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ID0301701600

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    Deutscher Bundestag 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Inhalt: Sammelübersicht 3 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen (Drucksache 245) 763 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts (Drucksachen 260 zu 260) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vermögensteuerrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 261. zu 261) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung verkehrsteuerlicher Vorschriften (Drucksachen 262, zu 262) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (SparPrämiengesetz) (Drucksachen 263, zu 263) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Wohnbausparer (WohnungsbauPrämiengesetz) (Drucksachen 264, zu 264) — Erste Beratung —. Etzel, Bundesminister 763 D, 816 A Neuburger (CDU/CSU) 776 C Seuffert (SPD) 781 B Dr. Atzenroth (FDP) 793 D Dr. Preusker (DP) 798 B Dr. Eckhardt (CDU 'CSU 803 D Frau Rösch (CDU/CSU) 807 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 809 A Krammig (CDU/CSU) 812 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 815 A Überweisungen an die Ausschüsse . . . 819 A Nächste Sitzung 819 C Anlagen 821 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17. ,Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958 763 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.03 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12. 4. Altmaier 14. 3. Dr. Baade 21. 3. Bading 20. 3. Bazille 18. 3. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Dr. Birrenbach 15. 3. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 14. 3. Conrad 18. 4. Dr. Dittrich 19. 3. Dr. Dollinger 14. 3. Ehren 13. 3. Frau Eilers (Bielefeld) 15. 3. Enk 14. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 31. 5. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 13. 3. Funk 14. 3. Frau Geisendörfer 14. 3. Gottesleben 14. 3. Graaff 14. 3. Dr. von Haniel-Niethammer 14. 3. Dr. Heck (Rottweil) 13. 3. Heiland 31. 3. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 14. 3. Hilbert 14. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 3. Höcker 15. 3. Höfler 14. 3. Frau Dr. Hubert 12. 4. Jürgensen 31. 3. Frau Keilhack 13. 3. Frau Kipp-Kaule 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Köhler 14. 3. Kühlthau 14. 3. Kühn (Köln) 13. 3. Kunze 15. 5. Leber 13. 3. Lenz (Trossingen) 29. 3. Dr. Lindenberg 29. 3. Logemann 20. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 4. Mellies 25. 4. Mengelkamp 13. 3. Nellen 14. 3. Neumann 12. 4. Frau Niggemeyer 14. 3. Oetzel 15. 3. Paul 30. 4. Pelster 1. 4. Pietscher 14. 3. Ramms 13. 3. Frau Rudoll 15. 3. Schneider (Hamburg) 31. 3. Dr. Schranz 13. 3. Seidl (Dorfen) 14. 3. Dr. Starke 14. 3. Stenger 15. 3. Storm (Meischenstorf) 20. 3. Sträter 13. 3. Frau Strobel 20. 3. Unertl 20. 3. Varelmann 13. 3. Vogt 12. 4. Dr. Wahl 13. 3. Wehking 20. 3. Wehr 31. 3. Weinkamm 14. 3. Dr. Wilhelmi 14. 3. Wittrock 13. 3. Frau Wolff (Berlin) 14. 3. Dr. Wolff (Denzlingen) 14. 3.
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    Rede von Walter Seuffert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    So schlimm ist es noch gar nicht.
    Ich komme nun noch auf einige Einzelfragen der Einkommensteuer zu sprechen. Was die Neuregelung der degressiven Abschreibungen in j 7 anlangt — das gilt ja auch für die Körperschaftsteuer —, so begrüßen wir es, daß jetzt eine gesetzliche Regelung vorgesehen wird. Wir begrüßen die Einschränkung in bezug auf Gebäude und die Ausdehnung auf Wirtschaftsgüter mit kürzerer Nutzungsdauer. Wir halten allerdings die vorgesehe-
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958 791
    Seuffert
    nen Höchstsätze des Zweieinhalbfachen der normalen Steuer oder 25 % für zu niedrig; wir würden
    das Zweifache oder 20 % im Jahre für richtig halten.
    Wenn geltend gemacht wird — das kann vielleicht geltend gemacht werden —, daß gewisse, besonders langfristige Investitionen, die auch im öffentlichen Interesse liegen können, mit solchen Abschreibungssätzen sehr stark erschwert werden, so kann man durchaus an die Möglichkeit denken, deswegen zwar nicht den allgemeinen Satz zu Lokkern — für alle Leute, auf die diese Voraussetzungen nicht zutreffen —, aber entweder im Wege von gezielten, genau umschriebenen Rechtsverordnungsmöglichkeiten oder im Wege des Jahressteuergesetzes, auf das der Herr Bundesfinanzminister hinaus will, Abschreibungshilfen zu ermöglichen, und zwar in den genau zu umschreibenden, jeweils notwendigen Fällen.
    Die §§ 7 b und 7 c sind vom Standpunkt des Steuersystems und im Hinblick auf den Steuerausfall selbstverständlich immer recht unerwünscht gewesen. Übrigens hat man niemals genaue Ausfallziffern gerade für den § 7 b gehört. Wir sind begierig, darüber im Laufe der Beratungen etwas zu erfahren. Trotz aller Bedenken würden wir dem grundsätzlichen Weiterbestehen dieser beiden Paragraphen zustimmen.
    Allerdings halten wir hinsichtlich des § 7 b, der sich auf die Begünstigung für die Bauherren selber bezieht, angesichts der Mißbräuche, die gerade im Miethausbau festgestellt werden, doch noch eine Überprüfung für notwendig. Wir machen auch ein Fragezeichen dahinter, ob nur Einfamilienhäuser von 120 000 DM Baukosten aufwärts als nicht mehr begünstigungsfähig angesehen werden können. Auch würden wir es für richtig halten, daß endlich einmal der § 7 b mit einer Fristbestimmung versehen wird, die er nämlich bisher nicht gehabt hat.
    Was den § 7 c anlangt, meinen wir allerdings, daß die Einschränkung, die die Bundesregierung vorgesehen hat, gerade in die falsche Richtung geht. Wir sind deswegen mit dem Bundesrat der Auffassung, daß die Möglichkeit, Mietwohnungen für Arbeitnehmer durch 7-c-Darlehen ihrer Arbeitgeber zu fördern, aufrechterhalten bleiben muß. Die andere Einschränkung mag bedeutungslos sein; aber wir fragen uns doch, warum sie überhaupt gemacht wird.
    Ich komme nun zu den Fragen, die mit der Sparförderung zusammenhängen. Wir haben uns die Bedenken, die dagegen geltend gemacht werden können, daß überhaupt eine Sparförderung stattfindet, sehr eingehend überlegt. Die beste Sparförderung — das ist selbstverständlich — ist die Hebung und die Entlastung des Masseneinkommens

    (Abg. Dr. Eckhardt: Steuersenkung!)

