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ID0301403700

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    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksache 222) — Erste Beratung — 629 A Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Einzigen Europäischen Versammlung (Drucksache 236) Dr. Mommer (SPD) 629 B Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirt- schaft (Drucksachen 200, zu 200; Umdrucke 15, 16, 17, 19) in Verbindung damit Antrag der Fraktion der DP betr. Nachtrag zum Grünen Bericht 1958 (Drucksache 138 [neu]) Lücker (München) (CDU/CSU) . . . 629 C Kriedemann (SPD) 635 B Bauknecht (CDU/CSU) 648 B Köhler (FDP) 656 A Rehs (SPD) 664 B Dr. Preiß (DP) 666 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 671 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . . 675 B Struve (CDU/CSU) 681 A Nächste Sitzung 682 D Anlagen 683 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 629 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 683 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 28. 2. Frau Albrecht 3.3. Altmaier 28. 2. Arndgen 28. 2. Dr. Baade 28. 2. Dr. Atzenroth 28. 2. Dr. Barzel 28. 2. Bazille 18.3. Dr. Becker (Hersfeld) 15.3. Behrisch 28. 2. Benda 28.2. Berendsen 28. 2. Birkelbach* 28. 2. Dr. Birrenbach* 28. 2. Conrad" 28. 2. Dr. Dahlgrün 28. 2. Dr. Deist" 28. 2. Deringer 27. 2. Dr. Dittrich 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 27. 2. Dr. Dollinger" 28. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 28. 2. Eschmann 27. 2. Even (Köln) 28. 2. Faller 7.3. Felder 31.3. Frehsee 28. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Funk 28. 2. Dr. Furler* 28. 2. Gottesleben 28. 2. Dr. Greve 28. 2. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 27. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 10.3. Höhne 28. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Illerhaus 28. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 28. 2. Jürgensen 31.3. Kalbitzer 27. 2. Kiesinger 28. 2. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Könen (Düsseldorf) 28. 2. Dr. Kopf* 28. 2. Dr. Kreyssig* 28. 2. Kühlthau 28. 2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze 28. 2. Leber 28. 2. Dr. Leiske 27. 2. Lenz (Brühl)* 28. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31.3. Ludwig 28.2. Mellies 8.3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mensing 28. 2. Dr. Menzel 27. 2. Dr. von Merkatz* 28. 2. Metzger" 28. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8.3. Müller (Erbendorf) 28.2. Frau Nadig 27. 2. Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28. 2. Dr. Oesterle* 28. 2. Ollenhauer* 28. 2. Paul 28. 2. Pelster" 28. 2. Dr.Philipp" 28.2. Dr. Preusker 28. 2. Rademacher 28. 2. Rasch 28. 2. Reitzner 28. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 8.3. Frau Rudoll 27. 2. Scheel* 28. 2. Scheppmann 27. 2. Siebel 1.3. Dr. Siemer 28. 2. Solke 28. 2. Stahl 28. 2. Stauch 28. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stenger 15.3. Frau Strobel 28. 2. Wacher 28. 2. Wagner 28. 2. Wehner* 28. 2. Weimer 28. 2. Dr. Werber 27. 2. Dr. Willeke 27. 2. Frau Wolff (Berlin) 27. 2. Anlage 2 Umdruck 15 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein 10-Jahres-Programm für die Durchführung und Finanzierung der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur (Flurbereinigung, Wasserwirtschaft, Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe) vorzulegen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion * für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kahle und Stahl 684 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 Umdruck 16 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Zwecks beschleunigter Durchführung der Flurbereinigung wird der dafür vorgesehene Zuschuß von 60 Mio DM so erhöht, daß damit 50 v. H. (bei Sonderkulturen und in landwirtschaftlichen Notstandsgebieten bis zu 70 v. H.) der Kosten gedeckt werden, die aus der Flurbereinigung von jährlich 350 00 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche entstehen. Ferner sind die Kreditverbilligungsmittel so zu erhöhen, daß die für die Zusammenlegung der vorgenannten Fläche erforderlichen restlichen Mittel zu den der Aufgabe Angemessenen Zinssätzen aus dem Kapitalmarkt beschafft werden können, soweit sie nicht von den Ländern direkt aufgebracht werden. Der Anteil der Grundstückseigner am Restbetrag ist vom Bund vorzufinanzieren und nach zwei Freijahren im Rentenverfahren einzuziehen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion Umdruck 17 Antrag der Abgeordneten Höcherl, Bauer (Wasserburg), Fuchs, Krug, Lücker (München) und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200), h i e r : Milchleistungsprämie. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Milchleistungsprämie im Rahmen des Grünen Planes nach Möglichkeit in der bisherigen Form und Höhe unter Ausschöpfung aller Gegebenheiten fortzuführen. Dabei sollen insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: 1. Die Notwendigkeit fortschreitender Qualitätsanforderungen zur Erlangung der Milchleistungsprämie wird grundsätzlich bejaht. Der Landwirtschaft ist aber für die betriebswirtschaftliche Einstellung auf die steigenden Anforderungen eine ausreichende Zeit einzuräumen. 2. Die fortschreitenden Qualitätsanforderungen sind zu gegebener Zeit so abzustufen, daß Qualitätsgefälle und Prämiengefälle sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. 3. In Verfolg von § 1 des Landwirtschaftsgesetzes sind alle marktmäßigen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit die Erfolge der Milchleistungsprämie gesichert werden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, durch stärkere Inanspruchnahme des Bundesausgleichs das zu starke Erzeugerpreisgefälle im Bundesgebiet angemessen auszugleichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Höcherl Bauer (Wasserburg) Fuchs Krug Lücker (München) Dr. Aigner Bauereisen Demmelmeier Drachsler Dr. Franz Frau Geisendörfer Dr. Gleissner (München) Dr. Görgen Freiherr zu Guttenberg Dr. von Haniel-Niethammer Kemmer Dr. Kempfler Klausner Kramel Frau Dr. Kuchtner Lermer Dr. Baron Manteuffel-Szoege Meyer (Oppertshofen) Memmel Niederalt Frau Dr. Probst Ruland Schlee Schütz (München) Seidel (Dorfen) Stiller Sühler Unertl Wieninger Wittmann Dr. Zimmermann Umdruck 19 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP zur Beratung des Berichts -der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Anstrengungen im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu verstärken, um im Sinne des Land- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 685 wirtschaftsgesetzes den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Umdruck 20 Entschließungsantrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß das im Landwirtschaftsgesetz angesprochene Gesetzesziel, „die für die Landwirtschaft bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen", wiederum nicht erreicht wurde. Auch mit den von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen (Grüner Plan 1956 und 1957) konnte die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsbereichen nicht wesentlich gebessert werden. Die neue Vorlage (Grüner Plan 1958) trägt, ungeachtet der Nützlichkeit von Einzelmaßnahmen, den Erfordernissen auch nicht Rechnung. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, mit den in § 1 des Landwirtschaftsgesetzes angesprochenen Mitteln der allgemeinen Wirtschafts-und Agrarpolitik — insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik — Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen des Grünen Plans nicht wiederum durch falsche Anwendung der Handels- und Wirtschaftspolitik entwertet werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dürr Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Lenz (Trossingen) Dr. Maier (Stuttgart) Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Dr. Stammberger Walter Weber (Georgenau) Umdruck 21 Antrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Druchsachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß die Qualitätszuschläge für Milch in unveränderter Weise (4 Pf je kg) weiter gezahlt werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Walter Weber (Georgenau)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. R. Martin Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zu einigen speziellen Fragen der Agrarstruktur sprechen, und zwar zu den Fragen der Flurbereinigung, der Aufstockung und der Aussiedlung. In den vergan-



