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ID0301803700

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    Deutscher Bundestag 18. Sitzung Bonn, den 20. März 1958 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Dr. h. c. Weber 823 A Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) ; Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230) Dr. Gradl (CDU/CSU) 823 D Dr. Mende (FDP) 828 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 840 C, 893 B Dr. von Brentano, Bundesminister 847 D, 894 C Dr. Arndt (SPD) 854 D Strauß, Bundesminister 861 B Erler (SPD) 880 B Dr. Maier (Stuttgart) (FDP) 895 B Kiesinger (CDU/CSU) 902 C Nächste Sitzung 913 D Anlage 915 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1958 823 18. Sitzung Bonn, den 20. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albrecht 12. 4. Dr.-Ing. e. h. Arnold 20. 3. Dr. Baade 21. 3. Bading 20. 3. Bazille * 1. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 19. 4. Bergmann * 21. 3. Birkelbach * 21. 3. Dr. Birrenbach * 21. 3. Blachstein 29. 3. Dr. Burgbacher * 21.3. Conrad 18.4. Cramer 21. 3. Dr. Deist * 21.3. Deringer * 21.3. Dr. Elbrächter * 21.3. Engelbrecht-Greve * 21. 3. Felder 31.3. Dr. Friedensburg * 21. 3. Frau Friese-Korn 31. 5. Funk 21.3. Dr. Furler * 21. 3. Frau Dr. Gantenberg 21. 3. Gehring 22.3. Geiger (München) * 21. 3. Gottesleben 22. 3. Dr. Greve 21.3. Hahn * 21. 3. Heiland 31.3. Hellenbrock 24.3. Heye 20. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 3. Höcker 15.4. Frau Dr. Hubert 12.4. Illerhaus * 21.3. Jahn (Frankfurt) 29.3. Jürgensen 31.3. Kalbitzer * 21. 3. Frau Kipp-Kaule 29.3. Dr. Kopf * 21.3. Dr. Kreyssig * 21.3. Kunze 15.5. Leber * 21.3. Lenz (Brühl) * 21. 3. Lenz (Trossingen) 29.3. Dr. Leverkuehn * 21.3. Dr. Lindenberg * 29. 3. Logemann 20. 3. Lücker (München) * 21. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 4. Margulies * 21. 3. Mellies 25.4. Metzger* 21. 3. Müller (Worms) 22. 3. Müller-Hermann * 21. 3. Neumann 12.4. Frau Niggemeyer 21. 3. Dr. Oesterle * 21. 3. Paul 30.4. Pelster 1.4. Frau Dr. Probst * 21. 3. Pütz 21.3. Ramms 31.3. Dr. Ratzel* 21.3. Richarts * 21.3. Frau Rudoll 20. 3. Scheel * 21. 3. Dr. Schmidt (Gellsersen) * 21. 3. Schneider (Hamburg) 31. 3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 3. Dr. Starke 21. 3. Storch * 21.3. Storm (Meischenstorf) 20. 3. Sträter * 21. 3. Frau Strobel * 21. 3. Struve 21.3. Unertl 20. 3. Dr. Vogel 22. 3. Vogt 12.4. Wehking 20. 3 Wehr 31.3. Weinkamm 29. 3. Dr. Will 21. 3. Wittmann 20. 3. b) Urlaubsanträge Frau Dr. Steinbiß 29. 3. Dr. Zimmermann 6. 5. * Für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Wenn ich dann später weiterreden darf, ja.

    (Heiterkeit.)



Rede von Fritz Erler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Frage ist sehr kurz, Herr Minister. Darf ich Ihre soeben gemachten Ausführungen so verstehen, daß Sie nun Ihren ganzen Einfluß bei dem verfügungsberechtigten Herrn Bundeskanzler dahin aufbieten werden, daß der Herr Bundeskanzler nun von sich aus doch noch die Zustimmung dazu gibt, dem Ausschuß das Gutachten vorzulegen?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das sind Modalfragen, Herr Kollege Erler. Ich werde aber dafür sorgen, daß Sie im Ausschuß sämtliche Gesichtspunkte dieses Gutachtens ohne Ausnahme
    zur Kenntnis bekommen, die positiven und die negativen.

    (Abg. Erler: Was ist denn dann für ein Unterschied?)

