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    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksache 222) — Erste Beratung — 629 A Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Einzigen Europäischen Versammlung (Drucksache 236) Dr. Mommer (SPD) 629 B Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirt- schaft (Drucksachen 200, zu 200; Umdrucke 15, 16, 17, 19) in Verbindung damit Antrag der Fraktion der DP betr. Nachtrag zum Grünen Bericht 1958 (Drucksache 138 [neu]) Lücker (München) (CDU/CSU) . . . 629 C Kriedemann (SPD) 635 B Bauknecht (CDU/CSU) 648 B Köhler (FDP) 656 A Rehs (SPD) 664 B Dr. Preiß (DP) 666 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 671 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . . 675 B Struve (CDU/CSU) 681 A Nächste Sitzung 682 D Anlagen 683 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 629 14. Sitzung Bonn, den 27. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 683 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 28. 2. Frau Albrecht 3.3. Altmaier 28. 2. Arndgen 28. 2. Dr. Baade 28. 2. Dr. Atzenroth 28. 2. Dr. Barzel 28. 2. Bazille 18.3. Dr. Becker (Hersfeld) 15.3. Behrisch 28. 2. Benda 28.2. Berendsen 28. 2. Birkelbach* 28. 2. Dr. Birrenbach* 28. 2. Conrad" 28. 2. Dr. Dahlgrün 28. 2. Dr. Deist" 28. 2. Deringer 27. 2. Dr. Dittrich 28. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 27. 2. Dr. Dollinger" 28. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 28. 2. Eschmann 27. 2. Even (Köln) 28. 2. Faller 7.3. Felder 31.3. Frehsee 28. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Funk 28. 2. Dr. Furler* 28. 2. Gottesleben 28. 2. Dr. Greve 28. 2. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 27. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 10.3. Höhne 28. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Illerhaus 28. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 28. 2. Jürgensen 31.3. Kalbitzer 27. 2. Kiesinger 28. 2. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Könen (Düsseldorf) 28. 2. Dr. Kopf* 28. 2. Dr. Kreyssig* 28. 2. Kühlthau 28. 2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze 28. 2. Leber 28. 2. Dr. Leiske 27. 2. Lenz (Brühl)* 28. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31.3. Ludwig 28.2. Mellies 8.3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mensing 28. 2. Dr. Menzel 27. 2. Dr. von Merkatz* 28. 2. Metzger" 28. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8.3. Müller (Erbendorf) 28.2. Frau Nadig 27. 2. Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28. 2. Dr. Oesterle* 28. 2. Ollenhauer* 28. 2. Paul 28. 2. Pelster" 28. 2. Dr.Philipp" 28.2. Dr. Preusker 28. 2. Rademacher 28. 2. Rasch 28. 2. Reitzner 28. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 8.3. Frau Rudoll 27. 2. Scheel* 28. 2. Scheppmann 27. 2. Siebel 1.3. Dr. Siemer 28. 2. Solke 28. 2. Stahl 28. 2. Stauch 28. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stenger 15.3. Frau Strobel 28. 2. Wacher 28. 2. Wagner 28. 2. Wehner* 28. 2. Weimer 28. 2. Dr. Werber 27. 2. Dr. Willeke 27. 2. Frau Wolff (Berlin) 27. 2. Anlage 2 Umdruck 15 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein 10-Jahres-Programm für die Durchführung und Finanzierung der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur (Flurbereinigung, Wasserwirtschaft, Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe) vorzulegen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion * für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kahle und Stahl 684 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 Umdruck 16 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Zwecks beschleunigter Durchführung der Flurbereinigung wird der dafür vorgesehene Zuschuß von 60 Mio DM so erhöht, daß damit 50 v. H. (bei Sonderkulturen und in landwirtschaftlichen Notstandsgebieten bis zu 70 v. H.) der Kosten gedeckt werden, die aus der Flurbereinigung von jährlich 350 00 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche entstehen. Ferner sind die Kreditverbilligungsmittel so zu erhöhen, daß die für die Zusammenlegung der vorgenannten Fläche erforderlichen restlichen Mittel zu den der Aufgabe Angemessenen Zinssätzen aus dem Kapitalmarkt beschafft werden können, soweit sie nicht von den Ländern direkt aufgebracht werden. Der Anteil der Grundstückseigner am Restbetrag ist vom Bund vorzufinanzieren und nach zwei Freijahren im Rentenverfahren einzuziehen. Bonn, den 25. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion Umdruck 17 Antrag der Abgeordneten Höcherl, Bauer (Wasserburg), Fuchs, Krug, Lücker (München) und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200), h i e r : Milchleistungsprämie. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Milchleistungsprämie im Rahmen des Grünen Planes nach Möglichkeit in der bisherigen Form und Höhe unter Ausschöpfung aller Gegebenheiten fortzuführen. Dabei sollen insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: 1. Die Notwendigkeit fortschreitender Qualitätsanforderungen zur Erlangung der Milchleistungsprämie wird grundsätzlich bejaht. Der Landwirtschaft ist aber für die betriebswirtschaftliche Einstellung auf die steigenden Anforderungen eine ausreichende Zeit einzuräumen. 2. Die fortschreitenden Qualitätsanforderungen sind zu gegebener Zeit so abzustufen, daß Qualitätsgefälle und Prämiengefälle sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. 3. In Verfolg von § 1 des Landwirtschaftsgesetzes sind alle marktmäßigen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit die Erfolge der Milchleistungsprämie gesichert werden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, durch stärkere Inanspruchnahme des Bundesausgleichs das zu starke Erzeugerpreisgefälle im Bundesgebiet angemessen auszugleichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Höcherl Bauer (Wasserburg) Fuchs Krug Lücker (München) Dr. Aigner Bauereisen Demmelmeier Drachsler Dr. Franz Frau Geisendörfer Dr. Gleissner (München) Dr. Görgen Freiherr zu Guttenberg Dr. von Haniel-Niethammer Kemmer Dr. Kempfler Klausner Kramel Frau Dr. Kuchtner Lermer Dr. Baron Manteuffel-Szoege Meyer (Oppertshofen) Memmel Niederalt Frau Dr. Probst Ruland Schlee Schütz (München) Seidel (Dorfen) Stiller Sühler Unertl Wieninger Wittmann Dr. Zimmermann Umdruck 19 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP zur Beratung des Berichts -der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Anstrengungen im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu verstärken, um im Sinne des Land- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1958 685 wirtschaftsgesetzes den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen. Bonn, den 27. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Umdruck 20 Entschließungsantrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß das im Landwirtschaftsgesetz angesprochene Gesetzesziel, „die für die Landwirtschaft bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen", wiederum nicht erreicht wurde. Auch mit den von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen (Grüner Plan 1956 und 1957) konnte die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsbereichen nicht wesentlich gebessert werden. Die neue Vorlage (Grüner Plan 1958) trägt, ungeachtet der Nützlichkeit von Einzelmaßnahmen, den Erfordernissen auch nicht Rechnung. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, mit den in § 1 des Landwirtschaftsgesetzes angesprochenen Mitteln der allgemeinen Wirtschafts-und Agrarpolitik — insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik — Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen des Grünen Plans nicht wiederum durch falsche Anwendung der Handels- und Wirtschaftspolitik entwertet werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dürr Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Lenz (Trossingen) Dr. Maier (Stuttgart) Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Dr. Stammberger Walter Weber (Georgenau) Umdruck 21 Antrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Druchsachen 200, zu 200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß die Qualitätszuschläge für Milch in unveränderter Weise (4 Pf je kg) weiter gezahlt werden. Bonn, den 27. Februar 1958 Mauk Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat Dr. Hoven Keller Dr. Kohut Margulies Mischnick Murr Dr. Rutschke Spitzmüller Walter Weber (Georgenau)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Die Sitzung ist eröffnet.
    Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich folgendes bekanntgeben. Durch interfraktionelle Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert um die
    Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (Drucksache 222).
    Ich schlage Ihnen vor, die Angelegenheit vorweg zu behandeln. — Damit besteht Einverständnis.
    Ich schlage Ihnen vor, da auf Begründung und
    Aussprache verzichtet wird, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wiedergutmachung zu überweisen. — Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen.
    Wir kommen nunmehr zu Punkt 1 der Tagesordnung:
    Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Einzigen Europäischen Versammlung.
    Wird hierzu das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Mommer.


Rede von Dr. Karl Mommer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident, eine kleine Berichtigung der Vorlage Drucksache 236. In Punkt 3 sollte es der Klarheit wegen in der zweiten Zeile nicht „bis zur gesetzlichen Regelung der Wahl der Vertreter der Bundesrepublik in die Versammlung" usw., sondern „bis zur Neuwahl auf Grund einer gesetzlichen Regelung" usw. heißen. Ferner ist in der ersten Zeile von Punkt 2 „der Versammlung" in „dieser Versammlung" zu ändern.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren, Sie haben die beiden Berichtigungen gehört und machen sie zum Inhalt der Vorlage. — Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
    Ich komme nunmehr zu Punkt 2 der Tagesordnung:
    a) Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200; Umdrucke 15, 16, 17, 19);

    (Drucksache 138 Die Anträge der Fraktionen werden im Rahmen der Debatte begründet. Das Wort hat der Abgeordnete Lücker. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine glückliche Fügung, die der heutigen Debatte der Sache nach sehr zustatten kommt, daß zwischen der Vorlage der Regierungserklärung und der heutigen Aussprache eine ausreichende Zeit zur Verfügung gestanden hat, die uns allen in diesem Hause ermöglicht hat, uns eingehend mit dem Grünen Bericht und mit dem Grünen Plan 1958 zu beschäftigen. Ich nehme an, daß auch eine nur relativ oberflächliche Beschäftigung mit diesen beiden Vorlagen uns doch zwei Dinge sehr eindrucksvoll vor Augen geführt hat, die ich gern an den Anfang meiner Überlegungen stellen möchte. Das erste ist die Tatsache, daß dieser Grüne Bericht eine eindrucksvolle Demonstration der stürmischen Entwicklung darstellt, die die Landwirtschaft insbesondere in den letzten sechs bis sieben Jahren genommen hat. Damit hängt zweitens zusammen, daß dieser Grüne Bericht und dieser dritte Grüne Plan sehr wohl geeignet sind, die agrarpolitische Diskussion auf ein sachliches Fundament zu stellen, das es erlaubt, die Entscheidungen so zu treffen, wie sie von der Sache her zum Wohle unserer deutschen Landwirtschaft und im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung unserer Gesamtwirtschaft getroffen werden müssen. Wenn wir uns an die Auseinandersetzungen über die deutsche Agrarpolitik erinnern, deren Zeugen wir in den letzten Jahren, insbesondere im letzten halben Jahr, sowohl hier im politisch-parlamentarischen Raum wie auch außerhalb dieses Raumes in den betroffenen Wirtschaftskreisen gewesen sind, dann glaube ich nicht zu viel zu sagen, wenn ich feststelle, daß durch die Vorlage des dritten Grünen Berichts und des dritten Grünen Plans eine Hoffnung erfüllt wird, die uns alle beseelt hat, als wir seinerzeit in diesem Hause das Landwirtschaftsgesetz verabschiedeten: nämlich eine Grundlage Lücker dafür zu schaffen, daß wir in Gemeinsamkeit und unter Zusammenfassung aller Kräfte uns bemühen sollten, im wohlverstandenen Interesse der deutschen Gesamtwirtschaft und ihrer weiteren Entwicklung die Probleme der deutschen Agrarwirtschaft zu sehen und zu lösen. Das scheint mir sehr heilsam zu sein. Wenn wir heute mit Befriedigung feststellen, daß die zum Teil etwas über die Ufer getretene Agrardiskussion in den letzten Monaten, in den ersten Wochen dieses Jahres, in der allerjüngsten Zeit zu einer weitgehenden Annäherung der Meinungen und Auffassungen zwischen Regierung, Parlament und den betroffenen Wirtschaftskreisen geführt hat, so glaube ich, daß die nüchterne Art, wie die Tatsachen in den Grünen Berichten und den Grünen Plänen der Öffentlichkeit vorgelegt werden, ein überzeugendes Dokument und wahrscheinlich auch der letzte Grund für die Versachlichung dieser Diskussion ist. So möchte ich feststellen, daß uns die Güte dieser Vorlagen durchaus berechtigt, heute unsere Betrachtung etwa unter die Generalfrage zu stellen: War die Agrarpolitik, wie sie in den letzten Jahren von dieser Regierung betrieben und auch von diesem Hause getragen wurde, richtig, ist sie auch heute richtig und sind die Tendenzen so, wie sie dem Grünen Bericht zu entnehmen sind, für eine fortschreitende konstruktive Entwicklung unserer Agrarwirtschaft richtig? Ich glaube, diese Grundsatzfrage steht nicht dem Worte, aber dem Geiste nach über unserer ganzen Aussprache, und ich meine daher, daß es richtig wäre, sich einmal mit den grundsätzlichen Tendenzen auseinanderzusetzen, die wir dieser Vorlage entnehmen müssen — nicht: entnehmen können, sondern ich betone: entnehmen müssen —, weil diese Vorlage ein exaktes Dokument darstellt. Ich glaube, es ist in diesem Hause selten über wirtschaftspolitische Vorgänge und Entwicklungen auf der Grundlage einer so exakten Vorlage debattiert worden, wie wir sie mit diesem Grünen Bericht erhalten haben, und ich meine, daß wir auch an