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ID0301402000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksache 222) — Erste Beratung — 629 A Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Einzigen Europäischen Versammlung (Drucksache 236) Dr. Mommer (SPD) 629 B Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirt- schaft (Drucksachen 200, zu 200; Umdrucke 15, 16, 17, 19) in Verbindung damit Antrag der Fraktion der DP betr. Nachtrag zum Grünen Bericht 1958 (Drucksache 138 [neu]) Lücker (München) (CDU/CSU) . . . 629 C Kriedemann (SPD) 635 B Bauknecht (CDU/CSU) 648 B Köhler (FDP) 656 A Rehs (SPD) 664 B Dr. Preiß (DP) 666 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 671 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . . 675 B Struve (CDU/CSU) 681 A Nächste Sitzung 682 D Anlagen 683 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 629 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 683 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 28. 2. Frau Albrecht 3.3. Altmaier 28. 2. Arndgen 28. 2. Dr. Baade 28. 2. Dr. Atzenroth 28. 2. Dr. Barzel 28. 2. Bazille 18.3. Dr. Becker (Hersfeld) 15.3. Behrisch 28. 2. Benda 28.2. Berendsen 28. 2. Birkelbach* 28. 2. Dr. Birrenbach* 28. 2. Conrad" 28. 2. Dr. Dahlgrün 28. 2. Dr. Deist" 28. 2. Deringer 27. 2. Dr. Dittrich 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 27. 2. Dr. Dollinger" 28. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 28. 2. Eschmann 27. 2. Even (Köln) 28. 2. Faller 7.3. Felder 31.3. Frehsee 28. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Funk 28. 2. Dr. Furler* 28. 2. Gottesleben 28. 2. Dr. Greve 28. 2. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 27. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 10.3. Höhne 28. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Illerhaus 28. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 28. 2. Jürgensen 31.3. Kalbitzer 27. 2. Kiesinger 28. 2. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Könen (Düsseldorf) 28. 2. Dr. Kopf* 28. 2. Dr. Kreyssig* 28. 2. Kühlthau 28. 2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze 28. 2. Leber 28. 2. Dr. Leiske 27. 2. Lenz (Brühl)* 28. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31.3. Ludwig 28.2. Mellies 8.3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mensing 28. 2. Dr. Menzel 27. 2. Dr. von Merkatz* 28. 2. Metzger" 28. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8.3. Müller (Erbendorf) 28.2. Frau Nadig 27. 2. Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28. 2. Dr. Oesterle* 28. 2. Ollenhauer* 28. 2. Paul 28. 2. Pelster" 28. 2. Dr.Philipp" 28.2. Dr. Preusker 28. 2. Rademacher 28. 2. Rasch 28. 2. Reitzner 28. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 8.3. Frau Rudoll 27. 2. Scheel* 28. 2. Scheppmann 27. 2. Siebel 1.3. Dr. Siemer 28. 2. Solke 28. 2. Stahl 28. 2. Stauch 28. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stenger 15.3. Frau Strobel 28. 2. Wacher 28. 2. Wagner 28. 2. Wehner* 28. 2. Weimer 28. 2. Dr. Werber 27. 2. Dr. Willeke 27. 2. Frau Wolff (Berlin) 27. 2. Anlage 2 Umdruck 15 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein 10-Jahres-Programm für die Durchführung und Finanzierung der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur (Flurbereinigung, Wasserwirtschaft, Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe) vorzulegen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion * für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kahle und Stahl 684 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 Umdruck 16 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Zwecks beschleunigter Durchführung der Flurbereinigung wird der dafür vorgesehene Zuschuß von 60 Mio DM so erhöht, daß damit 50 v. H. (bei Sonderkulturen und in landwirtschaftlichen Notstandsgebieten bis zu 70 v. H.) der Kosten gedeckt werden, die aus der Flurbereinigung von jährlich 350 00 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche entstehen. Ferner sind die Kreditverbilligungsmittel so zu erhöhen, daß die für die Zusammenlegung der vorgenannten Fläche erforderlichen restlichen Mittel zu den der Aufgabe Angemessenen Zinssätzen aus dem Kapitalmarkt beschafft werden können, soweit sie nicht von den Ländern direkt aufgebracht werden. Der Anteil der Grundstückseigner am Restbetrag ist vom Bund vorzufinanzieren und nach zwei Freijahren im Rentenverfahren einzuziehen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion Umdruck 17 Antrag der Abgeordneten Höcherl, Bauer (Wasserburg), Fuchs, Krug, Lücker (München) und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200), h i e r : Milchleistungsprämie. