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    Deutscher Bundestag 13. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1958 Inhalt: Glückwünsche zum 60. Geburtstag des Abg Kraft 565 A Zur Tagesordnung: Rasner (CDU/CSU) 565 B Conrad (SPD) 565 C Frau Kalinke (DP) 565 D Große Anfrage (CDU/CSU, DP) betr. Räumung von Lagern und Notunterkünften durch Schaffung von Wohnungen (Drucksache 72) in Verbindung damit: Antrag der SPD betr. Sondermaßnahmen für den Wohnungsbau zugunsten der Zuwanderer und Aussiedler (Drucksache 231) Kuntscher (CDU/CSU) 566 D Lücke, Bundesminister . 568 D, 601 C, 604 B Dr. Brecht (SPD) 576 B, 614 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . . . 583 D Dr. Dr. Oberländer, Bundes- minister 586 B, 601 A, 614 B Dr. Will (FDP) 588 C Dr. Czaja (CDU/CSU) 590 C Hemsath, Landesminister (Nordrhein-Westfalen) 598 B Dr. Kaßmann, Landesminister (Nordrhein-Westfalen) 601 D Hauffe (SPD) 604 D Dr. Preusker (DP) 606 A Rasner (CDU/CSU) zur GO . . 608 D, 610 B Erler (SPD) zur GO 609 B Vizepräsident Dr. Schmid zur GO 609 B, D, 610 B, C Dr. Mommer (SPD) zur GO 609 C Ritzel (SPD) zur GO 610 A Eichelbaum (CDU/CSU) 610 D Jaksch (SPD) 612 A Dr. Hesberg (CDU/CSU) 615 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (SPD) (Drucksache 156) — Erste Beratung — 617 B Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll zur Verlängerung der Geltungsdauer der Konventionen der Vereinten Nationen über die Todeserklärung Verschollener vom 6. April 1950 (Drucksache 168) — Erste Beratung — 617 C II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen mit der Südafrikanischen Union zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Einkünften aus dem Betrieb der Seeschifffahrt und der Luftfahrt (Drucksache 170) — Erste Beratung — 617 C Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vorratslagerhaltung an Lebensmitteln und Rohstoffen (FDP) (Drucksache 139) — Erste Beratung — 617 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes (FDP) (Drucksache 165) — Erste Beratung — 617 D Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (CDU/CSU, DP) (Drucksache 203) — Erste Beratung — 618 A Nächste Sitzung 618 C Anlagen 619 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 565 13. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 619 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz - 28.2. Frau Albrecht 3.3. Arndgen 28.2. Dr. Baade 28.2. Dr. Barzel 28.2. Dr. Becker (Hersfeld) 15.3. Benda 28.2. Berendsen 28. 2. Bettgenhäuser 26.2. Birkelbach* 28.2. Dr. Birrenbach* 28.2. Burgemeister 26.2. Dr. Deist* 28.2. Frau Döhring (Stuttgart) 26. 2. Dr. Dollinger* 28.2. Dr. Eckhardt 28.2. Eilers (Oldenburg) 28.2. Eschmann 27. 2. Even (Köln) 28. 2. Faller 7.3. Felder 31.3. Dr. Frede 26.2. Frehsee 26.2. Dr. Friedensburg 26.2. Frau Friese-Korn 28.2. Funk 28.2. Dr. Furler* 28.2. Gottesleben 28.2. Haage 26.2. Heiland 26.2. Frau Herklotz 26.2. Dr. Höck 10.3. Höcker 26. 2. Frau Dr. Hubert 28.2. Jacobs 12.3. Dr. Jordan 28.2. Jürgensen 31.3. Kalbitzer 27. 2. Kiesinger 28. 2. Dr. Knorr 26.2. Könen (Düsseldorf) 28.2. Dr. Kopf* 28.2. Dr. Kreyssig* 28.2. Kühlthau 28.2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kunze 28.2. Leber 28.2. Lenz (Brühl)* 28.2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31.3. Mattick 26.2. Mellies 8.3. Mensing 28.2. Dr. Menzel 27. 2. Dr. von Merkatz' 28. 2. Metzger* 28.2. Dr. Meyers (Aachen) 8.3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Neuburger 28. 2. Frau Niggemeyer 28.2. Dr. Oesterle* 26.2. Oetzel 26.2. 011enhauer* 28.2. Frau Dr. Pannhoff 26. 2. Paul 28. 2. Pelster* 28. 2. Dr. Philipp* 28.2. Scheel* 28.2. Dr. Schild 26.2. Schüttler 26.2. Siebel 1.3. Dr. Siemer 28.2. Solke 28. 2. Stauch 28.2. Frau Strobel 28.2. Unertl 26. 2. Wacher 28.2. Wagner 28.2. Wehner* 28. 2. Weimer 28. 2. Frau Welter (Aachen) 26.2. Dr. Willecke 26. 2. Wienand 26. 2. Wittrock 26. 2. Frau Wolff (Berlin) 27. 2. b) Urlaubsanträge Bazille 18.3. Hellenbrock 24.3. Dr. Rüdel (Kiel) 8.3. Stenger 15.3. Anlage 2 Umdruck 14 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, DP (Drucksache 72) betr. Räumung von Lagern und Notunterkünften durch Wohnungsbau. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. im Einvernehmen mit den Ländern a) den raschen Abfluß und sofortigen Einsatz aller bereitgestellten und im Rechnungsjahr 1958 bereitzustellenden Bundesmittel für SBZ- und Aussiedlerprogramme zu sichern, bl auf Grund der gemäß § 32 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes zu erbringenden Unterlagen für einen Gesamtbericht und einer bundeseinheitlichen Gestaltung der Lagerstatistik sowie wirksamer Kontrollen den Nachweis zu liefern, daß eine den verbauten Sondenmitteln für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. 620 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 entsprechende Zahl von Zuwanderern und Aussiedlern zumutbar untergebracht wurde, c) die Verwendung von Ersparnissen aus pauschalierter Kriegsfolgenhilfe zum Wohnungsbau für Kriegsfolgehilfeempfänger zu erreichen, 2. darauf hinzuweisen, daß a) Provisorien unter allen Umständen vermieden werden und möglichst viele Eigentumsmaßnahmen durch Auswertung von Tauschmöglichkeiten für langjährige Wohnungsuchende zur Durchführung gelangen, b) die finanziellen und organisatorischen Maßnahmen zur Baulandbeschaffung, Erschließung und Raumordnung, wie sie die bestehenden Gesetze, Verordnungen und Abkommen vorsehen, im weitesten Umfang praktiziert werden, 3. dem Bundestag über die gemäß Nummern 1 und 2 ergriffenen Maßnahmen bis zum 30. September 1958 zu berichten. Bonn, den 25. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Frau Kalinke und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Begründung der Abgeordneten Frau Korspeter zu dem von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Drucksache 156) Das Gesetz über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet, das 1950 verabschiedet wurde, hat bereits seit seinem Inkrafttreten Anlaß zu kritischen Betrachtungen von vielen Seiten gegeben. Ich sehe mich deshalb gezwungen, auch auf diese kritischen Betrachtungen des Notaufnahmegesetzes einzugehen, damit die Begründung unseres Gesetzentwurfes in voller Klarheit erkennbar wird. Der Gesetzgeber verfolgte mit diesem Gesetz in erster Linie den Zweck, die Betreuung echter politischer Flüchtlinge sicherzustellen, d. h. im wesentlichen deren Verteilung und Unterbringung in den Ländern zu ermöglichen. Darüber hinaus wollte man die Belastung der Bundesrepublik und Berlins durch die Zuwanderung aus dem sowjetisch besetzten Gebiet auf das politisch gebotene Maß einschränken, wollte eine Sogwirkung in die Bundesrepublik abschwächen und damit der Entvölkerung der Zone entgegentreten. Diese letzten Absichten sollten dadurch verwirklicht werden, daß die Zuwanderung in die Bundesrepublik und nach Berlin möglichst weitgehend erschwert und nur den Personen ermöglicht werden sollte, denen die Aufnahme im Bundesgebiet und in Berlin aus politischen und sozialen Gründen nicht versagt werden konnte. Da die in der Zone lebenden Deutschen aber Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind und als solche das Grundrecht der Freizügigkeit nach Art. 11 auch beim Zuzug in das Bundesgebiet besitzen, wurde dieses Grundrecht durch das Notaufnahmegesetz eingeschränkt. Im § 1 des Gesetzes heißt es, daß die Deutschen aus der Zone, wenn sie sich ohne Genehmigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, für den ständigen Aufenthalt einer besonderen Erlaubnis bedürfen. Nach dem Notaufnahmegesetz muß diese Erlaubnis erteilt werden, wenn entweder die im Gesetz vorgesehenen Rechts- oder Ermessensgründe vorliegen oder der Zuwanderer eine ausreichende Lebensgrundlage im Sinne von Art. 11 des Grundgesetzes nachweisen kann. Da nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Zuwanderer nach dem Gesetz einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis hat, kann den übrigen Zuwanderern diese Erlaubnis versagt werden. Die Zahl der Abgelehnten hing in den vergangenen Jahren immer davon ab, nach welchen Grundsätzen die Notaufnahmedienststellen — nach Weisung des Vertriebenenministeriums — von ihrem Ermessen Gebrauch machten. Diese Tatsache hat das ganze Verfahren sehr problematisch werden lassen und viel Rechtsunsicherheit geschaffen. Es war keine Seltenheit, daß in der Praxis zwei Flüchtlinge mit denselben Fluchtgründen je nach dem Zeitpunkt der Zuwanderung entweder aufgenommen oder abgelehnt wurden. Selbstverständlich wurden diejenigen, denen die Aufenthaltserlaubnis versagt wurde, nicht in die Zone zurückgeschickt. Sie blieben und bleiben auch heute noch als sogenannte Abgelehnte im Bundesgebiet, bleiben aber von der Möglichkeit der Unterbringung in den Durchgangslagern ausgeschlossen und werden auch nicht auf die Länder verteilt. Die allgemeine Rechtsstellung der Abgelehnten war auch in den ersten Jahren sehr viel schlechter als die der aufgenommenen Zuwanderer. Das hat sich im Laufe der Zeit geändert. Inzwischen ist durch verschiedene Gesetzgebungswerke die in den ersten Jahren bestehende Unterschiedlichkeit in der Rechtsstellung nach und nach beseitigt worden. Soweit Leistungen nach besonderen Betreuungsgesetzen, z. B. nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes oder nach dem Lastenausgleichsgesetz, gewährt werden, ist dafür nicht die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach dem Notaufnahmegesetz Voraussetzung; vielmehr ist hier der Besitz des C-Ausweises für Sowjetzonenflüchtlinge nach dem Bundesvertriebenengesetz maßgebend, über dessen Erteilung ausschließlich die Flüchtlingsbehörden der Länder entscheiden. In den ersten Jahren nach Verabschiedung des Notaufnahmegesetzes wurde bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sehr zurückhaltend verfahren. Das änderte sich im Laufe der Jahre 1952 und 1953. Die Sperrung der Zonengrenzen führte dazu, daß sich der Flüchtlingsstrom fast ausschließlich auf Berlin konzentrierte. Um Berlin soweit wie möglich zu entlasten, mußte im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern weitgehend von der „Ermessensaufnahme" Gebrauch gemacht werden, um die Voraussetzung für eine Verteilung der Zuwanderer auf die Länder zu schaffen. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 621 Frau Korspeter Nachdem nach dem 17. Juni 1953 die Zonengrenzen wieder geöffnet wurden, handhabte man das Verfahren zunächst wieder strenger. Auch damals blieben die Abgelehnten, die nicht in die Verteilung aufgenommen wurden und deren Zahl sich auf Grund eines strengeren Maßstabes, bei der Aufnahme aus Ermessensgründen wieder erhöhte, in Berlin, bis sich Berlin wegen seiner besonderen Lage um eine Entlastung bemühte. Die daraufhin einsetzenden Entlastungsaktionen wurden in der Weise durchgeführt, daß Zuwanderer, denen die Aufenthaltserlaubnis bisher versagt worden war, nunmehr nachträglich ohne Vorliegen neuer Gründe diese Erlaubnis im Ermessenswege erhielten. Die Entwicklung seit dem Sommer 1952 hat dazu geführt und hat es auch sehr deutlich werden lassen, daß das Notaufnahmegesetz zu einem reinen Zuzugs- und Verteilungsgesetz geworden ist. Hinzu kam, daß die Erteilung oder Versagung der Aufenthaltserlaubnis für die betroffenen Zuwanderer keinerlei Rechtsfolgen nach sich zog, so daß viele Zuwanderer aus der Zone die Durchgangslager gar nicht mehr berührten und versuchten, mit eigener Initiative eine Existenz zu gründen. Schon diese Tatsache beweist sehr deutlich, daß das Gesetz seinen ursprünglichen Zweck nicht erreichen konnte und seinen Sinn nicht erfüllt hat. Die Praxis des Notaufnahmeverfahrens wurde weiterhin durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wesentlich berührt und beeinflußt. Bereits in einem Urteil von 1954 wurde entschieden, daß unabhängig von den eigentlichen Gründen nach dem Notaufnahmegesetz die Aufenthaltserlaubnis wegen des Vorhandenseins einer ausreichenden Lebensgrundlage bereits dann zu erteilen sei, wenn der Zuwanderer arbeitsfähig sei und die Möglichkeit besitze, sich eine eigene Existenz zu schaffen. In einer Reihe weiterer Urteile wurde diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts noch vertieft. Nach den letzten Urteilen genügt schon die Arbeitskraft, um die Lebensgrundlage oder die Erwartung zu begründen, daß der Antragsteller nicht dauernd hilfsbedürftig bleiben werde. Man mag zu dieser Rechtsprechung stehen, wie man will; aber diese letzten Urteile haben sich zur ständigen Rechtsprechung entwickelt. Diese steht jetzt in Widerspruch zu der früher geübten Praxis des Notaufnahmeverfahrens, in der man eine ausreichende Lebensgrundlage nur dann anerkannte, wenn vom Zuwanderer bereits eine Arbeitsstelle oder eine Wohnung nachgewiesen werden konnten. Die notwendige Anpassung der bisher geübten Praxis an die Rechtsprechung mußte zwangsläufig eine Auflockerung und eine Ausweitung der Aufnahmequote nach sich ziehen. Das hat in der Praxis dazu geführt, daß die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nunmehr der Regelfall ist. Im November 1957 hatten wir beispielsweise in allen drei Durchgangslagern eine Gesamtzahl von nur 65 Personen, denen die Aufenthaltserlaubnis nicht gegeben wurde. Diese Situation zwingt zu einer grundlegenden Reform; denn sie hat das Notaufnahmegesetz und die früher geübte Praxis des Verfahrens letzten Endes ad absurdum geführt. Die Tatsache, daß die Aufnahmequote jetzt so hoch ist, beweist, daß das Gesetz in der heutigen Form überholt ist. Sie beweist auch, daß wir den ganzen schwerfälligen und teuren Verwaltungsapparat der Aufnahme- und Beschwerdeausschüsse — durch den wir doch niemals eine exakte Kontrolle sämtlicher Zuwanderer erreichen können — nicht mehr nötig haben und nach neuen Wegen suchen müssen. Sicher gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Bremswirkungen des Notaufnahmegesetzes. Wir sind aber der Meinung, daß das Argument, das Notaufnahmegesetz übe eine gewisse Bremswirkung aus und trete einer Sogwirkung entgegen, nach den Erfahrungen nicht aufrechterhalten werden kann. Die Entwicklung hat deutlich gemacht — und durch eine frühere graphische Darstellung des Bundesvertriebenenministeriums ist es klar nachgewiesen —, daß das Vorhandensein des Notaufnahmegesetzes den Umfang der Zuwanderung aus der Zone praktisch nicht zu beeinflussen vermochte. Die Zuwanderung richtete sich einmal nach den jeweiligen politischen Verhältnissen in der Zone und zum anderen nach der wirtschaftlichen Situation im Bundesgebiet. Diese Überlegungen haben uns dazu veranlaßt, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Notaufnahmeverfahrens vorzulegen. Sicher ist denen, die sich mit dieser Frage beschäftigen, bekannt, daß schon seit längerer Zeit in den verschiedensten Gremien Diskussionen darüber stattgefunden haben, in welcher Weise eine Änderung herbeigeführt werden kann. Wir bedauern, daß die Bundesregierung in dieser Frage noch nicht initiativ geworden ist; denn selten hat sich ein solcher Abstand zwischen Recht und Wirklichkeit gezeigt wie hier. Der Zuwanderer, der von der Rechtlosigkeit drüben zu uns in den Rechtsstaat kommt, gerät in diese Spannung und muß sie im besten Fall als Rechtsunsicherheit empfinden. Eine Änderung des Gesetzes kann unseres Erachtens politisch nur in der Richtung gesucht werden, daß wir 1. die Freizügigkeit wiederherstellen, die durch das Notaufnahmegesetz eingeschränkt wurde, 2. die Rechtsunsicherheit beseitigen, die durch die Handhabung des Verfahrens entstanden ist, 3. die Erfassung möglichst aller Zuwanderer durch eine Meldepflicht vorsehen und 4. die notwendige Betreuung der Zuwanderer sichern, die einer solchen Hilfe bedürfen. Diesen Gesichtspunkten trägt unser Gesetzentwurf Rechnung. Er geht davon aus, daß entsprechend den Bestimmungen des Grundgesetzes das Recht der Freizügigkeit auch für Deutsche aus der Zone keiner Einschränkung unterliegen soll. Er sieht aber auch — und dadurch wird eine weit bessere Erfassung aller Zuwanderer aus der Zone gewährleistet als bisher — die Statuierung einer besonderen Meldepflicht für alle vor. Denn die allgemeinen meldebehördlichen Bestimmungen können hier in Anbetracht der besonderen Verhältnisse nicht als ausreichend angesehen werden. 622 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 Frau Korspeter Entsprechend den bisherigen Regelungen sieht der Entwurf ebenfalls ein besonderes Verteilungsverfahren vor. Die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens ist schon im Hinblick auf die Situation Berlins und auch im Interesse der Zuwanderer völlig unbestritten. Dieses Verteilungsverfahren soll jedoch nicht alle Zuwanderer, die der Meldepflicht unterliegen, einbeziehen, sondern nur die, die zur Begründung ihres ersten Wohnsitzes der öffentlichen Hilfe bedürfen, die also aus eigener Kraft zunächst nicht in der Lage sind, sich eine Unterkunft zu schaffen. Die Einbeziehung in dieses Verteilungsverfahren soll für den Zuwanderer freiwillig sein. Da es sich bei der Leistung öffentlicher Hilfe um eine besondere Vergünstigung handelt, können von ihr entsprechend den Grundsätzen des Häftlingshilfegesetzes Zuwanderer ausgeschlossen werden, die in der Zone dem dort herrschenden politischen System Vorschub geleistet oder die dort durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder der Menschlichkeit verstoßen haben. Zuwanderer, die in das Verteilungsverfahren einbezogen worden sind, müssen von den Ländern zunächst vorläufig und von den Gemeinden später endgültig untergebracht werden. Für diese Zuwanderer sind wie bisher von der Bundesregierung besondere Wohnungsbaumittel im Rahmen der Bestimmungen des § 18 Abs. 3 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes bereitzustellen. Hier möchte ich besonders darauf hinweisen, daß der § 18 Abs. 3 Buchstabe a des Zweiten Wohnungsbaugesetzes einer Änderung bedarf, um allen Zuwanderern diese Mittel zukommen zu lassen. Das ist im wesentlichen der Inhalt des Gesetzentwurfes. Zum Schluß möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß infolge des Fehlens einer Meldepflicht bisher eine verhältnismäßig große Gruppe von Zuwanderern im Aufnahme- und Verteilungsverfahren nicht erfaßt wurde. Leider wurden bisher mit der Unterbringung dieses nicht erfaßten Personenkreises ausschließlich die Gemeinden belastet, ohne daß diese die Zuschüsse des Bundes erhielten. Insofern bedeutet diese von uns vorgeschlagene Regelung eine Verbesserung der Situation der Gemeinden. Wir wissen, daß gerade die Unterbringung der Flüchtlinge für die Gemeinden ein außerordentlich schwerwiegendes Problem ist. Durch den jetzt von uns vorgelegten Gesetzentwurf werden keinerlei neue Zuzugsmöglichkeiten geschaffen. Der Zuwanderer erhält auch keinerlei neue Rechtsansprüche und auch keine neuen wirtschaftlichen Ansprüche. Mit diesem Gesetz soll der Versuch unternommen werden, das Gesetz mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Die Eingliederung der Zuwanderer wird auch weiterhin schwierig bleiben. Die Menschen in der Zone wissen, daß der Aufbau einer neuen Existenz in der Bundesrepublik auch in Zukunft mit großen und langwierigen Schwierigkeiten verbunden ist und daß sie es sich sehr wohl überlegen müssen, diesen Schritt in eine ungewisse Zukunft zu tun, um nicht mit falschen Vorstellungen herüberzukommen. Beide Teile, sowohl die einheimische Bevölkerung wie die Zuwanderer, werden wie bisher Opfer bringen müssen. Wir hoffen aber doch, daß uns der von uns vorgeschlagene Gesetzentwurf in dieser sehr schwierigen Frage weiterbringt und daß wir in gemeinsamer Arbeit eine Regelung finden werden, die der Entwicklung der Verhältnisse Rechnung trägt. Anlage 4 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Margulies zu dem von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vorratslagerhaltung (Vorratslagergesetz) (Drucksache 139) Das Problem, das mit vorgenanntem Gesetzentwurf von uns angeschnitten wird, hat uns in der Vergangenheit schon oft mehr oder weniger stark beunruhigt. Es läßt sich leider nicht verleugnen, daß die Vorräte an Lebensmitteln und Rohstoffen, auf deren Zufuhr die