll, diese Frage diskutieren.

    (Zuruf von der Mitte: Das haben wir getan und werden es auch künftig tun!)

    Das kann eine wichtige Frage für eine Entscheidung sein. Herr Pelster, Sie wissen ganz genau, daß, wenn es um das Sein oder Nichtsein geht — und der Bischof Clemens Galen zu Münster ist ein leuchtendes Beispiel dafür —, wenn die Nation und ihre Grundlagen in Gefahr sind, man eventuell auch Dinge aussprechen und tun muß, die irgendwo nicht gern gehört und gesehen sind.
    Der Herr Minister hat aber noch ein gefährliches wort gesagt: er habe den Eindruck, es werde in Deutschland zuviel gewählt. Wir haben in allen Parlamenten, die ich kenne, die vierjährige Legislaturperiode.

    (Abg. Blachstein: Das ist schon zuviel!)

    — Das ist dem Herrn Minister zuviel.

    (Bundesminister Dr. Schröder: Nein! — Zurufe von der Mitte: Das ist doch verdreht! — Das sind Unterstellungen!)

    — Das hat der Herr Minister gesagt. Ich habe es wörtlich mitgeschrieben.

    (Abg. Pelster: Aber Sie wollen es bewußt falsch verstehen!)

    — Ach, hören Sie, wenn es darum geht, mit der Wahrheit sträflich umzugehen, habe ich die Sorge, Sie sind uns über.

    (Widerspruch und Zurufe von der Mitte.)

    Sie haben einen so guten Lehrmeister im Kanzler, daß wir das gar nicht schaffen können.

    (Zurufe von der Mitte: Pfui! Unverschämt!)

    — Und wenn Sie noch so laut „Pfui!" schreien, so werden Sie doch nicht bestreiten können, daß die Behauptung des Kanzlers, Schroth und Scharley hätten von den Kommunisten vor der Bundestagswahl 1953 10 000 DM bekommen, nicht stimmt, unwahr ist und daß er diese Meldung, obwohl er von seinen Staatssekretären darauf aufmerksam gemacht worden war, daß sie nicht geprüft war, trotzdem gebraucht hat, weil er, wie er von diesem Pult aus sagte, den Standpunkt vertreten hat: Wenn es mir bei meinen Wählern Millionen Stimmen gebracht hat, dann bin ich froh darüber.

    (Lebhafte Rufe von der Mitte: Pfui! — Beifall bei der SPD. — Anhaltende Zurufe von der Mitte.)