    Dr. Schmidt (Gellersen)

    genen Jahren haben wir kaum zu diesen Fragen Stellung genommen. Wir haben uns damit begnügt, das im allgemeinen für richtig zu halten und es dabei zu belassen. Nach einigen Jahren Erfahrung ist es, glaube ich, an der Zeit, daß man auch dazu einiges sagen muß. Wenn ich hier einige kritische Bemerkungen anfüge, dann nicht um der Kritik willen, sondern aus der Sorge um eine gesunde Entwicklung in diesem Strukturprogramm. Wir bejahen das, und wir lassen uns in dem guten Willen von niemandem hier in diesem Hause übertreffen. Ich glaube, wir haben in den letzten acht Jahren zur Genüge bewiesen, daß wir es ehrlich um diese Frage meinen. Wir haben Jahr für Jahr Anträge gestellt. Sie haben sie uns zum größten Teil abgelehnt. Aber wir werden uns nicht davon abhalten lassen, wiederum neue Anträge zu stellen. Ich habe daher auch die Aufgabe, die beiden Anträge Umdrucke 15 und 16 gleichzeitig mit zu begründen.
    Lassen Sie mich zuerst einiges zur Flurbereinigung sagen. Ich brauche über die Bedeutung kein Wort mehr zu verlieren. Sie ist genügend ausgesprochen worden. Ich möchte feststellen, daß wir steigende Zahlen zu verzeichnen haben. Wir müssen das mit Befriedigung feststellen. Von 100 000 ha im Jahre 1950 sind wir auf 200 000 ha im Jahre 1956 gekommen. Das gleiche Ergebnis wird im Jahre 1957 erwartet werden dürfen. Aber im letzten Jahre, so habe ich mir sagen lassen, hätten es mehr sein können. Wir wissen aus den Ländern, daß die Kapazitäten nicht ausgenutzt worden sind. Ich möchte an den Herrn Minister die Frage stellen, ob es angesichts der großen Flächen, die noch bereinigt werden müssen, verantwortet werden kann, daß man die Kapazität nicht ausnutzt. Wir sollten jedenfalls alles tun, um damit so schnell wie möglich zu Rande zu kommen.
    Die Maßnahmen der Flurbereinigung — das sehen Sie auch draußen in der Ausstellung — sind die wirkungsvollsten aller Strukturmaßnahmen. Sie erhöhen am ehesten die Produktivität und die Rendite; sie sind am schnellsten wirksam. Bei ihnen ist am ehesten ein Ende abzusehen. Der Flurbereinigung ist auch deshalb der Vorrang einzuräumen, weil bei ihrer Durchführung gleichzeitig Aufstockungen und Aussiedlungen vorgenommen werden können. Die Flurbereinigung verdient also die größtmögliche Förderung.
    Bis zum Jahre 1953 hatten wir im Haushalt einen Erinnerungsposten von einer Million D-Mark stehen. Das hat sich inzwischen geändert. Ich glaube, sagen zu können, daß es auch unserem Mitwirken zu danken ist, daß wir heute bei wesentlich größeren Summen angelangt sind. Heute haben wir 37 Millionen DM im Haushalt und 60 Millionen DM nach dem Grünen Plan für die Flurbereinigung zur Verfügung. Diese 97 Millionen DM sollen als Zuschüsse verwandt werden. Wenn ich aber annehme, daß die Verwendungsrichtlinien weitergelten sollen, dann fehlen neben diesen Zuschüssen natürlich auch entsprechende Kredite in Höhe von 60 Millionen DM. Diese sind nirgends eingesetzt. Ich muß also annehmen, daß die Richtlinien
