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ID0220909200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2209

  • date_rangeDatum: 10. Mai 1957

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 209. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1957 12051 209. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Mai 1957. Überweisung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Klein- und Mittelbetriebe der gewerblichen Wirtschaft bei der Vergabe von Verteidigungsaufträgen (Drucksache 2615) an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur federführenden Behandlung und an den Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes zur Mitberatung 12051 D Amtliche Mitteilungen 12051 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Atomwaffen (Drucksache 3347) 12051 D Erler (SPD) . . 12052 A, 12059 B, C, 12071 C, 12087 B, 12094 B, 12096 A, B, 12132 C, 12136 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 12062 C, 12129 D Strauß, Bundesminister für Verteidigung . . . 12065 B, 12071 C, D, 12079 D, 12080 A, 12081 D, 12082 A, 12083 D, 12135 B als Abgeordneter . . 12076 D, 12077 A, B, 12101 B, D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 12071 D, 12014 A, 12076 D, 12077 A, B, C, 12079 D, 12080 A, B, 12082 A, B, 12083 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . 12084 D, 12087 B, 12091 B, 12094 B, 12096 A, B, 12100 B, 12103D, 12110 A,B, 12128B Dr. Mende (FDP) 12091 B, 12098 C, 12100 B, 12101 B,C,D, 12102A, 12104A, 12110 A,B von Manteuffel (Neuß) (DP [FVP]) . 12110 D Dr. Reichstein (GB/BHE) 12117 B Schneider (Bremerhaven) (DP [FVP]) 12121 A, 12124 C, D Schmidt (Hamburg) (SPD) 12124 C Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 12126 A Ollenhauer (SPD) 12126 D, 12128 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) 12131 B Abstimmungen 12136 D ff. Namentliche Abstimmungen über den Änderungsantrag Umdruck 1093, Ziffern I und II 12137 A, C Abgabe einer Erklärung gemäß § 36 der Geschäftsordnung: Dr. Menzel (SPD) 12137 D Nächste Sitzung 12138 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 12138 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP (FVP) zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Atomwaffen (Umdruck 1099) 12138 D Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr Atomwaffen (Umdruck 1093) 12139 B Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD. betr Atomwaffen (Umdruck 1096) 12139 C Anlage 5: Entschließungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Atomwaffen (Umdruck 1097) . . . 12139 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschl. Dr. Atzenroth 10.5. Dr. Baade 10.5. Baier (Buchen) 10.5. Berendsen 11.5. Blachstein 10.5. Böhm (Düsseldorf) 10.5. Brück 23. 5. Daum 10.5. Demmelmeier 10.5. Frau Finselberger 12.5 ) Freidhof 10.5. Geritzmann 10.5. Graaff (Elze) 10.5. Grantze 10. 5. Gumrum 22.5. Günther 11. 5. Heinrich 20. 5. Hübner 10.5. Frau Hütter 10.5. Jacobs 10.5. Dr. Kihn (Würzburg) 10.5. Koenen (Lippstadt) 22.5. Dr. Köhler 3.6. Dr. Kopf 10.5. Kortmann 20. 5. Lenz (Brühl) 10.5. Margulies 24.6. Massoth 24. 6. Frau Dr. Maxsein 10.5. Merten 10.5. Dr. Moerchel 6.6. Morgenthaler 31.5. Mühlenberg 10.5. Müller-Hermann 10.5. Neumayer 10.5. Paul 10.5. Pelster 10.5. Dr. Pferdmenges 10.5. Dr. Pohle (Düsseldorf) 10.5. Putzig 22.5. Rademacher 10.5. Frau Dr. Rehling 10.5. Richter 10.5 Dr. Röder 10.5. Dr. Schäfer (Saarbrücken) 10.5. Scheel 10.5. Schill (Freiburg) 10. 5. Frau Schroeder (Berlin) 31.5. Schütz 24. 6. Seither 11. 5. Spörl 22.5. Stahl 10.5. Steinhauer 10.5. Wagner (Ludwigshafen) 10.5. Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 10.5. Wiedeck 10.5. Dr. Will (Berlin) 10. 5. Wullenhaupt 11. 5. b) Urlaubsantrag Abgeordneter bis 'einschließlich Dr. Preller 24. 6. Anlage 2 Umdruck 1099 (Vgl. S. 12131 A, 12136 B, D) Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, DP(FVP) zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 3347) betr. Atomwaffen Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag ist sich bewußt, daß ein Atomkrieg die Welt zerstören kann. Daher verfolgt er wie das ganze deutsche Volk mit tiefster Anteilnahme die Bemühungen der Londoner Abrüstungskonferenz. Um des Friedens der Welt willen appelliert der Bundestag an die Verantwortung aller Völker und Regierungen, sich über eine ,allgemeine, kontrollierte Abrüstung zu einigen und die Massenvernichtungsmittel zu ächten. Insbesondere erwartet der Deutsche Bundestag, daß die Sowjetunion ihren zehnjährigen Widerstand gegen eine kontrollierte Abrüstung aufgibt. II. Als sichtbares Zeichen des Willens zu einer allgemeinen, kontrollierten Abrüstung sollten die Großmächte die Atombomben-Versuche zunächst für eine begrenzte Zeit einstellen. III. Die Bewaffnung der Bundesrepublik mit atomaren Waffen steht jetzt nicht zur Entscheidung. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem Erfolg der Abrüstungsverhandlungen. Der Deutsche Bundestag erwartet, daß diese Verhandlungen erfolgreich sein werden. IV. Das Deutsche Volk erwartet von seinen Verbündeten Schutz und Verhinderung eines sowjetischen Angriffs. Deshalb hat der Deutsche Bundestag keinen Anlaß, von den Verbündeten Einschränkungen der Ausrüstung ihrer für die Verteidigung der Bundesrepublik eingesetzten Truppen zu fordern. V. Eine allgemeine, kontrollierte Abrüstung ist ein entscheidender Beitrag zur Entspannung. Ein dauerhafter Friede ist ohne die Wiedervereinigung Deutschlands nicht gesichert. VI. Die Bundesregierung wird ersucht, a) bekanntzugeben, welche Maßnahmen sie ergreifen wird, um einen wirksamen Strahlenschutz der Bevölkerung vor Atom-Material, das für zivile oder militärische Zwekke bestimmt ist, zu gewährleisten; b) einen Beirat für Fragen der Atom-Waffen zu berufen, der ,aus Wissenschaftlern, Politikern und militärischen Sachverständigen besteht. Aufgabe dieses Beirates soll es vor allem sein, unverzüglich das einschlägige Material, darunter auch das der bisherigen UNO-Abrüstungsverhandlungen, zu prüfen und die Ergebnisse seiner Untersuchungen laufend der Öffentlichkeit bekanntzugeben. Bonn, am 10. Mai 1957 Dr. Krone und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 3 Umdruck 1093 (Vgl. S. 12133 A, 12136 B, D, 12137 A, C) Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 3347) betr. Atomwaffen. Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Bundestag richtet angesichts der wachsenden Gefahren durch die atomaren Versuchsexplosionen und in dem Willen, die Verhandlungen über ein Abrüstungsabkommen zu erleichtern, einen feierlichen Appell an die Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, sofort Vorschläge für ein Abkommen zur Kontrolle, Begrenzung und schließlichen Einstellung der Versuchsexplosionen zu machen und inzwischen für eine begrenzte Zeitspanne auf alle Versuchsexplosionen zu verzichten, um den Widerhall auf die Vorschläge prüfen zu können. II. Die Bundesregierung wird ersucht, 1. die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu unterlassen, 2. die Zustimmung zur Lagerung von Atombomben und zur Stationierung von Atomwaffen-Verbänden durch dritte Mächte auf dem Gebiet der Bundesrepublik zu verweigern und, falls eine solche Zustimmung ausgesprochen worden sein sollte, sie zurückzunehmen, 3. dem deutschen Volke bekanntzugeben, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreifen wird, um die Bevölkerung der Bundesrepublik vor den möglichen Auswirkungen der Stationierung von Atomwaffen auf seinem Gebiet zu schützen. Bonn, den 9. Mai 1957 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 1096 (Vgl. S. 12136 B, 12137 B) Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 3347) betr. Atomwaffen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht: 1. einen Beitrag zur allgemeinen Abrüstung durch den Verzicht auf die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu leisten; 2. unter Berücksichtigung der Spaltung unseres Vaterlandes und der Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen zu erreichen, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teil Deutschlands Atomwaffen weder stationiert noch gelagert werden; 3. sich in allen Fragen der gemeinsamen Verteidigung bei den Mächten der Atlantischen Verteidigungsgemeinschaft um Berücksichtigung der besonderen Lage des geteilten Deutschland zu bemühen; 4. in engem Zusammenwirken und dauernder Beratung mit der deutschen Atomwissenschaft dafür Sorge zu tragen, daß geeignete Maßnahmen für den Atomschutz der Bevölkerung getroffen werden und daß die Nutzung der Atomenergie ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Bonn, den 10. Mai 1957 Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 1097 (Vgl. S. 12137 B, C) Entschließungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 3347) betr. Atomwaffen. Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag ist der Überzeugung, daß im Zeitalter der Atomwaffen jeder Krieg das Leben und die Gesundheit der gesamten Bevölkerung gefährdet und zur Selbstvernichtung der Menschheit führen kann. Er ersucht daher die Bundesregierung, auf die mit uns verbündeten Staaten der freien Welt und die Sowjetunion einzuwirken, daß 1. durch internationale Vereinbarungen die unverzügliche Einstellung weiterer Atombombenversuche erreicht wird, 2. im Hinblick auf die Spaltung unseres Vaterlandes und die Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen erreicht wird, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teile Deutschlands und in den an Deutschland angrenzenden Staaten des Warschauer Paktes weder taktische noch strategische Atomwaffen stationiert oder gelagert oder Streitkräfte dieser Länder und in diesen Ländern damit ausgerüstet werden, 3. eine allgemeine Abrüstung und ein damit verbundenes generelles Verbot für Atomwaffen durchgeführt werden. Der Bundestag hält es für eine wesentliche Aufgabe der deutschen Politik, dazu beizutragen, daß im Zusammenleben der Völker humanitäre Gesichtspunkte und die Ehrfurcht vor dem Leben endlich wieder die ihnen gebührende Geltung erhalten. Er befürwortet daher alle Maßnahmen zu einer Entspannung, die die Anwendung dieser Grundsätze ermöglicht. Bonn, den 10. Mai 1957 Dr. Reichstein und Fraktion Namentliche Abstimmungen zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Atomwaffen (Drucksache 3347) über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 1093) (Vgl. S. 12136 D) 1. Ziffer I (Vgl. S. 12137 A) 2. Ziffer II (Vgl. S. 12137 C) Name Abstimmung Abstimmung Name Abstimmung Abstimmung 1 2 1 2 CDU/CSU Even Nein Nein Frau Ackermann : . . . Nein Nein Feldmann * * Dr. Adenauer Nein Nein Gräfin Finckenstein . Nein Nein Albers Nein Nein Finckh Nein Nein Albrecht (Hamburg) . . Nein Nein Dr. Franz Nein Nein Arndgen Nein Nein Franzen Nein Nein Baier (Buchen) beurlaubt beurlaubt Friese Nein Nein Barlage Nein Nein Fuchs Nein Nein Dr. Bartram — — Funk Nein Nein Bauer (Wasserburg) . . Nein Nein Dr. Furler Nein Nein Bauereisen . . . . . Nein Nein Frau Ganswinclt . . . . Nein Nein Bauknecht . * Frau Dr. Gantenberg . . Nein Nein Bausch . . . . . .. . . Nein Nein Gedat Nein Nein Becker (Pirmasens) . . Nein Nein Geiger (München) . . . Nein Nein Bender Nein Nein Frau Geisendörfer . . . Nein Nein Berendsen Nein Nein Gengler Nein Nein Dr. Bergmeyer Nein Nein Gerns — — Fürst von Bismarck . . . — — D. Dr. Gerstenmaier . . Ja Nein Blank (Dortmund) . . . Nein Nein Gibbert Nein Nein Frau Dr. Bleyler Giencke Nein Nein (Freiburg) Nein Nein Dr. Glasmeyer Nein Nein Blöcker Nein Nein Dr. Gleissner (München) Nein Nein Bock Nein Nein Glüsing Nein Nein von Bodelschwingh . . . Nein Nein Gockeln ---- — Dr. Böhm (Frankfurt) . Nein Nein Dr. Götz Nein Nein Brand (Remscheid) . . . Nein Nein Goldhagen Nein Nein Frau Brauksiepe . . . . Nein Nein Gontrum Nein Nein Brenner Nein Nein Günther beurlaubt beurlaubt Dr. von Brentano . . . . Nein Nein Haasler Nein Nein Brese Nein Nein