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    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksache 222) — Erste Beratung — 629 A Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Einzigen Europäischen Versammlung (Drucksache 236) Dr. Mommer (SPD) 629 B Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirt- schaft (Drucksachen 200, zu 200; Umdrucke 15, 16, 17, 19) in Verbindung damit Antrag der Fraktion der DP betr. Nachtrag zum Grünen Bericht 1958 (Drucksache 138 [neu]) Lücker (München) (CDU/CSU) . . . 629 C Kriedemann (SPD) 635 B Bauknecht (CDU/CSU) 648 B Köhler (FDP) 656 A Rehs (SPD) 664 B Dr. Preiß (DP) 666 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 671 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . . 675 B Struve (CDU/CSU) 681 A Nächste Sitzung 682 D Anlagen 683 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 629 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 683 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 28. 2. Frau Albrecht 3.3. Altmaier 28. 2. Arndgen 28. 2. Dr. Baade 28. 2. Dr. Atzenroth 28. 2. Dr. Barzel 28. 2. Bazille 18.3. Dr. Becker (Hersfeld) 15.3. Behrisch 28. 2. Benda 28.2. Berendsen 28. 2. Birkelbach* 28. 2. Dr. Birrenbach* 28. 2. Conrad" 28. 2. Dr. Dahlgrün 28. 2. Dr. Deist" 28. 2. Deringer 27. 2. Dr. Dittrich 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 27. 2. Dr. Dollinger" 28. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 28. 2. Eschmann 27. 2. Even (Köln) 28. 2. Faller 7.3. Felder 31.3. Frehsee 28. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Funk 28. 2. Dr. Furler* 28. 2. Gottesleben 28. 2. Dr. Greve 28. 2. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 27. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 10.3. Höhne 28. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Illerhaus 28. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 28. 2. Jürgensen 31.3. Kalbitzer 27. 2. Kiesinger 28. 2. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Könen (Düsseldorf) 28. 2. Dr. Kopf* 28. 2. Dr. Kreyssig* 28. 2. Kühlthau 28. 2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze 28. 2. Leber 28. 2. Dr. Leiske 27. 2. Lenz (Brühl)* 28. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31.3. Ludwig 28.2. Mellies 8.3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mensing 28. 2. Dr. Menzel 27. 2. Dr. von Merkatz* 28. 2. Metzger" 28. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8.3. Müller (Erbendorf) 28.2. Frau Nadig 27. 2. Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28. 2. Dr. Oesterle* 28. 2. Ollenhauer* 28. 2. Paul 28. 2. Pelster" 28. 2. Dr.Philipp" 28.2. Dr. Preusker 28. 2. Rademacher 28. 2. Rasch 28. 2. Reitzner 28. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 8.3. Frau Rudoll 27. 2. Scheel* 28. 2. Scheppmann 27. 2. Siebel 1.3. Dr. Siemer 28. 2. Solke 28. 2. Stahl 28. 2. Stauch 28. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stenger 15.3. Frau Strobel 28. 2. Wacher 28. 2. Wagner 28. 2. Wehner* 28. 2. Weimer 28. 2. Dr. Werber 27. 2. Dr. Willeke 27. 2. Frau Wolff (Berlin) 27. 2. Anlage 2 Umdruck 15 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein 10-Jahres-Programm für die Durchführung und Finanzierung der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur (Flurbereinigung, Wasserwirtschaft, Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe) vorzulegen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion * für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kahle und Stahl 684 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 Umdruck 16 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Zwecks beschleunigter Durchführung der Flurbereinigung wird der dafür vorgesehene Zuschuß von 60 Mio DM so erhöht, daß damit 50 v. H. (bei Sonderkulturen und in landwirtschaftlichen Notstandsgebieten bis zu 70 v. H.) der Kosten gedeckt werden, die aus der Flurbereinigung von jährlich 350 00 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche entstehen. Ferner sind die Kreditverbilligungsmittel so zu erhöhen, daß die für die Zusammenlegung der vorgenannten Fläche erforderlichen restlichen Mittel zu den der Aufgabe Angemessenen Zinssätzen aus dem Kapitalmarkt beschafft werden können, soweit sie nicht von den Ländern direkt aufgebracht werden. Der Anteil der Grundstückseigner am Restbetrag ist vom Bund vorzufinanzieren und nach zwei Freijahren im Rentenverfahren einzuziehen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion Umdruck 17 Antrag der Abgeordneten Höcherl, Bauer (Wasserburg), Fuchs, Krug, Lücker (München) und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200), h i e r : Milchleistungsprämie. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Milchleistungsprämie im Rahmen des Grünen Planes nach Möglichkeit in der bisherigen Form und Höhe unter Ausschöpfung aller Gegebenheiten fortzuführen. Dabei sollen insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: 1. Die Notwendigkeit fortschreitender Qualitätsanforderungen zur Erlangung der Milchleistungsprämie wird grundsätzlich bejaht. Der Landwirtschaft ist aber für die betriebswirtschaftliche Einstellung auf die steigenden Anforderungen eine ausreichende Zeit einzuräumen. 2. Die fortschreitenden Qualitätsanforderungen sind zu gegebener Zeit so abzustufen, daß Qualitätsgefälle und Prämiengefälle sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. 3. In Verfolg von § 1 des Landwirtschaftsgesetzes sind alle marktmäßigen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit die Erfolge der Milchleistungsprämie gesichert werden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, durch stärkere Inanspruchnahme des Bundesausgleichs das zu starke Erzeugerpreisgefälle im Bundesgebiet angemessen auszugleichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Höcherl Bauer (Wasserburg) Fuchs Krug Lücker (München) Dr. Aigner Bauereisen Demmelmeier Drachsler Dr. Franz Frau Geisendörfer Dr. Gleissner (München) Dr. Görgen Freiherr zu Guttenberg Dr. von Haniel-Niethammer Kemmer Dr. Kempfler Klausner Kramel Frau Dr. Kuchtner Lermer Dr. Baron Manteuffel-Szoege Meyer (Oppertshofen) Memmel Niederalt Frau Dr. Probst Ruland Schlee Schütz (München) Seidel (Dorfen) Stiller Sühler Unertl Wieninger Wittmann Dr. Zimmermann Umdruck 19 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP zur Beratung des Berichts -der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Anstrengungen im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu verstärken, um im Sinne des Land- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 685 wirtschaftsgesetzes den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Umdruck 20 Entschließungsantrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß das im Landwirtschaftsgesetz angesprochene Gesetzesziel, „die für die Landwirtschaft bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen", wiederum nicht erreicht wurde. Auch mit den von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen (Grüner Plan 1956 und 1957) konnte die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsbereichen nicht wesentlich gebessert werden. Die neue Vorlage (Grüner Plan 1958) trägt, ungeachtet der Nützlichkeit von Einzelmaßnahmen, den Erfordernissen auch nicht Rechnung. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, mit den in § 1 des Landwirtschaftsgesetzes angesprochenen Mitteln der allgemeinen Wirtschafts-und Agrarpolitik — insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik — Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen des Grünen Plans nicht wiederum durch falsche Anwendung der Handels- und Wirtschaftspolitik entwertet werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dürr Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Lenz (Trossingen) Dr. Maier (Stuttgart) Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Dr. Stammberger Walter Weber (Georgenau) Umdruck 21 Antrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Druchsachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß die Qualitätszuschläge für Milch in unveränderter Weise (4 Pf je kg) weiter gezahlt werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Walter Weber (Georgenau)
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    Rede von Herbert Kriedemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Warten Sie mit dem Klatschen; es ist immer noch nicht so weit. — Das Olympia-Werk ist mir bekannt. Es sind mir mehrere solcher Unternehmungen bekannt. Ich weiß z. B., was das Land Hessen an der Zonengrenze in geradezu großartiger Weise getan hat. Und wenn die Mittel dazu nicht ausgereicht haben, wenn es nur an den Mitteln gelegen hätte und nicht an der mangelnden Initiative des Bundeswirtschaftsministers oder des Kabinetts oder der Regierungskoalition, dann hätte es auch bei Ihnen gelegen, die Mittel aufzustocken. Wir werden das also bei den Haushaltsberatungen vorschlagen. Das alles ändert aber nichts an der Tatsache, daß über die Frage immer nur geredet worden ist, wie wir Arbeitsplätze aufs Land bringen, damit sich die Dinge so wunderbar entwickeln, wie Herr Kollege Lücker sie geschildert hat; und ich stimme Ihrer herrlichen Vorstellung über diese Entwicklung zu: die Leute bleiben auf dem Land wohnen und finden dort Arbeit, die sie auch ernährt. In dieser Richtung ist also viel mehr geredet als getan worden.
    Ich sage noch einmal: wenn ich Mitglied der Regierungspartei wäre, dann würde ich mit Prognosen und Beschwörungen in dieser Beziehung etwas vorsichtiger sein und würde etwas mehr tun. Wir sitzen hier nicht über dem ersten Grünen Bericht. Das Problem ist auch nicht erst seit vorgestern oder seit dem letzten Haushaltsjahr oder seit zwei Haushaltsjahren bekannt. Wir haben eine, wie Sie finden, erfreuliche Kontinuität in der Regierung, und in den neun Jahren hätte schon ganz bestimmt mehr passieren können und müssen. Schließlich haben



