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ID0219501500

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    2. Deutscher Bundestag — 195. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. Februar 1957 11093 195. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. Februar 1957. Geschäftliche Mitteilungen 11100 A Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 11093 D Vorlage des Berichts des Bundesministers des Innern über die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Drucksache 2034, 3237) 11093 D Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200, Umdrucke 961, 962, 963) 11093 D Lücker (München) (CDU/CSU) . . 11093 D Kriedemann (SPD) . . . . 11100 A, 11144 C Bauknecht (CDU/CSU) 11109 D Mauk (FDP) 11114 B, 11115 B, C Lahr (FVP) 11115 B, C, 11139 A Elsner (GB/BHE) 11119 D Dr. Preiß (FVP) 11122 A Müller (Wehdel) (DP) 11124 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 11128 D Frehsee (SPD) 11132 D Struve (CDU/CSU) 11135 B Lermer (CDU/CSU) 11137 B Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 11138 D Fassbender (DP) 11140 B Dr. Horlacher (CDU/CSU) 11142 A Ausschußüberweisungen . . . . 11144 D, 11145 A Beschlußfassung zum Entschließungsantrag Umdruck 963 11145 A Nächste Sitzung 11145 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11145 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 961) 11146 A Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 962) 11146 C Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 963) 11146 D Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 3. Albers 3. 3. Albrecht (Hamburg) 27. 2. Dr. Arndt 27. 2. Bals 4. 3. Dr. Bartram 27. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 16. 3. Behrisch 2. 3. Bender 1. 3. Berendsen 27. 2. Brese 9. 3. Brück 27. 2. Cillien 2. 3. Dr. Czaja 6. 3. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Dresbach 27. 2. Eberhard 28. 2. Frau Finselberger 1. 3. Freidhof 27. 2. Geiger (München) 1. 3. Gerns 16. 3. Giencke 27. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Götz 1. 3. Dr. Greve 27. 2. Günther 27. 2. Hahn 28. 2. Häussler 27. 2. Frau Heise 6. 3. Hepp 2. 3. Heye 27. 2. Dr. Höck 28. 2. Höfler 2. 3. Hoogen 1. 3. Frau Dr. Ilk 1. 3. Karpf 27. 2. Kiesinger 9. 3. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Koenen (Lippstadt) 1. 3. Dr. Köhler 2. 3. Könen (Düsseldorf) 1. 3. Frau Korspeter 2. 3. Kramel 27. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Kreyssig 1. 3. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze (Bethel) 28. 2. Lange (Essen) 27. 2. Dr. Leiske 27. 2. Dr. Leverkuehn 27. 2. Dr. Löhr 27. 2. Lücke 6. 3. Lulay 27. 2. Dr. Mende 28. 2. Merten 1. 3. Metzger 27. 2. Mißmahl 1. 3. Dr. Mocker 28. 2. Morgenthaler 30. 4. Müller-Hermann 27. 2. Neuburger 2. 3. Neumann 1. 3. Neumayer 16. 3. Oetzel 27. 2. Ollenhauer 27. 2. Onnen 27. 2. Pelster 27. . Rademacher 1. .3 Rehs 27. 2 Dr. Reichstein 1. 3. Dr. Rinke 1. 3. Frau Rudoll 27. 2. Ruhnike 28. 2. Ruland 27. 2. Rümmele 27. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 27. 2. Schill (Freiburg) 27. 2. Schloß 27. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schmücker 16. 3. Schneider (Bremerhaven) 27. 2. Schneider (Hamburg) 2. 3. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Seiboth 28. 2. Dr. Starke 27. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stingl 28. 2. Stücklen 6. 3. Wedel 1. 3. Wehr 6. 3. Dr. Wellhausen 27. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Dr. Werber 27. 2. Wolf (Stuttgart) 4. 3. ****) Siehe Anlage 4. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Arnholz 30. 3. Hellenbrock 10. 3. Dr. Keller 9. 3. Moll 1. 4. Dr. Pohle (Düsseldorf) 9. 3. Raestrup 16. 3. Richter 9. 3. Dr. Schranz 11. 3. Srock 9. 3. Anlage 2 Umdruck 961 (Vgl. S. 11139 A, 11144 D) Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Abschnitt B Ziffer II des Grünen Planes 1957 (zu Drucksache 3200) Die Bundesregierung wird ersucht, 1. über die zur Verbilligung von Handelsdünger (Nr. 2 Buchstabe a) bereitgestellten Mittel von 260 Millionen DM hinaus weitere Mittel bereitzustellen, um die bereits eingetretene Preiserhöhung der Phosphatdüngemittel und die angekündigte Preiserhöhung der Stickstoffdüngemittel auszugleichen; 2. bezüglich der Förderung der Verwendung von anerkanntem Kartoffelpflanzgut (Nr. 2 Buchstabe b Absatz 2) ,die teilweise Beschränkung auf bestimmte Betriebsgrößenklassen und Bodennutzungssysteme wegfallen zu lassen; 3. die unter Nr. 2 vorgesehenen Maßnahmen zur rationelleren Gestaltung der Erzeugung dahin zu ergänzen, daß zur Verbilligung des Dieselkraftstoffs ein Betrag eingesetzt wird, der ausreicht, um den Preisstand vom Mai 1956 wiederherzustellen. Gleichzeitig soll ein ausreichender Betrag bereitgestellt werden, um ,eine ,der Dieselkraftstoffverbilligung entsprechende Verbilligung des Vergaserkraftstoffes für Kleinaggregrate in landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen; 4. die unter Nr. 3 Buchstabe a Absatz 3 vorgesehene Beschränkung, wonach der Tierbestand amtlich als seuchenfrei anerkannt sein oder sich nach einem Plan in Sanierung befinden muß, der im Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde aufgestellt ist, wegfallen zu lassen; 5. die unter Nr. 3 Buchstabe a Absatz 5 vorgesehenen Mittel für Seuchenbekämpfung - siehe auch Überblick unter Ziffer III Nr. 3 Buchstabe a (2) - um 100 Millionen DM auf 120 Millionen DM zu erhöhen; 6. im Zuge der Stärkung der kleinbäuerlichen Geflügelwirtschaft (Nr. 3 Buchstabe b Absatz 7) zur Verjüngung der Bestände und Erhöhung der Legeleistung einen Betrag von 10 Millionen DM als Beihilfe zur Beschaffung von Küken und Junghennen aus anerkannten Vermehrungszuchten bereitzustellen; 7. zusätzlich zu den Maßnahmen unter Nr. 3 Buchstabe b 'einen Betrag von 7,5 Millionen DM zur Wiederherstellung der Rentabilität der Schafhaltung (Stützung des Wollpreises) und einen Betrag von 1,5 Millionen DM zur Förderung der Imkerei (Verbilligung des Futterzuckers) bereitzustellen; 8. zusätzlich zu den Maßnahmen unter Nr. 4 Absatz 1 einen Betrag bereitzustellen, der es ermöglicht, unter Einbeziehung der seit der Währungsumstellung entstandenen 'dinglich gesicherten Schulden den vom letzten Kreditnehmer zu zahlenden Zinssatz auf 4 v. H. zu senken. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 962 (Vgl. S. 11140 B, 11144 D) Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 ,und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird verpflichtet, in Anwendung der ihr nach § 1 des Landwirtschaftsgesetzes vorgeschriebenen Mittel der Landwirtschaft für ihre Erzeugnisse kostendeckende Preise zu sichern. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 963 (Vgl. S. 11144 B, 11145 A) Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage ,der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, ,daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ihre Anstrengungen gemäß § 1 des Landwirtschaftsgesetzes zu verstärken, um den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 5 des Landwirtschaftsgesetzes zu erreichen. Der Bundestag erwartet ferner, daß die Länder sich an den Förderungsmaßnahmen zugunsten der landwirtschaftlichen Erzeugung und ihres Absatzes sowie zur Verbesserung der Agrarstruktur auch mit finanziellen Beiträgen entsprechend der Regelung beim vorjährigen „Grünen Plan" beteiligen. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Adolf Mauk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine eigene Abstimmung spielt hier keine Rolle.