    — Ja, Sie sind an der falschen Adresse. Es ist aber auch tatsächlich falsch. Der Regierungschef muß ein Gutachten von Ressortministern für seine politischen Überlegungen, für seine politische Entschlußfassung anfordern können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn er dann schriftlich erklärt, wie es in dem Brief an den Kollegen Jaeger geschehen ist, den ich heute morgen oder gestern gesehen habe, daß er einverstanden ist, daß der Verteidigungsminister und seine Mitarbeiter das Gutachten in — ich weiß die genaue Formulierung nicht mehr — all seinen Teilen dem Verteidigungsausschuß zur Kenntnis geben und zur Diskussion unterbreiten, dann ist doch, glaube ich, Ihrem sachlichen Anliegen Rechnung getragen.
    Die erste Frage, die ich gestellt habe, war die: Gibt es eine Gefahr? Darauf sollte jede demokratische Partei nicht nur im Ausland, auch in Deutschland eine ganz klare Antwort im Sinne des uneingeschränkten Ja geben, was leider auszusprechen ist.
    Wenn diese Frage eins bejaht werden muß. muß man auch eine Frage zwei stellen. Die Frage zwei, an die Adresse der Opposition gerichtet, heißt: Halten Sie eine Verteidigung des Friedens und der Freiheit mit allen Mitteln einschließlich auch der atomaren Waffen für notwendig? Die Frage muß gestellt werden.

    (Zurufe von der SPD: Nein!)

    — Die Frage muß gestellt werden; davon befreit uns niemand.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Frage ist keine Suggestivfrage. Sie erfordert leider eine der dramatischsten Überlegungen sämtlicher Verantwortlicher in dieser Welt und gerade derer, auf die wir uns verlassen müssen,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr gut! — Auch der Sozialdemokraten!)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie an der Regierung sind, bleibt Ihnen eine Antwort auf diese Frage zumindest vor sich selber nicht erspart. Geben Sie sie ruhig in der Öffentlichkeit, mit Ja oder mit Nein.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die nächste Frage in diesem Zusammenhang ist: Erkennen Sie für diesen Zweck die Verteidigung von Frieden und Freiheit im Sinne einer Verhinderung des dritten Weltkrieges, erkennen Sie bis zu einer allgemeinen, kontrollierten Abrüstung die Berechtigung von Atomwaffen, um den Angreifer, bevor er seinen Entschluß faßt, an der Auslösung des Entschlusses zu hindern, an oder nicht?

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Wenn nämlich diese Frage von Ihnen mit Nein beantwortet würde — ich sage nur, wenn —, müßten Sie zu all den Konsequenzen, die in dem Buch von Stephen King-Hall über gewaltlosen Widerstand gegenüber einer einmarschierten und im Besitz der Gewalt befindlichen Besatzungsarmee dargelegt sind, bereit sein. Der einzelne — ich kann und will auch nicht theologische Argumente anführen — mag für sich den Rigorismus aufbringen, zu sagen: Ich nehme das auf mich. Die Staatsführung kann das nie.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich weiß, meine Damen und Herren, daß Ihnen die Antwort darauf als eine einheitliche Meinung Ihrer politischen Gruppe nicht leicht fällt. Auch bei uns gibt es Stimmen, wenn auch wahrscheinlich weniger, die nicht einer einheitlichen Linie das Wort sprechen. Aber bei Ihnen gibt es ohne jeden Zweifel eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die keine Kommunisten sind, in keiner Weise etwas mit dem Bolschewismus zu tun haben, aber vor dieser Konsequenz die Waffen strecken und bereit wären, lieber die Folgen eines solchen Regimes auf sich zu nehmen, als der' Widerstand mit allen Mitteln, schon zu dem Zwecke, daß er nicht geleistet zu werden braucht, anzukündigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber was der subjektive Standpunkt des einzelnen sein mag, das kann niemals die verantwortliche politische Generallinie sein. Denn wir sind verantwortlich für fünfzig und indirekt für siebzig Millionen Deutsche, dieses Schicksal von ihnen — dieses oder jenes — fernzuhalten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die nächste Frage, die zu stellen ist. Diese Fragen stehen in einem inneren Zusammenhang, und wenn sie heute, in dieser Debatte, nicht ausdiskutiert werden können, werden sie uns weiter und weiter . beschäftigen. Herr Kollege Arndt, ich kann Sie beruhigen: so pressiert es nicht, wie Sie es heute dargestellt haben. So schnell schießen nicht einmal die Preußen, geschweige denn die Bayern, wie Sie den „Fahrplan" der Atombewaffnung heute dargestellt haben. Darum geht es nicht. Ich werde Ihnen darum Rede und Antwort stehen, weil ich der Meinung bin, daß dieses Parlament den Anspruch darauf hat, zu hören, was vor sich geht.

