Rede:
ID0301102300

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 11. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1958 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Beseitigung der Mängel der Rentenneuregelung (Drucksache 28) Frau Korspeter (SPD) 481 B Blank, Bundesminister . . . 484 D, 511 B, 526 A, 528 B Dr. Schellenberg (SPD) 494 A, 527 C, 529 A Stingl (CDU/CSU) 501 D Walpert (SPD) 511 D Weber (Georgenau) (FDP) 513 C Storch (CDU/CSU) 514 D Frau Kalinke (DP) 515 D Reitzner (SPD) 523 B Scharnowski (SPD) 526 C Antrag der Fraktion der SPD auf Gewährung des vollen Kostenersatzes an die gesetzliche Krankenversicherung (Drucksache 123) Rohde (SPD) 529 C Horn (CDU/CSU) 531 B Mischnick (FDP) 531 C Entwurf eines Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zu den europäischen Versammlungen (Drucksache 130) — Erste Beratung — 531 D Nächste Sitzung 531 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 533 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Februar 1958 481 11. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr.
  • folderAnlagen
    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Barzel 24. 2. Bauer (Wasserburg) 22. 2. Bazille 14. 2. Dr. Bechert 14. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 15. 2. Blachstein 14. 2. von Bodelschwingh 13. 2. Frau Brauksiepe 14. 2. Dr. Brecht 14. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 17. 2. Dopatka 15. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Even (Köln) 15. 2. Faller 7. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 28. 2. Gedat 22. 2. Gerns 14. 2. Günther 14. 2. Hahn 14. 2. Hansing 13. 2. Hellenbrock 14. 2. Dr. Höck 21. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Jacobs 12. 3. Jürgensen 28. 2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kemmer 14. 2. Keuning 14. 2. Kiesinger 14. 2. Frau Kipp-Kaule 13. 2. Köhler 14. 2. Dr. Kopf 15. 2. Kühlthau 14. 2. Kunze 15. 2. Dr. Leiske 22. 2. Lenz (Brühl) 14. 2. Dr. Leverkuehn 14. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 3. Mellies 8. 3. Mengelkamp 14. 2. Meyer (Wanne-Eickel) 13. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8. 3. Muckermann 14. 2. Ollenhauer 14. 2. Paul 28. 2. Pelster 14. 2. Frau Pitz-Savelsberg 13. 2. Ramms 14. 2. Schmidt (Hamburg) 13. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 14. 2. Dr. Siemer 14. 2. Stahl 14. 2. Dr. Weber (Koblenz) 22. 2. Frau Welter (Aachen) 13. 2. Dr. Wilhelmi 13. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Abgeordneter Schellenberg, es sind hier nur Zwischenfragen möglich. Die Unterrichtung eines Redners können Sie erst nach seiner Rede vornehmen.