    Kriedemann
    wir auch auf diesem Gebiet kostbare Zeit verwirtschaftet, was wir uns leider nicht leisten können.
    Ein anderes Beispiel dafür, was die Wirtschaftspolitik der Landwirtschaft schuldig bleibt! Hier ist neulich von dem Minister mit Recht gesagt worden, daß sich immer noch soundso viele, Zehntausende, Hunderttausende Landfrauen fürchterlich quälen müssen, weil ihnen die Einnahmen dafür fehlen, die Maschinen und Geräte kaufen zu können, die man zur Erleichterung der Hausarbeit nun einmal braucht. Ich habe dem Minister schon während seiner Rede gesagt: Mit ein bißchen mehr Wettbewerb in diesen Bereichen und ein bißchen mehr Kontrolle der Spannen und der Rabatte ist da natürlich auch viel mehr zu machen als mit der Forderung „Es muß da alles anders werden".
    Das gleiche gilt für jene andere, sehr sympathische Geschichte, auf die der Minister neulich aufmerksam gemacht hat: daß man in Amerika langfristige Programme zur Versorgung der Landwirtschaft mit billigen Maschinen hat. Ich wiederhole, was ich neulich nur in Form eines Zwischenrufes gesagt habe: mit einer aktiven und mit einer einfallsreichen Wirtschaftspolitik kann man überhaupt eine ganze Menge machen. Ich bin glücklich darüber, es nicht vertreten zu müssen, daß wir das nicht getan haben, was unsere Landwirtschaft in dieser Beziehung höchst nötig hat. Die ganzen Vorwürfe — das habe ich auch neulich schon gesagt —müssen an die richtige Adresse gerichtet werden. Aber die richtige Adresse, meine Damen und Herren, ist die Ihre; denn Sie sind ja sozusagen der Wirtschaftsminister, die Regierung und die Wirtschaftspolitik. Alles, was hier an Anklagen erhoben wird, richtet sich nicht an Unbekannt oder was weiß ich; Besatzungsmächte haben wir ja nicht mehr, früher waren es diejenigen, die an allem schuld hatten. Das richtet sich an diejenigen, die diese Dinge hätten ändern können, und das sind halt Sie.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Lassen Sie mich anschließend noch zwei Betrachtungen im Rahmen meiner Stellungnahme zum Grünen Bericht anstellen. Erstens einmal die Vorausschau! Jahrelang haben wir uns immer wieder anhören müssen, daß der Grüne Bericht den einen großen Fehler habe, daß er immer zu spät komme, daß immer über eine Zeit berichtet werde, die schon längst vorbei sei. Wir alle, die dies beklagt haben, haben darauf aufmerksam gemacht, daß es leider gar nicht anders geht. Denn man kann halt nicht über Dinge berichten, die noch gar nicht passiert sind, über die man noch gar nichts weiß. Wenn wir eine gründliche Durchleuchtung und Auswertung der Buchführungsunterlagen vornehmen wollen, müssen wir abwarten, bis die Buchführung abgeschlossen und das Material aufgearbeitet ist. So ergibt sich zwangsläufig, daß der Bericht, wenn man so will, immer etwas hinter den gegenwärtigen Tatsachen herhinkt — was ich übrigens nicht für einen Mangel halte. Es will ja sowieso kein vernünftiger Mensch aus dem Ergebnis des Berichts, etwa in Mark und Pfennig ausgedrückt, irgend
    etwas ableiten. Der Bericht soll uns nur zeigen, in welcher Richtung tendenziell vorgegangen werden muß, um den unbefriedigenden Zustand, der ja nicht nur der Zustand eines Jahres ist, nachhaltig und tiefgehend genug zu verändern.
    Nun haben wir in diesem Jahre zum erstenmal eine Vorschau auf das nächste Jahr erhalten. Das ist auch wieder nicht richtig. Dabei ist es durchaus solide, diese Vorschau anzustellen; denn die entscheidenden Faktoren sind ja schon bekannt. Die Ernte des Jahres, über das eine Vorschau gegeben wird, ist die Ernte des laufenden Landwirtschaftsjahres, das bekanntlich vom 1. Juli bis zum 30. Juni läuft. Sie ist schon in den Scheuern, zum großen Teil sogar verwertet, und es läßt sich über dieses Jahr schon eine ganze Menge sagen.
    Ich muß gestehen, daß ich mit großem Vergnügen die zahlreichen Kritiken an dieser Vorschau zur Kenntnis genommen habe. Es hat mir deutlich gemacht, wieviel Leute auch heute immer noch von der Vorstellung ausgehen, man könne solche Feststellungen auf ein bestimmtes, vorher ins Auge gefaßtes Ziel abstellen. Wenn die Vorschau etwa so gelautet hätte, daß man hätte sagen müssen: „Wir haben wieder eine schlechte Ernte und wieder einen nassen Herbst, und es ist noch schlimmer geworden", dann wäre das denen, die die Vorschau so leidenschaftlich gefordert haben, genauso zupasse gekommen und sie hätten sagen können: „Wieder nur 300 Millionen mehr, ist das nicht eine Schande?" usw. usw. Man hat nun offenbar gewisse Sorgen darüber, daß es im nächsten Jahr eben auch buchmäßig anders aussehen wird. Wenn man erkennt, daß es sich um Feststellungen handelt, die nur für ein Jahr gelten, könnte man vielleicht sagen, die Not ist gar nicht so groß. Es gibt sehr interessante Zahlen in diesem Bericht, aus denen man schließen kann, daß das, was in dem Bericht ein dicker Minuspunkt ist, im Jahr darauf voraussichtlich ein ganz beträchtlicher Pluspunkt sein wird. Plötzlich hat man ein Haar in der Suppe gefunden.
    Ich möchte für meine Freunde sagen, daß wir diese Vorschau durchaus für nützlich halten, schon weil sie immer wieder unterstreicht, hier wird nicht etwa eine Enquete über die Landwirtschaft gemacht, als wäre sie etwas Statisches, das 20, 30 Jahre so bleibt, wie wir das einmal fotografiert haben, sondern es handelt sich dabei um einen Jahresbericht. Und wir wissen alle, wie das in dem einen Jahre auf- und in dem anderen Jahre abgeht und daß man aus den Feststellungen eines Jahres nicht allzu weitgehende Folgerungen ziehen kann.
    Dann noch eine Bemerkung zur Preispolitik. Es wird ja jetzt wieder sehr viel darüber gesprochen, daß die landwirtschaftlichen Preise in die Höhe gehen müßten. Es ist soeben hier schon angeführt worden, daß auch diese Preise, wenn das in der gewerblichen Wirtschaft nicht anders würde, heraufgesetzt werden müßten. Ich sehe dem mit aller Fassung und größter Ruhe entgegen. Das einzige, was mich veranlaßt, jetzt dazu etwas zu sagen, ist die Sorge, es könnte hier eine Illusion entstehen. Herr Lücker hat darauf aufmerksam gemacht —



    Kriedemann
    auch der Herr Minister hat es neulich sehr eingehend getan —, wie sehr wir uns mit manchen Produkten der Bedarfsgrenze nähern. Und in diesem Augenblick hat so etwas wie Zölle, Einfuhrschutz usw. natürlich überhaupt keine Bedeutung mehr. In diesem Augenblick ist es überhaupt sehr fraglich, wie denn nun die Preise doch in die Höhe gebracht werden können.
    Ich habe neulich in einer großen deutschen Tageszeitung einen Artikel von einem Mann gelesen, der so gelehrt ist, daß er unter einen Pseudonym schreibt; und trotzdem weiß jeder, daß es ein Professor ist.

    (Heiterkeit.)

    Er hat etwa so argumentiert — ich muß sagen, daß ich es für eine skandalöse Argumentation gehalten habe —, die deutsche Landwirtschaft opfere jetzt auf dem Altar der übrigen Wirtschaft Tausende von Betrieben, deshalb könne die deutsche Landwirtschaft nun auch von der übrigen Wirtschaft ihrerseits mal ein Opfer verlangen. Das wäre die geforderte Preiserhöhung. Demgegenüber ist ganz deutlich zu sagen, daß die deutsche Landwirtschaft gar nicht daran denkt, auf dem Altare irgendwelcher Interessen irgend etwas zu opfern. Es wäre auch sehr töricht, wenn sie das täte. Aus der Zeit sind wir allmählich heraus, in der die Landwirtschaft ein ständiger Opfergang war. Die Landwirtschaft ist und muß immer mehr ein nüchternes, normales Geschäft werden, bei dem derjenige, der dieses Geschäft betreibt, zunächst mal an sich denkt, wie das alle anderen auch tun. Wir sollten uns und dem Bauern nicht einreden, daß er nicht an sich, sondern an das Vaterland, an die Volksernährung oder so etwas denken solle. Das ist patriotisch sehr beliebt. Das ist außerdem auch sehr billig für die anderen, die sich solche Opfer, die der Landwirtschaft aber immerhin außerordentlich teuer zu stehen kommen, darbringen lassen. Deshalb sollte man auf eine solche Argumentation verzichten. Die Landwirtschaft denkt gar nicht daran, irgend etwas zu opfern.
    Aus der Tatsache, daß Betriebe verschwinden, die zu klein sind, um die Arbeitskraft eines Mannes rentabel verwerten zu können, können nun am allerwenigsten Ansprüche abgeleitet werden. Ansprüche an die Wirtschaft auf Erhöhung der Preise sind in diesem Falle schon deswegen unsinnig, weil derjenige, der aus der Landwirtschaft herausgeht, dann doppelt bestraft würde. Er müßte nämlich, weil er kein Landwirt mehr ist, höhere Preise zahlen, an denen nur die Spaß haben, die drin bleiben.

    (Sehr wahr! bei der SPD. — Heiterkeit.)

    Noch einen Satz zu dem Thema der kostendeckenden Preise. Das ist ein ganz neues Schlagwort! Früher war es die Parität, jetzt sind es die kostendekkenden Preise. Heute wird man auf Ehre und Gewissen gefragt: Sind Sie für kostendeckende Preise oder nicht? Es gibt eine neuere Untersuchung, aus der hervorgeht, daß Preiserhöhungen oder Produktionskostensenkungen für die kleinen Betriebe sich anders auswirken als für die großen Betriebe. Das ist für uns nichts Neues; das haben wir mehrmals gesagt. Das bedeutet, daß man gerade in den Bereichen, in denen von einem echten Notstand gesprochen werden kann, mit Preiserhöhungen, selbst wenn man sie auf dem Markt würde durchsetzen können, nicht helfen kann. Deswegen wird man sich überlegen müssen, ob man nicht an Stelle dieser billigen und gängigen Formel, die zunächst gar nichts kostet, von der man vielleicht selber nicht glaubt, daß man sie durchsetzen kann, zu wirksameren Maßnahmen kommen kann; die gibt es nämlich. Aber man sollte sich darüber einigen, daß es eine recht trostlose und der Landwirtschaft, auf deren Rücken das alles ausgetragen wird, höchst abträgliche Demagogie ist, wenn jemand immer von kostendeckenden Preisen, von höheren Preisen, von Preiserhöhungen redet, ohne die Courage zu haben, zu sagen, welchen Preis er nun konkret im Auge hat und welchen Preis er ansteuert.
    Meine Freunde haben in dieser Beziehung eigentlich nur einen Wunsch: daß hier endlich einmal die Karten auf den Tisch gelegt werden. Hier soll rechtzeitig gesagt werden, welchen Preis man denn will. Wir haben vor zwei Jahren, glaube ich, im Wege einer Großen Anfrage die Regierung gefragt, welchen Schweinepreis, welchen Rinderpreis, welchen Preis für Butter sie für richtig hält und welchen Preis sie mit ihren Einrichtungen, mit den Einfuhr-und Vorratsstellen ansteuern will. Wir haben darauf leider keine Antwort bekommen. Man hat uns gesagt, solche Preise könnten nicht genannt werden; es gäbe dann nur Enttäuschungen. Ich finde, solche Preise müssen genannt werden, wenn man darüber irgendwelche konkreten Vorstellungen hat. Das muß schon im Interesse des inneren Friedens geschehen, damit niemand überrascht wird und sich überfahren vorkommt und damit alle mit ihren Löhnen und Renten und mit ihren Überlegungen sich auf dieses neue Niveau einstellen können.

    (Zuruf von der FDP: Können Sie uns die Löhne nennen, die im Endeffekt angestrebt werden?)

    — Das ist gar nicht meine Aufgabe. Es hat noch niemals jemand von einer dauernden Lohnsteigerung gesprochen. Es hat noch niemals jemand von kostendeckenden Löhnen geredet. Es gibt heute noch eine ganze Menge Leute in Deutschland, die keine kostendeckenden Löhne haben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Da sich die Löhne sehr stark nach den Preisen richten, besonders nach den Lebensmittelpreisen, ist es an den Propagandisten der kostendeckenden Preise, einmal ganz klipp und klar zu sagen, was sie eigentlich wollen, zumal da sie die Möglichkeit haben — wenn es dafür eine Mehrheit gibt —, es durchzusetzen. Wir haben ja für ganz entscheidende Bereiche die Marktordnung, wir haben die Einfuhr-und Vorratsstellen und wir haben die Möglichkeit, auf dem Markt zu intervenieren, um irgendeinen gewünschten Preis durchzusetzen. Aber das muß dann endlich einmal aus der Ebene der bloßen Drohungen und Forderungen und Parolen heraus. Da muß dann, wie man sagt, „Butter bei die Fische getan werden", da muß der Preis genannt werden.
    Auch wir sind unverändert der Meinung, daß der Strukturwandel, wie er sich anbahnt — nicht wie er veranstaltet worden ist, sondern wie er sich im