    geändert werden. Das bedauere ich im Interesse der Sache sehr.
    Für uns stellt sich die Frage: nutzen wir mit diesen 97 Millionen DM die Kapazität aus? Wir wissen alle aus den Angaben der Flurbereinigungsbehörden, daß sie in der Lage sind, 300 000 bis 350 000 ha im Jahr zu verkraften,; bisher wurden nur 200 000 ha bereinigt. Wenn Sie es bei 97 Millionen DM belassen, dann kann die Flurbereinigung für nicht mehr als 200 000 ha durchgeführt werden. Das würden wir sehr bedauern.
    Um die vorhandenen Kapazitäten der Behörden auszunutzen, haben wir einen Antrag gestellt. Wir wollen, daß 50 % der Aufwendungen aus Bundesmitteln bestritten werden. Die Bundesmittel sollen auf 70 v. H. erhöht werden, wenn es sich um Notstandsgebiete handelt.
    Wir haben in unserem Antrag noch etwas anderes vorgesehen. Wir wollen, daß die weiteren Mittel— abgesehen von den Ländermitteln —, also die Mittel, die der Landwirt selber aufbringen muß, vorfinanziert werden. Wie ist es bisher gewesen? Wenn wir draußen in den Gemeinden Widerstand gehabt haben, dann deshalb, weil der Landwirt zuerst etwas vorstrecken soll. Er sieht noch gar nichts, die Maßnahmen sind noch nicht eingeleitet. Um diesen Widerstand zu brechen, schlagen wir Ihnen vor, daß die übrigen Aufwendungen durch den Bund vorfinanziert werden. Es soll den Landwirten die Sache leichter gemacht und ihnen ermöglicht werden, diese Mittel in Form einer 15 oder 20 Jahre laufenden Rente abzutragen. Das ist ein sehr praktikabler Weg. Holland und Frankreich beschreiten ihn auch. Ich sehe nicht ein, warum wir im Interesse der Sache die Dinge nicht leichter machen sollen.
    Darüber hinaus stellen wir in Umdruck 15 den Antrag, für all diese Maßnahmen ein Zehnjahresprogramm vorzulegen. Dieses Zehnjahresprogramm ist deshalb notwendig, weil wir aus dem jährlichen Hin und Her um die Bewilligung der Positionen herausmüssen. Zu diesem Zehnjahresplan gehört ein Finanzierungsplan. Sagen Sie nicht, das ginge nicht. Wir haben uns z. B. mit dem Emslandprogramm eine ähnliche Aufgabe gestellt. Das sollte auch bei der Flurbereinigung, bei der Aufstockung und bei der Aussiedlung möglich sein.
    Nun lassen Sie mich noch einiges zu den Fragen der Aufstockung und der Aussiedlung sagen. Beide werden auch im Rahmen der Flurbereinigungsmaßnahmen durchgeführt. Sie finden auf Seite 5 der Drucksache zu 200 eine Aufstellung, wieviel Aussiedlungen und Aufstockungen in den letzten zwei Jahren durchgeführt worden sind, nämlich 2100 Aussiedlungen und 9400 Aufstockungen. Dabei stellen wir die Tendenz fest, daß die Zahl im Rahmen des behördlichen Siedlungs- und Flurbereinigungsverfahrens geringer ist, während die meisten Erfolge im Rahmen des außerbehördlichen Verfahrens zu verzeichnen sind. Ein Fachmann hat einmal vor wenigen Wochen — ich glaube, es war in Berlin — gesagt, daß im Bundesgebiet noch ungefähr 300 000 Betriebe auszusiedeln und 350 000 Betriebe aufstockungsbedürftig seien. Ich will die Zahlen nicht nachprüfen. Aber an diesem Umfang sehen



    Dr. Schmidt (Gellersen)