Bundesrepublik angewiesen ist, in keiner Weise der Notwendigkeit entsprechen, da sie teilweise nicht einmal einen Umfang haben, der es ermöglichen würde, kurzfristige Unterbrechungen der Zufuhr zu überbrücken, wie sie jederzeit durch Streiks, Naturkatastrophen oder politische Krisen eintreten können. Die Folge einer etwa eintretenden Unterbrechung wären voraussichtlich Störungen der Versorgung oder der laufenden Produktion mit der Folge, daß der Vorrat bei eintretendem Mangel bewirtschaftet werden muß. Wir brauchen ja nur an die Suez-Krise zurückzudenken, an all die Schwierigkeiten, die sich damals aus der nicht ausreichenden Vorratshaltung ergeben haben, und daran, wie dicht wir damals vor einer Wiedereinführung einer Treibstoffbewirtschaftung gestanden haben. Man könnte demnach die ausreichende Vorratshaltung als Garantie und unerläßliche Ergänzung unserer Marktwirtschaft bezeichnen. Es stellt sich nun die Frage, aus welchen Gründen die beteiligte Wirtschaft diese angemessene Vorratshaltung nicht selbst betreibt. Leider sind die einschlägigen Wirtschaftskreise wegen der herrschenden Kapitalarmut und des verhältnismäßig hohen deutschen Zinsfußes dazu nicht in der Lage. Die technisch und organisatorisch hoch entwickelte Leistung des Importwesens läßt außerdem dem einzelnen Unternehmer die Notwendigkeit angemessener Vorräte, die sehr viel Kapital binden und erhebliche Kosten verursachen, als nicht so dringend erscheinen. Er kann sich darauf verlassen und er verläßt sich darauf, daß in normalen Zeiten die Zufuhren so disponiert werden können, daß keine Schwierigkeiten auftreten, wobei freilich das Risiko einer etwaigen Unterbrechung der Zufuhr aus Gründen, die man als höhere Gewalt zu bezeichnen pflegt, außer Betracht bleibt. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 623 Margulies Es scheint notwendig festzustellen, daß mit vorliegendem Gesetzentwurf ein eng begrenzter Zweck angestrebt wird. Weder soll mit dem Gesetz in die laufende normale Lagerhaltung eingegriffen werden, noch ist daran gedacht, mit dem vorliegenden Vorschlag etwa strategische Reserven oder verbrauchsnahe Vorräte für Katastrophenfälle zu schaffen. Wohl aber könnte man letztere auf den nach unseren Vorschlägen entstehenden Vorräten aufbauen. Wenn im Vorangegangenen von Normallägern gesprochen wurde, so sollte man darunter diejenigen Vorräte verstehen, die aus wirtschaftlichen Gründen von den Unternehmen als unerläßlich betrachtet werden und für die aus diesem Grunde die Kosten von den betreffenden Wirtschaftskreisen selbst getragen werden. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß der 2. Deutsche Bundestag beschlossen hatte, diese Art der Vorratsbildung dadurch zu fördern, daß den Einlagerern eine Teilwertabschreibung von 20 % auf eine bestimmte Warengruppe zugestanden wurde. Es ist allerdings bedauerlich, daß die zugehörige Durchführungsbestimmung bis jetzt nicht erlassen werden konnte, weil über die Höhe dieses Bewertungsabschlags neuerdings ein Streit entstanden ist, bei dem das ursprünglich angestrebte Ziel völlig in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Die Vorratsbildung im Rahmen der Normallagerhaltung sollte durch die Teilwertabschreibung erleichtert werden. Darüber hinaus erscheint es uns aber aus den eingangs vorgetragenen Gründen dringend erforderlich, die Bildung angemessener Vorräte an Waren, auf deren Zufuhr die Bundesrepublik angewiesen ist, so zu steigern, daß kurzfristige Unterbrechungen der Zufuhr überbrückt werden können. Dies ist das Hauptmotiv unseres Vorschlags, von dem wir freilich erwarten, daß er daneben noch andere günstige Ergebnisse erbringt. So wäre eine angemessene Vorratshaltung auch aus volkswirtschaftlichen Gründen wünschenswert. Vorräte wirken sich als Polster gegenüber den teilweise sehr heftigen Preisschwankungen des Weltmarktes aus, und es bestünde bei Verwirklichung unseres Vorschlages die Möglichkeit, den Einkauf jeweils zu den erfahrungsgemäß günstigen Zeiten und damit zu billigen Preisen zu tätigen. Mir liegt eine Berechnung vor, nach der in den letzten vier Jahren allein bei der Kupfereinfuhr dadurch, daß wir immer nur von der Hand in den Mund leben, 885 Millionen Deutsche Mark mehr bezahlt worden sind, als es der Fall gewesen wäre, wenn wir uns den jeweils günstigsten Augenblick zum Einkauf hätten aussuchen können. Ich gebe diese Zahl mit allem Vorbehalt wieder, schon deshalb, weil sich der extrem günstigste Augenblick in der Praxis nicht immer erreichen läßt, aber es erscheint mir doch bemerkenswert, in welcher Größenordnung sich die Einkaufsvorteile bewegen können, wenn es uns mit Hilfe dieses Gesetzes gelingt, unsere Wirtschaft in die Lage zu versetzen, sich den Zeitpunkt des Einkaufs auszusuchen. Auch unsere handelspolitische Situation könnte durch den Aufbau angemessener Vorräte zeitweise eine Erleichterung erfahren. Es ist natürlich nicht daran zu denken, etwa Einkäufe im Gegenwert von 5 Milliarden Deutsche Mark auf einmal zu tätigen. Das würde ein Boom auf dem Weltmarkt hervorrufen und wäre wohl auch transportmäßig kaum zu bewältigen. Verteilt man jedoch die Einkäufe über einen längeren Zeitraum, so würden wir für diese Zeit eine Erhöhung unserer Einfuhren vornehmen und damit die von unseren Handelspartnern heftig kritisierte Überschußposition wenigstens teilweise abbauen. Das von der Bundesbank ausgewiesene Guthaben an Gold, Dollar und anderen Devisen im Gegenwert von etwa 24 Milliarden Deutsche Mark weckt naturgemäß die Begehrlichkeit im In- und Ausland, und die ernsten Sorgen, die aus der stetig anwachsenden Überschußposition herrührten, standen im Bundestag schon mehrfach zur Debatte. Da wohl niemand daran denkt, etwa den Export zu drosseln, schon um nicht die nach dem Kriege mühsam und unter besonders günstigen Umständen wiedergewonnenen Märkte zu gefährden, und da eine Berichtigung der Währungskurse derzeit unerreichbar erscheint, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir unseren Handelspartnern entgegenkommen können. Dazu wäre der Aufbau von Lagervorräten einer der möglichen Wege. Der Gesetzentwurf geht von dem Gedanken aus, daß die Bundesbank einen Teil ihrer Guthaben in Warenvorräte umschichtet, die sie mit Hilfe der einschlägigen Wirtschaft in der Bundesrepublik lagert. Es ist dies eine Konstruktion, die sich an das Vorbild der Schweiz anlehnt, wo die Lagerhaltung aus den gleichen Gründen, wie sie vorher erörtert wurden, schon seit dreißig Jahren betrieben wird und wo die Vorratshaltung einen Umfang von etwa 1 Milliarde Schweizer Franken bei ca. 4 Millionen Einwohnern der Schweiz erreicht. Natürlich konnte die Methode der Schweizer Vorratshaltung nicht einfach übernommen werden, weil die dortige Praxis auf den kleineren Gebietsumfang und die sich daraus ergebende leichtere Überschaubarkeit der Wirtschaft zugeschnitten ist. Aber der Grundgedanke hat sich jedoch in der langjährigen Praxis als so richtig erwiesen, daß er in Anpassung an unsere eigenen Verhältnisse übernommen werden konnte. Zur Durchführung der vorgenannten Gedanken schlägt der Gesetzentwurf vor, daß die Bundesbank Devisenkredite zur Verfügung stellt, die ihr zu den gleichen Sätzen zu verzinsen sind, die sie heute für ihre Guthaben erhält. Nach unserer Auffassung bestehen keine ernsthaften Hindernisse gegen den Gedanken, daß die Bundesbank solche Kredite ver- gibt, zumal die Umschichtung in Warenvorräte als währungsneutral bezeichnet werden kann und bei einer Auflösung der Warenvorräte der DM-Gegenwert an die Bundesbank zurückfließen würde. Natürlich wäre auch der Weg denkbar, daß ein besonderes Bankinstitut etwa nach dem Vorschlag des Präsidenten der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer zwischengeschaltet wird, falls sich die Bundesbank nach ihrer Satzung zur direkten Vergabe nicht in der Lage sehen sollte. Auch dieser Weg ist durch den Gesetzestext noch gedeckt. Eine 624 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 Margulies dritte Möglichkeit wäre der ebenfalls bereits erörterte Weg der normalen Lombardierung der Lagervorräte mit Refinanzierungszusage der Bundesbank, der ebenfalls als währungsneutral angesehen werden kann, solange die Lagervorräte bestehen. Weniger kompliziert erscheint uns aber der direkte Weg, wie wir ihn im Gesetzestext vorschlagen. Um die Bundesbank vor etwa eintretenden Verlusten zu sichern, erfolgt die Beleihung nur zu 90 °/o des Warenwertes auf Lager, und der Gesamtkredit der Bundesbank soll nach unserer Auffassung vom Bund verbürgt werden. Nur aus diesem Grund, um es vorwegzunehmen, schlagen wir auch vor, die Gewährung solcher Kredite an den Nachweis zu binden, daß der Einlageren mit der Behandlung der Ware vertraut sein muß. Es ist damit keine wesentliche Beschränkung des Teilnehmerkreises beabsichtigt, sondern eher die Anwendung des alten Sprichwortes: „Schuster, bleib bei deinem Leisten!" Eine gewisse Auswahl der Beteiligten ergibt sich allerdings aus der Voraussetzung, daß der betreffende Unternehmer 10 % des Warenwertes selbst aufzubringen hat. Ähnlich dem Schweizer Vorbild ist beabsichtigt, dem Einlagerer einen Teil des Risikos aus Preisschwankungen durch eine Ausgleichskasse abzunehmen. Die ersten 5% des Risikos hat er allerdings selbst zu tragen, und darauf kann auch nicht verzichtet werden, weil uns nur auf diesem Wege erreichbar scheint, daß das Interesse des Einlagerers an preisgünstigem Einkauf in vollem Umfange gewahrt bleibt. Andererseits kann durch die Begrenzung des Risikos auf steuerliche Vorteile, wie sie die Schweiz außerdem gewährt, verzichtet werden, denn die ersten 5 °/o des Risikos liegen im Rahmen der normalen Abschreibungsmöglichkeiten nach geltendem Steuerrecht. Unerläßlich war allerdings eine Regelung der Kosten der Lagerhaltung. Diese Kosten würden den Einlagerer gegenüber dem Streckengeschäft wettbewerbsunfähig machen. Insbesondere bei Rohstoffen und Stapelgütern erreichen die Kosten der Lagerhaltung Prozentsätze des Warenwertes, die unmöglich dem Einlagerer aufgebürdet werden können, wenn man den gewollten Zweck