Rede:
ID0301402700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Dr.: 1
    8. Preiß.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksache 222) — Erste Beratung — 629 A Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Einzigen Europäischen Versammlung (Drucksache 236) Dr. Mommer (SPD) 629 B Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirt- schaft (Drucksachen 200, zu 200; Umdrucke 15, 16, 17, 19) in Verbindung damit Antrag der Fraktion der DP betr. Nachtrag zum Grünen Bericht 1958 (Drucksache 138 [neu]) Lücker (München) (CDU/CSU) . . . 629 C Kriedemann (SPD) 635 B Bauknecht (CDU/CSU) 648 B Köhler (FDP) 656 A Rehs (SPD) 664 B Dr. Preiß (DP) 666 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 671 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . . 675 B Struve (CDU/CSU) 681 A Nächste Sitzung 682 D Anlagen 683 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 629 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 683 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 28. 2. Frau Albrecht 3.3. Altmaier 28. 2. Arndgen 28. 2. Dr. Baade 28. 2. Dr. Atzenroth 28. 2. Dr. Barzel 28. 2. Bazille 18.3. Dr. Becker (Hersfeld) 15.3. Behrisch 28. 2. Benda 28.2. Berendsen 28. 2. Birkelbach* 28. 2. Dr. Birrenbach* 28. 2. Conrad" 28. 2. Dr. Dahlgrün 28. 2. Dr. Deist" 28. 2. Deringer 27. 2. Dr. Dittrich 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 27. 2. Dr. Dollinger" 28. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 28. 2. Eschmann 27. 2. Even (Köln) 28. 2. Faller 7.3. Felder 31.3. Frehsee 28. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Funk 28. 2. Dr. Furler* 28. 2. Gottesleben 28. 2. Dr. Greve 28. 2. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 27. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 10.3. Höhne 28. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Illerhaus 28. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 28. 2. Jürgensen 31.3. Kalbitzer 27. 2. Kiesinger 28. 2. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Könen (Düsseldorf) 28. 2. Dr. Kopf* 28. 2. Dr. Kreyssig* 28. 2. Kühlthau 28. 2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze 28. 2. Leber 28. 2. Dr. Leiske 27. 2. Lenz (Brühl)* 28. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31.3. Ludwig 28.2. Mellies 8.3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mensing 28. 2. Dr. Menzel 27. 2. Dr. von Merkatz* 28. 2. Metzger" 28. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8.3. Müller (Erbendorf) 28.2. Frau Nadig 27. 2. Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28. 2. Dr. Oesterle* 28. 2. Ollenhauer* 28. 2. Paul 28. 2. Pelster" 28. 2. Dr.Philipp" 28.2. Dr. Preusker 28. 2. Rademacher 28. 2. Rasch 28. 2. Reitzner 28. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 8.3. Frau Rudoll 27. 2. Scheel* 28. 2. Scheppmann 27. 2. Siebel 1.3. Dr. Siemer 28. 2. Solke 28. 2. Stahl 28. 2. Stauch 28. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stenger 15.3. Frau Strobel 28. 2. Wacher 28. 2. Wagner 28. 2. Wehner* 28. 2. Weimer 28. 2. Dr. Werber 27. 2. Dr. Willeke 27. 2. Frau Wolff (Berlin) 27. 2. Anlage 2 Umdruck 15 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein 10-Jahres-Programm für die Durchführung und Finanzierung der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur (Flurbereinigung, Wasserwirtschaft, Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe) vorzulegen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion * für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kahle und Stahl 684 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 Umdruck 16 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Zwecks beschleunigter Durchführung der Flurbereinigung wird der dafür vorgesehene Zuschuß von 60 Mio DM so erhöht, daß damit 50 v. H. (bei Sonderkulturen und in landwirtschaftlichen Notstandsgebieten bis zu 70 v. H.) der Kosten gedeckt werden, die aus der Flurbereinigung von jährlich 350 00 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche entstehen. Ferner sind die Kreditverbilligungsmittel so zu erhöhen, daß die für die Zusammenlegung der vorgenannten Fläche erforderlichen restlichen Mittel zu den der Aufgabe Angemessenen Zinssätzen aus dem Kapitalmarkt beschafft werden können, soweit sie nicht von den Ländern direkt aufgebracht werden. Der Anteil der Grundstückseigner am Restbetrag ist vom Bund vorzufinanzieren und nach zwei Freijahren im Rentenverfahren einzuziehen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion Umdruck 17 Antrag der Abgeordneten Höcherl, Bauer (Wasserburg), Fuchs, Krug, Lücker (München) und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200), h i e r : Milchleistungsprämie. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Milchleistungsprämie im Rahmen des Grünen Planes nach Möglichkeit in der bisherigen Form und Höhe unter Ausschöpfung aller Gegebenheiten fortzuführen. Dabei sollen insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: 1. Die Notwendigkeit fortschreitender Qualitätsanforderungen zur Erlangung der Milchleistungsprämie wird grundsätzlich bejaht. Der Landwirtschaft ist aber für die betriebswirtschaftliche Einstellung auf die steigenden Anforderungen eine ausreichende Zeit einzuräumen. 2. Die fortschreitenden Qualitätsanforderungen sind zu gegebener Zeit so abzustufen, daß Qualitätsgefälle und Prämiengefälle sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. 3. In Verfolg von § 1 des Landwirtschaftsgesetzes sind alle marktmäßigen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit die Erfolge der Milchleistungsprämie gesichert werden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, durch stärkere Inanspruchnahme des Bundesausgleichs das zu starke Erzeugerpreisgefälle im Bundesgebiet angemessen auszugleichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Höcherl Bauer (Wasserburg) Fuchs Krug Lücker (München) Dr. Aigner Bauereisen Demmelmeier Drachsler Dr. Franz Frau Geisendörfer Dr. Gleissner (München) Dr. Görgen Freiherr zu Guttenberg Dr. von Haniel-Niethammer Kemmer Dr. Kempfler Klausner Kramel Frau Dr. Kuchtner Lermer Dr. Baron Manteuffel-Szoege Meyer (Oppertshofen) Memmel Niederalt Frau Dr. Probst Ruland Schlee Schütz (München) Seidel (Dorfen) Stiller Sühler Unertl Wieninger Wittmann Dr. Zimmermann Umdruck 19 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP zur Beratung des Berichts -der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Anstrengungen im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu verstärken, um im Sinne des Land- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 685 wirtschaftsgesetzes den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Umdruck 20 Entschließungsantrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß das im Landwirtschaftsgesetz angesprochene Gesetzesziel, „die für die Landwirtschaft bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen", wiederum nicht erreicht wurde. Auch mit den von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen (Grüner Plan 1956 und 1957) konnte die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsbereichen nicht wesentlich gebessert werden. Die neue Vorlage (Grüner Plan 1958) trägt, ungeachtet der Nützlichkeit von Einzelmaßnahmen, den Erfordernissen auch nicht Rechnung. