Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die heutige Debatte aufmerksam verfolgt, der wird bei einem Vergleich mit der Debatte des Vorjahres feststellen können, daß die Kritik am Grünen Bericht erheblich geringer geworden ist. Das ist für alle, die an der Vorlage beteiligt waren, eine große Genugtuung, vor allem aber für jene, die dieser Vorlage Gehalt und Inhalt geben müssen. Wenn wir uns darüber im ganzen Hause einig sind, dann ist es eine angenehme Pflicht, jenen zu danken, die die Grundlagen für die heutige Diskussion geliefert haben.
Das sind mehr als 7000 Betriebe. Zum erstenmal sind auch die kleinbäuerlichen Betriebe in diese umfangreiche und umständliche Untersuchung einbezogen worden. Dadurch kann das Gesamtbild der deutschen Landwirtschaft heute so klar und unumstritten zur Diskussion gestellt werden. Der Herr Minister Dr. Lübke hat davon gesprochen, daß der Grüne Bericht ein Dokument sei, das öffentlichen Glauben verdiene. Die Grundlagen für die Erstellung dieses Berichtes lieferten die genannten Betriebe. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden von den Landwirtschaftskammern, von den Länderministerien, von Wissenschaftlern und von Sachverständigen ausgewertet und im Bundesernährungsministerium zusammengestellt.
Dieser zweite Bericht hat schon heute eine ausgezeichnete Würdigung nicht nur im Hohen Hause, sondern vor allen Dingen auch in der gesamten deutschen Presse gefunden. Ich meine, das ist eigentlich der große Fortschritt, der gegenüber Agrardebatten zu verzeichnen ist, die in den zurückliegenden Jahren manchmal ohne genügendes Material durchgeführt werden mußten.
Ich glaube, die Lage und die Leistungen, die sich vollziehenden Wandlungen in der deutschen Landwirtschaft sind in diesem Dokument so eindeutig dargestellt, daß nicht nur die ganze Problemstellung bei den Schlußfolgerungen, die in Form des Grünen Planes gezogen worden sind, Beachtung findet, sondern diese Schlußfolgerungen sind ohne Zweifel auch wegweisend für die Lösung manch anderer umstrittener Fragen, die in der heutigen Debatte vor allen Dingen in dem Zusammenhang „Agrarwirtschaft in der Gesamtvolkswirtschaft", „gesamtvolkswirtschaftliche Bedeutung der Agrarwirtschaft" einen so großen Raum eingenommen haben.
Der Aussagewert ist also unumstritten, und somit glaube ich auch, daß der Schritt zu den daraus zu folgernden Maßnahmen, der Schritt zu dem Grünen Plan für unsere Bundesregierung um so leichter gewesen ist.
Nun sind in der Debatte schon viele Einzelmaßnahmen ausführlich erörtert worden. Ich glaube, wir sind uns einig darin, daß wir, wie vom Kollegen Kriedemann vorhin vorgeschlagen, diesen Bericht dem zuständigen Ausschuß, dem Ausschuß für Ernährung, überweisen. Damit beeinflussen wir vor allen Dingen nicht nur die Schnelligkeit der Durchführung, sondern können bei der im einzelnen anzustrebenden praktischen Nutzanwendung hier und da auch noch mit unserer Meinung helfend eingreifen.
In dem Zusammenhang möchte ich nur noch auf zwei wesentliche Dinge eingehen, bei denen anscheinend die Meinungen im Hause doch etwas auseinandergehen. Der Herr Bundesminister hat schon ganz eindeutig den Standpunkt der Regierung zu diesen Fragen festgelegt. Ich möchte aber auch von seiten der CDU/CSU-Fraktion keinen Zweifel darüber lassen, daß wir nicht der Auffassung sind, daß man nun bei gewissen Maßnahmen anfangen soll, Untersuchungen anstellen und zwischen groß und klein differenzieren soll. Ich glaube, Herr Kollege Kriedemann, wenn wir im Ausschuß den Dingen nachgehen, wird es nicht schwer sein, auch hierin eine Übereinstimmung zu finden.
Während der von Ihnen vorgetragenen Kritik habe ich nur einen Blick in die Übersicht über die Zuckerrübenbaubetriebe und über die Futterbaubetriebe von Nordrhein-Westfalen geworfen. Auch Sie haben haben dieses Beispiel gewählt. Hierbei ist doch ganz interessant, daß sich der Düngeraufwand bei den Kleinbetrieben bis zu 20 ha auf 210 Mark pro Hektar beläuft. Bei den großen Betrieben über 100 ha fällt er auf 157 Mark ab. Im großen und ganzen macht der Düngeraufwand bei den großen Betrieben 14 %, bei den größeren Betrieben etwa 17 % des gesamten Sachaufwandes aus. Interessanterweise finden Sie dieselben Relationen wieder, wenn Sie nun einen Blick auch auf die Futterbaubetriebe werfen.