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Milchleistungsprämie im Rahmen des Grünen Planes nach Möglichkeit in der bisherigen Form und Höhe unter Ausschöpfung aller Gegebenheiten fortzuführen. Dabei sollen insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: 1. Die Notwendigkeit fortschreitender Qualitätsanforderungen zur Erlangung der Milchleistungsprämie wird grundsätzlich bejaht. Der Landwirtschaft ist aber für die betriebswirtschaftliche Einstellung auf die steigenden Anforderungen eine ausreichende Zeit einzuräumen. 2. Die fortschreitenden Qualitätsanforderungen sind zu gegebener Zeit so abzustufen, daß Qualitätsgefälle und Prämiengefälle sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. 3. In Verfolg von § 1 des Landwirtschaftsgesetzes sind alle marktmäßigen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit die Erfolge der Milchleistungsprämie gesichert werden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, durch stärkere Inanspruchnahme des Bundesausgleichs das zu starke Erzeugerpreisgefälle im Bundesgebiet angemessen auszugleichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Höcherl Bauer (Wasserburg) Fuchs Krug Lücker (München) Dr. Aigner Bauereisen Demmelmeier Drachsler Dr. Franz Frau Geisendörfer Dr. Gleissner (München) Dr. Görgen Freiherr zu Guttenberg Dr. von Haniel-Niethammer Kemmer Dr. Kempfler Klausner Kramel Frau Dr. Kuchtner Lermer Dr. Baron Manteuffel-Szoege Meyer (Oppertshofen) Memmel Niederalt Frau Dr. Probst Ruland Schlee Schütz (München) Seidel (Dorfen) Stiller Sühler Unertl Wieninger Wittmann Dr. Zimmermann Umdruck 19 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP zur Beratung des Berichts -der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Anstrengungen im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu verstärken, um im Sinne des Land- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 685 wirtschaftsgesetzes den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Umdruck 20 Entschließungsantrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß das im Landwirtschaftsgesetz angesprochene Gesetzesziel, „die für die Landwirtschaft bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen", wiederum nicht erreicht wurde. Auch mit den von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen (Grüner Plan 1956 und 1957) konnte die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsbereichen nicht wesentlich gebessert werden. Die neue Vorlage (Grüner Plan 1958) trägt, ungeachtet der Nützlichkeit von Einzelmaßnahmen, den Erfordernissen auch nicht Rechnung. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, mit den in § 1 des Landwirtschaftsgesetzes angesprochenen Mitteln der allgemeinen Wirtschafts-und Agrarpolitik — insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik — Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen des Grünen Plans nicht wiederum durch falsche Anwendung der Handels- und Wirtschaftspolitik entwertet werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dürr Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Lenz (Trossingen) Dr. Maier (Stuttgart) Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Dr. Stammberger Walter Weber (Georgenau) Umdruck 21 Antrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Druchsachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß die Qualitätszuschläge für Milch in unveränderter Weise (4 Pf je kg) weiter gezahlt werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Walter Weber (Georgenau)
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    Rede von Otto Köhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der dritte Grüne Bericht entspricht zwar nicht in allen Punkten unseren Vorstellungen, aber wir erkennen gerne an, daß er gleich gründlich erarbeitet wurde wie seine beiden Vorgänger. Er hat einen besonders hohen Aussagewert dadurch bekommen, daß die Zahl der Testbetriebe auf 8000 erhöht wurde. Ich möchte all denen, die Zweifel in diesen Aussagewert setzen — auch hier klangen leise Zweifel an —, sagen, daß man bei 16 000 Betrieben dieselben Bedenken geltend machen kann, wie jetzt bei 8000, daß man dann überhaupt von dem System der Testbetriebe abgehen müßte. Man übersieht dabei, daß viele zigtausend buchführende landwirtschaftliche Betriebe zu denselben Ergebnissen kommen wie die jetzige Zahl von Testbetrieben.