Häussler Nein Nein Frau Dr. Brökelschen , . Nein Nein Hahn * * Dr. Brönner Nein Nein Harnischfeger . . . . Nein Nein Brookmann (Kiel) . . . Nein Nein Heix Nein Nein Brück . . . . . . . . beurlaubt beurlaubt Dr. Hellwig Nein Nein Dr. Bucerius Nein Nein Dr. Graf Hen.ckel . . . Nein Nein Dr. von Buchka . . • . Nein Nein Dr. Hesberg Nein Nein Dr. Bürkel Nein Nein Heye Nein Nein Burgemeister Nein Nein Hilbert * * Caspers Nein Nein Höcherl Nein Nein Cillien — — Dr. Höck Nein Nein Dr. Conring Nein Nein Höfler Nein Nein Dr. Czaja . . . . . . . Nein Nein Holla Nein Nein Demmelmeier beurlaubt beurlaubt Hoogen Nein Nein Diedrichsen Nein Nein Dr. Horlacher * * Frau Dietz Nein Nein Horn Nein Nein Dr. Dittrich Nein Nein Huth Nein Nein Dr. Dollinger Nein Nein Illerhaus Nein Nein Donhauser * * Dr. Jaeger Nein Nein Dr. Dresbach Nein Nein Jahn (Stuttgart) . . . . Nein Nein Dr. Eckhardt Nein Nein Frau Dr. Jochmus . . . Nein Nein Eckstein — — Josten Nein Nein Ehren Nein Nein Kahn Nein Nein Engelbrecht-Greve . . . Nein Nein Kaiser (Bonn) — — Dr. Dr. h. c. Erhard . . Nein Nein Frau Kaiser Etzenbach Nein Nein (Schwäbisch-Gmünd) . Nein Nein *) Für Teile der Sitzung beurlaubt. Name Abstimmung Abstimmung Name Abstimmung Abstimmung I 1 2 1 2 Karpf * * Frau Praetorius . . . . Nein Nein Kemmer (Bamberg) . . Nein Nein Frau Dr. Probst . . . . Nein Nein Kemper (Trier) • • Nein Nein Dr. Dr. h. c. Pünder . . — — Kiesinger Nein Nein Raestrup . . . . . . Nein Nein Dr. Kihn (Würzburg) . . beurlaubt beurlaubt Rasner Nein Nein Kirchhoff Nein Nein Frau Dr. Rehling . . . beurlaubt beurlaubt Klausner Nein Nein Richarts Nein Nein Dr. Kleindinst Nein Nein Frhr. Riederer von Paar Nein Nein Dr. Kliesing Nein Nein Dr. Rinke Nein Nein Knapp Nein Nein Dr. Röder Nein Nein Knobloch Nein Nein Frau Rösch Nein Nein Dr. Köhler beurlaubt beurlaubt Rösing Nein Nein Koops Nein Nein Rümmele Nein Nein Dr. Kopf . . . - • • • beurlaubt beurlaubt Ruf Nein Nein Kortmann . beurlaubt beurlaubt Sabaß Nein Nein Kraft Nein Nein Sabel Nein Nein Kramel * * Samwer Nein Nein Krammig Nein Nein Dr. Schaefer (Saarbr.) . Nein Nein Kroll Nein Nein Schäffer Nein Nein Frau Dr. Kuchtner . . . Nein Nein Scharnberg Nein Nein Kühlthau Nein Nein Scheppmann Nein Nein Kuntscher Nein Nein Schill (Freiburg) . . . . beurlaubt beurlaubt Kunze (Bethel) — — Schlick Nein Nein Lang (München) . . . . Nein Nein Schmücker Nein Nein Leibing Nein Nein Schneider (Hamburg) . . Nein Nein Dr. Leiske Nein Nein Schrader Nein Nein Lenz (Brühl) beurlaubt beurlaubt Dr. Schröder (Düsseldorf) Nein Nein Lenze (Attendorn) . . . Nein Nein Dr.-Ing. E. h. Schuberth Nein ' Nein Leonhard _ Nein Nein Schüttler Nein Nein Lermer Nein Nein Schütz beurlaubt beurlaubt Leukert Nein Nein Schulze-Pellengahr . . . Nein Nein Dr. Leverkuehn . . . . Nein Nein Schwarz Nein Nein Dr. Lindenberg . . . . Nein Nein Frau Dr. Schwarzhaupt Nein Nein Dr. Lindrath Nein Nein Dr. Seffrin Nein Nein 3) Dr. Löhr Nein Nein Seidl (Dorfen) Nein Nein Lotze Nein Nein Dr. Serres Nein Nein Dr. h. c. Lübke . . . . Nein Nein Siebel * * Lücke * * Dr. Siemer Nein Nein Lücker (München) Nein Nein Solke Nein Nein Lulay Nein Nein Spies (Brücken) . . . . Nein Nein Maier (Mannheim) . . . Nein Nein Spies (Emmenhausen) . Nein Nein Majonica Nein Nein Spörl beurlaubt beurlaubt Dr. Baron Manteuffel- Stauch Nein Nein Szoege Nein Nein Frau Dr. Steinbiß . . . Nein Nein Massoth beurlaubt beurlaubt Steinhauer Nein Nein Mayer (Birkenfeld) . . * * Stiller Nein Nein Menke Nein Nein Storch Nein Nein Mensing — — Dr. Storm Nein Nein Meyer (Oppertshofen) . Nein Nein Strauß Nein Nein Meyer-Ronnenberg . . . — — Struve Nein Nein Miller Nein Nein Stücklen . . . . . . . . Nein Nein Dr. Moerchel beurlaubt beurlaubt Teriete Nein Nein Morgenthaler beurlaubt beurlaubt Thies Nein Nein Muckermann Nein Nein Unertl Nein Nein Mühlenberg Nein Nein Varelmann Nein Nein Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) * Frau Vietje Nein Nein Müller-Hermann . . . . beurlaubt beurlaubt Dr. Vogel Nein Nein Müser Nein Nein Voß Nein Nein Nellen Ja Nein Wacher (Hof) Nein Nein Neuburger Nein Nein Wacker (Buchen) . . . . Nein Nein Niederalt Nein Nein Dr. Wahl Nein Nein Frau Niggemeyer . . . Nein Nein Walz Nein Nein Dr. Dr. Oberländer . . — — Frau Dr. h. c. Weber Dr. Oesterle Nein Nein (Aachen) Nein Nein Oetzel Nein Nein Dr. Weber (Koblenz) . . Nein Nein Pelster beurlaubt beurlaubt Wehking Nein Nein Dr. Pferdmenges . . . . Nein Nein Dr. Wellhausen . . . . Nein Nein Frau Pitz . . . . . , • Nein Nein Dr. Welskop . . - . . . * * Dr. Pohle (Düsseldorf) . beurlaubt beurlaubt Frau Welter (Aachen) . Nein Nein s) Für Teile der Sitzung beurlaubt. Name Abstimmung Abstimmung Name Abstimmung Abstimmung 1 2 1 2 Dr. Werber Nein Nein Höhne Ja Ja Wiedeck beurlaubt beurlaubt Hörauf Ja Ja Wieninger Nein Nein Frau Dr. Hubert . . . . Ja Ja Dr. Willeke Nein Nein Hufnagel Ja Ja Winkelheide Nein Nein Jacobi Ja Ja Dr. Winter Nein Nein Jacobs beurlaubt beurlaubt Wittmann . . Nein Nein Jahn (Frankfurt) . . . . a Wolf (Stuttgart) . . . . Nein Nein Jaksch Ja Ja Dr. Wuermeling . . . . Nein Nein Kahn-Ackermann . . . Ja Ja Wullenhaupt beurlaubt beurlaubt Kalbitzer Ja Ja Frau Keilhack Ja Ja SPD Frau Kettig Ja Ja Keuning Ja Ja Frau Albertz Ja Ja Kinat Ja Ja Frau Albrecht (Mittenw.) Ja Ja Frau Kipp-Kaule Ja Ja Altmaier a a Könen (Düsseldorf) Ja Ja Dr. Arndt Ja Ja Koenen (Lippstadt) . . beurlaubt beurlaubt Arnholz Ja Ja Frau Korspeter . . . . Ja Ja Dr. Baade beurlaubt beurlaubt Dr. Kreyssig a * Dr. Bärsch Ja Ja Kriedemann Ja Ja Bals Ja Ja Kühn (Köln) Ja Ja Banse Ja Ja Kurlbaum Ja Ja Bauer (Würzburg) . . . Ja Ja Ladebeck Ja Ja Baur (Augsburg) . . . . a a Lange (Essen) Ja Ja Bazille Ja Ja Leitow Ja Ja Behrisch a a Frau Lockmann . . . . Ja Ja Frau Bennemann . . . . Ja Ja Ludwig Ja Ja Bergmann Ja Ja Maier (Freiburg) . . . . Ja Ja Berlin a * Marx Ja Ja Bettgenhäuser a * Matzner Ja Ja Frau Beyer (Frankfurt) Ja Ja Meitmann Ja Ja Birkelbach Ja Ja Mellies Ja Ja Blachstein beurlaubt beurlaubt Dr. Menzel Ja Ja Dr. Bleiß Ja Ja Merten beurlaubt beurlaubt Böhm (Düsseldorf) . . . beurlaubt beurlaubt Metzger Ja Ja Bruse Ja Ja Frau Meyer (Dortmund) Ja Ja Corterier Ja Ja Meyer (Wanne-Eickel) . a * Dannebom — — Frau Meyer-Laule . . . a * Daum beurlaubt beurlaubt Mißmahl Ja Ja Dr. Deist Ja Ja Moll — — Dewald Ja Ja Dr. Mommer Ja Ja Diekmann Ja Ja Müller (Erbendorf) . . Ja Ja Diel Ja Ja Müller (Worms) . . . . Ja Ja Frau Döhring Ja Ja Frau Nadig * * Dopatka Ja Ja Odenthal * * Erler Ja Ja Ohlig a Eschmann Ja Ja Ollenhauer Ja Ja Faller Ja Ja Op den Orth — — Franke Ja Ja Paul beurlaubt beurlaubt Frehsee Ja Ja Peters Ja Ja Freidhof beurlaubt beurlaubt Pöhler Ja Ja Frenzel a a Pohle (Eckernförde) Ja Ja Gefeller Ja Ja Dr. Preller beurlaubt beurlaubt Geiger (Aalen) Ja Ja Prennel * a Geritzmann beurlaubt beurlaubt Priebe Ja Ja Gleisner (Unna) • — — Pusch Ja Ja Dr. Greve a * Putzig beurlaubt beurlaubt Dr. Gülich Ja Ja Rasch Ja Ja Hansen (Köln) Ja Ja Dr. Ratzel Ja Ja Hansing (Bremen) . . . Ja Ja Regling Ja Ja Hauffe Ja Ja Rehs Ja Ja Heide Ja Ja Reitz Ja Ja Heiland Ja Ja Reitzner Ja Ja Heinrich Ja Ja Frau Renger Ja Ja Hellenbrock Ja Ja Richter beurlaubt beurlaubt Frau Herklotz * * Ritzel Ja Ja Hermsdorf Ja Ja Frau Rudoll Ja Ja Herold Ja Ja Ruhnke Ja Ja Höcker a a Runge Ja Ja *) Für Teile der Sitzung beurlaubt. Name Abstimmung Abstimmung Name Abstimmung Abstimmung 1 2 1 2 Frau Schanzenbach . . . Ja Ja Hospitanten bei der FDP Scheuren . . . . . . . Ja Ja Dr. Schneider Dr. Schmid (Frankfurt) . * * (Saarbrücken) . . . . Ja enthalten Dr. Schmidt (Gellersen) . Ja Ja Schwertner Ja enthalten Schmidt (Hamburg) . . Ja Ja Wedel * Schmitt (Vockenhausen) . Ja Ja Dr. Schöne Ja Ja Schoettle Ja Ja DP (FVP) Schreiner Ja Ja Seidel (Fürth) Ja Ja Becker (Hamburg) . . . Nein Nein Seither beurlaubt beurlaubt Dr. Berg Nein Nein Seuffert Ja Ja Dr. Blank (Oberhausen) . Nein Nein Stierle — — Dr.h.c.Blücher . . . Nein Nein Sträter * Dr. Brühler Nein Nein Frau Strobel Ja * Eickhoff Nein Nein Ja Stümer Ja Ja Dr. Elbrächter Thieme Ja Ja Euler Nein Nein Wagner (Deggenau) . . Ja Ja Fassbender — — Wagner (Ludwigshafen) beurlaubt beurlaubt Dr. Graf (München) Nein Nein Wehner Ja Ja Gumrum beurlaubt beurlaubt Wehr * * Hepp Nein Nein Welke Ja Ja Frau Kalinke * * Weltner (Rinteln) . . . Ja Ja Körner * * Dr. Dr. Wenzel Ja Ja Lahr . . . . . . . , . * * Wienand Ja Ja von Manteuffel (Neuß) Nein Nein Dr. Will (Saarbrücken) Matthes Nein Nein Wittrock Ja Ja Dr. von Merkatz . . . — — Zühlke Ja Ja Müller (Wehdel) . . . * * Neumayer Nein Nein Platner — — Dr. Preiß * * Dr. Preusker — -- FDP Dr. Schäfer (Hamburg) . Nein Nein Dr. Schild (Düsseldorf) . Nein Nein 1 Dr. Atzenroth . . . . • beurlaubt beurlaubt Schneider (Bremerhaven) Nein Nein Dr. Becker (Hersfeld) . . Ja enthalten Dr. Schneider (Lollar) . Nein Nein Dr. Bucher Ja enthalten Dr. Schranz * * Dr. Czermak * * Dr.-Ing. Seebohm . . . Nein Nein Dr. Dehler — — Walter — — Dr.-Ing. Drechsel . . . * * Wittenburg * * Eberhard * * Dr. Zimmermann . . . Nein Nein Frau Friese-Korn . . * * Frühwald Ja enthalten GB/BHE Gaul Ja enthalten ELsner Ja enthalten Dr. von Golitscheck . . . ' Graaff (Elze) beurlaubt beurlaubt Engell Ja enthalten Dr. Hammer * * Feller * * Held * * Frau Finselberger . . . beurlaubt beurlaubt Dr. Hoffmann Gemein Ja enthalten Frau Hütter . beurlaubt beurlaubt Dr. Gille * * Frau Dr. Ilk Dr. Kather * * Dr. Jentzsch * * Dr. Keller Ja enthalten Kühn (Bonn) * * Dr. Klötzer * *. — — Lenz (Trossinen) . Ja enthalten Kunz (Schwalbach) g ) ( ) . . * Dr. Dr. h. c. Prinz zu Lö- Kutschera * * wenstein — — Dr. Mocker * * Margulies beurlaubt beurlaubt Petersen Ja enthalten Mauk * Dr. Reichstein Ja Nein Dr. Mende * * Seiboth Ja Nein Dr. Miessner Ja enthalten Dr. Sornik Ja enthalten Onnen — — Srock * * Rademacher beurlaubt beurlaubt Stegner * * Scheel beurlaubt beurlaubt Dr. Strosche Ja Nein Schloß * * Schwann Ja enthalten Stahl beurlaubt beurlaubt Fraktionslos Dr. Stammberger * * Brockmann (Rinkerode) Ja Ja Dr. Starke * * Ruland * * Weber (Untersontheim) . Ja enthalten Schneider (Brotdorf) . . * * *) Für Teile der Sitzung beurlaubt. Zusammenstellung der Abstimmungen Abstimmung Abstimmung 1 2 Abgegebene Stimmen 357 357 Davon: Ja 134 113 Nein 223 228 Stimmenthaltung . 16 Zusammen wie oben . . 357 357 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Abstimmung Name Abstimmung Abstimmung 1 2 1 2 Mattick . . . — — CDU/CSU Neubauer — — Dr. Friedensburg * * Neumann Grantze beurlaubt beurlaubt Dr. Schellenberg . . • . Ja Ja Dr. Krone Nein Nein Frau Schroeder (Berlin) . beurlaubt beurlaubt Lemmer — — Schröter (Wilmersdorf) . * * Frau Dr. Maxsein beurlaubt beurlaubt Frau Wolff (Berlin) . . Ja Ja Stingl Nein Nein FDP Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Ja enthalten SPD Dr. Reif . . . . . . , . * * Dr. Will (Berlin) . . . . beurlaubt beurlaubt Brandt (Berlin) — — Frau Heise — — FVP Klingelhöfer — --- Dr. Henn * * Dr. Königswarter Ja Ja Hübner beurlaubt beurlaubt Zusammenstellung der Abstimmungen der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abstimmung 1 2 Abgegebene Stimmen 6 6 Davon: Ja 4 3 Nein 2 2 Stimmenthaltung . — 1 Zusammen wie oben . . 6 6 *) Für Teile der Sitzung beurlaubt.
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    Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Mannteuffel.
    von Manteuffel (Neuß) (DP [FVP]): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Auseinandersetzung über die Große Anfrage der SPD kann nach der Auffassung meiner politischen Freunde, der Deutschen Partei und der Freien Volkspartei, die mich beauftragt haben, zusammen mit diem Kollegen Schneider unsere Auffassung hier darzulegen, zu einem fruchtbaren Ergebnis nur dann kommen, wenn man auch die Wirklichkeit „auf der anderen Seite", id. h. die grausame Realität nicht ausschaltet, und das scheint mir in den Reden der Opposition, die die Erprobung, die