    Sie schon, daß Sie es mit einer sehr langwierigen Arbeit zu tun haben werden.
    Die Frage der Aufstockung ist natürlich auch eine Frage des Landes. Woher soll man das Land nehmen? Diese Frage ist nicht immer klar beantwortet worden. Wir wollen es jedenfalls allein auf dem Wege der Freiwilligkeit versuchen. Wir sind also auf die Neigung zum Landverkauf angewiesen, und die Neigung zum Landverkauf ist natürlich auch an unsere gesamte Wirtschaftslage gebunden. Sobald es mit der Wirtschaft ein bißchen kriselt, wird auch der Mann, der sonst in die Fabrik gehen würde, sein Land behalten und gar nicht daran denken, es herzugeben. Wir haben schon einige solcher Fälle erlebt. Vor anderthalb Jahren, glaube ich, als im Stuttgarter Raum bei den Mercedes-Werken einige hundert Arbeiter entlassen wurden, stoppten sofort der Verkauf und auch die Verpachtung von Land. Wir sind also unmittelbar auf die Wirtschaftskonjunktur angewiesen, wenn wir in der Frage der Aufstockung dauerhaften Erfolg haben wollen. Es ist ein langsamer Prozeß.
    Es kommt auch sehr darauf an, daß wir das anfallende Land sehr sorgsam behandeln. Das heißt nicht, daß ich es irgendeiner Siedlungsgesellschaft allein übergeben wollte. Ich will den Gütermakler dabei gar nicht ausschalten. Aber das Land kann doch nur dort hingelangen, wo es notwendig ist. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das heute erreicht haben. Jedenfalls kommt in diesem Punkt dem Grundstücksverkehrsgesetz erhöhte Bedeutung zu. Wir werden also sehr darauf achten müssen, daß mit Hilfe dieses Gesetzes das Land in die Hände gerät, die es nötig haben.
    Die Aufstockungen haben noch eine unangenehme Begleiterscheinung; auch das will ich nicht ganz verschweigen. Die Bodenpreise haben sich nämlich in vielen Gebieten teilweise sehr erhöht, so daß das Land für weitere Aufstockungen immer teurer werden und auch immer schwieriger zu bekommen sein wird.
    Die Aussiedlung ist sicher ein sehr wichtiges Problem. Sie wird auch im Rahmen der Flurbereinigung mit erledigt und ist nach meiner Meinung vorrangig mit Finanzmitteln zu bedienen. Ein Teil der im Etat und auch im Grünen Plan eingesetzten Mittel wird in einem Verfahren ausgegeben, das als sogenanntes außerbehördliches Verfahren bezeichnet wird. Herr Minister Lübke hat dieses Ventil geöffnet, um den Willen zur Selbsthilfe draußen zu fördern, und das ist sicher gut gewesen. Dabei sind bestimmte Träger eingeschaltet. Die Finanzierung wird durch die landwirtschaftliche Rentenbank nach bestimmten Richtlinien des vergangenen Sommers abgewickelt.
    Dabei gibt es eine Einschränkung. Jedes Aussiedlungsverfahren kann als außerbehördliches Verfahren durchgeführt werden, wenn die Flurbereinigungsbehörde sagt, daß sie innerhalb der nächsten drei Jahre dort keine Flurbereinigung betreiben will. Diese Frist reicht einfach nicht aus, um falsche Anlagen zu verhindern, die nachher im Wege stehen und doppelte Unkosten verursachen.
    Die Richtlinien, die der Herr Minister herausgegeben hat — vom 14. Juli 1957, glaube ich —, bringen auch sonst noch Möglichkeiten für Aussiedlungen, die man nicht unbedingt als vordringlich bezeichnen kann. Jedenfalls habe ich manches Aussiedlungsverfahren gesehen, das nicht überzeugen kann. Ich habe Aussiedlungsverfahren besichtigt, bei denen der Hof nur 100 m von der alten Hofstelle entfernt angelegt worden ist, obwohl es sich gar nicht um ein enges Dorf gehandelt hat. Wir haben hier einen Bericht der Forschungsstelle für bäuerliche Familienwirtschaft über die ersten Erfahrungen in der Aussiedlung und Aufstockung nach diesem außerbehördlichen Verfahren vorliegen. Die Zahlen, die in diesem Bericht stehen, und auch die Abbildungen sprechen eine deutliche Sprache, und es wäre wünschenswert, wenn wir daraus die Konsequenzen auch bezüglich der Richtlinien zögen. Der Herr Minister wäre also gut beraten, wenn er diese Richtlinien überprüfte und vielleicht auch an einigen Stellen änderte.
    Noch etwas anderes! Diese Aussiedlungen und Aufstockungen im Rahmen des außerbehördlichen Verfahrens unterliegen keinen Beschränkungen bezüglich der Teilbarkeit und der Veräußerung. Der Betriebsleiter kann also den Betrieb nach Aussiedlung und Aufstockung verkaufen, er kann ihn teilen, kann ihn parzellieren, kann also damit spekulieren. Ich meine, die Mittel für solche Zwecke sind doch nur dann sinnvoll verwandt, wenn wir dauerhaft lebensfähige Betriebe schaffen. Es wäre daher wünschenswert — das möchte ich hier als Anregung sagen —, diese außerbehördlichen Verfahren auch an gewisse Auflagen zu binden, damit die Mißbräuche ausgeschaltet werden. Die Kreditbestimmungen der Banken genügen dafür keineswegs.
    Für die Aufstockung und Aussiedlung im Rahmen dieses Verfahrens sind die bisherigen Richtlinien für den Betrieb, der davon Gebrauch macht, sehr günstig gewesen. Sie werden aber, wie ich gestern erfahren habe, mit dem 1. März außerordentlich erschwert. So werden z. B. Kredite für die Aufstockung ab 1. März nicht mehr aus Haushaltsmitteln gegeben, sondern nur noch über den Kapitalmarkt. Ich meine, die Bedingungen im Rahmen dieser Aussiedlungs- und Aufstockungsverfahren sind sehr verschieden. Es gibt verschiedene Konditionen bei den Aussiedlungen und Aufstockungen im gelenkten Verfahren, im ungelenkten Verfahren und im Siedlungsverfahren. Wenn wir so weitermachen, kommen wir vor dieselbe Situation wie in der Siedlungsfinanzierung. Da haben wir x Töpfchen mit x Konditionen, und das erschwert das ganze Programm. Im Grünen Plan dieses Jahres sind die Mittel für die Aufstockung und die Aussiedlung erhöht — die Haushaltsmittel von 150 Millionen auf 175 Millionen DM, also sehr beachtlich, und gleichzeitig sind noch 75 Millionen DM aus dem Kapitalmarkt zu nehmen. Was ist dazu zu sagen? Ich glaube, hier stehen wir vor einer besonderen Situation. Der Kapitalmarkt ist ja noch sehr labil. Heute ist er sehr flüssig, morgen kann er wieder verstopft sein. Die Folge davon, daß ein großer Prozentsatz nunmehr auf den Kapitalmarkt abgedrängt wird, wird sein, daß wir erhöhte Konditio-



