Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie stimmen mir gewiß zu, wenn ich zu Beginn meiner Ausführungen sage, daß es vollständig überflüssig ist, den Grünen Plan und den Grünen Bericht noch weiterhin zu zerpflücken. Das ist heute mit einer Gründlichkeit geschehen, die wirklich nichts zu wünschen 'übrigläßt.
Ich möchte trotzdem meine Genugtuung darüber aussprechen, daß der heutige Grüne Plan eine besonders gut fundierte, eine wirklich brauchbare Arbeit ist; wir hoffen, daß sich auch weiterhin auf ihr aufbauen, mit ihr weiterarbeiten und weiterplanen läßt. Ich freue mich, daß dieser Grüne Plan keine Spur von Geheimwissenschaften enthält, sondern offen und schonungslos die Lage der einheimischen Landwirtschaft dargelegt hat. Ich kann aber auch mit Genugtuung feststellen, daß die Landwirtschaft diese wirklich einmalige Entblößung, von der ich nur wünschen möchte, daß sie von anderen Berufsgruppen nicht allzu selten nachgeahmt wird, ohne Hautabschürfungen überstanden hat; ein zweiter Beweis für die Wahrheit, die Echtheit und die Gründlichkeit des Grünen Berichts.
Ohne Zweifel sind in dem Grünen Bericht bedeutende Ansätze für die Verbesserung der Struktur der Landwirtschaft 'aufgezeigt. Aber es ist heute auch 'durchgeklungen, daß neuerdings weiterhin Unkostensteigerungen an uns herankommen, durch die ,die Hilfsmaßnahmen und die Leistungen aus dem Grünen Plan zu unserem größten Unbehagen vielfach wieder entwertet werden. Es ist eine Arbeit für die Zukunft, mit diesen neu auf uns zukommenden Unkosten fertig zu werden.
Durch die heutigen Ausführungen hat sich wie ein roter Faden hindurchgezogen, daß in der Landwirtschaft speziell der kleine und der mittlere bäuerliche Betrieb da und dort etwas ins Hintertreffen gekommen ist oder kommen muß. Hierzu vorneweg: Es gibt keinen Großbetrieb, es gibt keinen Kleinbetrieb, es gibt nur eine einzige deutsche Landwirtschaft!
— Richtig, ist, Herr Kollege, daß vor allem globale Maßnahmen — das gebe ich ohne weiteres zu — bei den größeren Betrieben etwas günstiger ankommen als bei den kleineren Betrieben. Steuererleichterungen können bei kleineren Betrieben niemals so gut ankommen, weil ihre steuerliche Leistung nur minimal ist. Dasselbe gilt aber auch für die Maßnahmen von der Preisseite, weil in kleineren Betrieben die Verkaufsleistungen nicht so groß sind und hier infolgedessen ohne weiteres eine Differenz auftreten kann.
— Herr Kollege, es gibt nur eine deutsche Landwirtschaft. Es gibt aber eine große Menge von Maßnahmen — das ist auch heute vielfach erklärt worden —, vor allen Dingen in der Milchwirtschaft, die zum Teil auf kleine Betriebe eine bessere Auswirkung haben als auf große Betriebe. Hier werden Sie mir doch kaum widersprechen können.
Weil Sie mir diesen Zuruf gemacht haben, will ich darauf hinweisen, wie wir vielleicht gezielte Maßnahmen noch irgendwo einbauen können, die sich speziell für die kleineren Betriebe auf etwas kärgeren Böden besonders vorteilhaft und segensreich auswirken können.
— Gut, dann dürfen Sie mich nur einladen; ich bin gern dazu bereit.
Aber ich weiß aus alter Erfahrung: viele Köche verderben den Brei. Ich habe zu meinen bäuerlichen Kollegen im Ernährungsausschuß so viel Zutrauen, daß sie die Dinge meistern werden, auch wenn ich nicht dauernd anwesend bin.
Ich habe also gesagt: durch die heutigen Ausführungen ging wie ein roter Faden die Auffassung, daß die kleineren Betriebe doch etwas zu kurz gekommen sind, oder die Befürchtung, daß sie zu kurz kommen könnten. Hier, hochverehrter Herr Landwirtschaftsminister, möchte ich auf eine Maßnahme hinweisen, die für die kleineren bäuerlichen Betriebe speziell auf kärgeren Böden und in Hanglagen von besonderer Bedeutung und großer Auswirkung sein könnte. Einen ganz bedeutenden Betrag macht z. B. der Posten für die Bereitstellung von verbilligtem Treibstoff aus, besser gesagt: für den .von der öffentlichen Hand nicht allzusehr verteuerten Treibstoff, den sogenannten
Dieseltreibstoff. Leider haben wir bei uns im Bundesgebiet eine große Anzahl von solchen Betrieben, kleineren Betrieben, Futterbaubetrieben, die unter dem Hektarsatz von 1000 DM liegen, die wegen der starken Bodenunebenheiten niemals in der Lage sind, Dieselschlepper zu verwenden. Sie sind vielmehr auf die Verwendung von Kleinmotoren und Handmähern angewiesen, auf die Verwendung also von kleineren Hilfsgeräten. Leider ist es bisher nicht möglich gewesen, auch im heurigen Grünen Plan nicht, diesen Kollegen zu helfen, die, das gebe ich ohne weiteres zu, etwas mehr auf der Schattenseite liegen, für ihre Kleinfahrzeuge, ihre Kleinmotoren usw. ebenfalls diesen — wie ich sagte: künstlich verteuerten — Treibstoff verwenden müssen. Diese Betriebe sind für ihre Maschinen auf Benzin und nicht auf Dieselöl angewiesen.