    (Abg. Lahr: Ich meine Ihre Partei!)

    Es scheint mir aber, daß Sie auf eine Zollsenkung anspielen, die im Zusammenhang mit der damaligen Debatte über die Konjunktur in der gesamten Wirtschaft gestanden und die mit einem einzelnen Produkt überhaupt nichts zu tun hat. Ihre Frage ist so gestellt, daß Sie damit die Lage verfälschen; das möchte ich ausdrücklich feststellen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich darf hier das unterstreichen, was auch Herr Kollege Bauknecht gesagt hat. Wenn wir die Disparität beseitigen wollen, wenn wir erreichen wollen, daß auch die Landwirtschaft zu dem kostendeckenden Preis kommt, ist das letzten Endes nur dadurch möglich, daß der § 1 des Landwirtschaftsgesetzes so angewendet wird, wie es vom Gesetzgeber vorgesehen ist.
    Ich möchte noch zu einigen anderen Dingen des Grünen Berichtes kommen. Leider fehlen im Grünen Bericht ausreichende Hinweise auf die Tatsache, daß der Erzeugeranteil an dem Endpreis, den der Verbraucher zahlt und der uns immer wieder vorgehalten wird, ständig geringer geworden ist. Es wäre dringend zu wünschen, daß der Informationsdienst des Bundesernährungsministeriums diese Dinge einmal eindeutiger und klarer aufzeigt, damit draußen in der Öffentlichkeit endlich ein anderes Bild entsteht, als es in der Vergangenheit bestanden hat.
    Im übrigen muß ich sagen, daß der Grüne Bericht für den Bauern leider nichts Neues gebracht hat. Der Bauer spürte die Lage der deutschen Landwirtschaft schon längst an seinem Geldbeutel. Der Grüne Bericht hat auch nichts Neues für uns gebracht, die wir in der agrarpolitischen Verantwortung stehen. Denn wer Augen hatte, Herr Kriedemann, der konnte an der Entwicklung der Indexpreise längst ablesen, wie sich die Lage der Landwirtschaft in der Zwischenzeit entwickelt hat. Die wirkliche Lage zeigt sich deutlich daran — und das ging auch aus den Ausführungen des Herrn Bundesernährungsministers in der letzten Woche hervor —, daß nur knapp 5 % der Betriebe eine Kostendeckung erreichen, daß bei rund 20 % der Betriebe zwar der Lohnanteil erreicht worden ist, aber keine Verzinsung mehr des im Betrieb investierten Kapitals, und daß bei rund 75 % der bäuerlichen Betriebe bzw. bei rund 75 % der Betriebsfläche weder ein echter Lohnanteil noch eine Verzinsung des Kapitals noch ein Entgelt für das Unternehmerrisiko erreicht worden ist.
    Ich darf auf folgende Tatsache hinweisen. Die Verschuldung der Landwirtschaft betrug im Juli 1955, also vor der Ernte, 7,2 Milliarden DM. Sie betrug 1956 vor der Ernte, also am Schluß des Berichtsjahres, 8,5 Milliarden DM. Sie beträgt nach neuesten Erhebungen am Ende des Jahres 1956 8,8 bis 8,9 Milliarden DM, wovon über 5 Milliarden DM kurzfristige Schulden mit hohen Zinssätzen sind. Die Experten sagen, daß in Bälde die 9-Milliarden-Grenze erreicht sein wird. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß der Grüne Be-


    (Mauk)