erreichen will. Der oft erörterte Gedanke, die Lagerkosten aus steuerlichen Abschreibungen möglichst zu dekken, erscheint uns nicht zu Ende gedacht. Abschreibungen auf den Warenwert müssen zunächst einmal verdient werden, und das ist wohl in einem Ausmaß, wie es zur Deckung der Lagerkosten erforderlich wäre, kaum möglich, mindestens nicht in kurzer Zeit. Außerdem stellen solche Abschreibungsmöglichkeiten ja nur eine Stundung der Steuer dar. Die Steuerschuld lebt in dem Moment wieder auf, in dem die Ware teurer veräußert wird, als sie zu Buche steht. Unter diesen Umständen hielten wir es für richtiger, die Lagerkosten in vollem Umfange von der vorgesehenen Ausgleichskasse übernehmen zu lassen. Die Verwaltungskosten, die bei dem vorgeschlagenen Selbstverwaltungsorgan und der Ausgleichskasse entstehen, sollen allerdings von den Beteiligten durch Umlage erhoben werden, damit der Apparat möglichst klein bleibt. Um die nicht unerheblichen Mittel aufzubringen, die zur Deckung der Lagerkosten, der Kosten zur Gesunderhaltung der Ware und zur Begrenzung des eigenen Risikos des Einlagerers notwendig sind, war zunächst der Gedanke aufgetaucht, die früher einmal erwogene Exportumlage heranzuziehen. Dagegen entstanden jedoch erhebliche Bedenken, weil eine solche Belastung des Exportes die Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt beeinträchtigen könnte, und nicht zuletzt aus dem Gedanken heraus, ein in sich geschlossenes Gesetz vorlegen zu können, schlagen wir vor, eine Importumlage zu diesem Zweck auf alle in die Bundesrepublik eingeführten Waren zu erheben. Wie hoch diese Umlage sein muß, um die aufgezählten Kosten zu decken, kann sich erst aus der Praxis ergeben. Eine Begrenzung nach oben auf 1 % glaubten wir aber vertreten zu können, weil nicht anzunehmen ist, daß der benötigte Aufwand mehr beträgt als 1% unseres Importvolumens. Im Gegenteil dürfte damit zu rechnen sein, daß man zunächst mit einem sehr viel geringeren Satz auskommt. Da die gesamte Vorratshaltung der Allgemeinheit dient, erschien es uns tragbar, daß die Kosten dafür auch von der Allgemeinheit getragen werden, und sie wären unserer Auffassung nach als eine Art Risikoprämie zu betrachten gegenüber Störungen der Versorgung und der laufenden Produktion, wobei unterstellt werden kann, daß sich in der volkswirtschaftlichen Rechnung aus der Möglichkeit günstigeren Einkaufs überhaupt keine Belastung der Konsumenten ergibt. Für die Gründung des Selbstverwaltungsorgans mußte eine Übergangslösung gefunden werden, um zu vermeiden, daß sich einige wenige Unternehmen zu dem vorgesehenen Selbstverwaltungsorgan zusammenschließen und damit so eine Art Kartell gründen. Es wird deshalb vorgeschlagen, die Gründung in die Hände des Bundeswirtschaftsministeriums zu legen und diesem zu überlassen, die Interessenten zur Bildung des Selbstverwaltungsorgans aufzufordern und bei genügender Beteiligung die Gründung vorzunehmen. Dem Bundeswirtschaftsministerium ist auch die Aufgabe zugedacht, die Satzung im Einvernehmen mit den Beteiligten zu erarbeiten, die Aufsicht auszuüben und zu bestimmen, wer das Finanzgebaren der Ausgleichskasse überprüft, also etwa die Deutsche Revisions- und Treuhandgesellschaft oder auch der Bundesrechnungshof. Damit scheint uns die Gewähr dafür gegeben zu sein, daß sich beim Aufbau der ganzen Sache keine Unzuträglichkeiten einschleichen. Wir waren der Ansicht, daß eine darüber hinausgehende Beteiligung des Bundesernährungsministeriums nicht erforderlich sei, weil es sich für den Bereich der Waren, die in den Geschäftsbereich des Bundesernährungsministeriums fallen, nur um eine formale Änderung der Vorratslagerhaltung handelt. Sowohl bei Getreide als auch bei den anderen in § 7 betroffenen Warenarten bleibt das Einfuhrsystem über die Einfuhr-und Vorratsstellen unberührt, so daß Lagervorräte in diesem Bereich nur unter den gleichen Voraussetzungen aufgebaut werden können, wie sie jetzt bestehen. Die vorgeschlagene Änderung besteht nur darin, daß die Einlagerung selbst, und zwar nur, soweit es sich um eingeführte Waren handelt, nicht mehr von der Einfuhr- und Vorratsstelle son- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 625 Margulies dern von den einschlägigen Wirtschaftskreisen getätigt wird. Das hat noch den Vorzug, daß danach zum Aufbau solcher Vorräte nicht besondere Ausschreibungen zu erfolgen brauchen, sondern der Vorgang sich im Rahmen der sowieso bestehenden Betätigung der Einfuhr- und Vorratsstellen vollzieht. Ich glaube, mich zunächst auf diese Begründung des Entwurfs beschränken zu sollen, obwohl es nahe läge, sich mit den bereits erhobenen Bedenken und Einwendungen auseinanderzusetzen. Die Frage, die mit unserem Initiativgesetzentwurf an die Regierung gestellt ist, besteht darin: Hält sie die Bildung angemessener Vorräte heute noch für so wichtig, wie das in der Vergangenheit mehrfach erklärt wurde? Falls ja, dann gibt unser Gesetzentwurf der Regierung eine Möglichkeit an die Hand, dieses Ziel zu erreichen. Ich würde es sehr bedauern, wenn man etwa darauf verfiele, diesen Vorschlag, der in mehrjähriger Arbeit einer Studiengruppe entstanden und nach allen Seiten wohl durchdacht ist, einfach zu kritisieren, ohne seinerseits andere oder gar bessere Vorschläge machen zu können. Der Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist selbstverständlich ein liberaler Entwurf. Er vermeidet jeden unnötigen Eingriff in den Ablauf des Wirtschaftsgeschehens. Er beschränkt sich auf Kann-Vorschriften, von denen dann Gebrauch gemacht wird, wenn das Ziel, nämlich angemessene Lagervorräte zur Vermeidung von Störungen der Versorgung oder der laufenden Produktion oder kurzfristige Unterbrechungen der Zufuhr zu schaffen, von allen Beteiligten als notwendig erachtet wird. Anlage 5 Schriftliche Erklärung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vorratslagerhaltung an Lebensmitteln und Rohstoffen (Vorratslagergesetz) (Bundestagsdrucksache Nr. 139 vom 16. 1. 1958) Die Bundesregierung hat den Fragen der Bevorratung mit Lebensmitteln und Rohstoffen schon immer ein besonderes Augenmerk gewidmet. Soweit ausländische Erzeugnisse in Frage kommen, kann durch eine Verstärkung der Vorratshaltung eine Verminderung des Zahlungsbilanzüberschusses erreicht werden. Außerdem wirkt sich eine erhöhte Lagerhaltung — neben der Vorsorge für etwaige Krisenzeiten — auch auf die Funktionsfähigkeit des deutschen Import- und Transithandels sowie der deutschen Rohstoffmärkte günstig aus. Deshalb hat sich die Bundesregierung bei der Behandlung des am 26. Juli 1957 beschlossenen Steueränderungsgesetzes nachdrücklich dafür eingesetzt, daß die unter der Bezeichnung „Bremer Erlaß" bekannte Regelung zur Verbesserung der Bevorratung mit Importrohstoffen gesetzlich verankert und, wesentlich verbessert wurde. Die danach vorgesehenen Bewertungsabschläge werden, wie anzunehmen ist, in nächster Zeit ihren Niederschlag in erhöhten Rohstoffvorräten finden. Auf dem Ernährungssektor hat die Bundesregierung schon seit längerer Zeit eine staatliche Vorratshaltung — insbesondere auch in Importlebensmitteln — als ein wirksames Instrument zur Erhaltung eines ausgeglichenen Marktes vor allem in Krisenzeiten angesehen. Sie hat deswegen eine Bundesreserve nach Maßgabe der im Bundeshaushalt bereitgestellten Mittel nach und nach aufgebaut. Die Fraktion der FDP will mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine weitere Förderung der Vorratshaltung erreichen. Dabei werden aber Maßnahmen in Vorschlag gebracht, die weder mit der bestehenden Wirtschaftsordnung noch mit verschiedenen internationalen Abmachungen in Einklang zu bringen sind; auch aus sonstigen Gründen wären sie praktisch nicht durchführbar. So würde die Errichtung eines Selbstverwaltungsorgans mit der Befugnis zum Abschluß von Lagerverträgen, die vor allem den Umfang und die Dauer der Lagerhaltung bestimmen, eine unerwünschte Lenkung der Vorratshaltung bedeuten. Die Erhebung einer Importabgabe wäre weder mit dem GATT noch mit dem Montanunions-Vertrag noch mit dem EWG-Vertrag vereinbar. Die Deckung sämtlicher Kosten aus einer Ausgleichskasse und das Verbürgen der Devisenkredite durch den Bund würde die Lagerhalter von fast sämtlichen Risiken freistellen. Dabei ist keineswegs sichergestellt, daß der kostspielige Einsatz umfangreicher Mittel zu einer Ausweitung der schon bestehenden Vorratslager führen würde. Unter diesen Umständen würde die Finanzierung einer Lagerbevorratung aus der Devisenreserve der Bundesbank bedenkliche währungs- und konjunkturpolitische Auswirkungen zur Folge haben. Für die Verhältnisse auf dem Ernährungssektor muß als besonders bedenklich angesehen werden, daß den Einfuhr- und Vorratsstellen nach dem Entwurf eine Vorratshaltung in Importlebensmitteln nicht mehr gestattet sein soll. Dadurch würde die Möglichkeit entfallen, bei etwaigen Krisen, die zu einer Verminderung der Einfuhren führen, die Versorgung wie bisher durch Abgaben aus der Bundesreserve sicherzustellen. Die Bundesregierung hält daher den Entwurf nicht für eine geeignete Grundlage, um eine Erhöhung der Lebensmittel- und Rohstoffbevorratung zu erreichen. Dr. Ludwig Erhard Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Fritz namens der CDU/CSU-Fraktion zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vorratslagerhaltung an Lebensmitteln und Rohstoffen (Vorratslagergesetz) (Drucksache 139) Die Fraktion der CDU/CSU war verwundert, daß gerade von seiten der liberalen FDP ein derartiger 626 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 Dr. Fritz Gesetzentwurf, wie das Vorratslagergesetz, dem Hohen Hause vorgelegt wird. Dies gilt um so mehr, als in der Plenarsitzung vom 22. Januar 1958 Herr Dr. Atzenroth gegen die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiete der gewerblichen Wirtschaft Stellung nahm und sich den vorausgegangenen ablehnenden Ausführungen von Herrn Dr. Deist anschloß. Herr Dr. Atzenroth sprach damals, dem Sinne nach, von einer marktwirtschaftlichen Haltung, die ihn zur Ablehnung des genannten Gesetzes führe, welche