    (Zurufe von der SPD: Zu hören? Oder zu beschließen?)

    — Zu hören, was — —

    (erneute Zurufe von der SPD) Ich kann es nicht jeden Tag fragen.


    (Abg. Mattick: Zu hören, was Sie beschlossen haben!)

    — Ich habe für mich selbst gar nicht beschlossen, Herr Kollege Mommer. Das ist einer Ihrer nicht seltenen zahlreichen Irrtümer.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Wenn man diese Frage stellt, kommt man zu der nächsten Frage: Sind Sie der Auffassung, daß man Frieden und Freiheit, wenn sie bedroht sind, auch nur mit konventionellen Waffen verteidigen sollte, und halten Sie das für möglich, das heißt, würden Sie den Streitkräften des Westens zumuten, einem erpresserischen politisch-militärischen ultimativen Druck einer Atomwaffen besitzenden Macht aus ethischen oder politischen Erwägungen nur den Widerstand mit konventionellen Waffen anzukündigen? Ich glaube, Sie brauchen gar keine Antwort zu geben. Wir haben uns dieses Problem — auch was den inneren Zusammenhalt der Bundeswehr und ihre Stellung innerhalb der Verbündeten betrifft — sehr wohl überlegt, und ich weiß sehr genau: Man kann keiner Truppe zumuten, mit Waffen, die um eine tausendfache Dimension schwächer sind als die des Angreifers, Widerstand zu leisten und ihre soldatische Pflicht zu erfüllen.
    Ich weiß, daß Sie sagen: „Das haben die Amerikaner, und die sollen sie auch in Gottes Namen behalten. Dafür sollen allerdings die Amerikaner auch mit ihrer Sicherheitsgarantie und mit ihrer Verteidigungsbereitschaft uns zur Verfügung stehen." Man kann amerikanische Politik nur dann beeinflussen, wenn man sie mit den Amerikanern macht und wenn man nicht Politik gegen die Amerikaner macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Ollenhauer, Sie wollen nicht Politik gegen die Amerikaner machen. Aber Sie geben sich mit Ihren politischen Freunden der Meinung hin, man könnte unsere Bundesgenossen zu dem politischen Weg, dem gefährlichen politischen Kurs bekehren, den Sie im Ollenhauer-Plan, oder wie er sonst noch genannt werden mag, für richtig halten und empfunden haben. Sie wissen sehr genau, warum Sie selber in den USA die Frage der Atomwaffen, die Frage der Entwaffnung der Amerikaner von Atomwaffen nicht so stark angeschnitten haben. War auch nicht Ihre Aufgabe!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Aber Sie wissen auch ganz genau, welch saures Gesicht Sie bekommen hätten in dem Augenblick, in dem Sie das als zukünftiges Programm einer Regierung Ollenhauer angekündigt hätten.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und Sie wissen auch ganz genau, warum der Berliner Bürgermeister Brandt — ein Mann, dem jedermann die politische und menschliche Achtung geben muß als einer sehr wirksamen Persönlichkeit, der einen beträchtlichen Popularitätserfolg in den USA errungen hat, wovon ich mich selber überzeugen konnte, ohne neidisch zu werden — auf die Frage sagte: „Der Sprecher des freien Berlin wäre schlecht beraten, wenn er einer Schwächung der Position des Westens in Europa das Wort reden würde".

    (Lebhafter Beifall und Bravo-Rufe bei den Regierungsparteien.)

    Er hat noch vieles andere gesagt; ich kann es nicht im einzelnen verlesen.



    Bundesverteidigungsminister Strauß

    (Abg. Wehner: Den zweiten Teil sagen Sie uns auch noch, Herr Strauß!)

    — Ich habe ihn ja da:
    Ich bin für die Bereitschaft, die uns umgebende Wirklichkeit immer wieder vorurteilslos zu überprüfen.

    (Abg. Wehner: Gut!) Ich gehöre hier zu seiner Partei.