    (von Manteuffel [Neuß])

    Einführung, den Einsatz und die Verwendung dieser neuartigen Waffen zum Gegenstand hatten, welche eben sehr viele im Inland und im Ausland aus ihrem gequälten Gewissen heraus zu Warnungen und zu Protesten veranlaßt haben, zu kurz gekommen zu sein.
    Wir begrüßen die Debatte. Denn wir sind weiterhin der Meinung, daß, wenn die öffentliche Meinung über das Atomproblem allein von den Parteien gebildet und gelenkt wird — wir haben dies in den letzten Wochen erlebt —, die Wahrheit der Gefahr größter und heftigster Verzerrung ausgesetzt werden kann. Ich sage „kann"; es braucht nicht so zu sein. Aber auch dies haben wir erlebt, und das scheint uns sehr bedenklich: daß die Auswertung dieser Warnungen und Proteste zum Teil in die Ebene der Parteipolitik heruntergezogen wird. Wir halten das für bedenklich, weil damit die Atomrüstung zum Agitationsmittel benutzt wird, und dies wiederum kann den ehrlichen Bemühungen der verantwortlichen Staatsmänner und Parlamentarier keineswegs dienlich sein. Dieses Problem scheint uns zu ernst zu sein, als daß man es zu einem billigen Wahlschlager machen kann. Allerdings sage ich dazu: auch wir sollten uns vor jeder Übersteigerung des zur Zeit militärisch Notwendigen hüten. Alle diese von mir angeführten Mißstände sind nicht geeignet, das anstehende Problem zu verdeutlichen.
    Ich darf dem voranstellen, daß auch wir der Auffassung sind, daß die aus aufrichtiger Überzeugung entspringenden Warnrufe und Proteste sich ganz zweifelsfrei auf die Befürchtungen der Antragsteller für die menschliche Gesundheit gründen. Ich meine, man sollte von jeder Seite irgendwelche
    weiteren Unterstellungen und Verdächtigungen gegenüber diesen Männern unterlassen, die man betrüblicherweise schon in der Tagespresse gelesen und leider auch in Äußerungen von Parlamentariern gehört hat.
    Wir sind der Auffassung, daß unsere Verteidigungspolitik keinen Stimmungsschwankungen unterworfen sein darf; denn die Wehrbereitschaft ist eine dauernde Verpflichtung und Aufgabe, die sich auf alle Gebiete der totalen Verteidigung unserer Heimat erstrecken muß. Deswegen kann das richtige Abwägen des „Ob-überhaupt", des „Wie", des „Wieviel" und des „Wann" nach unserer Auffassung nur im Rahmen der Gesamtkonzeption unserer Verteidigung und nur im Zusammenhang mit denjenigen erfolgen, mit denen wir die gemeinsame Verteidigungsverpflichtung Europas eingegangen sind, und zwar unter sehr sorgfältiger, d. h. der Wirklichkeit entsprechender Einschätzung dessen, was die andere Seite angeboten hat, zu geben vermag und als Beitrag zur Lösung dieser Frage zu leisten imstande, willens ist und überzeugend dartun kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dies muß allerdings auch unter besonderer Berücksichtigung dessen geschehen, was wir für notwendig halten, nämlich des notwendigen Mindestmaßes an gemeinsamer Verteidigung Europas auf allen Gebieten, nicht nur auf dem militärischen. Davon hängt die Hoffnung ab, daß sich schließlich eine günstigere politische Gesamtkonzeption ergibt, die wirklich echte Sicherheit in Freiheit für alle Deutschen bietet.
    Wie sieht nun die Wirklichkeit aus? Meine Damen und Herren, befürchten Sie bitte nicht, daß
    ich Sie mit langatmigen Wiederholungen strapazieren werde. Die Aufzählung gewisser Tatbestände ist aber notwendig, weil sie die Grundlagen für unsere Beurteilung sind. Ich will mir Mühe geben, mich kurz zu fassen, und nur soviel darlegen, daß Sie die Folgerungen, die wir daraus ziehen, und das Ergebnis verstehen können.
    Zunächst dürfen Ursache und Wirkung nicht verwechselt werden. Herr Kollege Dr. Gerstenmaier hat das hier sehr eingehend dargestellt. Ursache der weltweiten Spannungen ist das Vorgehen einer Großmacht, die sich nicht der UNO bedient, um die Störungen im Gleichgewicht des politischen Zusamenlebens zu beseitigen. Was die Bundesrepublik betrifft, so hat die UdSSR bis auf den heutigen Tag versucht, ,die Politik der Bundesregierung mit Drohungen und mit anderen Mitteln zu behindern; sie setzt ihre aggressive Politik nach wie vor fort. Die Wirkung war und ist die Atlantische Gemeinschaft, quasi als Schicksals- und Bündnisgemeinschaft, ,als Reaktion auf diese fortgesetzten Drohungen der UdSSR. Tatsache ist — wir haben es in den letzten Wochen erlebt —, daß die Sowjetregierung, während die kommunistische Propaganda den Westen angreift, gleichzeitig ihre lange Serie nuklearer Versuchsexplosionen — ich möchte beinahe sagen: im Eiltempo — fortsetzt und drohende Mitteilungen an eine Anzahl von Ländern sendet. Wir haben das heute vom Bundesverteidigungsminister gehört. Man gibt sehr drastische Schilderungen der vernichtenden Macht der sowjetischen nuklearen Waffen und der Fähigkeit der Sowjetunion, sie angeblich gegen Ziele in allen Teilen der Welt einsetzen zu können. Dazu paßt auch, daß der sowjetische Verteidigungsminister am 16. März vor dem sowjetischen Spezialoffizierkorps für die technische und politische Ausbildung der Sowjetstreitkräfte keinen Zweifel daran gelassen hat, daß die Ausbildung für atomare Waffen und Kampftechnik auf sowjetischer Seite mit allen Mitteln auf breiter Grundlage betrieben werden soll.
    So hören wir dann auch von den Atomexplosionen in Sibirien, im ganzen von 22, allein in den letzten drei Wochen von 5. Ich meine, die öffentliche Meinung im Westen kann auch diese Explosionen keinesfalls überhören. Vielleicht denken die Sowjets einmal darüber nach und finden dann glaubwürdigere Worte als bisher. Ich meine, der Zeitpunkt, um in London darüber zu sprechen, scheint mir nicht ungeeignet zu sein.
    Aber etwas Weiteres: Die Sowjets haben — jedenfalls nach Pressemeldungen — nach japanischen Untersuchungen eine neuartige Atombombe entwickelt, die gefährliche Spaltungsprodukte von langer Lebensdauer erzeugt, die also eine besonders langwierige radioaktive Verseuchung verursacht. Deswegen muß man sich wirklich immer wieder fragen, warum so viele, die über die sowjetischen Versuche kaum ein Wort verlieren,

    (Sehr richtig!)

    sich über die Versuche diesseits des Eisernen Vorhangs in dieser Form entrüsten.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Was die Sowjets wollen, ist jedenfalls meinen politischen Freunden und mir klar. Die Sowjetregierung will den nuklearen Ring in Zentraleuropa sprengen, ohne dafür einen politischen Preis zu zahlen. Sie will die Isolierung West-