    Die deutsche Landwirtschaft läßt sich tief in ihre Karten gucken. Sie hat nichts zu verbergen. Im Gegenteil, sie hat ein Interesse daran, daß nichts verborgen bleibt. Angesichts des Auseinanderstrebens der Kräfte in unserer Wirtschaft haben wir ein gutes Beispiel gegeben. Wir glauben, daß es richtig wäre, wenn auch andere bedeutungsvolle Wirtschaftsgruppen ihre Bücher einmal offenlegten. Das wäre der erste Weg, um zu einem Ausgleich zu kommen. Wir brauchen eine gesamtvolkswirtschaftliche Bilanz, weil, wie ich sagte, die Kräfte immer weiter auseinandergegangen sind, weil wir die echte Marktwirtschaft, von der wir täglich sprechen, noch nicht erreicht haben und weil wir auch die soziale, d. h. die gerechte Marktwirtschaft noch nicht erreicht haben.
    Es ist begrüßenswert ,daß im Grünen Bericht die Leistung der deutschen Landwirtschaft herausgestellt wurde. Ich will die Zahlen nicht wiederholen, die hier zum Teil genannt wurden. Nur einige wenige will ich nennen. Wir haben 50 % mehr erzeugt als vor dem Kriege. Das will schon einiges sagen angesichts des Wegfalls der Agrarüberschußgebiete. Wir sind drauf und dran, auf vielen Gebieten den Bedarf trotz der gestiegenen Bevölkerungszahl voll zu decken. Das alles wurde erreicht trotz zweier verlorener Kriege, obgleich auch die Landwirtschaft ihr Kapital verloren hat, obgleich sie technisch sehr zurückgeworfen wurde. Wir haben eine Flächenproduktion, die den Vergleich mit anderen europäischen Ländern durchaus, aber
    auch mit vielen ausländischen Landwirtschaften
    vertragen kann. Auf die enormen züchterischen
    Leistungen will ich gar nicht zu sprechen kommen.
    Das stelle ich aus einem ganz bestimmten Grunde fest. Ich sage das deshalb, weil uns das Ausland immer wieder vorwurfsvoll als Beispiel genannt wird. Auch heute konnten wir so etwas hören. Ich sage das deshalb, weil alle Maßnahmen, die zugunsten der Landwirtschaft ergriffen worden sind, immer wieder erörtert wurden mit dem Bemerken, die deutsche Landwirtschaft möge die Selbsthilfe nicht vergessen und in dieser Selbsthilfe nicht erlahmen. Ich bedauere, hier sagen zu müssen, daß auch der Herr Bundesernährungsminister kaum eine Gelegenheit vorübergehen läßt, an den Selbstbehauptungswillen der Landwirtschaft zu appellieren. Das hat sicher auch seine Bedeutung, aber das führt in der breiten Öffentlichkeit zu falschen Vorstellungen; man könnte dort der Auffassung werden — und man ist es leider zum Teil schon —, daß die Landwirtschaft es hier und da an Selbstbehauptungswillen habe fehlen lassen. Es ist billig, aber es scheint notwendig zu sein, zu sagen: wenn die deutsche Landwirtschaft nicht einen so ausgesprochenen Selbstbehauptungswillen gehabt hätte, wäre sie nicht in der Lage, in der sie heute ist, — obgleich diese ja auch nicht rosig ist.
    Trotz der Auswirkung zweier Grüner Pläne müssen wir im dritten Grünen Bericht leider ein unbefriedigendes Ergebnis feststellen: die Disparität zwischen Aufwand und Ertrag im Vergleich zwischen der Landwirtschaft und den übrigen gewerblichen Sektoren ist geblieben, und sie wird auch in absehbarer Zeit nicht beseitigt werden können. Was besagt es schon, wenn wir Berechnungen hören, daß 1- oder 200 Millionen DM mehr eingenommen wurden, die Disparität also um diesen Betrag kleiner wurde? Was besagt das schon angesichts eines Milliardendefizits? Der Silberstreifen am Horizont der Agrarpolitik zeichnet sich noch nicht ab. Es wird noch ernsthafter Anstrengungen bedürfen, um die Schwierigkeiten, in denen wir uns befinden, zu überwinden.
    Die Gesamtdisparität — das ist auch heute schon wiederholt erwähnt worden — wurde zahlenmäßig nicht erfaßt. Die Gründe, die uns dafür in diesem Hohen Hause am 14. Februar gegeben wurden. haben uns nicht voll zu überzeugen vermocht. Immerhin hörten wir in dem ersten Grünen Bericht eine Disparitätszahl. Sie war zwar unrichtig, und man sagte nachher, sie sei aus politischen Gründen so erstellt worden. Im zweiten und im dritten Grünen Bericht haben wir keine mehr gefunden; immerhin besser als eine unrichtige. Aber das Ergebnis ist doch folgendes: wir lesen heute schon in der Presse Angaben, die sehr weit auseinandergehen. Die Zahlen schwanken zwischen 3,3 bis 7 und mehr Milliarden DM. Ich will mich auf dieses Zahlenspiel nicht einlassen. Aber es wäre gut gewesen, wenn von hoher zuständiger Stelle doch eine Zahl errechnet worden wäre. Ich befinde mich da in Übereinstimmung mit dem Kollegen Bauknecht, der das ja auch für möglich gehalten hat. Das Ausbleiben dieser Zahl ist psychologisch be-