    Ich bin für eine bewegliche, möglichst unorthodoxe Politik, jedoch nicht im Sinne von Wunschvorstellungen oder Kapitulationsstimmungen gegenüber dem Kommunismus,

    (lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien)

    sondern im Sinne der Sicherung des Friedens und einer Festigung des Lagers der Freiheit.
    Diese Erklärung unterschreibe ich, und diese Erklärung unterschreibt jeder, der die Lage nüchtern sieht und den Mut und die Courage hat, daraus vor der Öffentlichkeit die Konsequenzen zu ziehen, die so heißen, wie wir es hier darstellen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mattick: Stimmt es, daß Herr Brandt gesagt hat, er wäre für Atomwaffen?)

    — Ich glaube, man kann in der SPD so viel Mut oder Bewegungsfreiheit auch vom Bürgermeister des freien Berlin nicht verlangen, daß er diese Konsequenzen daraus zieht.

    (Zurufe von der SPD.)

    Im übrigen ist das nicht Sache des Berliner Bürgermeisters. Der Berliner Senat hat mit den Stimmen der SPD mit Recht beschlossen, daß diese Frage nicht vor das Forum eines Landesparlaments, sondern vor das Bundesparlament gehört.

    (Abg. Wehner: Darum misten Sie uns hier an!)

    — Ich miste Sie nicht an. Das ist ein absolut richtiger, in der Konsequenz klarer Entschluß. Herr Kollege Wehner, warum fühlen Sie sich denn immer angegriffen, wenn ich sage, daß es nicht Sache des Bürgermeisters Brandt in den USA war, zu der Frage Stellung zu nehmen? Die Amerikaner haben ihm die Frage auch nicht gestellt. Und sie haben sie mit Recht nicht gestellt, weil man diese Frage dem Bürgermeister des freien Berlin nicht stellt. Es gibt verschiedene Fragen, die man nicht stellt, Herr Kollege Wehner

    (Lachen in der Mitte und rechts — Zuruf des Abg. Wehner)

    — ich bitte um einen Augenblick Geduld —, z. B. die Frage: Was soll im Falle eines sowjetischen Angriffs auf Berlin geschehen?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Heinemann!)

    — Ich bin kein Panzerfahrer nach Berlin. — Mir ist die Frage einmal in einer Diskussion vor mehreren tausend Studenten gestellt worden. Was soll man darauf antworten? Ich habe darauf erwidert: Jede Antwort, die im Sinne eines Entweder-Oder
    ergeht, ist falsch. Gebe ich die Antwort, Berlin wird um jeden Preis bis zur letzten Konsequenz mit Einsatz aller thermonuklearen Waffen verteidigt, dann kann das heißen, daß das Objekt, das man verteidigen will, nach der Verteidigung nicht mehr existiert. Sagt man aber: „Wir können unter diesen Umständen Berlin leider entweder nicht oder nur schwach verteidigen", dann kommt mit Recht der Protest von Berlin: „Also sind wir verloren, wenn die Sowjets ernsthaft zugreifen." Was bleibt dann übrig? Die Frage läßt sich nicht militärisch beantworten im Sinne einer direkten Strategie; die läßt sich nur im Sinne der indirekten Verteidigung beantworten. Die Sowjets müssen wissen: Wenn sie Berlin angreifen, ist damit für sie das Risiko des dritten Weltkriegs mit selbstmörderischen Folgen verbunden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das ist die einzige Antwort. Wenn Sie den Rahmen nehmen, wie ich ihn aus einer Motivierung, aus der Verantwortung heraus dargestellt habe, aus einer natürlich der Unzulänglichkeit des Menschlichen unterliegenden Analyse der Gegenwart, aber mit viel mehr Wahrscheinlichkeit für Realistik, als sie auf Ihrer Seite ist, dann muß ich fragen: Was ist denn die Aufgabe der Bundeswehr? Es ist nicht ihre Aufgabe, den Kräften des Herrn Ulbricht pari zu bieten. Aufgabe der Bundeswehr ist es, zur Verstärkung der kriegsverhindernden Wirkung der freien Welt beizutragen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Arndt hat gesagt, eine Entscheidung für die Ausstattung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit identisch mit einer Entscheidung gegen die Wiedervereinigung. Ja, Herr Kollege Arndt, das hören wir doch von Ihnen und Ihren Freunden seit fünf oder sechs Jahren, seit der Montanunion, EVG, Pariser Verträgen, NATO, Wehrpflicht usw. Niemand kann sagen, wie weit uns diese Verträge und die Vertragserfüllung der Wiedervereinigung — denken Sie an meine vorhergehende Definition — nähergebracht haben. Aber eines können wir mit Sicherheit sagen, daß dadurch die Wiedervereinigung unter Hammer und Sichel unmöglich geworden ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Es fing mit der Urabstimmung der Berliner Sozialdemokraten an!)

