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ID0301502400

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    Deutscher Bundestag 15. Sitzung Bonn, den 28. Februar 1958 Inhalt: Zur Tagesordnung: Arndgen (CDU/CSU) 687 A Vizepräsident Dr. Jaeger 687 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksachen 240, 222) 687 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Privatrechtliches Fernsehen (Drucksache 153) Kühn (Köln) (SPD) 688 A, 720 A Stücklen, Bundesminister 693 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) . 695 B Euler (DP) 698 B Zoglmann (FDP) 700 D Blachstein (SPD) 705 B, 725 A Dr. Schröder, Bundesminister . 710 D, 722 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 713 A Schmücker (CDU/CSU) 715 B Dr. Görgen (CDU/CSU) 718 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Erleichterung der Einreise in die Bundesrepublik (Drucksache 152) 725 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache 135) — Zweite und Dritte Beratung — 725 D Nächste Sitzung 725 D Anlagen 727 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 15. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Februar 1958 687 15. Sitzung Bonn, den 28. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 28. 2. Frau Albrecht 3. 3. Altmaier 28. 2. Arndgen 28. 2. Dr.-Ing. e. h. Arnold 28. 2. Dr. Atzenroth 28. 2. Dr. Baade 28. 2. Dr. Barzel 28. 2. Bazille 18. 3. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Behrisch 28. 2. Benda 28. 2. Berendsen 28. 2. Birkelbach *) 28. 2. Dr. Birrenbach *) 28. 2. Conrad *) 28. 2. Dr. Dahlgrün 28. 2. Dr. Deist *) 28. 2. Dr. Dittrich 28. 2. Dr. Dollinger *) 28. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 28. 2. Even (Köln) 28.2. Faller 7. 3. Felder 31.3. Frehsee 28. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Funk 28. 2. Dr. Furler *) 28. 2. Dr. Gleissner (München) 28. 2. Gottesleben 28. 2. Dr. Greve 28.2. Dr. von Haniel-Niethammer 28. 2. Dr. Harm 28. 2. Heiland 28. 2. Hellenbrock 24. 3. Dr. Hesberg 28. 2. Hesemann 28. 2. Dr. Höck 10. 3. Holla 28. 2. Hörauf 28. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Huth 28. 2. Illerhaus 28. 2. Jacobi 28. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 28. 2. Jürgensen 31.3. Kiesinger 28. 2. Könen (Düsseldorf) 28.2. Dr. Kopf *) 28. 2. Dr. Kreyssig *) 28. 2. Kühlthau 28. 2. Kühn (Bonn) 28.2. Kunze 28. 2. Kurlbaum 28. 2. *) für die Teilnahme an der Tagung ,der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Anlagen zum Stenographischen Bericht Leber 28. 2. Lenz (Brühl) *) 28. 2. Dr. Leverkuehn 28. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 3. Ludwig 28. 2. Mellies 8. 3. Mensing 28. 2. Dr. von Merkatz *) 28. 2. Metzger *) 28. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8. 3. Müller (Erbendorf) 28. 2. Müser 28. 2. Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28. 2. Dr. Oesterle*) 28. 2. Oetzel 28. 2. Ollenhauer *) 28. 2. Paul 28. 2. Pelster *) 28. 2. Dr. Philipp *) 28. 2. Pöhler 28. 2. Prennel 28. 2. Dr. Preusker 28.2. Rademacher 28. 2. Rasch 28. 2. Reitzner 28. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 8. 3. Scheel *) 28. 2. Schreiner 28. 2. Seidl (Dorfen) 28.2. Seuffert 28. 2. Dr. Seume 28.2. Siebel 1. 3. Dr. Siemer 28.2. Solke 28. 2. Stahl 28. 2. Stauch 28. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stenger 15. 3. Stiller 28. 2. Frau Strobel 28. 2. Vogt 28. 2. Wacher 28. 2. Wagner 28. 2. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 28. 2. Wehner *) 28. 2. Weimer 28. 2. Anlage 2 Drucksache 240 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiedergutmachung (7. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (Drucksache 222) Berichterstatter: Abgeordneter Jahn (Marburg) Der Gesetzentwurf Antrag Drucksache 222 ist von der Vollversammlung des Bundestages in der Sitzung am 27. Februar 1958 dem Ausschuß für 728 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 15. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Februar 1958 Wiedergutmachung zur Beratung überwiesen worden. Der Ausschuß legt hiermit seinen Schriftlichen Bericht vor. Der Antrag sieht eine Verlängerung der Anmeldefristen des Bundesrückerstattungsgesetzes, die nach der geltenden Fassung am 1. April 1958 ablaufen würden, bis auf den 31. Dezember 1958 vor. Diese Verlängerung erscheint notwendig, da durch die Verzögerung bei der Verabschiedung des Gesetzes die Anmeldefrist nur etwas über sieben Monate (23. Juli 1957 bis 31. März 1958) beträgt. Diese Frist ist um so eher zu kurz, als es sich bei der Rückerstattung um zum Teil schwierige Rechtsfragen handelt. Die Änderung des § 30 des Bundesrückerstattungsgesetzes (Artikel 1 Nr. 6) sieht u. a. vor, daß eine Anmeldung bei einer Entschädigungsbehörde auch dann noch als fristwahrend angesehen wird, wenn sie nach Ablauf der Anmeldefrist des Bundesentschädigungsgesetzes bis zum 31. Dezember 1958 bei einer Entschädigungsbehörde erfolgt. Gegen diese Bestimmung sind zunächst von seiten des Bundesministeriums der Finanzen Bedenken erhoben worden, weil nach Ablauf der Anmeldefristen des Bundesentschädigungsgesetzes am 1. April 1958 die Entschädigungsbehörden nunmehr bei jeder neuen Anmeldung prüfen müßten, ob es sich bei dem angemeldeten Anspruch um einen Entschädigungsanspruch oder um einen rückerstattungsrechtlichen Anspruch handele. Der Ausschuß hat diese Bedenken eingehend geprüft, hält sie aber nicht für durchschlagend. In weiten Kreisen der Wiedergutmachungsberechtigten herrscht noch heute Unklarheit darüber, welche Ansprüche unter das Entschädigungsrecht und welche Ansprüche unter das Rückerstattungsrecht fallen. Nach Ansicht des Ausschusses kann es daher nicht zu Lasten des Berechtigten gehen, wenn dieser sich über die Rechtsnatur seines Anspruches irrt. Im übrigen ist an eine Verlängerung der Fristen aus dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) nicht gedacht. Daneben sieht der Entwurf auch eine Änderung des § 11 Nr. 6 des Bundesrückerstattungsgesetzes vor (Artikel 1 Nr. 1). Diese Änderung erscheint dem Ausschuß aus Billigkeitsgründen notwendig, da durch das 8. Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes, das am 2. August 1958, also zehn Tage nach Verkündung des Bundesrückerstattungsgesetzes, in Kraft getreten ist, eine Verbesserung der Stellung der Altsparerentschädigungsberechtigten eingetreten ist. Ohne die vorgesehene Änderung würde sich diese Verbesserung zugunsten der Rückerstattungsberechtigten nicht auswirken. Der Ausschuß hat den Gesetzentwurf einstimmig gebilligt. Bonn, den 27. Februar 1958 Jahn (Marburg) Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 18 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 153) betr. Privatwirtschaftliches Fernsehen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. eine gesetzliche bzw. soweit erforderlich eine staatsvertragliche Regelung auf dem Gebiet des Rundfunkwesens anzubahnen, bei der u. a. in Betracht gezogen werden sollte, unter welchen Voraussetzungen und Auflagen, in welchem Umfang und an wen Sendelizenzen erteilt werden dürfen. Das Ziel sollte u. a. ein zweites Programm sein, das nicht durch die bestehenden Rundfunkanstalten veranstaltet wird; 2. bis zu dieser Regelung alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die geeignet sind, Rundfunk und Fernsehen zunächst von der Geschäftswerbung freizuhalten; 3. für den Fall, daß die Bundesregierung die Einführung von Geschäftswerbung in Funk und Fernsehen im Rahmen der Regelung unter Nummer 1 für tunlich oder unabweisbar hält, folgende Fragen zu klären und darüber dem Bundestag zu berichten, a) wie jeder Mißbrauch, insbesondere jede nachteilige Auswirkung auf das Programm, ausgeschaltet werden kann. b) wie ungünstige Folgen für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Struktur verhindert werden können; 4. durch die Deutsche Bundespost die technischen Vorbereitungen für die Ausstrahlung eines zweiten Fernsehprogramms treffen zu lassen. Bonn, den 26. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
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    Rede von Dr. Kurt Schmücker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zuvor das freimütige Eingeständnis, daß ich sicherlich nicht so viel Erfahrung zu diesem Tagesordnungspunkt mitbringe wie diejenigen Damen und Herren, die seit Jahr und Tag in den Verwaltungsräten unserer Rundfunkanstalten sitzen. Aber ich stehe dafür nicht in der Gefahr, betriebsblind zu werden. Ich spreche hier nur als Hörer.
    Mir geht es darum, daß wir durch ein von den bestehenden Anstalten unabhängiges zweites Programm etwas mehr Wettbewerb in das Fernsehen hineinbringen. Dagegen wehren sich wie immer so auch hier die jeweils glücklich Besitzenden. Das ist in diesem Fall der Verband der Rundfunkanstalten, böse Zungen sagen: das Kartell der Rundfunkanstalten. Man spricht gegen die Werbung, weil sie die finanzielle Grundlage für ein zweites Programm hergeben könnte. Obwohl diese Herren dagegen sind, haben sie in ihren eigenen Anstalten bereits die Werbung eingeführt, wie gesagt, nicht wegen der Werbung, sondern nur um ein selbständiges zweites Programm zu verhindern, das auf der Basis der Werbung aufgebaut werden könnte.
    Die Problematik ist hier eingehend dargestellt worden. Aber ich finde, daß die Frage der Werbung im Fernsehen etwas zu kurz gekommen ist. Ich darf wohl vor allen Dingen in Erwiderung der Ausführungen des verehrten Herrn Kollegen Zoglmann sagen: ich bin nicht der Auffassung, daß man sich einfach mit den Tatsachen abzufinden hat. Herr Zoglmann, ich meine auch, Sie sollten nicht so tun, als gehörten diejenigen, die sich gegen diese sogenannte zwangsläufige Entwicklung stellen, zu irgendwelchen hinterwäldlerischen, rückständigen Leuten.
    Hier ist vor einiger Zeit einmal gesagt worden, daß das Wort „zwangsläufig" einer gewissen Denkkategorie angehöre. Ich will darüber nicht rechten. Aber eine zwangsläufige Entwicklung gibt es auf diesem Gebiete nach meiner Meinung nicht.
    Herr Kollege Kühn, Sie haben Ihre Anfrage begründet, aber vergessen, etwas zu Punkt 5 zu sagen. Ich hatte ohnehin die Vermutung, daß dieser Punkt 5 den anderen Punkten nur angehängt worden ist. Vielleicht kann ich hier einiges nachholen. Ich bin überzeugt, daß ich eine Strecke des Weges sogar mit Ihnen gemeinsam gehe. Aber ich bin leider ebenfalls überzeugt, daß wir uns zum Schluß wieder trennen werden.
    Ich bin nicht so töricht, jede Werbung abzulehnen. Sie ist aus vielerlei Gründen notwendig. Aber ich bin ebenfalls nicht so töricht, die Gefahren der Werbung zu übersehen. In der Werbung steckt immer die Gefahr einer gewissen Übersteigerung. Sie ist in ihrem Wesen etwas Radikales, möchte ich sagen. Diese Sucht zur Übersteigerung betrifft sowohl den Aufwand, etwa die Plakatgröße, die technische Seite, wie auch das Thema. Wir erleben es ja, daß die unsinnigsten Zusammenhänge konstruiert werden, nur um bestimmte Gefühle, um nicht zu sagen: Instinkte anzusprechen. Die große Gefahr unserer Zeit — darin gebe ich den Kollegen auch von der Opposition recht — ist die Massensuggestion. Gerade wir Deutschen sollten uns nach den Erfahrungen von 1933, 1939 und 1945 darüber Gedanken machen. Ein Teil unserer Werbung ist in diese Massensuggestion eingestiegen. Man müßte eigentlich eine Gegenwerbung starten und den Leuten einmal sagen, wie sie gegängelt werden; ich lasse auf jeden Fall keine passende Gelegenheit vorübergehen, zu erklären, daß man in