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, mit den in § 1 des Landwirtschaftsgesetzes angesprochenen Mitteln der allgemeinen Wirtschafts-und Agrarpolitik — insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik — Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen des Grünen Plans nicht wiederum durch falsche Anwendung der Handels- und Wirtschaftspolitik entwertet werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dürr Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Lenz (Trossingen) Dr. Maier (Stuttgart) Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Dr. Stammberger Walter Weber (Georgenau) Umdruck 21 Antrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Druchsachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß die Qualitätszuschläge für Milch in unveränderter Weise (4 Pf je kg) weiter gezahlt werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Walter Weber (Georgenau)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Wird sie der gesetzlichen Verpflichtung auf Bereitstellung der Mittel nachkommen, die für die Eingliederung der vertriebenen Bauern im Haushaltsjahr 1958 erforderlich sind, und wird sie insbesondere diese Verpflichtung so rechtzeitig erfüllen, daß die Planung auch tatsächlich realisiert werden kann?
    Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang noch einen weiteren kurzen Hinweis! Seit drei Jahren werden von der Bundesregierung Maßnahmen zur Vereinfachung der Siedlungsfinanzierung angekündigt. Ich habe mir aus Schleswig-Holstein sagen lassen, daß sich in diesem Punkte praktisch bis heute noch nicht das geringste geändert hat: Immer noch eine Vielzahl von Geldquellen, eine Vielzahl — unausbleiblich daher — von Gläubigern und Schuldnergruppen, von Zahlungsterminen, ein höherer Verwaltungsaufwand usw., der natürlich in einzelnen Fällen entsprechende Verzögerungen im Gefolge hat.
    Ich möchte daher in diesem Zusammenhang die sehr dringende Bitte an die Bundesregierung richten, hier nun einmal wirklich zu einer durchgreifenden Lösung zu kommen, damit Ihre Glaubwürdigkeit, meine Herren von der Bundesregierung, in den Ländern in dieser Hinsicht wiederhergestellt wird.
    Lassen Sie mich zu der wirtschaftlichen Lage der vertriebenen Bauern noch eine weitere Bemerkung machen! Auch insoweit bedarf der Teil des Berichts hier in dem Grünen Plan einer Ergänzung, zum Teil auch einer Berichtigung. Ich halte es für einen gefährlichen Trugschluß, wenn von der Zahlungsmoral der Vertriebenen auf ihre wirtschaftliche Lage geschlossen wird. Daß sich diese Menschen bis auf das äußerste selber auspumpen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, ist kein Beweis für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebs, sondern ausschließlich ein persönlicher, charakterlicher und moralischer Pluspunkt. Durch die Einschränkungen, die der Bericht bezüglich der Flüchtlingspächter macht, wird meines Erachtens dieses Problem nicht genügend scharf herausgestellt. Der Herr Bundesernährungsminister hat die Situation der Flüchtlingspächter nur allgemein als unbefriedigend bezeichnet.
    Erlauben Sie mir, darauf hinzuweisen, daß, soweit ich unterrichtet bin, in einem Untersuchungsbericht der Treuhandstelle für Agrarkredit in Schleswig-Holstein vom August 1957 — es wurden damals von 1200 Flüchtlingspachtbetrieben 260 auf ihre wirtschaftliche Lage untersucht — als Ergebnis festgestellt wird, daß 31 % dieser Betriebe keine wirtschaftlich gesicherte Existenz darstellen und zum Teil sogar als akut gefährdet anzusprechen sind. Im Schnitt dürften nach diesen Feststellungen alle Vertriebenenpachtbetriebe in Schleswig-Holstein über die Belastung durch die regulären Siedlungskredite hinaus mit rund 400 DM pro Hektar kurzfristig verschuldet sein. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß bei dem dadurch sich ergebenden Zinsverlust betriebliche Rücklagen usw. völlig ausgeschlossen sind.
    Noch ein anderes Beispiel! Von 154 Flüchtlingsbetrieben in Schleswig-Holstein sind nach den Feststellungen der Treuhandstelle für Agrarkredit 62 % über ihre finanzielle Leistungsgrenze hinaus belastet. Das wird wahrscheinlich in den anderen Ländern nicht viel anders sein. Ich glaube also, daß man bei einer solchen Sachlage nicht nur davon sprechen kann, daß die Situation unbefriedigend sei, sondern daß man hier offen und deutlich erklären muß, daß hier mehr geschehen, daß hier mehr als bisher geholfen werden muß und auch geholfen werden soll.
    Es ist natürlich richtig, wenn in dem Grünen Plan in diesem Zusammenhang auf § 13 des Bundesvertriebenengesetzes hingewiesen wird. Aber dieser Hinweis darf nicht nur von den erntegeschädigten Betrieben sprechen; dadurch wird ein falsches Bild hervorgerufen. Die Lage ist ganz allgemein bei den landwirtschaftlichen Vertriebenenbetrieben in der von mir geschilderten Weise problematisch. Auch der Herr Bundesvertriebenenminister — er ist vor kurzem weggegangen — sollte sich als für die Vertriebenenprobleme zuständige Ressortminister mit dieser Frage besonders befassen.
    Nun noch einige Worte zu dem angekündigten neuen Siedlungsgesetz. Nach all dem, was mir als Nichtfachmann, aber als innerlich anteilnehmender Leidensgefährte dieser Menschen über diese Dinge bekannt ist, muß ich sagen, daß es für die Eingliederung der vertriebenen Bauern nicht so sehr neuer Gesetze als vielmehr der Menschen bedarf, die die schon bestehenden Möglichkeiten zugunsten der vertriebenen Bauern unbürokratisch und im Sinne einer wirklichen Eingliederung in die westdeutsche Landwirtschaft ausnutzen. Es scheint mir deshalb dringend erforderlich zu sein, daß sich die Planungen und Absichten, die hinsichtlich des neuen Siedlungsgesetzes bestehen, nicht nachteilig auf die Fortführung der bisherigen, ja schon als unzulänglich dargestellten Eingliederungsmaßnahmen auswirken dürfen. Es ist unbedingt notwendig, daß die Eingliederung unberührt von diesen Planungen nach dem Bundesvertriebenengesetz weitergeführt wird.
    Aus den Ausführungen zu diesem wenig erfreulichen Kapitel im Grünen Plan hat die Bundesregierung Schlußfolgerungen nicht gezogen; sie sind