    — Niemand bestreitet, Kollege Wehner, das geschichtliche Verdienst des Dr. Schumacher und das geschichtliche Verdienst, das die Sozialdemokraten in Berlin durch jene Urabstimmung haben. Ich habe mich bemüht, einiges darüber nachzulesen. Jene Abstimmung hatte zur Folge, daß die deutsche Sozialdemokratie in Berlin und die deutsche Sozialdemokratie in den drei Westzonen eine Fusion im Sinne einer einheitlichen Arbeiterbewegung mit der KPD nicht eingegangen ist. Ich bitte Sie, mir diese Kenntnis als selbstverständlich zu unterstellen. Es ist nicht meine Absicht, die Verdienste gegenseitig abzuwägen, sondern es geht darum, über die Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit einer Poli-
    Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1958 875
    Bundesverteidigungsminister Strauß
    tik bei einer schweren Entscheidung zu argumentieren. Das nehmen Sie für sich in Anspruch, und ich muß das als Verteidigungsminister auch aus meinem Gewissen heraus für mich in Anspruch nehmen. Ich bin nicht so einfach und primitiv, wie Sie manchmal glauben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Qui s'excuse s'accuse! — Lebhafte Gegenrufe von der Mitte.)

    — Si tacuisses, philosophus mansisses!

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn ich frage, was denn die Aufgabe der Bundeswehr ist, dann kann ich nur antworten, daß die Bundeswehr sich nicht aus dem Zusammenhang des Bündnissystems herauslösen läßt, wenn die Aufgabe der Verhinderung des dritten Weltkriegs, des Stopps des Weltkommunismus in seinem Vormarsch und der Schaffung einer Verhandlungsbasis erfüllt werden soll, einer Verhandlungsbasis nicht für Deutschland — die gibt es ja nicht allein —, sondern für die ganze freie Welt, für die Großen in dieser Welt, die auf unserer Seite stehen. Dann gibt es keine andere Aufgabe, als das Bündnissystem funktionsfähig zu machen, es durch unseren Beitrag stärker zu machen, statt es zu schwächen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. Abg. Altmaier: Glauben Sie, daß die Lage immer ernster wird?)

    Ich könnte Ihnen, wie ich es im Verteidigungsausschuß gern tue, einmal ein detailliertes Bild nicht der politischen, aber der militärischen Entwicklung auf der anderen Seite geben. Danach besteht kein Zweifel, daß sich die Sowjetunion die Mittel für eine offensive Strategie verschaffen will, daß sie sich durch den Bau ihrer Fernluftwaffe, durch den Bau ihrer interkontinentalen Rakete und ihre propagandistische Ausnutzung, durch den Bau ihrer U-Boot-Waffe und die Einrichtung ihrer LT-Boote eine Bewaffnung schaffen will, um damit nach Ausschaltung des amerikanischen Bündnissystems den Endkampf mit den USA zu wagen.
    Sie haben mich durch diese Frage auf das Thema gebracht. Es ist nicht eine Frage von heute oder vom nächsten Jahr, aber wir kennen das Tempo. Wir wissen ziemlich genau Bescheid über den Zuwachs in diesen Waffen. Ich kann nicht weitergehen, als das zu sagen; aber was ich sage, ist nicht meine private oder meine persönliche Argumentation, das ist sehr, sorgsam erarbeitet worden.
    Wenn ich das aber sage, dann wissen wir genau, warum wir am amerikanischen Stützpunktsystem festhalten. Denn das heißt: Wenn die thermonukleare Abschreckungswaffe allein in den USA konzentriert ist, dann wäre es einem unmoralischen und skrupellosen Angreifer, der über thermonukleare interkontinentale Waffen verfügt, mit seinem ersten Schlag möglich, den Gegenschlag auszuschalten. Mit dem Augenblick, in dem er das weiß, ist die Gefahr, daß er das tut, sehr groß.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Ist aber die Zahl der Stellen, von denen aus der Gegenschlag kommt — insbesondere der mobilen und der unter Wasser befindlichen Stellen; Herr Kollege Mende, Sie wissen, was ich meine —, so groß, daß dieser Angreifer das Ziel nicht erreichen kann, daß er weiß, er kommt nicht weiter, weder mit psychologischer Zersetzung noch mit einer wirtschaftlichen Offensive noch mit militärischer Drohung oder mit einem militärischen Präventivschlag, dann wird er auch die Konsequenzen daraus ziehen, kühl und eiskalt, wie sie die Sowjets immer gezogen haben, wenn es irgendwo nicht weitergegangen ist.
    Aber wir haben uns das sehr genau überlegt, und wir wissen, warum wir zu diesem System stehen: weil wir einfach nicht anders können, ohne unser Volk in ein tödliches Risiko entweder des Krieges oder des Untergangs hineinzuführen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Hier wird auch häufig mit einer falschen Alternative gearbeitet, mit der falschen Alternative, wir hätten uns zwischen Atomtod oder Nachgiebigkeit, Entspannung oder vielleicht sogar unter Umständen Unterwerfung zu entscheiden. Sie machen eine Aktion gegen den Atomtod — ja, glauben Sie, daß wir eine dafür machen?