    Köhler
    denklich. Die Öffentlichkeit liest und hört dauernd von den „grünen Milliarden", die sich über die Landwirtschaft ergießen. Sie kommt zu der Auffassung, daß die Bauern alljährlich immer wieder sehr viel bekommen. Wenn man dann seitens der Landwirtschaft hier und da Kritik an den Zuständen übt, meint die Öffentlichkeit, daß die Landschaft ewig unzufrieden ist und nicht zufriedengestellt werden kann. Nein, es wäre schon gut gewesen, wenn diese Zahl genannt worden wäre, um die „grüne Milliardensumme" in die richtige Relation zu bringen. Vielleicht wäre es auch gut gewesen, eine Gegenüberstellung mit den Unterstützungen und Hilfen zu machen, die das Ausland seinen Landwirtschaften zuteil werden läßt. Vielleicht wäre es auch zweckmäßig gewesen, die landwirtschaftlichen Milliarden zu den offenen Hilfen, aber noch viel mehr zu den verdeckten Hilfen in eine Relation zu bringen, die einigen Sektoren der deutschen Industrie täglich und immer wieder von neuem zufließen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich habe gesagt: ich will mich auf dieses Zahlenspiel mit den Milliarden, mit dem Defizit, nicht einlassen. Ich will nur einige wenige Zahlen herausgreifen, die mir besonders beachtenswert erscheinen. Im Jahre 1948 war die deutsche Landwirtschaft mit 2,48 Milliarden DM verschuldet, 1957 ist sie es mit 9,26 Milliarden DM. Wir haben also pro Jahr etwa eine Milliarde Schulden dazubekommen. Ich glaube, es gehört nicht viel Logik dazu, zu sagen, daß sich diese Entwicklung nicht fortsetzen darf.
    Dabei möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Nettoinvestitionen die Höhe der Zunahme der Verschuldung nicht überschritten haben; sonst könnte ja auch das eine Ursache sein. Die deutsche Landwirtschaft hat ihre absolut unzulänglichen Investitionen über eine fortschreitende Verschuldung in derselben Zeit vorgenommen, da eine andere bedeutungsvolle Wirtschaftsgruppe es fertigbrachte, ihre Investitionen über den Überpreis zu finanzieren.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Eine andere Zahl. Sie lautet 2,897 Milliarden DM. Auf Seite 41 der Drucksache 200 können Sie lesen, daß diese 2,897 Milliarden DM ausreichen müssen, um die familieneigenen Arbeitskräfte zu entlohnen. Sie sollen auch dazu dienen, das Betriebskapital zu verzinsen. Man spricht sogar von einer Risikorücklage.
    Meine Damen und Herren, hierzu nur folgendes: wenn wir von der Verzinsung des Betriebskapitals — da gehen die Meinungen ja schon auseinander — völlig absehen und diesen ganzen Betrag nur noch für die Entlohnung der landwirtschaftlichen Familienarbeitskräfte zur Verfügung stellen, reicht er für 50 Pf pro Stunde aus. Und wenn Sie die Naturalien, die Kost usw. mitrechnen, dann kommen Sie — nach dem Grünen Bericht — genau auf 75 Pf pro volle Arbeitsstunde.
    Ich meine, daß diese Zahl ein vernichtendes Ergebnis darstellt. Das Hohe Haus, das seinerzeit in Einmütigkeit das Landwirtschaftsgesetz verabschiedet hat, das sich ebenso geschlossen hinter die beiden ersten Grünen Pläne gestellt hat, wird angesichts einer solchen Feststellung einen Anspruch darauf haben — es hat diesen Anspruch und macht ihn geltend —, hier immerhin eine kurze Frage zu stellen: Wie ist es zu erklären, daß trotz dieser Maßnahmen, obgleich alles getan wurde, was der Bundesernährungsminister von diesem Hohen Hause verlangt hat, dieses Ergebnis nicht besser war? Ich glaube, wir dürfen die Fragestellung nicht lauten lassen: Waren die einzelnen Maßnahmen dieser Grünen Pläne falsch?, sondern sie muß heißen: Haben diese Maßnahmen in ihrer Gesamtheit den Erwartungen des § 1 des Landwirtschaftsgesetzes entsprochen?
    Ich gebe ohne weiteres zu, daß die vielen getroffenen Maßnahmen nicht falsch waren, daß sie fast alle ihr Gutes und ihre Begründung hatten. Sie sind ja auch so spät gekommen und so lange in der Öffentlichkeit vorher diskutiert worden — meine Partei hat an dieser Diskussion auch teilgenommen —, daß sie schon deshalb nicht so völlig falsch sein konnten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Nein, sie sind schon richtig. Wenn trotzdem — ich bitte, es mir nicht zu verübeln, wenn ich diese Feststellung treffe; sie ist aktuell und notwendig — der Erfolg ausgeblieben ist, dann deshalb, weil diese Maßnahmen in der Regel um Jahre zu spät ergriffen wurden. Sie hätten eine ungeahnte Wirkung gehabt, wenn sie vier, fünf Jahre früher ergriffen worden wären. Der Erfolg ist deswegen ausgeblieben, weil die Dinge im Grundsätzlichen nicht richtig angefaßt worden sind. Ich stelle keine Behauptungen auf, die ich nicht beweisen werde.
    Die Agrarkrise datiert wahrhaftig nicht erst von gestern oder vorgestern. Sie schwelt seit langem, und 1951 war sie bereits so sichtbar, daß sie dazu führte, daß Kommissionen, das Bauernverbandspräsidium zu dem Herrn Bundeskanzler gingen. Es kam zu den Rhöndorfer Versprechungen. Der Paritätsgedanke wurde aufgegriffen. Es kam zu Verhandlungen hierüber, und nachdem etwa zwei bis drei Jahre hierüber verhandelt, sogar ein Unterausschuß gebildet worden war, wurde von allen Herren, die die Befürworter der Parität gewesen waren, festgestellt, daß sie nicht durchführbar sei. Kostbare Zeit aber war verlorengegangen. Dann kam es zu dem Landwirtschaftsgesetz, dann kam es zu den Grünen Plänen.
    Der grundlegende Fehler -war die Vernachlässigung des Preises. Der Herr Bundesernährungsminister hat das vor wenigen Tagen selber deutlich zum Ausdruck gebracht. Er hat sich inzwischen von der Notwendigkeit überzeugen lassen, daß das Preisgeschehen nicht in den bisherigen Bahnen bleiben darf. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, Herr Bundesernährungsminister, wenn ich sage, daß diese Erkenntnis sehr spät gekommen und uns sehr teuer zu stehen gekommen ist.
    Ich möchte zunächst ein Wort zu dem sogenannten politischen Preis sagen. Wir sind es gewohnt, daß der Brotpreis im weitesten Sinne als politischer