dieser Stelle der Bundesregierung und insbesondere dem Bundesminister Dr. Lübke und seinen Mitarbeitern für die Güte dieser Vorlage ein aufrichtiges Wort der Anerkennung sagen sollten. Wenn ich mich nun den grundsätzlichen Tendenzen der agrarpolitischen Entwicklung zuwenden darf, so möchte ich an den Anfang den Anteil stellen, den die deutsche Landwirtschaft zu der gesamtwirtschaftlichen Prosperität und Wohlstandsentwicklung in unserem Lande und in unserem Volke in den letzten Jahren geleistet hat; denn ich glaube, der Wert und die Bedeutung der Landwirtschaft läßt sich nur an dem Beitrag demonstrieren, den sie zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Wohlstandsförderung zu leisten imstande ist. Wir können mit Befriedigung feststellen, daß die landwirtschaftliche Produktion mit dem laufenden Wirtschaftsjahr um etwa 30% höher sein wird als in der Vorkriegszeit und daß sie dem Werte nach in diesem Jahre zum erstenmal die 20-Milliarden-D-Mark-Grenze überschreiten wird. Das sind zwei imponierende Zahlen. Wenn ich in Vergleich setze, daß mit dieser Produktionsleistung die Versorgung unserer deutschen Bevölkerung mit Nahrungsgütern zu rund 76% gewährleistet wird, und dabei feststelle, daß dieser Versorgungsgrad fast an den normalen Versorgungsgrad früherer Jahrzehnte in Friedenszeiten heranreicht, dann wird deutlich, mit welcher Kraftanstrengung unsere deutsche Landwirtschaft dieses Ziel angesteuert und erreicht hat. Aber die Anstrengungen, die dazu gemacht worden sind, bestätigen auch das Tempo und das Ausmaß der stürmisch zu nennenden Entwicklung. Es ist an dieser Stelle in der Vergangenheit des öfteren davon gesprochen worden, daß sich die deutsche Landwirtschaft in einem Umstellungsprozeß gigantischen Ausmaßes befindet, ja daß man nicht übertreibt, wenn man von einem revolutionären Prozeß, von einer wirklichen Agrarrevolution spricht. Wir haben seit 1950 — um nur einige wenige Zahlen noch einmal ins Gedächtnis zu rufen — den Traktorenbestand in der Bundesrepublik versieben-facht, den Mähdrescherbestand in den letzten dreieinhalb Jahren vervierfacht, den Bestand an Melkmaschinen in den letzten sechs Jahren vervierundzwanzigfacht, und wir haben eine Handelsdüngeranwendung, die im Schnitt etwa um 45 bis 50 % über der Handelsdüngeranwendung der Vorkriegszeit liegt. Wir haben darüber hinaus in unserer deutschen Veredlungsproduktion um 74 % mehr Futtermittel aus Importen verwendet als in der Vorkriegszeit; auf Grund dieser erhöhten Importe haben wir einen Anteil von etwa 13% an der ganzen tierischen Veredlungsproduktion aus dieser zusätzlichen Verbreiterung der Rohstoffbasis unserer Landwirtschaft geleistet. Was sagen die nackten Zahlen? Sie sagen, daß die deutsche Landwirtschaft seit 1950 ihre Wertschöpfung um insgesamt 57 % erhöht hat. Diese enorme Steigerung hat sie mit einer Verminderung ihrer Arbeitskräfte in der gleichen Zeit um 22% leisten können. Diese Zahlen sagen vielleicht noch nicht alles. Man möchte sie in einem Vergleich zu der Entwicklung in der übrigen Wirtschaft sehen. Nun, die industriell-gewerbliche Wirtschaft hat in der gleichen Zeit eine Steigerung ihrer Wertschöpfung von etwa 117% erreicht, aber sie hat in der gleichen Zeit ihren Arbeitskräftebestand um 35 % erhöhen können, während die Landwirtschaft ihren Arbeitskräftebestand in dieser Zeit um 22 % vermindern mußte. In diesem gegensätzlichen Zahlenvergleich kommt die Leistung unserer deutschen Landwirtschaft in überzeugender Weise zum Ausdruck. Allein diese Zahlen demonstrieren, daß sich sowohl die Leistung in ihrer Gesamtheit als auch die Leistung je Beschäftigten in der deutschen Landwirtschaft durchaus ebenbürtig neben die Leistung unserer GesamtLücker Wirtschaft, auch unserer industriell-gewerblichen Wirtschaft stellen kann. Sie beweisen, daß die deutsche Landwirtschaft kein untergehendes Gewerbe ist, sondern durchaus in der Lage ist, auch in einer ständig moderner werdenden allgemeinen deutschen Wirtschaft, die in ihrem Schwerpunkt industriell orientiert ist, ihren vollgültigen Beitrag zur wachsenden Prosperität der Gesamtwirtschaft zu leisten. Die Zahlen machen nämlich deutlich, daß wir in der Landwirtschaft in den letzten sechs Jahren eine Steigerung der Produktivität, bezogen auf die Arbeitskraft, von etwa 33 % erzielt haben. Das ist aufs Jahr umgerechnet eine Produktivitätssteigerung von etwa 51/2%. Ich glaube, damit Ihnen allen beweisen zu können, daß die deutsche Landwirtschaft, auch pro Kopf der Beschäftigten gerechnet, eine Leistung erbracht hat, die der Produktivitätssteigerung in unserer industriell-gewerblichen Wirtschaft ebenbürtig ist. Wir haben zwar in der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung einen prozentualen Rückgang des Anteils der Landwirtschaft an der Wertschöpfung der Gesamtwirtschaft festzustellen, aber die Zahlen müssen noch durch eine Überlegung abgerundet werden. Es wird im Verlauf unserer Debatte noch einmal zur Sprache kommen müssen, daß in dieser Zeit der hohen Steigerung unserer Produktionsleistung die Landwirtschaft nur mit etwa 3,7 bis 3,8 % an der Gesamtinvestitionsrate unserer Gesamtwirtschaft beteiligt gewesen ist. Darin liegt einer der neuralgischen Punkte, ein großes Hindernis, das sich der Weiterentwicklung unserer deutschen Landwirtschaft in den Weg stellt. Halten wir uns einmal die absoluten Zahlen vor Augen. Wir haben seit 1950 in der Gesamtwirtschaft eine Investition von etwa 247 Milliarden zu verzeichnen im Vergleich zur Landwirtschaft mit nicht ganz 10 Milliarden, was einem Prozentsatz von 3,7 bis 3,8 