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Ja!)

    Denn damit, daß man die Existenzberechtigung einer Waffe in den eigenen Händen bestreitet, den Händen derer, die sich ihrer Verantwortung bewußt sind, schafft man sie in den Wänden eines potentiellen Aggressors doch noch nicht aus der Welt!

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es ist nicht einzusehen, warum die Waffen in den Händen der Sowjetrussen harmloser und weniger gefährlich sein sollen als in unseren eigenen Händen, die wir nur um unser nacktes Leben und um die Behauptung unserer Freiheit ringen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Damit Sie aber, meine Damen und Herren von der SPD, sehen, daß das nicht die Überlegungen eines militärisch orientierten Bundeskanzlers oder seines Verteidigungsministers oder einer uninformierten Regierungskoalition gegenüber einer -was die Atomwaffen betrifft — wohlinformierten Opposition sind, zitiere ich Ihnen jetzt einmal einige Sätze aus einer Rede. Es heißt hierin:
    Vor 14 Tagen äußerte der neue sowjetische Verteidigungsminister offiziell, daß die Sowjetregierung heute über alle Typen von Raketen verfüge, die Wasserstoffsprengladungen zu jedem beliebigen Punkt der Erde mit sich führen können,
    — die Rede ist vom 1. März dieses Jahres, also kein Ladenhüter —
    und das Gewicht darauf gelegt wird, die russischen Waffen und Wirkungsmittel weiter zu entwickeln, um
    — wie er sagte —



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Versuche, den Vormarsch des Kommunismus aufzuhalten, niederschlagen zu können.
    Wissen Sie, wer so gesprochen hat? Der sozialdemokratische Verteidigungsminister Norwegens! Und wenn er diese Betrachtung über die Weltlage, die Gefährdung der freien Welt, seines Landes und seines Bündnisses anstellt, dann haben, wenn Sie objektiv sind, die Christlichen Demokraten bei uns mindestens dasselbe Recht, so zu denken wie er.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