    Köhler
    Preis bezeichnet wird und daß die Wogen jedesmal hochgehen, wenn hierüber auch nur debattiert wird. Ich möchte sagen, daß das nicht richtig ist. Das Brot hat vielleicht früher einmal eine Bedeutung gehabt, die eine solche Stellungnahme rechtfertigte. Inzwischen ist die Bedeutung des Brotes von tausend anderen Gegenständen und Bedarfsartikeln des täglichen Lebens überrundet worden, die genauso wichtig sind wie das Brot.

    (Beifall bei der FDP.)

    In unserer modernen Zeit trifft das zu für das Haushaltsgerät, für die sanitären Einrichtungen, für die pharmazeutischen und kosmetischen Artikel, für die Kleidung und für die Wohnungseinrichtung, man kann sagen: von der Stecknadel bis zum Auto. Das sind alles Dinge, die aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken sind. Wenn der Brotpreis ein politischer Preis ist, dann sind die Preise für all diese anderen Dinge, die wir ebenfalls nicht entbehren können, auch politische Preise. Man soll damit aufhören, denn das erschwert nur das Preisgeschehen. Es gibt keinen politischen Preis; deswegen soll man auch keinen Preis so bezeichnen.
    Mit dieser Bezeichnung ist man nur den echten Preisen aus dem Wege gegangen. Dadurch ist man zu Subventionen gekommen. Ich habe nicht die Absicht, hier große Erörterungen über die grundsätzliche Bedeutung von Subventionen anzustellen. Ein paar Worte scheinen aber notwendig zu sein. Sie sind zweifellos richtig, wenn es sich um die Überbrückung eines vorübergehenden Preisnotstandes handelt. Wenn aber in einer Wirtschaft, die prosperiert, bei der man von einem Boom, von einem Wirtschaftswunder spricht, Subventionen ein solch entscheidender Faktor geworden sind, sind sie in einem gewissen Grade Ausdruck einer wirtschaftspolitischen Bequemlichkeit.

    (Beifall bei der FDP.)

    Man weicht in die Subventionen aus, weil das der
    Weg des geringsten Widerstandes ist. •
    Glauben Sie nicht, daß ich der Meinung bin, die Subventionen müßten alle abgeschafft werden. Dazu ist es viel zu spät geworden. Aber wenn diese Subventionen als Opfer der Steuerzahler hingestellt werden, wenn man davon spricht, daß es Geschenke sind, dann möchte ich sagen, daß sie uns als Landwirtschaft psychologisch sehr belasten. Sie sind — das wissen wir alle — der Verbraucherschaft mindestens ebenso zugute gekommen wie der Landwirtschaft.
    Mit den Geschenken ist das so eine Sache. Moses, der ein sehr kluger Mann war, hat zu den Söhnen Israels, als er mit ihnen die Wüstenwanderung antrat, gesagt — das waren Lebensweisheiten, die er verkündete —: „Ihr sollt keine Geschenke nehmen; Geschenke machen den Sehenden blind." Mir scheint, daß von den Milliarden des Grünen Planes schon einige blind geworden sind. „Sie machen den Sehenden blind, und sie verderben die Sache der Gerechtigkeit."

    (Beifall bei der FDP.)

    Wilhelm Busch würde in seiner vereinfachenden Sprache wahrscheinlich gesagt haben: „Kaum kriegt mal einer bißchen was, schon gibt es wen, den ärgert das."
    Hier müssen gewisse Korrekturen einsetzen. Wir haben in den ersten Jahren nach dem Wiederaufbau — meinetwegen bis zu den Jahren 1950, 1951; wir wollen uns um ein Jahr nicht streiten — ganz zweifellos zu Recht mit unseren Preisen stillhalten müssen, um dem Wiederaufbau der gewerblichen Wirtschaft vorwärtszuhelfen. Wir wissen ganz genau, daß wir ja auch die Nutznießer einer solchen Entwicklung gewesen sind. Die Arbeiter mußten wieder in Lohn und Brot, und sie wurden Abnehmer für unsere Produkte. Das sehen wir alles ein.
    Aber danach, meinen wir, wäre es Zeit gewesen, früher kehrt zu machen. Da erscheint wieder dieses Wort „Zu spät", das sich wie ein roter Faden durch die Agrarpolitik hinzieht. Man hätte die Dinge früher erkennen müssen. Wenn es zur Zeit des Wirtschaftswunders, der Vollbeschäftigung nicht möglich war, das Preisgeschehen einigermaßen auszugleichen und in Ordnung zu bringen, dann soll man mir bitte sagen, wann das überhaupt noch möglich sein soll.

    (Beifall bei der FDP.)

    Es war doch einmal schon sa weit, daß das Wirtschaftswunder gebremst werden mußte; wir hatten zweimal Diskonterhöhungen, Kreditrestriktionen und einiges mehr.

    (Abg. Kriedemann: Hier hätte unsere letzte Preiserhöhung also durchaus geholfen!)

    — Ja, sehr richtig. Wir haben es nicht zu verantworten.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister sprach damals davon, daß die Preise mit brutaler Gewalt angehalten werden sollten. Das haben wir gehört; die anderen haben das auch gehört. Nur wir sind ihm gefolgt, zu unserem Schaden, und die anderen sind ihm nicht gefolgt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP.)

    Vorhin wurde hier schon ein sehr sinniger, durchaus zutreffender Vergleich mit einem Rennen gebracht. Ich kann diesen Vergleich noch etwas anders formulieren. Wenn eine Kolonne marschiert — in diesem Fall die Preiskolonne — und man die Preise zum Stehen bringen will, dann muß man dem vordersten in der Kolonne sagen, daß er anhalten soll.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP.)