    richt einen Verkaufserlös von insgesamt 15 Milliarden DM ausweist. Das bedeutet, daß schon heute, vor der Ernte, die Ernte des Jahres 1957 mit über 50 % verschuldet ist. Der Bericht sagt leider auch nichts aus, ob man sich bei der Bundesregierung Gedanken darüber gemacht hat, wie diese 5 Milliarden DM kurzfristige Schulden konsolidiert werden könnten. Man sollte sich einmal Gedanken darüber machen, ob nicht die Verwendung eines Teiles des Juliusturmes hier angebracht wäre. Ich glaube, er könnte hier eingesetzt werden, ohne daß das die Marktwirtschaft in irgendeiner Weise stören würde.
    Bei näherer Untersuchung des Grünen Berichtes muß man leider noch einen anderen Fehler feststellen. Herr Kollege Bauknecht hat bereits darauf hingewiesen — ich kann mich deshalb kurz fassen —, daß eine riesengroße Diskrepanz besteht zwischen den 3,9 Millionen Familienarbeitskräften, die in der amtlichen Statistik angegeben sind, und den 2,2 Millionen, die im Grünen Bericht zugrunde gelegt werden. Wie man die Umrechnung auch vornahm, — ich glaube, die Leistung unserer Bauersfrauen wurde dabei nicht entsprechend gewürdigt.
    Auch in der Frage des Lohnansatzes kann ich mich auf das beziehen, was Herr Bauknecht bereits hier gesagt hat. Man hat einen manipulierten — ich unterstreiche dieses Wort besonders — Jahresdurchschnittslohn zugrunde gelegt, anstatt einen echten Vergleich anzustellen. Das ist nur möglich, wenn man den Stundenlohn zugrunde legt.
    Trotz dieser prinzipiellen Fehler kann man aus diesem Bericht interessante Zahlen entnehmen. Es wurde, glaube ich, schon von zwei meiner Herren Vorredner angeführt, daß bei dem Vergleich zwischen Erlös und Aufwand auf Seite 48 des Berichts von der Bundesregierung festgestellt worden ist, daß für die familieneigenen Arbeitskräfte noch ein Barlohn von 830 DM verbleibt. Wenn man diesen Barlohn einmal auf die Stunden umrechnet — und der Bericht unterstellt ja 2700 Arbeitsstunden im Jahresdurchschnitt für die landwirtschaftlichen Arbeitskräfte; die Zahl ist anfechtbar, ich will sie aber unterstellen —, ergibt sich ein Stunden-Barlohn von 30,75 Pf, also von knapp 31 Pf je Stunde, allerdings neben Kost und Wohnung. Es ist nur der Barlohn allein gemeint; ich will das der Ordnung halber ausdrücklich feststellen.
    Man muß sich wundern, daß die deutschen Kleinbauern — denn sie geht das in erster Linie an — das bisher noch ausgehalten haben. Diejenigen, die die Verhältnisse draußen nicht kennen, müssen wissen, daß das bisher nur dadurch möglich gewesen ist, daß man den Riemen von Jahr zu Jahr enger geschnallt hat. Wie lange das noch weitergehen soll, wissen wir nicht. Wie lange wir bei einem Stundenlohn von rund 30 Pf die Menschen noch bei der Scholle halten können, wird wohl kaum einer vorauszusagen in der Lage sein. Das soziale Problem unseres Volkes ist heute — neben den Problemen der Kleinrentner und neben denen des Mittelstandes, die in zwei Geldabwertungen ihr Vermögen verloren haben — draußen auf dem Dorf bei unseren Kleinbauern zu suchen und nirgendwo anders.
    Vergeblich sucht man im Bericht nach einer Globalbilanz. Auch darüber wurde bereits gesprochen. Man ist deshalb darauf angewiesen, da und dort Berechnungen 'anzustellen. Zwar ist im
    Bericht gesagt, daß die Unterlagen nicht ausreichen, eine solche Bilanz zu erstellen; aber wenn man sich ein bißchen Mühe gemacht hätte — und ich glaube, daß der Bundesregierung doch ganz große Experten zur Verfügung gestanden hätten, wenn man sich hätte der Mühe unterziehen wollen —, hätte man eine solche Bilanz, eine Aufwands-Ertragsrechnung, wie sie im Gesetz vorgeschrieben ist, erstellen können. Ich darf jedenfalls eindeutig feststellen, daß, als der Gedanke einer Disparitätsrechnung vor etwa sechs Jahren erstmalig aufkam, das Industrieforschungsinstitut sofort eine solche Rechnung aufmachte. Auch das Wirtschaftswissenschaftliche Institut der Gewerkschaften hat sich der Mühe unterzogen, eine solche Bilanz aufzustellen. Damals lagen dieser Bilanz keine besseren Unterlagen zugrunde, als heute vorhanden sind; heute wären die Unterlagen sogar etwas besser gewesen. Eine wenigstens ungefähr stimmende Bilanz hätte man schon vorlegen können. Man kann sich des Eindrucks nicht. erwehren, daß man diese Bilanz nicht erstellen wollte, um der Öffentlichkeit nicht sagen zu müssen, wie die wirkliche Lage der Landwirtschaft ist.
    Leider ist es für denjenigen, der mit den Dingen nicht so ganz vertraut ist, der nicht dauernd drinsteht, nicht sehr leicht, aus dem vorliegenden Bericht eine solche Bilanz zu ziehen. Das käme einer Doktorarbeit gleich. Aber ich darf darauf hinweisen, daß sich andere Experten dieser Aufgabe unterzogen haben und man dieser Tage einer Veröffentlichung entnehmen konnte, daß Fachleute die derzeitig bestehende Disparität bei Einsatz aller kalkulatorischen Posten in der Weise, wie es heute von meinen Vorrednern vorgeschlagen wurde, bei echten Stundenlöhnen, bei echter Verzinsung des Kapitals zwischen 8 und 10 Milliarden ermittelt haben. Sie werden über diese Summe erschrecken. Ich bin genauso erschrocken wie Sie und habe mir einmal Gedanken darüber gemacht, wie man zu solchen Phantasiezahlen kommen kann. Es ist mir genauso ergangen, wie es manchen von Ihnen jetzt ergangen ist.
    Man muß da einige Dinge kennen, um einmal die Größenverhältnisse überhaupt zu begreifen. Sie haben gehört, daß wir 3 Millionen Vollarbeitskräfte in der Landwirtschaft haben, — die bereinigte Zahl; ich zähle nicht diejenigen, die außerdem noch da sind, sondern nur die amtlich zugegebenen 3 Millionen. Auch ist amtlich zugegeben, daß sie auf 2700 Arbeitsstunden pro Jahr kommen. Wenn Sie das multiplizieren, ergeben sich 8,1 Milliarden Arbeitsstunden insgesamt. Wenn Sie auch nur 10 Pfennig Stundenlohn annehmen, gibt das 810 Millionen DM im Jahr. Wenn also eine Lohndifferenz von 41 Pf besteht, wie es Herr Minister Lübke hier ausgewiesen hat, gibt das schon 3,32 Milliarden DM Differenz allein als Lohndisparität. Ich 'unterstelle hierbei die amtlichen Zahlen, die uns bekanntgegeben worden sind. Und wenn das stimmt, was Herr Kollege Bauknecht vorhin gesagt hat, daß nach seinen Unterlagen die Lohndifferenz zwischen Landwirtschaft und gewerblicher Wirtschaft 60 Pf beträgt — genau 59; ich runde es jetzt der Einfachheit halber auf 60 auf; Sie können ja nachher einen Pfennig wieder abziehen —, dann ergeben sich aus 6 mal 810 Millionen rund 4,8 Milliarden DM. Wenn Sie diese Zahl herausstellen, kommt Ihnen die Disparitätszahl von 8 Milliarden vielleicht nicht mehr ganz so böhmisch vor. Wenn man dann damit rechnet, daß die Verzinsung, der Betriebsleiterzuschlag — es


    (Mauk)

    gibt Experten, die das ausgerechnet haben — bei richtigem Ansatz auch mindestens 3 bis 4 Milliarden betragen müßten, dann kommen wir der Summe schon wesentlich näher. Ich will weiter zu diesen Dingen jetzt nicht sprechen.

    (Abg. Kriedemann: Lächerlich? Wir wollen mal sagen: ich habe freundschaftlich daran erinnert, daß wir Ihnen einen guten Dienst geleistet haben!)

    — Dann darf ich Sie freundschaftlich daran erinnern, daß Sie einen großen Fehler gemacht haben, als Sie unsere Konzeption nicht annahmen. Es war eine Lüge, wenn man sagte: Die FDP will eine Indexautomatik. Ich will jetzt keinen Vergleich mit dem vor einigen Tagen verabschiedeten Rentenreformgesetz ziehen, um festzustellen, wer eine Indexautomatik will und wer nicht. Es war aus dem Gesetzentwurf klarherauszulesen, daß wir den Indexvergleich nur für die laufende Untersuchung heranziehen wollten. Aber, Herr Kriedemann, wenn man das jetzt täte — entschuldigen Sie, wenn ich ein bißchen dabei verweile —,

    (Abg. Kriedemann: Aber machen Sie keinen Nachhilfeunterricht!)

    müssen Sie folgendes bedenken. Wir lesen im Grünen Bericht, daß die Löhne, die eingesetzt worden sind, auf der Tarifbasis vom 1. März 1956 fußen, wenn ich mich recht erinnere — ich konnte es jetzt in der Eile nicht mehr nachlesen —, und daß inzwischen eine Lohnerhöhung von 13 Pf eingetreten ist. Ich habe vorhin ausgerechnet, was 10 Pf Lohnerhöhung ausmachen: allein diese eine Lohnerhöhung ergibt rund i Milliarde D-Mark. Sehen Sie, Herr Kriedemann, das kann man jetzt, ein Jahr später, im Bericht noch nicht einmal feststellen, weil der Bericht zwangsläufig eineinhalb Jahre nachhinkt.