    Kriedemann
    Zuge der Entwicklung anbahnt —, nicht aufgehalten werden darf. Ich möchte das mit allem Nachdruck unterstreichen und mich zusammen mit Herrn Lücker gegen die Leute wenden, die so tun, als würden hier Menschen vom Land vertrieben, als würden hier Menschen sozusagen mit dem weißen Stock ins Elend geschickt. Hier ist noch niemandem ein Stück Land weggenommen worden, hier sind noch niemandem Bedingungen mit der Absicht gestellt worden, daß er von selber aufgeben oder sich aufhängen soll. Alles, was sich in der Richtung der Abwanderung aus der Landarbeit, in der Richtung der Veränderung der Zahl der Betriebe getan hat, ist auf eine durchaus verantwortbare Weise freiwillig geschehen. So soll es unserer Meinung nach auch bleiben. Wir haben nur zu bedauern, daß wir auch hier wieder kostbare Jahre verloren haben, Jahre, die uns diesen Prozeß sehr leicht gemacht hätten, leichter, als er vielleicht in der nächsten Zukunft sein wird. Denn in den Zeiten der Hochkonjunktur, der überhitzten Konjunktur, des Schreiens nach Arbeitskraft wäre es natürlich sehr viel leichter gewesen, neue Arbeitsplätze für die Menschen zu schaffen, die in der Landwirtschaft nun einmal keine produktive Existenz mehr finden, als es vielleicht in späterer Zukunft sein wird.
    Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß dieser Strukturwandel nicht aufgehalten werden darf. Er muß sich nach wirtschaftlichen Gesetzen vollziehen. Das einzige, was wir zu tun haben, ist, daß wir ihn mit allem Verantwortungsbewußtsein gegenüber den Menschen zu betrachten haben, die in diese Entwicklung hineingezogen werden und die wir nicht
    ihrem Schicksal überlassen wollen. Wir müssen für sie für neue Arbeitsplätze und andere, geordnete soziale Verhältnisse bis hin zu der Sicherheit der Währung sorgen, damit das, was sie erarbeiten und anders als in Land anlegen, genauso wertbeständig ist wie das Land. Das muß schon deshalb geschehen, weil wir nur auf diese Weise Chancen haben, freiwerdendes Land dort hinzubringen, wo es am dringendsten gebraucht wird, nämlich zur Aufstockung anderer, zu kleiner Betriebe, damit sie das werden, was man landläufig eine Ackernahrung nennt, also was für eine normale bäuerliche Familie die Arbeits- und Einkommensgrundlage bildet. In dieser Beziehung gibt es also keine Meinungsverschiedenheiten.
    Anders ist es schon in der Frage, wie wir erreichen, daß die Entwicklung nicht aufgehalten wird. Was tun wir nun, damit sie sich in der unter sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verantwortenden Weise vollzieht? Ich komme damit zum Grünen Plan, also zu den Maßnahmen, die die Bundesregierung in diesem Jahre zusätzlich zu ergreifen beabsichtigt.
    Zunächst einmal muß ich sagen, daß ich es sehr bedaure, daß wir es in diesem Jahre bis zum heutigen Tage noch nicht einmal zu einem Haushaltsplan gebracht haben. Da wir nicht wissen, wie der Haushaltsplan, insbesondere der Einzelplan 10 aussehen wird, können wir noch nicht mit allerletzter Sicherheit sagen, ob die Aufstockung der Mittel für den dritten Grünen Plan wirklich eine Aufstockung ist oder ob nicht vielleicht das eine oder andere im
    Haushalt wieder eingespart wird. Nach dem, was man über das neue Verfahren des Herrn Finanzministers hört, der seinen Kollegen jetzt einen festen Betrag auf den Tisch legt und sagt: Sieh zu, wie du damit fertig wirst — ein Verfahren, das ich persönlich für durchaus richtig halte —, muß man sich da wohl auf einiges gefaßt machen. Ich bin gespannt, ob auf die Frage, ob im Haushalt nun auch nichts von dem eingespart wird, was wir früher mal drin gehabt haben, eine konkrete Antwort gegeben werden kann. Ich könnte mir vorstellen, daß das bei dem Stand der Regierungsberatungen über den Haushalt noch gar nicht möglich ist. Was wir in diesem Jahre insgesamt für die Landwirtschaft einsetzen können, wissen wir zuverlässig und genau jedenfalls erst dann, wenn der Haushaltsplan verabschiedet ist. Weil er in diesem Jahre offensichtlich ein bißchen spät kommt, will ich noch einmal ausdrücklich sagen, wie sehr wir bedauern, daß er so spät kommt.
    Es ist auch noch abzuwarten, wie sich die Verschiebung bestimmter Mittel auf den Kapitalmarkt für die Durchführung der entsprechenden Aufgaben auswirken wird. Denn es ist immer besser. wenn man aus dem Haushalt Geld hat und wenn man weiß, zu welchen Bedingungen man es kriegt, als wenn es sich in einigen Bereichen sozusagen zunächst um ungefangene Fische handelt. Wenn der Kapitalmarkt das nicht hergibt oder nicht zu Bedingungen, die für die Landwirtschaft erträglich sind, würde höchstens der Finanzminister Spaß daran haben; der würde nämlich entsprechende Anteile der für die Zinsverbilligung eingesetzten Mittel behalten, und das ginge dann hier auch noch ab. Man muß also erst abwarten, wie das läuft.
    Unsere größte Sorge konzentriert sich darauf, daß in diesem Jahre das Verhältnis zwischen den für die Strukturverbesserung eingesetzten Mitteln und den Mitteln für diese unseligen ungezählten Subventionen noch ungünstiger geworden ist. Dabei glauben wir, daß eigentlich doch niemand bezweifeln sollte, daß die Strukturverbesserung dasjenige ist, worauf es ankommt. Sie ist nicht nur ein Schwerpunkt unter vielen, sie ist der Punkt, auf den es ankommt. Denn allen Leuten ist doch klar, daß gerade wir in unseren Verhältnissen, mit den zahlreichen anzuschaffenden Düsenjägern und was weiß ich für teure Dinge, uns nicht auf unabsehbare Zeit eine Subventionierung der Landwirtschaft erlauben können, wie das vielleicht in Amerika möglich ist. Deshalb müssen wir schauen, daß wir so schnell wie möglich einen möglichst großen Teil der Landwirtschaft auf eigene Füße stellen, und das bedeutet in erster Linie eine Verbesserung der Wirtschaftsgrundlagen, eine Verbesserung der Struktur.
    Vielleicht haben viele von Ihnen — und das ist ja keine Schande, wenn man sich nicht mit landwirtschaftlichen Dingen befaßt; alle anderen Lebens-, Wirtschafts- und politischen Bereiche haben ihre völlig gleichberechtigte Bedeutung — jetzt zum erstenmal an Hand der draußen in der Vorhalle ausgestellten ausgezeichneten Modelle wirklich gesehen, was Flurbereinigung eigentlich bedeutet.



    Kriedemann
    Wenn Sie dort an der linken Seite auf den roten Knopf drücken und dann über die ganze Feldmark verstreut die Stückchen, Fetzchen und Eckchen des Landbesitzes eines Bauern sehen und wenn Sie sich vorstellen, wie dieser arme Mann das alles bewirtschaften soll, wird Ihnen sehr schnell klar, daß das ein sehr unrentables, unwirtschaftliches Geschäft ist. Der Mann braucht doch buchstäblich für die Wege zwischen seinen Stücken mehr Zeit, als er Zeit hat, diese Stücke selber zu bearbeiten. Es gibt überhaupt keine denkbare Preiserhöhung oder irgendeine andere Maßnahme, die für dieses Handicap einen Ausgleich bieten könnte, ganz abgesehen davon, daß es auch keine Maßnahme gibt, die für die Überbeanspruchung der Menschen, für den Zwang, sich mit einer so trostlosen Situation abzufinden, einen Ausgleich gibt. Deshalb müssen wir in dieser Beziehung viel mehr tun. Das sage ich nicht mit der Geste eines Mannes, der in der Opposition sitzt und es sich leicht macht, sondern aus der Überzeugung, daß nur dann, wenn wir unsere Anstrengungen, auch unsere finanziellen Anstrengungen, auf diesen Punkt konzentrieren, eine Chance besteht, unsere Landwirtschaft leistungsfähig am Leben zu erhalten. Schließlich haben wir nicht beliebig Zeit. Wir sind nicht in der Situation der Dänen vor 200 Jahren. Wir leben am Anfang des Gemeinsamen Marktes, am Anfang einer völlig neuen wirtschaftlichen Situation. Auch ohne den Gemeinsamen Markt verändern sich ja die wirtschaftlichen Verhältnisse so, daß sie die Landwirtschaft vor neue Probleme stellen. Und wenn wir ihr nicht helfen, diese Aufgaben so zu lösen, wie sie wirtschaftlich vertretbar gelöst werden können, kommt sie nicht über die Runden. Deswegen halten wir den dafür eingesetzten Betrag für entschieden zu klein. Wir haben nach dieser Richtung einige Anträge vorgelegt, zu denen wir uns im Laufe der Debatte noch äußern werden.
    Auf der anderen Seite ist der Betrag für die ungezählten Subventionen noch angewachsen. Ich bin kein prinzipieller Gegner von Subventionen. Ich bin vielmehr davon überzeugt, daß man bestimmte Tatbestände für bestimmte Zeiträume nur mit dem Mittel der Subventionen ausgleichen kann. Aber zwischen solchen Subventionen und Veranstaltungen wie der Düngersubvention oder der Milchsubvention ist doch ein himmelweiter Unterschied. Es sollte doch eigentlich jedem sofort aufgehen, daß wir nicht auf unabsehbare Zeiten solche Beträge aufbringen können und daß es völlig aussichtslos ist, so unterschiedlichen Verhältnissen, wie sie in unserer Landwirtschaft nun einmal mit großen und kleinen Betrieben, auf guten und schlechten Böden, mit diesem und jenem von der Natur bestimmten Wirtschaftssystem gegeben sind, mit der gleichen Methode zu Leibe rücken zu wollen. Es ist nun einmal eine Tatsache, daß es Leute gibt, die nur über das Milchgeben ihrer Kühe nachdenken und die außerdem noch ausgezeichnete Futtergrundlagen für diese Kühe haben, und daß es andere Leute gibt, die nicht nur wesentlich schlechtere Futtergrundlagen haben, sondern ihre Kühe auch noch zum Arbeiten benutzen müssen. Mit dieser Tatsache wird man nicht fertig, ihr wird man nicht ge-
    recht, wenn man sagt: Jeder von denen kriegt den gleichen Subventionsbetrag für jeden abgelieferten Liter Milch. Das ist für die einen ganz interessant, aber für die anderen ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Nun haben wir im vergangenen Jahr unsere Bedenken in dieser Richtung schon sehr nachdrücklich zum Ausdruck gebracht. Wir haben jetzt die Genugtuung, daß sich etwas davon anscheinend — ich sage es ganz bescheiden — als richtig erwiesen hat; denn der Minister hat angekündigt, daß in diesem Jahre die Milchsubvention den Betrag von 400 Millionen DM unter keinen Umständen überschreiten darf. Da wir im vergangenen Jahre 480 Millionen DM dafür ausgegeben haben, bedeutet das einen Abbau. Das beweist nur, daß wir uns mit den ungezielten Subventionen auf einen Weg begeben haben, der in Wirklichkeit eine Sackgasse ist, und ich bin sehr begierig, ob nun das passiert, was der Minister neulich beschworen hat, daß der Geist alle erleuchte, damit sie erkennen, wie sie aus dieser Sackgasse wieder herauskommen.
    Eines möchte ich für meine Freunde sagen. Damit ist es nicht getan, daß man jetzt erklärt, es müsse also weniger produziert werden. In den Bereichen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist nun einmal die Produktionssteigerung die Voraussetzung dafür, daß ein höheres Einkommen erzielt wird, und wir schneiden den Leuten den Lebensfaden ab, wenn wir ihnen eine solche Produktionssteigerung unmöglich machen. Es ist ein großes Unglück und rächt sich jetzt bitter, daß durch diese ungezielte Maßnahme ein Strukturwandel in der Milchviehhaltung unterbrochen worden ist, der glücklicherweise schon in Gang gekommen war — zugunsten der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Gang gekommen war —, so daß jetzt plötzlich Leute den Kuhstall interessant finden, von denen wir wünschen, daß sie ihn viel weniger pflegten, weil das, was konsumiert werden kann, eben in den anderen landwirtschaftlichen Bereichen erzeugt werden sollte und nicht denen, die nicht ausweichen können, von solchen, die ausweichen könnten, weggenommen werden darf.
    Unsere Sorge ist vor allem, daß man jetzt möglicherweise auf Kosten der falschen Leute spart. Man hört davon, daß von einem nahe bevorstehenden Termin an nur noch tbc- und bangfreie Milch aufgenommen werde und die andere dann unter den Tisch falle. Die Bauern, ob große oder kleine, haben sehr erhebliche Anstrengungen gemacht, um ihre Bestände zu sanieren; aber bei manchen — und gerade bei vielen kleinen — hat es ja nicht am schlechten Willen gelegen, daß man damit nicht fertig geworden ist, sondern einfach an dem Umstand, daß man es sich finanziell nicht leisten konnte. Wir haben in Anerkennung der Tatsache, daß die Sanierung eine sehr kostspielige Angelegenheit ist, Ihnen Jahr für Jahr vorgeschlagen, die Bundesbeiträge für die Beseitigung der Tbc wesentlich zu erhöhen; aber das ist leider immer wieder abgelehnt worden.

    (Abg. Dr. Conring: Sie hatten vergessen, einen Deckungsvorschag zu machen!)




