Rede:
ID0220002100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2200

  • date_rangeDatum: 21. März 1957

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:01 Uhr

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    Vokabeln: 4
    1. Eine: 1
    2. Zwischenfrage,: 1
    3. Herr: 1
    4. Abgeordneter!: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    -2. Deutscher Bundestag — 200. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. März 1957 11327 200. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. März 1957. Erklärung der Bundesregierung 11327 D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11327 D Dr. Deist (SPD) 11334 C, 11338 A, 11361 D, 11363 C, D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 11338 A, 11361 A, D, 11363 C, D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11342 B Dr. Furler (CDU/CSU) 11345 B Margulies (FDP) 11350 C Dr. Elbrächter (DP [FVP]) 11355 D Stegner (GB/BHE) 11366 B Dr. Arndt (SPD) 11370 A Zur Geschäftsordnung: Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . . 11372 D Dr. Bucher (FDP) 11373 A Schoettle (SPD) 11373 B Überweisung des Entschließungsantrags der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftspolitik und Euratom (Drucksache 3311) an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 11373 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 3282) 11373 C Dr. h. c. Veit, Stellv. Ministerpräsident und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter 11373 C, D Abstimmung 11375 A Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Euratom (Drucksache 3101) . . . . 11375 B Dr.-Ing. Drechsel (FDP) 11375 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11379 C Mellies (SPD) 11379 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 11379 D Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung: Dr. Bucher (FDP) 11380 A Nächste Sitzung 11380 C Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 193. Sitzung 11380 Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11381 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftspolitik und Euratom (Drucksache 3311) 11381 C Anlage 3: Stellungnahme der Bundesregierung zu der Anfrage der Fraktion der FDP (Drucksache 3101) betr. Euratom . . 11382 A Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 193. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 11010 C Zeile 7 von oben „(Zuruf von der Mitte: Siehe Antrag!)" statt „(Abg. Dr. Czaja: Siehe Antrag!)". Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Baade 22. 3. Bauer (Wasserburg) 22. 3. Becker (Hamburg) 12. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 23. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 21. 3. Blachstein 22. 3. Brandt (Berlin) 22. 3. Brese 22. 3. Brookmann (Kiel) 22. 3. Dr. Bucerius 22. 3. Dr. Bürkel 21. 3. Caspers 22. 3. Cillien 23. 3. Dr. Conring 21. 3. Dr. Dehler 21. 3. Demmelmeier 22. 3. Dr. Dollinger 22. 3. Ehren 21. 3. Feldmann 6. 4. Franke 21. 3. Dr. Friedensburg 21. 3. Glüsing 22. 3. Dr. Greve 23. 3. Häussler 22. 3. Heiland 22. 3. Höfler 21. 3. Horn 22. 3. Illerhaus 21. 3. Kahn 21. 3. Kalbitzer 3. 5. Keuning 21. 3. Klingelhöfer 30. 3. Dr. Kähler 30. 4. Frau Korspeter 22. 3. Kunze (Bethel) 21. 3. Dr. Leverkuehn 24. 3. Frau Lockmannn 23. 3. Mauk 21. 3. Dr. Menzel 21. 3. Moll 1. 4. Morgenthaler 30. 4. Müller (Worms) 21. 3. Frau Nadig 30. 3. Ollenhauer 26. 3. Onnen 23. 3. Pelster 20. 4. Raestrup 31. 3. Frau Dr. Rehling 21. 3. Dr. Reif 22. 3. Sabel 22. 3. Dr. Schild (Düsseldorf) 21. 3. Schmücker 22. 3. Schneider (Hamburg) 22. 3. Dr. Schöne 29. 4. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Frau Dr. Schwarzhaupt 21. 3. Dr. Serres 31. 3. Frau Dr. Steinbiß 21. 3. Unertl 6. 4. Wacher (Hof) 21. 3. Wagner (Ludwigshafen) 22. 