    Da erschien dieses Wort: Stopp mit den Preisen! Die Landwirtschaft war am linken Flügel angetreten,

    (Abg. Kriedemann: Leider nicht! — Heiterkeit)

    am Ende der Kolonne — aber der linke Flügel steht ja immer am Ende, wenn das Marschieren los geht —,

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP)




    Köhler
    nicht weil wir der Größe nach angetreten waren, sondern weil man sich schon daran gewöhnt hat, daß die Landwirtschaft immer hinten marschiert.
    Immerhin, wir haben unsere Preise angehalten. So ist es zu dem gekommen, was wir heute haben. Wir wollen doch einmal festhalten, daß wir für wichtigste Erzeugnisse unserer Bauernhöfe heute noch Preise haben, die bei denen von 1951 liegen. Das wird so gern durch die Indizesvergleiche übertüncht. Ich kriege heute für mein Getreide 1 DM und mehr weniger als 1951. Die Bauern kriegen auch für ihre Schweine etwa 10, 15% weniger, als sie damals bekommen haben. Wenn trotzdem das Brot vier-, fünfmal teurer wurde und das Schweinefleisch laufend teurer wurde, soll man die Ursachen hierfür nicht bei der Landwirtschaft suchen.
    Die Subventionen haben zu einer Preisunwahrheit geführt, und — das möchte ich abschließend zu diesem Thema noch feststellen — je länger sie anhalten und je höher sie werden, desto schwieriger wird es werden, zu einem richtigen, gerechten, ehrlichen Preisgeschehen zurückzukehren. Ich glaube, ich verkünde hier nichts Neues, wenn ich sage, daß es in der Geschichte der Menschheit noch immer so gewesen ist, daß die fetten Jahre von den mageren abgelöst wurden, nicht nur zur Zeit Josefs in Ägypten. Man braucht durchaus kein Schwarzmaler zu sein, wenn man sagt, daß die Hochkonjunktur von heute — und damit, glaube ich, drücke ich mich sehr vorsichtig aus — nicht immer Hochkonjunktur bleiben wird. Es wird immer mal wieder Wellen geben, und es wird immer wieder ein Zurückschlagen geben. Ginge es immer nur bergauf, dann wären wir ja alle längst oben. Nein, damit muß man rechnen. Ich sehe aber mit Schrecken den Tag kommen, daß wir uns wieder im Plenum dieses Hohen Hauses befinden und uns über Subventionen unterhalten, zu einer Zeit, wo das Portemonnaie des Herrn Bundesfinanzministers wesentlich schmaler geworden ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß es sehr viel schmaler wird, zeichnet sich nach meiner Meinung bereits sehr deutlich ab. Ich weiß nicht, ob es dann noch möglich ist, die Subventionspolitik in derselben Weise fortzusetzen. Was nicht da ist, kann man nicht verteilen. Dann rächt es sich, daß wir uns von dem Preis zu sehr abgewandt haben, daß wir einen großen, für die Nation wichtigen und fleißigen Berufsstand in einer Weise von Subventionen abhängig gemacht haben, die nach meiner Meinung nicht vertreten werden kann.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die erste Anregung, die wir hier geben möchten — ich werde nicht nur bei der Kritik bleiben, ich werde mich bemühen, auch einige Vorschläge zu machen —, geht deshalb in Verfolg meiner bisherigen Ausführungen dahin, daß mit allen gegebenen Möglichkeiten versucht werden sollte, hier und da die Preise, die sehr weit zurückgeblieben sind, noch anzuheben. Es gibt solche Möglichkeiten. Ich möchte mich nicht über Einzelheiten verbreiten. Das sind Dinge, die, glaube ich, im Ausschuß behandelt werden sollten. Man möge daraus aber nicht
    folgern, daß wir ohne Vorschläge sind. Ich könnte durchaus damit dienen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ja! Ja!)

    — Das können Sie haben, wie Sie es wünschen. Ich möchte mir dann nur keinen Vorwurf machen lassen, daß ich Sie langweilte.
    Ich möchte daneben noch folgendes sagen, was mir von grundsätzlicher Bedeutung zu sein scheint: Ich meine, daß es möglich sein muß, die Preispolitik weitestgehend, viel mehr als bisher, mit den breiten Schichten der Verbraucherschaft abzustimmen. Die Landwirtschaft hat sich auch bisher um Gesprächspartner bemüht. Aber ich glaube, sie hat sich um die verkehrten Partner bemüht; denn wir haben keine Gegenliebe gefunden. Wenn ich heute von Organisationen der Verbraucherschaft spreche, dann meine ich damit unter anderem auch die Gewerkschaften. Ich wehre mich bis zum Beweis des Gegenteils dagegen, zu glauben, daß sich nicht auch die Gewerkschaften von dem erdrückenden Material dieser Grünen Berichte beeinflussen lassen. Ich wehre mich weiter bis zum Beweise des Gegenteils dagegen, anzunehmen, daß die Gewerkschaften der Auffassung sein könnten, daß der Landarbeiterlohn auf gewerbegleiche Höhe angehoben werden könnte, ohne daß dabei die Preise ebenfalls in Bewegung geraten müßten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich möchte auch glauben, daß man uns von dieser Seite konzedieren wird, daß für den Bauern der richtige — ich mag das Wort „gerechte" nicht mehr hören — Preis für seine Produkte genau dasselbe ist wie für den Arbeiter der gerechte Lohn.