    Kriedemann
    — Ach, Herr Conring, Sie wissen genau, daß wir, wenn wir hier einen Vorschlag machen, keinen Deckungsvorschlag zu machen brauchen. Außerdem habe ich ein paar Deckungsvorschläge gemacht; aber die haben Ihnen auch wieder nicht gepaßt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich weiß z. B. im Hinblick auf den Mißbrauch der Marktordnung eine ganze Menge Deckungsmöglichkeiten, wenn man nur bereit wäre, da einmal rechtzeitig heranzugehen; aber anscheinend tun wir das dann auch zu spät. Wenn ich mir vorstelle, daß es eine ganze Menge Leute gibt, die z. B. ihre Bestände schon deswegen nicht sanieren können, weil sie nicht in der Lage waren, ihre Wirtschaftsgebäude entsprechend zu ändern, dann habe ich die große Sorge, daß unter dieses Fallbeil gerade diejenigen fallen, die Hilfe am nötigsten haben und denen man am wenigsten vorwerfen kann, daß sie bisher nichts getan haben. Wir werden uns im Ausschuß um eine entsprechende Lösung bemühen und dabei hoffentlich Ihre Zustimmung finden, daß man, wie gesagt, nicht bei den verkehrten Leuten spart, wie wir es überhaupt, unbeschadet unserer Ablehnung jeder ungezielten globalen Maßnahme, für sehr bedenklich halten, daß man nun ausgerechnet die Milchsubventionen zum Ausgangspunkt einer neuen Überlegung macht und zugleich die Düngersubvention noch weiter aufstockt. Wenn man schon von diesem großen Berg, auf den man selber leichtsinnigerweise hinaufgeklettert ist. hätte herunter wollen, dann hätte sich nach unserer Überzeugung für einen solchen Abbau der Subventionen — man kann ja nicht immer bloß Verbrauchersubventionen abbauen, auf die Dauer jedenfalls nicht, wie es jetzt mit dem Brotpreis geschehen ist — die Düngersubvention sehr viel besser angeboten.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Sie können es mir nicht übelnehmen, wenn ich ein bißchen den Verdacht habe, daß gerade die Kreise, die hier in der bunten Übersicht braun angezeichnet sind — das hat mit der politischen Farbe, in diesem Fall jedenfalls, nicht immer etwas zu tun —, weil sie aus dem Schneider heraus sind, vielleicht nicht damit einverstanden waren — wir wissen, daß sie die größten Düngerverbraucher sind —, daß nun einmal bei ihnen gespart wird. Das ist natürlich sehr bedauerlich; denn dann bleiben wieder die Kleinen auf der Strecke.
    Noch ein Wort zur Milch. Ich sagte schon: wir können jetzt nicht so aus der Verlegenheit helfen, daß wir sagen: Dann muß halt weniger Milch produziert werden, dann muß jetzt generell die Produktion zurückgehen. Vielmehr müssen wir jetzt angesichts des Risikos und der Gefahren, die Sie mit Ihren Subventionen da heraufbeschworen haben — ich darf guten Gewissens sagen: trotz unserer sachlich gut begründeten Warnung vor den falschen Anreizen, die aus einer solchen Subvention notwendigerweise nach Adam Riese und nach dem kleinen volkswirtschaftlichen Einmaleins entstehen mußten —, große Anstrengungen machen, um unseren Milchverbrauch zu steigern. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, daß es in Deutschland so eine von den alten Germanen stammende Gewohnheit sei, wesentlich weniger Milch zu trinken als in anderen Ländern.
    Aber auch das darf natürlich nicht bloß zu einer Redensart von allen Seiten werden, etwa im Sinne von „Ja, ja, das muß jetzt geschehen", sondern hier müssen wir endlich einmal wirklich etwas tun. Daß ich hier nicht so völlig ohne Erfahrung rede, wissen Sie aus unseren Bemühungen um eine Auflockerung der Milchmarktordnung, die zum Ziel hatte, die Milchqualität zu heben und den Zugang zur Milch leichter zu machen; denn der Verbraucher kann ja nicht durch Gesetz gezwungen werden, Milch zu verzehren, sondern man muß es ihm leicht machen, man muß es ihm schmackhaft machen, und es muß ihm auch möglich sein, Milch zu bekommen. Unserer Meinung nach muß mindestens ein Betrag von 20 Millionen für eine zeitgemäße, moderne Milchwerbung eingesetzt werden, und das nicht nur ein Jahr, sondern mindestens zwei bis drei Jahre. Angesichts der Werte, die hier für die Landwirtschaft auf dem Spiele stehen, ist ein solcher Betrag für Werbung durchaus gerechtfertigt.
    Nun, mit dem Geld allein ist es nicht getan. Man muß es außerdem auch noch richtig ausgeben. Es genügt also nicht, wenn Leute, die in Bonn nicht mehr gebraucht werden können, nach Frankfurt geschickt werden, um dort Milchwerbung zu betreiben. Da muß man einmal wirklich neue Wege gehen, und dann wird man auch ankommen.
    Aber die Werbung allein tut es auch nicht. Wir müssen nicht bloß Plakate kleben oder solche Scherze machen; wir müssen die Verbraucher auch ein bißchen gewöhnen und ein bißchen erziehen. Darum werden wir — das darf ich jetzt schon ankündigen — unseren Antrag auf 50 Millionen für die Schulmilchspeisung wieder einbringen, weil das nämlich das Erziehungsmittel ist, und zwar ein Erziehungsmittel, das sich in vielen, vielen anderen Ländern schon bewährt hat. Es dreht sich nicht darum, zu erörtern, ob es bei uns noch unterernährte Kinder gibt. Dann sagt der Wirtschaftsminister: Bei uns gibt es keine unterernährten Kinder, sie leben alle bestens, schade um die Milch! Es dreht sich jetzt zunächst einmal um die Milch und um die zukünftigen Milchverbraucher, und unter diesem Gesichtspunkt werden wir den Antrag wieder stellen.
    Wir werden auch die Reform der Milchmarktordnung erneut zur Debatte stellen; denn es ist nicht zuletzt diese Frage, die uns Milchverbrauch kostet. Ich will hier gar keine langen theoretischen Ausführungen machen, sondern Ihnen aus der allernächsten Nähe ein Beispiel erzählen, das möglicherweise einige Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause durch den Augenschein kennen. Fünf Minuten von hier liegen ein paar Häuser, in denen ein paar Abgeordnete und eine große Zahl Von Beamten wohnen. Dort hat sich bis vor wenigen Wochen noch das für meinen rustikalen Geschmack liebliche Bild morgens gezeigt, daß der Milchwagen kam. Während der eine Flaschenmilch und Joghurt austrug, verkaufte der andere aus einem Tank Milch,



    Kriedemann
    und eine ganze Horde Kinder stand um den Milchwagen herum. Die Kleinen, die nicht zur Schule gehen, brachten ihren Milchtopf heran, und die Mütter hatten das wohlwollend im Auge, bis es eines schönen Tages verboten wurde. Nun stehen die Frauen in dieser Wohngegend vor der Frage, ob sie nun lose Milch von dem dafür zuständigen Milchhändler holen sollen. Das ist für die Mutter mit ihrem Kind, die dahin laufen muß — man kann die Kinder ja nicht gleich in den Kohlenkeller sperren —, selbst für den Fall, daß die Schranken zufällig hoch sein sollten, was in Bonn auch nicht die Regel ist, ein Geschäft, das mindestens eine halbe Stunde dauert. Wenn die Mütter dafür aber keine Zeit und keine Lust haben, müssen sie Flaschenmilch beziehen. Wir haben einmal ein bißchen herumgefragt, wie die Verbraucher denn auf diese „Ordnungsmaßnahme" reagiert haben. Fast ausnahmslos dadurch, daß sie ihren Milchverbrauch eingeschränkt haben! Sie gaben zur Antwort: Dann nehmen wir halt einen halben Liter weniger, dann kommen wir mit demselben Geld wieder aus. Das ist ein Beispiel, das wir hier vor der Nase haben, ein Beispiel, das vielfältig ist.
    Deswegen sage ich: wenn wir etwas wirksam gegen die Milchschwemme und für die Steigerung des Trinkmilchverzehrs tun wollen, dann müssen sich einige von Ihnen auch von der Vorstellung losmachen, daß ihre Vorfahren das alles schon bestens geordnet haben und daß es geradezu ein Chaos heraufbeschwören würde, wenn wir die Milchmarktordnung einmal auf den Stand der heutigen Erkenntnisse brächten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich möchte mich nicht im einzelnen über die Düngersubvention verbreiten, sondern nur das folgende sagen. Natürlich ist genauso wie bei der Milchsubvention der Tag abzusehen, an dem auch diese Subvention abgebaut wird. Ursprünglich hieß es, das solle eine Anreizmaßnahme sein, die auf drei Jahre berechnet werde. Nun, wir stehen jetzt im vierten Jahr und wir zahlen einen erhöhten Betrag. Diejenigen, die viel Dünger verbrauchen, werden sich darüber sicherlich nicht beklagen. Was aber in dem Augenblick passieren wird, in dem mit dieser Maßnahme einfach aus Haushaltsgründen, aus finanziellen Gründen mehr oder weniger Schluß gemacht wird, das wird ganz bestimmt nicht zum Segen der Landwirtschaft, nicht einmal zum Segen der Düngerindustrie sein; denn das wird für den verbrauchenden Landwirt eine so gravierende Steigerung des Düngerpreises mit sich bringen, daß die Reaktion vorauszusehen ist. Dann wird. der Düngerverbrauch also wieder eingeschränkt.
    Vielleicht glaubt doch der eine oder andere jetzt, daß es klüger gewesen wäre, wenn wir zur Nachhilfe in den Gebieten, in denen der Düngerverbrauch uns nicht befriedigt, gezielte Maßnahmen ergriffen hätten. Wir hätten beispielsweise denen geholfen, die bisher noch keinen oder zu wenig Dünger verwenden, um sie daran zu gewöhnen. Dann hätten wir mit diesen Beträgen unendlich viel mehr und mit einer viel tiefer gehenden Wirkung machen können als mit dieser ungezielten Maßnahme, von der diejenigen am meisten gehabt haben, die es am wenigsten nötig hatten.
    Ich möchte nicht auf jeden einzelnen Punkt eingehen, sondern nur noch die Frage der Mittel für den Wegebau herausgreifen. Wir halten den Wegebau für eine der wichtigsten Aufgaben mit, weil er der Landwirtschaft hilft, leichter, rationeller zu arbeiten und Kosten zu senken. Wir sind nur traurig darüber, daß dieser Titel lediglich mit 50 Millionen ausgewiesen ist. Nachdem wir wissen — und wir haben uns sorgfältig genug erkundigt —, daß sehr viele ausführungsreife Projekte nur aus Mangel an Mitteln nicht mehr in Angriff genommen werden können, werden wir uns dafür einsetzen, daß dieser Betrag mindestens um 50 % erhöht wird.
    Wir begrüßen die Erhöhung der Beträge für die Seßhaftmachung verheirateter Landarbeiter, weil unserer Überzeugung nach zu einer gesunden Agrarstruktur auch eine entsprechende Landarbeiterstruktur gehört, d. h. eine möglichst große Zahl verheirateter Landarbeiter. In dem Grünen Bericht läßt sich ja wunderbar nachlesen, wie verhältnismäßig gut die Arbeitsverhältnisse dort geordnet sind, wo diese Umstellung schon vorgenommen worden ist.
    Lassen sie mich zum Schluß noch auf einen Punkt kommen. Das ist der auf Seite 21 der Anlage zum Grünen Bericht vermerkte ominöse Posten II Ziffer 2 b „Andere landwirtschaftliche Erzeugnisse 72 Millionen". Nun, da kann man auf den ersten Blick sagen: Das ist eine großartige Sache! Es gibt einen Haufen Zeug, warum soll man das alles einzeln aufführen? Es muß etwas für Obst getan werden. Unserer Meinung nach muß sehr viel für den Weinbau und für den Tabakanbau getan werden, damit diejenigen, die nur eine kleine Fläche haben, die sich für eine Spezialkultur eignet, auch auf der kleinen Fläche eine Existenzgrundlage haben und nicht von dem Gespenst der Abwanderung oder des Verlustes ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht werden. Soweit, so gut. Aber — darauf ist neulich schon einmal aufmerksam gemacht worden — in den Erläuterungen steht auch hier ein ganz harmloser Satz, der besagt, daß es sich hier um die Aufrechterhaltung des Anbaues von Ölfrüchten handle.
    Im Zusammenhang damit ist vorsichtig darauf hingewiesen worden, daß ja doch wohl mit dem Roggenpreis mal einiges passieren müsse und daß zum Ausgleich dafür halt etwas für den Raps getan werden sollte. Wir werden uns im Ausschuß und bei jeder anderen Gelegenheit mit aller Kraft bemühen, rechtzeitig zu merken, was da eigentlich beabsichtigt ist. Denn das hört sich auch wieder so fein an: Da gibt es Leute, die bauen Roggen an, und wir haben eine Überproduktion an Roggen, müssen also mit dem Roggenpreis etwas machen, damit nicht noch mehr Roggen produziert wird. Dafür brauchen wir natürlich einen Ausgleich, und da wollen wir jetzt auf Raps umschalten, Raps über den Weltmarktpreis hinaus natürlich. — Das hört sich sehr logisch an, und es haben auch viele schon „Bravo" und „Hurra" gesagt. Aber leider stimmt es nicht ganz genau. Denn derjenige, der darauf angewiesen



    Kriedemann
    ist, Roggen zu bauen, weil sein Boden nichts anderes hergibt, kann nicht einfach auf Raps ausweichen.

    (Zustimmung.)