    Dr. Schmidt (Gellersen)

    nen haben werden, daß darüber hinaus natürlich nur derjenige aussiedeln und aufstocken kann, der mehr eigene Mittel hat als bisher. Das heißt, daß der kleine und mittlere Betrieb ausgeschaltet wird, daß also der größere Betrieb, der in der Lage ist, mehr eigene Mittel aufzubringen, eher zum Zuge kommen wird. Ich glaube, das kann nicht der Sinn der Sache sein. Ich hoffe, daß dieser Anfang gleichzeitig auch das Ende ist, daß wir also im nächsten Jahr mit solchen Vorschlägen nicht mehr zu rechnen brauchen. Der Hinweis auf den Kapitalmarkt ist nicht der Weisheit letzter Schluß, und wir müssen uns doch die Frage stellen, ob wir überhaupt bei der labilen Situation dann die Wechsel einlösen können, die wir hier ausgestellt haben.
    Nun lassen Sie mich abschließend und zusammenfassend noch einige allgemeine Bemerkungen zur Agrarstruktur machen. Das Strukturprogramm wird sehr verschieden beurteilt. Es gibt Menschen, die es ablehnen, und es gibt Menschen, die es mit blindem Enthusiasmus begrüßen. Daß wir es bejahen, ist, glaube ich, schon genügend gesagt. Wir bejahen es aus vielen Gründen. Aber wir sollten dabei nicht vergessen, die realen Lebensverhältnisse ins Auge zu fassen. Man sollte keine Wunder erwarten, auch nicht im Rahmen der Aufstockungen und der Aussiedlung. Das einzige, was wir in einer absehbaren Frist, nämlich in 12 bis 15 Jahren erledigen können, ist die Flurbereinigung. Alles andere muß man sicher auf mehr als 15 Jahre verteilen. Wenn man sich darüber klar ist, dann braucht man keine neue Institution zu schaffen, dann braucht man auch keinen Bundeskommissar zu bestellen, wie ihn, glaube ich, Herr Kollege Lücker neulich einmal vorgeschlagen hat. Das würde nur eine neue Bürokratie bedeuten, ohne daß wir in der Sache vorankämen. Wichtig ist allein, daß wir uns einig sind und in dem ganzen Programm klar sehen.
    Es steht auch fest, daß die Ergebnisse besser hätten sein können. Es ist nicht unsere Schuld, wenn wir nicht weitergekommen sind. Seit acht Jahren predigen wir in diesem Hause für diese Flurbereinigung und diese Verbesserung der Agrarstruktur.' Als Herr Minister Lübke dieses Programm hier vor fünf Jahren verkündete — lassen Sie mich auch das ausdrücklich sagen —, lagen besondere Widerstände draußen in der Landwirtschaft vor; die landwirtschaftlichen Organisationen hielten es nicht für so vordringlich. Nun, Herr Lübke hat mit diesen Organisationen einen Streit gehabt. Der Streit legt sich jetzt anscheinend, und es ist nur zu hoffen, daß die bessere Zusammenarbeit nicht auf Kosten des Strukturprogramms geht. Wir sind jedenfalls bereit, für dieses Programm mehr zu tun. Wir halten es für eine Aufgabe einer ganzen Generation. Wir wollen nur nicht, daß wegen schneller Augenblickserfolge die Gründlichkeit und die Qualität der Maßnahmen leiden.
    Mit großer Freude ist heute wie in den vergangenen Jahren über die Veränderungen in den Betriebsgrößen gesprochen worden. Ich gebe zu, daß man diesen Schrumpfungsprozeß sehr genau beobachten muß. Ich bin aber gezwungen, noch einmal die Zahlen darzulegen. In den Jahren 1949 bis 1957 haben wir ein Mehr von 15 500 Betrieben in der Größe von 10 bis 20 ha, von 4000 Betrieben in der Größe von 20 bis 50 ha und von 600 Betrieben in der Größe von 50 bis 100 ha, demgegenüber ein Weniger von 130 000 Betrieben in der Größe von 2 bis 10 ha. Aber diese Betriebe muß man auch noch nach der Landfläche untersuchen, die sie als Zulage bekommen haben. Dabei wird das Bild sehr interessant. Die Betriebe bis 10 ha haben eine Landfläche von 500 000 ha verloren. Demgegenüber haben Gott sei Dank die echten Familienbetriebe von 10 bis 20 ha um 230 000 ha zugenommen. Die Be- triebe von 20 bis 50 ha haben um 115 000 ha zugenommen, und die Betriebe von 50 bis 100 ha haben um 40 000 ha zugenommen. Nun, ich muß ein bißchen Wasser in den Wein der Freude gießen. Es sind nicht alles dauerhafte Existenzen, deren Landfläche hier vergrößert worden ist. Ich mache darauf aufmerksam, daß sehr viele Betriebe, die heute in einer größeren Betriebsstufe rangieren, nur Land gepachtet haben und daß dieses gepachtete Land jederzeit zurückgegeben werden kann. Es ist also nicht ein dauerhafter Erfolg; zumindest muß es nicht einer sein.
    Es macht mich gar nicht froh, wenn ich sehen muß, daß Tausende und aber Tausende kleiner Betriebe auf Land warten, während sich Betriebe, die in Zahlen und Flächen größer sind als Familienbetriebe, um Entscheidendes verbessert haben. Das ist nicht unsere Politik. Das ist Ihre Politik, die Sie auch eines schönen Tages werden verantworten müssen. Ich meine, es ist keine gesunde Entwicklung.
    Noch etwas zu den Auffassungen über die Betriebsgrößen. Ich möchte mich vor allen Dingen gegen die extreme Auffassung wenden, daß ein ordentlicher Betrieb erst ab hundert Morgen anfängt. Das hat es nicht gegeben, und das wird es auch nicht geben. Es gibt dabei kein EntwederOder. Im übrigen ist das Betriebsgrößenproblem schon Jahrzehnte alt. Schon vor achtzig Jahren hat man über das gleiche Problem diskutiert. Ich meine, daß die Existenzsicherung von Betrieben nicht ausschließlich eine Frage der Größe ist. Die Existenzsicherung ist in erster Linie eine Frage der Qualität der Betriebswirte. Das sollte einmal ausdrücklich festgehalten werden.
    Ein bekannter, von allen Seiten anerkannter Wissenschaftler hat vor kurzem zu den Fragen der Betriebsgröße einmal Stellung genommen. Ich erlaube mir, ihn zu zitieren. Er sagt:
    Für die Entwicklung zeitgemäßer landwirtschaftlicher Betriebsformen kommt es auf eine Syn- these der divergierenden Kräfte an, die sich aus der biologischen, technischen und sozialen Entwicklung ergeben. Der hochmechanisierte Fruchtwechselbetrieb der europäischen Landbauzonen darf als bisher beste Möglichkeit einer Verbindung hoher Produktivität mit nachhaltiger Sicherung der Fruchtbarkeit gelten. Dabei gewinnt die soziale Verfassung zunehmend an Bedeutung, und nur für bestimmte Betriebsformen bestehen infolgedessen — außer



    Dr. Schmidt (Gellersen)