3. Dr. Welskop 21. 3. Frau Welter (Aachen) 21. 3. Wittrock 21. 3. Frau Wolff (Berlin) 21. 3. Anlage 2 Drucksache 3311 C (Vgl. S. 11372 C) Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom. Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag begrüßt die Anstrengungen, durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom zu einer Zusammenfassung der europäischen Wirtschaftsräume in einem Gemeinsamen Markt und zur gemeinsamen Entwicklung der Atomwirtschaft zu gelangen. Er begrüßt, daß die Zusammenarbeit nicht mehr auf einzelne Wirtschaftszweige beschränkt bleiben soll, sondern versucht wird, die gesamte Wirtschaft der beteiligten Staaten zu umfassen, daß eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik vorgesehen ist, daß die Europäische Atomgemeinschaft ausschließlich der Entwicklung der Atomwirtschaft für friedliche Zwecke dienen soll und daß das öffentliche Eigentum am spaltbaren Material als Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle und damit für die Sicherheit der Menschen gewährleistet wird. Der Bundestag erwartet, 1. daß die Mitgliedstaaten zu einer Politik der Steigerung des allgemeinen Lebensstandards, der ständigen Ausweitung der Wirtschaft und der Vollbeschäftigung verpflichtet werden und zu diesem Zweck eine gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik entwickeln, insbesondere die Grundlage für eine planmäßige Investitionspolitik und für eine wirksame Konjunkturpolitik schaffen; 2. daß der freie Handelsverkehr und eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten, die sich zunächst der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht anschließen, durch die Bildung einer Freihandelszone, die zu gleicher Zeit wie die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft in Kraft treten sollte, gesichert werden; 3. daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft alle Maßnahmen trifft, um eine stetige Vergrößerung des Handelsverkehrs mit den übrigen Ländern der Welt - insbesondere durch Senkung der Zölle und Abbau sonstiger Handelsbeschränkungen - zu ermöglichen; 4. daß der gemeinsame Außenzoll nicht zu einer Erhöhung der Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland führt; 5. daß klare vertragliche Abmachungen getroffen werden, die sicherstellen, daß die Zonengrenze nicht zur Zollgrenze wird und die freie Entwicklung des innerdeutschen Handelsverkehrs keinen Bindungen durch die Partnerstaaten und die Organe der Gemeinschaft unterliegt; 6. daß jede Belastung durch die Kolonialpolitik abgelehnt, die Selbstbestimmung der überseeischen Gebiete im Sinne der Satzung der UNO gefördert und die Hilfe für die Entwicklungsländer der übrigen Welt nicht beeinträchtigt werden; 7. daß die Bundesregierung rechtzeitig alle Vorkehrungen trifft, um Arbeitnehmer vor den un- günstigen Auswirkungen der durch den Gemeinsamen Markt zu erwartenden Umschichtungen zu schützen, ihre Beschäftigung zu sichern und ihren sozialen Stand zu erhalten; 8. daß bei dem Aufbau der Organe und der Regelung ihrer Zuständigkeiten die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie beachtet werden, insbesondere der Ministerrat auf Fragen der Koordinierung beschränkt wird, der Europäischen Kommission die Exekutivbefugnisse der Gemeinschaft übertragen und der parlamentarischen Versammlung wirksame Entscheidungs- und Kontrollrechte gegeben werden. Der Bundestag verlangt, daß die Entscheidungsfreiheit des wiedervereinigten Deutschland über seine Zugehörigkeit zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäischen Atomgemeinschaft ausdrücklich vertraglich anerkannt wird. Bonn, den 20. März 1957 Mellies und Fraktion Anlage 3 (Vgl. S. 11379 C) Stellungnahme der Bundesregierung zu der Großen Anfrage der Fraktion der FDP (Drucksache 3101) betreffend Euratom. Die Bundesregierung nimmt zu den vorgelegten Fragen Stellung wie folgt: 1. Welche Organisationsform soll Euratom haben? Die Bundesrepublik verpflichtet sich durch den vorgesehenen Vertrag zur Beteiligung an einer Gemeinschaft teils übernationalen, teils zwischenstaatlichen Rechts. Die Verfassung dieser Gemeinschaft wird in ihren wesentlichen Teilen im Vertrag niedergelegt sein. Für notwendige Ergänzungen und Änderungen ist Raum. Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben wird 'die europäische Atomgemeinschaft über 4 Hauptorgane — eine Versammlung — einen Rat (Ministerrat) — eine Kommission — einen Gerichtshof verfügen. Der Rat und die Kommission werden durch einen Wirtschafts- und Sozialausschuß mit beratender Funktion unterstützt werden. Ferner steht ihnen ein Beirat für Wissenschaft und Technik — ebenfalls mit beratender Funktion — zur Verfügung. Zur Versorgung der Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderem spaltbarem Material wird eine Agentur geschaffen, welche Rechtspersönlichkeit hat und finanziell unabhängig ist, jedoch der Aufsicht der Kommission untersteht. 2. Welche europäischen und außereuropäischen Staaten und Gebiete sollen beteiligt werden? Grundsätzlich findet der Vertrag auf die europäischen Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten Belgien — Deutschland — Frankreich — Italien — Luxemburg — Niederlande sowie auf die ihnen unterstehenden außereuropäischen Gebiete Anwendung. Der Vertrag findet darüber hinaus auf die europäischen Gebiete Anwendung, deren auswärtige Angelegenheiten ein Mitgliedstaat wahrnimmt. Jeder europäische Staat kann den Antrag stellen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Die Gemeinschaft kann auf einstimmigen Beschluß des Rates mit einem dritten Staat, einem Zusammenschluß von Staaten oder einer internationalen Organisation Abkommen schließen, durch welche gegenseitige Rechte und Pflichten, ein gemeinsames Vorgehen oder besondere Verfahren begründet werden. 3. Welche Bindungen wird die Bundesrepublik im Rahmen des vorgesehenen Vertrages übernehmen, und welche finanziellen Belastungen werden für die Bundesrepublik damit verbunden sein? Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem vorgesehenen Vertrage werden — zusammengefaßt und ohne hier der künftigen Beratung der Einzelheiten in den Ausschüssen vorgreifen zu wollen — in Betracht kommen im Hinblick auf - die Förderung der Forschung und die Verbreitung der besonderen Kenntnisse auf dem Atomgebiet, — den Gesundheitsschutz für die mit der Entwicklung und Anwendung der Kernenergie betrauten Arbeitskräfte und für die Gesamtbevölkerung, — die Ermöglichung einer Förderung der Investitionen auf dem Kerngebiet durch die Gemeinschaft, — die Schaffung sich gegebenenfalls als notwendig erweisender gemeinsamer Unternehmen, — eine zentrale und nichtdiskriminatorische, zunächst für 7 Jahre festgelegte Versorgungsregelung für alle Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderem spaltbarem Material, — die Ermöglichung einer ausreichenden Sicherheitskontrolle im Interesse der Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerung durch die Gemeinschaft unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten, - die Herstellung eines Gemeinsamen Marktes auf dem Gebiet der Kernenergie, — eine begrenzte Koordinierung der Außenbeziehungen, — eine Beteiligung an der Finanzierung der Aufgaben der Gemeinschaft. Der deutsche finanzielle Beitrag zum Verwaltungshaushalt der Gemeinschaft wird mit 28 %, der deutsche finanzielle Beitrag zum Forschungs-und Investitionshaushalt der Gemeinschaft wird 30 % der Gesamtbeiträge ausmachen. Die Stimmen der Mitglieder des Ministerrats werden entsprechend dem finanziellen Beitrag der Mitgliedstaaten gewogen. Ein erstes Forschungs- und Ausbildungprogramm der Gemeinschaft, welches sich über fünf Jahre erstreckt, wird auf 215 Millionen EZU-Rechnungseinheiten geschätzt. Die dafür bereitgestellten Mittel werden jährlich in den Haushalt der Gemeinschaft eingesetzt. 