entspricht. Damit wird die Leistung, die ich eben in der Produktionssphäre darlegen konnte, erst in das richtige Licht der Betrachtung gerückt. Ich möchte an dieser Stelle schon anmerken, daß in Zukunft die Versorgung unserer Landwirtschaft insbesondere mit mittelund langfristigen Investitionskrediten eine Angelegenheit ist, die nicht nur vom landwirtschaftlichen, sondern auch vom gesamtwirtschaftlichen Standpunkt her allerhöchste Beachtung und Aufmerksamkeit verdient, insbesondere angesichts der Notwendigkeit, unsere Agrarproduktion auch für das Hineinwachsen in den Gemeinsamen Europäischen Markt zu modernisieren und weiter zu entwickeln. Wenn ich diese Feststellungen treffe, dann ist es sogar berechtigt, zu fragen: wenn auch diese Zahlen die Güte und die Richtigkeit im Ansatz und in den grundlegenden Leitlinien unserer Agrarpolitik bestätigen, haben wir im Hinblick auf einige Vorgänge in einzelnen Gebieten der agrarischen Produktion und der Marktgestaltung in den letzten Jahren nicht vielleicht sogar etwas zuviel des Guten getan? Ich glaube, hier gar kein Geheimnis auszusprechen, wenn ich darauf aufmerksam mache, daß wir in der Entwicklung der Zuwachsraten der Produktion insbesondere im letzten Jahre, zum Teil durch die Maßnahmen der Grünen Pläne ausgelöst, zum Teil durch diese Maßnahmen beschleunigt, aus den Vorgängen des Marktes hier und da bereits gewisse Grenzen sehen, die wir auch im eigenen Interesse der Landwirtschaft nicht ungestraft aus dem Auge lassen dürfen. Die Zuwachsraten pro anno in der Produktion müssen — und darin besteht eine wesentliche Kunst der agrarpolitischen Führung — in einer harmonischen Abstimmung zu den Zuwachsraten des Masseneinkommens stehen. Trotzdem, glaube ich, ist es notwendig, hier mit aller Klarheit eine Frage anzusprechen. Ich möchte meinen, daß auch heute noch gilt, was wir in den letzten Jahren in diesem Hohen Hause als das Ziel und eines der grundlegenden Momente unserer deutschen Agrarpolitik immer wieder ausgesprochen haben und was auch in allen Regierungserklärungen und Regierungsäußerungen der letzten Jahre immer wieder zum Ausdruck kam. Unsere Agrarpolitik muß auch in Zukunft darauf ausgerichtet sein, daß wir in erster Linie unserer deutschen, einheimischen Agrarproduktion die Chancen des deutschen Inlandsmarktes offenhalten. Das spreche ich aus, nicht um einem falsch verstandenen und zeitlich überlebten, früher praktizierten Autarkiedenken das Wort zu reden oder etwa einer falschen politischen Formel insbesondere im Hinblick auf das Hineinwachsen in den Gemeinsamen Europäischen Markt zu unterliegen. Aber wenn es das Ziel dieser gemeinsamen europäischen Politik ist, den Wohlstand und die Lebenshaltung aller europäischen Menschen in allen Ständen und Schichten zu fördern, dann ist es sicherlich auch richtig, als das Ziel jedes der beteiligten Länder herauszustellen, nach ihren Kräften den Wohlstand und die soziale Aufwärtsentwicklung der Völker, für die sie in erster Linie zuständig sind, ebenfalls zu fördern. Das ist kein Widerspruch, und das eine stößt sich nicht mit dem anderen, sondern aus dem Bemühen der einzelnen Regierungen, in ihren Ländern den Wohlstand ihrer Völker zu mehren, erwächst ganz zwangsläufig auch die Kraft, in gemeinsamen Anstrengungen das Wohl sämtlicher europäischer Menschen im diesem wirtschaftlichen Zusammenschluß so zu mehren, wie es in unseren Kräften steht und es von dieser Seite her möglich ist. Als zweites möchte ich bei der Beantwortung der Frage, ob unsere Agrarpolitik richtig war, die grundsätzlichen strukturellen Veränderungen in unserer Agrarwirtschaft herauszustellen. Wir haben nach den Zahlen des Grünen Berichts seit 1949 einen Rückgang der kleinen Betriebe — sie sind Lücker hier mit der 10-ha-Grenze ausgewiesen, dazu ist noch etwas zu sagen — um etwa 10 % und ein Anwachsen der Betriebe über 10 ha in der gleichen Zeit um etwa 5 %. Ich weiß, in gewissen politischen und wirtschaftlichen Kreisen wird uns, insbesondere auch vom Osten het, in bezug auf diese Zahlen der Vorwurf gemacht, die offizielle deutsche Agrarpolitik steure darauf hin, die kleinen Betriebe totzumachen und Großbetriebe an ihre Stelle zu setzen, mit anderen Worten, diese Agrarpolitik wende sich gegen das wohlverstandene Interesse der Masse unserer kleinen und mittleren Bauern. Diese Behauptung ist falsch. Es geht nicht darum, unseren bäuerlichen Familien, die auf zu kleinen Flächen wirtschaften müssen, vielleicht ein Kümmerdasein zu sichern und sie in diesem Kümmerdasein abzuschirmen. Die konstruktive, die positive Seite unserer Agrarpolitik muß vielmehr darauf gerichtet sein, den Menschen und Familien in den betroffenen Kreisen zusätzliche Einkommenschancen zu schaffen, so daß sie aus agrarischer plus nichtagrarischer Beschäftigung ein Gesamteinkommen erzielen, mit dem sie eine angemessene Lebenshaltung finanzieren können. Es ist eine erfreuliche Feststellung, die im Grünen Bericht schon enthalten ist, daß aus den Betrieben unter 10 ha mehr als 35 °/o aller in der Landwirtschaft statistisch erfaßten Personen hauptberuflich oder nebenberuflich bereits eine solche nichtlandwirtschaftliche Beschäftigung haben. Wenn wir uns den Strukturwandel in den Arbeitskräften anschauen, so stellen wir auch hier fest, daß gerade aus diesen kleinen Betrieben, auch aus den eigenen bäuerlichen Familien immer mehr Menschen abwandern, um sich außerhalb der Landwirtschaft zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Ich darf den Appell wiederholen, den wir vom Herrn Minister in seiner Regierungserklärung