    Rehs
    jedenfalls nicht erkennbar. Angesichts der großen Sorgen und der vielen Befürchtungen, die infolgedessen in den betroffenen Kreisen herrschen, bitte ich Sie daher, Herr Minister Dr. Lübke, mir die folgenden Fragen noch im Rahmen dieser Debatte zu beantworten.
    1. Werden die Siedlungsmittel für 1958 rechtzeitig und im erforderlichen Umfang den Ländern zur Verfügung gestellt werden?
    2. Werden im Haushalt 1958 besondere Zuschüsse für die wirtschaftliche Festigung von landwirtschaftlichen Flüchtlingsbetrieben eingesetzt werden?
    3. Wird die wirtschaftliche Lage der vertriebenen Landwirte in den künftigen Berichten gemäß § 4 des Landwirtschaftsgesetzes besonders dargestellt und mit der der Betriebe der einheimischen Landwirtschaft bezüglich ihrer Rentabilität und Produktivität verglichen werden? In diesem Punkte — das darf ich noch bemerken— bestehen gerade angesichts der Auswirkungen der außer jedem Zweifel notwendigen Agrarstrukturverbesserungsmaßnahmen bei den vertriebenen Landwirten erhebliche Sorgen.
    Und 4. Wird die Eingliederung der vertriebenen Landwirte durch das beabsichtigte Siedlungsgesetz nachteilig beeinflußt werden, und wird, wenn diese Gefahr besteht, die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß dies verhindert wird?
    Ich wäre Ihnen dankbar, Herr Minister Lübke, wenn Sie mir hierauf eine positive Antwort erteilten und damit die grüne Farbe, die ja das Symbol der Hoffnung ist, auch für die vertriebenen Bauern, die ostdeutschen vertriebenen Landwirte, hier zu diesem hoffnungsvollen Sinnbild machten.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Preiß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Preiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute nachmittag ist schon sehr viel über den Grünen Bericht und den Grünen Plan gesagt worden, und meine Kollegen werden mir die Kritik nicht verargen, wenn ich sage: weit darüber hinaus vieles erörtert worden, was eigentlich nur einer vertieften Beratung im Ausschuß vorbehalten bleiben kann. Wir können unmöglich im Rahmen dieser Generaldebatte jedes einzelne Erzeugnis der Landwirtschaft durchgehen und untersuchen, wo, auf welchem Wege, in welcher Weise wir eine Änderung herbeiführen können. Lassen Sie mich deshalb nur auf die wichtigsten Kernpunkte eingehen. Ich war zunächst auch geneigt, die Dinge etwas aus der jüngsten historischen Entwicklung darzustellen. Ich glaube aber doch, mit Rücksicht darauf, daß schon so viel gesprochen worden ist und noch vieles ansteht, darauf verzichten zu sollen.
    Herr Minister, Sie brachten bei der Einbringung des Berichts vor vierzehn Tagen zum Ausdruck, daß sich nach dem Bericht die Ertragslage der Landwirtschaft in dem dem Bericht zugrunde liegenden Wirtschaftsjahr leicht verbessert habe. Bezüglich der Leistungssteigerungen, die Herr Kollege Lücker so eindeutig hier aufgezeigt hat, stimmt das ohne weiteres, bezüglich der Erfolgschancen keineswegs. Denn ich finde zwar eine Zunahme der Einnahmen um 700 Millionen DM, demgegenüber aber auch eine Zunahme der Ausgaben um 880 Millionen DM, was immerhin ein Minus von 180 Millionen DM für den Bereich ergibt, der für die Entlohnung der familieneigenen Arbeitskräfte oder für die anderen diversen kalkulatorischen Posten zur Verfügung stehen sollte. Wenn man beim Vergleichslohn im ganzen zu dem Ergebnis kommt, daß nur 50 bis 85 Prozent des gewerblichen Vergleichslohns erzielt werden konnten, so ist — um es mit Ihren Worten noch einmal zu bekräftigen — dieser Disparitätsbetrag außerordentlich hoch, ja beängstigend.
    In der Öffentlichkeit ist nun schon wieder um diese Zahl allerlei Diskussion aufgekommen. Von der einen Seite werden die landwirtschaftlichen Lohnzahlen als zu niedrig, als frisiert hingestellt, von der anderen Seite der gewerbliche Lohn als zu niedrig. Eins kann man aber doch wohl mit aller Sicherheit feststellen: wenn man den als Gewerbelohn genommenen Vergleichslohn mit dem vergleicht, was als Durchschnittseinkommen aus unselbständiger Arbeit im Statistischen Jahrbuch bereits für das Jahr 1956 ausgewiesen ist, erscheint hier der gewerbliche Vergleichslohn als zu gering. Das hat vor allem seine Gründe darin, wie schon Herr Kollege Bauknecht ausführte, daß man Pendlerzeiten als Nichtarbeitszeiten hier mit einkalkuliert bzw. abgesetzt hat und daß auf der anderen Seite im Vergleich zum vorausgegangenen Jahr eine sehr beachtliche Anhebung der Naturalentlohnung bei der Landwirtschaft erfolgt ist, wodurch der Betrag doch eine recht beachtliche Steigerung erfahren hat. So kann man zum mindesten, ohne sich darauf versteifen zu wollen, sagen, es liegt in der Diskrepanz wahrscheinlich noch etwas ärger, als daß sie etwa zu eng zusammengedrängt wäre. Wenn man einen Verdacht äußern wollte, dann doch wohl eher nach anderer Richtung. Aber das sei mir fern.
    Daß der Grüne Bericht im ganzen ein nachdrückliches Lob verdient, das festzustellen, ist wohl eine Ehrenpflicht, und ich möchte mich hier den Danksagungen anschließen, die bereits an den Herrn Minister wie an alle seine Mitarbeiter ergangen sind. Der Bericht ist weit über den vorjährigen Bericht hinaus vervollständigt und in der Auswertung des ja viel größeren Materialanfalls auch noch solider durchgearbeitet worden.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger)