    Deswegen besteht ein Zusammenhang zwischen dem Roggenpreis bzw. der Veränderung des Roggenpreises und der Förderung des Rapsanbaus nicht.

    (Zuruf des Abg. Dr. Conring.)

    — Herr Dr. Conring, ich bin gewohnt, anderen Leuten zu glauben. Wenn Sie sagen, es ist gar nicht so, dann tröstet mich das. Aber ich fürchte, wir werden uns nachher beide enttäuscht sehen. Denn ein bißchen haben Sie doch wahrscheinlich auch von den erheblichen Anstrengungen mitgekriegt, die von gewisser Seite unternommen werden, um hier nun etwas mehr ins Geschäft zu kommen. Ich will heute schon sagen, daß meine Fraktion mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln und Kräften sich dagegen zu wehren versuchen wird und uns alle dagegen zu schützen versuchen wird, daß man aus einem so kleinen Interessengesichtspunkt heraus eine neue Überproduktion in Gang bringt, für die am Markt dann ebensowenig Platz ist, wie für den Roggen Platz ist.

    (Vorsitz: Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

    Wir haben gemeinsam beschlossen, eine bestimmte Rapsmenge für die Margarineherstellung zu reservieren oder dieser Rapsmenge einen Absatz zu reservieren. Wir haben uns gemeinsam auf einen Preis verständigt, der sehr erheblich über dem Weltmarktpreis liegt, und zwar in der Überzeugung, daß man das wohl allen dabei Beteiligten zumuten kann.
    Wir wissen, daß im Zuge dieser Maßnahme immer mehr Leute Geschmack am Rapsanbau gefunden haben, und zwar keineswegs nur solche, die aus Fruchtfolgegründen gezwungen waren, den Raps anzubauen. Heute stehen wir vor der Frage: Was machen wir denn mit dem Raps, der da mehr angebaut worden ist, ohne den Margarinepreis zu gefährden? Die Margarine ist nun einmal die Basis der Fetternährung für die breite Masse der Bevölkerung. Wir werden die Bevölkerung durch kein Mittel von der Margarine zur Butter hinbringen, solange es uns nicht gelingt, die Butter so billig zu machen wie die Margarine. Selbst durch eine Verteuerung der Margarine schaffen wir das nicht. Wir fragen uns also heute: Wie werden wir mit der Rapsmenge fertig, die nicht ohne Gefährdung des Margarinepreises auf die bisher übliche Weise untergebracht werden kann?
    Wenn wir jetzt, um einem Problem auszuweichen, einen solchen Weg gehen, dann, fürchte ich, haben wir sehr bald das neue Unglück vor uns, daß wir nämlich sehr teuer eingekauften Raps haben, von dem wir nicht wissen, wie wir ihn zu diesem Preis wieder loswerden können. Gerade weil die Haushaltslage in den nächsten Jahren offensichtlich nicht sehr rosig ist, glaube ich, daß es erste Aufgabe aller verantwortungsbewußten Agrarpolitiker ist, die Agrarpolitik gegen den Vorwurf zu verteidigen, sie mache sehr kostspielige und außerdem wirtschaftlich unsinnige Experimente, sie erzeuge nämlich etwas — und reize die Erzeugung
    durch einen hohen Preis an —, was man nachher nur wieder loswerden könne, wenn man diesen hohen Preis wieder heruntersubventioniere. Dann kostet die Sache nämlich noch einmal soviel. Wer von Ihnen möchte gern den Tag erleben, an dem wir uns über solche, na, sagen wir einmal vorsichtig, Torheiten mit nüchtern denkenden Wirtschaftspolitikern und Finanzpolitikern auseinandersetzen müssen? Wir Sozialdemokraten möchten diesen Tag nicht erleben, obwohl wir es leicht hätten. Wir könnten sagen: Das macht man unter euch ab; wir haben rechtzeitig davor gewarnt.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch einmal sagen: Wir halten den Grünen Bericht für einen Fortschritt. Niemand aber sollte sich allzu lautstark auf ihn berufen. Man kann an ihm einiges erkennen, mit ihm zwingend beweisen kann man nur sehr wenig, und wir schaden der ganzen Sache, wenn wir diese Frage allzu breit ausdiskutieren; sie wird dann nämlich nicht unter den Landwirten, unter den Agrarpolitikern ausdiskutiert, sondern in ganz anderen Bereichen.
    Wir sind der Meinung, daß die Verteilung der Mittel, so wie sie jetzt hier vorgesehen ist, unzweckmäßig ist. Darüber hinaus ist die ungezielte Subvention — und hier mein Rapsverdacht, von dem ich glaube, daß es mehr ist als ein bloßer Verdacht — nicht nur unzweckmäßig, sondern sogar außerordentlich gefährlich. Wir haben den dringenden Wunsch — und hier begegne ich mich mit dem Herrn Minister —, daß der Geist alle erleuchten möge. Wir werden ja sicherlich auch in diesem Jahre im Ausschuß wieder Gelegenheit haben, die einzelnen Ansätze noch einmal zu erörtern — mindestens im Rahmen der Diskussion über die zu erlassenden Richtlinien —, und wir gehen an diese Beratung in der Hoffnung und mit der Absicht heran, doch wenigstens einiges ein bißchen besser und schneller wirksam zu machen, als es im Augenblick ist. Denn, meine Damen und Herren, hinter uns steht etwas, was uns zwingt, schnell zu arbeiten: die schnell laufende Zeit. Die Dänen haben gesagt: Damals vor 200 Jahren. Wir können das nicht sagen. Wir haben nicht sehr viel Zeit.
    Auch unserer Überzeugung nach lassen sich die agrarischen Probleme so lösen, daß sie gegenüber der Gesamtwirtschaft und vor der gesamten Bevölkerung verantwortet werden können. Dazu braucht es gar nicht der törichten Argumente von Blut und Boden, vom Blutquell der Nation, vom Hort der Tugend usw. Dazu bedarf es auch nicht des törichten Arguments: das ist eine Lebensversicherung, wenn erst ein Krieg oder eine Krise kommt, können wir uns ernähren.
    Herr Kollege Lücker, ich darf Sie vielleicht in einem Punkt berichtigen. Im Grünen Bericht steht drin, daß wir unsere Ernährung durch unsere Nettoleistung, d. h. wenn wir die eingeführten Futtermittel abziehen, nur zu 68% decken. Das ist gar kein Werturteil.

    (Abg. Lücker [München] : Ich hatte von Bruttoleistung gesprochen!)




    Kriedemann
    — Na, ja, von der Bruttoleistung haben wir wenig, wenn die berühmte Krise oder der berüchtigte Krieg kommt. Dann haben wir Einfuhren nämlich nicht mehr. Deshalb sollten wir hier nicht mit falschen Zahlen operieren und nicht mit Argumenten, die so verstaubt sind, daß sie uns keiner mehr abnimmt. Zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen der Landwirtschaft bedarf es dieser Argumente auch gar nicht. Dazu haben wir sehr viele gute Gründe und nicht zuletzt die Verantwortung vor den Menschen, die in diesen Entwicklungsprozeß hineingestellt sind, zugleich aber auch die Verantwortung vor allen anderen. Denn man kann niemandem etwas geben, ohne daß es ein anderer bezahlen muß. Die Landwirtschaft steht nicht allein im Raum. Und gerade weil sie so sehr darauf angewiesen ist, daß diese Mittel aus einer allgemeinen Zustimmung, einer allgemeinen Sympathie für sie und ihre Probleme aufgebracht werden, sollte man die Verantwortung den anderen gegenüber, denen die Agrarpolitik sympathisch glaubhaft gemacht werden muß, nicht zu kurz kommen lassen.
    Es gibt einen interfraktionellen Entschließungsantrag, den meine Fraktion unterschieben hat. Ich brauche also hier zum Schluß nicht zu sagen, wie wir uns dazu verhalten. Aber ich wiederhole: Wir haben diesen Antrag unterschrieben in der Hoffnung und dem Wunsch, daß es gelingen möge, das eine oder andere in gemeinsamer Beratung doch noch ein bißchen besser zu machen, als es jetzt ist.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, es gefällt mir nicht, daß ich immer wieder an den § 39 der Geschäftsordnung erinnern muß, wo es heißt: „ ... soll nicht länger als eine Stunde sprechen.". Kollege Kriedemann, nehmen Sie mir dies nicht übel.

(Abg. Kriedemann: Der Grüne Plan ist eine wichtige Sache!)

— Das gilt für alle Teile des Hauses.
Das Wort hat der Abgeordnete Bauknecht.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bernhard Bauknecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Erfreuliche an der Rede von Herrn Kriedemann war, aus seinen Ausführungen im Grundsatz heraushören zu können, daß er generell mit dem Grünen Bericht einverstanden ist und generell auch mit den genannten Maßnahmen, abgesehen von den sogenannten globalen Hilfen. Ich werde mir erlauben, Herr Kollege Kriedemann, im Laufe meiner Ausführungen auf Ihre Einwände einzugehen.
    Wenn wir die Ergebnisse des Grünen Berichts insgesamt vor unseren Augen vorbeiziehen lassen und sie kritisch beurteilen, ist, glaube ich, niemand da, der irgendeine Überraschung feststellen kann. Die Entwicklung der Lage der Landwirtschaft im abgelaufenen Jahr deutete von vornherein bereits darauf hin, daß sich im dritten Bericht zeigen wird, daß sich die Lage der Landwirtschaft insgesamt nicht gebessert hat. Ich darf an die Ausführungen
    meines Kollegen Lücker anknüpfen, der ihnen die
    Gründe hierfür mit aller Deutlichkeit angeführt hat.
    Herr Kriedemann, Sie haben vorhin in Ihren Ausführungen geglaubt, sagen zu müssen, daß das Wesentliche die Verbesserung der Agrarstruktur sei und daß man dafür mehr und für die globalen Hilfen weniger hätte einsetzen müssen. Dazu darf ich Ihnen sagen, daß die Zahlen aus dem Grünen Bericht diese Ihre Behauptungen nicht rechtfertigen. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß eine Grundlage die Verbesserung der Agrarstruktur sein muß. Aber die Ergebnisse zeigen doch mit noch größerer Deutlichkeit, daß gerade die strukturell gesunden Betriebe von sich aus nicht imstande waren, ihre Rentabilität so herzustellen, daß die dort beschäftigten Menschen auf den gleichen Lohn gekommen wären wie in der Industrie. Herr Bundesernährungsminister, wir freuen uns ganz besonders darüber, daß Sie sich zu dieser Auffassung gerade in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit ganz betont bekannt haben.
    Ich werde es mir versagen, auf die Einzelheiten der Agrarstruktur einzugehen; einer meiner Fraktionskollegen wird das nachher tun. Wir stellen mit Genugtuung fest, daß die Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiete der Agrarstruktur im Laufe der letzten Jahre zu recht beachtlichen Er- folgen geführt haben. Das darf man hier in aller Deutlichkeit einmal aussprechen. Ich glaube auch, man kann im großen ganzen sagen, daß man auf dem bisherigen Wege fortschreiten sollte.
    Nun zur Frage einer globalen Disparität! Herr Kriedemann, Sie sagten, daß das untunlich sei, und Sie haben gesagt, Sie freuten sich darüber, daß der Bundesernährungsminister auf die Wünsche, die von außen an ihn herangetragen worden sind, nicht eingegangen ist und keine globale Disparität genannt hat. Man kann über diese Frage natürlich verschiedener Auffassung sein. Aber vielleicht wäre es doch ganz zweckmäßig, wenn wir uns über diesen Punkt kurz unterhielten, und zwar deswegen, weil Sie im Grünen Plan heuer wieder wie im letzten Jahr im Anhang die Angabe finden, daß für die Landwirtschaft im abgelaufenen Jahre insgesamt 3 Milliarden DM aus öffentlichen Mitteln aufgewendet worden sind. In der Öffentlichkeit ist mancher der Auffassung, daß diese 3 Milliarden beinahe nicht zu verantworten seien. Wie ist es in Wirklichkeit? In die 3 Milliarden sind eine Reihe von Maßnahmen einbezogen worden, die uns angerechnet werden, die aber in der Stadt eine Selbstverständlichkeit sind: der Straßenbau, die Abwasserbeseitigung, die Versorgung mit Trinkwasser, um nur einiges zu nennen. Man kann das doch nicht als echte Hilfen für die Landwirtschaft bezeichnen. Zweitens sind in den 3 Milliarden auch die Darlehen enthalten, die hier ebenfalls als echte Hilfe bezeichnet werden, die aber doch, wie jeder weiß, wieder zurückgezahlt werden müssen.
    Ich möchte mir erlauben, nun aus der ErtragsAufwands-Differenz eine Zahl zu nennen, die exakt auf dem Grünen Bericht beruht, aufgeteilt nach Bundesländern, Bodennutzungssystemen und Be-