Ich glaube also, daß es völlig falsch wäre, etwa Anbauverhältnisse zum Ausgangspunkt für Düngersubventionen zu machen. Ich glaube, gerade die überzeugenden Zahlen, die Herr Minister Dr. Lübke vorgetragen hat, beweisen, daß die Dinge zügig und schnell durchgeführt worden sind. Das ist das, was unsere Bauern wünschen, und das ist auch das, was wir brauchen, meine Damen und Herren!
Und wenn irgendein Fall noch einmal nachgeprüft werden muß, — es wäre ja beinahe ein Wunder, wenn kein einziger solcher Fall im ganzen Bundesgebiet vorhanden wäre.
Ein anderes Beispiel: die Milch. Auch hier nur ein Blick in die Übersicht über die schon genannte Gegend, Nordrhein-Westfalen. Hier steht fest, daß die Erlöse für Milch in den Kleinbetrieben bis zu 10 ha, in den Futterbaubetrieben 50 % der Gesamteinnahmen ausmachen, während sie bei den größeren Betrieben über 50 ha, bei denselben Betrieben, auf etwa 25 % absinken. Bei den Zuckerrübenbetrieben sind bei den kleinen Betrieben die Milcheinnahmen nur mit 20 % beteiligt, während sie bei den Großbetrieben nur noch mit etwa 11 % beteiligt sind.
Ich glaube, diese Zahlen sprechen für sich.
Wir dürfen weder bei der Milch- noch bei der Düngersubvention, weil vielleicht 1 % unter Umständen etwas bekommen könnte, was ihm nicht gehört, die 99 % im Stich lassen.
Wir müssen die Dinge einfach gestalten. Wir müssen die Hilfe schnell geben; nur so können wir den Dingen tatsächlich gerecht werden.
Wenn ich in dem Zusammenhang auch feststellen mußte, daß der Kollege Müller in punkto Dünger anscheinend zu Ihrer Ansicht neigt, zweifle ich doch nicht daran, daß wir in einer Diskussion im Ausschuß diese Dinge klären und auch zu einer einmütigen Auffassung kommen werden. Jedenfalls sind wir uns doch darüber klar, daß es unter keinen Umständen sinnvoll ist, die Verfahren irgendwie zu komplizieren.
Ich habe sogar das Gefühl, daß wir bei einer sehr kritischen Überprüfung einzelner Maßnahmen im ersten Grünen Plan vielleicht zu der Feststellung kommen, daß gewisse Dinge zu viel Verwaltungsaufwand verursachen, zu viel Autofahrten und zu viel Fragen bei den Bauern, und daß wir vielleicht im Laufe der nächsten paar Jahre von diesen Dingen abkommen und Schwerpunkte schaffen. Ich glaube, daß alles, was wir auch an Konsequenzen ziehen und unter der Überschrift „Grüner Plan" in die Praxis hineintragen, bei den Bauern so ankommt, daß jeder, auch der von morgens bis abends schwer arbeitende Bauer mit den Dingen fertig wird und sich hindurchfindet.
In dem Zusammenhang ist auch davon die Rede gewesen — der Herr Bundesminister ist darauf eingegangen —, daß in der Debatte zum Teil sehr große Disparitäten herausgerechnet worden sind. Herr Minister, wir sollten diese Dinge nicht so
sehr beachten. Es wird immer Leute geben, die eine gewisse Stimmung machen müssen, um gewisse Waren an den Mann zu bringen. Wenn ein einzelner daran seinen Spaß hat, — laß ihn doch! Ich möchte empfehlen, Herr Bundesminister, beachten Sie diese Dinge ebenso wenig wie wir. Halten Sie sich an das, was der Deutsche Bauernverband zu den Problemen der deutschen Landwirtschaft zu sagen hat.
— Herr Kriedemann, Sie lachen; Sie neigen doch nicht etwa zu dem Konkurrenzunternehmen?
Der Deutsche Bauernverband hat auch nach meinem Dafürhalten sehr früh zu dem diesjährigen Grünen Bericht Stellung genommen. Er hat nicht von 8 und 10 Milliarden gesprochen, aber auch er hat eine größere Disparität festgestellt, oder sagen wir es anders: er hat auch mehr für notwendig gehalten, als in dem Grünen Plan heute zur Debatte steht und was auch, daran zweifle ich nicht, die Zustimmung des Hohen Hauses finden wird.