die FDP konsequent immer eingenommen habe. Die Freie Demokratische Partei hat aber nicht nur das Vorratslagergesetz eingebracht, sondern inzwischen auch den Entwurf eines landwirtschaftlichen Investitionsgesetzes — Drucksache 193 —, in welchem ebenfalls Maßnahmen auf dem Kreditsektor vorgesehen werden, die alles andere als marktkonform zu bezeichnen sind. Es ist nur auf den § 5, den § 7, den § 8 und den § 9 dieser Gesetzesvorlage hinzuweisen. Wenn man von einem Gesetz sagen kann, es verstößt gegen die Prinzipien unserer Marktwirtschaft, dann ist es wohl dieses Vorratslagergesetz. An dieser Stelle sei das währungspolitische Bedenken nicht weiter erläutert. Doch sollen einige andere Punkte angesprochen werden. So kann eine Methode zur Sicherung einer nachweisbar zusätzlichen Lagerhaltung, solange Importe von der privaten Wirtschaft durchgeführt werden, wohl kaum gefunden werden. Dann müßte man konsequenterweise schon zu einer staatlichen Lagerhaltung übergehen. Die selbstschuldnerische Bürgschaft verleitet dazu, daß der Unternehmer das ihm eigene und nicht abnehmbare Wagnis (eine Funktion, auf die er sonst mit Recht stolz sein kann) auf den Staat abwälzt. Das Selbstverwaltungsorgan, das aufgebaut werden soll aus einem Kreis, wie es in § 1 heißt, „der Gewähr dafür bietet, daß er mit der Behandlung der Ware vertraut ist", führt zu einem sogenannten geschlossenen Markt der Importeure. Ein Befähigungsnachweis muß demnach folgerichtig eingeführt werden. Es ergibt sich also ein Importeurkartell und damit eine monopolartige Stellung des bevorzugten Importhandels. Wir hätten damit neben den bekannten schriftlich fixierten Berufsordnungswünschen, die, wie der Herr Bundeswirtschaftsminister einmal sagte, zu Dutzenden bei ihm in der Schublade liegen, noth einen neuen Berufsordnungswunsch zu erfüllen. Das kann nicht Sinn unserer Wirtschaftspolitik sein. Das ist aber auch sicherlich unvereinbar mit den uns bisher bekannten wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der FDP. Die Einführung einer Importabgabe steht überhaupt nicht zur Diskussion, da sie gegen Bestimmungen des GATT, der EWG und der Montan- union verstoßen würde. Eine Importabgabe wäre einer Zollerhöhung gleichzusetzen. Von der Rechtslage abgesehen, hätte diese Abgabe sicherlich auch Preiserhöhungen für Importgüter zur Folge. Wir stimmen mit der FDP allerdings in einem überein, nämlich in der Tatsache, daß die Lagerhaltung von Importwaren recht problematisch ist und daß der Importhandel, so bedeutsam er für unsere Volkswirtschaft ist, berechtigte Wünsche vorzubringen hat. Infolge seiner angespannten Finanzsituation auf Grund einer ungünstigen Kapitalstruktur ist er vielfach geschwächt. In der Lagerhaltung stützt sich die Wirtschaft der Bundesrepublik teilweise auf Lagerhalter der Transitländer Niederlande und England. Hierin ist ein Problem zu sehen vor allem für die Bewältigung unserer wirtschaftlichen Aufgaben bei sogenannten außerökonomischen Störungen. Wir wissen, daß die Frage der Lagerhaltung — unter anderen Gesichtspunkten als bei uns — auch in anderen Staaten behandelt wird. Die Schweiz kennt private, halbstaatliche und staatliche Einrichtungen dieser Art. Auch in den USA gibt es staatliche Läger. Allerdings werden beide Institutionen volkswirtschaftlich kritisch beurteilt. Sie sind und bleiben im marktwirtschaftlichen Ablauf Störenfriede, die sich da und dort, wie das Beispiel Schweiz zeigt, sogar in Zeiten, in welchen sich Krisen abzeichnen, bemerkbar machen. Schließlich haben auch wir in der Bundesrepublik gewisse Erfahrungen mit staatlichen Lenkungsmaßnahmen auf dem Gebiete der Lagerhaltung, die, sosehr wir auch ihre Notwendigkeit anerkennen müssen, uns nicht voll befriedigen. Man sollte danach trachten, die Lagerhaltung für Importgüter mit möglichst marktkonformen Mitteln zu fördern. Es sei daran erinnert, daß der 2. Bundestag gegen Ende seiner Legislaturperiode entsprechende Maßnahmen steuerrechtlicher Art verabschiedet hat. Grundlage hierfür war der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom April 1957, der die im Interesse der Allgemeinheit notwendige Erhöhung der Lagerhaltung zur Erleichterung ihrer Finanzierung und zur Verminderung der mit der Lagerhaltung verbundenen Risiken steuerlichen Begünstigungen vorsah. Dies war mehr oder weniger die rechtliche Verankerung des Bremer Erlasses von 1954. Wir möchten der Bundesregierung empfehlen, entgegen der Stellungnahme der Länder zum Steuerprogramm des Bundes, die Bewertungsabschläge auf Waren ausländischer Herkunft zur Steigerung der Vorratshaltung so zu gestalten, daß die Importeure in die Lage versetzt werden, ihre volkswirtschaftliche Funktion zu erfüllen. Trotz unserer grundsätzlichen Ablehnung des vorliegenden Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vorratslagerhaltung an Lebensmitteln und Rohstoffen stimmen wir zu, daß dieser Gesetzentwurf zur weiteren Behandlung den vorgeschlagenen Ausschüssen überwiesen wird. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Februar 1958 627 Anlage 7 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Dr. Atzenroth zu dem von der Fraktion der FDP eingereichten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beförderungssteuergesetzes (Drucksache 165) Das gleiche Anliegen, das wir heute vortragen, hat schon den zweiten Deutschen Bundestag vor etwa einem Jahr beschäftigt. Im Jahre 1955 hat das Hohe Haus ein Gesetz beschlossen, durch das die Steuer im Werkfernverkehr auf das Dreifache heraufgesetzt wurde mit dem Hinzufügen, daß sich der Satz am 1. April 1957 automatisch nochmals von 3 auf 4 Pfennig und am 1. April 1958 von 4 auf 5 Pfennig pro tkm erhöhen soll. Den Bundesverkehrsminister hatten damals in erster Linie nichtfinanzielle Gründe geleitet. Er wollte vielmehr durch die drastische Steuererhöhung den Umfang des Werkfernverkehrs drosseln und eine große Zahl von Kraftwagen dadurch von der Straße bringen. Wie zu erwarten war, hat er dieses Ziel nicht erreicht. Er wird es auch nicht erreichen. Die Wirkung der Steuererhöhungen waren nur eine Verteuerung des Werkfernverkehrs und damit eine Preiserhöhung für eine ganze Reihe von wichtigen Produkten, insbesondere von Verbrauchsgütern. Meine Fraktion hat in klarer Erkenntnis dieser Wirkung im vergangenen Jahr beantragt, daß die vorgesehene automatische Erhöhung von 3 auf 4 Pfennig nicht vorgenommen werden soll. Leider ist unser Antrag damals nicht angenommen worden, und zwar im wesentlichen auf Grund des Widerstands des Verkehrsministers. Wir behaupten auch heute noch, daß unser damaliger Antrag berechtigt war, und wir konnten feststellen, daß eine ganze Reihe von Kollegen, insbesondere aus der CDU, inzwischen unserer Meinung beipflichten. Der Herr Bundesverkehrsminister hat sich vor einem Jahr darauf berufen, daß die Tariferhöhung von rund 1 Pfennig auf 3 Pfennig den beabsichtigten Erfolg zwar nicht ganz, aber doch schon zu einem beträchtlichen Teil erbracht habe und daß die weiteren Erhöhungen notwendig seien, um das von ihm erstrebte Ziel endgültig zu erreichen. Er konnte seine Behauptung damals nicht mit Zahlen beweisen. Aus diesem Grunde hat ihm der 2. Deutsche Bundestag im vergangenen Februar einstimmig die Auflage gemacht, das erforderliche Zahlenmaterial bis zum 31. Dezember 1957 dem Bundestag vorzulegen. Dieser Verpflichtung ist der Herr i Minister nicht nachgekommen. Es ist eine höchst bedauerliche Tatsache und für die deutsche Demokratie abträglich, wenn die Regierung oder einer ihrer Minister sich einfach über einen Beschluß des Parlaments hinwegsetzt und wenn der Bundestag eine solche Verletzung seiner Rechte ohne Widerspruch hinnimmt. Wir jedenfalls erheben hierdurch allerschärfsten Protest gegen ein solches Verhalten. Wir können uns also auch bei unserem heutigen Antrag nicht auf amtliche Zahlen berufen. Das ist aber nicht von entscheidender Bedeutung. Denn jedermann, der in der Wirtschaft tätig ist, weiß, daß die technische Errungenschaft, die der Werkfernverkehr darstellt, nicht durch diskriminierende Steuermaßnahmen beseitigt oder verkleinert werden kann. In bestimmten Wirtschaftszweigen ist es heute einfach zwingend notwendig, die Produkte in werkeigenen, meist für den Sonderzweck eingerichteten Fahrzeugen zu transportieren. Hier liegt keine wirkliche Konkurrenz gegenüber der Bundesbahn oder dem Güterfernverkehr vor. Hier handelt es sich vielmehr um eine aus der Sache heraus notwendige dritte Beförderungsart. Die Werkfernverkehrs-Steuer bildet bei bestimmten Produkten einen der vielen Preisbestandteile, deren Erhöhung sich schließlich im Verkaufspreis niederschlagen muß. In einzelnen Bereichen ist das aus Konkurrenzgründen vielleicht zur Zeit nicht durchsetzbar, auf breiter Ebene aber bedeutet eine Erhöhung der Gebühren im Werkfernverkehr automatisch eine Preiserhöhung für das Endprodukt beim Verbraucher. Deswegen sollte insbesondere der Herr Bundeswirtschaftsminister, der in der Öffentlichkeit von der privaten Wirtschaft immer die Erhaltung der Preisstabilität fordert, unseren Antrag ganz intensiv unterstützen. Im Interesse einer Wirtschaftspolitik, die sich die Erhaltung der Kaufkraft der D-Mark zum Ziel gesetzt hat, hätte es gelegen, wenn wir den Antrag gestellt hätten, den Steuersatz wieder auf 1 Pfennig pro tkm zu senken. Wir haben uns auf die Forderung beschränkt, in diesem Jahre keine Erhöhung vorzunehmen. Diesem Anliegen sollte das Hohe Haus einmütig zustimmen. Ich habe zum Schluß noch die Bitte, daß die Vorlage, die dem Finanzausschuß überwiesen ist, so rechtzeitig behandelt wird, daß die betroffenen Wirtschaftskreise vor dem 1. April Klarheit und Sicherheit darüber erhalten, mit welcher Belastung sie künftig zu rechnen haben.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Julius Brecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Vom Dezember ab kam die Erhöhung auf 50% der durchschnittlichen Herstellungskosten. Der Herr Bundeswohnungsbauminister hat uns gesagt, nach dem Maßstab der Herstellungskosten des Jahres 1957; im Erlaß vom 19. Dezember