    Ich habe Sie, verehrter Herr Kollege Kriedemann, durchaus richtig dahin verstanden, daß Sie nicht den Bericht als solchen in seinem Aussagewert schmälern wollten. Wie in jedem repräsentativen Untersuchungswerk stecken darin durchaus Mängel gegenüber exakten wissenschaftlichen Untersuchungen. Aber wir haben ja gestern erlebt, daß bereits von anderer Seite eine Sonderausgabe einer Zeitschrift erschienen ist, die darauf abstellt, dem Be-



    Dr. Preiß
    richt fast jeden Aussagewert streitig zu machen und ihm tendenziöse Darstellung zu unterstellen.

    (Abg. Kriedemann: Und so was lesen Sie? So was nehmen Sie in die Hand? Aber hören Sie mal!)

    — Ja, Herr Kriedemann, ich bin gewohnt, mich mit allen Anschauungen und Auffassungen auseinanderzusetzen.

    (Abg. Kriedemann: Zumindest das Abonnement abbestellen!)

    — Ich habe es nicht im Abonnement, Herr Kriedemann, sondern ich habe die Sondernummer genau wie Sie und die anderen Kollegen bekommen.
    Ich möchte nur die Bitte aussprechen, daß der Herr Minister — oder wahrscheinlich wird es der sehr geschätzte Herr Padberg sein, dessen Arbeit hier ja so stark angegriffen wird — mit aller Eindeutigkeit derartige Versuche schon in den nächsten Tagen zurückweisen möge. Wir sehen ja heute schon in einer großen Tageszeitung, welche Auswirkungen derartige Versuche — ich kann fast sagen: Diskriminierungsversuche — haben können.

    (Abg. Kriedemann: Zurückweisen ohne Rücksicht auf das Geschäft, das die Leute damit machen wollen!)

    — Schönen Dank! Ich stimme vollkommen mit Ihnen überein.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist müßig, sich darüber zu streiten, ob die Diskrepanz in dem Gesamtbetrag das ausmacht, was jetzt, ich glaube, vom Deutschen Bauernverband — aber unter Verwendung dieses Materials — ermittelt worden ist, oder wenn man den Stundenlohnvergleich heranzieht, den Kollege Lücker mit 1 DM Differenz schon gegenüber den tarifentlohnten Kräften der Landwirtschaft erwähnt hat, die noch in verhältnismäßig großem Abstand von den familieneigenen Arbeitskräften stehen, und dabei die seit Jahren unterstellte und anerkannte Jahresstundenleistung von 2700 mit der auch verknappten Zahl von 2,88 Millionen Vollarbeitskräften multipliziert; dann ist sie eben um das Dreifache größer.
    Was soll für unsere praktische Arbeit, die das Anliegen hat, dem Bauerntum das Leben zu erhalten, der Streit darum, wo diese Zahl letztlich liegt? Wo immer sie liegen mag, sie ist so erschreckend hoch und verrät einen so gewaltigen Abstand von der gesamten Aufwärtsentwicklung unserer Wirtschaft, daß einem angst und bange werden kann bei der Überlegung, wie wir diesen Abstand einmal aufholen wollen. Meine Damen und Herren, es ist eben nicht dabei geblieben, daß dieser Teil unseres Volkes, das Landvolk, in seinem selbständigen wie unselbständigen Teil Jahr für Jahr diesen Abstand hingenommen hätte, darüber vielleicht gejammert hätte und auch laut Klage geführt hätte, sondern es sind, wie es nicht anders zu erwarten war, sehr nachdrückliche Konsequenzen gezogen worden. Es sind, wie der Bericht auch angibt, insgesamt 1,5 Millionen Menschen aus der Landwirtschaft abgewandert, und 160 000 Betriebe haben ihre Selbständigkeit aufgegeben.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bei diesem Punkt, der mir einer der wichtigsten der heutigen Diskussion zu sein scheint, einen Augenblick verbleiben. Es sind vornehmlich Betriebe in der Größenordnung unter 5 ha aufgegeben worden, und das Land ist vornehmlich in die Größengruppenordnung über 10 ha hinübergewechselt. Hier ist doch die Frage berechtigt: sind die Verhältnisse in der Betriebsgrößengruppe über 10 ha so gesund, daß man diesen Strukturwandel als eine Gesundung auf Dauer ansprechen könnte, daß diese sehr aufwendigen Maßnahmen der Strukturverbesserung — Aufstockung in diesem Falle — auch Dauerbestand haben werden? Wer wollte das angesichts der hier schon so breit diskutierten, unbefriedigenden Rentabilitätslage und starken Disparitätslage bejahen?
    Und wenn man sagt, der Wert der Bundeslandwirtschaft dürfte etwa mit 90 Milliarden veranschlagt werden und knapp 10 Milliarden bis jetzt für alle diese Dinge in Anspruch genommene Fremdmittel seien ja nur eine Verschuldung von etwa 10%, also nicht sehr drückend, und es müßten noch viele, viele Milliarden hinzugenommen werden, um alles das, was an Rückstand vorhanden ist, nachzuholen — ich bejahe den Rückstand, auch den Umfang der erforderlichen Aufwendungen —, dann muß doch wohl bedacht werden, daß sich diese knapp 10 Milliarden gleich 10% nicht auf die einzelnen Betriebe gleichmäßig verteilen, sondern daß wir schon sehr viele Betriebe mit einer infolge von Nachholungsmaßnahmen sehr beachtlichen Verschuldungshöhe haben. Man darf nun wohl auch einmal die Frage wieder anschneiden, ob man überhaupt einen Maßstab für die Zinsleistungsfähigkeit hat, die man ja in Einheitswerten und Betriebswerten durchaus irgendwie messen könnte,