4. Welche Verpflichtungen wird die Bundesrepublik für die Betätigung der deutschen Wirtschaft in der Bundesrepublik und im Rahmen von Euratom übernehmen? Das Ziel der Gemeinschaft ist nicht eine Ersetzung oder Hemmung, sondern im Gegenteil eine Förderung der wirtschaftlichen Initiative auf dem Kerngebiet. Dieser wirtschaftlichen Initiative sollen durch den Vertrag keine anderen Schranken gesetzt werden, als diejenigen, welche im Interesse des Gesundheitsschutzes gegenüber den schädlichen Auswirkungen der Radioaktivität und wegen der bebesonderen Gefährlichkeit der zur Nutzung der Kernenergie verwendeten Stoffe erforderlich sind. Darüber hinausgehende Verpflichtungen dienen ihrer Zwecksetzung nach ausschließlich dazu, eine raschere und fruchtbringendere Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie im Gebiete der Gemeinschaft durch Zusammenwirken und Harmonisierung der beteiligten Kräfte zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Gebiete — Förderung der Forschung und Austausch der Kenntnisse, — Investitionen und gemeinsame Unternehmen, — Gemeinsamer Kernmarkt, zentrale Versorgung und Koordinierung gewisser Teile der Außenbeziehungen, soweit sie in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fallen. Soweit auf diesen Gebieten Verpflichtungen der Bundesrepublik für die deutsche Wirtschaft eingegangen werden, geschieht dies auf der Grundlage der Gegenseitigkeit. 5. Wie soll ,die Zusammenarbeit zwischen Euratom und OEEC und im Rahmen sonstiger internationaler Abkommen gestaltet werden? Ausgehend von der Erkenntnis und dem Grundsatz, daß der engere Zusammenschluß der 6 Mitgliedstaaten von Euratom und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der OEEC auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung Kernenergie einander nicht ausschließen, sondern sich in sinnvoller Weise ergänzen und gegenseitig fördern, ist vorgesehen, daß die europäische Atomgemeinschaft eine enge Zusammenarbeit mit dem europäischen Wirtschaf tsrat herbeiführen soll. Die nähere Regelung soll im gemeinsamen Einvernehmen getroffen werden. Ein Verbindungsausschuß zwischen den beiden Verhandlungsgremien ist bereits tätig. 6. Beeinflussen die im Rahmen von Euratom zu übernehmenden Verpflichtungen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergie? Zwischen den im Rahmen von Euratom zu übernehmenden Verpflichtungen und dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergiebestehen keine Unvereinbarkeiten. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Kernenergie-Gesetzes würde im Falle seiner Annahme die Bundesregierung nicht nur an der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Euratom-Vertrag nicht hindern, sondern im Gegenteil die Erfüllung dieser Verpflichtungen ermöglichen. Soweit im Euratom-Vertrag Rechte und Pflichten für den einzelnen oder für Unternehmen statuiert sind, stehen dem die Bestimmungen des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs des Kernenergie-Gesetzes nicht entgegen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verzeihen Sie, Herr Dr. Deist, dann sind diese Zahlen nicht richtig; denn in dieser Veröffentlichung der Hohen Behörde steht etwa folgendes: In den Realverdiensten bei der Stahlindustrie sowie im Steinkohlenbergbau hat die Bundesrepublik in den letzten Jahren aufgeholt, und sie steht in den Realverdiensten im Steinkohlenbergbau jetzt an vierter Stelle. — Nicht an fünfter Stelle!

