Rede:
ID0300807600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 4
    1. Gestatten: 1
    2. Sie: 1
    3. eine: 1
    4. Zwischenfrage?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 8. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1958 Inhalt: Amtliche Mitteilungen 239 A Fragestunde (Drucksache 142) : Frage 1 des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Zulassung unfallverschärfender Fahrzeuge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 239 B Frage 2 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Panzerübungen im Naturschutzpark in der Lüneburger Heide Strauß, Bundesminister 240 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 240 D Frage 3 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zuleitung der Jahresabschlüsse der Deutschen Bundesbahn an den Bundestag Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 241 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 241 D Frage 4 des Abg. Dr. Bucher: Bezeichnung der Regierung von Formosa als Regierung der Republik China Dr. von Brentano, Bundesminister . . 242 A Frage 5 des Abg. Jacobs: Freilassung des im tschechoslowakischen Gewahrsam befindlichen Generalmajors a. D. Richard Schmidt Dr. von Brentano, Bundesminister . . 242 C Frage 6 des Abg. Kalbitzer: Verteuerung der Hermes-Exportkreditversicherung Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister . . 242 D Frage 7 des Abg. Ritzel: Einsetzung von Bahnbussen auf der Odenwaldstrecke Weinheim—Mörlenbach—Wahlen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 243 A Ritzel (SPD) 243 B Frage 8 des Abg. Ritzel: Verurteilung des Schützen Seifert Strauß, Bundesminister . . . . 243 D, 245 A Ritzel (SPD) 245 A Frage 10 des Abg. Dr. Werber: Einführung der Todesstrafe bei Mord Schäffer, Bundesminister 245 B Frage 11 des Abg. Dr. Mommer: Freigabe beschlagnahmter deutscher Vermögen Dr. von Brentano, Bundesminister . . 246 A Dr. Mommer (SPD) 246 B Frage 12 des Abg. Brück: Anrechnung des freiwilligen Arbeitsdienstes auf den öffentlichen Dienst Dr. Anders, Staatssekretär 246 D Brück (CDU/CSU) 246 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1958 Frage 13 des Abg. Brück: Verkehrsunfälle durch Aufprallen auf Straßenbäume Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 247 A Brück (CDU/CSU) 247 C Frage 14 des Abg. Meyer (Wanne-Eickel) : Erfahrungsbericht über die Auswirkungen der Fünften Berufskrankheiten-Verordnung Blank, Bundesminister 248 A Frage 15 des Abg. Wendelborn: Eindämmung der Kriminalfälle Schäffer, Bundesminister 248 B Frage 16 mit Frage 9 der Abg. Ritzel und Schneider (Bremerhaven): Geltungsdauer der Sonntagsrückfahrkarten mit Einführung der 5-Tage-Woche Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . .249 A Frage 17 des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Besteuerung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke und Gebäude im Zuge von Aussiedlungsverfahren Hartmann, Staatssekretär 249 B Frage 18 des Abg. Dr. Menzel: Schikanen bei der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Ehrenämter bei der Preussag Dr. Lindrath, Bundesminister 249 C Frage 19 der Abg. Frau Renger: Schutz maßnahmen an der ostholsteinischen Küste Dr. Sonnemann, Staatssekretär . . . 250 A Frau Renger (SPD) 250 B Frage 20 des Abg. Seuffert: Geschwindigkeitsbegrenzung an Autobahn-Baustellen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 250 C, 251 A Seuffert (SPD) 251 A Ubersicht 2 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen, Stand vom 15. 1. 1958 (Drucksache 121) 251 A Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk-GmbH, Uberführung der Anteilscheine in private Hand (Drucksache 102); Antrag der Abg. Dr. Deist u. Gen. betr. Errichtung einer „Stiftung Deutsches Volkswagenwerk" (Drucksache 145) Dr.