Rede von Dr. Ernst Schellenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich frage Sie, Herr Kollege Stingl: Ist Ihnen nicht bekannt, daß man eine Berücksichtigung besonders langer Kriegsdienst- und Arbeitslosenzeiten auch in einer pauschalen Weise ermöglichen könnte? Man muß sich aber darüber Gedanken machen, und ich bitte Sie sehr herzlich, dazu Stellung zu nehmen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Stingl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sie müssen sich mindestens darüber Gedanken machen, wo Sie erst einmal den Beweis hernehmen, daß der Betreffende lange Kriegsdienstzeiten, lange Arbeitslosenzeiten, lange Ausfallzeiten hat! Sie müssen bedenken, daß beim Rentenbestand der einzelne Rentenfall gar nicht mehr in seinem Verlauf vorhanden ist. Die Unterlagen sind ja verschwunden. Sie müssen also dann wieder die Arbeitsämter einschalten, die Krankenkassen, die Wehrersatzämter, das Krankenbuchlager in der Papestraße in Berlin, oder was es sonst ist, für jeden einzelnen Fall heranziehen. Ist es etwa eine ungerechte Regelung, wenn ich jedem 15 % seiner
    Versicherungszeit als Ersatzzeit pauschal dazugebe, wobei zu berücksichtigen ist, daß in seiner Zeit der zweite Weltkrieg sowieso schon enthalten ist, daß wir damit also etwa den ersten Weltkrieg bei den Arbeitern oder die Ausbildungsjahre der Angestellten ausgleichen und daß wir zusätzlich die Inflationsjahre dazugegeben haben? Ist es eine Ungerechtigkeit, wenn alle die Jahre berücksichtigt sind? Es müßte allenfalls gesagt werden — und da könnte man zitieren: Ist dein Auge neidisch, weil ich gut bin? —, daß diejenigen, die keine Ersatz-und Ausfallzeiten haben, hier einen Vorteil haben, indem sie nämlich 15 % mehr bekommen. Das ist richtig.
    Aber es geht uns darum, eine möglichst saubere, eine möglichst schnelle Umstellung zu erhalten. Wir nehmen es in Kauf, daß wir jemandem einmal etwas mehr geben, wenn wir nur die Gewißheit haben, daß wir im großen und ganzen — und das läßt sich nicht bestreiten — die Ausfall- und Ersatzzeiten entsprechend und günstig berücksichtigt haben.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Herr Kollege Schellenberg, man kann doch nicht jahrelang im zweiten Bundestag Zulagen prozentual zur Rente, die damals noch aus Grundrente und Steigerungsbeträgen bestand, Zulagen, die eine solche Ungerechtigkeit gewesen wären, fordern und heute prozentuale Umstellungen bekämpfen, wenn sie nicht ungerecht sind, sondern zur Bereinigung beitragen und denen zum Vorteil gereichen, die keine Ersatz- und Ausfallzeiten haben. Was hätte denn Ihre prozentuale Erhöhung damals jeweils für Ungerechtigkeiten hervorgerufen!
    Wir wissen aber andererseits, daß die Nachteile, die jemand einmal haben mag, weil er mehr als 15 % Ausfälle hat, bei weitem ausgeglichen sind. Es ist nicht zu bestreiten, daß die umgestellten Renten, soweit die Rentner noch nicht 65 Jahre alt sind, doch nicht nur Erwerbsunfähigkeitsrenten sind. Ein großer Teil sind Berufsunfähigkeitsrenten. Wir gewähren allen diesen Berufsunfähigkeitsrentnern jetzt schon einen Steigerungssatz von 1,3 %. Nun könnte auch jemand sagen, dann müsse man individuell umrechnen, etwa den Berufsunfähigen nicht so viel, sondern nur 1 % und den Erwerbsunfähigen 1,5 % geben.
    Das, was Sie mit Kompliziertheit und mit Ungerechtigkeit bezeichnet haben, hat alles seinen Grund darin, daß wir eine so gewaltige Umstellung des ganzen Rentenrechts herbeigeführt haben. Wir sind stolz darauf, daß es uns gelungen ist, den Übergang vom früheren Recht zum heutigen Recht so verhältnismäßig reibungslos zu gestalten, wie wir es getan haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie wissen ja selbst, daß wir den Steigerungssatz von 1,3 % dann auf 1,5 % erhöhen, wenn der Betreffende 65 Jahre alt wird und sein Altersruhegeld zu beanspruchen hätte. Sie wissen selbst, daß wir den prozentualen Zuschlag von 15 % als Ausgleich für die Mängel im früheren Recht gewähren. Meine Damen und Herren, wie können Sie eigentlich die Bereinigung vornehmen, wenn Sie die dafür not-



    Stingl
    wendigen Voraussetzungen einfach nicht haben? Es ist Ihnen doch bekannt, daß die Beitragssätze sowohl der nominellen wie auch der prozentualen Höhe nach unterschiedlich waren, daß sie zwischen Arbeitern und Angestellten und daß sie in den verschiedenen Jahrgängen der Angestellten und der Arbeiter unterschiedlich waren. Wir sind nicht ein deus ex machina, der mit einem Schlage nun plötzlich sagt: Es war alles anders, es war ein geordneter Versicherungsverlauf. In die Entwicklung sind eben verschiedene Elemente hineingekommen, verschiedene Denkweisen haben auf sie Einfluß genommen, und dies haben wir — ich bleibe dabei — gut überwunden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, Sie können doch auch nicht die Richtigkeit unserer Erklärung bestreiten, daß das Recht für die Zukunft vereinfacht ist. Es wurde Herr Minister Storch zitiert, der einmal gesagt habe, ein Schulkind könne die Rente seines Vaters ausrechnen. Das wird es können, aber nicht heute, wo sein Vater im ersten Weltkrieg gewesen ist, die Inflation mitgemacht hat, vertrieben wurde und im zweiten Weltkrieg war.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wenn es Mathematik studiert, ja!)