    Er also sagte:
    Wenn ein Angreifer
    — ich darf darauf zu sprechen kommen, gerade weil der Zwischenruf gefallen ist —
    sich nicht darüber vergewissert hat, daß der Zusammenhalt in der NATO in Ordnung ist, ist Gefahr im Anzug. Wenn wir nicht auf die Solidarität der NATO vertrauen würden, wäre unsere Außen- und Verteidigungspolitik sinnlos.
    Er sagte weiter:
    Der zweite grundlegende Faktor der Verteidigung ist, daß sie an jedem Tag am Platz und bereit sein muß wie ein Feuerlöschwesen. Das bedeutet wiederum, daß alle Modernisierung, wie rasch auch immer die militärtechnische Entwicklung verlaufen mag, so geschehen muß, daß sie nicht auf Kosten der heute errungenen Bereitschaft geht.
    Noch weiter sagte er:
    Auch wenn wir gefühlsmäßig dagegen reklamieren, ist die Atom- und Raketenwaffe zu etwas Bleibendem geworden und wird in den militärischen Einheiten der Welt weiter entwickelt.
    Dann kommt er zu der hochinteressanten Frage — ich wäre froh, wenn Sie eine Antwort von Ihrem Standpunkt aus gäben — der Atomwaffen auf norwegischem Boden. Er sagt:
    Die Regierung hat den Standpunkt eingenommen, daß die Stationierung von Atomwaffen auf norwegischem Boden in Übereinstimmung mit der Stützpunktpolitik Norwegens so lange nicht aktuell ist, solange die amerikanische Gesetzgebung es mit sich bringt, daß diese in Friedenszeiten nur unter voller Kontrolle amerikanischer Streitkräfte geschehen kann.
    Das heißt, die Norweger wären bereit — wenn ich das interpretieren darf —, nukleare Sprengköpfe für ihre Mehrzweckwaffen — und nur darüber wäre zu sprechen — zu nehmen, wenn damit nicht der Aufenthalt amerikanischer Soldaten auf ihrem Boden und der Verbleib amerikanischer Basen verbunden wären. Darf ich Sie fragen: Sind Sie der Meinung, daß wir nukleare Sprengköpfe in deutsche Hand bekommen sollten? Doch sicherlich nicht.
    Im übrigen handelt es sich ja nicht um ein nationales Verfügungsrecht; das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Wenn heute die Streitkräfte der
    Alliierten der NATO mit taktischen Atomsprengköpfen für ihre Mehrzweckwaffen ausgestattet werden, heißt das erstens, daß für diese Waffen auch normale Sprengköpfe vorhanden sind, zweitens, daß die Sprengköpfe im amerikanischen Eigentum, unter amerikanischem Verschluß bleiben, daß sie der nationalen Verfügungsgewalt — was wir selbst wünschen — entzogen sind und daß ihr Einsatz nur dann ernsthaft angedroht und in Betracht kommen kann, wenn die Gesamt-NATO von der Zentrale aus auf Grund einer erfolgten Aggression das für notwendig hält. Und jetzt denken Sie an die indirekte Verteidigung: Damit die Aggression nicht erfolgt, soll der Aggressor wissen, daß die Zentrale diesen Beschluß fassen würde und auch ausführen lassen könnte, weil die Waffen vorhanden sind. Das ist der einzige Grund, warum wir sie haben wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dann sagt der norwegische Verteidigungsminister — warum werfen Sie u n s das vor? —:
    Unsere Verteidigung wird heute allmählich mit Waffen ausgerüstet, die Atomsprengladungen benutzen können. Rein technisch würde, wie mitgeteilt worden ist, es keiner langen Zeit bedürfen, eine Umstellung auf den Einbau von Atomladungen vorzunehmen.
    Das hat, wenn mir nicht ein falsches Dokument geliefert worden ist, der norwegische Verteidigungsminister Niels Handal am 11. März 1958 vor der Handelskammervereinigung in Bergen ausgeführt. Warum nehmen Sie es uns übel, wenn wir die Dinge genau so ernst nehmen wie die norwegischen Sozialdemokraten? Was tun wir denn? Wir wollen doch keine Ausstattung der Bundeswehr mit Atomwaffen, damit die deutsche Nationalarmee in die großdeutsche Zukunft marschieren kann, oder ähnliches. Wir wollen nicht mehr und -nicht weniger, als notwendig ist, um eine einheitliche Verteidigung zu haben und eine Garantie für eine wirksame Verteidigung im Bereich ganz Europas geben zu können.
    Wir wollen keine Atomwaffen in deutschen Händen, wir wollen keine Atomwaffen in deutscher Verfügungsgewalt. Wir wollen sie auch nicht für die Bundeswehr, sondern für die der NATO unterstellten Einheiten aller europäischen Bundesgenossen. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wenn die Amerikaner heute im Zuge eines disengagements abzögen, wären sie nach ihrer Gesetzgebung, die sie verflucht ernstnehmen, verpflichtet, diese Sprengköpfe wieder mit sich wegzunehmen; darüber besteht nicht der geringste Zweifel.
    Ich habe als Verteidigungsminister nicht die Entscheidung zu treffen, ob die Bundeswehr mit Atomwaffen ausgerüstet wird oder nicht. Ich habe nur das zu tun, was mir als Direktive des Regierungschefs, als Beschluß des Kabinetts und im Vollzug einer gemeinsamen, von der Regierung angenommenen NATO-Beschlußfassung auferlegt ist. Ich will das einmal ganz klarstellen. Das ist weder meine persönliche Überlegung noch meine private Neigung noch irgend etwas anderes. Ich habe genau das getan und bin dafür eingetreten, wozu ich er-



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    mächtigt war und wozu ich mir in langer mühsamer Überlegung auch die moralische Argumentation erarbeitet habe.

    (Zurufe von der SPD: Fünf-Sterne-General — Gegenrufe von der CDU/CSU: Dummes Geschwätz! — Schämt euch!)