    — jawohl! —, und das Masseneinkommen läßt, wie die Zahlen beweisen, eine starke Sparneigung erkennen, so daß man es im Grunde kaum nötig haben sollte, durch künstliche Mittel, die psychologisch durchaus auch zurückschlagen können, einzugreifen. Es ist richtig: die Zahlen sprechen nicht
    dafür, daß die bisherigen Förderungsmaßnahmen gerade dem kleinen Sparer zugute gekommen sind. Sie sprechen auch nicht dafür, daß die Ergebnisse für den Kapitalmarkt wirklich die Aufwendungen aus Steuermitteln wert sind.
    Eines möchte ich allerdings sagen: Wenn man schon von Staats wegen Sparen empfiehlt und fördert, dann muß man auch für die Sicherheit des Gesparten sorgen, dann hat man die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, der Preisentwicklung und all dem, was die Sicherheit beeinträchtigen könnte, aktiv entgegenzutreten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn man schon auf diese Weise Bundesanleihen vorbereiten und aufbauen will — wogegen wir an sich nichts einzuwenden haben —, dann aber bitte keine preistreibenden Anleihen und keine Rüstungsanleihen! Rüstungen kann man nicht durch Anleihen finanzieren, sondern nur durch Steuern, die da ansetzen müssen, wo die Leistungsfähigkeit steckt und wo auch die Gewinne anfallen.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Richtig!)

    Trotz aller Bedenken, die sich aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise ergeben könnten, sind wir zu dem Ergebnis gekommen: Da wir dem § 10 des Einkommensteuergesetzes in der vorgeschlagenen Form mit der von Ihnen vorhin vorgetragenen Modifikation zustimmen wollen, halten wir es für richtig, daß er durch ein Sparprämiengesetz für die traditionellen Sparformen gerade der Arbeitnehmerschaft ergänzt wird. Wir halten, wennschon Sparförderung, ein solches Prämiengesetz für das immer noch beste System. Wir würden es allerdings für richtig halten, wenn die Bausparverträge aus § 10 herausgenommen würden und endgültig und nur in die Prämienförderung hereinkämen. Wir sehen es als erwünscht an, daß statt zweier Gesetze — eines Bausparprämiengesetzes und eines allgemeinen Prämiengesetzes — ein einheitliches Gesetz gemacht wird. Allerdings müßte bei dieser Angleichung dafür gesorgt werden, daß keine wesentlichen Schlechterstellungen gegenüber dem bisherigen Bausparsystem erfolgen, z. B. durch Einführung einer Kinderstaffel.
    Wir halten es für ganz unrichtig, die Aktie in diese Form der Sparförderung einzubeziehen, und zwar neben einer Reihe von anderen Gründen vor allen Dingen deswegen, weil die Vorschrift einer Mindestbesitzzeit, einer Bindungszeit, dem Wesen und. Sinn einer Aktie als Anlagepapier vollständig widerspricht. Es gehört zur Verwendung der Aktie als Anlagepapier, daß man auf Kursentwicklungen achtet und sich ihnen anpaßt. Der Sparer, der sich verpflichtete, eine Aktie etwa fünf Jahre lang ohne Rücksicht auf irgendwelche Kursentwicklungen zu behalten, könnte böse Überraschungen erleben.

    (Abg. Krammig: Das braucht er ja nicht! — Abg. Dr. Burgbacher: Also sind Aktien doch risikoreich!)

    — Es kommt darauf an, für wen, Herr Kollege
    Burgbacher. Für den Mann, über den wir im Spar-
    792 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Donnerstag, dien 13. März 1958
    Seuffert
    prämiengesetz sprechen, ist es tatsächlich sehr risikoreich. Sie verstehen das sicher besser.

    (Abg. Krammig: Er kann ja in den Sparformen wechseln!)

    — Wozu denn dieses? Was soll denn da für den Kapitalmarkt herauskommen?
    Wir sind der Ansicht, daß die Bindungszeit überprüft werden muß. Man muß überlegen, ob fünf Jahre richtig gegriffen sind. Man könnte auch den Gedanken einer gestaffelten Prämie — für längere Bindungen höhere Prämien — erwägen. Das kann man im Ausschuß prüfen.
    Die Frage der Abrechnung der Prämien für Bausparverträge innerhalb der allgemeinen Wohnungsbauförderungsmittel erwähne ich nur am Rande. Jedenfalls müssen durch die Gestaltung des Prämiengesetzes unserer Ansicht nach auf die eine oder andere Weise Sparmaßnahmen zur Aufbringung von Mieterdarlehen für Mietwohnungen und Genossenschaftswohnungen, die so ungemein wichtig für den kleinen Mann sind, gefördert werden; das war bisher nicht der Fall.
    Ich komme zur Körperschaftsteuer. Die Neuregelung soll einen Ausfall von 180 Millionen DM mit sich bringen. Die Begründung für diese Maßnahmen ist — Sie können sie den schriftlichen Begründungen entnehmen —, daß eine breitere Streuung der Aktie und eine Einschränkung der Selbstfinanzierung erreicht werden soll. Diese Gesichtspunkte vermögen uns nicht zu überzeugen. Am wenigsten sind wir davon überzeugt, daß die vorgeschlagenen Maßnahmen den angeblichen Zwecken wirklich entsprechen und daß sie wirksam sind.
    Was zunächst die Förderung der Ausgabe von Aktien und die Ausschüttung von Dividenden betrifft, so besteht doch gar kein ernsthafter Zweifel, daß die Aktiengesellschaften so viel Aktien emittieren und am Markt unterbringen können, wie sie irgend herausbringen. Es hat es bisher noch nicht gegeben, daß eine Aktie nicht abgenommen worden ist. Sie können auch Dividenden zahlen. Daran gibt es auch keinen ernsthaften Zweifel.
    In diesem Zusammenhang ist so oft gesagt worden, die Fremdfinanzierung, die an sich nicht so erwünscht sei, sei steuerlich so viel billiger als die Eigenfinanzierung, und das müsse abgebaut werden. Diese Erwägungen über die — von der Steuer her gesehen — billige Fremdfinanzierung sind doch kurzsichtig; sie sind von der Art, wie sie Leute anstellen, die ein paar Wochen, bevor die Halden wachsen und der Stahlabsatz sinkt, die Preise erhöhen. Man soll sich doch auch einmal klarmachen, wo man steht, wenn die Umsätze nicht mehr so weitersteigen, wie sie das getan haben, und wenn die roten Zahlen etwas in die Nähe kommen könnten. Da wird man — im Gegensatz zu solch kurzsichtigen Erwägungen — sehr schnell sehen, daß Eigenkapital immer noch das billigste und zuverlässigste ist und daß d a s Unternehmen, d i e Wirtschaft gesund sind, die etwas aushalten können.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Wenn rote Zahlen da sind, gibt es doch keine Gewinne!)