    Schmücker
    den Prospekten nicht das zu lesen hat, was darin
    steht, sondern immer das, was nicht darin steht.
    Wenn wir schon bei dem heutigen Stand der Werbung solche Ergebnisse haben, wie wird es dann sein, wenn die Werbung in das Fernsehen einsteigt? Ich darf Ihnen einmal nur zwei unerfreuliche Beispiele — nach meiner Meinung unerfreuliche — vortragen.

    (Abg. Zoglmann: Die sind ja schon eingestiegen!)

    — Ich komme gleich dazu! Ich habe Ihnen ja gesagt, Herr Kollege Zoglmann, daß ich mich dagegen wehre, daß eine außerparlamentarische Kraft Fakten schafft und daß wir im Parlament dann nicht mehr die Möglichkeit haben sollen, darüber zu urteilen. Wenn das so weitergeht, frage ich Sie, was sollen wir hier überhaupt noch?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Darf ich nun erst einmal in meinem Referat fortfahren! Ich möchte Sie an die unerfreulichen Tatbestände erinnern, die zum Teil — ich sage ausdrücklich, zum Teil — von der Werbung hervorgerufen worden sind. So hat es z. B. die Zigarettenindustrie verstanden, den Zigarettenkonsum, der ja durch die immer mehr managerkrank werdenden Männer wesentlich zurückgegangen ist, durch den Konsum bei den Frauen mehr als wettzumachen. Nach der Ansicht maßgeblicher Kreise ist das gesundheitspolitisch nicht ohne Bedenken.
    Ich nehme ein anderes Beispiel. Sie wissen genau,
    wie die Verhältnisse z. B. auf dem deutschen Margarinemarkt sind. Das ist nicht etwa ein Ergebnis des Wettbewerbs im Preis oder in der Qualität, sondern das ist ein Ergebnis der Werbung. Ich frage mich also: wie wird das werden, wenn diese Werbung nun auch in das Fernsehen einsteigt, und um wieviel schwieriger wird es werden, das will ich hinzufügen, wenn man um diese Werbung sozusagen drumherum eine Kultur- und Unterhaltungssendung aufbaut? Die Werbung hat ja ohnehin das Bestreben, nicht mehr als Werbung erkannt zu werden. Sie tarnt sich immer mehr und will sich als etwas anderes ausgeben, als sie wirklich ist. Ich nehme die Warnungen, die von den Kirchen und auch von namhaften anderen Persönlichkeiten ausgesprochen werden, durchaus ernst. Wenn jemand sagt, es sei unvermeidbar und man müsse nur das Beste herausholen, dann geben diese Damen und Herren bereits zu, daß in dieser Hinsicht eine große Gefahr besteht.
    Ich bin der Auffassung, Herr Kollege Zoglmann, hier gibt es keine Zwangsläufigkeit! Der Gesetzgeber muß eingreifen. Er soll alles genau prüfen und abwägen. Dies ist sicherlich eine erste Debatte, die noch keine endgültige Entscheidung fordert. Aber es müssen alle Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Ich bin, das wiederhole ich, ohnehin darüber erschüttert, wie gering die tatsächlichen Möglichkeiten dieses Hauses sind. Das betrifft nicht nur diesen Sektor. Denken Sie einmal an die Wirtschaftspolitik!