    (Abg. Kriedemann: Wenn er sich auf Tatsachen stützen will, muß er das natürlich!)

    — Wir haben den Aufwand-Ertrag-Vergleich auch richtig gefunden zur Nachprüfung, ob die Maßnahmen geeignet sind, nicht abgelehnt, sondern auch gefordert. Aber wenn man Maßnahmen nach § 1 des Gesetzes ergreifen will — sei es auf Außenhandels-, sei es auf preispolitischem Gebiet —, kann man das nur tun unter Anwendung der Indizes, weil man sonst immer um ein, eineinhalb oder auch zwei Jahre mit den Maßnahmen nachhinkt. Das haben wir doch gesehen.
    Ich habe noch einen kleinen Vergleich: Wir hatten im vorigen Jahr im Grünen Plan 600 Millionen DM. Die Lohnerhöhung von 13 Pfennig machte bereits eine Milliarde DM aus, fraß also die ganzen Planmittel auf. Wir haben jetzt angeblich 1,2 Milliarden DM im Grünen Plan.

    (Abg. Kriedemann: 1500 Millionen!)

    — Das dürfte nicht ganz stimmen.

    (Abg. Kriedemann: Sicherlich, Sie brauchen nur nachzurechnen!)

    — So; ich glaube noch nicht ganz an die Zahl. Ich komme nachher noch auf einige zahlenakrobatische Kunststücke zu sprechen, die im Grünen Bericht und im Grünen Plan enthalten sind; Sie haben auch schon darauf hingewiesen.
    Die Gewerkschaften haben — ich mache niemandem einen Vorwurf daraus — schon wieder eine Lohnerhöhung um 20 % beantragt. Das macht 1,62 Milliarden DM aus.
    Ich wollte mit diesen Feststellungen nur die Größenordnung zeigen, damit Sie sehen, wie lächerlich es ist, wenn man so ein großes Gedöns — wie die Rheinländer sagen — um diese Millionen macht, die da gegeben werden.

    (Abg. Kriedemann: Aber Herr Mauk!)

    — Bitte, ich muß feststellen, daß die Dinge davongelaufen sind, daß die Entwicklung in der gewerblichen Wirtschaft durch die Lohnpreisspirale ein Tempo angenommen hat, das alle Maßnahmen, die wir heute treffen, leider Gottes nur als einen Tropfen auf den heißen Stein erscheinen läßt. Das ist eine Tatsache, die leider nicht wegdiskutiert werden kann. Man hätte andere Maßnahmen grundsätzlicher Art ergreifen müssen.
    Vieles, was ich mir notiert habe, würde eine Wiederholung dessen sein, was meine Herren Vorredner über den Bericht selbst und über den Plan gesagt haben. Ich will die Damen und Herren des Hohen Hauses damit nicht langweilen. Ich möchte nur noch auf zwei Dinge ganz kurz eingehen.
    Die Disparität werden wir nie allein mit irgendwelchen Subventionsmaßnahmen beseitigen können. Das ist wohl uns allen klargeworden. Subventionsmaßnahmen können dann zugestanden werden, wenn es gar keine andere Möglichkeit der Hilfe mehr gibt. Auch wir sagen heute ja z. B. zu den auf dem Gebiet der Milchwirtschaft vorgesehenen Subventionsmaßnahmen, weil man, wenn man heute den Ausgleich schaffen wollte, nachdem man die Milchpreisregelung seit 1951 hat hängen lassen und im Vorjahr nur eine unbefriedigende Maßnahme getroffen hat, den Trinkmilchpreis um 20 Pfennig erhöhen müßte.

    (Abg. Kriedemann: Das wäre ein Vorschlag, über den man diskutieren könnte!)

    Denn bekanntlich gelangen nur 25 % der Milch als Trinkmilch auf den Markt, und der Rest findet als Werkmilch in der Butter- und Käsezubereitung Verwendung.
    Nun möchte ich noch zu den Mitteln des Grünen Plans sprechen, die zur Verbesserung der Agrarstruktur vorgesehen sind. Es wurde angegeben, daß es sich im vorigen Jahre um 80 Millionen, in diesem Jahre um 160 Millionen DM für die Flurbereinigung handelt. Es wurde aber von Herrn Minister Lübke selbst zugegeben, daß 220 Millionen DM schon beantragt sind. Ich muß doch fragen: warum hat man diese Mittel dann nicht wenigstens genehmigt, als es darum ging, die Posten auszuhandeln?

    (Abg. Kriedemann: Die wollte man denen zugeben, die sowieso 160 Mark über dem Strich liegen!)

    — So genau wußte ich es nicht. Man darf ja auch einmal etwas fragen.

    (Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Wir von der FDP haben vor einiger Zeit einen Antrag betreffend ein Investitionsprogramm ge-


    (Mauk)

    stellt. Wir vermissen leider im Grünen Bericht einen entscheidenden Hinweis darauf. Wir sind uns längst klargeworden, daß mit den Mitteln, mit denen man jetzt die Strukturwandlung durchführt — ich glaube, das geht auch Herrn Minister Lübke so —, in vielen Jahren das Ziel nicht erreicht wird. Es wird zwar gesagt, daß man schon heute Agrarpolitik in der Richtung mache, daß wir in spätestens 15 Jahren in das europäische Marktgeschehen eingegliedert werden können. Man gibt auf der anderen Seite zu, daß wir bei den Mitteln, die wir heute für die Strukturverbesserung aufwenden, noch mindestens 30 bis 40, wenn nicht noch viel, viel mehr Jahre brauchen, bis der deutsche Landwirt so weit ist, daß er in das europäische Marktgeschehen eingeschaltet werden kann.
    Ferner möchte ich darauf hinweisen, daß es mit der Strukturwandlung allein beim besten Willen nicht getan ist. Man muß dazu eine Wandlung des Maschinenbesatzes, eine echte Umwandlung durchführen, wenn wir diese Konkurrenz aushalten sollen. Da sind andere Mittel nötig, als bisher eingesetzt worden sind. Von Experten ist veranschlagt worden — zu diesen Experten gehören meines Wissens Herr Professor Baade, Herr Professor Rüstow und Herr Professor Niehaus —, daß für die vollständige Modernisierung, für die echte Umstellung der Landwirtschaft ein Kapital von etwa 40 bis 45 Milliarden DM notwendig wäre. Diese Zahl mag phantastisch klingen. Aber wenn man die Voraussetzungen dafür schafft, daß die Landwirtschaft dabei viel Eigeninitiative entwickeln kann — ich erinnere an unser Investitionssparkassen-Programm —, und wenn man nur in einem ähnlichen Maße, lange nicht so hoch, aber in ähnlichem Maße wie beim Bausparen die Mittel gibt und dann wie beim Wohnungsbau die Zuschüsse gibt und diese Summe von 45 Milliarden auf 15 Jahre verteilt, sich also nur 3 Milliarden jährlich als Ziel setzt, dann ist es, glaube ich, durchaus im Bereich der Möglichkeiten, ein solches Programm durchzuziehen. Ich möchte auf weitere Einzelheiten jetzt nicht eingehen. Ich glaube, daß die Experten, die es angeht, mich schon richtig verstanden haben.
    Eines hat mich beim Lesen des Grünen Berichts ganz besonders beeindruckt. Auch wenn man sonst die Dinge, die über den Grünen Bericht, über die Lage der Landwirtschaft verbreitet werden, vergleicht, muß man als Agrarwirtschaftler beinahe erschüttert sein über die Auffassungen, die da und dort draußen herrschen. Dieser Tage hat jemand zu mir gesagt — vielleicht ist diese Auffassung ganz drastisch ausgesprochen, aber sie ist ausgesprochen worden —: „Na, Ihre Bauern können ja nun zufrieden sein, jetzt bekommen sie wiederum 1,5 Milliarden" —, „ihr braucht ja jetzt bald nichts mehr zu tun; euch wächst das Geld in die Tasche hinein." So geht es, Herr Bundesminister, wenn man nur die Summen klarstellt, die man ausgibt, und vergißt, der Öffentlichkeit die Summen bekanntzugeben, die die wirkliche Disparität ausmachen. Das ist einfach das Schlimmste an der ganzen Lage heute, daß wir feststellen müssen, daß sich die breite Öffentlichkeit über uns ärgert, daß allmählich diese 87 % Nicht-Landwirte eine völlig falsche Vorstellung von der Landwirtschaft bekommen, daß sie zwangsläufig zu der Überzeugung kommen: Diese Bauern können nie satt werden, sie können nie genug bekommen, sie sind unerschöpflich in ihren Forderungen.