Eines ist eigentlich von allen Diskussionssprechern ganz klar herausgestellt worden: daß die Entwicklung in der übrigen Wirtschaft, vor allen Dingen im letzten Jahr, so gewaltig vorangekommen ist, daß leider die Argumente, die schon bei der Beratung des Gesetzes eine Rolle spielten, nicht ganz beiseite zu schieben sind. Wenn wir innerhalb eines Jahres derartige Lohn- und Preisbewegungen haben, wie wir sie im letzten Jahr tatsächlich verzeichnen mußten, dann laufen wir Gefahr, zwei Grüne Pläne und zweimal die ganzen Probleme der deutschen Landwirtschaft diskutieren zu müssen. Ich bin deshalb der Meinung, daß das sehr wohl zu beachten ist, was auch der Herr Bundesminister in seinem Schlußwort noch einmal deutlich hervorgehoben hat.
Dabei wollen wir doch nicht in ,den Fehler verfallen, Kollege Frehsee, sehr eingehend dieser Pfennig-Rechnung nachzugehen. Sie ist ohne Zweifel genau so sauber berechnet wie all die anderen Dinge, die in dem Grünen Bericht enthalten sind. Sie haben wohl den Fehler gemacht, daß Sie von dem Lohnniveau im Durchschnitt vom Mai 1956 bis heute ausgegangen sind. Täuschen wir uns doch nicht darüber, daß ,die Differenz von 41 Pfennig berechnet ist aus dem Vergleich der zu derselben Zeit gezahlten durchschnittlichen Bruttoverdienste von gewerblichen und landwirtschaftlichen Arbeitnehmern aus 160 Gemeinden unter 5000 Einwohnern. Wir sind völlig Ihrer Auffassung — das hat auch Kollege Bauknecht gesagt —, daß heute die Spanne noch größer geworden ist.
In dem Zusammenhang möchte ich Ihnen sagen, daß wir, die CDU/CSU-Fraktion, in der Frage der Landarbeitsverfassung mit Ihnen durchaus einer Meinung sind. Der verheiratete Landarbeiter als Facharbeiter muß 'in 'zunehmendem Maße seinen Platz in unserer Wirtschaft finden. Wir sind der Meinung, daß Eigenheim- und Werkwohnungsbau weiter gefördert werden müssen. Die Durchführungsbestimmungen für den Werkwohnungsbau bereiten ,allerdings noch zu viele Schwierigkeiten.
All dies soll und darf uns nicht von der Feststellung abhalten, daß auch dieser Grüne Plan einen Schnitt vorwärts bedeutet. Die deutsche Land-
wirtschaft wird ihrerseits ihre eigenen Anstrengungen, die aus den einzelnen Punkten des Grünen Berichts ganz deutlich abzulesen sind, fortsetzen. Sie wird aber nicht auf Preisforderungen verzichten können — wie Bundesminister Dr. Lübke das zum Schluß aussprach —, wenn nicht maßgehalten wird. Hier sollten wir nicht einseitig Gewerkschaften oder Unternehmer, sondern beide ansprechen, denn beide Seiten haben dazu 'beigetragen, daß die Entwicklung in gewissen Bereichen davongeeilt ist, so daß wir, die Landwirtschaft, 'in Schwierigkeiten kommen. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir ohne den qualifizierten Arbeiter ,in den größeren Betrieben nicht arbeiten können. Wir wollen aber auf alle Fälle auch nicht vergessen, daß den etwa 750 000 familienfremden Arbeitskräften etwa 3 Millionen bäuerliche Familien gegenüberstehen. Es muß unsere Aufgabe in Zukunft bleiben, auch diesen Menschen gerechten Lohn für gute Arbeit zu sichern. Ich glaube, daß sich das Hohe Haus in diesem Sinne einig ist.
Wir als CDU/CSU-Fraktion dürfen der Bundesregierung und insbesondere dem Herrn Bundesminister Dr. Lübke Dank sagen für die Erstellung dieses Berichts und für die .angekündigten Maßnahmen. Wenn in Zukunft Parlament und Regierung auch die letzten Chancen nutzen, um für ein Maßhalten in anderen Bereichen und für ein Ausschöpfen der klaren Möglichkeiten des § 1 des Landwirtschaftsgesetzes zu sorgen, dann werden wir in Verbindung mit bäuerlichem Fleiß für die Zukunft wirtschaftlich und sozial gesunde Verhältnisse ,auf dem Lande schaffen.