    (Erneuter Beifall bei der FDP.)

    Jede Arbeit ist ihres Lohnes wert, und ich meine, daß auch die fleißige, sehr oft entsagungsvolle Arbeit auf dem Lande nicht unterbewertet werden sollte, wie das bisher der Fall war.
    Eine zweite Anregung geht dahin, daß mit allen Mitteln der Aufklärung, aber auch mit marktkonformen Mitteln der sich schon abzeichnenden Überproduktion entgegengetreten werden sollte. Ich sage: mit rechtzeitiger Aufklärung. Ich glaube, daß da in der Vergangenheit doch einiges vergessen worden ist. Wenn ich an marktkonforme Mittel erinnere, schwebt mir z. B. — ich muß hier doch wohl einige Beispiele bringen — das Gebiet der Milchwirtschaft vor. Wenn es dahin kommen sollte — und das scheint der Fall zu sein —, daß die Subventionsmittel gestreckt werden müssen, wenn es dahin kommen sollte, daß man noch ganz andere Ansprüche an die Qualität, vielleicht sogar übertriebene, stellen muß, um mit den bisherigen Mitteln zurecht zu kommen, und wenn wir weiter wissen, daß wir einer echten Überproduktion oder Bedarfsdeckung jedenfalls sehr nahekommen, dann möchte ich glauben, daß man mit marktkonformen Mitteln hier einiges tun könnte. Man sollte eventuell überlegen, für den Fall, daß eine Überproduktion akut wird, aufzuhören mit der Stützung der Milch, die über eine bestimmte Milchmenge in einer bestimmten zurückliegenden Zeit hinaus künftig



    Köhler
    noch angeliefert wird. Das ist das wirkungsvollste Mittel. Dann bekommt die Milch in dem Umfange, wie wir sie bisher angeliefert haben, die nur zu 80 bis 90 % den Bedarf deckt, ihre Stützung in bisheriger Höhe weiter, und der Anreiz, immer weiter zu produzieren, entfällt.

    (Abg. Kriedemann: Darf ich hier eine Frage stellen?)

    — Bitte sehr!


Rede von Herbert Kriedemann
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wie wird sich das wohl auf die Leute auswirken, die ohne ihre Schuld in den vergangenen Jahren schlechtere, weniger leistungsfähige Kühe gehabt haben und die dank der Beratung nun endlich nachziehen?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Otto Köhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Richtig! Aber auch dem muß man ja Rechnung tragen.

    (Abg. Kriedemann: Wie denn?)

    — Ich sagte Ihnen schon, daß die Milchmenge allein dadurch, daß die Umstellung der Tbc-kranken und bangkranken Kühe auf gesunde rasch vonstatten geht, immer mehr zunimmt, selbst bei gleicher Kuhzahl immer größer wird. Darauf muß man sich eben beizeiten einstellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist keine Beantwortung der Frage!)

    — Wollen Sie eine Frage stellen? (Zuruf von CDU/CSU: Höhere Preise?!)

    — Nein! Das war bisher richtig. Aber wenn die höheren Preise zu einer immer höheren Produktion führen, muß man eben bei einem bestimmten Punkt Schluß machen, und ich habe gesagt —

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Wenn Sie alle zugleich reden, kann ich sowieso nichts verstehen.

    (Abg. Bauknecht: Sie sprechen von einer Verbesserung der Ertragslage durch höhere Preise?!)

    — Ja! Vielleicht bin ich da falsch verstanden worden. Es geht doch nicht allein um die Milch. Wir sind froh, wenn wir bei der Milch den Preis halten können. Wir haben doch schon die Andeutung gehört; wir wissen doch, daß von 2 und 3 Pf Subventionen gesprochen wird. Meine Vorschläge garantieren zumindest die Beibehaltung der 4 Pf für die Zukunft.

    (Abg. Kriedemann: Aber nicht für alle!)

    — Nein, das ist für die überschüssige Milch auch nicht notwendig.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Bei der Trinkmilch wäre es ganz gut, wenn man sich einmal überlegte — was vorhin schon andeutungsweise gesagt wurde —, daß man zu einem Verzehr der rohen, nicht erhitzten und nicht pasteurisierten Milch übergehen sollte, weil wir heute schon eine ausreichende Zahl von Betrieben haben, die bang- und Tbc-frei sind. Wenn ich Verbraucher wäre, würde ich von der Milch, die oft recht bläulich aussieht, nicht mehr kaufen, als ich unbedingt kaufen müßte. Wenn man aber 3,5 %ige, vielleicht 3,75%ige Milch bekommen kann, wird das, glaube ich, den Verbrauch ganz wesentlich heben. Wenn wir in der Milchwirtschaft Schwierigkeiten hinsichtlich der Verwertung von Magermilch entgegengehen, dann — so habe ich mir überlegt — wäre sehr wahrscheinlich ein praktischer Weg, die Pulverisierung der Magermilch fortzusetzen und nach Möglichkeit auszuweiten. Man brauchte den Mischfuttermitteln nur 11/2% Magermilchpulver beizumischen, und schon wäre das Magermilchproblem vorläufig gelöst.

    (Abg. Kriedemann: Wird das Mischfutter dadurch billiger?)

