Rede von
Dr.
Hans-Christoph
Seebohm
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Straßenverkehrsunfälle, bei denen Kraftfahrzeuge auf Straßenbäume auffahren oder aufprallen, werden leider in der Straßenverkehrsunfallstatistik des Statistischen Bundesamts nicht besonders ausgewiesen. Sie sind enthalten in der Summe der Unfälle, die unter der Bezeichnung „Unfälle durch Auffahren eines Fahrzeugs auf einen Gegenstand auf oder neben der Fahrbahn" — eine typische Bezeichnung in diesen Statistiken — erfaßt werden. Eine weitere Aufgliederung der Unfälle ist zwar unser ständiger Wunsch, sie ist aber leider wegen der Beschränkungen der statistischen Arbeiten durch gesetzlich gegebene und durch finanzielle Hindernisse bisher nicht durchsetzbar.
1953 ereigneten sich bei „nicht geschlossener Ortslage" 11 863 Unfälle dieser Art mit 779 Toten, 1954 waren es 14 644 Unfälle mit 874 Toten, 1955 21 620 Unfälle und 1956 25 434 Unfälle. Die Gesamtzahl dieser Unfälle ist somit stärker angestiegen, als es dem Durchschnitt der anderen Kategorien entspricht. In den Jahren 1955 und 1956 wurde die auf diese Unfallart entfallende Zahl der Toten wegen Einschränkung der statistischen Arbeiten leider nicht ermittelt.
Ich habe den Ländern schon vor längerer Zeit empfohlen, die Straßenverkehrsunfälle nach besonderen Richtlinien örtlich zu erfassen, um mit Hilfe dieses Verfahrens örtlich zu ermitteln, an welchen Stellen Straßenbäume eine Gefahrenquelle bilden und daher beseitigt werden müssen. Soweit Straßenbäume an Bundesstraßen durch ihre Lage zum Verkehrsraum der Straße nachweislich eine ausgesprochene Gefahr bilden, wurden und werden sie laufend beseitigt, obwohl dabei immer erneut Widerstände in der Öffentlichkeit sich bemerkbar machen, denn die Straßenbäume haben allgemein landschaftlich-ästhetische, biologische und auch als Windschutz Bedeutung; sie haben aber auch — das darf nicht vergessen werden — erheblichen verkehrstechnischen Wert.
Dieser Wert beruht auf der Leitwirkung der Bäume, die dem Kraftfahrer einen Anhalt über den weiteren Verlauf der Straße nicht nur am Tage, sondern vor allem während der Dunkelheit sowie bei Regen, Nebel und Schnee bieten. Die Straßenbepflanzung erfüllt damit wichtige Aufgaben der sogenannten optischen Führung.
Die neuen Richtlinien für den weiteren Aus- und Umbau der Bundesstraßen sehen für die Bäume erheblich größere Abstände vom Fahrbahnrand vor,
als sie heute noch vielfach vorhanden sind. Geschlossene Alleen der üblichen Art werden daher in Zukunft nur dann neu gepflanzt werden können. wenn ausreichend seitlicher Platz vorhanden ist. An Schnellverkehrsstraßen sollte die Bepflanzung mit Bäumen ganz unterbleiben.
Bei der Beurteilung der Frage darf nicht übersehen werden, daß eine Statistik der Verkehrsunfälle zwangsläufig nur den einseitig negativ bestimmten Ausschnitt des Verkehrsgeschehens umfaßt, während der unbestreitbar positive Einfluß der Straßenbäume auf den Verkehr natürlich in einer Statistik nicht zum Ausdruck kommen kann. Eine so allgemeine und weittragende Maßnahme wie die Beseitigung aller Straßenbäume schlechthin kann daher aus der Unfallstatistik allein nicht begründet werden. Trotzdem wird die Entwicklung sicher dahin gehen, daß die Bepflanzung der Straßenränder mit Bäumen mehr und mehr zurückgeht. Dabei ist zu beachten, daß der Bundesminister für Verkehr auf die Bepflanzung der Landstraßen I. und II. Ordnung und die Bepflanzung der Gemeindewege nur über den Weg der Empfehlung Einfluß auszuüben vermag.