    (Beifall bei der FDP.)

    In der Wirtschaftspolitik werden viel mehr Entscheidungen zwischen den Sozialpartnern getroffen als hier von uns. Die Gesetze spielen manchmal kaum noch eine Rolle. So ist es draußen bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Wir dürfen hier nicht zurückweichen. Es ist unsere Aufgabe, das Leben unseres Volkes zu gestalten, und wir dürfen uns nicht damit zufriedengeben oder gar abfinden, daß draußen bereits Tatsachen geschaffen worden sind.

    (Zuruf von der SPD: Ist Herr Minister Erhard mit dem einverstanden, was Sie sagen?)

    — Damit ist er sicher einverstanden. Ich habe es mehrfach mit ihm diskutiert. Ich bedaure, daß er nicht hier ist; ich bin sicher, er würde es sonst bestätigen.
    Wir müssen dafür sorgen, daß überall Maß gehalten wird. Wir müssen dafür sorgen, daß die Kräfte, die Maß halten wollen, auch gestärkt werden. Darum bin ich der Meinung — über unseren Antrag noch hinausgehend —, daß das Werbefernsehen, soweit es jetzt besteht, eingestellt werden sollte. Der von mir begrüßte und von Ihnen auch geforderte Wettbewerb im Fernsehen muß auf andere Art und Weise erreicht werden.
    Nun meine Bedenken zum Werbefernsehen. Ich bin nicht der Auffassung, daß wir amerikanische Verhältnisse bei uns bekommen würden. Wir haben sehr viele gute Gesetze. Sie kennen ja die amerikanischen Beispiele. Das hübscheste ist der Apfelschuß beim Tell mit der Obstreklame. Dann wird es etwas schlechter mit der Unfallreportage, wobei dann gleichzeitig für Heftpflaster geworben wird. Etwas scheußlicher ist es schon, wenn man anläßlich eines Staatsbegräbnisses die Vorzüge einer Lebensversicherung preist. Der deutsche Werbefunk hat ja neulich — vor einigen Wochen war es wohl — eine Sendung „Die frechste Schau der Welt" gebracht und damit nach meiner Meinung eine gute Karikatur gegeben, wenngleich nach dem Einwand des „Hör zu" hier etwas Eigenreklame getrieben werden sollte. Aber ich möchte Herrn Manfred Schmidt hier in Schutz nehmen: Das sind Mecki-Sünden, die er hier begangen hat. Immerhin ist es erfreulich, wenn man aus der guten Bastion eines Verlags, der in den meisten Städten oder in sehr vielen Städten bis zu 60 % des Vertriebs kontrolliert, eine solche Kritik anwenden kann.
    Ich gebe zu, daß wir nicht Gefahr laufen, in amerikanische Verhältnisse zu kommen. Aber eine Gefahr der Entartung aus dem Prinzip der Werbung heraus besteht, ich möchte sogar sagen: eine Wahrscheinlichkeit. Wenn uns das Beispiel des britischen Fernsehens hier vor Augen gehalten wird, das uns in dieser rosaroten Schrift übersandt worden ist, so ist das nicht ganz überzeugend; denn es gibt auch andere Darstellungen, die hier zitiert worden sind. Herr Zoglmann, Sie hätten vielleicht doch die günstige Gelegenheit wahrnehmen sollen, für ein zweites Programm zu sprechen, um damit bei der Wahl viele Stimmen zu holen, die zu bekommen für Sie sonst aussichtslos wäre. Ich möchte lediglich die Überschriften aus dem „Handelsblatt" zitieren:



    Schmücker
    Mord und Totschlag im Äther — Die Umsätze steigen — Das Programm sinkt, nur um damit zu sagen, daß die Meinungen durchaus unterschiedlich sind.
    Die entscheidende Frage scheint mir zu sein: wer kann überhaupt werben? Nach dem Grundgesetz kann es natürlich jeder, so wie es jedem, arm und reich, in gleicher Weise verboten ist, Brötchen zu stehlen, unter Brücken zu schlafen usw. usw. In Wirklichkeit kann nur der Große werben. Die Preise sind zwangsläufig viel zu hoch, um die Kleinen beteiligen zu können. Alles, was man über die Sondergebühren sagt, ist nicht realisierbar. Denn wo wollen Sie die Grenze ziehen? Zwei Preise sind nicht möglich. Außerdem ist es ja so, daß die Werbung sich immer gern tarnt. Ich sagte schon, daß man über den Kulturfilm viel geschickter fährt. Ich gebe zu, daß Handel und Handwerk Gemeinschaftswerbungen veranstalten könnten. Aber es besteht auch die Gefahr, daß durch diese Zusammenschlüsse die Befugnisse des einzelnen im eigenen Betrieb noch weiter eingeschränkt werden, wie wir doch wissen, daß beispielsweise die Form der Kette, gegen die ich nichts habe, aus dieser Form der Zusammenschlüsse entstanden ist. Die Hauptbetroffenen würden nach meiner Meinung gar nicht Einzelhandel und Handwerk sein, sondern die mittlere Industrie. Ich verweise auf das Beispiel, das ich vorhin mit der Margarine gebracht habe. Ein weiterer Hauptbetroffener würde im Nachteil sein: der Großhandel. Er hätte nicht die Möglichkeit, so wie die anderen einzusteigen. Ich bin auch der Auffassung, daß durch ein Werbefernsehen, gleichgültig ) wo es veranstaltet wird, die Wettbewerbsgleichheit verletzt wird, weil durch diese Werbung, durch diese Kraft und diesen Umfang der Werbung, den anderen, vor allen Dingen den Kleineren, eine Werbung fast unmöglich gemacht wird. Ich möchte sagen, der Bestand des Wettbewerbs wird durch die Fernsehwerbung in Frage gestellt. Wir haben — Herr Bundesminister Stücklen hat das hier noch einmal unterstrichen — uns immer dazu bekannt, daß wir gegen die Konzentration in der Wirtschaft antreten wollen. Hier ist es unsere Aufgabe, die dekonzentrierenden Kräfte zu unterstützen und nicht dem Sog der Konzentration noch weiteren Vorschub zu leisten. Es nützt nichts, wenn wir bei Steuergesetzen und bei sonstigen Anlässen unsere Absichten betonen. Wir müssen auch hier das Entsprechende tun.
    Aber nun zu Ihnen, Herr K ü h n. Ich nehme an, bis jetzt waren Sie leidlich mit mir einverstanden. Alles, was ich sagte, gilt sowohl für ein privatwirtschaftliches wie für ein gemischtwirtschaftliches und für ein öffentlich-rechtliches Fernsehen. Sie werfen unserem Antrag vor, er sei etwas konfus. Sie sollten sich daraufhin einmal Ihre Große Anfrage durchsehen. Der Minister war schon genötigt, mit der Frage 2 anzufangen. Wenn er die Frage 1 zuerst beantwortet hätte, wären die Fragen 2 und 3 überflüssig geworden. Die Frage 5 haben Sie — Ihrem Namen alle Ehre machend — kühn übergangen.
    Ich möchte betonen, daß nach meiner Meinung — im Gegensatz zu Ihrem Punkt 2 — Körperschaften des öffentlichen Rechts dann, wenn sie Werbung gegen Entgelt betreiben, sich durch nichts von privatwirtschaftlichen oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen unterscheiden. Vielleicht kann man sogar sagen, daß, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts so etwas tut, das weitaus gefährlicher ist, weil sie von Hause aus viel mächtiger ist. Sie ist mit viel höheren und weiteren Rechten als eine private Gesellschaft ausgestattet.
    Aber nun zum Punkt 5. Ich meine, wir sollten diesen Punkt etwas intensiver behandeln; er ist bisher zu kurz gekommen. Man sollte den Dank dafür aussprechen, daß hier Bemühungen vorliegen, auf die Kleineren und Mittleren — wir sagen Mittelständler, Sie sagen Mittelschichten — Rücksicht zu nehmen. Ich sagte schon, daß das Werbefernsehen keineswegs nur bei den Privaten gefährlich ist; das ist genauso bei den Körperschaften des öffentlichen Rechts der Fall. Denn wer Kunden hat, ist von diesen Kunden abhängig. Sie könnten mir entgegenhalten: Dann ist es bei der Presse auch so. Ich bin keineswegs der Meinung, daß das, was wir in den Inseratenplantagen vor uns haben, ungefährlich ist.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Aber durch die Vielzahl der Zeitungen ist es immerhin möglich, die Meinungen zum Zuge kommen zu lassen.

    (Abg. Zoglmann: Die Preise sind immer gleich! Lassen Sie sich von einem Kollegen sagen, was ein Inserat von einer Seite kostet! 10 000 DM!)