schon gehört haben. Wir alle müssen uns darüber einmal den Kopf zerbrechen und wirklich etwas Konstruktives tun, d. h. dafür sorgen, daß mehr industrielle und gewerbliche Produktionsstätten aus Ballungsräumen in die landwirtschaftlichen Sanierungsgebiete verlegt werden, um eine Entwicklung zu gewährleisten, die vielleicht eine gewisse Korrektur der Entwicklung der letzten Jahre bedeutet, aber auch erforderlich macht. Ich glaube, wir sind uns darin einig, daß wir es nicht für ein wünschenswertes Ziel dieser Wirtschaftsstrukturentwicklung ansähen, wenn wir die Menschen, die auf ihrer Heimaterde gewachsen und mit ihr verbunden sind, veranlaßten, ihren angestammten Boden zu verlassen und in die Schmelztiegel der Großstädte und der industriellen Ballungssräume abzuwandern. Wir werden vielmehr den umgekehrten Weg gehen, die industriellen und die gewerblichen Produktionsmöglichkeiten zu den Menschen hinzubringen, dorthin, wo die Menschen ein notwendiges Maß an Freiheit, an Unabhängigkeit und auch an Eigentum durch ihr Häuschen und durch ein entsprechendes Stück Land aufrechterhalten können. Es war mir sehr interessant, daß Herr Kollege Arnold vor wenigen Tagen in einer in der deutschen Öffentlichkeit stark beachteten Rede ähnliche Zusammenhänge darstellte. Das allein macht schon deutlich, daß es sich hier um kein landwirtschaftliches Problem handelt, sondern um ein grundsätzliches Problem unserer Wirtschaftspolitik und der zukünftigen Entwicklung unserer Gesamtwirtschaft zum Wohle des ganzen Volkes. Wir wären dankbar — soviel ich weiß, gibt es in den Etats der Bundesregierung sogar Mittel, um diese Maßnahmen zu fördern —, wenn wir einmal bei entsprechender Gelegenheit klipp und klar erfahren könnten, was die Bundesregierung im einzelnen getan hat und welche konstruktiven Maßnahmen sie in Zukunft zur Verwirklichung dieser Ziele treffen will. Ich weiß, daß dieses Problem nicht leicht zu lösen ist, aber ich glaube, daß man hier nach Überwindung gewisser Anfangsschwierigkeiten durchaus beachtliche Erfolge erzielen kann, die sehr wohl in das Gesamtkonzept unserer Entwicklung hineinpassen würden. An dritter Stelle möchte ich einmal die Bilanz der Landwirtschaft durchleuchten. Die Zahlen des Grünen Berichts beweisen — ich will das hier nur in einem einzigen Satze sagen —, daß der Betrag, der den landwirtschaftlichen Unternehmen nach Saldierung der Einnahmen und Ausgaben bleibt, in diesem Jahr eigentlich nicht kleiner ist als im vergangenen Jahre. Hier ist die Frage zu stellen: Was ist von diesem Betrag als Lohn für die Arbeit der Menschen übriggeblieben, die dafür gesorgt haben, daß diese agrarische Produktion auch im vergangenen Jahr erstellt werden konnte? Nun, diese Zahlen sind in ihrem Aussagewert für die Landwirtschaft auf der einen Seite etwas befriedigender als im letzten Jahre, in ihrem absoluten Aussagewert sind sie jedoch nach wie vor unbefriedigend. Es ist festgestellt worden, daß das Arbeitseinkommen je Arbeitskraft in der 'Landwirtschaft — und zwar werden hier nicht die statistischen, sondern die betriebsnotwendigen Arbeitskräfte zugrunde gelegt — zwischen 2000 und 3500 DM pro anno liegt. Es beträgt damit etwa zwischen 50 und 85% des Vergleichslohns jener Berufsgruppen und soziologischer Schichtungen der gewerblichen Wirtschaft, die mit der landwirtschaftlichen Bevölkerung in unseren Dörfern, wenn ich so sagen darf, Wand an Wand wohnen. Dieser Vergleichslohn, der für die letzte Rechnung zugrunde gelegt wurde, liegt bei 4200 DM. Der Lohn für die Arbeitskraft in der Landwirtschaft liegt zwischen 2000 und 3500 DM; er beträgt also 50 bis 85% des Vergleichslohns je nach den unterLücker schiedlichen Bedingungen unserer landwirtschaftlichen Betriebe. Ich will hier nicht im einzelnen dazu sprechen. Das wird sicherlich nachher noch einer meiner Kollegen nachholen. Ich möchte hier nur einige sehr interessante Feststellungen über die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge dieser Frage treffen. Wir müssen uns mit der Ursache dieser unbefriedigenden Situation auseinandersetzen. Dabei kommen wir zu folgendem Ergebnis. Wir stellen fest, daß in der Gestaltung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise, der landwirtschaftlichen sächlichen Betriebsmittelpreise und der landwirtschaftlichen Löhne folgende Entwicklung eingetreten ist: Setzen wir den Index der Vorkriegszeit mit 100 an, so hatten wir 1950 einen Index der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise von 166, während wir gegenwärtig einen Index von 217 haben. Hier beträgt die Steigerung also 51 Punkte. Bei den Preisen für die sächlichen Betriebsmittel in der Landwirtschaft betrug nach der gleichen Rechnung 1950 der Index 163, während er gegenwärtig 199 beträgt. Hier macht die Steigerung also 36 Punkte aus. Bei den landwirtschaftlichen Löhnen lag der Index 1950 bei 175, während er gegenwärtig bei 349 liegt. Das ist eine Steigerung um 174 Punkte. In diesen Zahlen kommt eine weitere Malaise für die landwirtschaftliche Entwicklung sehr deutlich zum Ausdruck. Ich will diese Feststellungen durch eine absolute Gegenüberstellung der Löhne in der Landwirtschaft und der Löhne in Industrie und Gewerbe erweitern. Nach den statistischen Feststellungen beträgt der Stundenlohn — das ist jetzt eine andere Vergleichsmethode — in der Industrie im Durchschnitt pro Stunde 2,38 DM, in der Landwirtschaft 1,38 DM; das ist eine Differenz von i DM pro Stunde. Ich glaube, es ist richtig, wenn wir feststellen, daß die Differenz, die in diesen Zahlen zum Ausdruck kommt, erschreckend ist im