    (Abg. Kriedemann: An den Einnahmen muß man sie messen!)

    damit verhindert wird, daß es zu einer Überschuldung und dann schließlich zu Zusammenbrüchen kommt und alle jahrelang vorgenommenen großen Mühewaltungen vergeblich gewesen sind.
    Ich habe einen besonderen guten Grund, auf diese Dinge hinzuweisen; denn ich habe schon einmal als sehr junger Mensch eine starke Kreditwelle in der Landwirtschaft erlebt. Das war die Zeit von 1926 bis 1929. Dann habe ich wieder erlebt, daß diejenigen, die in dieser Zeit eine besonders große Kreditfreudigkeit an den Tag legten, so um die Wende 1932/33 sich zu einer Entschuldung mit hohen Opfern sowohl für die öffentliche Hand wie vieler anständiger privater Gläubiger verstanden. Das Nachholen, das Modernisieren, das im ganzen Aktivieren der Betriebe durch Inanspruchnahme von Fremdmitteln muß irgendwo eine Grenze haben. Das Wort „Kredit" klingt sehr schön, die eigentliche Bezeichnung „Schulden" hat meist schon etwas viel anderes an schreckhafter Wirkung im Gefolge.
    Noch ein paar Worte zu der Abwanderung. Der Herr Minister sagte bei der Einbringung seines Be-