    — Ich habe gesagt, daß auch das, was wir in den Zeitungsanzeigen vor uns haben, nicht ganz ungefährlich ist. Ich verhehle das gar nicht, füge aber hinzu, daß es doch etwas völlig anderes ist. Weil wir eine Vielzahl von Zeitungen haben, gleicht sich das wieder aus. Ich komme Ihnen gern entgegen. Sie hätten nur meine Ausführungen bis zum Ende abwarten sollen; dann wäre nach meiner Meinung Ihr Zwischenruf nicht notwendig geworden. Aber bei dem Fernsehen ist es etwas völlig anderes. Hier handelt es sich entweder um eine Anstalt oder allenfalls um zwei Anstalten.
    Ich darf noch auf einen anderen Gesichtspunkt hinweisen. Ich halte es für eine sehr schlechte Rechtsentwicklung in Deutschland, daß bei uns die öffentlich-rechtlichen Anstalten wirtschaftlich tätig werden können. Wir haben früher bei der Investitionshilfe und im Zusammenhang mit den Regiebetrieben schon einmal darüber gesprochen. Es muß auch hier und heute wieder daran erinnert werden. Ebenso schlecht ist es, daß wir z. B. sogenannte Hoheitsaufgaben des Staates durch Gesellschaften mit beschränkter Haftung durchführen lassen, wie das z. B. bei der Emsland-GmbH der Fall ist. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen dazu eine ausführliche Darstellung zu geben. Ich bin auf juristischem Gebiet ein Laie. Ich bitte Sie nur, mir diese Darstellung nicht gleich als „gesundes Volksempfinden" auszulegen. Ich halte es für unsere Entwicklung nicht für zuträglich, daß sich öffentlich-rechtliche Anstalten wirtschaftlich betätigen.
    Der Rundfunk bekommt für seine Rundfunktätigkeit Gebühren. Wenn er jetzt zusätzlich Werbung