    (von Manteuffel [Neuß])

    europas von den USA. Sie will die USA zur Anerkennung einer politischen Teilung nach den Maßstäben Moskaus zwingen, und sie möchte deshalb die Atomstützpunkte des Westens möglichst weit von den Grenzen des kommunistischen Machtbereichs fernhalten. Sie versucht auch, den Wahlkampf durch diese Einschüchterungsversuche zu beeinflussen und dadurch auf die Bundesregierung einen ausgesprochenen Druck auszuüben.
    Angesichts der sowjetischen Drohung gegen die USA-Stützpunkte in Westeuropa scheint es mir richtig und notwendig zu sein, darauf hinzuweisen, daß man sich nicht von den wirklichen militärischen Gegebenheiten in Europa ablenken lassen darf: Sie reden nämlich eine völlig andere Sprache. Wir kennen den „Stützpunkt sowjetisch besetzte Zone Deutschlands", wir kennen den „Stützpunkt Tschechoslowakei", wir kennen den „Stützpunkt" — wenn er auch schwächer geworden ist — „Polen", wir kennen den „Stützpunkt Ungarn" usw. Dem steht die freiwillige Verpflichtung der Bundesrepublik — ich brauche das nicht anzuführen, das ist ja allen Damen und Herren geläufig — zu gewissen Rüstungsbeschränkungen und -kontrollen entgegen.
    Ich glaube deswegen, daß es der Sowjetunion nicht zusteht, jetzt die von ihr immer wieder behauptete Bedrohung durch den Westen einseitig zu konstruieren. Aus diesem Grunde erscheint uns auch ein einseitiger Verzicht als irreal; denn eine einseitige Konzession der atlantischen Verbündeten würde das militärische Gleichgewicht stören und damit die Garantie für den, wie es nun einmal leider ist, bewaffneten Frieden schwächen.
    Aber auch folgendes ist zu bedenken. Ich habe heute nichts davon gehört, aber ich habe es in einer englischen Zeitung gelesen, und möglicherweise ist es auch einem Teil der Damen und Herren zur Kenntnis gekommen. Der britische Verteidigungsminister Sandys hat nämlich in der Debatte im Unterhaus gesagt, britische Wissenschaftler glaubten, daß man mit Sicherheit erfolgreich versuchen könne, eine Versuchsexplosion so durchzuführen, daß sie nicht entdeckt werden könne. — Das ist wohl im Englischen so zu lesen wie auch in einer deutschen Übersetzung; ich glaube mich da nicht zu irren.
    Der einseitige Verzicht steht aber auch in krassem Gegensatz zu der auch von den oppositionellen Parteien immer wieder erhobenen Forderung, unsere Verteidigungsorganisation so aufzubauen, daß sie nicht militärisch veraltet, sondern wirksam ist, d. h. daß ihr die wirksamsten Waffen und die zweckmäßigste Ausrüstung zur Verfügung gestellt werden. Mit vollem Recht haben es die oppositionellen Redner draußen im Lande geradezu als eine Degradierung für die deutschen Soldaten bezeichnet, wenn Sie nicht die gleiche moderne Bewaffnung und Ausrüstung wie die Soldaten der anderen NATO-Mitgliedstaaten hätten. Einer dieser Redner hat sogar davon gesprochen, daß dann die Bundesrepublik nicht gleichberechtigt, sondern geradezu ein Protektorat der Amerikaner wäre. Nun, wir müssen uns doch immer wieder vor Augen halten, daß wir in einem möglichen Konfliktfall zwischen anderen, vor allen Dingen also den Großmächten, nicht nur beeinträchtigt werden und Störungen aller Art zu erleiden haben, sondern die kriegerische Auseinandersetzung wird mit der ganzen Schwere und der ganzen Wucht eines modernen
    Krieges über uns alle, die wir in der Mitte dieses Spannungsfeldes liegen, herfallen. Deshalb gilt nur das, was am erst en Tage eines Konfliktsfalles verfügbar ist. Nur das kann für uns in die Waagschale fallen. Wir können eben nicht, wie die USA und die Sowjets im vergangenen und hoffentlich letzten Kriege, in diesem Kriege die Verwendung der einzelnen Waffen quasi erst anlaufen lassen. Deshalb trifft das Argument, das Herr Dr. Mende angeführt hat, nicht ganz zu, das Argument mit dem Strategischen Bomberkommando in der Arbeitsteilung, die wir in der NATO eingegangen sind. Wenn ich auch die Berichte des amerikanischen Oberbefehlshabers gelesen habe, daß es gelungen ist, bei einem Probealarm dieses Strategische Bomberkommando in einem großen Umfang in 30 Minuten mit voller Bewaffnung und Ausrüstung in der Luft zu haben, so meine ich, daß das gerade nach der Warnung, die Herr Dr. Mende mit Recht hier ausgesprochen hat, bei einer Zeit von nur 5 bis 20 Minuten, die für uns zur Verfügung steht, eben nicht ausreichend ist.
    Wir sehen aber ebenso auch in der Schaffung der sogenannten militärisch verdünnten Zone — allerdings in etwas abgewandelter Form, denn wie Präsident Eisenhower gesagt hat, würde man dieses Problem sehr sorgfältig prüfen, und dafür dürfen wir ihm dankbar sein —, jedenfalls in der Form, wie sie bisher von der Sowjetunion angeboten ist, nicht das geeignete Mittel, diese weltweiten Spannungen oder auch die Störungen des Zusammenlebens zwischen Ost und West in Europa zu mildern, weil eben die Schaffung einer solchen militärisch verdünnten Zone nach unserer Auffassung von einer Bürgschaft oder einer Garantie der Großmächte abhängig ist, wenn man dafür nicht die UNO einschaltet.
    Aber, meine Damen und Herren, wie kann man denn den Leuten Vertrauen schenken, die imstande sind, den Opfergang des ungarischen Volkes als das Ergebnis einer faschistischen Verschwörung darzustellen?

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Ich meine, die gesamte Weltgeschichte lehrt eindeutig und mit besonderer Eindringlichkeit — und gerade unsere Generation hat dies ja auch in den letzten 30 bis 40 Jahren leider erfahren müssen —, daß man an Bündnistreue und Erfüllung militärischer Bündnisse erst glauben kann, wenn man sie sieht.
    Gegen diesen einseitigen Verzicht spricht nach Auffassung der Deutschen Partei und der Freien Volkspartei auch, daß wir bisher der Ansicht waren und es noch sind, daß die UdSSR gewisse als gerechtfertigt anzusehende Sicherheitswünsche haben kann und haben wird; aber, meine Damen und Herren, der deutsche Wunsch in bezug auf Sicherheit in Freiheit für alle beinhaltet eben auch die Verantwortung und die Verpflichtung der Bundesregierung, für diese Sicherheit zu sorgen. Es ist nun einmal nach den Ergebnissen der letzten 12 Jahre nicht von der Hand zu weisen, daß totalitäre Staaten im Konfliktsfalle sehr leicht geneigt sind, Hemmungen im Einsatz der neuzeitlichen Kampfmittel abzustreifen, wenn sie glauben, dadurch einen kriegsentscheidenden Vorteil zu haben.

    (Sehr richtig! bei der DP[FVP].)

    Andererseits kann ich mir jedenfalls auf westlicher
    Seite keine irgendwie geartete Möglichkeit der


    (von Manteuffel [Neuß])

    militärpolitischen Lage denken, die ein derartiges Geschehen auch nur annähernd als sinnvoll erscheinen ließe, weder aus der derzeitigen Konstellation noch aus einer vielleicht später ganz andersgearteten Mächtegruppierung heraus. So sieht der von Sorin in London vorgelegte neue Plan in der Tat kein Verbot der Atomwaffenproduktion vor, wohingegen der von dem amerikanischen Abrüstungsbeauftragten Stassen vorgelegte Plan bekanntlich empfiehlt, diese Produktion am 1. März 1958 zu beenden. Er sieht außerdem ein Lieferverbot an vierte Länder vor. Wir begrüßen diesen Plan, wie wohl auch alle Sprecher vor mir, ausdrücklich. Aber die Behauptung, daß eine Ausdehnung der atomaren Bewaffnung auf andere Länder außer den USA und der UdSSR die Gefahr eines Atomkrieges erhöhe, ist ja heute jedenfalls noch eine Hypothese, die nicht einmal eine Gewähr dafür zu bieten vermag, daß der Verzicht auf eine solche Ausdehnung die Atomkriegsgefahr wirklich verringert oder ausschließt.

    (Sehr richtig! bei der DP [FVP].)

    Nun wird gesagt, daß es für ein kleines Land besser wäre, nicht über Kernwaffen zu verfügen. Meine Damen und Herren, in Europa wird kein Land sich mehr erlauben können, militärisch neutral zu bleiben. Es wird eben, ob es will oder nicht, mit den Folgen eines solchen Atomkrieges leider, leider konfrontiert. Alle Argumente gegen den Besitz, die Stationierung oder die Ausrüstung mit diesen neuartigen Vernichtungsmitteln können nun einmal nicht die Frage beantworten, ob bei einem deutschen Verzicht unsere Heimat im Konfliktsfalle vom Atomeinsatz verschont bleibt.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich frage Sie: Ermuntert die Hilflosigkeit des Nachbarn den Überlegenen wirklich zur Schonung, oder ermuntert sie ihn nicht vielleicht im Gegenteil dazu, über den Schwachen herzufallen? Wirkliche echte Sicherheit wird es erst geben, wenn keine Atombomben mehr da sind

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    und die konventionellen Waffen auf bescheidenen Umfang — so sagte der Herr Vorredner Dr. Gerstenmaier, und das ist auch unsere Auffassung — begrenzt sind.
    Die bequeme Mutmaßung aber, daß ein Abkommen zwischen allen Mächten über die Einstellung der Versuche genügen würde, das Problem zu lösen, ist nicht ganz stichhaltig. Meine Damen und Herren, ich erinnere auch an das, was der britische Verteidigungsminister — oder war es der Außenminister? — in der Unterhausdebatte gesagt hat. Aber Sie können auch lesen — im „Daily Mirror" —, was der Labour-Abgeordnete Richard Cr o s s m an gesagt hat. Er hat erklärt:
    Wir britischen Sozialisten können nicht weiter abseits stehen und zu behaupten versuchen, daß es Sinn habe, die H-Bombe zu besitzen, ohne sie auszuprobieren.
    Dies beantwortet nach meiner und meiner politischen Freunde von der Deutschen Partei/Freien Volkspartei Auffassung die Meinungsverschiedenheit darüber, ob die Bombe auch ausprobiert werden soll, dahin, daß eine Waffe, die niemals ausprobiert worden ist, eben keine sehr wirkungsvolle Abschreckung sein kann.
    Wenn von der Opposition und ihren Anhängern im Lande gesagt wird, daß für den Fall, daß die
    UdSSR eine Ausrüstung mit atomaren Waffen als eine echte Bedrohung empfände, der Verzicht auf eine derartige Ausrüstung auch ein echter Preis wäre, den wir zu zahlen hätten, so ist dem entgegenzuhalten, daß dieser Verzicht nach unserer Auffassung eine Vorleistung darstellen würde, der wir nicht zustimmen können,

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    da die UdSSR bis zum heutigen Tage und bis zu dieser Stunde glaubhaft nichts angeboten hat und — ich pflichte dem Bundeskanzler bei — anscheinend auch nichts zu honorieren beabsichtigt. Oder man müßte sich mit rein wörtlichen Zusicherungen der Sowjetregierung begnügen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach allen Erfahrungen in den vergangenen Jahren und gerade auch Monaten muß man sich fragen, welche Regierung, gleichgültig wie sie heißt, bereit wäre, die Sicherheit der freien Welt derart aufs Spiel zu setzen. Solange der Eiserne Vorhang die notwendige internationale Kontrolle und Inspektion ausschließt, ist ein begrenztes Abkommen technisch leider unmöglich; und diese Tatsache beinhaltet in der Tat ein Risiko, das keine Regierung tragen kann.
    Es liegt außerdem auch nicht das geringste Anzeichen vor, daß Moskau in absehbarer Zeit in eine Änderung dieses Status quo einwilligen würde. Deshalb scheinen uns die immer wieder vorgebrachten Äußerungen und vagen Ideen von einem neutralen Gürtel den einzigen Fehler zu haben — der wiegt allerdings schwer genug —, daß diesen Angeboten alle Voraussetzungen zu ihrer Verwirklichung fehlen. Ich darf mich da auf Äußerungen eines Mannes wie Charles E. Bohlen berufen, der zehn Jahre — davon meines Wissens etwa vier Jahre als Botschafter der USA — in der sowjetischen Hauptstadt verbracht hat. Er zieht aus der Situation den Schluß — vor wenigen Wochen erst ausgesprochen! —, daß die Sowjetregierung, um einem nuklearen Wettrüsten zu entgehen, nur in Fragen von geringerer Bedeutung kompromißbereit sei, während eine Einigung über die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit und Sicherheit und über die Rolle der osteuropäischen Satellitenstaaten nach wie vor als ausgeschlossen angesehen werden müsse.
    Meine Damen und Herren, ich brauche Sie nur daran zu erinnern, daß die Sowjetunion in der Vergangenheit nicht einmal einen ernstlichen Versuch unternommen hat, die Frage der Wiedervereinigung aller Deutschen in Freiheit und Sicherheit fur alle auf einer Grundlage zu lösen, die für ein freiheitliebendes Volk annehmbar ist.
    Daraus folgt für meine Freunde und mich: die Verteidigungspolitik der Bundesregierung von heute kann nur auf das Bestehende gegründet werden. Denn in der Politik — das wissen Sie, meine Damen und Herren — gelten bekanntlich nur reale Tatsachen und nicht Träume und Wunschgebilde und etwa daraus abgeleitete Hoffnungen. Die Tatsache und Wirklichkeit ist die: die Abschreckung vor einem Angriff und die Verhinderung eines Krieges sind der einzige Zweck, der im Besitz dieser Bomben liegt.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Sicherlich sind Bomben und Abschußbasen — sie sollten es nicht sein, dürfen es nicht sein — kein Selbstzweck. Aber einseitige Verzichte sind es auch nicht.