-Ing. E. h. Arnhold (CDU/CSU) . 251 C Kurlbaum (SPD) 254 C Hellwege, Ministerpräsident, Niedersachsen 257 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) . . . . 257 D, 284 C Dr. Atzenroth (FDP) 263 C Dr. Elbrächter (DP) 266 B Dr. Deist (SPD) 269 A, 289 A Dr. Mommer (SPD) 277 A Häussler (CDU/CSU) 277 B Dr. Lindrath, Bundesminister . . . 279 A Dr. Preusker (DP) 281 A Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zu den Zusatzübereinkommen vom 7. 9. 1956 über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlichen Einrichtungen und Praktiken (Drucksache 115) . 291 D Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Drucksache 128) 291 D Entwurf eines Gesetzes über die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiete der gewerblichen Wirtschaft (Drucksache 129) Dr. Deist (SPD) 292 A Dr. Atzenroth (FDP) 292 D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 293 A Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz (Drucksache 131) 293 C Fünfzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 108) 293 D Nächste Sitzung 293 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten .295 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1958 239 8. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 15 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 22. 1. Dr. Baade 24. 1. Dr. Barzel 24. 2. Bazille 25. 1. Dr. Becker (Hersfeld) 8. 2. Berendsen 31. 1. Blachstein 24. 1. Dr. Brönner 20. 2. Dr. Bucher 22. 1. Dr. Bucerius 22. 1. Dr. Dresbach 22. 1. Eschmann 22. 1. Faller 7. 2. Felder 31. 1. Franke 22. 1. Dr. Frey 22. 1. Gleisner (Unna) 24. 1. Graaff 23. 1. Dr. Gülich 24. 1. Heinrich 22. 1. Heye 31. 1. Huth 22. 1. Dr. Jaeger 8. 2. Dr. Jordan 23. 1. Josten 31. 1. Kalbitzer 25. 1. Kühn (Bonn) 27. 1. Kühn (Köln) 22. 1. Leber 22. 1. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 1. Majonica 15. 2. Merten 22. 1. Meyer (Wanne-Eickel) 24. 1. . Müller-Hermann 15. 2. Oetzel 22. 1. Paul 28. 2. Dr. Preiß 31. 1. Probst (Freiburg) 5. 2. Rademacher 25. 1. Ramms 24. 1. Rasch 24. 1. Frau Dr. Rehling 22. 1. Rehs 27. 1. Scharnowski 24. 1. Scheel 24. 1. Dr. Schneider (Saarbrücken) 22. 1. Schoettle 24. 1. Schröder (Osterode) 31. 1. Schultz 22. 1. Dr. Serres 31. 1. Stierle 31. 1. Theis 24. 1. Wacher 3. 2. Dr. Wahl 10. 2. Dr. Weber (Koblenz) 22. 1. b) Urlaubsanträge Abgeordneter) bis einschließlich Bauer (Würzburg) 31. 1. Bettgenhäuser 30. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Hoogen 2. 2. Ruhnke 31. 1. Spies (Brücken) 8. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte, in die wir eintreten, soll sowohl den Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wie den Antrag der Abgeordneten Dr. Deist und Genossen umfassen. Es versteht sich nach der Natur der Dinge, daß sich meine Ausführungen voraussichtlich stärker mit dem dem Hause neu vorliegenden Antrag der SPD-Kollegen zu befassen haben, weil hinsichtlich des CDU/CSU-An-



    Dr. Hellwig
    trags auf die erste Lesung im 2. Bundestag verwiesen werden darf. Damals sind von den Sprechern aller Fraktionen wesentliche Ausführungen zu diesem Thema gemacht worden. Die zeitliche Belastung des federführenden Ausschusses für Wirtschaftspolitik durch die Beratung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das noch verabschiedet werden sollte, erlaubte es nicht mehr, in die Ausschußberatungen im einzelnen einzutreten. Immerhin sind in der damaligen Debatte im Bundestag wie auch in der öffentlichen Diskussion, die dieser Antrag hervorgerufen hat, eine ganze Reihe von Gesichtspunkten zum Vortrag gebracht worden, die für die Ausgestaltung dieses Gesetzentwurfs in der nunmehr wieder beginnenden Detailberatung sicher von Wert sein werden.