    Schmücker
    betreiben will, dann muß man sich doch fragen, ob nicht wenigstens die Möglichkeit besteht, ihm die Entgelte, die er für das Werbefernsehen erhält, freundlich in Abzug zu bringen. Natürlich sagt man, das dürfe nicht geschehen, denn das Geld werde ja für kulturelle Zwecke aufgewendet. Ich gehe also nicht so weit, daß ich sage, daß der Zweck die Mittel heiligen könnte.
    Ich fasse zusammen. Wir sollten ein generelles Verbot des Werbefernsehens überlegen, indem man den Körperschaften des öffentlichen Rechts untersagt, unmittelbar oder mittelbar Werbung für fremde Rechnung zu betreiben. Es gibt auch einen zweiten Weg. Man könnte dem UWG in § 1 einen zweiten Absatz anfügen und etwa sagen: „Als unlauter gelten auch solche Werbemethoden, die durch ihre Wirkung, sei es auch nur örtlich oder zeitlich beschränkt, in den Bestand des Wettbewerbs als solchen fühlbar eingreifen." Nun wird man uns entgegenhalten, das geht nicht, weil unsere Nachbarländer Werbefunk haben; ich denke an Luxemburg .Aber wir dürfen nicht übersehen, daß zwar die Frequenzen keine Ländergrenzen kennen, daß die Frequenzen jedoch natürliche Grenzen haben. Ich meine, man muß hier beides aufeinander abstimmen.
    Wenn ein generelles Verbot nicht möglich sein sollte, was ich sehr bedauern würde, müßten wir eben einen andern Weg suchen. Dann müßten wir beispielsweise bei den Frequenzzuteilungen bestimmte Auflagen machen oder aber bei der Gebührenverrechnung so verfahren, daß kein Anreiz
    mehr besteht, die Werbung ins Fernsehen zu übernehmen.
    Ich bin sicher, daß die Mehrheit der Hörer und Seher, die hier ja immer wieder als diejenigen angesprochen worden sind, die nicht zum Sprechen kommen, unserer Meinung sein werden. Wir müssen dafür sorgen, daß es einen anspornenden Wettbewerb in Funk und Fernsehen gibt. Aber wir sollten ebenfalls dafür sorgen, daß die Funk- und Fernsehprogramme von geschäftlicher Werbung freigehalten werden können.
    Um diese Probleme unbefangen und ohne jeden Druck von außen behandeln zu können, erscheint es mir notwendig, daß alle geschaffenen Tatsachen rückgängig gemacht werden. Ich bitte darum, die Gesichtspunkte, die ich Ihnen — ich sagte es ja schon — als ein auf diesem Gebiet Unbefangener, als Hörer mitgeteilt habe, bei der Beratung im Ausschuß freundlichst berücksichtigen zu wollen.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Görgen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Mathias Görgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSUS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Blachstein hat ausgeführt, die SPD müsse den Antrag der CDU/CSU-Fraktion ablehnen, weil er unklar sei. Ich glaube, die Diskussion des heutigen Tages hat ergeben, daß diese Unklarheit nicht etwa in unserem Antrag liegt oder gar von uns, soweit sie vorhanden ist, gewollt war, sondern in der rundfunkpolitischen Lage der Bundesrepublik zu suchen ist. Wir haben es doch heute morgen erleben können, daß hier über wesentliche Vorstellungen des Grundgesetzes, über Funkhoheit, über die Kulturhoheit der Länder, diskutiert wurde und daß sich die Gelehrten keineswegs darüber klar waren, inwieweit unser Thema von der Sicht dieser Begriffe her klar und eindeutig bearbeitet oder gar gelöst werden könnte. Dazu kommt noch, daß nicht nur Unklarheiten in sich bestehen, sondern daß auch verschiedene Auffassungen zutage getreten sind, und Sie werden sicherlich bemerkt haben, daß auch innerhalb der CDU/CSU-Fraktion über dieses Thema zweifelsohne noch häufig wird gesprochen werden müssen. Sie werden aber nicht annehmen, daß die CSU-Fraktion eine Behauptung, die von der Tribüne dieses Hauses ausgesprochen wird, wonach dieses Problem mit der Kulturhoheit der Länder nichts zu tun habe, ohne weiteres hinnimmt.
    Darüber hinaus hat die Diskussion ein durchaus erfreuliches Endergebnis gezeitigt. In wesentlichen Fragen herrschte Klarheit, und Opposition und Regierung waren sich darüber einig.
    Zunächst besteht Einigkeit darüber, daß hier ein Rechtswirrwarr besteht, der, wie es unser Antrag besagt, beseitigt werden muß durch eine Gesetzgebung, die klare Kompetenzen herbeiführt. Weil es diese klaren Kompetenzen nicht gibt, haben wir heute morgen die Diskussion geführt; denn wenn es sie gäbe, wären sowohl die Große Anfrage der SPD wie auch unser Antrag überhaupt überflüssig. Es ist also Klarheit darüber herbeigeführt worden, daß ein Rechtswirrwarr besteht, der durch eine klare Abgrenzung der Kompetenzen beseitigt werden muß.
    Zweitens bestand Einmütigkeit darüber, daß sich das Haus absolut gegen jeden Versuch wendet, ein Meinungsmonopol zu schaffen,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    das eine politische Einseitigkeit sowohl im kulturellen Programm des Rundfunks als auch besonders in der Kommentierung und der Berichterstattung herbeiführen würde. Niemand in diesem Hause hat dem politischen Meinungsmonopol das Wort geredet und insbesondere wäre es eine falsche Unterstellung, wenn man annehmen wollte, daß die angeblichen Unklarheiten des CDU/CSU-Antrags etwa etwas damit zu tun hätten, daß sich hinter diesem Antrag der Versuch der CDU/CSU verberge, nun auf privatwirtschaftlichem Wege eine Art von politischem Meinungsmonopol zu schaffen.
    Dritteis bestand auch Einigkeit darüber, daß alle Beteiligten an der Diskussion sich darüber klar waren, daß das Niveau der Programme, d. h. der augenblicklichen Rundfunkprogramme, zu Beanstandungen Anlaß gibt und daß dieses Niveau zu heben ist; ob nun durch Wettbewerb oder durch anderweitige organisatorische Maßnahmen, blieb durchaus offen.
    Das vierte, worüber man sich einig war — ich möchte das namens der CDU/CSU-Fraktion besonders stark betonen —, ist, daß nicht auf diesem



    Dr. Görgen
    Wege der Versuch gemacht werden sollte oder gar könnte, die, wie es hieß, sogenannte Kulturhoheit der Länder — ich möchte dieses „sogenannte" ruhig weglassen — anzutasten. Vielmehr soll uns diese Diskussion dazu bringen, die Kulturhoheit schärfer und klarer zu definieren; denn es hat sich ja erwiesen, daß auf diesem Gebiet die klaren Definitionen fehlen.
    Fünftens bestand Übereinstimmung darin, daß die Regierung und die Opposition gewisse Gefahren des privaten Fernsehens aufgezeigt haben. Ich darf Ihnen von saarländischer Erfahrung her berichten, daß diese Gefahren wirklich nicht zu unterschätzen sind. Sie bestehen sicherlich darin, daß das private Fernsehen eine gewaltige Finanzmacht schafft, die dann von sich aus einen Einfluß auf die Gestaltung des Programms ausübt, eine Einwirkung, die nur sehr schwer rückgängig gemacht werden kann. Noch vor wenigen Tagen hat anläßlich einer Haushaltsdebatte im saarländischen Landtag der Kultusminister sich genötigt gesehen, gegen die Morgenprogramme des privaten Werbefunks energisch Protest zu erheben, weil diese mit sehr erotisierenden Schlagern ausgefüllt sind. Sie werden gerade zu einer Zeit gesendet, da sich die Familie am Kaffeetisch befindet, die Kinder angezogen werden und in die Schule geschickt werden sollen. Wir haben eine ganze Reihe von weiteren Gründen vorzubringen und wir sehen die Gefahren des Werbefernsehens durchaus. Wir sehen insbesondere auch, daß, wie Herr Kollege Schmücker hier ausgeführt hat, der Mittelstand durch die Vergabe öffentlicher Gelder an andere ganz eindeutig benachteiligt werden würde. Ich glaube, der Vergleich mit einer Illustrierten, in der auch ein Mittelständler inserieren könne, stimmt nicht, und zwar deswegen nicht, weil die Illustrierte ein reines Privatunternehmen ist, während hier mit Hilfe des Staates ein Organ geschaffen werden soll, in dem eindeutig nur Großbetriebe werben könnten.
    Als sechster Punkt: Es bestand doch Übereinstimmung darüber, daß die Bundesregierung zweifelsohne gewisse Informationspflichten auszuüben hat, daß sie außenpolitische und gesamtdeutsche Fragen nicht nur unter innenpolitischen Gesichtspunkten zu betrachten, sondern ihre Politik auch gegenüber der Welt, gegenüber den Nachbarstaaten und gegenüber den Deutschen, die im Ausland wohnen, zu verdeutlichen hat. Ich habe jahrelang in Südamerika gelebt. Glauben Sie mir, wir haben es dort immer sehr bedauert, daß man zwar alle möglichen Rundfunkstationen, aber kaum die Stimme der Bundesrepublik hören konnte. Es kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Art von Rundfunkarbeit, wenn sie mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen aufgebaut wird, zu den Rechten des Bundes gehört.