    (Sehr richtig! rechts.)



    (von Manteuffel [Neuß])

    Wir müssen auch in Rechnung stellen, daß unsere Bundesrepublik doch nur im Schatten der Großmächte steht. Kein Verantwortlicher in der Bundesrepublik behauptet, daß heute Atomwaffen etwa ein Merkmal der Souveränität sind, sondern leider, leider, wie die grausame Wirklichkeit heute aussieht, der Ausdruck jener Balance zwischen Schrecken und Abschrecken, auf der zur Zeit nun einmal der Weltfrieden ruht.
    Deswegen hat auch die Bundesregierung nicht zu entscheiden, wann die Stunde X eintritt, sondern jene anderen Mächte — und da wende ich mich in gleicher Weise an die UdSSR —, die die Atomwaffen zum Kern ihrer Rüstung machten und noch machen und — so wie die UdSSR — damit sogar drohen. Alles, was erforderlich ist, ist eine Zustimmung der Führer im Kreml zu einem erforderlichen Mindestmaß der notwendigen wirksamen internationalen Kontrolle. Deshalb liegt die wirkliche Verantwortung für Krieg und Frieden — das haben alle Sprecher hier heute zum Ausdruck gebracht — im Atomzeitalter eben bei der Sowjetregierung.
    Ich frage mich: Wird der Kreml daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen? Aber es scheint nach ihren letzten Noten an andere Staaten und auch nach dem Brief an uns der Sowjetregierung nicht mehr bewußt zu sein, daß die Menschen der freien Welt die blutige Liquidierung eines Volkswillens so wie in Ungarn gänzlich anders beurteilen müssen und daß sie daraus gewisse Schlüsse zu ziehen verpflichtet sind.
    Es ist schon von Herrn Dr. Gerstenmaier angeführt worden: ein Element, und zwar in erster Linie, ist dabei die freie Selbstbestimmung der Völker. Bitte, schauen Sie nur nach Ungarn! In dieser Beziehung müssen meine Freunde und ich eindeutig, mit aller Klarheit feststellen, daß eine halbe Wahrheit eben keine Wahrheit, sondern eine volle Lüge ist.

    (Sehr gut! rechts.)

    Gerade ein Abkommen wie dieses über die nukleare Abrüstung erfordert aber Zuverlässigkeit, Wahrhaftigkeit, Ernsthaftigkeit und Vertrauen unter den Partnern, die ein derartiges Übereinkommen treffen.
    Danach sieht also das Problem so aus: Keine von den Atommächten will doch jemals dem Gegner, der Atomwaffen anwenden könnte, unbewaffnet gegenüberstehen. Solange man die Drohung sieht, wird es die Angst vor der Atombombe geben, und sie wird leider, leider vielleicht zunächst nicht aufhören. Dagegen helfen nur - da stimmen wir mit allen denen überein, die das hier im Auftrage ihrer Fraktion ausgesprochen haben — die echte Abrüstung auf dem Gebiet der Atomwaffen und der konventionellen Waffen und ihre echte wirkungsvolle internationale Kontrolle. Somit läuft die Lösung des angeschnittenen Problems auf die Frage hinaus: Wie kann man das Zusammenleben der Völker endlich vertrauensvoll und friedlich gestalten, damit sie alle in Freiheit und in Sicherheit leben können?
    Ich halte nach wie vor — und ich durfte das hier sehr früh ausführen — ein ausschließliches Verlassen auf die Atomwaffen für politisch gefährlich. Aber unter den bisher von den Sowjets angebotenen Bedingungen ist leider eine Übereinkunft zur Beschränkung oder Abschaffung der Atomwaffen nicht möglich — ich sage: unter den von den Sowjets angebotenen Bedingungen —, weil eben der Westen so lange nicht wirksam verteidigt werden kann, wie die Sowjetunion über diese Massenvernichtungswaffen verfügt. Das heißt: entweder kommen die beiden Großmächte, Atommächte, später die drei, zu einem freiwilligen Übereinkommen, oder sie müssen sich alle mit allen erdenklichen Kampfmitteln bewaffnen. Und das ist ja das Problem, vor dem wir heute stehen.
    Ich meine, es sind nicht nur zwei Wege, die auch den militärischen Befehlshabern in der NATO offenstehen, jedenfalls bei ihrer heutigen Einstellung zur Verteidigungsfrage, d. h. entweder sie verwenden die Atomwaffen zur Abwehr und lösen damit den Atomkrieg aus, der erst Europa in eine Atomwüste verwandelt und dann zur allgemeinen Katastrophe überleitet, oder — das ist der zweite Weg; ich glaube, daß es noch einen dritten gibt — sie schrecken davor zurück und überliefern uns Deutsche damit als erste der überwältigenden Dampfwalze der konventionellen Waffen Moskaus. Meine Damen und Herren, beides sind Aussichten, die ungefähr gleich entsetzlich sind. Wir glauben allerdings, daß es noch einen dritten Weg gibt, und das ist die Folgerung, die wir aus der Bewertung der militärischen Kampfmittel aller Art ziehen, etwa so, wie es auch von Herrn Dr. Gerstenmaier angedeutet worden ist: die technische Entwicklung dieser Waffen — alle insgesamt, Massenvernichtungswaffen und solche, die etwa nach erfunden werden sollten — muß den Weg frei machen für die Politik. Die Politik muß alle Möglichkeiten ihrer arteigenen Konzeption ausarbeiten, zur Geltung bringen und konzentrieren; zwar nicht unabhängig von den militärischen Gegebenenheiten — das geht nicht —, aber ich meine, es sollte kein Denken mehr in militärischen Stützpunkten und in Divisionen allein sein, kein Denken, das auf militärische Kräftegruppierungen abzielt.
    Es kommt natürlich noch etwas anderes hinzu. Die Gefahr und die Warnung vor der Gefahr einer Selbstvernichtung durch den Einsatz der Massenvernichtungswaffen haben jetzt eigentlich jedem in Deutschland erneut klargemacht und vor Augen geführt, daß die politischen Entscheidungen den Vorrang haben müssen vor den strategischen Überlegungen. Die politische Sicherheit und Sicherung, die Absicherung der Bundesrepublik, werden das militärische Element vielleicht zurücktreten lassen können. Aber sicher sollte die Politik nicht allein mehr im Schatten der Atomstrategie behandelt werden, und darin darf die Politik auch nicht leben. Die Konsequenz ist naturgemäß, daß neue politische Pläne für die Sicherheit, für den Frieden und für die deutsche Wiedervereinigung entwickelt werden, die allerdings auch den Notwendigkeiten der deutschen Politik Rechnung tragen, um dann mit dem Gegner politisch handeln und verhandeln zu können und nicht mehr unter dem, ich will einmal sagen, Konzept machtpolitischer Gruppierungen. Wir glauben, daß die jeweils neue Lage, wenn die Sowjetregierung etwas anzubieten hat, mit Sorgfalt überprüft werden muß. Diese Forderung schließt ein Risiko ein, d. h., daß auch wir jenen Preis zahlen, der erst die auf Abschreckung beruhende atomare Defensivkanzeption des westlichen Verteidigungsbündnisses in Europa — ich sage immer wieder: so wie die grausame Wirklichkeit heute noch leider aussieht — ermöglicht. Nun sollte man nicht bei der Beurteilung dessen, was


    (von Manteuffel [Neuß])

    für unsere militärische Sicherheit notwendig ist, allein davon ausgehen, daß die atomare Bewaffnung und Revolution der Strategie und der Taktik so weit fortgeschritten ist, daß in Europa andere Konfliktformen als der Atomkrieg nicht mehr denkbar sind. Deshalb muß man konventionelle Streitkräfte im Westen schaffen, die stark genug sind, um auch ohne Atomwaffen die sowjetische Dampfwalze aufzuhalten — wenn ich bei dem Beispiel verbleiben darf — und womöglich die Sowjets zu veranlassen, gar nicht erst mit dem Gedanken einer solchen Dampfwalze zu spielen.
    Ich sage dies hier nicht, weil ich die militärische Konzeption begründen und untermauern will, sondern weil die Bundesregierung nach der Auffassung meiner Freunde von der Deutschen Partei und Freien Volkspartei ebenso die Verpflichtung und Verantwortung hat, für unsere militärische Sicherheit zu sorgen — eine Auffassung, die mir bei den Ausführungen einiger Redner der Opposition wesentlich zu kurz gekommen zu sein scheint —, und zwar eine Sicherheit in Freiheit für alle Deutschen. Das ist heute noch die rauhe Wirklichkeit.
    Selbstredend müssen die Bemühungen um die Herbeiführung einer allgemeinen Abrüstung weitergehen. Sie müssen sogar mit Energie betrieben werden. Wir begrüßen daher den Sta senschen Vorschlag in London, der nach unserer Auffassung sehr bedeutende Ansätze zu einer wirklich praktischen Lösung des Abrüstungsproblems beinhaltet. Damit haben die Politiker der großen Mächte eine Frist, um Lösungen zu schaffen, die den Druck der Angst von der gesamten Menschheit nehmen könnten. Deshalb ist auch Eile geboten, wie es heute
    morgen hier von meinem Kollegen Erler gesagt worden ist. Aber nicht in Bonn werden diese Entscheidungen getroffen und auch nicht in der NATO. Die Folgerungen aus der Furchtbarkeit der atomaren Waffen müssen in London bei der Abrüstungskonferenz oder im Sicherheitsrat der UNO gezogen werden. Wir stimmen dem Außenminister zu, der von der Notwendigkeit einer allgemeinen Abrüstung, zu der jeder Staat — nicht nur einzelne — beitragen muß, gesprochen hat, einer Notwendigkeit, der Rechnung getragen werden muß, wenn der Schrecken des Atomkrieges gebannt werden soll. Hier liegt, auf die Dauer gesehen, der Kern des Problems. Aber es ist durch die Ereignisse der letzten Jahre, vor allem des Jahres 1956, deutlich geworden, wie sehr sämtliche großen Fragen der Außenpolitik heute zu einem einzigen Knäuel zusammengeballt sind. Deshalb ist es eben nur in einem weltweiten Abkommen über eine kontrollierte Abrüstung möglich, die Atomprobleme zu lösen. Die Lösung dieser Frage ist schwierig, aber sie muß in Angriff genommen werden. Darin stimmen wir Dr. Gerstenmaier und den anderen Vorrednern zu.
    In diesem Sinne, meine ich, hat die Sowjetunion zweifellos eine besondere Verantwortung. Sie hat es in der Hand, durch Zustimmung zu wirksamen Kontrollen einen Stopp der atomaren Rüstung zu erreichen, das bisher wirksame Monopol der atomaren Bewaffnung der Großmächte zu erhalten und damit einen wirksamen und bedeutenden ersten Schritt zur Entspannung zu ermöglichen, der dann weitere Schritte auf dem Wege der allgemeinen Abrüstung unter Einschluß der konventionellen Waffen erleichtern würde. Die Sowjetregierung braucht nur eine allgemeine Abrüstungsvereinbarung mit wirksamen internationalen Kontroll-und Inspektionsmaßnahmen im Rahmen der von den Westmächten mehrmals unterbreiteten Vorschläge — wir hörten heute von 20 — anzunehmen.
    Wir von der Deutschen Partei (Freien Volkspartei) vertrauen der Bundesregierung, daß sie, wie sie früher und auch beute wieder erklärt hat, bereit ist, jeweils jede neue politische Lage zu überprüfen, wenn sich in der Beurteilung derselben durch neue, ernsthafte, ehrliche und glaubhafte sowjetische Angebote hierzu eine Handhabe bietet. Es liegt also auch hier die Verantwortung in erster und entscheidender Linie wiederum bei der Sowjetunion.
    Wir wünschen aber auch zu betonen — auch mein Koalitionsfreund Herr Dr. Gerstenmaier hat das getan —, das Nordatlantische Bündnis ist für uns, solange die Lage noch so ist, wie ich sie hier kurz und in Bruchteilen darzustellen versucht habe, so unentbehrlich wie je.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Bundesrepublik — das müssen wir uns ins Gedächtnis zurückrufen —, wenn auch nur ein kleiner, ein bisher verschwindend kleiner Teil der NATO — das darf nicht ausgeschaltet und nicht vergessen werden —, ist doch der ganz en Kraft der NATO-Macht teilhaftig. In diesem Sinne haben auch wir den Auftrag, an einer Politik des starken Friedens mitzuwirken; denn darin liegt ja der politische Wert der NATO und unseres unentbehrlichen Beitrages zur NATO: sie zur vollen Funktion und damit auch zur Glaubwürdigkeit zu bringen. Militärische Macht im begrenzten Sinne des Wortes hat das Ziel, die politische Entscheidungsfreiheit zu behalten. Wir wollen nicht Subjekt und Träger der Politik sein, aber schon gar nicht Kompensationsgegenstand. Deshalb treten wir für eine Fortsetzung der westlichen, Bündnis- und Integrationspolitik ein. Sie ermöglicht in der Tat die besten Aussichten auf eine Wiedervereinigung aller Deutschen in Freiheit und Sicherheit dadurch, daß sie den Weg zu einer Generalbereinigung der weltpolitischen Fragen frei macht, sobald die Sowjets es aufgeben, auf einen Zerfall des Westens oder vielleicht sogar auf leichte Beute zu hoffen. Das heißt, wir müssen durch Festigung der freien Welt den Sowjetführern schließlich einen Weltfriedensschluß nahelegen.
    Wir pflichten denjenigen bei, die da sagen, daß eine Ablehnung von Bündnisverpflichtungen für die Bundesrepublik Isolierung bedeutet, oder die sagen, wir verlören durch eine solche Isolierung das Vertrauen des Westens, ohne den Osten zu gewinnen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aus einer solchen Isolierung folgen ja weitere erhebliche außenpolitische Komplikationen im Hinblick auf die Wiedervereinigung, die in diesem Zusammenhang von den Kritikern heute mit Recht als Hauptforderung herausgestellt wurde. Diese Wiedervereinigung wird bei der Isolierung überhaupt Fragegestellt, weil sich dann eben beide Weltblöcke von den deutschen Fragen abwenden werden. Damit würden wir 'erst recht Handelsobjekt bei künftigen Ost-West-Verhandlungen.
    Die Verwirklichung der Umrüstung wird sich allgemein zwangsläufig auf einen sehr langen Zeit-