    — Ja eben! Da könnte die sogenannte vorteilhafte Fremdfinanzierung mit ihren fixen Zinsen sich außerordentlich teuer auswirken.

    (Zuruf von der Mitte: Da sind wir völlig einig!)

    Diese Erwägungen sollten auch ohne steuerliche Nachhilfe dazu führen, daß man auch da, wo man es bisher höchst kurzsichtigerweise nicht gemacht hat, Aktien ausgibt.
    Dann wird von der Gleichstellung der Kapitalgesellschaften und Personalgesellschaften gesprochen. Gehen Sie doch endlich auf die Betriebsteuer zu! Was man hier macht, mag es auch äußerlich so aussehen, als sei es eine Annäherung an das Prinzip der Betriebsteuer, ist in Wirklichkeit ein Rückschritt, weil es den Unterschied in der Behandlung der Personalgesellschaften und der Kapitalgesellschaften wesentlich vergrößert. Die Frage des Verhältnisses des Körperschaftsteuersatzes zum Spitzensatz der Einkommensteuer wird nicht dadurch gelöst, daß man ungerechtfertigterweise beide Sätze herabsetzt.

    (Abg. Dr. Hellwig: Es sind doch nicht beide Sätze herabgesetzt! — Zuruf von der Mitte: Der Körperschaftsteuersatz wird erhöht von 45 auf 47 %, und dazu kommen noch 4,09 %!)

    — Die Körperschaftsteuer wird ermäßigt; sonst könnte ja kein Steuerausfall von 180 Millionen DM entstehen.

    (Zurufe von der Mitte: Aber nur dann, wenn Gewinn ausgeschüttet wird! — Sie haben von einer Herabsetzung beider Sätze gesprochen! — Abg. Dr. Eckhardt: Sie müssen die Doppelbesteuerung berücksichtigen! — Abg. Dr. Hellwig: Sie haben gesagt, beide Sätze würden ermäßigt!)

    — Gewiß; aber ich habe es abgekürzt ausgedrückt, Herr Kollege Hellwig, in der Betrachtungsweise, deren sich das Bundesfinanzministerium großenteils bedient, indem es den Höchstsatz der Körperschaftsteuer immer zu dem Höchstsatz der Einkommensteuer in Beziehung setzt. Man müßte hier von Mischsätzen sprechen, wenn man die gesamte steuerliche Auswirkung dessen in Betracht ziehen wollte, was Sie Doppelbesteuerung nennen; aber eine Doppelbesteuerung ist es in Wirklichkeit nicht. Ich glaube, darüber sind wir uns alle klar.
    Nun einige Worte zum Problem der Verhinderung oder der Einschränkung der Selbstfinanzierung. Sehen Sie sich die Rechnungen des Bundesfinanzministers an! Das Ergebnis dieser Maßnahmen ist folgendes: wenn die Dividende, die die Börse und der Aktionär herausgedrückt haben, gezahlt wird, bleibt für die Selbstfinanzierung noch mehr drin als bisher. Der Druck muß von der Börse, vom Aktienrecht kommen. Das wird auch das Bundesfinanzministerium zugeben. Wenn man die Selbstfinanzierung auf diese Weise einschränken will, dann muß man das Zurückhalten der Gewinne aber auch wirklich teuer machen, dann muß man die Selbstfinanzierung teuer machen, muß den Satz



    Seuffert
    für im Unternehmen verbleibende Gewinne viel drastischer erhöhen, nämlich so, daß per Saldo kein Steuerausfall von 180 Millionen DM entsteht.
    Line letzte Erwägung, die für uns sogar die entscheidende ist! Wie in der Begründung ganz offen und zutreffend ausgeführt wird, ist diese ganze Aktion auf die börsengängigen Aktien, d. h. auf die Großunternehmen abgestellt. Die GmbH und die Familiengesellschaft können mit dem gespaltenen Körperschaftsteuersatz und all diesen Dingen nichts anfangen. Was da zu entnehmen ist, wird über das Geschäftsführergehalt und über Unkosten entnommen. Das bedeutet: Wenn ich hier den Großunternehmen eine nur für sie brauchbare weitere Steuerermäßigung im Betrag von insgesamt 180 Millionen DM gebe, verbessere ich die Konkurrenzstellung dieser ohnehin übermächtigen Unternehmen im Wettbewerb gegenüber den kleinen und mittleren Unternehmen und verschlechtere die Konkuirenzlage der kleinen und mittleren Gesellschaften.
    Das ist für uns letzten Endes sogar der entscheideride Grund dafür, daß wir diese Dinge nicht mitmachen können. Wenn man schon an Verbesserung der Körperschaftsteuer denkt, muß man an ganz anderen Punkten anfangen, z. B. bei der Besteuerung der öffentlichen Unternehmen. Es ist auch durchaus zu erwägen, ob für kleine Vereine und Stiftungen der Körperschaftsteuersatz von 45 % wirklich angemessen ist.
    Aus den vorgetragenen Gründen lehnen wir die Neuregelung ab, zumal wir schon immer den gespaltenen Körperschaftsteuersatz abgelehnt haben. Wir lehnen die weitere Aufspaltung erst recht ab. Wir sind der Ansicht: wenn man schon auf diese Art und Weise die Selbstfinanzierung einschränken will, dann aber mit wirklich drastischer Steuererhöhung für die im Unternehmen verbleibenden Gewinne, so drastisch, daß kein Steuerausfall entsteht und daß man diese 180 Millionen DM für ander e Steuerverbesserungen verwenden kann.
    Wir haben gern davon Kenntnis genommen, daß der Herr Bundesfinanzminister neulich vor den Ausschüssen und auch heute in seiner Rede hat durchblicken lassen, daß sein letztes Wort auch in dieser Frage noch nicht gesprochen sei, und ich hoffe, wir kommen da zu einer weitaus besseren Lösung.
    Der \\Torschlag des Bundesrats verlagert nur den Ausfall, läßt aber den Ausfall selbst und all die anderen Gründe, die gegen diese Körperschaftsteuerregelung sprechen, bestehen. Er stellt deswegen für uns keine Lösung dar.
    Zum übrigen habe ich nicht viel zu sagen. Was bei den anderen Steuergesetzen vorgeschlagen wird, kann ganz überwiegend unsere Zustimmung finden, auch die Vermögensteuer-Freibeträge, die vorgesehen sind.
    Zur Versicherungsteuer vielleicht noch die Bemerkung, daß wir uns einmal ernstlich überlegen sollten, ob es wirklich noch sinnvoll ist, auf Lebensversicherungen — ich meine auch Krankenversicherungen — Steuern zu erheben.
    Und dann noch etwas. In der letzten Zeit haben einige Finanzämter, gestützt auf eine uralte und sehr schlechte Entscheidung des früheren Reichsfinanzhofs, angefangen, auf typisch gewerkschaftliche Leistungen Versicherungsteuer zu erheben. Hier sind eine ganze Reihe von Verfahren im Gange, bei denen es sich um erhebliche Beträge handelt.