    (Lachen bei der SPD.)

    — Verzeihen Sie, Sie brauchen nicht zu lachen; denn es sind die kleineren Gebiete — Belgien, Niederlande und die Saar —, die noch vor der Bundesrepublik stehen.

    (Abg. Dr. Deist: An welcher Stelle?)

    — Bitte, dann kommt Deutschland, und Frankreich ist inzwischen überholt worden. Das gleiche gilt für die eisenschaffende Industrie, wo lediglich Belgien und Luxemburg vor Deutschland stehen. Die Schaubilder und das Zahlenmaterial sind in dieser Broschüre der Hohen Behörde enthalten.


    (Dr. Hellwig)

    Aber immerhin, Sie werden nicht bestreiten können, Herr Dr. Deist, daß nicht mehr behauptet werden kann, die deutsche Arbeitnehmerschaft sei von den ,günstigen Wirkungen der Zugehörigkeit der Bundesrepublik zur Montanunion ausgeschlossen gewesen. Ich bin fest überzeugt, daß die günstige Entwicklung der Einkommen, die gerade in der Montanwirtschaft bei uns die letzten Jahre kennzeichnet, nur auf die Stabilisierung der Entwicklung der deutschen Montanwirtschaft im Gemeinsamen Markt der Montanunion zurückzuführen ist.

    (Beifall in der Mitte.)