    den nebenberuflich bewirtschafteten Kleinstbetrieben — noch echte Zukunftschancen. Erstens Familienbetriebe mit Flächen, die der Arbeitskapazität und den Lebensansprüchen einer Bauernfamilie genügen, zweitens Guts-betriebe, die Arbeitsverhältnisse nach Art der gewerblichen Wirtschaft bieten können.
    Dann noch eine wesentliche Bemerkung, der ich vollkommen zustimme:
    Es ist ein aussichtsloses Bemühen, wenn der Bauer der allgemeinen Produktivitätsentwicklung durch immer weitere Betriebsvergrößerungen folgen wollte. Im Streben nach wachsender Flächenausdehnung liegt nicht immer ein wirtschaftlicher Sinn; es wird oft nur durch unrealistische Ideologien über die Auswirkungen der Technik oder durch überholte Vorstellungen von einem durch Besitz erhöhten sozialen Prestige mitbestimmt. Infolgedessen gilt es aufzupassen,
    — und das möchte ich besonders unterstreichen —
    daß nicht einzelne die Situation ausnutzen, mehr Land in die Hand bringen, als sinnvoll zu nutzen ist, und durch eine Art Amoklauf die Struktur zerstören und schließlich entvölkerte Dörfer und durch extensiven Raubbau verschlechterte Böden hinterlassen.
    Davor sollten wir unser Volk bewahren.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach einer Debatte von ungefähr 5 3/4 Stunden ist es nicht so ganz einfach, das Grundsätzliche, die großen Fragen herauszunehmen und das einzelne wegzulassen. Grundsätzlich darf ich sagen, daß sich natürlich jeder Minister freut, wenn die Arbeit seines Hauses gelobt wird oder man sich immerhin damit zufrieden erklärt. Ich danke für die verschiedenen Erklärungen in dieser Richtung, die außer von unserer Fraktion auch noch von der einen oder anderen Seite erfolgt sind. Wir haben auf dem agrarpolitischen Gebiet ja das erstaunliche Schauspiel, daß sämtliche Fraktionen zum gleichen Ziel zusammenziehen. Bei allen möglichen Verschiedenheiten in der Auffassung im einzelnen und bei sehr scharfen gegenseitigen Auseinandersetzungen hat es bisher immer noch dazu gereicht, alle Fraktionen in Richtung auf das eine Ziel zusammenzuhalten. Ich glaube, das dürfte man als Erfreuliches wohl als erstes feststellen. Unter diesen Umständen werden Sie sich denken können, daß ich nicht eine kämpferische Debatte führen werde.
    Ich darf jetzt aber doch auf einige Besonderheiten eingehen. Die Voraussage, die Herr Lücker gab, daß nämlich die Versachlichung der Diskussion auf diesem Gebiet eintreten werde, hat sich bestätigt. Er hat also erfreulicherweise damit recht gehabt.

    (Abg. Kriedemann: Es haben noch nicht alle geredet, Herr Minister!)

    — Es haben noch nicht alle geredet, aber wir wollen hoffen, daß die kommenden Geschlechter unser Geschlecht nachahmen.
    Die Ausführungen des Herrn Kollegen Kriedemann zeigten, mit welch ungeheurem Fleiß er hinter dem Grünen Plan hergewesen ist, um das Gute und das Schlechte herauszuholen. Er hat sich eine Mühe gegeben, die vorbildlich ist. Ich möchte hoffen und wünschen, daß alle Kollegen im Hause sich so eingehend damit befassen. Was er aber angeführt hat, war für unser Haus nicht immer sehr schmeichelhaft. Wenn er die Seiten ganz gelesen hätte,

    (Abg. Kriedemann: Das hat er!)

    dann wäre er auch auf Darlegungen gestoßen, die ihn etwas vorsichtiger gemacht hätten.

    (Abg. Kriedemann: Die reichen mir eben nicht!)

    Er hat z. B. das auf Seite 127 des Grünen Berichts angegebene Arbeitseinkommen der Futterbaubetriebe Süddeutschlands über 50 ha von 2826 DM beanstandet, und zwar mit Recht; denn das ist ein Druckfehler.

    (Abg. Kriedemann: Aber recht peinlich, gerade in dieser entscheidenden Tabelle!)

    Aber die in der dritten Querspalte angegebene Größe von 3439 DM ist die Endsumme aus einer früheren Untersuchung. Auf Seite 123 ist unter der Überschrift „Die Entwicklung der Ertragslage landwirtschaftlicher Betriebe verschiedener Bodennutzungssysteme in den Wirtschaftsjahren 1953/54 bis 1956/57" aber eingehend ausgeführt, die Vergleichbarkeit der Zahlen für die aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahre werde dadurch vermindert, daß die Zahl der verfügbaren Buchführungsergebnisse in den einzelnen Betriebsgruppen, insbesondere in den kleineren Betrieben, in den letzten Jahren zahlenmäßig stark zugenommen hat; ihre Repräsentation konnte wesentlich verbessert werden. Tatsächlich haben wir im letzten Jahre statt 6000 8000 Betriebe untersucht. Wir haben außerdem eine ganze Reihe von Betrieben ausgewechselt, wie uns das von den zuständigen Stellen angeraten war. Diese Auswechslung wird auch weiter in bescheidenem Umfang stattfinden, damit der Aussagewert verbessert wird.
    Diese Frage ist noch einmal auf Seite 64, und zwar auf einer vollen halben Spalte, behandelt, woraus man sieht, daß diese Dinge von dem Verfasser selbst auch erwartet worden sind.
    Nun zu Seite 117, wo die gelb-rote Darstellung die Ergebnisse der Betriebssysteme wiedergibt. Auf Seite 119 sind die Dinge in einer anderen graphischen Darstellung einfacher wiedergegeben. Die Darstellung ist hier zu einem übersichtlichen Bild zusammengefaßt worden.

    (Abg. Kriedemann: Herr Minister, dieser eine Satz hat mir eben nicht ausgereicht!)




    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    — Man sieht also, Sie hätten Ihr Studium noch intensivieren müssen.

    (Abg. Kriedemann: Nein, ich habe ihn wohl gelesen. Er hat mir nur nicht ausgereicht. Sie werden bemerken, daß man nicht von den Sätzen und unvergleichbaren Tabellen redet und daraus falsche Schlüsse zieht!)