Nun wird immer wieder der Einwand gemacht, daß hier Mißbrauch getrieben werden könnte oder daß hohe Verwaltungsunkosten und große Schwierigkeiten damit verbunden wären. Mißbrauch wird hier bestimmt nicht getrieben, oder er wird, will ich sagen, bestimmt nicht mehr getrieben als anderswo auch. Man darf doch nicht alles an einem Einzelfall aufhängen, der da irgendwo einmal passiert ist. Ich wiederhole: Mißbrauch wird hier bestimmt nicht mehr als anderswo bei vergleichbaren Möglichkeiten getrieben.
Daß aber hohe Verwaltungsunkosten und große Verwaltungsschwierigkeiten entstehen, dieser Befürchtung kann man meiner Ansicht nach mühelos begegnen, wenn man nur einmal von den ausgefahrenen Gleisen herunterkommen und hier auch in der Verwaltung neue Wege beschreiten wollte. Dazu, Herr Minister, ein ganz einfacher Vorschlag: Lassen Sie die Zuteilung einfach erfolgen nach der landwirtschaftlich genutzten Fläche; für soundso viel landwirtschaftlich genutzter Fläche soundso viel Liter Treibstoff, und zwar nicht den verteuerten, sondern den verbilligten Treibstoff. Das wäre doch eine einfache Lösung. Ein Schema der Verbrauchsmenge läßt sich mühelos aufstellen. Ich bin gern bereit, Ihnen dabei hilfreich zur Seite zu stehen.
— Jawohl, ich komme.
Noch eine gezielte Maßnahme, speziell für die kleineren Betriebe. Es ist heute bereits gesagt worden, daß die Eierwirtschaft, die Geflügelwirtschaft bei uns noch sehr im argen liegt. Das ist richtig; sie liegt am Boden, weil die Preise so niedrig sind. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, die deutsche Eier- und Geflügelwirtschaft zu heben. Gerade hier bieten sich besondere Möglichkeiten und Gelegenheiten für den klein- und mittelbäuerlichen Betrieb. Dieser Zweig der bäuerlichen Wirtschaft ist sehr arbeitsaufwendig. Hier könnte sogar noch überschüssige Arbeitskraft produktiv angesetzt werden. Selbstverständlich muß aber, wenn die Eiererzeugung gefördert werden soll, dafür gesorgt werden, daß zumindest eine bescheidene Rentabilität gesichert ist. Glauben Sie nun nicht, daß ich den Hausfrauen nicht billige Eier gönne. Ich wünschte nur, daß die niedrigen Erzeugerpreise auch immer der letzten Verbraucherstufe zugute kämen, wie es gerecht wäre.
Ich darf hier noch auf ein Thema zu sprechen kommen, das nicht unmittelbar mit dem Grünen Plan zusammenhängt. Aber es heißt ja auch in der Bibel: Der Mensch lebt nicht allein vom Brot. So ist es auch nebenbei eine Aufgabe der Agrarpolitik und des Grünen Planes, draußen in der Landwirtschaft ein gesundes Klima zu erzeugen. Und da muß ich einen sehr starken Schönheitsfehler in der Gesetzgebung aufdecken. Wir haben eine Menge von Betrieben, die für die verschiedensten Zwecke Land abgeben mußten. Zum Teil liegen die Landabgaben sehr weit zurück, stammen noch aus der Zeit vor 1945, zum Teil geschahen sie im Zuge der Bodenreform oder für die Besatzungsmächte. Bis heute noch haben viele keine oder nur eine ganz spärliche Entschädigung erhalten. Das ist ein Zustand, der eines Rechtsstaats wirklich nicht besonders würdig ist. Ich möchte Sie bitten, Herr Minister, daß Sie in dieser Frage Ihren Einfluß geltend machen, damit das Entschädigungsgesetz möglichst bald vom Bundestag verabschiedet wird und die berechtigte Verärgerung und Verbitterung dieses Personenkreises ein für allemal beseitigt wird; denn Ordnung ist das halbe Leben.
Meine sehr verehrten Anwesenden, es hat mich seit Jahrzehnten bis heute immer traurig gestimmt, daß für weite Bevölkerungskreise unsere Landwirtschaft immer nur dann interessant geworden ist, wenn große internationale Verwicklungen aufgetaucht sind. Aber heute kann ich auf Grund meiner Beobachtungen doch die erfreuliche Feststellung treffen, daß das Interesse an der Landwirtschaft bedeutend zugenommen hat, so daß Aussicht besteht, der Spruch: „Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert" werde in Zukunft auch für unsere Landwirtschaft geiten.