Hinblick auf die Aufgabe, die hier noch vor uns steht. Gleichzeitig ist es richtig, sich mit den Schlußfolgerungen zu beschäftigen, die wir aus dieser Situation ziehen müssen. Ich möchte schon an dieser Stelle bemerken, daß das, was ich von diesem Standpunkt aus grundsätzlich zu sagen habe, über die Agrarwirtschaft hinausgreift; es ist ein Problem, das ich im vergangenen Jahre hier schon einmal angeschnitten habe—in einer Entwicklung, die uns so hart in die Zange nimmt, daß wir praktisch fast den Mut verlieren könnten, jemals das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes zu erreichen, wenn die Entwicklung der letzten Jahre ungebrochen anhielte. Auf der einen Seite haben wir diese Entwicklung der Löhne, auf der anderen Seite eine Entwicklung der Preise — zumindest relativ — unserer sächlichen Betriebsmittel, aber grundsätzlich auch in der Gesamtwirtschaft zu verzeichnen, die uns zu erdrücken droht. Es ist notwendig, dieses Problem in seiner ganzen Tragweite für die gesamte deutsche Wirtschaft anzusprechen, weil es über den Bereich der Agrarwirtschaft hinausgreift. Ich habe schon im letzten Jahre gesagt, daß es hier um das Problem der produktivitätsbegünstigten Bereiche gegenüber den produktivitätsungünstig liegenden Bereichen unserer Wirtschaft geht. Zu den letzten zählt nicht nur die Landwirtschaft, dazu zählt z. B. auch unser ganzer deutscher Bergbau, dazu zählen weitgehend sämtliche Bereiche unserer mittelständischen gewerblichen Wirtschaft. Wir müssen uns sehr viel intensiver mit dieser Entwicklung auseinandersetzen und müssen versuchen, zu Lösungen zu kommen, die darauf abzielen, die Gesamtentwicklung unserer Wirtschaft so zu steuern, daß in allen Gruppen der Wirtschaft auf die durchschnittliche Leistungszuwachsrate unserer Gesamtwirtschaft gebührend Rücksicht genommen wird. Ich glaube, das ist keine überspitzte Agrarforderung, die ich hier vortrage, sondern es ist eine Angelegenheit, die an den Lebensnerv unserer weiteren wirtschaftlichen Gesamtentwicklung rührt. Wir wissen, daß wir mit der fortschreitenden Entwicklung immer stärker mit der industriellen Wirtschaft verflochten und verzahnt werden. Wir sehen das an den beiden Zahlen, die ich hier nennen möchte. 40 % des Wertes unserer agrarischen Verkaufserlöse sind heute bereits Vorlieferungen unserer industriellen Partner in der Gesamtwirtschaft. Je stärker wir in die Modernisierung, in die Mechanisierung unserer Produktion eintreten, desto höher wird der Anteil unserer industriellen Vorlieferer an dem Wert unserer Agrarproduktion wachsen, um so stärker werden auch die Abhängigkeiten und gleichzeitig die Verzahnungen sein. Auf der anderen Seite müssen wir, ob wir wollen oder nicht, sehr nüchtern der Tatsache ins Auge sehen, daß wir in der Lohnentwicklung, wie sie in den letzten Jahren stattgefunden hat, auch in der Landwirtschaft unmittelbar an dem Lohnniveau der gewerblichen Wirtschaft dranhängen. Es gibt unter sämtlichen Fieberkurven der Wirtschaft in der Bundesrepublik nicht eine einzige, die einen so hohen Steigerungsgrad aufzuweisen hätte wie die Kurve, die die Lohnentwicklung in der Landwirtschaft anzeigt. Sie steigt von allen Kurven am höchsten und am steilsten. Ich sage das nicht deswegen, weil ich vielleicht der Meinung wäre, die Löhne in der Landwirtschaft seien zu hoch. Ich habe soeben ausdrücklich darauf hingewiesen, mit welchem Abstand sie unter den Löhnen der gewerblichen Wirtschaft liegen. Ich rede auch nicht denen das Wort, die da meinen, es sei notwendig, in unserer Wirtschaftspolitik eine völlige Starrheit der Löhne und Preise zu installieren; das wäre unrealistisch und wahrscheinlich sogar falsch. Das ist aber keine Frage des Prinzips, sondern das ist eine Frage des Maßes, und zwar des rechten Maßes für alle betroffenen Kreise in unserer Wirtschaft. Ich glaube, daß wir bei dieser Entwicklung auch außerhalb der Landwirtschaft in unserer Gesamtwirtschaft hellhörig geworden sind. Bundesminister Lübke trug in seiner Regierungserklärung vor, daß es mit den Grünen Plänen gelungen wäre, 80% der landwirtschaftlichen Betriebe über die MinusLücker linie zu bringen, wenn die allgemeine Preis-LohnEntwicklung im Niveau im wesentlichen dort stehengeblieben wäre, wo sie 1955/56 bei Annahme des ersten Grünen Planes stand. Diese theoretische Überlegung macht deutlich, wie sich die Dinge in unserer Gesamtwirtschaft seitdem entwickelt haben. Es sollte ein Anliegen des ganzen Hauses sein, dieser Frage erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Es kommt darauf an, daß die möglichen Leistungssteigerungen in unserer Wirtschaft sinnvoll, zweckmäßig und, ich bin fast geneigt, zu sagen, gerecht erfolgen; ich weiß, was mit diesem ethischen Begriff in der nüchternen Sprache der Wirtschaftspolitik verbunden ist. Aber wir sollten uns bemühen, vor allem dem Begriff des Gerechten möglichst nahe zu kommen und die Leistungssteigerung auf alle Faktoren, die dazu beitragen und die die Voraussetzung dafür bilden, entsprechend zu verteilen. Das betrifft selbstverständlich den Faktor Arbeitskraft, die Menschen, die diese Arbeit tun, aber auch den Produktionsfaktor Kapital. Nicht zuletzt wäre uns in den produktivitätsungünstig gelegenen Bereichen der Gesamtwirtschaft sehr viel gedient, wenn auch daran gedacht würde, daß durch stabile Preise oder gar durch Preissenkungen bei unseren Produktionsmitteln etwas geschehen könnte, was der Gesamtheit unseres Volkes zugute käme. Sie dürfen überzeugt sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir würden damit auch dem Problem der