    Dann zu der Frage: Die Landwirtschaft würde doch ganz anders gestellt sein, wenn die Kaufkraft in den letzten Jahren nicht in diesem Umfang gestiegen wäre. Daran ist sehr viel Richtiges. Ich habe aber in meinen Ausführungen zum Grünen Plan vor vierzehn Tagen eingewendet, daß in den letzten Jahren nicht nur bei den Bodenerzeugnissen, sondern seit dem Jahre 1956/57 auch bei der Veredlungsproduktion die Verkaufserlöse der Landwirtschaft gegenüber der steigenden Kaufkraft stark zurückgefallen sind.

    (Abg. Kriedemann: Das ist ein Naturgesetz!)

    Sie sehen die Dinge auf Seite 8 aufgeführt. Wenn Sie das durchlesen, werden Sie, glaube ich, die Gründe ermessen können, die uns dazu veranlassen, auch die Vorderen bei dem Wettrennen um die höheren Löhne etwas zu bremsen. Denn es ist nicht so, daß der Leistungswettbewerb bei der Steigerung der Löhne etwa das ausschlaggebende Moment ist. Ich denke, Herr Kollege Kriedemann, Sie werden mit mir nicht daran glauben, daß der Arbeitnehmer, der sich um die höchste Leistung bemüht, auch den höchsten Lohn hat, sondern Sie werden auch der Meinung sein, daß es bei der Lohnsteigerung doch wohl noch einige Momente gibt, die in andere Richtung weisen.

    (Abg. Kriedemann: Welche, Herr Minister?)

    — Na, z. B. die Gewerkschaften mit ihren Streikdrohungen. Daß dann diejenigen Gewerkschaften, die auf diesem Gebiet besonders aktiv sind, auch besonders viel erreichen, ist ja nun nicht unbedingt den Bemühungen des einzelnen Mitglieds zuzuschreiben.
    Es handelt sich zwischen uns nur um die Frage des Leistungswettbewerbs.

    (Abg. Kriedemann: Aber die Sache fängt ja nicht mit der Streikdrohung an, Herr Minister!)

    — Nein, sicher nicht, man fängt mit einer friedlichen Verhandlung an.

    (Abg. Kriedemann: Nein, es fängt damit an, daß in der Wirtschaft so viel drinsitzt, daß es herausgeholt werden muß, damit die Landwirtschaft genügend Schweinefleischesser hat, Herr Minister!)

    Dann wurde gesagt: Der Grüne Plan ist ja ganz gut, aber das Geld ist immer an die falschen Stellen geflossen. — Wir haben zwei große Beträge in unserem Etat. Das ist ein Betrag von etwa 300 Millionen DM für die Verbilligung von Handelsdünger und ein Betrag von 400 Millionen DM für die Milchprämien. Diese sollen also draußen nicht richtig angekommen sein. Ich habe die Unterlagen
    dafür hier und darf Ihnen zunächst einmal sagen
    — diese Drucksache bekommen Sie auch, die wird Ihnen morgen in die Schubfächer gelegt werden —,

    (Zuruf von der Mitte: Ist schon da!)

    daß in den Betrieben unter 20 ha der Anteil der Kühe an der Gesamtzahl der gehaltenen Kühe 75,8% beträgt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Daraus können Sie ersehen — da wir die Betriebe unter 20 ha ja doch wohl zu den kleinen Betrieben rechnen müssen —, daß die Masse der Kühe in den kleinen Betrieben steckt und daß diese Subventionen, wie sie genannt werden — ich nenne sie „Milchprämien", weil sie auf die Qualität besonderen Einfluß nehmen —, also den kleinen Betrieben zugute gekommen sind.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Kriedemann: Das ändert aber nichts daran, daß auch Leute Geld bekommen, die es nicht brauchen!)

    — Wissen Sie, dann müßte man die Bedürftigkeitsprüfung einführen. Aber das macht man nicht einmal bei der Rentenversicherung.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Kriedemann: Die Bedürftigkeitsprüfung haben Sie im Grünen Plan, Herr Minister!)

    Dann zu der Frage: Wieviel Kühe stehen in Ställen von Betrieben mit bis zu 5 Kühen? Das sind 64 °/e, also rund zwei Drittel aller Kühe, Wenn Sie sich zu dieser Zahl dann noch überlegen, daß die Reserven aus der Milchablieferung hauptsächlich aus den Bezirken mit den kleinen Betrieben gekommen sind, dann werden Sie mir zugeben, daß gerade auf diesem Gebiet die besten Ergebnisse erzielt werden mußten, einfach weil die kleinen Betriebe da im Vordergrund des Interesses standen. Ich kann Ihnen außerdem auch noch die Zahlen über die Auswirkung der Milchprämie für die verschiedenen Betriebsgrößen geben. Die Betriebe unter 10 ha haben in Norddeutschland 46 DM, in Süddeutschland 29 DM, im ganzen Bundesgebiet 38 DM je ha als Milchprämie bekommen. Die Betriebe von 10 bis 20 ha haben 34 DM und die über 50 ha haben 24 DM erhalten.