    (von Manteuffel [Neuß))

    raum erstrecken, was die Amerikaner betrifft. Man muß jetzt ja auch die politische Entscheidung abwarten und welches Urteil die militärischen Fachleute abgeben werden. Wir wissen, daß diese Fachleute vom Ministerrat aufgefordert sind, im Herbst ihr Urteil abzugeben. Wir müssen daher, abgesehen davon, daß die Politik ihre Möglichkeiten und Mittel und Wege konzentrieren muß, diese Frist noch ausnutzen. Auch in der deutschen Außenpolitik müssen wir diese Atempause nutzen, um die Bundeswehr aufzubauen, so daß sie zusammen mit ihren atlantischen Verbündeten in der Lage ist, die Dampfwalze — darf ich wieder sagen — der Sowjets am Rollen zu hindern, ohne daß der Westen zu selbstmörderischen Waffen seine Zuflucht nehmen muß. Es muß allerdings nach wie vor vor den Illusionen gewarnt werden, die dahin zielen, daß es genüge, wenn die Bundeswehr das Gleichgewicht zur kasernierten Volkspolizei halte. Wir haben darüber schon früher eingehend gesprochen. Einzelheiten heute zu wiederholen, ist daher unnötig.
    Solange die Sowjets nicht bereit sind, ihr Verhältnis zu den Satelliten anläßlich dieser Verhandlungen, bis wir zu Vereinbarungen kommen, zur Diskussion und auf eine neue Grundlage zu stellen, sind alle irgendwie gearteten Angebote völlig irreal; denn die Bundesrepublik liegt nicht fernab vom Weltgeschehen irgendwo auf dem Globus, sondern leider in der Mitte Europas, und mit dieser Gegebenheit müssen wir fertig werden. Konkret gesprochen, läuft dies darauf hinaus, daß die Truppen der NATO einschließlich der Verbände der Bundesrepublik, wenn sie eingefügt werden,gemeinsam das Gegengewicht gegen die Divisionen des Warschauer Paktes jenseits der Zonengrenze bilden müssen. Die Zahl spielt unter Berücksichtigung des beiderseitigen Kampfwertes dabei keine Rolle; sie kann wirklich geringer sein, denn nicht die Anzahl, sondern der Kampfwert ist entscheidend, und da muß ein Gleichgewicht bestehen.
    Ich sage dies, weil wir — zum mindesten von der Koalition — einmal sehr froh darüber waren, daß unser Land aufhörte, Experimentierfeld zwischen Ost und West zu sein. Wir sollten heute mit besonderem Bedacht darauf achten, daß wir nicht unversehens oder womöglich durch eigene Schuld — das wäre eine solche Isolierung nämlich — wieder in diese oder ähnliche Situationen hineinschliddern.
    Daher müssen wir uns — ich betone das immer wieder — an die grausame Wirklichkeit halten. Es muß das Ziel bleiben, die Kernwaffen völlig zu verbannen. Solange aber hierfür die Voraussetzungen nicht gegeben sind, wäre es nach der Auffassung meiner politischen Freunde unverständlich und geradezu leichtfertig, die Streitkräfte, die man zur eigenen Sicherheit in Freiheit braucht — und das sind die Kräfte der NATO — nicht mit den wirksamsten Mitteln auszustatten. Solange der mutmaßliche Gegner über solche Kernwaffen verfügt, kann hiervon ,auch bei den Mächten, die sie heute besitzen, nicht abgewichen werden. Und darüber kann keinerlei Zweifel sein: Die Sicherheit der Bundesrepublik — Herr Dr. Gerstenmaier hat das ja ausgeführt — beruht im wesentlichen auf der Garantieerklärung der USA. Wir halten es für unmoralisch, ihr die neuzeitlichen Waffen, d. h. auch die wirksamsten Waffen, geradezu zu verweigern, wenn wir wollen, daß sie mit ihren Menschen unseren Lebensraum schützt. Das vorbildliche Eintreten der amerikanischen Staatsführung und der heldenmütige Einsatz der amerikanischen Flieger in und für Berlin scheinen bei einigen deutschen Kritikern leider, leider schon stark verblaßt zu sein.

    (Beifall bei dein Regierungsparteien.)

    Ich komme zum Schluß. All denjenigen, die diese Frage sehr zum Leidwesen aller Parteien im Bundestag — ich darf das wohl sagen; ich bin von Ihnen nicht beauftragt, aber ich habe das Gefühl —ausschließlich. manche sogar vordringlich, vom innenpolitischen Standpunkt aus beurteilen, meist sogar losgelöst von allen Realitäten, wie ich sie zu schildern versucht habe, sei mit Eindringlichkeit zumindest von meinen politischen Freunden und mir gesagt,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Von uns ,auch!)

    daß das Junktim zwischen staatlicher Freiheit und Verteidigungsbereitschaft völlig unlösbar ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dazu gehört eine nüchterne Beurteilung der Wirklichkeit, wie sie heute ist, und die Verpflichtung für jeden von uns, im besonderen allerdings für die Regierung, eine neue Lage jeweils mit Sorgfalt und Bedachtsamkeit zu prüfen und darauf zu antworten. Wir sollten uns vor einer Lage hüten, in der wir alle zusammen im atlantischen Bündnis nichts mehr einzusetzen haben als die allerletzte Waffe.
    Ein Abkommen über die Anwendung dieser Vernichtungswaffe muß daher parallel gehen mit der Einschränkung und letztlich der Einstellung der Produktion und, damit zusammenhängend, weiterer Versuche mit diesen schrecklichen Waffen innerhalb einer allgemeinen Abrüstungsvereinbarung. Nur so kann dieser Wettlauf des Wahnsinns aufgehalten werden. Ich darf mich der Worte bedienen, die der britische Außenminister Selwyn Lloyd im Unterhaus gesprochen hat. Er sagte — und ich pflichte ihm mit meinen Freunden voll bei —:
    Der menschliche Erfindungsgeist hat entdeckt, wie man die Menschheit auslöschen kann. Die Zivilisation hat gelernt, wie sie sich selbst zerstören kann. Wann und wie wird sie das nächste Stadium echten Fortschritts erreichen: eine vernünftige Abrüstung, durch die sie sich rettet?
    Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Hoffentlich haben die Kreml-Führer und die anwesenden sowjetischen Politiker in London dies gelesen und sind bereit, auch ihrerseits die notwendigen Konsequenzen hieraus zu ziehen, um dem durch sie veranlaßten Wettlauf dieses Wahnsinns, wie ich es immer bezeichne, in der Form des Atomwettrüstens Einhalt zu gebieten.
    Unsere Forderung ist daher, daß alle politischen Mittel und Möglichkeiten konzentriert werden, um den deutschen Willen zu einem allgemeinen Abrüstungsabkommen bei den nuklearen wie auch bei den konventionellen Waffen und Streitkräften durchzusetzen. Parallel damit sollte eine Begrenzung der Versuche mit Kernwaffen 'aller Art laufen ebenso wie eine vorherige Anmeldung, Beobachtung und Registrierung, wie es nach Mitteilung des Bundesverteidigungsministers am Montag in London erwogen worden ist. Aber ich weiß, entsprechend der heutigen deutschen Wirklichkeit gibt es für uns keinen einseitigen Verzicht und


    (von Manteuffel [Neuß])