    Bauknecht
    triebsgrößenklassen. Auf Grund dieser Angaben kann man feststellen, daß die Disparität, d. h. das Zuwenig an Einkommen für die in der Landwirtschaft Tätigen im Jahre 1955/56 etwa 31/2 Milliarden betragen hat und im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 3,3 Milliarden. Aus diesen Zahlen können Sie erkennen, daß trotz des großen Einsatzes und der großen Hilfen der beiden Grünen Pläne eine wesentliche Besserung nicht zu erzielen war. Wenn es im Grünen Bericht heißt, daß das Gesamtkapital der Landwirtschaft 90 Milliarden beträgt, und wenn man eine Verzinsung von 31/3 % ansetzt, so ergibt das einen Gesamtbetrag von 3 Milliarden. Wenn man die Disparitätszahlen vergleichen will, muß man entweder sagen: die Landwirtschaft muß auf eine Verzinsung ihres Kapitals vollständig verzichten und hat darüber hinaus den Vergleichslohn auch nicht erzielt, oder aber, wenn man es nur auf den Vergleichslohn bezieht, muß man sagen, daß eben das Einkommen — wie es der Bundesernährungsminister im Grünen Bericht zugegeben hat — nur zu 67 % gedeckt wurde.
    Wenn wir diese Zahlen vergleichen, kann man noch einige andere Betrachtungen anstellen. Mein Kollege Lücker hat davon gesprochen, daß der hier eingesetzte Vergleichslohn bei der gewerblichen Wirtschaft nur 87 % des effektiven Bruttolohnes beträgt. Man hat also erhebliche Abstriche gemacht, weil man nur Industrieverdienste von solchen Arbeitern in den Vergleich hineinbezogen hat, die auf dem Dorf, Tür an Tür mit den Landarbeitern wohnen, und man hat die Pendelzeiten miteinbezogen. Wenn man eine andere Rechnung aufstellte — hier möchte ich an das anknüpfen, was Herr Lücker bereits gesagt hat — und berücksichtigte, daß allein der Unterschied im Stundenverdienst zwischen Industriearbeiter und Landarbeiter schon eine Mark pro Stunde beträgt — bei den Familienangehörigen ist er noch sehr viel größer —, käme man zu einer weiteren Disparität, die zusätzlich noch 13/4 Milliarde ausmacht.
    Ich darf dann noch auf etwas hinweisen. Ich weiß nicht, ob bei diesen Erhebungen auch die freiwilligen sozialen Leistungen in genügender Weise berücksichtigt worden sind, die eben doch ein Großteil der Betriebe von sich aus seinen arbeitenden Menschen noch gibt. Ich habe darauf im letzten Jahr hingewiesen, und ich möchte hier keine Zahlen wiederholen. Aber im großen und ganzen zeigen die Veröffentlichungen der Aktiengesellschaften, daß es sich hier um freiwillige zusätzliche Aufwendungen von einer Größenordnung handelt, die noch weitere 10 bis 15% der effektiv ausgezahlten Löhne und Gehälter für die Arbeiter und Angestellten darstellten. Es gibt sogar eine Reihe von Betrieben, die bis zu 30% und noch mehr für freiwillige soziale Leistungen zahlen. Auch diese Dinge müßte man mit berücksichtigen. Sie bekräftigen das Bild, das hier gegeben worden ist, das also wirklich den bescheidensten Nenner gefunden hat. Diese Zahlen können in ihrer Höhe also keineswegs als übertrieben bezeichnet werden.
    Noch einen anderen Gedanken zur Aufstellung des Vergleichslohns. Wenn an einer bestimmten
    Stelle des Grünen Berichts gesagt wird, daß man die Abwanderung der Kräfte aus der Landwirtschaft begrüße, weil dadurch die Arbeitsproduktivität gesteigert werden könne, so darf man nicht außer acht lassen, wenn an einer andere Stelle gesagt wird, daß durch die Abwanderung der Kräfte die Arbeitsbelastung der Bäuerin viel größer geworden sei und noch ständig zunehme. Ich glaube, wir sollten auch diesen Gedanken festhalten. Wenn von einer Gesamtzahl der Stunden im Jahr von 2700 in der Landwirtschaft ausgegangen wird, so zeigen die Erhebungen einer ganzen Reihe von Agrarsoziologen, von Professoren und Doktoren, die mit diesen Erhebungen beauftragt worden sind, daß die Bäuerin in Wirklichkeit in der Regel 4000 und mehr Stunden im Jahr arbeitet, also praktisch um die Hälfte mehr als das, was hier zur Grundlage genommen wurde. Man müßte sich auch Gedanken darüber machen, ob es unter diesen Umständen gerechtfertigt ist, für eine im Haushalt verpflegte Person 15 % der Arbeitsleistung der Bäuerin jeweils in Abzug zu bringen. Das heißt mit anderen Worten: wenn es sich um eine vierköpfige Familie — das Elternpaar und zwei Kinder — handelt, so wären insgesamt 60 % bereits abzuziehen, und wir kämen zu einer täglichen Arbeitsleistung der Bäuerin von drei Stunden. Ich glaube, daß in der Regel in den Betrieben bis zu 20 ha die Leistung der Bäuerin für den Betrieb weit über drei Stunden beträgt. Die praktischen Gegebenheiten sind hier andere, als sich aus dem Grünen Bericht ergibt. Man sollte auch das bedenken. Wenn man von den 4000 Stunden ausgeht, kann man praktisch doch sagen, daß eigentlich der Ansatz für die Tätigkeit der Bäuerin nicht gekürzt werden sollte, sondern daß ihre Tätigkeit in Wirklichkeit die Leistung von 11/2 Arbeitskräften ausmacht.
    Es erscheint deswegen sehr notwendig, Herr Bundesminister, daß man von den 72 Millionen DM, die in diesem Jahre im Grünen Plan dankenswerterweise offengelassen wurden und über deren Verteilung wir im Ernährungsausschuß diskutieren müssen, auf alle Fälle einen Betrag für die Erleichterung der Hausarbeit der Bäuerin durch Mechanisierung verwendet. Es gibt in der Bundesrepublik immerhin 642 000 echte bäuerliche Familienbetriebe zwischen 5 und 20 ha. Es dürfte gut sein, wenn man hierfür einen beträchtlichen Posten ansetzte.
    Herr Kollege Kriedemann, Sie haben vorhin in diesem Zusammenhang gesagt, man müßte auch die Spannen und die Rabatte, die in den Preisen der Produktionsmittel für die Hauswirtschaft drinstekken, etwas stärker beleuchten. Man müßte eigentlich annehmen, daß der Wettbewerb das Seine dazu beiträgt, diese Spannen auf ein erträgliches Maß zurückzuführen.

    (Abg. Kriedemann: Glauben Sie denn das?)

    — Ich kann Ihnen, Herr Kriedemann, sagen, daß sich zahlreiche Genossenschaften mit der Mechanisierung der Hausarbeit und auch mit Gemeinschaftseinrichtungen befassen. Wir haben in dieser Richtung schon gute Erfolge erzielt.

    (Abg. Kriedemann: Sind die Spannen dadurch kleiner geworden?)




    Bauknecht
    — Ich will jetzt nicht aus der Schule sprechen; aber wir können mit Befriedigung feststellen, daß wir hier einiges erreicht haben.

    (Abg. Kriedemann: Dann ist ja alles in Ordnung!)

    Noch ein weiterer Punkt! Die Einsparungen von Arbeitskräften konnte in der Landwirtschaft nur durch eine stärkere Mechanisierung erzielt werden. Zu dieser Mechanisierung war die Landwirtschaft gezwungen, weil durch die Hochkonjunktur ein sehr starker Sog auf die bäuerlichen Arbeitskräfte ausgeübt wurde und diese in starkem Maße abgewandert sind. Die abgewanderten Arbeitskräfte mußten durch arbeitssparende Maschinen ersetzt werden. Neben den damit verbundenen hohen Kapitalinvestitionen mußten für die verbleibenden Kräfte relativ hohe Löhne gezahlt werden.
    Ich habe bereits im letzten Jahr darauf hingewiesen, wie sich hier die Verhältnisse zuungunsten der Landwirtschaft geändert haben. Ich möchte nur eine Zahl nennen. Ich kann dabei meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß der Herr Bundesernährungsminister Ihnen, meine Herren Kollegen, bei der Verkündung des Grünen Planes ein anschauliches Material über die Entwicklung der Löhne im Verhältnis zu den Verkaufserlösen gegeben hat. Im Jahre 1938 mußte man beispielsweise 2 dz Weizen verkaufen, um einen Monatslöhner — eine männliche Arbeitskraft — entlohnen zu können. Heute braucht man 5 dz. Das heißt mit anderen Worten, wenn die Landwirtschaft nicht so stark rationalisiert
    B hätte, wäre sie nicht in der Lage, diese Löhne zu bezahlen.
    Herr Kriedemann, ich habe gar nichts dagegen. Wir sind durchaus der Auffassung, daß es gelingen muß, in der Landwirtschaft industriegleiche Löhne zu zahlen. Aber man muß ihr die Voraussetzungen hierfür schaffen. Solange die Unterschiede zwischen Ertrag und Aufwand so groß sind, wird man allein mit Maßnahmen auf dem Gebiete der Agrarstruktur nicht helfen können; man wird zunächst weitgehend globale Hilfen brauchen.

    (Abg. Kriedemann: Dann sagen Sie doch mal Ihre Preisvorstellungen, Herr Bauknecht!)

    — Ich werde nachher bei den Maßnahmen zum Grünen Plan noch darauf eingehen.
    Ich habe vorhin von einem hohen Maschinenkapital gesprochen. Ich möchte Ihnen einmal einige Zahlen nennen, damit Sie sich eine Vorstellung darüber machen können, wie groß die Kosten sind, die bei der Mechanisierung eines Betriebes entstehen. Was ich hier vortrage, sind nicht etwa vage Behauptungen, sondern meine Angaben gründen sich auf exakte Untersuchungen der höheren Landbau-schule in Nürtingen. Dort wurde festgestellt, daß in 36 bäuerlichen Familienbetrieben von rund 10 ha Nutzfläche durchschnittlich ein Maschinenkapital je Betrieb von 25 000 DM notwendig ist; d. h. eine Belastung durch die Anschaffung von Maschinen von 2500 DM je ha. Ich will jetzt davon absehen, daß diese Werte bei den Betrieben zwischen 5 und 7 ha weit über 3000 DM hinausgehen.
    Ein Beispiel darf ich ihnen noch nennen. Bei der letzten Rheinischen Landwirtschaftsschau war eine Lehrschau zu sehen, wo man die Maschinen für einen vollmechanisierten 25-ha-Betrieb vorgeführt hat. Der Wert dieser Maschinen belief sich auf 98 000 DM. Das entspricht einer Kapitalbelastung von rund 4000 DM je ha. Damit liegt die rein technische Ausrüstung bereits weit über dem Jahresumsatz.
    Interessant ist es, einen Vergleich mit der Industrie zu ziehen. Mir liegt allerdings kein sehr umfangreiches Material vor. Aber ich habe festgestellt, daß in einer ganzen Reihe von mittleren Industriebetrieben die Investitionen rein technischer Natur — also nicht die Gebäude, sondern die Maschinen, die dort im Zuge der Automation angeschafft werden mußten — zwischen 40 und 45 % eines Jahresumsatzes ausmachen. Wir kommen hier zu einem bestürzenden Schluß, daß nämlich in
    1 000 DM Agrarproduktion eines mechanisierten Betriebes der Landwirtschaft heute schon mehr technische Aufwendungen stecken als in 1000 DM Industrieproduktion. Das Schlagwort von der zurückgebliebenen, zu wenig technisierten Landwirtschaft wäre damit zumindest von der Aufwandsseite her völlig gegenstandslos geworden.
    Nochmals zurück zu diesen Aufwendungen von
    2 500 DM je ha. Wir müssen uns hier, um zu bestimmten Begriffen zu kommen, einmal mit den fixen, unabänderlichen Kosten einer solchen Mechanisierung beschäftigen. Wenn wir annehmen, daß im Jahr 10 % getilgt werden müssen, wobei ich unterstelle, daß eine Reihe von Maschinen ja keine 10 Jahre aushält, wenn wir nur 6% Verzinsung annehmen — in Wirklichkeit müssen für die Technisierung entlehnten Gelder in jedem Fall mindestens 8% gezahlt werden — und wenn wir annehmen, daß der Reparaturkostensatz bei 4 % liegt — das ist ein Minimum —, so kommen wir zu einem festen jährlichen Unkostensatz von 20% des Kapitalbesatzes, mithin zu 500 DM fixen, unabänderlichen Kosten je ha eines mechanisierten Betriebes.
    Was hat das zur Folge? Die laufenden festen Kosten für die Mechanisierung eines bäuerlichen Familienbetriebes betragen bei 10 ha 5000 DM. Wenn diese Mechanisierung sonst keine zusätzlichen Kosten mit sich bringt, so muß in einem solchen Betrieb mindestens eine volle Arbeitskraft ausscheiden. Ist das bei einem 10-ha-Betrieb möglich? Nach unserer Auffassung ist es nur selten möglich, daß man eine volle Kraft einspart.
    Was hat das für weitere Folgen? Es hat zur Folge, daß diese Betriebe genötigt sind, unter allen Umständen den Anteil der fixen Kosten je erzeugten Getreidewert zu senken. Mit anderen Worten, es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als daß sie ihren Betrieb intensivieren. Auch diese bäuerlichen Familienbetriebe sind gezwungen, ihre Bodenproduktion zu erhöhen und zugleich die Veredelungswirtschaft zu forcieren. Ich möchte damit gesagt haben, daß wir nicht zu einer Flächenextensivität kommen können, wie manche Leute meinen, die allein die Erhöhung der Arbeitsproduktivität sehen und zu