    — Nein! Das braucht es nicht einmal. Das liegt in der Richtung, Herr Kollege Kriedemann — da werden wir bestimmt nicht einer Meinung sein —, daß es unter Umständen sehr nützlich sein kann, wenn die Futtermittel etwas verteuert werden. Ich brauche nur an die Schweinemast zu erinnern. Wenn das zugunsten der Landwirtschaft geschieht, ist es gar kein Fehler. Wir können so Produkte verschleißen, mit denen wir sonst nichts anfangen können. Von dem Roggen will ich gar nicht reden!

    (Abg. Kriedemann: Das ist ein Todesurteil für die kleine und kleinste Landwirtschaft!)

    — Nein, das ist ein Irrtum von Ihnen! Die kleine Landwirtschaft hat gerade von den Maßnahmen, die bisher bei der Milchwirtschaft getroffen worden sind, am meisten profitiert. Ähnliche Möglichkeiten sind nach meiner Meinung auch bei einer Einwirkung auf den Käsemarkt gegeben. Die allzu frühe Liberalisierung des Käses hat auch den Käsemarkt zum Zusammenbruch gebracht. Ich glaube also, daß man hier auf diesem Wege etwas erreichen könnte.
    Eine dritte Anregung geht dahin, daß es notwendig ist, auf ein ungerechtfertigtes Preisgeschehen Einfluß zu nehmen, weil die Endpreise unserer Erzeugnisse uns letzten Endes bei den Verbrauchern psychologisch belasten. Diese psychologische Belastung können wir heute nicht mehr vertragen; wir haben schon zuviel davon hinnehmen müssen.
    In diesem Zusammenhang möchte ich ein ernstes Wort zum heutigen Brotpreis sagen. Die Mehlsubventionen sind fortgefallen. Die Reports sind etwas höher geworden, und auch die Getreidepreise wurden um 10 DM je Tonne erhöht. Ich habe die Zahlen mit Angehörigen des Backgewerbes besprochen, und ich möchte vorausschicken, daß ich in meinen Überlegungen mit sehr vielen Leuten aus diesem Gewerbe absolut konform gehe. Um so notwendiger ist es vielleicht, diesen Gedankengängen zu folgen. Wir haben eine Verteuerung für den Sack Mehl von 3,20 DM bekommen; dazu sind dann gewisse Aufschläge gemacht worden, um Lohnerhöhungen, Kostenerhöhungen usw. abzufangen. Die Mühlen durften bei ihrer Lieferung an die Bäcker 5,10 DM pro Doppelzentner mehr nehmen. Das bedeutet, daß. wenn aus einem Doppelzentner Mehl 130 bis 133 kg Brot gebacken werden, dieses Brot um 4 Pf teurer werden muß. Man hat 6 Pfennig zugestanden, um gewisse andere Kosten-



    Köhler
    erhöhungen gleich mit abzufangen. Nun wurde aber in einigen großen Städten der Brötchenpreis von 7 auf 8 Pf erhöht, und jetzt soll Presseberichten zufolge ganz generell noch einmal der Brotpreis erhöht werden. Die Brötchenpreiserhöhung um 1 Pf bedeutet eine Mehreinnahme von 25 bis 28 DM pro Doppelzentner Mehl bei einer reellen Verteuerung von 5,10 DM. Diese Dinge hier einmal in aller Öffentlichkeit anzusprechen, scheint mir notwendig zu sein.
    Eine weitere Anregung bezieht sich auf den Kapitalmarkt. Es wird doch niemand ernstlich behaupten wollen, daß auf diesem Gebiet bisher auch nur das Allerbescheidenste geschehen ist. Man soll doch nicht auf die vielen gezielten Kredite hinweisen, die in die Landwirtschaft geflossen sind. Sie sind in ihrer Höhe noch nicht einmal so bedeutungsvoll wie in ihrer Zahl. Man hat mir gesagt, es seien weit über hundert. Ich weiß es nicht, jedenfalls sind es sehr viele, und es sind wahrscheinlich weit über hundert verschiedene Zins- und Amortisationsbedingungen damit verbunden. Diese sogenannten gezielten Kredite wurden nach Beratung von allen möglichen Stellen — hierauf komme ich noch einmal zurück — in die Landwirtschaft hineingepumpt. Man kann nicht behaupten, daß sie in allen Fällen, obgleich sie gezielt waren, richtig gewesen sind. Weil man dem Bauern selbst die Entscheidung weitgehend genommen hat, über die Mittel zu verfügen, die er unbedingt investieren muß, hat er zuweilen zu Mitteln für Sonderzwecke gegriffen, die er sonst, wenn er frei hätte verfügen können, nicht gewählt hätte. Er hätte sehr oft und sehr gern etwas anderes und sehr viel Wichtigeres mit den Mitteln gemacht.

    (Beifall rechts.)

    Bei den Mitteln, die in die Landwirtschaft hineingeflossen sind, handelt es sich nicht um das ruhige, sichere, langfristige Geld, das sie braucht. Der Herr Vorredner hat schon darauf hingewiesen, daß weit über die Hälfte unserer Verschuldung kurzfristiger Art ist. Es sind teure Gelder, die Landwirtschaft ist vom Kapitalmarkt absolut ausgeschlossen.

    (Abg. Richarts: Gestatten Sie eine Frage, Herr Kollege?)

    — Bitte sehr.