    keine Vorleistung. In beidem sollten wir eigene deutsche Vorschläge erarbeiten und mit ihnen hervortreten, um den deutschen Standpunkt klar und deutlich zu machen. Wir halten allerdings auch die Pflicht zu einer besonders engen und ständigen Konsultation zwischen den Verbündeten der atlantischen Gemeinschaft für notwendig, um ein einseitiges Vorgehen eines Partners auszuschließen, wenn und sobald Rückwirkungen auf die Gemeinschaft eintreten können.
    Auch die Wissenschaftler, die uns ihre Warnung ausgesprochen haben — die wir sehr ernst nehmen —, sollten wir bitten, uns Vorschläge zu machen, wie man insbesondere ein Kontrollverfahren entwickeln kann, das als Grundlage eines entsprechenden internationalen Abkommens über die Begrenzung und schließlich Einstellung der Produktion und über die Überwachung weiterer Versuche geeignet erscheint.
    Meine Damen und Herren, ich bin am Ende. Der Friede, nicht so sehr als Zustand, sondern vielmehr als Aufgabe steht für uns ,alle auf dem Spiel. Meine Freunde und ich werden daher alle Menschen, die diesem Ziel mit Wahrhaftigkeit und Ernsthaftigkeit im Denken und im Handeln dienen, unterstützen, ohne unkontrollierbare Bindungen einzugehen, ohne Rücksicht auf parteipolitische Bindungen, sondern als Verpflichtung allen Menschen gegenüber.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reichstein.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Willy Reichstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Frage der Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen, die heute noch nicht zur Entscheidung steht, wird das Gesamtproblem „Atom in unserer Zeit" angesprochen. Ich möchte für die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks unsere Auffassung zu diesen Dingen darlegen.
    Die Menschheit weiß, daß sie diese neue Energiequelle nie mehr loswerden wird, und sie weiß auch, daß es an ihr liegt, ob die neue Energiequelle Fluch oder Segen bedeuten wird. Eine der Aufgaben, die den Menschen in unserer Zeit gestellt ist, ist also, die richtige Einstellung zu dieser Tatsache zu finden. Diese richtige Einstellung wird zweifellos nicht die sein, daß man auf der pax atomica, in der wir heute leben, für dauernd den Frieden und das Wohl der Menschheit ruhen lassen kann. Es ist die Hoffnung der Menschheit, mit Hilfe der Atomenergie besser leben zu können. Zugleich besteht aber auch die Furcht, durch Atome sterben zu können. In Erkenntnis der Möglichkeit der eigenen Entscheidung lebt die ganze Menschheit heute in Angst vor dem Atom.
    Die Angst war der Begleiter des Menschen seit seiner Entstehung; die Angst vor Dämonen, vor Göttern, vor Teufeln, vor Krieg, Sklaverei, Hungersnot, Krankheiten hat das menschliche Geschlecht nie verlassen. Daran ändert auch — das ist eine Tragik — die fortschreitende Zivilisation nichts. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, durch welche viele Quellen früherer Angst verstopft werden, verhindern nicht, daß neue sich öffnen. So ist eines der typischen Zeichen unserer Zeit die Angst vor zuwenig Sicherheit und die Angst vor einer Politik, die oft kriminelle Züge aufweist, die vom Streben nach Macht so gelenkt wird, daß der einzelne Mensch und ganze Völker in Furcht vor ihr leben wie einst ihre Vorfahren vor Dämonen.
    Jaspers hat sicher recht, wenn er sagt: „Eine vielleicht noch nie dagewesene Lebensangst ist der unheimliche Begleiter des modernen Menschen", der Begleiter des Menschen, der, wie Ortega y Gasset sagt, „in einer Zeit lebt, in welcher in der starken Beanspruchung durch die Unruhen und die Verwirrung der Umwelt und durch die gleichzeitige Vereinsamung selbst der Gebildete zum Barbaren wird". Wir leben in dieser Zeit. An deren Entstehung haben wir selber mitgewirkt. Es ist nun unsere Pflicht und Aufgabe, uns in dieser Zeit zu bewähren.
    Thomas Mann hat in seiner letzten Schiller-Gedenkrede unser Zeitalter mit folgenden Worten, wie ich glaube, umfassend und richtig geschildert:
    Das letzte Halbjahrhundert — sagt er —
    sah eine Regression des Menschlichen, einen Kulturschwund der unheimlichsten Art, einen Verlust an Bildung, Anstand, Rechtsgefühl, Treu und Glauben, jeder einfachen Zuverlässigkeit, die beängstigen. Zwei Weltkriege haben, Raffgier und Roheit züchtend, das intellektuelle und moralische Niveau tief gesenkt und eine Zerrüttung gefördert, die schlechte Gewähr bietet gegen den Sturz in einen dritten, der alles beenden würde. Wut und Angst, abergläubischer Haß, panischer Schrecken und wilde Verfolgungssucht beherrschen eine Menschheit, welcher der kosmische Raum gerade recht ist, strategische Basen darin anzulegen, und die die Sonnenkraft äfft, um Vernichtungswaffen frevlerisch daraus herzustellen.
    In dieser Welt leben die Menschen geängstigt. Aus dem Gefühl der Angst heraus erklären sich viele Handlungen der Menschen, die zwar verständlich, aber nicht vernünftig sind. Um den in solchen Handlungen liegenden Gefahren zu entgehen, muß man die Ursachen und das Besondere der Angst unserer Zeit kennen und nach allen Richtungen durchdenken, um zu verhüten, daß schwerwiegende Entscheidungen aus Gefühlen und Stimmungen heraus fallen.
    Die Menschen in allen Ländern der Welt müssen die volle Wahrheit über die Gefahren, die ihnen allen aus der Anwendung der Kernenergie erwachsen können, erfahren. Gelingt es nämlich nicht, das Zusammenleben der Völker nach allgemein anerkannten Grundsätzen ethischer Verantwortung zu regeln, dann liegt in der vollen Kenntnis der alle gleichermaßen bedrohenden Gefahren der Atomenergie vielleicht die letzte Chance für die Menschheit überhaupt. Die Menschen werden dann wohl alles daransetzen, sich selbst und ihre Regierungen vor dem Mißbrauch dieser ungeheuren Energien zu bewahren.
    Statt der reinen Wahrheit lesen und hören aber die Menschen in der ganzen Welt nur immer wieder sich erheblich widersprechende Mitteilungen über diese Dinge. Politiker in allen Ländern der Welt haben die Neigung, nur so viel an dosierten Mitteilungen darüber herauszugeben, wie ihren politischen Zielen förderlich scheint.
    Ein besonderes Stückchen der Verwirrung der öffentlichen Meinung ist gestern im englischen Oberhaus geschehen, in welchem Lord Cherewell


    (Dr. Reichstein)

    gesagt hat, er könne das ganze Gerede über die Angst vor den Folgen der Atomexplosionen nicht verstehen. Es stürben doch Menschen bei Verkehrsunfällen, ja sogar Menschen, die in die Badewanne steigen, und niemandem komme es in den Sinn, deshalb das Baden zu verbieten.

    (Hört! Hört! beim GB/BHE.)

    Meine Damen und Herren, das ist so albern, daß man darüber gar nicht weiter nachzudenken brauchte, wenn es nicht in einem Parlament gesagt worden wäre und wenn nicht, ich möchte schon sagen: pikanterweise gerade dieser Mann früher der wissenschaftliche Berater von Herrn Churchill gewesen wäre.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr interessant!)

    Man mag sich jetzt selbst überlegen, welchem seiner Ratschläge Herr Churchill ab und an gefolgt sein mag.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr gut!)

    Bedrückender aber als dieses Verhalten mancher Politiker ist, daß sich auch Wissenschaftler von Rang und Namen über die gleiche Sache häufig gegensätzlich äußern. Das mag bis zu einem gewissen Grade verständlich sein, wenn sich z. B. ein Physiker oder ein Chemiker oder ein Arzt etwa über das Problem der Gefährdung des Menschen äußert. Andererseits weichen einige Feststellungen so weit voneinander ab, daß der bittere Verdacht auftaucht, manche Wissenschaftler in der Welt sähen ihre Pflicht nicht in der Verkündung der wissenschaftlichen Wahrheit, sondern in der Unterstützung politischer Vorstellungen.
    Wir haben die Anrufung auch unserer Gewissen durch die deutschen Professoren dankbar begrüßt, wenngleich wir auch erkennen, wie schwer es ist, wissenschaftliche Erkenntnisse in den rauheren Räumen der Politik zur Geltung zu bringen. Die Menschheit lebt jedenfalls trotz solcher Äußerungen weiter zwischen Zweifel und Glauben. Es stellt sich die angsterfüllte Frage: Was ist die Wahrheit?
    Ein Wissenschaftler, den solche Zweifel nicht erreichen, ist Albert Schweitzer. Kein Wissenschaftler in der Welt kann behaupten, daß er — Schweitzer — in seinem Anruf der Gewissen der Menschen in der Welt etwas Falsches gesagt habe, und niemand in der Welt kann behaupten, daß er aus seiner dem politischen Tageskampf so weit entrückten Arbeitsstätte aus anderen Motiven als denen rein menschlicher Sorge zu uns allen gesprochen habe.
    Was aber ist die Wahrheit? Die Wahrheit ist, daß die Amerikaner — wie sie damals sogar glaubten, im Einvernehmen mit dem Willen Gottes — über Hiroshima eine normale Atombombe abgeworfen haben, idle bis zum heutigen Tag insgesamt 269 061 Menschen das Leben gekostet hat. Noch heute, 12 Jahre nach dem Ereignis, siechen Menschen in hoffnungslosem Zustand in den Krankenhäusern von Hiroshima und an anderen japanischen Orten dahin. Wahrheit ist, daß nach den allgemeinen Überlegungen auf Grund der Kenntnis der Wirkung von Wasserstoffbomben gesagt werden kann, daß beim Abwurf einer solchen Bombe ,auf eine europäische Großstadt von etwa 1 Million Einwohnern rund 430 000 sofort getötet werden, rund 260 000 durch Verletzungen und Strahlenschäden einem ungewissen Schicksal entgegengehen, sofern eine solche Bombe eine solche Stadt unvorbereitet trifft. Bei vorheriger Möglichkeit der Evakuierung und des Aufsuchens von Schutzräumen werden von den vermutlich 700 000 Zurückgebliebenen etwa 20 000 sofort getötet und 70 000 verletzt werden. Dabei gehen diese Überlegungen — wie alle derartigen Überlegungen — davon aus, daß nur ein Ereignis die gleiche Stelle trifft. Die Überlebenden — die Toten können es nicht mehr — werden sich dann ihre Gedanken machen über das Problem des Schutzes und über die Illusion eines Schutzes gegen solche Waffen. Wir haben heute früh gehört, daß demnächst das Internationale Rote Kreuz zu diesen neuen Möglichkeiten Stellung nehmen will und vielleicht zu einer Neufassung der Genfer Konventionen kommen wird. Aber wir müssen uns darüber klar sein, daß allen humanitären Gesichtspunkten, wie man sie in den Genfer Konventionen zusammenfassen könnte, Grenzen gesetzt sind; denn der Wind, der die radioaktiven Wolken über die Länder fegt, kann nicht lesen.
    Ich will hier nicht auf das kaum lösbare Problem der Bereitstellung einer genügenden Zahl von Ärzten, Schwestern und Material für solche Fälle eingehen. Ich werde zu diesem Problem zu späterer Zeit, wenn wir zu dem Luftschutzgesetz Stellung nehmen, etwas sagen.
    Wahrheit ist weiterhin, daß bisher folgende Atom- und Wasserstoffbombenversuche durchgeführt wurden: von den Vereinigten Staaten insgesamt 75, von der UdSSR 21, davon die letzten am 2., 6., 10. und 14. April, von Großbritannien 9. Wahrheit ist, daß durch diese Explosionen sehr große Mengen radioaktiver Substanzen entstanden sind. Bei solchen Explosionen werden riesige Mengen kleinster Teilchen in die Luft geschleudert, die dort, wo sie niederfallen, radioaktive Strahlen entsenden können. Sie können bald auf die Erde herniederfallen, sie können jahrelang in der Luft bleiben; wir haben es nicht in der Hand. Wahrheit ist, daß die bisher durchgeführten !Bombenabwürfe in den verschiedensten Gegenden der Welt noch jahrelang, jahrzehntelang radioaktive Niederschläge bedingen werden. Fallen diese Teilchen auf die Erde nieder, so kann ein großer Teil von ihnen uns noch direkt schädigen, indem wir sie einatmen, und auch dadurch, daß ,wir sie mit Nahrung und Wasser zu uns nehmen. Diese Teilchen — und das ist das Gefährliche — senden in unserem Körper dann weiter ihre Strahlen aus. Sie haben heute morgen gehört — ich will es in dem Zusammenhang nur noch einmal erwähnen —, daß sie sich millionenfach in einzelnen Lebens- und Nahrungsmitteln massieren können. Auf diese Gefahr hat Herr Dr. Schweitzer sehr eindringlich hingewiesen.
    Gefährdet sind alle unsere Organe, die Lungen, die Augen, ,die Schilddrüse, das Nervensystem. Einem besonderen Maß der Gefährdung unterliegt das Knochensystem, in dem sich das Strontium abzulagern pflegt. Auch hier wieder eine Äußerung eines Wissenschaftlers, allerdings eines Physikers, aus letzter Zeit, der nicht deutlich genug widersprochen werden kann. Pascual Jordan hat gesagt, das sei deshalb nicht so gefährlich, weil, bis solche Dinge sich wirklich schädlich auswirkten, die medizinische Wissenschaft dagegen sicher schon Hilfsmittel gefunden haben werde. Ich glaube, die Väter haben kein Recht, auf die Klugheit ihrer Kinder hin heute zu sündigen.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Dabei muß man wissen — hier will ich Ihnen ein sehr aktuelles Wort sagen —, daß insbesondere die


    (Dr. Reichstein)

    Kinder auch durch das, was bisher an radioaktiver Verseuchung der Luft durch die Bombenabwürfe eingetreten ist, in ihrem Knochensystem geschädigt sind, weil der kindliche Knochenstoffwechsel sehr schnell verläuft. In der amerikanischen Zeitschrift „Science" standen in der letzten Zeit sehr interessante Ergebnisse von Untersuchungen von Menschenknochen aus verschiedenen Altersstufen, übrigens aus dem Raum Bonn! Diese Untersuchungen haben ergeben, daß bei den Kindern der Gehalt an Strontium in den Knochen schon im Bereich der sogenannten maximalen Konzentration lag, d. h. auf deutsch, daß in den kindlichen Knochen aus dem Raum Bonn schon zuviel an Strontium war, als daß es ungefährlich wäre. Denn das, was man bisher als maximale Konzentration, als Toleranzhöhe bezeichnete, ist nach heutiger Auffassung wahrscheinlich schon viel zu hoch gegriffen. Am 8. Mai dieses Jahres hat ein leitender Beamter des staatlichen Gesundheitsdienstes in Amerika auf einem Kongreß der Lebensmittelspezialisten erklärt, daß seit den Atombombenversuchen in der Milch Spuren von radioaktivem Strontium gefunden werden.
    Außer dieser Art von Erkrankungen durch radioaktive Strahlen bestehen als besonders große Gefahren die Schädigungen der Erbanlagen, die sich auch erst in vielen Jahren auswirken können. Bis dahin können die Träger solcher geschädigter Erbanlagen äußerlich völlig gesund sein. Durch diese Schädigungen können aber alle uns bekannten körperlichen und geistigen Mißbildungen bei der Nachkommenschaft eintreten. Die Wahrheit ist, daß es für diese Keimzellen überhaupt keine unschädlichen Strahlenmengen gibt, und die Frage, ob nicht durch die Folgen der Atombombenexplosionen die Lebenserwartungen künftiger Geschlechter bereits verringert worden ist, kann leider nicht mit Sicherheit verneint werden.
    Die Verantwortung der Menschheit in allen Ländern der Welt für sich und für ihre Nachkommenschaft sollte daher von selbst alle Mächte zur sofortigen Einstellung weiterer Atombombenversuche zwingen.