    Dr. Preiß
    richts, es vollziehe sich in der Landwirtschaft ein fast revolutionärer Umbruch. Man wird fast an die Zeit der großen Auswanderung nach Amerika erinnert. Ja, sie lag eigentlich etwas vorher, und es war sehr schmerzlich für unser Volk, damals überwiegend Landwirtschaft gehabt zu haben mit keiner Möglichkeit, den natürlichen Geburtenüberschuß in einer ausreichenden gewerblichen Wirtschaft verkraften zu können. Es wurde als ein Glück empfunden, als diese Zeit beendet war und nach 1870/71 mit Beginn der großen Gründungswelle der Industrie der Geburtenüberschuß in den Städten und der gewerblichen Wirtschaft Aufnahme finden konnte. Ich habe eigentlich noch nie von jemandem, der sich mit Agrar- und Wirtschaftsgeschichte oder mit Soziologie beschäftigt hat, gehört, daß er diesen natürlichen Vorgang der Absorption überzähliger Bevölkerungsgruppen in der Landwirtschaft oder in ländlichen Gegenden durch die Stadt und die gewerbliche Wirtschaft als etwas Unangenehmes oder gar etwas Schlechtes empfunden hätte. Was hier jetzt zur Diskussion steht, ist eine weit über diesen Überbestand hinausgehende Abwanderung, die tief in die Substanz vieler Betriebe und ganzer Betriebsgruppen eingegriffen hat. Von daher ist die Zuspitzung gekommen und gilt noch die Betriebsaufgabe bei vielen, wenn auch schweren Herzens, als die einzige Ausweichmöglichkeit.
    Ein Weiteres in diesem Zusammenhang. Es wurde erwähnt, daß es viel besser sei, denen, die zu kleine Existenzbasen haben, Nebenerwerbsmöglichkeiten in der Nähe durch. Dezentralisation gewerblicher Wirtschaft zu beschaffen. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß in dieser Richtung durchaus ernste Bemühungen gemacht worden sind. Ich darf mich zu denen zählen, die seit 1949 gleich nach Beginn der hiesigen Arbeit diese Zielsetzungen mitgetragen haben, und zwar mit recht beachtlichem Erfolg in meiner engeren Umgebung. Aber das steht ja, wenn es auch hier und da in begrüßenswerter Weise geschehen und vorangekommen ist, in keinem Verhältnis zu dem großen, breiten Problem, das hier zur Diskussion steht.
    Aber es geht auch nicht so, daß man einfach sagt: Weil dort die Existenz zu klein ist und wir ihnen von der Einnahmeseite her sowieso nicht helfen können, ist nicht viel dabei, wenn sie weggehen. Aber — und auch das wurde, glaube ich, schon gesagt — der Entvölkerung des flachen Landes und der ländlichen Gemeinden steht ja im gleichen Ausmaß die Anhäufung von Bevölkerungsteilen und Wirtschaftskraft gegenüber. Es mag jedem überlassen bleiben, sich auszudenken, welche Folgen das, wie auch schon angedeutet, bei einmal nachlassender Konjunktur haben muß, und es sind durchaus Anzeichen dafür da. Es braucht vielleicht nicht einmal von dorther zu kommen, sondern auch schon die fortschreitende Automation kann erhebliche Konsequenzen für die zuvor entwurzelten Menschen haben.
    Meine Damen und Herren, wie soll diese Lage denn nun eine Änderung erfahren? Wie soll denn diese zunehmende Unruhe, diese Sorge um die Zukunft und die künftige Existenzerhaltung nicht nur
    von den kleinsten, sondern auch von Betrieben bis weit hinein in die Mittelbetriebe genommen werden? Darf ich dazu nur ganz strichartig zeichnen. Wir haben die Tatsache festzustellen, daß wir 1951 letztmals nach einer kraß verschobenen PreisKosten-Lage mit Zustimmung einer starken Mehrheit des Bundestages eine Anhebung des landwirtschaftlichen Preisniveaus vollzogen haben. Von da an ist die Diskussion um das Paritätsgesetz, um das Landwirtschaftsgesetz und nun schon im dritten Jahr um die Grünen Pläne gegangen. Wir haben immer geglaubt, die Dinge nur im Wege der sehr zu begrüßenden Strukturverbesserungsmaßnahmen und eines Subventionsbetrages abfangen zu können, obwohl sich auf allen anderen, uns umgebenden und auf uns zurückwirkenden Wirtschaftsgebieten nicht dieser Stillstand, sondern sogar eine sehr beachtliche Dynamik vollzog. Um diesen Gesichtspunkt geht es mir mehr als um all die vielen Einzelheiten, die wir hier nur ansprechen und stundenlang diskutieren können. Wie soll denn der verantwortliche Minister mit seinen Plänen — das haben Sie auch selber so nachdrücklich betont, Herr Minister — zu einem sichtbaren Erfolg kommen, wenn er einen Schritt mit einem Grünen Plan vorwärts tut und die anderen, die unsere Kostenelemente bedingen, zwei oder zweieinhalb Schritte in der gleichen Zeit vorwärts getan haben? Im Zusammenhang mit der Debatte über den Grünen Plan muß dieses Grundübel doch wohl einmal angesprochen werden. Es ist nicht nur die Sorge der Landwirtschaft, es ist die Sorge der weitesten Mittelstandsbereiche der Wirtschaft, daß sie sich diesem Phänomen des dauernden Davoneilens der Löhne und der anderen Kostenelemente einfach nicht mehr gewachsen fühlen und zunehmend verschulden oder die Existenz leid werden und aufgeben, den Nachwuchs verlieren, oder was Sie mehr an sehr ernsten Konsequenzen aufzeigen wollen.
    Wie konnte es denn dazu kommen? Ich darf an den Dienstantritt von Herrn Minister Lübke im Herbst 1953 erinnern und daran, daß er, sicher aus guten Erwägungen, erklärte: Von irgendwoher muß ja nun angefangen werden mit einer Stabilhaltung, mit einer Ordnung der Gesamtwirtschaft, und mein Bemühen soll es sein, darum besorgt zu sein, daß die Lebensmittelpreise sich nicht verändern, und das, was hier für die Landwirtschaft notwendig ist — wir hatten ja damals schon eine sehr sichtbare Diskrepanz —, das will ich versuchen durch Kostensenkung herbeizuführen. — Herr Minister, nur insofern hatten wir uns im vorigen Jahr mißverstanden, als ich erklärte, sie sei ausgeblieben bei allen noch so redlichen Bemühungen von seiten der Produzenten unserer Produktionsmittel. Daß sie durch die getroffenen Verbilligungsmaßnahmen gekommen ist, kann selbstverständlich nicht bestritten werden, aber doch entfernt nicht in einem Ausmaß und mit einem Entlastungseffekt, daß echte Familienbetriebe, die seit Generationen ihre Existenzgrundlage gehabt haben und ohne sichtbaren Strukturschaden dastehen, heute etwa sagen könnten: Na ja, wir kommen mit dem Preis-KostenVerhältnis zu Rande. Nein, meine Damen und Herren, das ist eben leider nicht der Fall. Ich habe die