    Sie werden fragen: Warum ist der Antrag trotz der Diskussion, die in der Zwischenzeit stattgefunden hat, unverändert erneut von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im 3. Bundestag eingebracht worden? Ganz einfach, meine Damen und Herren: um aus der Initiative des Hauses die Beratung dieses Problems an einem konkreten Gesetzentwurf in Gang zu bringen und endlich jene unfruchtbaren Diskussionen und Verhandlungen außerhalb dieses Hauses zu einem Ende zu bringen. Mit Verhandlungen und Diskussionen außerhalb des Hauses sind wir keinen Schritt weitergekommen, auch nicht in der Frage der rechtlichen Stellung des Volkswagenwerks selbst. Die Erklärung, die Sie soeben vom Herrn Ministerpräsidenten von Niedersachsen gehört haben, belegt ja deutlicher, als ich es hier ) zu tun brauche, daß zunächst einmal ein Ausgangspunkt geschaffen, d. h. der Versuch einer gesetzlichen Regelung über das Eigentum am Volkswagenwerk unternommen werden muß. Alles andere bleibt im luftleeren Raum und bringt uns in der Lösung dieses Problems nicht weiter, wenn auch der Weg von Verhandlungen zwischen Niedersachsen und der Bundesregierung über die Verwendung des Erlöses bei der Durchführung unseres Antrags selbstverständlich bestimmte Möglichkeiten eröffnet. Das gleiche gilt für andere Ansprüche, die in diesem Komplex noch nicht endgültig entschieden worden sind.
    Ich darf hier bezüglich des Unterschieds in den Auffassungen der Bundesregierung und der Bundestagsfraktion der CDU/CSU, die diesen Antrag eingebracht hat, einerseits und Niedersachsens andererseits kurz daran erinnern, daß es nach unserer Auffassung Aufgabe des Bundesgesetzgebers ist, einen gesetzlosen Zustand, wie er sich hier aus dem Auslaufen besatzungsrechtlicher Vorschriften ergeben hat, endlich zu beseitigen.
    Man mag da eine andere Meinung vertreten. Das Land Niedersachsen hat beispielsweise seine Auffassung darauf aufgebaut, die Volkswagenwerk GmbH sei aufgelöst worden. Dem steht aber die praktische Behandlung des Werks entgegen; denn die GmbH ist von den niedersächsischen Landesbehörden nach wie vor als existent behandelt und zur Körperschaftsteuer herangezogen worden. Damit dürfte jener Auffassung, die den Ausgangspunkt für die Haltung von Niedersachsen bildet, daß die
    Volkswagenwerk GmbH durch Besatzungsrecht aufgelöst worden sei, der Boden weitgehend entzogen sein. Ich habe nach wie vor die Hoffnung, daß in dem Teil des Gesetzes, welcher sich mit der Verwendung der Erlöse befaßt, eine befriedigende Verständigung auch mit den Wünschen und Sorgen des Landes Niedersachsen gefunden wird und daß diese Verständigung dort leichter erzielt werden kann als mit einer sterilen eigentumsrechtlichen Konstruktion, die im Grunde genommen — darauf werde ich später zurückkommen — niemand befriedigen wird und nur die Autonomie eines Werkes und seiner Verwaltung praktisch intakt lassen würde.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Denken Sie an die Carl-Zeiß-Stiftung in Jena!)

    — Ich komme auf das Thema „Stiftung" bei Gelegenheit der Erörterung Ihres Antrags noch zurück.
    Nun darf ich einige Bemerkungen zunächst zu dem wirtschaftlichen Problem machen, welches hier dahintersteht. Wir sprechen im allgemeinen über die Bundesbeteiligungen und darunter besonders über das Volkswagenwerk, ohne eine klare Vorstellung von den Vermögenskomplexen und ihrer realen Größe zu haben. Die Publizität dieser Unternehmungen ist alles andere als ausreichend. Die Klage hierüber ist in diesem Hause von jeher von allen Parteien erhoben worden. Ich muß hier die Bitte und die Hoffnung aussprechen, daß das unter dem nunmehr zuständigen Minister eine wesentliche Besserung erfährt. Das sieht beim Volkswagenwerk ungefähr — in meist nur geschätzten Zahlen — wie folgt aus.