    (Abg. Lenze [Attendorn] : Das denkt die Öffentlichkeit nicht!)

    — Bitte, lesen Sie die Presse! „Milliardenrausch", „Geschenke der Steuerzahler an die Landwirtschaft" —, ich könnte Ihnen Dutzende solcher Überschriften in der Tagespresse zeigen. Um den Dingen nachzugehen, habe ich hier im Hause einen Journalisten wegen eines solchen Artikels zur Rede gestellt. Er hat mir gesagt: „Bitte, Herr Mauk, was wollen Sie denn, die Zahlen, die ich verwendet habe, stammen vom Informationsdienst des Bundesernährungsministeriums." Ich darf nur dies eine Beispiel nennen. Man könnte publizistisch eine andere Atmosphäre und andere Voraussetzungen schaffen.
    England zahlt an seine viel kleinere Landwirtschaft jährlich etwa 4 Milliarden DM, in erster Linie für Preisstützungen und für einige andere Maßnahmen. Ich habe nichts davon gehört, daß in England deshalb ein Aufruhr entstanden ist oder die Landwirtschaft schief angeschaut wird. Aber drüben schreibt man public relations eben ganz groß. Herr Minister Lübke hat kürzlich in diesem Hause ausgeführt: Wir müssen uns leider immer erst von anderen Ländern die Beispiele vorführen lassen, z. B. die Schulmilchspeisung. Ich möchte ihn dringend bitten, auch hier bei den public relations einmal das Beispiel der anderen Länder anzuwenden; dann bekommt man draußen in der breiten Öffentlichkeit ein ganz anderes Bild über die wirkliche Lage der deutschen Landwirtschaft.
    Ich glaube, daß ich auf die Maßnahmen des Grünen Plans nicht mehr allzubreit einzugehen brauche. Ich habe vorhin schon angedeutet, daß wir die Subvention in diesem einen Ausnahmefall bei der Milch bejahen, weil eine andere Lösung nicht mehr möglich ist. Über die Kostendeckung für Milch draußen beim Erzeuger liegt ein gutes wissenschaftliches Gutachten vor, das sagt, daß die Kosten heute eigentlich um 6 Pf höher liegen als die durchschnittlichen Auszahlungspreise der Monate Oktober/Dezember. Wenn man also die Kostendeckung schaffen will, muß man nicht nur 400 Millionen, sondern etwa 600 Millionen DM einsetzen. Ich möchte darauf nur hingewiesen haben. Ich möchte dringend bitten, daß man, wenn man den § 1 des Gesetzes — und da deckt sich meine Meinung hundertprozentig mit der des Herrn Bauknecht — in Zukunft auch nur einigermaßen anwenden will, es möglich macht, auf dem Gebiet der Importpolitik für viele Produkte den kostendeckenden Preis zu erreichen. Das wäre möglich, wenn man dazu willens wäre.
    Über die Summen, die hier eingesetzt sind, will ich mich nicht beklagen. Ich kann nur sagen, daß sie die Disparität nicht beseitigen können. Ich freue mich über jeden Betrag, der eingesetzt ist. Aber interessant ist zu hören, daß z. B. die vorn Herrn Bundeslandwirtschaftsminister geforderten 70 Millionen DM für die Altersversorgung vom Bundesfinanzminister ausgerechnet an dem Tag abgelehnt worden sind, an dem der Bundeskanzler aus Paris berichtete, daß man für die Kolonien 168 Millionen DM jährlich genehmigt hat.
    Meine Damen und Herren, die FDP hat in bestem Glauben an die Zusicherung der Bundesregierung zum ersten Grünen Bericht und Grünen Plan ja gesagt. Wir haben im Vorjahr geglaubt, daß es ein Anfang sein soll und daß man auf den Erfahrungen im nächsten Jahr aufbauen und die Maßnahmen wesentlich verbessern würde, daß man vor allen Dingen auch die Konsequenzen nach § 1 ziehen würde. Wir müssen am Jahresende leider


    (Mauk)

    feststellen, daß man das nicht getan hat, und wir sind in unseren Hoffnungen wieder enttäuscht worden. Aus diesem Bericht ist eindeutig zu erkennen, daß man dem Ziele eines Ausgleichs der naturbedingten landwirtschaftlichen Nachteile, wie es heißt, gegenüber den anderen Bereichen und der Angleichung der sozialen Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an die vergleichbarer Berufsgruppen ferner ist als je einmal zuvor. Ich glaube, die Landwirtschaft wird sich, nachdem nun der zweite Grüne Bericht und der zweite Grüne Plan vorliegen, einmal sehr ernstlich die Frage vorlegen müssen, wieviel von dem, was seit 1951 bezüglich der Beseitigung der Disparität versprochen wurde, eingelöst worden ist. Ich muß leider feststellen, daß die Disparität in jedem Jahr größer geworden ist. Als das Gesetz verabschiedet wurde, habe ich den zuständigen Ressortminister, Herrn Lübke, dringend gebeten, ja beinahe beschworen, dieses Gesetz zu einem Instrument zu machen. Ich möchte heute nicht beurteilen, inwieweit er allein die Macht dazu hatte, muß aber leider feststellen, daß das Gesetz nicht zu diesem Instrument geworden ist, wie wir es erwartet haben. Wir hatten dem Gesetz zwar nicht ganz vorbehaltlos, aber schließlich doch zugestimmt. Unsere Erwartungen haben sich leider nicht erfüllt.
    Ich bin der Meinung — ich teile da die Auffassung von Herrn Kriedemann —, daß man im Ernährungsausschuß einmal ernstlich prüfen muß, inwieweit die auf Grund des ersten Grünen Plans durchgeführten und die nach dem zweiten Grünen Bericht und Plan vorgesehenen Maßnahmen dem Befehl des Gesetzgebers entsprechen. Leider kann ich nicht in das Loblied des Herrn Kollegen Lücker einstimmen. Ich habe auch voriges Jahr nicht mit einstimmen können, als er den Bundesfinanzminister so sehr lobte. Ich mußte damals Vorbehalte anmelden. Sie dagegen, Herr Lücker, haben sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, mit dem jetzigen Grünen Bericht zufriedengegeben.
    Ich muß Sie leider noch einmal ansprechen, Herr Kollege Kriedemann. Sie haben zwei Dinge in einen Topf geworfen, nämlich die Düngemittelsubvention und das, was für die Milch gegeben werden soll, und haben bedauert, daß keine gezielten Maßnahmen daraus gemacht würden. Herr Kollege Kriedemann, ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten ergehen, aber doch sagen, daß es auch mir lieber wäre, wenn man der kleinen Landwirtschaft, die besonders in Not ist, mit besonderen Maßnahmen helfen könnte.