    (Zuruf von der Mitte: Wer hat das gemacht?)

    Das ganze Haus ist, glaube ich, mit mir darin einig, daß es ein Unding ist, etwa auf eine Notfallunterstützung, eine Rechtsschutzgewährung durch eine Gewerkschaft und ähnliches — was zum Wesen einer Gewerkschaft gehört — Versicherungsteuer erheben zu wollen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Unerhört!)

    Wenn das nach dem derzeitigen Gesetz nicht schon klar genug ist, so muß das klargestellt werden.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Der Herr Bundesfinanzminister hat diese Gesetze dem Parlament zur kritischen Würdigung und mit der Bitte vorgelegt, sie reifer zu machen. Wir haben gerne gehört, daß die Gesetze nicht, wie das früher manchmal geschehen sein mag, von vornherein als der Weisheit letzter Schluß vorgelegt worden sind und daß nicht jede Änderung von vornherein als unpatriotisch oder gefährlich bezeichnet worden ist. Wir haben mit dieser Erklärung die Linien abgesteckt, inwieweit wir den Gesetzen die Unterstützung nicht versagen werden, und wir haben gesagt, wo wir die Gesetze für sehr, sehr verbesserungsbedürftig halten.
    Wir teilen das Interesse sehr weiter Kreise an der baldigen Verabschiedung und der .möglichst rückwirkenden Inkraftsetzung dieser Gesetze, und wir werden uns bei den Ausschußberatungen entsprechend verhalten.
    Abschließend möchten wir noch darum bitten, daß wegen der erheblichen wirtschaftspolitischen Fragen, die in diesem ganzen Steuerbukett stecken, der Wirtschaftspolitische Ausschuß als mitberatender Ausschuß an der Beratung dieser Gesetze beteiligt wird.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Wenn ich für die Freie Demokratische Partei zu diesen Gesetzesvorlagen Stellung nehme, so geschieht dies aus unserer besonderen Haltung, die gerade auf diesem Gebiet wesentlich von der der anderen Oppositionspartei abweicht.

    (Abg. Dr. Dresbach: Das haben wir aber auch erwartet!)

    — Danke schön, Herr Dresbach.
    Ich muß heute darauf verzichten, mich mit den Ausführungen des Kollegen Seuffert auseinanderzusetzen. Das muß an anderer Stelle geschehen.



    Dr. Atzenroth
    Ich werde mich auf die Ausführungen des Herrn Ministers beschränken. Er hat dem Hohen Hause die Gründe dargelegt, warum der diesjährige Etat verspätet vorgelegt wird. Bei der großen Ausweitung, die dieser Haushaltsplan wahrscheinlich erfahren wird, wäre es von großer Bedeutung gewesen, ihn kennenzulernen, bevor die Gesetze beraten werden, mit deren Hilfe die erforderlichen Mittel aufgebracht werden sollen. In den alten Demokratien jedenfalls stand die Haushaltsforderung vor der Steuerbewilligung. Wir sehen aber ein, daß bei der Arbeitsmethode dieses Hauses die Vorlage der neuen Steuergesetze in einem möglichst frühen Zeitpunkt zweckmäßig war.
    Wir erkennen auch gerne an, daß hier eine schwierige Arbeit in erfreulich kurzer Zeit geleistet worden ist. Wir schließen uns dem Dank, den einer meiner Vorredner den Beamten des Ministeriums abgestattet hat, voll und ganz an.