    (Beifall beim GB/BHE.)

    Kein Staat und keine Staatengruppe hat das Recht, zur Erprobung dier Maßnahmen, die sie sich für ihre eigene Sicherheit denken, eine ungezählte Schar anderer Menschen zu gefährden.

    (Erneuter Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.)

    Ich muß auch hier einem Wort widersprechen, das von dem Vertreter der Regierung gesagt wurde, der sich dem englischen Vorschlag anschloß, Atombombenexplosionen nur nach vorheriger Anmeldung durchzuführen. Das ist keine Lösung. Auch eine angemeldete Schädigung ist eine Schädigung.

    (Zustimmung beim GB/BHE.)

    Von diesen Erkenntnissen sollten die Menschen in aller Welt — wir haben die Hoffnung, daß wir nicht nur zu einem Teil der Welt sprechen -- bei ihrer Einstellung zu den Fragen der Anwendung von Atomwaffen ausgehen. Dabei möchte ich von mir aus eine Feststellung, die heute morgen ausführlich behandelt worden ist, nur kurz wiederholen. Die Atomwaffen entziehen sich wegen ihrer Wirkung auf völlig Unbeteiligte, wegen ihrer Wirkung auf noch gar nicht Geborene noch weit mehr als andere Waffen völlig einer moralischen Bewertung; sie sind im wahrsten Sinne des Wortes amoralisch. Ihre politische und militärische Bedeutung liegt darin, daß sie wegen der Größe des Risikos nicht angewendet werden und damit zu dem Zustand führen, in welchem wir heute leben, der pax atomica.
    Zur Zeit besteht noch eine Überlegenheit des Westens, insbesondere der Vereinigten Staaten, an Atomwaffen. Man nimmt an, daß die USA etwa 30 000, die UdSSR etwa 10 000 Atombomben besitzen. Aber mit 'dieser Überlegenheit ist nicht sehr viel anzufangen; denn bereits ein Bruchteil dieser Mengen kann alles zerstören. Ich kann meine Sicherheit nicht darauf gegründet sehen, daß mein Freund mehr davon hat als mein Feind, wenn ich weiß, daß ich es nicht überleben werde, wenn auch nur ein kleiner Teil dieser Waffen angewendet wird. Es hat sich also wirklich eine am Anfang mögliche Politik der Stärke über eine Politik des vorübergehenden Vorteils zu einer Politik des sehr relativen Vorteils entwickelt. Die Waffen haben — das ist heute mehrmals gesagt worden; es entspricht auch unserer Auffassung — also ihre positive Wirkung wirklich nur dadurch, daß sie nicht angewendet werden. Diese Wirkung können sie freilich nur haben, wenn beide Teile sie besitzen.
    Die taktischen Atomwaffen — auch das soll noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden, weil Voraussetzung aller Überlegungen die volle Wahrheit ist — können in ihrer Wirkung der Bombe von Hiroshima tatsächlich gleichen, da es gelungen ist, die Atomladung so eng zusammenzupressen, daß sie eben auch aus Geschützen abgefeuert werden kann.
    Wir haben kein Verlangen nach diesen Waffen. Unser Wunsch ist vielmehr, nicht umzurüsten, sondern umzudenken, dies jedoch in allen Teilen unserer geteilten Welt.
    Wir sehen die Gefahren, die aus der Bewaffnung der kleineren Nationen mit Atomwaffen entstehen können. Sie würde die Kontrolle über diese Waffen zweifellos sehr erschweren. Und welches sind die Grenzen bei den kleinen Nationen, wie weit 'hinunter will man sie verteilen? Wir sehen auch die Gefahren, die insbesondere für uns in unserem gespaltenen Vaterland bestehen.
    Sollte die UdSSR sich ebenfalls zur Ausrüstung der Warschauer Paktstaaten mit Atomwaffen entschließen, so würde das nicht nur eine Kompensation gegenüber einer Bewaffnung in dem anderen Teil der Welt bedeuten, sondern die zwangsläufige Folge wäre eine erneute Verstärkung des militärisch-politischen Einflusses der Sowjetunion in den Völkern des osteuropäischen Raumes—weil anders sie es nicht wagen könnte —, eine Folge, die wir nicht begrüßen können. Der russische Verteidigungsminister Schukow hat erst kürzlich darauf hingewiesen, daß nach seiner Meinung die Sowjetunion diesen Schritt tue, falls er im Westen erfolge.
    Nun sind wir der Meinung — und ich knüpfe das an diese Bedingung —: solange überhaupt noch die Chance für eine kontrollierte Abrüstung der Atomwaffen besteht, würden wir es für besser halten, wenn diese Waffen nur in der Hand zweier Mächte blieben. Wir sehen darin keine Änderung der von uns erkannten und anerkannten Notwendigkeit, das Schutzbündnis der NATO militärisch trotzdem so schlagkräftig zu gestalten, daß die Sowjetunion weder durch militärischen noch durch


    (Dr. Reichstein)

    politischen Druck Entscheidungen erzwingen könnte, die unseren gemeinsamen Wünschen widersprechen.
    Wir sind — auch das sei deutlich gesagt — für einen Verzicht nur dann, wenn ein vergleichbarer Verzicht auf der anderen Seite erreicht wird. Heute morgen wurde ein chinesisches Sprichwort erwähnt und gesagt, man könne durch eine Handlung auch moralisch auf die Sowjetunion einwirken. Auch das Schwächere könne gegenüber dem Stärkeren einmal stärker sein. So ähnlich hieß es. Ich glaube, daß dieser Vergleich und dieser Hinweis im Falle der Sowjetunion fehlgeht; denn die Sowjetunion ist nicht nur eine starke Macht, sie ist auch bis zur Stunde ein absolut imperialistischer Staat, der die Freiheitsrechte anderer Menschen zur Ausweitung seiner Macht rücksichtslos beseitigt.
    Wir wollen aber gerade diesen Hinweis benutzen, um auch der Sowjetunion gegenüber sehr eindeutig zu erklären: Wir wünschen mit ihr eine Auseinandersetzung nur im Geistigen, nicht eine solche mit den Waffen. Und wir sind uns darüber klar — um auch hier gar keinen Zweifel aufkommen zu lassen —, daß eine pax sowjetica, ein Sowjetfriede, sicher nicht besser wäre als die pax atomica, der Atomfriede.
    Mit den Lebensinteressen, welche wir unter allen Umständen zu schützen für notwendig halten, ist es aber in der heutigen politischen Situation nach unserer Auffassung kaum vereinbar, eine Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen abzulehnen u n d gleichzeitig die allgemeine Wehrpflicht abzulehnen. Denn das könnte nach unserer Auffassung eine solche Schwächung des Schutzbündnisses der NATO bewirken, daß die Sowjetunion darin auch die Möglichkeit einer Bereitschaft zur Unterwerfung sehen könnte. Sie würde dann aber sicher nicht mehr bereit sein, auch das Ihre zu tun, damit an die Stelle der NATO ein besseres, umfassenderes, die Sicherheitsbedürfnisse aller Teile befriedigendes Vertragssystem treten kann.
    Noch stehen wir nicht vor der Entscheidung, ob die Bundeswehr mit Atomwaffen ausgerüstet werden soll. Wir wünschen — wir wünschen nachdrücklichst —, daß in den nächsten anderthalb bis zwei Jahren mit allen der Diplomatie, auch der deutschen Diplomatie, zur Verfügung stehenden Mitteln auch die Bundesregierung zur Auflösung des Widerspruchs beiträgt, der in dem seit vielen Jahrhunderten gebrauchten und heute von uns auch praktizierten Wort liegt: si vis pacem, para bellum, wenn du den Frieden willst, rüste zum Kriege.

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Wir haben unsere Gedanken zu diesen Fragen in einer Entschließung niedergelegt, die Ihnen als Umdruck 1097*) vorliegt. Ich darf nur kurz folgendes dazu sagen: Unser Antrag ersucht die Bundesregierung, „auf die mit uns verbündeten Staaten der freien Welt und die Sowjetunion einzuwirken, . . .". Hier wird von vornherein die Befürchtung ausgeschlossen, die der Herr Kollege Dr, Gerstenmaier in seinen Ausführungen angesprochen hat: ein Sichabsondern aus einem Schutzbündnis, welches wir für uns heute noch für absolut notwendig erachten. Wir ersuchen die Bundesregierung, auf die mit uns verbündeten Staaten der freien Welt und die Sowjetunion einzuwirken,
    ') Siehe Anlage 5
    daß
    1. durch internationale Vereinbarungen die unverzügliche Einstellung weiterer Atombombenversuche erreicht wird,
    — eine Maßnahme, die wegen ihrer relativ leichten Kontrolle auch durchfürbar ist
    2. im Hinblick auf die Spaltung unseres Vaterlandes und die Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen erreicht wird, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teile Deutschlands und in den an Deutschland angrenzenden Staaten des Warschauer Paktes weder taktische noch strategische Atomwaffen stationiert oder gelagert oder Streitkräfte dieser Länder und in diesen Ländern damit ausgerüstet werden.
    Wir sehen in einem so ausgesprochenen Verzicht, wenn er im Einvernehmen möglich ist, nämlich in dem Verzicht der Bundesrepublik auf der einen Seite und des anderen Teiles Deutschlands und der angrenzenden Staaten auf der anderen Seite, das, was der Herr Bundesverteidigungsminister heute früh als einen vergleichbaren Verzicht bezeichnet hat.
    Wir ersuchen die Bundesregierung drittens, dahin zu wirken, daß
    eine allgemeine Abrüstung und ein damit verbundenes generelles Verbot für Atomwaffen durchgeführt werden.
    Ich darf um die Annahme dieser unserer Entschließung bitten.
    Wir wünschen sehr, daß die Abrüstungsverhandlungen in London Erfolg haben und daß als erste und, wie uns scheint, ohne große Schwierigkeiten durchführbare Maßnahme die Mächte sich über die sofortige Einstellung der Atombombenversuche einigen. Ich habe Ihnen gesagt, welche Wirkung bis zur Stunde schon und auf Jahre und Jahrzehnte hinaus der Welt durch die bisherigen Versuche beschert worden ist. Grund genug, sie zu beenden!
    Diese und noch weiter gehende Vereinbarungen sollten nicht zuletzt dadurch möglich sein, daß man erkennt, daß die Menschheit den Gefahren einer so auf die Spitze getriebenen modernen Kriegstechnik in einer kollektiven Schutzlosigkeit gegenübersteht und daß die Menschheit dann statt zum kollektiven Selbstmord lieber zur kollektiven Abrüstung drängen sollte.

    (Beifall beim GB/BHE.)

    Es ist nicht mehr dazu notwendig — allerdings, das ist viel —, als daß die „Menschheit endlich wieder zurückfindet zur rettenden Ehrfurcht vor sich selbst".
    Meine Fraktion ist der Meinung, daß auch der Bundestag diese Debatte als eine erneute Verpflichtung für uns alle und die Mitwelt empfinden sollte, gemeinsam miteinander zu arbeiten an dem Aufbau einer Welt, in welcher die Menschen endlich wieder leben können ohne Angst vor der Politik und unter den Segnungen des Rechts und der Freiheit.

    (Beifall beim GB/BHE, bei der SPD und der FDP.)