    (Abg. Kriedemann: Und vor allen Dingen mit größeren Beträgen!)

    Glauben Sie mir, ich komme aus einem Gebiet, wo die Dinge bekannt sind. Ich weiß, daß insbesondere die kleinen Bauern unter der Disparität zu leiden haben. Ich habe aber z. B. bei der Kunstdüngersubvention bisher noch Furcht vor einer gezielten Maßnahme, weil ich nicht weiß, welcher Verwaltungsapparat dazu notwendig wäre und welche Mittel die Verwaltung dann wieder fressen würde. Darüber müßten wir uns noch unterhalten. Wir müßten da, glaube ich, ganz andere Wege beschreiten, viel einfachere Lösungen finden.
    Sie haben gesagt, Herr Kollege Kriedemann, daß der Mehrerlös von 1 Milliarde DM in der Landwirtschaft in erster Linie durch Preiserhöhungen gekommen sei und daß diese nicht möglich gewesen wären, wenn nicht Lohnerhöhungen vorausgegangen wären. Ich bin hundertprozentig einverstanden mit Ihnen. Wir freuen uns, wenn sich das Einkommen der Allgemeinheit steigert, denn auch die Landwirtschaft nimmt an jeder Einkommensteigerung teil; das ist ganz selbstverständlich. Aber die Steigerung des Einkommens hat nur einen begrenzten Einfluß auf den Lebensmittelabsatz, denn man kann eben — das möchte ich noch zu dem hinzufügen, was Herr Bauknecht gesagt hat — nicht mehr als sich den Magen vollessen, und dann hört es eines Tages auf.

    (Abg. Birkelbach: Das ist aber noch nicht in allen Schichten erreicht!)

    — Daß es noch nicht in allen Schichten erreicht ist, gebe ich durchaus zu.
    Ich möchte aber noch eines sagen, und zwar gerade unter dem Eindruck der Ausführungen, die Sie, Herr Kollege Kriedemann, gemacht haben. Wir müssen am Ende des ersten Berichtsjahres feststellen, daß die Maßnahmen des ersten Berichts nicht ausgereicht haben, um die Disparität zu beseitigen. Daß auch die neuen Maßnahmen nicht ausreichen werden, können wir heute schon klar und deutlich voraussagen, es sei denn, daß es uns gelingt, der Entwicklung auf einem anderen Gebiet Einhalt zu gebieten. Die Lohn-Preis-Entwicklung bereitet mir — das muß ich doch sagen —eine große Sorge. Die Lohnforderungen auf der einen Seite und die Lohnbewilligungen auf der anderen Seite gehen laufend über das hinaus, was die Produktivitätssteigerung ausmacht.

    (Abg. Kriedemann: Und wer ißt dann das Schweinefleisch?)

    — Ich habe gar nichts dagegen, daß jeder einen höheren Lohn bekommt; Sie wollen mich da nicht falsch verstehen! Ich gönne dem, der heute 2 DM Lohn hat, daß er morgen 3 DM hat. Ich möchte aber dann nicht, daß er nachher für 3 DM weniger einkaufen kann als vorher für 2 DM.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Bei einer Übersteigerung der Lohnerhöhung tritt das später einmal ein.

    (Abg. Kriedemann: So weit sind wir noch nicht!)

    Deshalb müssen wir uns einmal Gedanken darüber machen, wohin diese Entwicklung führen soll, und deshalb muß ich Ihnen am Ende meiner Ausführungen im Namen meiner Fraktion leider sagen, daß dieser zweite Grüne Bericht nach unserer Meinung nicht das gebracht hat, was wir von ihm erwartet haben. Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, daß er vermutlich dem Gesetz nicht entspricht, was noch im Ausschuß untersucht werden soll, wie ich sagte. Ich muß Ihnen sagen, daß wir über den Inhalt und die Auswirkungen dieses Berichts, von dem wir mehr erwartet haben als von dem ersten Grünen Bericht, enttäuscht sind.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Elsner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz aller Förderungsmaßnahmen und trotz eigener großer Anstrengungen und außerordentlicher Leistungen blieb der westdeutschen Landwirtschaft der materielle Erfolg vorenthalten. Diese nüchterne Feststellung ist heute


    (Elsner)

    mehrfach getroffen worden, und das ist auch notwendig angesichts der Tatsache, daß es ihr in wenigen Jahren gelang, den Eigenbedarf der Volksernährung zu 70 % zu decken trotz der enorm gestiegenen Bevölkerungsdichte von 369 Menschen pro Quadratkilometer landwirtschaftlicher Nutzfläche.
    Um so mehr ist zu bedauern, daß es ihr nicht gelang, an der allgemeinen Aufwärtsentwicklung der Wirtschaft teilzunehmen, wie es dem überwiegenden Teil der anderen Wirtschaftszweige doch möglich war. Nach den amtlichen Erhebungen des Grünen Berichts 1957 erreichte die Landwirtschaft mit Ausnahme eines prozentual geringen Teils weder eine angemessene Entlohnung ihrer Arbeit noch eine Verzinsung des Anlagekapitals. Das Verhältnis zwischen den ständig steigenden Ausgaben und den erzielten Mehrerlösen verschob sich von Jahr zu Jahr zunehmend zuungunsten der Landwirtschaft. Alle Hilfsmaßnahmen der Agrarpolitik wurden von der allgemeinen Entwicklung weit überholt.
    Der Grüne Bericht 1956 wies einen Fehlbetrag von rund 2 Milliarden DM aus. Zu seiner Behebung setzte die Bundesregierung im Grünen Plan 1956 900 Millionen DM ein. Trotz der durchgeführten und eingeleiteten Maßnahmen stieg der Fehlbetrag auf 3,5 Milliarden DM. Diese Zahl läßt sich trotz der fehlenden Globalrechnung aus den Unterlagen des Grünen Berichts leicht zusammenstellen.
    Die landwirtschaftliche Verschuldung stieg bis zum 1. Juli 1956 auf 8,2 Milliarden und dürfte heute bei 9 Milliarden DM liegen und damit 50 % des bisherigen Umsatzes betragen. Man sollte diese Tatsache nicht so leicht nehmen; sie wiegt in der Landwirtschaft schwerer als in irgendeinem anderen Wirtschaftszweig, weil die Landwirtschaft ja nur einmal im Jahr umsetzt. Die Landwirtschaft ist heute vom kostendeckenden Preis, den jeder andere Wirtschaftszweig mit aller Selbstverständlichkeit fordert und auch zugebilligt erhält, weiter entfernt als vor Jahresfrist. Daran ändert auch die beschwörendste Schönfärberei nichts.
    Daß bei dieser Situation die eingegliederten heimatvertriebenen Bauern einen ungleich schwereren Existenzkampf führen müssen, braucht nicht besonders betont zu werden. Hohe Pachtleistungen, hohe Rentenleistungen, der Kapitaldienst für die Eingliederungskredite und das Fehlen einer eigenen Vermögensgrundlage kennzeichnen ihre Lage.