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, mit großem Interesse haben wir die allgemeinen grundsätzlichen Bemerkungen des Herrn Ministers zu Fragen seiner Steuer- und Haushaltspolitik gehört. Wir begrüßen die Erklärung, die sich mit dem Verhältnis der staatlichen zur privaten Sphäre befaßt. Der Satz, daß der Staat nie etwas als seine Aufgabe beanspruchen dürfe, was er besser seinen Bürgern überlassen sollte, entspricht einem alten Grundsatz im Programm der Freien Demokraten. Wir wünschten, in den letzten Jahren wären die Mehrheitspartei und die Bundesregierung auch danach verfahren. Vielleicht bringt der Personenwechsel im Finanzministerium die von uns erwünschte Änderung.
    Der Herr Minister hat es als seine Aufgabe bezeichnet, die Ansprüche auf Befriedigung der Gemeinschaftsbedürfnisse dauernd kritisch zu überprüfen. Bei der Haushaltsdebatte nach Ostern werden auch wir kritisch prüfen, ob er diese Aufgabe schon in diesem Jahr folgerichtig durchgeführt hat. Die Höhe des vorgelegten Etats und die in seinen Ausführungen erwähnte weitere Erhöhung der „Kletterstange" zwingen leider schon jetzt, einige Zweifel daran zu äußern.
    Auch die grundsätzlichen Ausführungen über die Steuerpolitik als Ziel der Finanzpolitik finden unsere Billigung. Das gilt auch für die Frage der Kapitalbildung. Dabei möchte ich besonders die Erklärung herausstellen, daß es in der Marktwirtschaft auch eine unternehmerische Aufgabe ist, das Kapital über den Markt zu holen, wenn man es mit dem Begriff des Eigentums ernst meint. Herr Minister, wir unterstreichen diese Haltung, aber ich frage Sie: Vereinbart sich das uns vorgelegte Prämienspargesetz damit? Ich werde im Verlauf meiner Ausführungen darauf noch näher eingehen.
    Sie haben weiter ausgeführt, unser Bestreben müsse dahin gehen, die Zahl der am Kapitaleinkommen — am Kapitaleinkommen! — Beteiligten erheblich zu verbreitern. Das ist zweifellos richtig und erstrebenswert. Aber auch da muß man überprüfen, wieweit die uns vorgelegten Gesetzesvorlagen geeignet sind, uns diesem Ziel wirklich näherzubringen.
    Sie sagen, der Finanzminister könne nur dann eine gute Finanz- und Steuerpolitik machen, wenn die fur die Politik Verantwortlichen selbst eine richtige Politik machen. Diese beherzigenswerte Mahnung müssen Sie ja naturgemäß in erster Linie an Ihre Partei und an die Bundesregierung richten; aber ich darf doch bescheidentlich darauf hinweisen, daß Ihre Darstellung der Entwicklung der Bundesfinanzen eine einzige Anklage gegen die Finanzpolitik der zweiten Bundesregierung gewesen ist. Ich hoffe, daß wir gemeinsam die Folgerung daraus ziehen werden. Auch der Finanzminister selbst kann sehr aktiv in diese Politik eingreifen und damit Entwicklungen in der Gesellschaftsordnung fördern oder aufhalten. Wir sehen es daher als einen Mangel Ihrer Vorlagen an, daß sie keine Maßnahmen enthalten, die der übermäßigen Kapitalkonzentration entgegenwirken könnten. Die Besorgnisse, die sich aus der Entwicklung in der letzten Zeit für unsere Gesellschaftsstruktur ergeben, sind oft genug aufgezeigt worden, auch von der Regierung; aber bisher sind den Worten leider keine Taten gefolgt. Die Bestrebungen Ihrer Fraktion, die sich aus der Schaffung von Jedermann-Eigentum die Heilung verspricht, sind unklar, unrealistisch und zum Teil auch bedenklich. Die von der SPD geforderte Ausnahmegesetzgebung lehnen wir ab.
    Aber es gibt doch eine Reihe von anderen Möglichkeiten, hier durch die Steuerpolitik einzuwirken. Die Abschreibungsprivilegien, soweit sie der übermäßigen Anlagenerweiterung dienen, sollten sorgfältiger überprüft werden. Im Gegensatz zu dem Kollegen Neuburger sehe ich in den Vorlagen noch keine wirkliche Hilfe für den Mittelstand, für die kleinere oder mittlere Wirtschaft, im Gegenteil. Wir werden uns vielleicht auf einer gemeinsamen Ebene treffen, wenn wir die Frage der Gewerbesteuer anrühren werden. Aber hier, in diesen Vorlagen, ist eine wirkungsvolle Hilfe nicht zu erblicken. Die steuerlichen Abschreibungen gehen zum größten Teil zugunsten der großkapitalistischen Unternehmungen.

    (Abg. Krammig: Ich verstehe Sie nicht. Die ganze Zeit haben Sie für die degressive Abschreibung für mittelständische Betriebe gekämpft!)

    — Ich spreche nicht gegen die degressive Abschreibung, sondern gegen die Übertreibung, die sie erfahren hat, und bin für eine gewisse Milderung, die an bestimmten Stellen unbedingt noch vorgenommen werden müßte. Das, was in der Zeit des Wiederaufbaus zu vertreten war, kann heute nicht mehr beibehalten werden. Eine Bestimmung, wie sie in § 36 des Investitionshilfegesetzes enthalten war, müßte endlich als überholt gelten.
    Sicherlich wird der Weg über die Umsatzsteuer der wichtigste sein, der der Kapitalkonzentration entgegenwirken soll. Aber auch auf dem Gebiet der Ertragsteuern liegen ernst zu nehmende Vorschläge vor, um die personenbezogenen Unternehmungen gegenüber den großen, also den publikums-



    Dr. Atzenroth
    bezogenen, zu begünstigen. Sie kennen sicher die Vorschläge von Dr. Gast oder von Dr. Troeger. Wir identifizieren uns damit noch nicht in vollem Umfang, aber wir hätten eine Stellungnahme der Bundesregierung zu diesen Problemen erwartet. Warum könnte es nicht auch bei uns einmal Steuerpräferenzen „anders herum" geben, wie in dem Small Business Act? Die Förderung der mittleren und kleineren Wirtschaft darf nicht nur auf dem Papier stehen; sie muß auch in der Sache ernsthaft angepackt werden. Dem kleinen Handwerker und dem Einzelhändler, der auch zu den Unternehmern gehört, von denen Herr Kollege Seuffert immer so viel gesprochen hat, und der die größte Zahl der Unternehmer stellt, bringen die vorliegenden Steuergesetze nur unwesentliche Erleichterungen. Der harte Druck der Gewerbesteuer muß so schnell wie irgend möglich beseitigt werden. Auf diesem Gebiet, Herr Minister, fehlt aber noch Ihre Grundsatzerklärung.

    (Abg. Dr. Dresbach: Herr Atzenroth, wie wollen Sie denn die Gewerbesteuer senken?)

    Ich werde nachher darauf zurückkommen und sage schon jetzt, daß ich mich in der Frage der Personensteuer im Gegensatz zu dem Kollegen Seuffert befinde.

    (Abg. Dr. Dresbach: Es würde mich auch freuen, wenn wir beide mehr zueinander kämen!)

    — Ja, darin sind wir nie auseinander gewesen.

    (Abg. Dr. Dresbach: Von der Koalition mit Links möchte ich Sie lösen!)

    Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern hat sich noch nicht wesentlich gebessert. Wir hoffen aber, daß die Ansätze dazu bei dem neuen Bundesfinanzminister stärker zu finden sind als bei seinem Vorgänger. Die Länder stünden in einer wesentlich stärkeren Position, wenn man in ihren Haushalten nicht immer ein so übermäßig starkes Anschwellen der Personalausgaben feststellen müßte.
    Nun zu den einzelnen Vorlagen selbst.
    Eine von der FDP seit Jahren erhobene Forderung soll jetzt endlich erfüllt werden: Die Ehe und die Familie sollen künftig nicht mehr Steuerobjekt sein. Die Genugtuung darüber wird wenig beeinträchtigt durch die Tatsache, daß sich die Bundesregierung nicht freiwillig zu dem Vorschlag durchgerungen hat, sondern durch den Verfassungsgerichtshof dazu gezwungen worden ist. Ohne das Urteil dieses Gerichts brauchten wir uns heute wahrscheinlich nicht mit neuen Steuergesetzen zu beschäftigen; es wäre alles beim alten geblieben.
    Der Herr Minister bezeichnet die Vorlagen mit Recht als ein größeres zusammenhängendes finanzpolitisches Gesetzgebungswerk. Er gibt zu, daß die echte große Steuerreform, die die Bundesregierung seit vielen Jahren immer wieder angekündigt hat, nicht vorliegt. Ja, überraschenderweise erklärt er heute zum erste Male, daß eine grundsätzliche Änderung unseres Steuersystems nicht beabsichtigt sei. Das ist für uns eine neue Tatsache. Bisher hat nicht nur Thr Vorgänger, sondern auch die Bundesregierung immer die große, entscheidende neue Steuerreform angekündigt. Wir hören jetzt, daß damit nicht zu rechnen ist.
    Der Herr Minister erklärt, es habe den Anschein, als ob die Zeiten 1959 und 1960 stürmisch werden könnten. Wir müssen diese Ansicht leider teilen. In diesen stürmischen Zeiten könnten von der Bundesregierung Steuerforderungen erhoben werden, die über das jetzige Ausmaß möglicherweise beträchtlich hinausgehen. Es wäre eine sonderbare Situation — ich hoffe, daß wir nicht mehr hineinkommen —, wenn der Finanzminister Etzel den Dolch der Ergänzungsabgabe, den sein Vorgänger im Gewande verborgen hielt, im nächsten Jahre zücken müßte. Gegen eine solche Entwicklung erheben wir schon heute unseren schärfsten Widerspruch. Alle Maßnahmen der Regierung und des Gesetzgebers sollten schon jetzt darauf gerichtet werden, daß sich solche Notwendigkeiten nicht ergeben.
    Die Ertragsteuervorlage stellt keine großzügige Steuersenkung dar, so wie wir sie im vergangenen Jahr gefordert hatten und wie sie damals zweifellos möglich gewesen wäre. Es handelt sich im wesentlichen um eine Anpassung an die durch den Zwang zum Splitting neu geschaffene Lage. Wir begrüßen die Tendenz zu Vereinfachungen, die der Regierungsentwurf aufweist. Allerdings hat es den Anschein, daß Vereinfachungen mehr bei den Steuerbehörden, weniger bei den Steuerpflichtigen eintreten werden; aber auch das ist schon eine begrüßenswerte Entwicklung.
    Die Proportionalbesteuerung, die für die kleineren Einkommen — wie Herr Seuffert gesagt hat: die Verbrauchseinkommen — eingeführt werden soll, kommt dem Prinzip mathematischer Gerechtigkeit nicht gleich, aber sie führt tatsächlich zu einer wesentlichen Vereinfachung der Praxis der Steuererhebung.
    Wenn man aber schon das Prinzip der Steuergerechtigkeit bei fast 95 % der Einkommensbezieher zurücktreten läßt hinter dem Prinzip der Einfachheit des Systems, dann ist nicht einzusehen. warum man das Gleiche nicht auch für den Rest verwirklichen sollte. Es würde dann ein einheitliches Steuersystem entstehen, wenn es sich aus möglichst wenigen, für möglichst weite Einkommensbereiche geltenden proportionalen Sätzen zusammensetzte. Der schon jetzt leise erhobene Vorwurf einer verfassungswidrigen ungleichmäßigen Besteuerung würde dadurch vermieden werden. Wir behalten uns vor, bei den Ausschußberatungen einen Tarifvorschlag auf dieser Basis vorzulegen, selbst auf die Gefahr hin, daß wir unserem Kollegen Neuburger durch die zu große Zahl von Anträgen einigen Ärger bereiten. Dabei würde auch die Mehrbelastung, die sich in der Regierungsvorlage für bestimmte Gruppen von Ledigen ergibt, bis auf einen kleinen Rest beseitigt werden.
    Nun zu einer Frage, bei der ich auf den heftigsten Widerstand des allerdings nicht mehr anwesenden Kollegen Seuffert stoßen werde. Der Regierungsentwurf geht in der Spitze über den von der Regierung selbst als kritisch bezeichneten Punkt mit



    Dr. Atzenroth
    53 % Steuerbelastung hinaus. Der kritische Punkt liegt nach ihrer eigenen Ansicht bei 50 °/o. Das ist dann auch der Grund für die Erhöhung der Körperschaftsteuer um 2 %. Warum sind Sie hier nicht konsequent? Die Wirtschaft soll — das sagen Sie selbst — zu möglichst rationalem Handeln angehalten werden. Es sollte ihr insbesondere auch der kleinste Anreiz zu betrieblich nicht erforderlichen Ausgaben genommen werden. Diese werden häufig nur gemacht, weil die Steuer mehr als die Hälfte der Kosten trägt. Ich pflichte dem Kollegen Seuffert nicht darin bei, daß der kleine Unterschied zwischen 50 und 53 % hierauf keine Wirkung habe. Das ist für uns ein Grund, zu fordern, daß man diese vielleicht letzte Gelegenheit, Herr Minister, benutzen sollte, um bei der Einkommensteuer in der Spitze auf 50 % herunterzugehen. Mehr als die Hälfte des Ertrags sollte der Staat nicht für sich in Anspruch nehmen. Das würde dann auch erlauben, in der Körperschaftsteuer bei dem jetzigen Satz von 49 % stehenzubleiben.
    Mit allem Ernst muß ich auf eine überaus bedenkliche Auswirkung der Regierungsvorlage hinweisen. Durch die Kappung unten werden Millionen -ich glaube, es sind 2,8 Millionen — von Einkommenbeziehern von der direkten Steuerpflicht neu befreit. Nach Verabschiedung dieses Gesetzes würden mehr als 45 % der Deutschen keine Einkommensteuer mehr bezahlen. Eine immer größere Zahl von Menschen und mit ihr das entsprechende Stimmgewicht unserer Demokratie würden auf die politische Gesetzgebung einwirken, ohne einen Pfennig zum Staatswesen beizutragen.

    (Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Und die indirekten Steuern?)