    Das Stammkapital der Volkswagenwerk GmbH wird seit Jahren unverändert mit 60 Millionen DM ausgewiesen. Der innere Wert dieses Unternehmens ist vor etwa Jahresfrist von dem Staatssekretär im Bundesfinanzministerium von dieser Stelle aus mit mindestens 1 Milliarde DM angegeben worden. Die Neuinvestitionen, die das Werk seit der Währungsreform durchgeführt und aus eigenen Mitteln, d. h. aus Gewinnen, finanziert hat, werden von d. h. aus Gewinnen, finanziert hat, werden von Kennern auf mindestens 850 Millionen DM geschätzt. Demgegenüber stellen die sogenannten Jahresgewinne, die öffentlich bekanntgeworden sind, eigentlich nur eine Art von Restposten dar, den man, wie ein Kenner der Verhältnisse in der Wirtschaftspublizistik es gekennzeichnet hat, an anderer Stelle bilanzmäßig nicht mehr unterbringen konnte.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Die effektiven Jahresgewinne des letzten vorliegenden gesamten Jahres, nämlich von 1956, sind wohl auf 250 Millionen DM zu schätzen; sie haben sich also gegenüber 1951 verfünffacht. Es ist wohl nicht zuviel gesagt und stellt ein glänzendes Zeugnis für die Marktposition des Volkswagens und für die Leistung dieses Werkes dar, wenn man heute feststellt, daß das Volkswagenwerk zur Zeit mindestens das Dreifache seines Stammkapitals jährlich reinverdient.
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 22. Januar 1958 259
    Dr. Hellwig
    Damit wird ein Problem aufgeworfen, mit dem wir uns über kurz oder lang hier grundsätzlich auseinanderzusetzen haben. Kollege Arnold hat zu Recht ausdrücklich bestätigt, daß hier ein Anfang gemacht werden soll. Ich darf zum Vergleich einmal folgende Größenordnung vortragen. Das Volkswagenwerk stellt in der jetzigen Vermögensgröße etwa ein Fünftel bis ein Sechstel des industriellen Bundesvermögens dar. Die tatsächlichen Angaben in den Nachweisungen über die Bundesbeteiligungen haben das nie zum Ausdruck gebracht. Man muß sich die Mühe machen, die Nettoinvestitionen und insbesondere die Selbstfinanzierung der Bundesindustrieunternehmungen zu schätzen und zu addieren. Ich komme bei einer solchen Rechnung zu der Feststellung, daß der reale Wert des gesamten Bundesindustrievermögens zur Zeit wohl in der Größenordnung von 61/2 bis 7 Milliarden DM liegt. Nur zum Vergleich: das Sondervermögen des Marshallplans in der Hand und Verwaltung der Bundesregierung, also das ERP-Sondervermögen, hat 1956 zwischen 61/2 und 7 Milliarden DM betragen. Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, daß das Sondervermögen Marshallplan pro Jahr etwa 1 Milliarde DM an Zinsen und Tilgungen einträgt, die revolvierend wieder zur Förderung von Wirtschaft in allen Größenordnungen, von Wissenschaft und Forschung eingesetzt werden. Und nun stelle ich die Frage: Was hat ein ungefähr gleichgroßes Vermögen des Bundes in industriellen Unternehmungen für die allgemeine Förderung von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung beigebracht? Hier wird, glaube ich, deutlich, daß es der sterilste Weg für öffentliches Vermögen ist, wenn es in Erwerbsunternehmungen festliegt und die Abführung der Erwerbsunternehmungen an den öffentlichen Haushalt völlig in der Hand der Verwaltung dieser Unternehmungen liegt. Meine Damen und Herren, hier muß eine entscheidende Änderung kommen!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun darf ich auf einige Bemerkungen — —

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Was wirft z. B. die Firma Krupp für die Förderung der Wissenschaft aus? Das würde mich interessieren!)

    — Ich kann Ihnen die Zahlen hier im einzelnen nicht nennen, bin aber der Meinung: an der grundsätzlichen Feststellung, daß öffentliches Vermögen zu einem wesentlich höheren Grad der Wirksamkeit gebracht werden kann, wenn es nach der Art des ERP-Vermögens verwaltet wird, ändert Ihre Frage nichts, verehrter Herr Kollege Schmid.
    Ich komme damit zu dem Antrag der SPD. Meine Damen und Herren, es fiele leicht, sich mit diesem überraschenden Antrag — er ist so überraschend, daß er nicht einmal die Unterschrift der SPD-Fraktion, sondern nur die Unterschriften einzelner Kollegen der Fraktion trägt — auseinanderzusetzen, indem man gewisse Widersprüche aufzeigt. Ich will es mir nicht so einfach machen, sondern will mir das Thema „Die Stiftung als Rechtsform" für solche Unternehmungen etwas kritischer ansehen.
