Rede von
Dr.
Heinrich
Deist
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte zwar nicht zu einer kurzen Erklärung das Wort erbeten, aber ich werde gern dem Wunsche des Herrn Präsidenten nachkommen, mich in dieser späten Stunde zu beschränken, aber ich muß doch auf einige Punkte noch eingehen. Ich werde versuchen, am Rande stehende Einzelfragen unberücksichtigt zu lassen. Aber mir scheint, daß einige grundsätzliche Fragen erörtert werden sollten.
Der Herr Bundesschatzminister hat eine merkwürdige Auffassung vertreten. Er meinte, dadurch, daß wir eine Stiftung schüfen, würden die Voraussetzungen der Wettbewerbsfähigkeit verschoben. Zunächst weiß ich nicht, wie durch die Unternehnungsform an sich die Wettbewerbsfähigkeit zwischen Unternehmungen, die im übrigen unter gleichen Bedingungen im Wettbewerb stehen, verschoben werden könnte. Aber dann kam eine merkwürdige Begründung: sie werde nämlich dadurch verschoben, daß die Stiftung für ihre Abführungen für Wissenschaft und Forschung steuerlich begünstigt werde. Was wollen Sie nun eigentlich? Sie haben vorhin davon gesprochen, daß Unterstützung von Forschung und Wissenschaft auch Ihr großes Ziel sei; ich habe noch die großen Worte unseres Kollegen Arnold über die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung im Ohr. Dafür gibt es steuerliche Begünstigungen für jedes Unternehmen, für private Unternehmen wie auch für Unternehmungen in Stiftungsform.
Ich verstehe nicht, wie dadurch die Wettbewerbsverhältnisse verschoben werden können. Und gar nicht scheint mir das Argument hier hereinzupassen, daß dadurch ein Steuerausfall eintrete. Ich meine, wenn wir uns über Wettbewerbsfähigkeit und die Unternehmensform der Stiftung unterhalten, sollten fiskalische Argumente, die bisher das Privileg des Herrn Bundesfinanzministers waren, hier entstünden Steuerausfälle, zunächst einmal aus der Diskussion ausscheiden.
Ich muß mich mit einem zweiten Argument des Herrn Bundesschatzministers auseinandersetzen. Er meinte, es liege eine Unlogik in unserem Vorgehen, wir schüfen hier ja keine öffentliche Kontrolle. — Worum geht es denn bei jenen Großunternehmungen, die wirtschaftliche Macht haben und bei denen Machtmißbrauch droht? Wir sind mit Ihnen einig, daß wir den Staat in diese Dinge nur so weit einschalten sollten, als das notwendig ist. Es besteht aber die Möglichkeit — und wir meinen, das wäre eine gute Methode —, für ein solches Unternehmen eine Form zu schaffen, die Machtmißbrauch verhindert und trotzdem unmittelbare staatliche Kontrolle und staatlichen Einfluß vermeidet. Das möchten wir, wie ich Ihnen vorhin dargelegt habe, durch die Konstruktion des Kuratoriums und des Verwaltungsrats sicherstellen. Das scheint mir eine wichtige Angelegenheit zu sein, weil damit wirklich der Versuch unternommen wird, Unternehmungen im Rahmen der Marktwirtschaft im Interesse des Gemeinwohls, d. h. des öffentlichen Wohls zu führen, ohne daß eine staatliche, verwaltungsmäßige Kontrolle eingeführt wird. Sie sollten uns wenigstens konzedieren, daß das in einer freiheitlichen Ordnung ein wünschenswerter Weg ist.
Der Herr Bundesschatzminister meinte, Publizität sei bei einem solchen Gremium nicht möglich; so oder so ähnlich drückte er sich aus. Das ist mir völlig unverständlich. Eine Stiftung kann natürlich — und nach den von uns vorgesehenen Bestimmungen soll sie gesetzlich dazu verpflichtet sein — eine starke Publizität entfalten. Herr Kollege Hellwig, es tut mir leid: es genügt nicht, daß man sich ständig zur Publizität bekennt und darüber Arbeiten schreibt, sondern man muß dann auch in dem Augenblick, wo die Frage für ein bestimmtes Unternehmen akut wird, wenigstens den Versuch machen, das Problem anzupacken.
Herr Kollege Hellwig, Sie werden selber abschätzen können, wie lange es dauern wird, bis die Aktienrechtsreform einmal unter Dach und Fach ist. Wer auf die Aktienrechtsreform warten wollte,
würde damit zeigen, daß es ihm mit dem Anliegen nicht ernst ist. — Bitte, Herr Dr. Hellwig, ich habe zur Kenntnis genommen, daß Sie Ihren Gesetzentwurf auch insoweit als unvollständig und fehlerhaft ansehen, weil in ihm diese Dinge noch nicht vorgesehen sind.
— Aber selbstverständlich! Ich zitiere Herrn Blank, der seinerzeit die Begründung zum Gesetzentwurf gegeben und erklärt hat, daß der Gesetzentwurf noch mit Fehlern und Mängeln behaftet sei.