    Nun zum Herrn Kollegen Margulies! Er hat von der Montanunion und von den Sechs, die jetzt auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft begründen wollen, als von einem Klein-Europa gesprochen. Wiederum hat er der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß dieser Zusammenschluß auf Kosten der anderen, die draußen bleiben — draußen bleiben müssen oder wollen —, geschehen werde.
    Ich glaube, es ist nicht ganz richtig, wenn bei diesen Sechs nur von einem „Klein-Europa" gesprochen wird. Immerhin handelt es sich dabei auch in seiner wirtschaftlichen Bedeutung um den Kern des kontinentalen Europas. Im wesentlichen stehen folgende Gruppen draußen: Einmal Großbritannien zufolge seiner Empire-Orientierung, dann die skandinavischen Länder, die einen ganz bestimmten abgeschlossenen Lebens- und Wirtschaftsraum für sich darstellen, weiter Südeuropa mit den Ländern Griechenland und Türkei und schließlich Portugal und Spanien. Das Sonderproblem Österreich ist in dem Fall sicher zu beachten; aber gerade Österreich hat sich in den letzten Monaten auch wiederholt sehr positiv für die Zollunion, für den Gemeinsamen Markt ausgesprochen, und es wird, wenn nicht alle Zeichen trügen, doch zu einem Zusammenschluß mit dem Gemeinsamen Markt kommen.
    Aber etwas zu der materiellen Frage, ob sich der Gemeinsame Markt dieser Sechs — und wir können vorläufig nur von der Montanunion ausgehen — wirklich zum Nachteil der dritten Länder Europas entwickelt habe. Der Gemeinsame Markt für Kohle und Stahl hat hinsichtlich des Austauschs der Mitgliedsländer und der anderen europäischen Länder mit dem Gemeinsamen Markt folgende bemerkenswerte Entwicklung gezeigt: Der innere Austausch in der Montanunion ist bei Eisen- und Stahlerzeugnissen um nicht weniger als 170 % gestiegen, bei Steinkohle rund Steinkohlenbriketts um nicht weniger als 42 %. Der innere Austausch ist also weit stärker angestiegen als die Produktion selbst, ein Zeichen dafür, daß die natürlichen Standortvorteile nach dem Abbau von Zoll- und Frachtdiskriminierungen und Wettbewerbsverfälschungen wieder zum Zug kommen.
    Aber ist das etwa auf Kosten der draußen stehenden sogenannten dritten Länder geschehen? Dem muß folgendes entgegengehalten werden: Die Eisen- und Stahleinfuhr von dritten Ländern in dem Gemeinsamen Markt der Montanunion hat in dem gleichen Zeitraum um 91 % zugenommen und die Steinkohlenausfuhr der Montanunion nach dritten Ländern um 127 %. Zumindest ist die Wirtschaftsverflechtung der Montanunion mit den außenstehenden Ländern auf dem Gebiet des Austauschs von Kohle und Stahl weit intensiver geworden als innerhalb der Montanunion selbst, obgleich sieauch dort wesentlich stärker als die Produktion zugenommen hat.
    Nun darf ich einige Bemerkungen zu den in der Diskussion aufgetauchten und noch offengebliebenen Fragen machen. Die erste Frage: Freihandelssystem oder Zollunion? Freihandelssystem im Sinne der Liberalisierung, Rückkehr auf den Stand von vor 1914 oder Zollunion mit allen Konsequenzen für eine zu entwickelnde gemeinsame Außenhandels-, Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Währungspolitik? Ich glaube, wir sollten uns doch endlich von der Illusion freimachen — das möchte ich dem Herrn Kollegen Margulies sagen, der hier nochmals Herrn Professor Röpke zitiert hat —, daß wir die Probleme der europäischen Integration mit der Rückkehr zum goldenen Zeitalter von vor 1914 lösen könnten. Die Liberalisierung allein und die Rückkehr zum Goldstandard werden die Probleme nicht mehr lösen, die dadurch entstanden sind, daß der Staat von 1956/57 — wir mögen eswollen oder nicht — ganz entscheidend in die Verteilung des nationalen Arbeitsergebnisses, ,des Sozialprodukts, eingreift und daß dieser Anspruch, die Verteilung der Einkommen zu bestimmen, auch nicht mehr ohne weiteres herabgemindert werden kann. Aber weil der Einfluß des Staates diese Entwicklung genommen hat, sind doch auch die Beziehungen und der Austausch im Außenhandel und die Währungsbeziehungen in den Sog, in den Strudel staatlicher Manipulationen gezogen worden. Herr Kollege Deist hat sehr richtig gesagt, daß mit einfachen Handels- und Zahlungsbilanztechniken das Problem nicht mehr gelöst werden kann. Insofern folge ich ihm.
    Aber daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß, wenn wir zu einer politischen Gemeinschaft in Europa kommen wollen — und das heißt, daß der Staat dann bestimmte Souveränitätsrechte an diese Gemeinschaft abgibt —, zuvor eine Koordinierung, eine Anpassung gerade derjenigen Arbeitsweisen, Instrumente und Institutionen der Staaten stattfinden muß, die der Staat zur Ausübung der Verteilungsfunktion, die er in der modernen Volkswirtschaft hat, in der Wirtschaftspolitik, in der Finanzpolitik und auch in der Währunigs- und Außenhandelspolitik einsetzt. Daher fällt dieBeantwortung der Frage, ob allein eine Freihandelszone genügt oder ob eine Zollunion mit darumgelagerten Freihandelsverträgen im Sinne der politischen Gemeinschaft geschaffen werden soll, eigentlich eindeutig aus.
    Ich darf hier aber auch erwähnen, daß gerade der Abschluß der Zollunion die entscheidende Voraussetzung dafür sein wird, daß weitere Länder bereit sein werden, sich mit einem Freihandelssystem dem Gemeinsamen Markt anzuschließen. Ohne daß der Kristallisationskern der Zollunion, eben jene Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, entsteht, wird es nicht zu einem europäischen Freihandelssystem irgendwelcher Art kommen. Daher glaube ich, daß das, was anzustreben ist, nicht die Gleichzeitigkeit der Bildung der Zollunion und der Abschluß von Freihandelsverträgen mit außenstehenden Ländern ist. Wir bekommen die anderen mit Freihandelsverträgen nur dann an den Kristallisationspunkt, wenn zuvor der Kristallisationskern als Zollunion klare Formen angenommen hat.
    Nun einiges zu der Frage, inwieweit dieses Haus in den noch vor uns liegenden weiteren Phasen der Entstehung dieses Vertragswerks seine Meinung anbringen kann. Ich bin der festen Überzeugung,