sogenannten zweiten Verteilung des Sozialprodukts über die Bundesund Länderhaushalte einen sehr guten Dienst tun. Denn die Erfahrung zeigt bei der Entwicklung, wie sie in letzter Zeit vor sich gegangen ist, daß wir hier immer wieder vor der politischen Notwendigkeit standen, den einzelnen Bereichen unserer Wirtschaft — ob es die Rentner sind, ob es die Landwirtschaft ist, ob es andere Bereiche sind; vielleicht wird es morgen oder übermorgen unser deutscher Bergbau sein — aus dem Steueraufkommen unserer Staatsbürger über den Bundeshaushalt zu helfen. Ich weiß nicht, ob es nicht besser wäre, in unserer Gesamtorientierung eine Entwicklung zu sichern, die uns von dieser Notwendigkeit mehr und mehr befreit. Deswegen erscheint es mir notwendig, daran zu erinnern, daß die Aristokraten des Gemeinsinns in unserem Volke wieder stärker in den Vordergrund treten sollten. In der Verzahnung der verschiedenen Gruppen unserer Wirtschaft könnte etwas mehr geschehen, um das Gesamtwohl unseres Volkes zu fördern. Wir wollen dabei von unserer Seite die Gespräche, die seit einiger Zeit zwischen den sogenannten Sozialpartnern in Düsseldorf laufen, nicht ungebührlich stören. Ich glaube, wir würden uns alle freuen, wenn aus diesen Gesprächen ein Ergebnis herauskäme, das in seinem praktischen Nutzen und Wert darauf abgestellt ist, für die Gesamtentwicklung unserer Wirtschaft wirklich jene Grundlage zu bekommen, von der ich soeben gesprochen habe. Ich glaube, daß wir auch in diesem Hause sehr wohl daran tun, diese Gespräche mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen und uns gegebenenfalls zur rechten Zeit zu überlegen, ob und wie wir mit unserer Verantwortung, als die von dem ganzen Volke demokratisch gewählte oberste Instanz unseres demokratischen Staates, diese Entwicklung so steuern können, daß sie wirklich der Gesamtheit unseres Staatswesens und unserer Wirtschaft zum Wohle gereicht. Die zweite Schlußfolgerung, die ich daraus ziehen möchte — ich habe sie eingangs angedeutet —, ist die, neben dieser Ausrichtung auf die Gesamtdurchschnittsentwicklung unserer Wirtschaft von seiten der Wirtschaftsund Konjunkturpolitik zu einer viel stärkeren Versorgung der Landwirtschaft insbesondere mit mittelund langfristigen Investitionskrediten zu kommen. Auch bei diesem Punkt wird die unlösbare und von Jahr zu Jahr stärker werdende Verflechtung der Agrarwirtschaft mit der Gesamtwirtschaft deutlich. Wir haben 1949/1950, in den ersten Jahren nach der Währungsreform, in der Landwirtschaft eine Investitionsrate von präterpropter einer Milliarde gehabt. Sie stieg in den Jahren 1955/56 auf 1,9 und steht gegenwärtig bei 2,3 Milliarden. Bei einem Gesamtkapitalwert unserer Landwirtschaft von etwa 90 Milliarden, wie er gegenwärtig zu Buche steht, beträgt das Fremdkapital in der Landwirtschaft nicht ganz 10 Milliarden, also etwa 10%. Dabei ist allerdings eine sehr interessante und sehr betrübliche Feststellung zu treffen. Vor dem letzten Weltkrieg hatten wir in der Landwirtschaft eine Hypothekenverschuldung von etwa 70% und eine kurzfristige Verschuldung von etwa 23%. Gegenwärtig haben wir eine Hypothekenverschuldung von 37 % und eine kurzfristige Verschuldung von 54%. Wir sehen, daß sich das Verhältnis zwischen den kurzfristigen und langfristigen Schulden in der Landwirtschaft direkt auf den Kopf gestellt hat. Dadurch wird wieder die Notwendigkeit deutlich, unserer Landwirtschaft mit mittelund langfristigem Investitionskapital stärker zu helfen. Dabei ist bemerkenswert, daß die Zinsleistung der deutschen Landwirtschaft vor dem Kriege bei 6,2 Milliarden Gesamtverschuldung 273 Millionen Mark betrug und daß sie gegenwärtig bei 9,3 Milliarden Verschuldung das Doppelte, nämlich 563 Millionen DM beträgt. Wenn wir uns nun die Aufgabe ansehen, vor der die deutsche Landwirtschaft steht und wie sie aus dem Grünen Bericht herauszulesen ist, und wenn von sachverständiger Seite darauf hingewiesen wird, daß es insbesondere bei dem Hineinwachsen unserer deutschen Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt notwendig ist, einen Betrag zu investieren, um sie in dem notwendigen Umfange in ihrer Produktion nach den heutigen Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik modern zu gestalten, der etwa bei 50, wahrscheinlich näher bei 60 Milliarden DM zu suchen sein wird, dann kann man sich leicht ausrechnen, daß es bei einem Programm von 15 Jahren notwendig ist, jährlich etwa 4 Milliarden DM in der deutschen Landwirtschaft zu investieren. Das bedeutet als Schlußfolgerung, daß wir unsere Investitionsrate in der deutschen Landwirtschaft gegenüber dem gegenwärtigen Zustand nicht Lücker ganz verdoppeln müßten. Damit wird auch von dieser Seite das Problem deutlich, vor dem wir stehen. Ich würde, glaube ich, der deutschen Landwirtschaft zuviel zumuten, wenn ich die Forderung nach einer fast doppelt so hohen Investitionsrate aufstellte, ohne dabei zu sagen, daß sie das notwendige Maß an Vertrauen haben muß, wenn sie sich in einen stärkeren Verschuldungsgrad begibt, und daß sie auch dann noch mit den Beinen auf der Erde bleiben will. Es ist notwendig, daß die deutsche Landwirtschaft dieses Vertrauen auch für die Zukunft hat. Sie muß wissen, daß die Bundesregierung und dieses Haus — ich glaube, es ist kein Zweifel daran, daß das heute genau noch so der Fall ist wie in den letzten Jahren —, d. h. die für die Entscheidungen in der deutschen Agrarund Wirtschaftspolitik Verantwortlichen, gewillt und bereit sind, die Voraussetzungen zu sichern, damit die Landwirtschaft in dem Modernisierungsprozeß