    Dr. Preiß
    große Sorge, daß, wenn — ich will das einmal rein theoretisch unterstellen — die Betriebe bis 5 ha aufgäben und, mit Milliardenaufwendungen, die größeren Einheiten von über 10 ha strukturverbessert würden und wir an diesem Grundübel des dauernden Davonlaufens der Kostenelemente nichts zu ändern vermögen, dann dieselben Argumentationen bezüglich Nichtlebensfähigkeit bei dieser Gruppe gebraucht würden, wie sie jetzt schon seit Jahren gegenüber den noch kleineren Gruppen gang und gäbe sind.
    Das ist gar nicht eine bloße Vermutung von mir oder eine bloß theoretische Unterstellung. Sie können fortgesetzt von sogar sehr klugen Herren, von Professoren und von weltweit erfahrenen, weitgereisten Wirtschaftskapitänen lesen und Sie können sie bei Ansprachen sich äußern hören, daß es das Ziel sei, mit einer Vollarbeitskräftebesetzung von fünf bis höchstens sechs je 100 ha auszukommen. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß wir schon vor einigen Jahren in Expertenkreisen einmal sehr heftig miteinander gefeilscht haben, was wohl die richtige VA-Zahl sei, die man als Maßstab annehmen müsse. Nach langem Hin und Her, nach zunächst sehr hartem Streit ist man auf die Zahl 21 verfallen, wobei jedem geläufig sein mag, daß es weite Kreise gibt, die eine sehr viel höhere Zahl auf Grund der Struktur oder der noch starken Rückstände in der Modernisierung nötig haben. Würde das angestrebt, würde das in die Praxis umgesetzt, unsere Landwirtschaft in der Bundesrepublik auf der Grundlage von fünf bis höchstens sechs VA auf 100 ha zu betreiben, wer wollte mir
    dann widersprechen, wenn ich sage, daß das die totale Liquiditation des deutschen Bauerntums voraussetzt?! Das kann man dann nur noch in Farmbetrieben oder meinetwegen in Kolchosen bewerkstelligen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Um nicht weniger als um diese ernste Frage geht es auch bei der Diskussion des Grünen Berichts von 1958. Ich möchte den Minister sehr herzlich bitten, sich zu der Frage zu äußern, welche Betriebsgröße von seinem Standpunkt aus das künftige Leitbild sein soll, das bei nachgeholtem Rückstand aus eigener Kraft und ohne dauernden Subventions- bedarf ein Auskommen zu finden vermag.
    Daß darunter dann eine erschreckend hohe Zahl von kleineren Betrieben bleibt, wer will das bestreiten? Auch daß heute die Zahl derer, die mit dem Erwerb aus der eigenen Scholle allein nicht auszukommen vermögen, größer ist als vor 10, 15 oder 20 Jahren und laufend wächst, sei ebenfalls unbestritten. Aber die Möglichkeiten, einen Nebenerwerb zu finden, sind doch heute angesichts der so gewachsenen Gesamtwirtschaft bedeutend mannigfaltiger und leichter ausfindig zu machen als in den hinter uns liegenden Zeiten. Deshalb werden die Kräfte nicht ohne weiteres davongehen, wenn es einmal vorübergehend mit einem Nebenverdienst nicht klappt.
    Neben den wirtschaftlichen Überlegungen muß die Frage gestellt werden — und diese Frage muß so oder so beantwortet werden —, ob nicht die
    menschliche, die bäuerliche Seite ein starkes Gewicht bei der Bewertung der Dinge haben muß. Ich verkenne gar nicht, daß das deutsche Bauerntum, wenn man die Dinge nur vom liberalistischen Wirtschaftsstandpunkt, nur vom Laissez-faire und den wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten aus sieht, in der Form, wie es auf unsere Zeit überkommen ist, keine Daseinsberechtigung und keine Zukunft mehr hat. Dann muß es diesen wirtschaftlichen Gesetzen einfach weichen. Das mag ein Standpunkt bestimmter Menschen sein. Ich will gar nicht einmal mit ihnen rechten. Ich gehöre nur zu den anderen.
    Herr Kollege Kriedemann, ich weiß nicht, auf wen im Kreise Ihrer Kollegenschaft Sie immer münzen, wenn Sie an Blut und Boden, Blutquell der Nation usw. erinnern. Wir bemühen uns doch nun weiß Gott seit mehr als acht Jahren um die Dinge, und Sie gehen an die schwierige Seite der Dinge genauso gewissenhaft heran wie wir alle. Ich zitiere ja auch nicht Vorgänger mit Ihrem politischen Vorzeichen aus der Zeit vor 70 oder 80 Jahren.

    (Abg. Kriedemann: Wir haben hier auch keine Versammlung!)

    — Nein, aber es gehört wohl auch in den Rahmen einer Parlamentsdebatte, die Dinge einmal von diesem Kern her anzusprechen. Wer nur die wirtschaftlichen Gesetze, die letzten rationellen, wirtschaftlichen Effekte gelten lassen will, der kommt zu dem Ergebnis: diese überkommene bäuerliche Struktur ist antiquiert und muß diesen Gesetzen eben weichen.
    Wer jedoch der Meinung ist, daß das Bauerntum, auch wenn es nur noch 13 % des Gesamtvolkes ausmacht, in allen seinen Strukturbereichen einen nicht unbedeutenden Volksanteil repräsentiert, und wer anerkennt, daß das Bauerntum unbestreitbar die Lebensgrundlage jeder dörflichen Gemeinde ist, auf der dann doch andere aufbauen — und nicht umgekehrt —, der wird auch für eine möglichst weitgehende und eine optimale Erhaltung des Bestandes des Bauerntums eintreten, sei es in Richtung auf den rein landwirtschaftlichen Beruf oder in Richtung auf den gemischten Beruf.

    (Beifall bei der DP.)

    Wenn man zu dieser Grundentscheidung kommt, muß man die Frage stellen — und diese Frage muß beantwortet werden —: Was ist zu tun? Hier befinde ich mich in völliger Übereinstimmung mit dem, was mein Herr Vorredner, der Kollege Köhler, hier vorhin ausgeführt hat. Ausschließlich mit Strukturverbesserungsmaßnahmen und mit — im nächsten Jahr wahrscheinlich gegenüber diesem Jahr und gegenüber den vergangenen Jahren schon erheblich gekürzten — Subventionen ist dem Problem einer wirklichen Wiedergesundung nicht beizukommen. Vielmehr muß man an das Preis-KostenVerhältnis heran. Vorausgehen müßte aber endlich eine Beruhigung der jetzt bereits jahrelang bestehenden Unruheherde in anderen Teilen der Wirtschaft, die den ganzen Mittelstand in verhängnisvolle Schwierigkeiten bringen.

    (Beifall bei der DP.)




    Dr. Preiß
    Es hätte mancherlei Möglichkeit gegeben — der festen Überzeugung bin ich —, in den früheren Jahren starke Sonderkonjunkturgewinne etwas in Form von Preissenkungen an die Allgemeinheit weiterzugeben und in den jüngsten Jahren mindestens ebenso beachtliche Produktivitätsgewinnsteigerungen. Das ist leider nicht erfolgt. Im Gegenteil, man ist uns noch weiter vorausgeeilt. Erst wenn dort wieder Beruhigung und Rücksichtnahme auf das Ganze eingetreten sind, haben Anstrengungen von der Art, wie sie der Grüne Plan darstellt, insbesondere wenn sie auch von der preislichen Seite her verstärkt werden, wieder Aussicht auf einen Gesamt- und Dauererfolg.
    Ich weiß, daß das die Frage nach der Belastbarkeit der breiten Verbraucherschichten aufwirft.