    — Der Hinweis auf die indirekten Steuern ist hier nicht berechtigt. Zunächst einmal erscheinen die indirekten Steuern dem einzelnen niemals als eine direkte Leistung für den Staat.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Sie kommen ihm keineswegs so zum Bewußtsein,
    und außerdem sind sie überall gleichmäßig verteilt.

    (Erneuter Widerspruch bei der SPD.)

    Es ist keineswegs so, wie Herr Seuffert sagt, daß die indirekten Steuern in größerem Maße auf die kleineren Einkommenbezieher entfallen, sondern das richtet sich proportional genau nach der Höhe der Einkommen. Wer ein höheres Einkommen hat und größere Ausgaben macht, zahlt eine höhere indirekte Steuer. Das ist doch ganz selbstverständlich.

    (Abg. Frau Beyer [Frankfurt]: Aber die Wirkung! Wollen Sie nicht auf die Wirkung eingehen? Die ist doch für die kleinen Einkommen viel stärker!)

    — Die Wirkung meine ich eben! Ich bin der Meinung, daß jeder einzelne Staatsbürger das Gefühl haben muß: Ich muß zu meinem vielleicht ganz kleinen Teil auch zu den Lasten des Staates beitragen,

    (Beifall in der Mitte und rechts — Abg. Kriedemann: Denken Sie an die Körperchaftsteuer!)

    und wenn der Staat dazu übergeht, seine Steuern zu erhöhen, dann muß ich persönlich dabei auch beteiligt sein. Das ist eine Pflicht des einzelnen Staatsbürgers, der ja auch seine Rechte hat.

    (Abg. Kriedemann: Großartig! Das ist eine Argumentation!)

    In dem gleichen Maße verringern sich die Zahl und das Stimmgewicht derer, die wenigstens noch über die Steuer gezwungen sind, die Erledigung der öffentlichen Angelegenheiten kritisch zu beobachten.

    (Abg. Kriedemann: Und wenn's die Zuckersteuer ist?)

    — Nun kommen Sie auf ein ganz anderes Gebiet. Ich spreche von den direkten Steuern, bei denen der einzelne es deutlich erkennen soll, daß er etwas für den Staat leistet, nicht bei den indirekten Steuern, die Sie jetzt nennen.
    Weite Kreise — hören Sie bitte gut zu! —, darunter auch die Deutsche Angestelltengewerkschaft, stellen die Frage, haben mir die Frage gestellt, ob hier die Grenze, schon aus allgemeinen staatsbürgerlichen Erwägungen heraus, nicht zu weit gezogen worden ist. Hier liegt einer der bedenklichen Punkte in dieser Regierungsvorlage. Es ist vorgeschlagen worden — nicht von uns —, auf einen Teil der Freistellungen zu verzichten, das Aufkommen hieraus aber den Gemeinden zu überlassen und damit den ersten Schritt zu einer Neuregelung der kommunalen Steuern zu tun.
    Ein weiterer ernster Einwand gegen die Regierungsvorlage muß noch vorgebracht werden, der allerdings auch von seiten der SPD erhoben wurde. Seit Jahren hoffen wir, daß endlich mit der Vielzahl von Sonderbegünstigungen Schluß gemacht wird, so notwendig sie in den Jahren des Wiederaufbaus auch gewesen sein mögen. In den letzten Jahren haben sie zu Verzerrungen in den Kapitalströmen geführt und sicherlich nicht den Zielen entsprochen, die der Herr Minister zu Beginn seiner Rede aufgezeigt hat. Bestimmte Kreise der Einkommensbezieher sind ungerechtfertigt begünstigt worden. Das hat zu gerechter Empörung in der Bevölkerung geführt. Schon im Jahre 1954 hatte die Bundesregierung bei der Novellierung des Einkommensteuergesetzes beschlossen, diese Sonderbegünstigungen bis Ende 1955 auslaufen zu lassen. Damals lag das Hindernis bedauerlicherweise beim Parlament. Heute will die Regierung von ihrem damaligen Beschluß nichts wahrhaben. Sie haben es zwar fertiggebracht, daß der § 7 a endgültig ausläuft, aber bei § 51 z. B. sind wir nun schon langsam bei dem Buchstaben q angelangt. Hier fehlt eine echte Reform.
    Der Kanzler hat in seiner Regierungserklärung herausgestellt, daß eine Steuerreform nicht darin bestehen könne, daß man einen Paragraphen durch einen anderen ersetze. Dem Herrn Bundeskanzler hätten wir heute wahrscheinlich eine große Freude gemacht, wenn wir ihm voll und ganz beigepflichtet hätten, aber die Frage, wie sich der Herr Bundeskanzler bei der Beratung dieser Vorlage im Kabinett verhalten hat, ist doch berechtigt. Wenn man glaubt, von diesen Systemwidrigkeiten nicht abge-



    Dr. Atzenroth
    hen zu können, dann sollte man aber prüfen, ob die Vergünstigungen richtig gezielt sind. Dann darf man nicht an einer Hilfe für den Althausbesitz vorbeigehen, dem man doch die echte Kostenmiete wohl noch längere Zeit vorenthalten wird. In unserem großartigen Wiederaufbau nehmen sich die immer mehr verfallenden Althäuser schlecht aus. Eine Hilfe für sie im Rahmen von Abschreibungsvergünstigungen ist nach unserer Ansicht dann wenn man Sonderbegünstigungen beibehalten will, immer noch mindestens so gut angebracht wie die Förderung des Baues von neuen Wohnungen.
    Nur ein kurzes Wort noch zur Körperschaftsteuer. Wir sind der Meinung, daß es richtig ist, eine Senkung der Steuer für den ausgeschütteten Gewinn vorzunehmen und damit die Doppelbesteuerung wenn nicht wesentlich — das ist vielleicht schon zuviel gesagt —, so doch immerhin zu verringern. Wir haben vom Herrn Bundesfinanzminister mit besonderer Befriedigung gehört, daß er das sich hierbei ergebende Problem der kleineren Aktiengesellschaften und Kapitalgesellschaften, insbesondere der Familiengesellschaften, erkannt hat und selbst vorgeschlagen hat, nach einem Ausweg zu suchen. Für diesen Personenkreis würde sich die neue Steuerregelung nicht günstig auswirken. Eine stärkere Senkung der Steuern wäre in diesem Jahr doch noch möglich gewesen. Wir geben zu, daß die Schätzung des Herrn Ministers über das voraussichtliche Anwachsen des Sozialprodukts mit 7 % die obere Grenze darstellt. Aber Sie verfügen doch noch über eine Reserve, von der Sie heute zum ersten Mal gesprochen haben, nämlich den Teil der Steuern, der sich in den Bilanzen fast jedes Unternehmens als Rückstellung für rückständige Steuern darstellt, und ich glaube, Herr Minister, daß Sie mit der Zahl von 1,8 Milliarden DM diesen Betrag ganz gewaltig unterschätzen. Man kann mindestens die doppelte Höhe annehmen; denn es kommen nicht nur die Nachzahlungen, die die Unternehmungen für die Jahre 1956 und 1957 zu leisten haben, in Frage, sondern auch die sich dann erhöhenden Vorauszahlungen, die gleichzeitig automatisch eintreten, selbst dann, wenn sich die Wirtschaftslage verschlechtern sollte. Darin steckt eine sehr große Reserve.