    — Nein, Herr Kollege Schellenberg, jedes Schulkind wird, wenn von 1957 an die Unterlagen aufgehoben werden, die Bemessungsgrundlage ausrechnen können. Natürlich kann es — Herr Kollege Schellenberg, hier sind wir uns einig, aber dafür ist uns vielleicht Frau Kalinke böse — die nominelle Höhe nicht ausrechnen, weil wir die Renten jeweils an die Entwicklung der Löhne und Gehälter angleichen. Kein Schulkind ist so hellseherisch, daß es wissen kann, wie die Lohnverhältnisse dann sein werden, wenn sein Vater 65 Jahre alt ist. Insoweit stimmen wir miteinander überein.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wir wissen natürlich, Herr Kollege Schellenberg, daß die Umstellung der Faktoren auch Härten oder, wenn Sie es so nennen wollen, Ungerechtigkeiten insofern bringt, als es einen Unterschied ausmacht, ob man die kontinuierlich geballten Beiträge am Anfang des Versicherungslebens oder am Ende hat. Aber wir stellen den Versicherten so, als hätte er die Beiträge auf sein ganzes Leben verteilt. Das liegt in der Natur einer Pauschalierung. Wir glauben aber, daß diese Pauschalierung in Ordnung ist.
    Sie haben auch davon gesprochen, daß niedrige Löhne häufig die von Ihnen angesprochenen niedrigen Renten zur Folge hätten. Nun, Herr Kollege Schellenberg, wir haben uns gemeinsam mit Ihnen bemüht, das auszugleichen. Wir haben in die Umstellungsrenten einen Faktor eingebaut, durch den berücksichtigt wird, wenn jemand in der Hauswirtschaft oder in der Landwirtschaft tätig gewesen ist. Für die zukünftig zugehenden Renten haben wir entsprechende Zuschläge bei den nachgewiesenen Zeiten eingeführt. Ich meine, wir sollten das immerhin anerkennen. Wir, die wir es gemacht haben — und Sie selber haben es ja mit uns gemacht —, sollten uns nicht so hinstellen, als wäre das nicht geschehen, als gäbe es das überhaupt nicht. Ob es vielleicht noch zu wenig ist, mag überprüft werden. Aber können Sie ein Jahr, nachdem diese Gesetze in heißen Schlachten verabschiedet und jetzt noch nicht einmal alle Renten umgestellt sind — Sie wissen so gut wie ich, daß noch viele Fälle zu bereinigen sind, daß noch viel getan werden muß —, wirklich schon sagen: Das ist schlecht, das muß geändert werden? Jede Änderung, die wir jetzt einführen, hat zur Folge, daß von den Rentnern noch viel mehr Briefe an uns geschrieben werden, weil die Rentenberechnung noch länger dauert.

    (Beifall in der Mitte.)

    Herr Kollege Schellenberg, Sie haben gesagt, der Unterschied zwischen den neuen und den alten Renten sei sehr erheblich.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

    — Es gebe einen Unterschied zwischen alten und neuen Renten, so habe ich Sie verstanden.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

    — Nun, es ist gleich. Ganz gewiß gibt es einen Unterschied. Wir wissen sehr wohl, daß es manchmal vom Geburtstag abhängt, ob man eine Umstellungsrente mit einem Pfiff mehr bekommt. Der „Pfiff" ist übrigens gerade das, was Sie bekämpfen wollen. Ich denke nur daran — Sie werden die gleichen Briefe bekommen haben wie ich —, daß die Knappschaftsrentner, die nicht die 60 Monate Wartezeit in der Knappschaft erfüllen und zu der Bundesversicherungsanstalt zurückkommen und die Rente individuell umgerechnet bekommen, sich sehr darüber beklagen, daß auf ihre Rente nicht der Umstellungsfaktor angewendet wird. Das wissen Sie genausogut wie ich. Der Umstellungsfaktor scheint also seine gute und wohlabgewogene Seite zu haben.

