das Bild, das die Regierung in dieser Beziehung bietet und von dem der Herr Fragesteller und Begründer der Großen Anfrage, Dr. Gradl, gestern gesagt hat, es solle das Bild vom deutschen Standpunkt sein, scheint mir so unbeweglich, daß man zu dem deprimierenden Ergebnis kommt, die Regierung will in der Frage der Abrüstung offenbar entweder alles oder gar nichts, entweder die ganze Abrüstung oder die totale Rüstung.
Das scheint mir eine gefährliche Sache zu sein, der man da entgegengeht. Dann sind die allfälligen Bebilderungen zur Hand. Um weiteren Fragen zu entgehen, bemüht man sich, den Opponenten oder den, wie es heute heißt, Projektemachern und Plänemachern — bei Ihnen, Herr Kiesinger, entschuldigen Sie diesen direkten Anfall, hat ja eigentlich nur derjenige Ruhm, der nie in die Versuchung und den Verdacht kam, mit irgendeinem politischen Plan in Verbindung gebracht zu werden.
Hier geht es Ihnen dann darum, den Opponenten und den Projektemachern anzuhängen, sie gäben sich sozusagen träumerischen Illusionen hin oder sie huldigten der Neigung, sich einem gewalttätigen Gegner zu unterwerfen. Mangels eines deutschen sozialdemokratischen Beispiels griffen Sie gestern großzügig nach dem Strohhalm von Herrn Stephen King-Hall. Ich nehme Ihnen das nicht übel, möchte Ihnen nur sagen: damit haben wir aber wahrlich nichts zu tun; denn dessen Auffassung ist unserer ganzen Grundauffassung, der Grundauffassung einer kämpferischen sozialdemokratischen Arbeiterbewegung sehr stark entgegengesetzt.
Wir sind nicht für das Unterwerfen. Sie werden auch noch spüren, daß wir gar nicht für das Unterwerfen sind, unter keine Macht,
unter keine Gewalt, möge sie auftreten, wie sie wolle.
Sie haben gestern einen europäischen Verzichtsorden
Verzweiflungsorden an die Wand gemalt. Ich habe natürlich gemerkt, daß Sie bestrebt waren, nicht auf meinen Zwischenruf zu reagieren, daß das offenbar das morbide Gegenstück zu dem Deutschen Ritterorden sei, der ja in diesen Tagen wieder einmal in kurzsichtiger Weise politisch aktuell gemacht worden ist.
Aber was hat das mit unserer Haltung zu tun?
Ich möchte noch einmal auf die Frage zurückkommen, die Sie, Herr Kollege Dr. Kliesing, mir gestellt haben. Wir hatten in der Debatte am 23. Januar, die wiederholt zitiert worden ist, einen Antrag eingebracht, in dem wir uns mit Forderungen an das Haus und an die Regierung wandten, die alle erdenklichen Schritte zur militärischen Entspannung zusammenfassen. Wir wollten das der Regierung auf den Weg zu Verhandlungen mitgeben. Wir haben die Forderung gestellt, die Bundesregierung möge Verhandlungen fördern, durch die alle fremden Truppen aus dem zu schaffenden atomwaffenfreien Raum — Sie wissen, wir sind dafür — Zug um Zug und ohne Benachteiligung der einen oder der anderen Seite abgezogen und für die Truppen der am atomwaffenfreien Raum beteiligten Staaten und Gebiete Höchststärken festgesetzt werden und der Raum einer wirkungsvollen Kontrolle unterworfen wird. Das, meinen wir, bedeutet eine konsequente Weiterentwicklung des Vorschlags des polnischen Außenministers und ist im Interesse der Entspannung besonders für Deutschland wichtig. Wir meinen das um so mehr, als man bei den Großmächten schon während der so schwierigen Londoner Abrüstungsverhandlungen sich in der Frage der Höchststärken der Truppen sehr nahegekommen war. Wir wollen den Streit nicht wieder von vorn beginnen, wer wohl eigentlich Schuld daran hat, daß, als die eine Seite sich endlich dazu bequemte, den Vorstellungen der anderen Seite näherzukommen, die eigenen Vorstellungen von vorgestern plötzlich fallengelassen wurden. Das ist eine ganz tragische Entwicklung bei diesen Abrüstungsveranstaltungen und -verhandlungen.
— Aber, meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten! Warum stören Sie mich in der Rede, während meiner sachlichen Ausführungen? Ich bin ja nicht der geschäftsführende — —