    (Dr. Hellwig)

    daß dies in zwei Richtungen geschehen kann. Ich erinnere daran, daß der Vertrag selber zunächst nur ein großes Rahmenwerk ist und daß eine ganze Serie von weiteren, ihn ausgestaltenden Entscheidungen nachher kommen wird, und zwar sowohl in den dafür vorgesehenen Organen ,als auch bei den nationalen Mitgliedstaatenselbst. Auf beiden Wegen wird sich der deutsche Gesetzgeber auf diese Entwicklung einzustellen haben. Ich meine einmal, daß dieses Haus auf die Entwicklung, auf die Ausgestaltung, die nach der Ratifizierung des Vertrags in den vielen Einzelentscheidungen der Organe zu erwarten sein wird, mit bestimmten Richtlinien, mit einer bestimmten Meinungsbildung Einfluß nehmen kann, ganz abgesehen davon, daß dieses Haus auch in der parlamentarischen Körperschaft gebührend vertreten sein wird. Ich folge hier völlig den Wünschen, die von den Sprechern anderer Fraktionen vorgetragen worden sind, dahingehend, daß eine möglichst starke parlamentarische Autorität zur Entwicklung einer, ich möchte sagen, europäischen Gesetzgebung in der Gemeinschaft angestrebt werden sollte.
    Es wird aber auch notwendig sein, die Konsequenzen des Gemeinsamen Marktes und dieses Vertragswerks für die eigenstaatliche Gesetzgebung der Bundesrepublik rechtzeitig zu prüfen und Anpassungen und Korrekturen so rechtzeitig, wie es irgend möglich ist, vorzunehmen. Ich erwähne etwa das Steuerrecht, ich erwähne den berühmten Steuerstreit hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung der deutschen Erzeugung und der Erzeugung der anderen Länder, insbesondere Frankreichs. Durch eine rechtzeitige Reform des deutschen Umisatzsteuersystems sollte auch der Eingliederung des deutschen Steuersystems in diese europäische Gemeinschaft Rechnung getragen werden. Das gleiche gilt für das Problem der Finanzzölle; es ist in den Reden vorhin schon gelegentlichangesprochen worden.
    Einiges zu den Grundsätzen des Vertragswerks und damit des Gemeinsamen Marktes. Ich unterscheide mich hier von dem Kollegen Dr. Deist. Ich bejahe eigentlich, daß die Bundesregierung so stark wie möglich, wenn auch noch nicht überall, dem Grundsatz zur Geltung hat verhelfen können, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft auf die Prinzipien des freien Wettbewerbs und ,der freien wirtschaftlichen Initiative — unter weitgehender Beschränkung staatlicher Eingriffe — zu gründen.

    (Abg. Dr. Deist: Darin unterscheiden wir uns nicht!)

    — Darin unterscheiden wir uns nicht? Das freut mich. Ich hatte den Eindruck, daß Sie mit Ihrer „aktiven Wirtschaftspolitik" etwas anderes meinten, zumal Sie gesagt haben — deshalb habe ich Sie gefragt, Herr Kollege Deist —, daß bei einer „aktiven Wirtschaftspolitik", wie Sie sie haben wollen, der Bundesregierung die Wirtschaftsentwicklung nicht au s den Händen geglitten wäre. Sie sind dann offenbar der Meinung, daß die wirtschaftliche Entwicklung in die Hände der Bundesregierung gehört. Darin unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich. Die Wirtschaftsentwicklung gehört nicht in die Hände der Regierung, denn das ist eine gelenkte, eine geplante Wirtschaftsentwicklung, sondern sie gehört zunächst in die freie Initiative der Wirtschaftenden. — Sie wollen eine Frage stellen, Herr Dr. Deist?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ist es nicht so, Herr Dr. Hellwig, daß die wirtschaftliche Tätigkeit prinzipiell nicht in den Händen der Regierung liegt — von bestimmten Ausnahmen abgesehen —, daß aber die wirtschaftspolitische Beeinflussung des Wirtschaftsablaufs über die Finanzpolitik, die Steuerpolitik, die Sozialpolitik, alle diese politischen Beeinflussungen der wirtschaftlichen Entwicklung in jedem modernen Staat eine Aufgabe des Staates ist?