    (Beifall in der Mitte.)

    Darauf sind die Unterschiede zwischen Neuzugängen und Altrentnern zurückzuführen. Aber kann sich ein Neurentner darüber beklagen, daß er die Rente nach dem neuen Recht genau richtig errechnet bekommt? Kann er sich darüber beklagen, daß er den Zuschlag nicht erhält — wie gesagt, „ist dein Auge neidisch, weil ich gut bin"! —, der in einer Pauschalierung eben gegeben werden muß?
    Wir wissen auch sehr wohl, daß es bei den Witwen Unterschiede gibt. Es ist uns bekannt, daß bei den Neuzugängen der jeweilige Steigerungssatz Anwendung findet, während auf den Bestand an Witwenrenten der Steigerungssatz von 1,5 angewendet wird. Aber, wir können es uns eben nicht herauslesen, und wir wollen es auch nicht, weil, wie gesagt, jede Verfeinerung, jede Gerechtigkeit — sie würde übrigens in diesen Fällen meistens nach unten gehen — sofort eine Verzögerung in der Gesamtbearbeitung bedeuten würde.
    Sie haben erklärt, Sie hätten es viel einfacher vorgeschlagen, unsere Berechnungsart sei viel zu kompliziert. Also ich kann das einfach nicht feststellen. Ihre Berechnungsmethode hätte vielleicht