    (Abg. Dr. Hellwig: Aber eine nicht gleich in diesem neuen Haushaltsjahr zu erschließende Reserve!)

    — Ich gebe Ihnen zu, daß sie nur etwa zur Hälfte in diesem Haushaltsjahr zur Auswirkung kommt. Gegenüber Pressemeldungen, daß die Veranlagung 1957 schon zwei Monate nach der des Jahres 1956 erfolgen solle, haben wir — das darf ich auch noch einmal betonen — aus den Ausführungen des Herrn Ministers gehört, daß die Veranlagung erst ein Jahr später erfolgen wird. Dann haben Sie recht, Herr Dr. Hellwig, daß die Auswirkungen sich nur zur Hälfte in dem einen, zur anderen Hälfte erst in dem nächsten Jahr ergeben.
    Nun zu einem Punkt, den wir besonders kritisch betrachten, zum Prämienspargesetz! Ich habe schon darauf hingewiesen, daß dieses Gesetz mit den von Ihnen, Herr Minister, entwickelten Grundsätzen
    nicht vereinbar ist. Wie Sie auf diesem Wege eine breite Streuung des privaten Eigentums erreichen wollen, ist uns nicht recht verständlich. Überhaupt scheint das Wort „Sparförderung" ein wenig zum Schlagwort geworden zu sein. Wenn wir die amtlichen Statistiken durchsehen, können wir feststellen, daß die Sparguthaben unaufhaltsam steigen. Die reinen Sparguthaben allein betrugen Ende vergangenen Jahres schon mehr als 28 Milliarden DM und sind selbst in dem ungünstigen Monat Januar weiter gestiegen. Es wird also schon gespart. Aber Sie sagen ja selbst, daß auch der Kapitalmarkt den marktwirtschaftlichen Grundsätzen unterworfen werden müsse. Nach Ihren Ausführungen bei der Begründung muß ich Sie fragen, ob die Sparbeträge, die jetzt angesammelt werden sollen, etwa zur Finanzierung künftiger Bundesanleihen bestimmt sind. Dann würden wir das System für sehr falsch halten.
    Ich will nicht auf Einzelheiten eingehen. Aber es müßte Sie doch nachdenklich machen, daß selten ein Entwurf mit einer solchen Fülle von unwiderlegten und unwiderlegbaren Argumenten abgelehnt worden ist, und zwar von den verschiedensten Seiten. Ich erinnere an die Bank deutscher Länder, an die gesamte Fachpresse und auch an Ihren Kollegen, den Herrn Bundeswirtschaftsminister, zusammen mit seinem Wissenschaftlichen Beirat. Die Erklärungen, die dieser letztere abgegeben hat, sind doch sehr eindeutig.
    Und worauf läuft Ihr Vorschlag schließlich hinaus? — Herr Minister, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie gerade die folgenden Ausführungen einmal beachten wollten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Sie rechnen mit einem Einkommen von 2 Milliarden DM im ersten Jahr. Alle Fachleute sind sich darin einig, daß weit mehr als die Hälfte der hierfür gesparten Beträge reine Umlagerungen von bisherigen Sparkonten sein werden. Man kann ohne weiteres annehmen, daß dann 1,2 Milliarden von einem Konto auf das andere wandern. Dann blieben etwa 800 Millionen DM übrig. Davon würde sicherlich die Hälfte auch ohne dieses Gesetz gespart werden.

    (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Auch auf fünf Jahre?)

    — Sie würde auch auf fünf Jahre gespart werden,
    zwar nicht zusammenhängend, aber revolvierend.

    (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Aber das ist das Wesentliche!)

    Aber das hat denselben Effekt. Dann hätten Sie noch 400 Millionen DM zusätzliches Sparkapital, und dafür wollen Sie 400 Millionen DM Prämien ausgeben. Sie hätten also das perpetuum mobile erfunden. Dabei müssen wir allerdings die Einschränkung machen, daß Sie eines Tages auch an die Tilgung gehen müssen.
    Das kann doch nicht der Sinn Ihres Vorschlags sein. Es wäre doch töricht, dem Bürger aus der einen Hand das zu nehmen, was wir ihm in die andere Hand geben.
    798 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958
    Dr. Atzenroth
    Herr Minister, alle Ihre Grundsätze in Ehren! Was hier vorgelegt wird, ist eine Lieblingsidee von Ihnen. Ich kenne Sie so lange, daß ich Ihrer wirtschaftlichen Gesamthaltung positiv gegenüberstehe. Aber dieses Anliegen sehen Sie durch die politische Brille. Setzen Sie doch bitte einmal die ökonomische auf und werfen Sie das Ungeheuer in die Wolfsschlucht!

    (Beifall bei der FDP.)

    Dabei muß ich noch eine Mahnung hinzufügen, und damit unterstreiche ich wieder Ihre Grundsatzausführungen: Bester Lohn für Sparen ist ein stabiler Geldwert.

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)

    Darauf sollten sich Ihre und unsere Maßnahmen
    in der nächsten Zeit ganz besonders konzentrieren.
    Ich darf zusammenfassen. Herr Minister, wir haben Ihre Grundsatzausführungen gehört und im großen und ganzen gebilligt. Unsere Opposition wird sich bei der Beratung dieser Steuergesetze darauf erstrecken, zu beobachten, ob diese Grundsätze auch wirklich durchgeführt werden. Wir haben das Gefühl, in einem Teil dieser Steuergesetzentwürfe ist das nicht geschehen. Da finden sich Widersprüche zu Ihrer grundsätzlichen Haltung. Sie zu beseitigen, wird unser Ziel bei der Beratung dieser Steuergesetze sein.

    (Beifall bei der FDP.)