    Bauknecht
    sagen wagen, das habe mit einer Flächenproduktivität nichts zu tun.
    Wenn wir diese Dinge richtig betrachten, so müssen wir sagen, daß ein solcher bäuerlicher Familienbetrieb, wenn er zum Ein-Mann-Betrieb kommt, in Wirklichkeit praktisch die gleichen Verhältnisse vorfindet wie vorher. Die Rente ist keineswegs gestiegen, sondern er ist gehalten, sich noch stärker in seinem Betrieb einzusetzen als vor der Mechanisierung.
    Auf die Frage der Investitionsmittel, die hierfür nötig sind, ist bereits mein Kollege Lücker eingegangen. Eins möchte ich aber bei dieser Gelegenheit doch der Öffentlichkeit sagen. Es herrscht sehr oft eine falsche Vorstellung darüber. Man glaubt, das Geld war ja in den Betrieben vorhanden, sie konnten ja mechanisieren. Woher kam das Geld? Wenn man keinen Wald zum Plündern hatte, wurden der Traktor und die übrigen Maschinen über den vorenthaltenen Arbeitslohn der mitarbeitenden Frau und der Kinder angeschafft.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das muß man einmal aussprechen. Man muß auch daran denken, welche Folgen das in vielen Familien hat, und man braucht sich nicht zu wundern, daß die Abwanderung gerade der Familienkräfte so groß ist. Die Menschen sind langsam hellhörig geworden. Wenn sie der Schule entwachsen sind, fragen sie sich: Was sollen wir tun; bleiben wir zu Hause und arbeiten wir im elterlichen Betrieb, bekommen wir bestimmt keinen Lohn, weil dieser Lohn dazu benutzt wird, den Betrieb zu mechanisieren; lernen wir gleich ein Handwerk, haben wir wenigstens etwas. — Ich geben unumwunden zu, daß es auch andere Verhältnisse gibt. Es ist interessant, daß dann, wenn der Betrieb unter die Familiengrenze sinkt, wenn er zu einem Nebenerwerbsbetrieb wird, wo der Betriebsinhaber hauptberuflich in der Industrie arbeitet, es sehr viel leichter ist zu mechanisieren als in einem echten bäuerlichen Familienbetrieb, weil man dort eben über das Einkommen aus der Industrie verfügt.
    Man wird sich also, Herr Bundesernährungsminister, bei den Diskussionen über den Grünen Plan im Ernährungsausschuß auch darüber unterhalten müssen, ob man keine Möglichkeit schaffen kann, die Mechanisierung der Betriebe durch Zinsverbilligungen noch rentabler zu machen. Unter den gegebenen Umständen sind die Verhältnisse sehr schwierig.
    Bezüglich der Notwendigkeit der Intensivierung müssen wir uns die Frage vorlegen, welche Möglichkeiten wir hier eigentlich noch haben. Wenn wir uns umsehen, müssen wir feststellen, daß noch bestimmte Möglichkeiten der Produktion gegeben sind. In dieser Zeit hört man ja immer wieder das Wort, daß die Landwirtschaft am Markte vorbeiproduziere und daß man zuwenig auf den kommenden europäischen Markt Rücksicht nehme. Sie sind in Ihrem Schlußwort auch kurz darauf eingegangen, Herr Kollege Kriedeman. Es ist nicht so, daß die Landwirtschaft am Markte vorbeiproduziere. Man hat die Möglichkeit, durch die Hilfsmaßnahmen, die
    im Grünen Plan gegeben sind, auch in etwa eine bestimmte Steuerung zu vollziehen. Eins müssen wir hier aber im Auge behalten: das Wichtigste ist, die Rentabilität der Bodenproduktion zu erhalten. Es kann nicht die Aufgabe sein, nun mit eingeführten ausländischen Futtermitteln beispielsweise eine fabrikmäßige Veredelungsproduktion in den einzelnen bäuerlichen Betrieben zu inszenieren. Was den Hinweis auf Dänemark betrifft, Herr Kollege Kriedemann, so gebe ich Ihnen zu, daß die Dänen vor 100, 200 Jahren in der glücklichen Lage waren, ihre Agrarstruktur zu verbessern. Aber wenn man sich heute die Verhältnisse der Agrarwirtschaft in Dänemark, das man uns früher immer als Vorbild vorgehalten hat, ansieht, muß man doch sagen, daß die Verschuldung in Dänemark sehr viel größer ist und daß sich die dänische Landwirtschaft, was ihren Absatz anlagt, heute in schwersten Nöten befindet.

    (Abg. Kriedemann: Das werden wir hier bald merken!)

    — Herr Kriedemann, wenn wir heute etwa den gleichen Weg, auch mit billigen importierten Futtermitteln, gingen, wären wir sehr bald in einer Produktionshöhe, aus der wir nicht mehr herauskommen könnten. Ich möchte davor warnen, diesen Weg zu gehen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wenn heute bei uns in der Bundesrepublik beispielsweise 95 Schweine auf 100 ha gehalten werden und in Dänemark 156, obwohl Dänemark weniger besiedelt ist als wir, und wenn wir etwa den gleichen Weg gingen, könnte sich ja jeder einen Vers darauf machen.

    (Abg. Kriedemann: Das hat ja auch keiner vorgeschlagen, Herr Bauknecht, daß wir den gleichen Weg gehen sollen!)

    — Nein, aber in etwa hat es leider aus Ihren Ausführungen geklungen, daß Dänemark in irgendeiner Weise ein Beispiel sein könnte.
    Wir haben noch eine bestimmte Marge, unsere Produktion auf bestimmten Gebieten zu steigern, und ich glaube, daß wir uns bei guten Ernten langsam einer bestimmten Bedarfsdeckung nähern. Aber wir sollten die Dinge nicht dramatisieren. So habe ich kürzlich gehört, es sei ein großer Fehler gewesen, den Rübenpreis zu erhöhen, denn wir seien bald so weit, daß wir zuviel Zucker produzierten. Meine Damen und Herren, die Dinge liegen doch etwas anders. Wenn wir hier näher zusehen, müssen wir feststellen, daß man in bestimmten Gebieten, wo man die Rübenproduktion zu stark ausgedehnt hat, wegen verschiedener Krankheiten — Vergilbungskrankheit, Rübenmüdigkeit — zurückstecken muß und daß neue Gebiete den Rübenbau aufnehmen, etwa in Bayern. Wir werden diese Dinge aufmerksam im Auge behalten. Ich glaube aber, daß keineswegs die Gefahr besteht, daß wir hier zu einer Überproduktion kommen. Ich darf auch noch feststellen, daß die Rübenpreiserhöhung recht bescheiden und die erste seit dem Jahre 1951 gewesen ist und daß die Bauern bisher infolge ihrer Rationalisierung zu den gleichen Preisen pro-



    Bauknecht
    duziert haben, obwohl die Kosten in dieser Zeit eminent gestiegen waren.
    Nun haben Sie, Herr Kollege Kriedemann, hier die Verhältnisse beim Roggen angesprochen. Hier liegen die Dinge so — das wissen Sie genausogut wie ich —, daß Roggen eben eine Getreidefrucht ist, die weitgehend an den leichten Boden gebunden ist, und ich glaube nicht, daß wir in der Roggenproduktion dort zu weit vorgegangen sind, wo man auch andere Früchte hätte erzeugen können.

    (Abg. Kriedemann: Ach herrje! Woher haben wir denn die Überschüsse?)

    — Ich komme gleich darauf.
    Eines möchte ich in diesem Zusammenhang sagen. Wenn man etwa glaubt, dadurch, daß man den Roggenbau einschränkt, unsere Weizenproduktion steigern zu können, dann übersieht man, daß wir dabei auf dem europäischen Markt mit Frankreich in Konflikt kämen, das große Überschüsse an Weichweizen hat, während unser echter Importbedarf in erster Linie Hartweizen betrifft, mit dem eine bestimmte Backfähigkeit des Mehles erzielt wird.

    (Abg. Kriedemann: Und was machen wir mit dem Roggenberg, Herr Bauknecht?)

    — Ich werde gleich darauf zurückkommen.

    (Zuruf von der SPD: Vergessen Sie es aber nicht!)

    Meine Damen und Herren! Wenn man uns gefolgt wäre und im letzten Sommer den Futtergerstepreis an den Roggenpreis herangezogen hätte, wäre nach meiner festen Überzeugung sehr viel mehr Roggen in den Schweinetrog gewandert und nicht zur Ablieferung gelangt; aber weil das eben nicht so war, wurde mehr abgeliefert.

    (Abg. Kriedemann: Das wäre für die Bauern aber auch eine Katastrophe geworden!)

    — Nein! (Abg. Kriedemann: Natürlich!)

    Nachher hat dankenswerterweise, aber vielleicht etwas zu spät, der Herr Bundesernährungsminister den Preis der ausländischen Futtergerste auf eine bestimmte Höhe gebracht.
    Ich darf nochmals darauf hinweisen — ich habe es vorhin schon kurz angeschnitten; Herr Kriedemann, Sie wissen es genausogut wie ich —, daß jeder Futtergetreidepreis unlösbar mit der Rentabilität der Hackfrucht verbunden ist. Wenn der Futtergetreidepreis heruntergeht, hat gerade der bäuerliche Familienbetrieb nicht mehr die Möglichkeit, über die Kartoffel eine entsprechende Produktionsgrundlage für seine Schweinemast zu erzielen. Diese Dinge sollten wir nicht aus dem Auge lassen. Und wenn man heute daran denkt, bei dem kommenden Getreidepreisgesetz die Roggenlieferprämie abzubauen oder ganz zu streichen, so halte ich das für verfehlt. Zu der Zeit, als der Roggen, der in diesem Sommer zum Verkauf stehen wird, angebaut wurde, war der Anbauer noch in dem Glauben, daß er auf die Roggenlieferprämie rechnen könne. Ich möchte also davor warnen, jetzt
    daran zu rütteln. Wir können uns jedoch darüber unterhalten, ob man im Sommer 1959 etwas anderes tun muß.
    Eine Forderung möchte ich hier gleich aufzeigen: Das, was man dann bei Roggen einspart, muß der anderen Hauptfrucht auf dem gleichen Boden, der Kartoffel, in irgendeiner Weise zugute kommen.

    (Abg. Kriedemann: Herr Bauknecht, damit wir uns gut verstehen: Ich habe keinen Vorschlag gemacht!)