    Stingl
    einmal im Jahre 1957 einige Vereinfachungen gebracht. Aber in der Folgezeit hätte sich eine Komplizierung ergeben, die bei uns eben gar nicht drin ist,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    weil wir inzwischen die Entgelte verabsolutiert oder, sagen wir, aus dem nominellen Geldbetrag herausgehoben haben und hineingegangen sind in einen Wertbetrag, der sich am Durchschnittseinkommen des Versicherten mißt. Wir halten das für eine absolut saubere und nicht für eine komplizierte Methode. Ich darf wiederholen: die Kompliziertheit rührt nur daher, daß es früher eben ein anderes Recht gegeben hat.
    Sie sprechen dann davon, daß infolge der Neuregelung im Jahre 1957 erheblich weniger Marken für die freiwillige Versicherung gekauft worden seien. Herr Kollege Schellenberg, ich will nicht auf die versicherungstechnischen Fragen eingehen. Wir haben den Versicherten freigestellt, ob sie 10, 12 oder gar keine Marken kaufen wollen, wenn sie nur die Wartezeit erfüllt haben. Und da haben eben eine große Zahl von Versicherten von diesem Recht Gebrauch gemacht.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Sie haben sich gesagt: Ich habe meine Wartezeit; ich bin zufrieden mit dieser Rente. Das wird für sehr viele Ehefrauen zutreffen, die sich sagen: Mein Mann bekommt eine Rente; ich bin zufrieden, wenn ich eine kleine Rente bekomme; ich verwende das Geld lieber jetzt, kaufe mir etwas dafür; meinen Rentenanspruch verliere ich ja nicht mehr. Natürlich sind da weniger Marken für die freiwillige Versicherung gekauft worden als früher. Sicher sind auch eine Anzahl Marken mit niedrigerem Wert gekauft worden. Ich weiß sehr wohl, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sieht mit Sorge darauf, daß es nach dem Gesetz möglich ist, daß sich der freiwillig weiterversicherte Angestellte ausrechnet, wie er am besten von seiner 300-%-Bemessungsgrundlage auf die 200 % herunterkommt. Aber das ist eben die Kehrseite der Medaille. Diese Chance ist drin, und der Angestellte wäre unklug, wenn er das nicht für sich überlegte und berücksichtigte.
    Sie haben gesagt, die Bundesregierung habe die Verkündung der Erhöhung der Rentenbemessungsgrundlage nicht exakt genug bekanntgemacht. Hierin möchte ich Ihnen zustimmen, Herr Kollege Schellenberg. Das ist mir aufgegangen, als Sie es sagten. Auch ich habe in der Presse Überschriften gelesen wie: „Renten erhöht". Hier mußte man, wenn man nicht Fachmann war — nehmen wir an, wir sind Fachleute —, den Eindruck gewinnen, daß sich das auch auf den Bestand beziehe. Ich schließe mich hier der Bitte des Kollegen Schellenberg an, daß bei den entsprechenden Veröffentlichungen der Presse eine klare Mitteilung gemacht wird, damit sie bei den Versicherten keine Irrtümer entstehen läßt.
    In einer kleinen Zwischenbemerkung haben Sie sehr kritisiert, daß das Arbeitsministerium die Rechtsverordnung für die Berliner Grenzgänger noch nicht erlassen habe. Herr Kollege Schellenberg, mir ist bekannt, daß da eine Abmachung zwischen dem Berliner Senat und dem Arbeitsministerium bestand, daß nämlich der Berliner Senat entsprechende Vorarbeiten leisten würde. Mir ist andererseits bekannt, daß diese Vorarbeiten vor kurzem abgeschlossen worden sind. Ich glaube, es liegt in unser beider Interesse — wir sind ja an diesem Problem etwas mehr interessiert als die sonstigen Kollegen —, daß diese Rechtsverordnung nun sehr bald kommt. Wir möchten in dieser Hinsicht aber auch den Berliner Senat mahnen, richten also unsere Mahnung nicht nur an die Bundesregierung.
    Eines aber, Herr Kollege Schellenberg, liegt mir noch besonders am Herzen. Sie haben immer wieder betont, es gebe noch Rentner, die zur Fürsorge gehen müßten. Sie haben selbst die Fälle ausgeklammert, in denen es kein normales Arbeitsleben gegeben hat. Sie sagen aber, daß die Mindestanhebung der Renten bestimmte Leute noch nicht aus der Fürsorge herausgebracht habe. Ja, Herr Kollege Schellenberg, das war aber der Wille des Gesetzgebers, exakt das! Eine große Anzahl von Rentnern — und wahrscheinlich ist es die überwiegende Anzahl derer, die die 21 oder die 14 DM bekommen hätten — wären andernfalls jetzt nicht mehr Fürsorgeempfänger. Aber der Gesetzgeber — wir alle miteinander — hat gesagt: Wegen dieser 21 und wegen dieser 14 DM sollen die Betreffenden nicht aus der Fürsorge herausfallen. Man zeichnet also ein falsches Bild, wenn man sagt: Ihr habt ja die Renten nicht. einmal so weit angehoben, daß die Leute nicht mehr zur Fürsorge gehen müssen. Genau das Gegenteil ist richtig! Wir haben die Renten angehoben und den Leuten gesagt: Obwohl ihr mehr bekommt, könnt ihr weiterhin die Fürsorge empfangen. Also genau das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben, ist der Fall. Wir glauben, daß wir damit etwas Gutes getan haben. Im übrigen dürfte die Zahl auch dadurch beeinflußt sein, daß die Bearbeitung solcher Fälle eine Weile dauert. Wenn es auch bei den negativen Anrechnungsbestimmungen immer sehr schnell geht, die positive Seite von Anrechnungsbestimmungen dauert meist etwas länger. Darauf ist auch das zurückzuführen.
    Man sprach von Härten und Mängeln der Rentenreform. In Wirklichkeit handelt es sich aber um gar keine Härten und Mängel der Rentenreform, sondern es war einfach noch nicht zur Auswirkung gekommen, daß es eine Rechtsverordnung gibt für Anrechnungsbestimmungen zwischen Unfallversicherung und Rentenversicherung. Es war auch bei den Landesversorgungsämtern oder wo es sonst sein mag noch nicht zur Auswirkung gekommen, daß die Kriegsopferversorgung verabschiedet worden war, und ebenso war noch nicht zur Auswirkung gekommen, daß die Lastenausgleichsleistungen angehoben worden sind. Es ist ja leider immer so: das Anheben dauert bei der Durcharbeitung wesentlich länger als das Verkürzen. So ist also das, was uns eine Zeitlang etwas bedrückte, eigentlich doch beseitigt worden.
    Aber lassen Sie mich zur Kriegsopferversorgung noch eine kurze Bemerkung machen. Die Einspa-