    Dr. Brecht
    — einen weiteren kenne ich noch nicht, ein solcher ist auch noch nicht veröffentlicht worden — geht es aber immer noch nach den durchschnittlichen Kosten des Jahres 1956. Wie hoch sind denn diese Durchschnittsbeträge? Sie sind in Hessen 8830 DM je Wohnungseinheit, in Baden-Württemberg 10 330 DM und in Nordrhein-Westfalen 10 035 DM, während der Durchschnittsbetrag der Förderungsdarlehen je Wohnungseinheit im allgemeinen sozialen Wohnungsbau schon im November vergangenen Jahres bei 11 200 DM lag. Es sollte mich freuen, wenn es richtig ist, daß die Bundesregierung inzwischen durch einen weiteren Erlaß — den ich noch nicht kenne — auf den Durchschnittsbetrag von 1957 erhöht hat und nunmehr auf 11 700 DM gekommen ist, wie es der Herr Bundeswohnungsbauminister angekündigt hat.
    Ich weiß — und Herr Dr. Czaja hat das ein paarmal mit seinen Gesten zum Ausdruck bringen wollen —, daß diese Verteilungsmittel vom Bund in der Erwartung gegeben werden, daß die Länder sich entsprechend mit Zusatzbeträgen beteiligen. Sie sagen nun ständig, all diese Probleme könnten und müßten dadurch gelöst werden, daß die Länder ihrerseits zu diesen Bundesförderungsmitteln etwas hinzugäben. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf § 42 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Auf diesen entscheidenden Punkt werde ich nachher bei der Begründung unseres Antrages im Zusammenhang mit der Durchfinanzierung noch einmal zurückkommen.
    Zweifellos sind wir uns aber alle darüber einig, daß in den Förderungsmaßnahmen, die der Bund den Ländern zuteil werden ließ, auch nicht die ganzen Siedlungsfolgekosten berücksichtigt sind, die den Gemeinden usw. entstehen. Wir wissen alle, daß die Siedlungsfolgekosten je Wohnung heute durchschnittlich bei 3500 DM liegen, wenn eben nicht im Wiederaufbau gearbeitet wird.
    Ferner sind nicht berücksichtigt die Mittel der Länder für die Wohnungsversorgung für die alleinstehenden Jugendlichen, die ja zu irgendeinem Zeitpunkt auch von den Ländern wohnungsmäßig versorgt werden müssen, sowie für all die Aussiedler, Vertriebenen oder Flüchtlinge aus der Zeit, bevor diese Aktion in Gang gekommen ist.
    Man muß über dieses Kapitel, was die Finanzierung aus Bundesmitteln angeht, schon das Wort setzen: Zuwenig! Tragischer ist, daß man auch noch hinzusetzen muß: Zu spät! Die Mittel waren nicht nur zuwenig, sondern sie kamen auch zu spät.