    — Ich weiß, aber man kann ja überall in der Presse darüber lesen, von irgend jemand, von irgendeiner Seite kommen doch diese Dinge. Man sollte heute schon im Rahmen der 72 Millionen DM daran denken, etwas Entscheidendes für die Konservierung der Kartoffeln zu tun. Ein großer Teil der Kartoffeln wird immer verfüttert werden müssen, ein kleiner Teil dient als Speisekartoffeln, wenn ich auch glaube, daß die Rückwärtsentwicklung beim Verbrauch von Speisekartoffeln jetzt abgeschlossen ist. Wir sollten uns auch mit diesen Dingen befassen.
    Sie haben vorhin die Frage der Milchprämie angedeutet. Das ist eine wichtige Angelegenheit, aber wir sollten die Dinge nicht dramatisieren. Es ist bestimmt nicht so, daß wir hier Gefahr laufen, etwa zu einer Überproduktion zu kommen. Ich darf doch darauf hinweisen, daß wir im abgelaufenen Wirtschaftsjahr, mit dem wir uns jetzt beschäftigen, noch einen Import von annähernd 50 000 t ausländischer Butter hatten, daß die Reserven der Mehrablieferung aus dem bäuerlichen Betrieb bereits weitgehend erschöpft sind und daß dieses Mehr an Produktion nicht so groß sein wird, wie manche befürchten. Im übrigen ist doch keine der Maßnahmen des vergangenen Grünen Planes gerade bei den kleinen und mittleren Betrieben so ausgezeichnet angekommen wie dieser Förderzuschlag für Milch.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bin mit Ihnen der Auffassung — und diesen Standpunkt haben meine Freunde und ich in der letzten Zeit immer vertreten —, daß es nicht angängig ist, etwa die Bestimmungen für die Erlangung der Milchprämie so zu ändern, daß nur noch die Betriebe etwas bekommen, die Tbc-frei sind. Das wäre unverantwortlich; denn wir haben ja den anderen zugemutet, jetzt mit hohen Kosten in die Sanierung einzusteigen. Ich bin ferner mit Ihnen der Auffassung, daß es sich hier gerade um Betriebe handelt, die wirtschaftlich schwach sind. Es ist völlig unmöglich, daß wir diese Hilfe jetzt unterbrechen.

    (Abg. Kriedemann: Und wie wollen Sie nun die Senkung der Prämie durchführen?)

    — Das lassen Sie unsere Sorge sein. Sie haben die Möglichkeit mitzureden, wenn wir im Ausschuß diese Fragen behandeln.

    (Abg. Kriedemann: Das machen Sie man ganz allein, Herr Bauknecht!)

    — Nein, das kann ich gar nicht ganz allein.

    (Abg. Kriedemann: Aber nicht dramatisieren!)




    Bauknecht
    — Keineswegs.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Bis zu den Wahlen 4 Pfennig und dann weniger!)

    Herr Kriedemann, Sie haben vorhin den Ölfruchtbau angeschnitten. Ich weiß nicht, wie Sie zu der Behauptung kommen, irgend jemand habe gesagt, man solle anstatt Roggen Raps bauen. Glauben Sie, wir wären so töricht?

    (Abg. Kriedemann: Man hört so manches!)

    — Das glauben Sie doch nicht!?

    (Abg. Kriedemann: Dann ist es ja gut!)

    — Ich weiß gar nicht, wer diese Torheit aufgebracht hat, aber ich möchte eine andere Frage an Sie richten. Wenn wir nun bei einer bestimmten Höhe der Kartoffelproduktion angelangt sind und wenn wir auch, sagen wir einmal, bei den Rüben keine allzu großen Margen mehr haben, müssen wir doch denjenigen Böden, die keine klassischen Kartoffelböden sind, weil sie etwas zu schwer sind, und den Böden, auf denen aus den gleichen Gründen keine Zuckerrüben angebaut werden können, für ihre Fruchtfolge etwas anderes bieten, und da ist der Raps eine ausgezeichnete Wechselfrucht innerhalb der Fruchtfolge. Ich glaube, man sollte dieses Problem nicht so leichtfertig von der Hand weisen.
    Was die Frage der Beimischung für Margarine anlangt, so weiß ich nicht, ob wir heute schon an der oberen Grenze angekommen sind, ob es wirklich nicht möglich ist, mehr als 5 % Rapsöl einer guten Margarine beizumischen.

    (Abg. Kriedemann: Herr Bauknecht, lassen Sie sich aufklären: in die gute Margarine geht überhaupt kein Rapsöl hinein, andernfalls ist es eben keine gute Margarine mehr!)

    — Herr Kriedemann, Sie wissen doch auch, daß in anderen Ländern weitgehend Rapsöl zur Herstellung der Margarine verwendet wird und daß diese Margarine wirklich nicht als eine minderwertige Margarine bezeichnet werden kann. Ich glaube, wir sollten diesem Problem unsere Aufmerksamkeit noch stärker schenken, als es bisher der Fall war. Ich bin keineswegs der Auffassung, daß wir diese Dinge ablehnen sollten.

    (Abg. Kriedemann: Dann tun Sie das einmal und sagen Sie, wieviel das kostet, Herr Bauknecht!)

    — Herr Kriedemann, wir werden uns anstrengen und wir werden zur Lösung kommen. Ich habe gar keine Sorge.
    Ich darf noch ein Wort im Hinblick auf den Europäischen Markt sagen. Sie wissen genauso wie ich, daß die Margen sehr klein sind, was eine Ausdehnung der Produktion anlangt. Aber Tatsache ist doch, daß 52 % der Ölfrüchte in den Europäischen Markt — in Deutschland ist es ja sehr viel mehr — eingeführt werden und daß noch eine große Möglichkeit zur Ausdehnung der pflanzlichen Fettproduktion besteht. Irgendwie muß uns doch etwas in dieser Richtung einfallen, wir müssen hier Vorschläge für unsere praktische Landwirtschaft machen; denn sie muß ja auch auf lange Sicht arbeiten
    können und erwartet von uns, daß wir uns hier Gedanken darüber machen.

    (Abg. Kriedemann: Da haben Sie völlig recht! Dann müssen Sie nur die Auswirkungen auf die Preise dazu sagen, wenn Ihnen so etwas einfällt!)

    — Herr Kriedemann, es sind schon Verhandlungen über diese Dinge im Gange.

    (Abg. Kriedemann: Dann ist es gut, dann bin ich beruhigt!)

    — Wir haben uns bereits Gedanken gemacht. Aber Sie glauben doch selber, daß wir bei den Produktionskosten, die bei uns vorhanden sind, nicht zum Weltmarktpreis — was ist der Weltmarktpreis?; das ist der Kampfpreis der Überschußländer — produzieren können, sondern darauf angewiesen sind, genauso wie bei dem Getreide dem deutschen Landwirt auch hier einen höheren Preis zu bieten. Es ist doch weithin bekannt, daß auch der ausländische Bauer einen wesentlich höheren Getreidepreis bekommt, als ihn das betreffende Land dann auf dem Weltmarkt fordert.

    (Abg. Kriedemann: Im Gemeinsamen Markt machen wir die Preise für die anderen ja alle gleich mit, nicht wahr?)

    — Sicher! Wir werden hier einen Weg finden. Keine Sorge! Aber es kann sich nicht darum handeln, daß man den deutschen Getreidepreis, der sich etwa in der Mitte der Preise des Europäischen Gemeinsamen Marktes bewegt, etwa reduziert.

    (Abg. Kriedemann: Das ist also auch Ihre Sorge!)

    Herr Kollege Kriedemann, Sie haben nun nicht gerade besonders lobenswert die Frage der Düngemittelverbilligung angeschnitten. Sie haben sie in der Form, wie sie heute besteht, sogar als „unselige Globalmaßnahme" abgelehnt. Sie haben sich vor allen Dingen gegen die sogenannte Differentialrente gewehrt und haben gesagt, es gebe Leute, denen diese Düngemittelverbilligung nicht zustehe. Herr Kriedemann, ich möchte an Sie einmal die Gegenfrage richten, wie diese Dinge in anderen Produktionen gehandhabt werden. Sie haben die Ausführungen eines Professors durchblicken lassen, der hier die Verhältnisse in der Industrie aufgezeigt hat. Ich möchte mit den gleichen Worten sagen, daß man in der Industrie die gleichen Verhältnisse vorfindet, aber wahrscheinlich noch wesentlich schlimmere, daß man dort einheitliche Preise hat und die Preise auf den abstimmt, der am teuersten produziert. Das ist bei uns gar nicht der Fall. Was wir wollen, ist nur eine Rente für den guten, durchschnittlich wirtschaftenden Betrieb.

    (Zuruf von der SPD: Und das bei Ihrer Wirtschaftlichkeit! — Zuruf des Abg. Kriedemann.)

    — Herr Kriedemann, Sie können uns nicht weismachen, daß diese Düngemittelverbilligung nur bei den größeren Betrieben angekommen ist.

    (Abg. Kriedemann: Das habe ich auch gar nicht gesagt! — Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Rechnen Sie doch einmal die Flächen aus!)




    Bauknecht
    — Natürlich kann man die Flächen ausrechnen. Aber jeder hat doch die Möglichkeit, in seinem Betrieb — so intelligent oder so dumm er ist — möglichst viel anzuwenden. Was die Frage der Futterbaubetriebe angeht, auf die Sie wahrscheinlich abheben wollten, weil man in einem Futterbaubetrieb keine Möglichkeit habe, entsprechend Düngemittel anzuwenden, so sind solche Einwände durch die neuen Maßnahmen und die neuen technischen Einrichtungen, die man hier gefunden hat, widerlegt.

    (Abg. Kriedemann: Sie müssen mir nicht dauernd Sachen unterstellen und sie dann widerlegen, die ich gar nicht gesagt habe!)

    — Herr Kriedemann, Sie haben gesagt, der kleinere Betrieb habe nicht die Möglichkeit, diese Verbilligung in entsprechendem Ausmaß zu gebrauchen.

    (Abg. Kriedemann: Natürlich hat er sie nicht!)

    — Nun, wenn er weniger Hektar hat, sind auch seine anderen Kosten geringer. Sie wollen doch keine Wirtschaftspolitik, bei der man das ganze Land verteilt und jedem gleichviel gibt.

    (Abg. Kriedemann: Gucken Sie sich einmal das Bild bei Gelegenheit an!)

    Ich darf darauf hinweisen, daß durch Hilfsmaßnahmen, und zwar durch gezielte Maßnahmen, die wir im jetzigen Grünen Plan haben, gerade den Futteranbaubetrieben die Möglichkeit gegeben ist, auch entsprechend mehr Dünger zu verwenden. Bisher lief man immer Gefahr, daß man beispielsweise bei einer größeren Stickstoffanwendung schließlich sein Futter schlecht nach Hause bringen konnte, weil es länger braucht, bis man es dürr gemacht hat. Heute kann man über die Welk-silage und über die Unterdachnahme von Heu ohne weiteres größere Stickstoffmengen anwenden, so daß wir die Möglichkeit haben, auch diesen Betrieben entsprechende Chancen zu zeigen.
    Ich darf noch kurz bei der Frage der Milchwirtschaft verweilen, möchte aber im Augenblick nicht auf Butter eingehen, sondern auf die Lage auf dem Käsemarkt. Sie wissen, daß in weiten Gebieten, wo die Käseproduktion zu Hause ist, der Milchpreis keineswegs zufriedenstellend ist. Es ist Ihnen auch bekannt, wo diese Dinge herrühren. Käse ist liberalisiert und kann unumschränkt eingeführt werden. Das ist nun einmal so beschlossen. Wir haben wohl keine Möglichkeit, diese Liberalisierung zuückzudrehen. Aber eines könnte man tun. Wer diese Dinge kennt und wer den Markt aufmerksam beobachtet, der weiß, daß wir in einer zweiten Stufe bei der Käseherstellung eine Produktion von Schmelzkäse haben und daß zwei Drittel des Rohstoffbedarfs — wenn nicht sogar mehr — für die Herstellung von Schmelzkäse vom Ausland eingeführt werden. Hier wäre seitens der Bundesregierung zu erwägen, ohne daß deswegen die Liberalisierung gefährdet würde, d. h. ohne daß das Ausland verärgert würde, ob man den gleichen
    Weg gehen kann, wie ihn beispielsweise die mir benachbarte Schweiz gegangen ist.

    (Abg. Kriedemann: Wird der Schmelzkäse auch billiger werden? Und der Absatz größer?)

    — Der Schmelzkäse würde deswegen nicht teurer werden. Aber die Möglichkeit, die deutschen Käse entsprechend anzubringen, wäre dann größer. In der Schweiz sind die Käseschmelzwerke gehalten, zwei Drittel der Inlandproduktion aufzunehmen, das übrige Drittel können sie dann vom Ausland zukaufen.

    (Abg. Kriedemann: Machen wir das doch auch!)

    Wir haben kein Interesse daran, Herr Kriedemann, daß etwa die Qualitätskäse von der Einfuhr ausgeschlossen werden, sondern wir wünschen einen echten Wettbewerb auch für unsere Käsereien. Aber diesen Weg könnte man gehen, dafür zu sorgen, daß auch die minderwertigere Ware bei uns abfließt.

    (Abg. Kriedemann: Darf ich eine Frage stellen?)

    — Bitte schön!