    Stingl
    rung, sagten Sie, sei um 200 Millionen höher, als sie uns von der Regierung genannt worden sei. Sie war von der Regierung, wenn ich mich recht erinnere, mit 275 Millionen angegeben worden. Sie beträgt in der Tat etwa 400 Millionen, ist insofern also größer geworden. Aber die Mehrbelastung durch die Anhebung der Kriegsopferversorgung beträgt ja auch ein erkleckliches Millionensümmchen; es sind 542 Millionen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

    — Nun gut, sagen Sie 500 Millionen.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Kein Mehraufwand! Das ist das Entscheidende!)

    — Sicher, Herr Kollege Schellenberg, ein Mehraufwand. Der ist aber woanders hingegangen als dahin, wo die Anrechnungsbestimmungen Platz gegriffen haben. Im Lastenausgleichsgesetz haben wir eine Einsparung von 90 Millionen durch die Rentenversicherungsneuordnung, aber wir haben zugleich eine Anhebung der Leistungen in der Unterhaltshilfe um 250 Millionen. In der Fürsorge haben wir eine Einsparung von 66 Millionen, während wir eine Mehrbelastung nicht erkennen können, weil das bekanntlich nicht Leistungen des Bundes sind.
    Sie haben auch davon gesprochen, daß nun eine große Anzahl von Eltern betroffen seien, die durch die Anhebung der Renten nun plötzlich mit ihrer Elternrente aus der Kriegsopferversorgung völlig herausfielen. Das ist richtig und trifft sicher in vielen Fällen zu. Sie müssen aber dazusagen, daß wir dafür z. B. die Elternbeihilfe im Kriegsopferversorgungsgesetz eingeführt haben, daß also ein anderer Personenkreis Vorteile hat. Aber eines, Herr Kollege Schellenberg, will ich mit allem Nachdruck sagen: die Elternrente wird dann gewährt, wenn anzunehmen ist, daß der gefallene Sohn die Eltern unterhalten hätte. Reden wir uns doch nicht ein, daß der Sohn, wäre er nicht gefallen, seinen Eltern Geld schicken würde, wenn sie eine hohe Rente bekommen!

    (Sehr gut! in der Mitte. — Widerspruch bei der SPD.)

    — Jawohl, das behaupte ich, und das ist in Wirklichkeit so. Machen wir uns doch nicht alle besser! Wer von uns zahlt denn den Eltern, wenn sie selber eine ausreichende Rente haben, noch etwas dazu?! Im Gegenteil, die Kinder gehen hin und kriegen jedes ihr Bonbon und ihre Sparbüchse. Ist es denn nicht in Wirklichkeit so?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Elternrente und die Ausgleichsrente haben doch die Funktion, das auszugleichen, was nicht vorhanden ist, weil eben die Rente nicht ausreicht oder weil der Sohn gestorben ist. Wenn aber die Rente einen Status erhält, der ausreicht, dann ist es eben nicht mehr notwendig auszugleichen. Dasselbe gilt auch für den Lastenausgleich. Wenn ich jemandem eine Unterhaltshilfe zahle, dann sage ich doch schon mit dem Namen, daß ich ihm helfen will, seinen Unterhalt zu bestreiten. Wenn inzwischen seine Rente erhöht wird, und zwar so, daß er sie voll für sich in Anspruch nehmen und seinen Unterhalt
    ohne Not selber bestreiten kann, dann braucht er keine „Hilfe für den Unterhalt". Das sind doch die Grundgedanken, natürlich modifiziert, ich habe es jetzt selbstverständlich vereinfacht. Aber so muß man es doch einmal sehen! Mann kann doch nicht so tun, als seien wir alles böse Leute, und man müsse jetzt plötzlich eine doppelte Rente zahlen, möglichst auch noch eine doppelte Unterhaltshilfe und dazu noch möglichst eine doppelte Kriegsopferversorgung! Man muß doch das Sozialgefüge insgesamt sehen und die Beziehung des einen zum andern berücksichtigen. Im übrigen ist es in anderen Gesetzen jeweils Regel — —