    (Abg. Dr. Strosche: Traurig, aber wahr!)

    Schon im Vorjahr trug der Grüne Bericht dieser besonderen Lage keine Rechnung. Auch die Zusage, einen Grünen Plan für die heimatvertriebenen Bauern vorzulegen, blieb ein nicht eingelöstes Versprechen des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

    (Abg. Dr. Strosche: Hört! Hört!)

    Aber auch im Grünen Bericht und im Grünen Plan 1957 ist kein Wort über vertriebene oder geflüchtete Bauern zu finden.
    Mit großem Interesse habe ich der Statistik des Grünen Berichts entnommen, daß von 1946 bis 1957 nur 7037 Vollbauernstellen für Einheimische und Vertriebene geschaffen wurden. Der Anteil der Vertriebenen daran beträgt mit 3848 Stellen nur 54 %. Meine Damen und Herren, diese Feststellung ist besonders wichtig im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 38 des Bundesvertriebenengesetzes, wonach der Anteil der Vertriebenen 75 % betragen soll. Diese Bestimmung hat sich auch auf Vollbauernstellen zu erstrecken. Meine Damen und Herren, angesichts der weit schwereren Lage der eingegliederten ostvertriebenen Bauern bedarf es auch besonderer Maßnahmen im Rahmen des Grünen Plans.
    Trotzdem haben sich die vertriebenen Bauern auf den Eingliederungsbetrieben voll bewährt. Sie konnten die schwierige Lage nur durchstehen, weil sie auf die all erbescheidensten Lebensansprüche verzichteten. Ihr Lohnanspruch jedoch konnte in keiner Weise auch nur annähernd realisiert werden. Eine Reihe von ihnen konnten ohne neue Personalverschuldung überhaupt nicht weiterarbeiten. Hierfür ist leider eine Hilfe im Grünen Plan nicht vorgesehen. Das ist um so bedauerlicher, weil die Zinsverbilligungsmittel nicht helfen können, da das Kapital nicht zu Verfügung steht und keine Möglichkeit der Absicherung besteht und zum andern die Zins- und Rückzahlungsbedingungen, mögen sie auch noch so günstig sein, für diese Betriebe keine wirkliche, echte Hilfe bringen. Diese Betriebe sind in ihrer Wirtschaftsführung dauernd gefährdet und bedürfen dringend der Hilfe zur Betriebsfestigung.
    Bei einem Mitteleinsatz, wie ihn der Grüne Plan 1957 vorsieht sollte es recht und billig sein, der besonderen Lage der Vertriebenen durch Bereitstellung von Mitteln zur Betriebsfestigung Rechnung zu tragen. Nach unserer Berechnung würde hierfür ein Betrag von 12 Millionen DM für das nächste Jahr ausreichen. Ich möchte die Erwartung aussprechen, daß das Versäumte bereits in der Ausschußarbeit nachgeholt wird. Ein entsprechender Antrag wird von uns vorgelegt werden.
    Meine Damen und Herren! Die mangelnde Wirkung der agrarpolitischen Maßnahmen ist in entscheidendem Umfange in der Lohn- und Preisspirale begründet, die zu steigenden Produktionsmittelpreisen bei stehenden oder fallenden landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen führte. Die oft in starkem Maße überhöhten Verbraucherpreise bedauert die Landwirtschaft; aber sie hat sie nicht zu vertreten. Auch das Versagen der Kapitalversorgung bei der Umschuldung hochverzinslicher, drückender Darlehen ist ein wichtiger Grund für die erschwerte Lage. Der überwiegende Teil der für diese Zwecke bereitgestellten Mittel zur Zinsverbilligung blieb leider ungenutzt. Hier machte sich das Fehlen eines entsprechenden Kredithilfegesetzes, das im Vorjahr von dieser Stelle aus wiederholt gefordert wurde, bemerkbar. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, daß erhebliche subsidiäre Mittel ausfielen, weil die finanzschwachen Länder sich nicht in der Weise, wie es im Grünen Plan vorgesehen war, beteiligen konnten.
    Schließlich muß auf die Subvention aus einer Vielzahl von Töpfen und Töpfchen hingewiesen werden. Von dieser Töpfchenwirtschaft kann die erforderliche Durchschlagskraft nicht erwartet werden; sie führt vielmehr zu einer gefährlichen Abwertung der eingesetzten Mittel durch den bürokratischen Apparat.
    Vor allem entspricht das Verhältnis der Mittel aus Direktmaßnahmen und aus dem langfristigen Strukturprogramm nicht mehr der realen Lage der Landwirtschaft. Mit dieser Feststellung soll das Strukturprogramm in keiner Weise eine Abwertung erfahren. Der mangelnde Erfolg der agrarpolitischen Maßnahmen liegt ja nicht so sehr bei


    (Elsner)

    den einzelnen Maßnahmen, sondern im wesentlichen im Grundsätzlichen der Wirtschafts- und Agrarpolitik, und das ist die Tragik des Herrn Bundesernährungsministers. Wenn die soziale Marktwirtschaft kein besseres Verständnis für die Funktionen der einheimischen Landwirtschaft gewinnt und die Agrarpolitik nicht zur grundsätzlichen Änderung ihrer Methoden kommt, wird zwar das Ziel des Strukturplanes schneller erreicht sein, als der Minister es erwartet; allein mit den strukturellen Maßnahmen, so wichtig und so wertvoll sie sind, wird das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes nicht erreicht.

    (Zuruf von der Mitte.)

