Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen rund Herren! Es ist jetzt nicht mehr die Zeit und nicht mehr der Anlaß, über die Gesamtheit ,der Problematik. die heute angeschnitten worden ist, noch im einzelnen zu sprechen. Es gäbe vieles dazu zu sagen, und es sind von uns sehr viele Argumente, die für die Opposition wenig erfreulich wären, bewußt nicht gebraucht worden.
Ich sage: es ist nicht mehr die Zeit und der Anlaß, die Gesamtproblematik — Sicherheit, Wiedervereinigung, Abrüstung, Entspannung, Sicherheitsbündnis, europäisches Sicherheitssystem —hier zu behandeln. Aber es gilt, eiirren Eindruck, der weniger durch die Ausführungen des Kollegen
Ollenhauer als durch die Ausführungen des Kollegen Erler hier entstanden ist, in aller Klarheit und in aller Eindeutigkeit zu widerlegen, nämlich den Eindruck, als ob die Regierungskoalition hier und heute die Ausstattung der Bundeswehr mit Atomwaffen beschließen würde und die Sozialdemokratie dieser Ausstattung widerspricht. Diese Darstellung ist eindeutig unwahr.
Wenn heute hier sowohl von seiten der Regierung wie von seiten der Sprecher ,der Regierungsfraktionen mehrfach erklärt worden ist, daß Bundesregierung und Mehrheit dieses Hauses — ich glaube, daß das auch für die Opposition als Selbstverständlichkeit gilt — bereit sind, sich jedem in London zustande kommenden Abrüstungsabkommen ,anzuschließen,
dann ist .das doch das Maximum dessen, was überhaupt nur an Blankoschecks für .die Abrüstung von uns gegeben werden kann.
Denn mehr, als zu sagen: „Gleichgültig, was die Großmächte in London beschließen — wir werden mit jedem Ergebnis. ,auf das sich die Großmächte einigen, ohne daß wir es heute im einzelnen schon kennen, von vornherein im Interesse des Friedens und im Interesse der Sicherheit einverstanden sein", — mehr kann man nicht tun.
— Machen Sie doch keine dummen Bemerkungen.
— Sie sollten nicht — —
— Ich glaube, Herr Kollege Schmidt, es ist sehr gefährlich. sich auf einseitige und sehr unrichtige und falsche Indiskretionen zu verlassen.
Ich darf sagen: Es gilt hier in aller Deutlichkeit herauszustellen, daß die Frage der Ausstattung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen — wobei sowieso nur ,amerikanische Produktion in Betracht käme — überhaupt nicht zur Debatte steht. Deshalb ist der Eindruck, .den Kollege Erler hier durch seine Ausführungen hervorrufen mußte, insoweit irreführend. Wir haben heute des öfteren erklärt, daß die Bundesregierung und daß die Regierungsmehrheit sich jedem Abrüstungsabkommen, das in London zwischen den Großmächten zustande kommt, von vornherein anschließen. Wir haben heute expressis verbis erklärt, daß 'der Verzicht der Bundesregierung auf die Produktion von Atomwaffen im Gebiet der Bundesrepublik Deutsch-
land nach wie vor unverändert gilt, daß keine Maßnahmen eingeleitet und keine Schritte beabsichtigt sind, um diesen Verzicht aufzuheben oder eine Änderung der Vertragsbestimmungen herbeizuführen. Wir haben ferner erklärt, daß eine Versicherung von unserer Seite, daß wir auf eine Ausstattung der Bundeswehr mit Atomwaffen in jedem Fall verzichten, gleichgültig, was in London herauskommt, und wenn auch dank dem Veto der Sowjetunion niemals ein Abrüstungsabkommen zustande kommen sollte, bedingungslos und für ewige Zeiten von keiner Regierung und von keinem Parlament, wenn es seine Aufgabe, für Sicherheit und Frieden zu sorgen, ernst nimmt, abgegeben werden kann.
Diesen Eindruck, Kollege Erler, galt es richtigzustellen. Denn darüber ist weder in Ihrer Anfrage etwas gesagt noch steht diese Entscheidung im Augenblick zur Debatte. Wir hoffen, daß die Entscheidung über diese Frage durch das Ergebnis der Londoner Abrüstungsverhandlungen, das wir a priori anzunehmen bereit sind, von Regierung und Parlament überhaupt genommen werden wird. Aber so leicht, sie heute so oder so vorwegzunehmen, können wir uns diese Entscheidung selbst nicht machen.