    (Abg. Dr. Hellwig: Das hören wir jedesmal von der Opposition!)

    — Darf ich es noch einmal hören?

    (Abg. Dr. Hellwig: Das ist die übliche Formulierung der Opposition, Herr Dr. Brecht!)

    — In diesem Fall vertrete ich diese Auffassung und belege sie Ihnen auch.

    (Abg. Dr. Hellwig: Bitte!)

    Ich habe Ihnen gesagt, daß die Mittel der Höhe
    nach nicht reichen können. Darauf werde ich nach-
    her bei der Begründung des Antrages zurückkommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber was ist mit dem „zu spät"?)

    — Was die Behauptung „zu spät" angeht, will ich Ihnen jetzt den Beweis erbringen.
    Die ersten drei Aktionen waren zeitlich und sachlich durchaus noch in Ordnung. Sie sind auch gut gelaufen. Die Schwierigkeiten begannen dann erst bei der vierten und fünften Aktion. Für diese Aktionen ist die Behauptung „zu spät" deswegen begründet, weil nun die Vertriebenen, die Aussiedler erst registriert werden mußten und dann erst nach längerer Zeit — im nächsten Haushaltsjahr - Mittel eingesetzt wurden, um für die in der zurückliegenden Zeit Gekommenen Wohnungen erstellen zu können. Sie alle wissen ganz genau, daß wir hier nicht nur eine einjährige Produktionsperiode haben, sondern daß die Produktionsperiode im Wohnungsbau, wenn man die ganzen Schwierigkeiten bei der behördlichen Verplanung in Rechnung stellt, glatt bei 11/2 Jahren liegt.

    (Abg. Dr. Hellwig: Aber das ist ja nicht die Bundesregierung!)

    — Entschuldigen Sie, aber alle Beteiligten, die in dieser Sache mit Maßnahmen, Richtlinien und Bestimmungen arbeiten, verlängern irgendwie die Produktionsperiode.
    Aber hören Sie doch einmal zu! Im Haushaltsjahr 1955 sind Mittel für die Zuwanderer von 1954 eingesetzt worden. Wann sind dann die Erlasse herausgekommen? 27. Mai 1955, gut, am Anfang,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und sie sind noch nicht verbaut!)

    endgültig erst am 5. Januar 1956. Erst am 5. März
    1956 sind die endgültigen Bewilligungen an die Län-
    der für die Zuwanderer von 1954 herausgegangen.

    (Abg. Dr. Czaja: Und was ist mit den Mitteln geschehen? Sind sie verbaut?)

    — Nein, ich habe ja dazu Darlegungen gemacht. Sie werden auch wissen, warum nicht: einfach weil damit allein nicht ausreichend zu finanzieren war. Bei der siebenten, achten und neunten Aktion handelte es sich um die Mittel für die Zuwanderer von 1956 und für die Aussiedler zum Teil von 1955. Bewilligt wurden die Mittel am 4. Oktober 1956, also am Ende des Jahres, dann am 17. Oktober 1956, am 27. Februar 1957 und endgültig sogar erst am 19. Dezember 1957. Sie sind also zu spät bereitgestellt worden, so daß immer eine viel zu lange Spanne zwischen dem Einströmen der Vertriebenen und der Wohnungsversorgung eintreten mußte.
    Sie sind aber auch im einzelnen teilweise zu spät bewilligt worden. Es fehlt dem Sowjetzonenwohnungsbau das, was beim allgemeinen sozialen Wohnungsbau gesetzlich fundiert ist; daß nämlich auch die Hergabe der Mittel für den Sowjetzonenwohnungsbau auf einer klaren Verpflichtung beruht und daß diese Verpflichtung genau wie im allgemeinen sozialen Wohnungsbau durch Vorziehen