    — Meine Damen und Herren, die Vorschläge kommen gleich. Gedulden Sie sich nur einen Moment!
    Die aktive und robuste soziale Marktwirtschaft hat die Arbeitgeber und Arbeitnehmer im industriellen und großgewerblichen Raum zu einem begrüßenswerten Wohlstand geführt. Von dieser Entwicklung blieben leider der Bauer und der bäuerliche Arbeiter ausgeschlossen. Ihnen werden Löhne zugemutet, die einer sozialen Entrechtung gleichkommen. Der Lohn des Bauern und der seiner eigenen sowie der familienfremden Arbeitskräfte ist das Kernproblem in der agrarpolitischen Situation. Der Abstand des Vergleichslohnes, der mit 1,64 DM je Stunde gewiß nicht zu hoch berechnet ist, zum landwirtschaftlichen Tariflohn beträgt heute, wie mehrfach dargelegt warden ist, 41 Pf und ist damit nicht kleiner, sondern größer geworden als im Vorjahr. Allein hier beträgt die Lohndisparität bei 843 000 familienfremden Arbeitskräften bei Zugrundelegung von 2700 Arbeitsstunden rund 900 Millionen DM. Wenn man in Betracht zieht, daß von den familienfremden Arbeitskräften in der Landwirtschaft heute noch 40 % vertriebene Ostbauern sind, entfällt auf sie eine Lohndisparität von 360 Millionen.
    Noch ungünstiger sieht die Situation für den Bauern und die familieneigenen Vollarbeitskräfte aus. Der Herr Minister nannte einen Jahresbarlohn von 830 DM ohne Wohnung und Verpflegung je Vollarbeitskraft. Das sind bei jährlich 2700 Arbeitsstunden 30,7 Pfennige pro Arbeitstunde einschließlich Feiertags- und Sonntagsarbeit. Wenn man Wohnung und Verpflegung am Tische des Arbeitgebers mit 150 DM im Monat in Ansatz bringt, so entfallen auf die Arbeitsstunde 70 Pfennig. Das ergibt einen Bar- und Naturallohn pro Stunde von 1 DM und führt zu einer Disparität von 64 Pf die Stunde. Bei 5,4 Milliarden Arbeitsstunden ergibt sich daraus eine Gesamtlohndisparität von 3,45 Milliarden DM.
    Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Lohndisparität nur durch kostendeckende Preise behoben werden kann. Der kürzeste und gerechteste Weg zum kostendeckenden Preis in der Landwirtschaft ist ,die Subvention der Erzeugnisse und nicht die Subvention der Produktionsmittel. Der Weg, über Erhöhung der Marktpreise zu kostendeckenden Preisen zu kommen, scheidet aus, weil er zu erheblichen Verbraucherbelastungen führen würde und auch politisch gar nicht durchsetzbar ist. Die Subvention der Produktionsmittel ist ungerecht und muß zu Spannungen führen. Sie engt die Initiative des Bauern ein, weil sie ihn bei seinen Anschaffungen in eine bestimmte Richtung drängt, Anschaffungen, die er vielleicht gar nicht nötig hat, weil sie bereits getätigt sind. Er kann deshalb gerade von dieser Art der Subvention, die seinen Aufwand entlasten soll, keinen Gebrauch machen und wird praktisch für seine fortschrittliche Leistung bestraft, während der rückständige Berufsfreund belohnt wird. Produktionsmittelsubventionen bleiben ein Kurieren an den Randproblemen, ein Vorbeidrücken am zentralen Kernproblem.
    Der kürzeste Weg zum kostendeckenden Preis ist eine Subvention der Erzeugnisse in der Form eines Ausgleichspreises, der die Lücke zwischen dem festgesetzten kostendeckenden Preis und dem Marktpreis schließt. Dieses System wendet Großbritannien, das eine ähnliche Wirtschaftstruktur hat wie wir, seit über einem Jahrzehnt neben direkten Verbrauchersubventionen bei Brot und Milch erfolgreich an. Es läßt die Inlandsmarktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf der Grundlage der Commonwealth-Preise einpendeln, setzt den kostendeckenden Preis für die landwirtschaftlichen Inlandserzeugnisse fest, für pflanzliche Erzeugnisse z. B. 18 Monate im voraus, für tierische Erzeugnisse 12 Monate im voraus, und zahlt dann die Differenz zwischen den Garantiepreisen und den Marktpreisen aus Subventionsmitteln, wobei bei den Inlandspreisen der Jahresdurchschnitt zugrunde gelegt wird. Der Konsument erhält dadurch preisgünstige Nahrungsmittel, und der Bauer ist in der glücklichen Lage, auf sicherer Einkommensgrundlage zu planen und das Beste aus seinem Betrieb für sich und die Volkswirtschaft herauszuholen.
    Das britische Landwirtschaftsgesetz, das diesem System zugrunde liegt, stammt aus dem Jahre 1947 und geht auf die Initiative der Labour Party zurück. Die Konservativen haben diese Lösung beibehalten und folgerichtig weiterentwickelt. Im Jahre 1955/56 betrug der Jahresaufwand der Subventionen für die englische Landwirtschaft und die englischen Konsumenten rund 4 Milliarden. Davon entfielen 3 Milliarden auf Erzeugersubventionen und 1 Milliarde auf die Verbraucher. Dieses Subventionssystem hat die einst völlig am Boden liegende englische Landwirtschaft in die Lage versetzt, eine 50%ige Bedarfsdeckung der Ernährung aus eigener Scholle sicherzustellen. Der Engländer zahlt diese hohen Subventionen aus nüchterner Erwägung als Risikoprämie, denn er hat nicht vergessen, daß er in zwei Kriegen gehungert hat.
    Wir sollten die englischen Erfahrungen nicht übersehen, sondern sie überprüfen und schließlich zu notwendigen Schlußfolgerungen kommen. Denn auch wir brauchen eine preiswürdige Ernährung für unser Volk, um unserer Exportwirtschaft für ihren Export auf den Weltmarkt eine sichere Leistungsgrundlage zu geben.
    Wir können ,aber auch aus anderen Gründen eine leistungsfähige Landwirtschaft nicht entbehren. Die Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse liegen zwar heute erheblich unter den inländischen Erzeugerpreisen. Das wird sich aber in den nächsten Jahrzehnten ändern, denn nach den statistischen Erhebungen sind die Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse im letzten Jahrzehnt um das Vierfache gestiegen, die Inlandspreise in Westdeutschlandaber nur um das Zweifache. Diese Entwicklung wird in Zukunft eher rascher als langsamer verlaufen. Hierfür sind zwei wesentliche Gründe entscheidend: Die jungfräulichen Böden stehen nicht mehr wie ehedem unbeschränkt zur Verfügung. Sie sind im ganzen gesehen bereits in Kultur genommen. Hinzu kommt, daß riesige Bodenerosionen jährliche große Flächen von Kulturland vernichten und auch der Produktionsaufwand


    (Elsner)

    in Übersee in raschem Steigen begriffen ist, insbesondere der Lebensstandard und Lohnanspruch des Arbeiters. Schließlich wird die Aufwärtsentwicklung der Weltmarktpreise durch das rasche Wachstum der Weltbevölkerung entscheidend bestimmt werden. Die jährliche Zuwachsrate beträgt zur Zeit 30 bis 40 Millionen Menschen, die Weltbevölkerung insgesamt zur Zeit 2,5 Milliarden. In 25 Jahren werden es 31/2 bis 4 Milliarden sein. Diese Tatsache macht deutlich, vor welchen Erzeugungsproblemen die Landwirtschaft in naher Zukunft stehen wird. Man ist der Meinung, daß in naher Zeit eine leistungsfähige Landwirtschaft genauso wichtig sein wird wie Öl und Kohle, vielleicht noch wichtiger. In dieser Sicht sollte uns klarwerden, wie wichtig es ist. unserem Volk eine leistungsfähige Landwirtschaft und ein gesundes Bauerntum zu erhalten.

    (Beifall beim GB/BHE.)