    Immerhin glaube ich aber doch darauf aufmerksam machen zu sollen, daß dieser Antrag kein konkreter Gesetzentwurf ist, sondern ein Auftrag an die Bundesregierung, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen. Daß ein derartiger Auftrag, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen, die Beratung des bereits vorliegenden konkreten Gesetzentwurfs der CDU/CSU sicher blockieren würde — vermutlich auch wohl blockieren soll —, brauche ich hier wohl nicht näher auszuführen. Aber der Antrag steht nach seiner Tendenz in einem diametralen Gegensatz zu dem Anliegen des Entwurfs der CDU/CSU.

    (Zustimmung bei CDU/CSU und SPD.)

    Die Stiftung als Rechtsform ist — wenn wir die jüngere Diskussion verfolgen — nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern eine Ausnahme, gewählt etwa dort, wo die Weiterführung eines Unternehmens den privaten Eigentümern oder ihren Erben aus bestimmten Gründen — Erbschaftsteuer in den USA oder das Verhältnis von Abbé zur Familie Zeiß im Falle der Zeiß-Werke Jena — nicht mehr möglich ist. Diesem Ausnahmecharakter der Stiftung als Rechtsform in der Wirtschaftsgeschichte der modernen Unternehmungen steht bei der SPD ein ganz grundsätzliches Bekenntnis zur Stiftung als Rechtsform für zu vergesellschaftende Unternehmungen gegenüber.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Für das Volkswagenwerk!)

    Ich verweise auf die Äußerungen, die in den Jahren 1945, 1946, 1947 und auch später noch von führenden Juristen der Sozialdemokratischen Partei hierzu gemacht worden sind.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Kein Geringerer als der Heidelberger Nationalökonom Alfred Weber, dessen Bekenntnis zum Sozialismus in den letzten Jahren wiederholt in der Öffentlichkeit bekanntgeworden ist, hat 1946 und 1947 ausdrücklich die Rechtsform der Stiftung für die Vergesellschaftung der zu sozialisierenden Unternehmungen empfohlen. Er hat beispielsweise 1947 in der Zeitschrift „Die Wandlung" zur Anwendung der Rechtsform der Stiftung gesagt: „In jedem Fall liegt eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel vor, die keine Verstaatlichung ist."
    Meine Damen und Herren! Es handelt sich darum, eine Rechtsform zu finden, die der Vergesellschaftung entspricht, ohne dem Staat und den im Staat unter Umständen über die parlamentarische Demokratie zum Zuge kommenden Kräften eine stärkere Einwirkungsmöglichkeit zu geben. Einer unserer Kollegen, der Kollege Dr. Arndt, hat bei einer Prüfung der Rechtsformen der Sozialisierung in der Deutschen Rechtszeitschrift 1947 auch einiges Empfehlende zur Wahl der Rechtsform der Stiftung gesagt; aber er hat auch sehr deutlich gemacht, daß die Stiftung in einem größeren Zusammenhang der Vergesellschaftung gesehen werden müsse. Er lehnte nämlich die vereinzelte Anwendung der Stiftung als Rechtsform ab. Dann wäre sie nämlich nur privatkapitalistisch gedacht, und es bliebe die privatkapitalistische Voraussetzung, „die wirtschaftlich als Einlage (Finanzierung) und Gewinn



    Dr. Hellwig
    oder Verlust (Risiko) in Erscheinung tritt". Er hat dann weiter gesagt: „Man kann Gemeineigentum nicht mit einem theoretischen Federstrich" — also mit der Anwendung einer solchen Rechtsform von Fall zu Fall — „inmitten einer privatkapitalistischen Ordnung (oder richtiger" — wie Arndt sagte — „Unordnung) entstehen lassen. Ebenso wie die Aktiengesellschaft nur im Ganzen eines privatkapitalistischen Wirtschaftssystems funktionsfähig ist, so kann auch ein Kollektiv" — nämlich das vergesellschaftete Unternehmen — „erst im Rahmen einer sozialistischen Wirtschaftsordnung oder der zu ihr überleitenden Vorstufe existieren. Die Nationalisierung (Vergesellschaftung)" — so sagte Dr. Arndt —„eines Betriebs, die ihn zum Gemeineigentum macht, ist also nicht isoliert möglich, sondern setzt die Nationalisierung des ganzen Industriezweiges, des ,Sektors', sowie die staatliche Wirtschaftsplanung voraus . . ."