    Dr. Brecht
    vor das Haushaltsjahr erfüllt werden muß und daß auch die Mittel für den Sowjetzonenwohnungsbau generell wie die anderen Mittel jeweils im Dezember des Vorjahres bereitgestellt werden. § 18 Abs. 3 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, auf den immer wieder hingewiesen wird, bringt ja nur eine deklaratorische Mitteilung, aber keine gesetzliche Verpflichtung, daß die Mittel zur Verfügung zu stellen sind, und auch keine Verpflichtung, daß sie am 1. Dezember des Vorjahrs bereitzustellen und den Ländern zuzuteilen sind.
    Ferner kamen die Mittel zu spät, weil sie in sehr, sehr vielen Fällen nicht kongruent mit den Mitteln des allgemeinen sozialen Wohnungsbaues bewilligt worden sind. Da sind dann im Dezember oder Januar die Mittel für den allgemeinen Wohnungsbau gegeben worden, darauf ist das Bauland beschafft worden, die Kapitalmarktmittel sind besorgt worden, die Bauherren sind ausgewählt worden, alles ist in Gang gesetzt worden, und Monate darauf, drei, vier Monate später kam dann noch eine Zuteilung an Mitteln für den Sowjetzonenwohnungsbau. Natürlich war dann die Verklemmung da, daß die Kapitalmarktmittel oder das Bauland schon für andere Bauten verbraucht waren usw. Gerade auf die zeitliche Kongruenz käme es sehr wohl an.
    Im übrigen sind die Mittel meiner Ansicht nach auch dadurch zu spät eingesetzt worden, daß der Herr Bundeskanzler viel zu spät über die Schwierigkeiten informiert wurde, um durch seine Hilfe den Einsatz höherer Mittel zu ermöglichen. Mir liegt eine Niederschrift über eine Sitzung des Ausschusses für Wiederaufbau beim Bundesrat vor, die am 23. und 24. Mai 1956 stattgefunden hat; mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich einen Satz daraus zitieren. Da stellen die Länder fest, daß sie sich erneut mit dem Sowjetzonenwohnungsbau beschäftigen:
    Veranlassung dazu gab in erster Linie die Tatsache, daß der Wohnungsbau für SBZ-Flüchtlinge in den Hauptaufnahmeländern ins Stocken geriet und daß er mit den zur Zeit bestehenden Finanzierungsgrundlagen nicht mehr durchführbar ist. Ursachen liegen in der stetigen Steigerung der Baukosten, in der ungenügenden und zögernden Bereitstellung der Bundesmittel usw.
    Wenn das schon damals festgestellt wurde, dann wäre es doch notwendig gewesen, im Kabinett mit dem Finanzminister und allen Beteiligten eine Entscheidung in dem Sinne herbeizuführen, daß solche Schwierigkeiten, wie wir sie heute haben, erst gar nicht hätten entstehen können.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Das war eine Feststellung der Länder!)

    — An der Sitzung haben Vertreter des Wohnungsbauministeriums teilgenommen und nicht widersprochen. Wenn Sie die damaligen Vertreter des Wohnungsbauministeriums, auch den damaligen Minister Preusker fragen, wird man Ihnen bestätigen, daß im Wohnungsbauministerium längst erkannt war, daß mit den Beträgen von 8000 DM je Wohnung die Finanzierung im allgemeinen schon damals nicht durchführbar war.
    Dann war hier viel von den allgemeinen Schwierigkeiten des sozialen Wohnungsbaus die Rede. Ich will darauf nicht eingehen. Selbstverständlich gelten diese in gleicher, ja viel schärferer Weise für den SBZ-Wohnungsbau. Insbesondere ist das Problem der Baulandbeschaffung im Sowjetzonenwohnungsbau härter als im allgemeinen Wohnungsbau. Aber diese Probleme kann man nicht, entschuldigen Sie, wie in einer Märchenstunde an orientierten Wunschbildern erledigen, etwa, daß wir vielleicht einmal ein Bundesbaugesetz bekommen oder daß eine Raumordnung gemacht wird. Mit Raumordnung wird zwar ausgewiesen, welche Entwicklungsmöglichkeiten vorhanden sind, aber es wird nicht ausgewiesen, wo Land abgegeben wird und wo Land zu einem angemessenen Preis abgegeben wird. — Bitte sehr, Herr Dr. Czaja!


Rede von Dr. Herbert Czaja
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ist Ihnen, Herr Kollege, klar, daß die Standortnachweisung Aufgabe der Landesplanung ist?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Julius Brecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Natürlich ist mir das klar. Ich kenne die Landesplanung schon seit 30 Jahren; schon damals ist sie nämlich gemacht worden. Aber mit der Standortnachweisung wird noch kein effektiv bebauungsfähiges Gelände zur Verfügung gestellt, auf dem morgen die Bagger zu arbeiten beginnen können. Das macht die Landesplanung nicht, das macht keine Raumordnung, und das wird auch kein Bundesbaugesetz machen.

    (Zuruf von der Mitte: Sie wollen doch weiterbauen! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    — Es kam mir nur darauf an, die Schwierigkeiten zu zeigen. Man soll sie nicht bagatellisieren; dazu ist das Problem viel zu ernst.
    Hinsichtlich der Länder muß man auch einmal darauf hinweisen, daß im Jahre 1956 und im ersten Halbjahr 1957 die Schwierigkeiten auf dem Kapitalmarkt bestanden haben. Dadurch kamen auch die Länder bei ihrer Finanzierung nicht weiter. Die Ausgleichsmaßnahme in Form von 208 Millionen DM, die damals dem Wohnungsbauministerium vorgeschlagen worden ist, hat doch auch acht Monate gebraucht, bis sie nach all den Verhandlungen verwirklicht werden konnte. Dann ist auch nur ein Teil davon dem Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge zugute gekommen. Die Restfinanzierung für diesen Wohnungsbau ist — man kann es wenden und drehen, wie man will — einfach schwieriger als im sonstigen sozialen Wohnungsbau, weil es hier nicht die Möglichkeit der Finanzierungsbeiträge durch die Mieter, die Wohnungskonsumenten, und nicht die Möglichkeit gibt, in diesem Umfang 7c-Darlehen aufzunehmen; ganz abgesehen davon hat Ihr Herr Finanzminister bei dieser Situation den Abbau des § 7 c gerade für Arbeitgeberdarlehen zum 31. Dezember 1958 vorgesehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Sie müßten auch dem Verfahren im einzelnen einmal etwas nachgehen. Wer sich mit den Akten des Flüchtlingswohnungsbaues beschäftigt, dem



    Dr. Brecht
    wird klar, welche Flut von Nachweisungen, Aufstellungen, Kontrollen, Berichten gefordert wird, ohne daß dann etwas Produktives damit geschieht. Wir ersticken im Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge teilweise in diesem behördlichen verwaltungsmäßigen Verfahren, das sich breitgemacht hat.

    (Abg. Dr. Hellwig: Ist das Bundesoder Landessache?)

    — Zum Teil Bundessache, zum Teil Landessache. Aber Herr Kollege Dr. Hellwig, wir kennen und wissen zu genau, wenn solche bürokratischen Maßnahmen von oben getrieben werden, dann wuchern sie nach unten einfach weiter. Dagegen können Sie nichts machen, dagegen können wir alle nichts machen. Darum sollten wir ihnen am Beginn, nämlich in der Weisung von oben her, entgegentreten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dazu kommt — ich habe es schon angedeutet — ein sehr, sehr ernstes psychologisches Problem. Sie gehen immer davon aus, daß zu den Mitteln des Bundes für den Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge Ländermittel hinzugegeben werden müssen. Sie begründen das zum Teil mit dem Ersten und dem Vierten Überleitungsgesetz, mit der damaligen Quote von 15 %, die dann durch die sogenannte Verpflichtung abgelöst worden ist, die die Länder übernahmen, daß sie für 8000 DM — jetzt für 50% des Betrags X — soundso viel Wohnungen für soundso viel Personen errichten. Sie, meine Damen und Herren, sind sich sicherlich darüber klar, was das bedeutet. Es bedeutet, daß die Länder aus ihrem allgemeinen Topf an Wohnungsbaumitteln dauernd Beträge nehmen müssen, um sie im Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge zu investieren. Das ist — nicht für die Verwaltungen der Länder, aber für die Bevölkerung — ein sehr ernstes psychologisches Kapitel. Man muß sich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß man angesichts der drei Fakten, die der Herr Bundeswohnungsbauminister am Anfang genannt hat, es einfach nicht mehr hinnehmen kann, daß Wohnungsbaumittel, die für die einheimische Bevölkerung bestimmt sind, und auch Wohnungsbauförderungsmittel, die für Altflüchtlinge bestimmt sind, für den Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge abgezweigt werden. So liegen politisch die Dinge nicht. Die Mittel des Bundes müssen eben in einer solchen Höhe gegeben werden, daß der Wohnungsbau für die einheimische Bevölkerung oder für die Altflüchtlinge nicht beeinträchtigt wird.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Was tun die Länder zusätzlich?)

    — Meine Herren, wenn Sie es mir noch einmal deutlicher sagen, will ich Ihnen auch darauf antworten. Bitte sehr, Herr Dr. Hellwig.