Herr Kollege Dr. Ratzel, wenn die Stellung der Wissenschaftler in dieser Kommission nicht unabhängig wäre, dann würden sich diese Kapazitäten, die der Kommission angehören, überhaupt nicht dafür hergegeben haben, ihr anzugehören.
Das ist ja gerade doch das Wesentliche, daß eine Freiheit der Beratung gegeben ist, bei der die Mitglieder ihr gesamtes Wissen einsetzen können.
— Ja, das ist doch der Staatssekretär. — Der Vorsitzende
wird aber jederzeit den aus den Reihen der Atomkommission kommenden Anregungen hinsichtlich der Abhaltung von Sitzungen usw. folgen.
— Ja, er ist es.
Aber er wird doch allen Wünschen Rechnung tragen, die an ihn herangetragen werden. Ich meine, der Atomminister, der ja selbst Wissenschaftler ist, und seine leitenden Männer
— Professor Balke ist Wissenschaftler! — würden es nicht dahin kommen lassen, daß Spannungsmomente nur deshalb eintreten, weil Initiativen aus dem Kreise der Wissenschaftler an den Minister nicht entsprochen würde.
Wir werden uns alle diese Fragen im Ausschuß noch einmal gründlich überlegen, werden prüfen, ob hier wirklich Hindernisse für eine objektive Gestaltung der Arbeit und eine ersprießliche Arbeit der Atomkommission und ihrer Fachausschüsse liegen. Aber nachdem man auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen nicht über solche Erscheinungen zu klagen hatte — ich jedenfalls habe noch nichts gehört —, kann man nicht einfach sagen, daß Wissenschaftler und Techniker aus den Fachausschüssen über ernsthafte Störungen Klage geführt hätten.
Das Gesetz entspricht in der Grundlage durchaus der Tendenz, die meine politischen Freunde vertreten, ein Höchstmaß von privater Initiative sicherzustellen, dabei aber darauf zu achten, daß der Schutz der Öffentlichkeit in jeder Weise gewährleistet ist. Wir werden sehr nachhaltig prüfen, ob die Bestimmungen des Gesetzentwurfs einen in jeder Weise hinreichenden Schutz der Öffentlichkeit gewährleisten. Die im Entwurf vorgesehene Konstruktion würden wir nur verlassen, wenn sehr gewichtige Überlegungen zu dem Ergebnis führen sollten, daß der Schutz der Öffentlichkeit dabei nicht gewährleistet erscheint. Ich vermag aber ebensowenig wie Herr Kollege Dr. Drechsel einzusehen, daß eine bessere Möglichkeit des Schutzes der Öffentlichkeit gegeben wäre, wenn in diesem Sektor die Lösung der Staatseigentums gewählt würde. Nach allen Erfahrungen, die man in der Wirtschaft mit Sozialisierungsexperimenten gemacht hat, muß man sagen: immer führten sie dazu, daß nicht nur die Erträge zurückgingen und die Kosten stiegen, sondern auch die Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Staatsbürger wuchs.
— Die Bundesbahn, möchte ich sagen, hat eine besondere deutsche Tradition;
aber wenn sie als private Bahn entstanden wäre, dan würde man genau dieselben Vorzüge des privaten Betriebs feststellen können wie in anderen Ländern, wo die Eisenbahnen nicht verstaatlicht sind.
Aber die Erfahrungen, die man in den Grundstoffindustrien überall mit Verstaatlichungsexperimenten gemacht hat, wirken wirklich nicht ermunternd in dieser Richtung.
Ob die Bundesanstalt oder das Organ, von dem Sie vorhin sprachen, oder aber die Auftragsverwaltung das geeignete Verwaltungsmedium darstellt, werden wir einer sehr sorgfältigen Prüfung im Ausschuß unterziehen. Ich könnte mir denken, daß die gegenwärtige Konstruktion der Auftragsverwaltung schon den Vorteil hat, vom Bundesrat akzeptiert zu werden. Das ist ein sehr großer Vorteil; denn man weiß, wie eilbedürftig das Inkrafttreten dieses Gesetzes ist.
Wir sehen für die Zukunft eine sehr wichtige Aufgabe darin, gerade die Zweige der Forschung mit den Mitteln auszustatten, die man braucht, um Gefahren der Radioaktivität, insbesondere auch auf dem Gebiet der Radioisotopen, rechtzeitig zu erkennen und sie auch wirksam einzuschränken. Im Hinblick auf die Bedürfnisse des Bevölkerungsschutzes Find die Radiobiologie und die Radiomedizin wesentliche Fächer. Die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung werden von Jahr zu Jahr strenger ausgebildet werden müssen, weil die Summe der Gefährdungen aus der Verwendung gerade der radioaktiven Isotope nicht schwächer, sondern von Jahr zu Jahr größer wird.