    Das, meine Damen und Herren, ist der Hintergrund, vor dem damals die Stiftung als Rechtsform empfohlen worden ist.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, man sollte sich, wenn man die Tendenzen des SPD-Antrags erkennen will, dieses historischen und geistesgeschichtlichen Hintergrundes bei der SPD bewußt sein.
    Nun habe ich mir die Mühe gemacht, noch einmal das Thema Stiftung in einem anderen Zusammenhang zu sehen; denn auch in den eigenen Überlegungen — das gebe ich sehr gern zu — hat die Form der Stiftung eine sehr große Rolle gespielt. Aber darin unterscheiden wir uns: wir wollten nicht die Stiftung als Rechtsform zum Betreiben des Unternehmens, sondern wir wollten losgelöst von dem Unternehmen die Sammlung von Erlösen und Erträgen in einer Stiftung, und diese Stiftung sollte auch dem Zweck dienen, Wissenschaft, Lehre und Forschung zu fördern.
    Wie ist diese unsere Überlegung von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, damals beantwortet worden? Vor einem Jahre hat Herr Dr. Deist gerade diese Zielsetzung, Erlöse und Erträge über eine Stiftung der Förderung von Wissenschaft und Forschung dienen zu lassen, von dieser Stelle aus abgelehnt und etwa mit diesen Worten lächerlich zu machen versucht: „ . . . Und dann die Fanfare: alles, was daraus kommt, wird zur Unterstützung von Wissenschaft und Forschung verwandt!" Später hieß es in der gleichen Rede über die Förderung von Wissenschaft und Forschung: „Bestimmungen, die rein propagandistisch zu verstehen sind, sollte man in einen solchen Antrag nicht aufnehmen." An anderer Stelle war von „lächerlichen Bestimmungen" die Rede, nämlich hinsichtlich der Bindung von Erlösen und Erträgen aus dem Verkauf des Volkswagenwerks für die Förderung von Wissenschaft und Forschung.
    Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, daß Sie inzwischen auch musikalisch geworden sind und die gleiche Fanfare nunmehr an den Mund gesetzt haben.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Es hätte aber die ganze Diskussion über dieses Thema wesentlich versachlicht, wenn Sie damals schon bereit gewesen wären, die Chancen, die hier gegeben sind, einmal ein großes Objekt des Bundesvermögens sowohl für die Kapitalbildung, für die Eigentumsstreuung im breiten Sinne, wie für die Förderung von Wissenschaft und Forschung einzusetzen, ehrlich zuzugeben und mit uns an ihre Verwirklichung zu gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich muß Sie namens meiner politischen Freunde bitten, den Antrag der SPD-Kollegen — nicht der SPD-Fraktion — aus folgenden Gründen abzulehnen.
    Zunächst inhaltlich: Die Absicht, durch die Stiftung als bewußtes Kollektiv Eigentum

    (Unruhe bei der SPD)

    zu neutralisieren und der Privatwirtschaftsordnung und dem Privatrechtsverkehr zu entziehen, steht in einem diametralen Gegensatz zu unserer Vorstellung und dem Ziel unseres eigenen Gesetzentwurfs. Die breiteste Streuung des Eigentums ist auf diesem Wege nicht zu verwirklichen, im Gegenteil, die für die breiteste Streuung von Sachwerten zur Verfügung stehenden Werte würden auf diesem Wege einer solchen Verwendung entzogen. Nicht ohne Grund ist die Stiftung gerade die Rechtsform, die man als die tote Hand bezeichnet, nämlich die Ausschaltung eines Vermögenskomplexes aus dem Wirtschafts- und Rechtsverkehr.
    Zum zweiten. Dieser Vorschlag erreicht nichts auf dem Wege zu dem Ziele, das wir mit unserem Antrag verbinden, nämlich über die hier gebotenen Anreizmöglichkeiten eine zusätzliche Kapitalbildung herbeizuführen.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Bitte schön!