    (Abg. Kriedemann: Ja, das war die konkrete Frage nach den Preisen!)

    — Jawohl, ich bin schon dabei, Herr Kollege Kriedemann. Ich habe nämlich über das Material des Grünen Berichts hinaus das uns gerade vor wenigen Tagen ausgehändigte Statistische Jahrbuch etwas näher durchgearbeitet und gesehen, was genau schon voriges Jahr festzustellen war, daß in einem weiteren Jahr der Anteil der Ausgaben für die Nahrungsmittel wieder um ein volles Prozent gesunken und die Ausgaben für den Luxusverbrauch, für die Güter des gehobenen Verbrauchs um ein volles Prozent gestiegen sind. Das hat man jetzt schon seit Jahr und Tag als eine Gesetzmäßigkeit in einem Industriestaat bei wachsendem Massen-
    einkommen dargestellt und als unumstößlich und unumgänglich betrachtet. Wieso eigentlich? Dieses Schwab-Engelsche Gesetz hat ursprünglich einen ganz anderen Sinn, indem es Kategorien von Einkommensschichten unterscheidet und sagt, daß selbstverständlich jemand mit geringem Einkommen mehr für die Nahrung ausgeben muß als derjenige mit höherem Einkommen. Aber jetzt hat es diese sonderbare Ausweitung bekommen. Davon wissen die Herren Schwabe und Engel nichts, daß überhaupt, wenn Kaufkraft wächst — jetzt seien Sie mir nicht böse —, für Nebensächlichkeiten unbedingt mehr Geld ausgegeben werden muß als für die lebenswichtigsten Dinge; und das ist doch wohl unbestreitbar die Nahrung. Dahinter steht noch die soeben erörterte Frage, ob man einen Volksteil wie das Bauerntum erhalten soll oder ob man zusehen soll, wie es untergeht und man diese Produkte, wie es hier auch in diesem Elaborat gesagt wird, lieber in den Entwicklungsländern kauft. Dazu noch einige Gedanken nachher.
    Wenn es so ist, daß innerhalb der letzten fünf Jahre die Ausgaben für die Nahrungsmittel im durchschnittlichen Verbraucherhaushalt mit vier Köpfen um volle 6% gesunken sind und dort schon ein verbrauchsfähiges Einkommen von 528 DM im Monat ausgewiesen ist, können Sie sich sehr leicht ausrechnen, daß das je Kopf im Monat schon ein Betrag ist, der, wenn man ihn für das ganze Jahr mit zwölf multipliziert, genau zu der Zahl führt, die jetzt in der Öffentlichkeit zur Erörterung gestanden hat, nämlich zu einer Zahl von über 1 Milliarde DM mehr Einnahmen für die Landwirtschaft. Dabei ist selbstverständlich vorausgesetzt, daß das Geld an sie weitergelangt. Wenn von dieser Seite her, Kollege Kriedemann, endlich ein Anfang zur Entlastung gemacht ist, ist es auch leichter, auf Ihre durchaus richtigen Anregungen einzugehen und zu untersuchen, wo diese zunächst angewandten Globalmaßnahmen eine Korrektur mehr in Richtung auf gezielten Nachholbedarf erfahren können. Ich werde durchaus mit mir reden lassen, weil ich die Dinge auch sehe, weil ich weiß, daß man mit diesen Teilhilfen und Krediten den Menschen zusätzlich zu viel abfordert, besonders wenn es ganze Gemeinden betrifft mit Rückstand an Elektrifizierung und Wasserversorgung und anderem mehr. Da sind ja die Hilfen, gemessen an dem, was sie aus eigener Kraft aufbringen sollen, Bagatellen. Sie müssen es übernehmen und aus eigener Kraft zahlen.

    (Abg. Kriedemann: Welchen konkreten Anfang schlagen Sie vor?)

    — Ich habe grundsätzlich gesagt, Herr Kollege Kriedemann, daß wir nicht darum herumkommen, das Preisproblem anzufassen, weil wir nach jahrelangem Zuwarten haben sehen müssen, daß von anderer Seite kein Entgegenkommen zu verzeichnen war.

    (Abg. Kriedemann: Haben Sie denn konkrete Vorschläge?)

    — O ja, bringen Sie mich hier nicht in Verlegenheit; ich werde nicht dem Versuch verfallen, Ihnen jetzt die 46 oder 52 landwirtschaftlichen Erzeugnisse vorzuführen und zu sagen, wo nach meiner Meinung mit Pfennigen oder Groschen etwas zu machen ist. Ich möchte Ihnen aber generell sagen, daß unter Handhabung der Einfuhr- und Vorratsgesetze und unter Inanspruchnahme des § 1 des Landwirtschaftsgesetzes, der der Regierung ganz klar, meine ich, bindende Auflagen erteilt, die Verhältnisse wesentlich besser gestrafft werden können, mit dem Ergebnis besserer Preise für Veredelungserzeugnisse, als es bisher der Fall gewesen ist.

    (Beifall bei der DP. — Abg. Kriedemann: Dann dreht es sich nicht um 64 Produkte, sondern um die Produkte der Marktordnung, bei denen Preisfestsetzung möglich ist!)

    — Nein, Sie wissen, daß ich für Dirigismus oder gar so weitgehende Dinge wie Planung bis zum letzten Betrieb gar nicht zu haben bin.

    (Abg. Kriedemann: Ich auch nicht! Aber wie wollen Sie es denn machen?)

    Ich glaube, daß mit marktkonformen Mitteln eine Marktsteuerung möglich ist, die derartige Preiseinbrüche, wie wir sie in jüngster Zeit und in den letzten Jahren in Abständen immer wieder zu verzeichnen gehabt haben, vermeiden könnte. Damit ist schon eine ganze Menge gewonnen.

    (Abg. Kriedemann: Darf ich eine Frage an Sie richten?)

    — Bitte schön!