fortfahren kann. Sie muß auch wissen, daß in erster Linie sie einen Anspruch auf den deutschen Markt für den Absatz ihrer wachsenden Produktion hat. Diese Fragen werden sicherlich in der zukünftigen Agrarpolitik eine entscheidende Rolle spielen. Es sind aber keine unlösbaren Aufgaben, es sind keine übertriebenen Forderungen. Es sind auch keine Auffassungen, die in einem Gegensatz zu der Absicht des Hineinwachsens in den Europäischen Markt stehen. Das alles läßt sich in einer sinnvollen und in einer recht verstandenen Kombination so gestalten, daß das erstrebte Ziel erreicht werden kann. Wir können mit der Förderung, wie sie im dritten Grünen Plan vorgesehen ist, und mit den Entscheidungen der deutschen Agrarpolitik eine Entwicklung sichern, die der Gesamtheit unserer deutschen Wirtschaft und der Gesamtheit unseres Volkes zugute kommt. Ich glaube, wir würden eine gute Entscheidung treffen, wenn wir unter diesen Gesichtspunkten den Bemühungen der Regierung zustimmten und sie erneut aufforderten, ihre Anstrengungen in dieser Richtung zu verstärken. Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die Sozialdemokraten seinerzeit dem Landwirtschaftsgesetz zustimmten, taten sie das aus der Überzeugung, daß die Landwirtschaft in eine Entwicklung hineingerissen werden würde, der sie allein nicht standhalten könnte. Wir haben den Beistand, den die Landwirtschaft braucht, immer für eine Angelegenheit der Gesamtwirtschaft, für eine Angelegenheit des ganzen Volkes angesehen. Die Entwicklung, die nun auch diejenigen erkennen müssen, die bis vor kurzem immer noch geglaubt haben, es sei im Bereich der Agrarpolitik möglich, alles so zu lassen, wie es ist, weil sie sich darin wohlgefühlt haben, hat weitgehende Folgen für die Menschen und die Betriebe. Weil es nicht schwer war, das vorauszusehen, haben wir uns darum bemüht, mit dem Landwirtschaftsgesetz Grundlagen für eine Agrarpolitik zu legen, die es der Landwirtschaft ermöglicht, sich an das Neue anzupassen. Man kann die Forderung, es solle alles so bleiben, wie es ist, und die Unterstreichung der konservativen Elemente zwar sehr schön in Versammlungen und dergleichen verwerten; man kann aber damit den Prozeß nicht aufhalten. Ich will bei dieser Gelegenheit, wie schon so oft, noch einmal ausdrücklich sagen, daß nach unserer Meinung die in der Landwirtschaft tätigen Menschen, die große Masse unserer Bauern und ihrer Familienangehörigen, keine Verantwortung dafür tragen, daß wir in dem Augenblick, in dem wir gezwungen sind, unter Verzicht auf sehr viele und bald auf alle herkömmlichen protektionistischen Schutzmaßnahmen den Wettbewerb mit der Landwirtschaft anderer Länder aufzunehmen, in einer verhältnismäßig schlechten Lage sind, Das ist, wie gesagt, nicht die Schuld der heute Lebenden und schon gar nicht die Schuld der Menschen, die mit harter Arbeit auf dem Lande versuchen, ihre Familien durchzubringen. Es ist vielmehr die Schuld derjenigen, die in den vergangenen Jahrzehnten die Agrarpolitik in Deutschland bestimmt haben und die eine Agrarpolitik geführt haben, die zu Lasten der großen Masse der bäuerlichen Betriebe ging. Einige von uns haben neulich an anderer Stelle Gelegenheit gehabt, das noch einmal sehr anschaulich zu erleben. Irgendwo wurde über die Probleme des Gemeinsamen Marktes gesprochen. Ein Holländer und ein Däne waren aufgefordert worden, die Entwicklung zu schildern, die sie an den Punkt herangebracht hat, an dem sie heute stehen und der es ihnen als Ausgangspunkt für den neuen Wettbewerb erlaubt, den Dingen mit solcher Ruhe entgegenzusehen; und einige Deutsche waren aufgefordert worden, zu sagen, wie die Entwicklung denn nun in Deutschland gelaufen ist und welche natürlichen Grenzen es für eine entsprechende Entwicklung in Deutschland gibt. Ein Mann, den die Agrarpolitiker, die sich gelegentlich auf internationalem Gebiet tummeln, alle gut kennen, ein Däne, hat in aller Ruhe entwickelt, wie das in Dänemark so gelaufen ist und wie es dort zu einer so leistungsfähigen, selbstbewußten, wirtschaftlich gesicherten Landwirtschaft gekommen ist. Er fing damit an, daß er berichtete, daß vor 200 Jahren die Eigentumsverhältnisse der Bauern geklärt worden sind und — vor einem so langen Zeitraum schon — eine Agrarpolitik festgelegt worden ist, die das Ziel hatte, die bäuerliche Landwirtschaft zu fördern und zu stärken. Er hat eine Reihe von Maßnahmen aufgezählt, angefangen mit der Seßhaftmachung der Bauern auf der eigenen Scholle über die Flurbereinigung und über die Volkshochschulen, d. h. über die Entwicklung des allgemeinen Bildungsniveaus in der Landwirtschaft, bis hin in die Gegenwart, in der die Landwirtschaft, gestützt durch ein vom Staat begünstigtes, bewußt gefördertes Genossenschaftswesen, diese guten Wirtschaftsgrundlagen hat, die es ihr erlauben, auch schlechte Zeiten — und die hat es Kriedemann in Dänemark gegeben, und die gibt es immer wieder mal — zu überstehen. Als wir nun die Frage beantworten mußten, wo die natürlichen Grenzen für eine ähnliche Entwicklung in Deutschland liegen, da war die Antwort darauf zwar peinlich, aber sehr einfach. Man mußte nämlich sagen: Natürliche Grenzen für eine solche Entwicklung gibt es in Deutschland nicht. Der Unterschied liegt eben darin, daß die einen das aus dem Bewußtsein der Verantwortung für die arbeitenden Menschen auf dem Lande frühzeitig vorausschauend gemacht haben und daß wir erst heute damit anfangen wollen. Es ist eine schlechte Geschichte, wenn man die Kinderkrankheiten zu spät kriegt. (Zuruf von der CDU/CSU: Wie ist es mit Schweden?)