    Herr Kollege Arndt hat sich darüber beschwert, daß der Bundestag sich nie damit befaßt habe. -Die Regierungsmehrheit hat im 2. Bundestag in der Sitzung am 10. Mai 1957 den Antrag der SPD, der lautet:
    Die Bundesregierung wird ersucht, 1. die Ausrüstung mit atomaren Waffen zu unterlassen ...,
    nicht deshalb abgelehnt, um nunmehr die Bundeswehr damit auszurüsten, sondern um die Möglichkeit dieser Ausrüstung einschließlich der Ausbildung, der technischen Ausstattung und des langwierigen Vorbereitungsprogramms

    (Abg. Wehner: „Einzuleiten"!)

    in legaler Weise einleiten zu können, — jawohl! Damit tun wir nicht mehr und nicht weniger, als sämtliche Verbündete der NATO ebenfalls tun. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger. Wir erinnern Sie aber an die Worte Ihres norwegischen Gesinnungsfreundes. Jedermann muß sich in diesem Bündnis auf die Solidarität der Gesamtorganisation verlassen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir uns nicht auf die Solidarität der Großmächte in der NATO verlassen können, dann ist für uns jede politische Bewegungsmöglichkeit verloren. Und umgekehrt: wir werden diese Solidarität der Großmächte nicht erhalten, wenn wir nicht das tun, was im Vollzug dieser Solidarität auch auf unsere Schultern kommt, auch wenn es unpopulär ist und auch wenn solches Tun draußen für manche parteipolitischen Manöver benutzt werden kann.
    Die weitere und vorletzte Frage: Sind Sie sich auch darüber im klaren, daß der Wille zu einer konventionellen und modernen Bewaffnung eine Voraussetzung dafür ist, daß manche Versuche und manche Tendenzen zur Entspannung leichter zum Tragen kommen können als in einem Zustand, wo das Bündnis noch nicht funktionsfähig wäre? Auch darüber sollte man ernsthaft diskutieren, wenn man diese Dinge ernst nimmt und sie nicht von der optischen Seite her sieht, was ich niemandem in diesem Hause unterstellen möchte.
    Die letzte Frage in dem Zusammenhang heißt — ich habe sie schon gestellt —: Muten Sie dem deutschen Soldaten zu, einem Angreifer tausendfach schwächer gegenüberzustehen? Muten Sie ihm auch zu, in der Luftverteidigung auf die Abwehrmittel zu verzichten, die heute notwendig sind, um Bomber, die im Überschallbereich mit Wasserstoffbomben fliegen, weit jenseits der Landesgrenzen abschießen zu können? Sie wissen ganz genau, daß die Nike-Ajax, die wir jetzt bestellt haben, nur einen konventionellen Sprengkopf hat, daß die NikeHercules und die Nike-Zeus einen nuklearen Sprengkopf haben. Würden Sie einer deutschen
    Bundeswehr auch diese rein defensive Waffe verweigern und damit Deutschland jedes aktiven Schutzes gegen einen Luftangriff berauben? Das sind doch die konkreten Fragen, die gestellt werden müssen.
    Sie münden wieder in die Gretchen-Frage, auf die wir vielerlei Antwort erhalten: Wie stehen Sie eigentlich praktisch zur Landesverteidigung? Warum haben Sie den Sozialdemokraten verboten, in der Organisation „Volk und Verteidigung" aktiv mitzuarbeiten und damit eine Synthese zu finden zwischen Volk und Militär, eine Synthese zwischen Arbeiter und Offizier? Die Bewegung ist in Norwegen hochgekommen, und jeder Vernünftige bei uns muß ihre Ziele begrüßen. Warum haben Sie in der Frage „Wie stehen Sie zur Landesverteidigung?", in der Frage der Wehrpflicht Ihre Tradition gebrochen? Warum sind Sie von Ihrer Tradition abgewichen? Herr Ollenhauer, ich erinnere Sie an die Rede, die Sie in München auf dem Parteitag 1956 gehalten haben — Sie werden sich ihrer wahrscheinlich entsinnen —, in der Sie gesagt haben: Wir sind der Überzeugung, daß die Sieger in der Bundestagsentscheidung über die Wehrpflicht die Besiegten der Wahlentscheidung sein müssen; denn die Mehrheit des Volkes steht auf unserer Seite im Kampf gegen die allgemeine Wehrpflicht. — Sie haben sich getäuscht: Unser Volk will Sicherheit, wenn es vor die Entscheidung gestellt wird, und nicht Bequemlichkeit.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)