    (Abg. Blachstein: Aber da ist doch nichts aufzubauen, das steht doch längst, Herr Kollege!)

    -- Der Apparat steht, aber in technisch und programmatisch völlig unzureichender Weise.

    (Abg. Blachstein: Auch technisch?)

    Die CDU/CSU hätte bei der Großen Anfrage der SPD viel weniger Unbehagen gespürt — verzeihen Sie diesen Ausdruck —, wenn sie den Eindruck gehabt hätte, daß diese Anfrage aus ganz reinem Herzen komme. Aber wenn wir die rundfunkpolitische Situation in der Bundesrepublik betrachten, müssen wir feststellen, daß sich hinter der Sorge der SPD durchaus auch der handgreifliche Wille verbirgt, erworbene und errungene Positionen auch weiterhin zu verteidigen.

    (Abg. Blachstein: Wozu sitzen wir denn hier?)

    — Sie haben vorhin gesagt, Herr Blachstein, es sei um diese Positionen gar nicht so gut bestellt. Jetzt fragen Sie: Wozu sind wir denn hier? Doch nur um diese Positionen zu verteidigen!

    (Abg. Blachstein: Ja, sicher!)

    Am Schluß seiner Rede hat Herr Kollege Kühn den Ausdruck vom „Grab der Demokratie" an die Wand gezaubert. Ich glaube, wir sollten doch ein bißchen vorsichtig sein und nicht immer wieder vom Grab der Demokratie sprechen, wenn es sich um Meinungsverschiedenheiten handelt, die, wie wir sie sehen, zum großen Teil nicht programmatischer, sondern rein technischer, verfahrensrechtlicher Art sind. In Frankreich gibt es einen reinen Staatssendebetrieb, der von sozialistischen Regierungen aufgebaut wurde. Sie werden doch nicht behaupten wollen, daß die nun seit vielen Jahren betriebenen „sozialistischen" Staatssender die Demokratie ins Grab gebracht haben! Vielleicht wäre es richtig, von einem „Grab der Demokratie" zu sprechen, wenn die Bundesregierung tatsächlich ein Meinungsmonopol besäße. Aber die Bundesregierung hat doch gar kein solches Meinungsmonopol, sondern sie bemüht sich lediglich, innerhalb ihres Pflichtenkreises endlich einmal zu Wort zu kommen.
    Man hat hier behauptet, es gebe heute kaum noch Publizisten, die es wagten, vor dem Mikrophon zu sprechen. Meine Damen und Herren, da muß ich doch fragen: Warum denn? Doch offenbar deswegen, weil sie mit den Länderregierungen, die doch den Einfluß auf die Mikrophone ausüben, zu rechnen haben, weil sie vor diesen Angst haben, nicht aber vor einem Druck der Bundesregierung, der gar nicht besteht. Das „Grab der Demokratie" werden wir dann schaufeln, wenn wir immer wieder davon reden, so wie in der Fabel der junge Bauer immer gerufen hat: Der Wolf kommt, der Wolf kommt! Als er dann endlich kam, war niemand da, ihm zu helfen. Wir sollten in so rein technischen und normalen Auseinandersetzungen, wie sie sich heute abgespielt haben, nicht zu so gewaltigen und tönenden Worten greifen und vom „Grab der Demokratie" sprechen. Wir sollten vielmehr daran denken, daß gewisse Gemeinsamkeiten tatsächlich bestehen, und wenn dies der Fall ist, müßte es doch möglich sein, in der Bundesrepublik zu einer gemeinsamen, fruchtbaren Arbeit auch auf dem Gebiete des Rundfunkwesens zu gelangen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)