Ich komme darauf noch zurück. Sie haben die Behauptungen von Herrn Kollegen Dr. Deist eben etwas modifiziert.
Meine Damen und Herren! Mir liegt über das Interesse der deutschen Arbeiter am Aktienbesitz eine Reihe von Befragungen der deutschen Meinungsforschungsinstitute vor. Ich will damit nicht sagen, daß sie die Weisheit und die wahre Erkenntnis unbedingt gepachtet hätten; aber ich glaube, daß in diesem Saale Parteien sind, die die Exaktheit der Voraussagen dieser Institute gerade bei der letzten Bundestagswahl sehr schmerzlich haben feststellen müssen.
286 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 22. Januar 1958
Dr. Hellwig
Über das Interesse am Aktienbesitz wird folgendes gesagt. Eine als Weihnachtsgratifikation erhaltene Kleinaktie würden 31 % der Arbeiter sofort wieder verkaufen. Das ist immerhin ein Prozentsatz, der überraschend niedrig ist. 22 % der Arbeiter wären nicht darüber begeistert, würden sie aber behalten. 15 % der Arbeiter wüßten nichts damit anzufangen. Der Rest also behält sie.
— Warten Sie ab! Außerdem sagen 22 % der Arbeiter, sie würden sich bemühen, von Kollegen, die verkaufen wollen, noch mehr zuzukaufen.
Ich glaube, daß das für den Anfang der Aufklärungskampagne, in der wir uns auf diesem Gebiet befinden, schon eine ganz erfreuliche Feststellung über das Interesse der Arbeiter am Aktienerwerb ist.
Nun, meine Damen und Herren, was ist mit den Aktienbesitzern in den USA los? Die Zahl der Aktienbesitzer von etwa 10 Millionen wurde zur Gesamtbevölkerung von 160 Millionen in Beziehung gesetzt. Wenn Sie bei 160 Millionen ein Viertel als Haushaltungen rechnen, also 40 Millionen Haushaltungen, dann kommen Sie schon auf ein Viertel der Haushaltungen, die Aktien besitzen. Und nun überlegen Sie einmal folgendes. Gerade der selbständige Betriebsinhaber, der die flüssigen Mittel in seinem Betrieb arbeiten läßt, fällt ja als Erwerber von Aktienbesitz aus. Es ist das doch ein Problem, das mein Freund und Kollege Schmücker immer wieder anführt, daß die Förderung insbesondere des Aktiensparens in Konflikt käme mit dem Kapitalbedarf und dem Sparbedarf gerade der Selbständigen zugunsten ihres eigenen Betriebs. Ich glaube, man sollte diese Zahlen etwas sorgfältiger wägen, ehe man hier Feststellungen trifft.
Nun zu dem Thema Publizität und Werbung für die Aktie. Herr Dr. Deist, Sie kennen meine Auffassung. Ich habe sie auch vorhin zumindest so deutlich gemacht, daß Sie es eigentlich nicht hätten überhören dürfen, daß ich mit dem derzeitigen Ausmaß der Publizität gerade zum Schutze der breiten Schicht der Kleinaktionäre durchaus nicht zufrieden bin.
Ich habe das an jeder Stelle betont und fördere, soweit ich irgendwie darauf Einfluß nehmen kann, die Erweiterung der Publizität auch in dem Sinne, daß Zahlen über Umsatz usw. in der Berichterstattung gebracht werden. Aber man soll doch den Gesetzentwurf, der die Rechtsverhältnisse des Volkswagenwerks regelt, nicht mit Problemen der allgemeinen Aktienrechtsreform belasten.
Man muß einen Anfang machen, Herr Dr. Deist, und wir werden wahrscheinlich in der Diskussion die Schwächen des Aktienrechts sehr genau erfahren und herausarbeiten. Insofern wird die Diskussion über unseren Entwurf auch ein sehr positiver Beitrag zur Aktienrechtsreform sein. Inwieweit diese Dinge dann schon in diesem Gesetz oder in der Novelle zum Aktienrecht behandelt werden, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, zu der wir zunächst die Juristen hören müssen, schon im Sinne der Ökonomie des Gesetzgebers.