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ID0219202300

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2192

  • date_rangeDatum: 8. Februar 1957

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 192. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Februar 1957 10927 192. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Februar 1957. Änderungen der Tagesordnung 10928 A Fragestunde (Drucksache 3154): 10. Frage des Abg. Ritzel (SPD) betr. Benutzung des Flugplatzes Babenhausen durch deutsche Segelflieger: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10928 A, C Ritzel (SPD) 10928 B 13. Frage des Abg. Kahn-Ackermann (SPD) betr. Arbeiterrückfahrkarten für kinderlose geschiedene Ehefrauen von ihrem Arbeitsort zu ihrem Wohnsitz: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10928 C, 10929 A, B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 10929 A, B 14. Frage der Abg. Frau Rudoll (SPD) betr. Gültigkeit der Sonntagsrückfahrkarten ab Freitagabend 18 Uhr: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10929 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Körperbehindertengesetz) (Drucksachen 3171, 1594, 2885, 3049) 10928 A, 10929 C Dr. Klein, Senator des Landes Berlin, Berichterstatter 10929 C Könen (Düsseldorf) (SPD) 10930 A Beschlußfassung 10930 B Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache 3039) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Fünften Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache 3067) 10930 B Haasler (CDU/CSU) 10930 C Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 10932 D Platner (DP) 10936 D Dr. Gille (GB/BHE) 10937 C Dr. Arndt (SPD) 10938 C, 10944 C Strauß, Bundesminister für Verteidigung 10938 D, 10945 C Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) 10947 D, 10948 A Überweisung an den Rechtsausschuß . . 10948 A Zweite Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksache 2181); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (Drucksache 3126, Umdrucke 935, 936, 937 [neu], 939 [neu], 944) 10948 A §§ 1-42: Dr. Götz (CDU/CSU) : als Berichterstatter 10948 B Schriftlicher Bericht 10960 C als Abgeordneter 10951 B, 10952 D, 10956 A Lotze (CDU/CSU) . . . . 10950 A, 10958 B, 10959 C Dr. Kliesing (CDU/CSU) . . 10950 C, 10954 C Merten (SPD) . 10951 A, C, 10955 D, 10956 B, 10957 D, 10958 D Dr. Mende (FDP) 10953 D Berendsen (CDU/CSU) 10957 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) 10958 C Dr. Kleindinst (CDU/CSU) . . . 10959 B Abstimmungen . . . . 10950 D, 10951 C, 10953 C, 10955 B, 10956 C Feststellung der Beschlußunfähigkeit . 10959 D Weiterberatung vertagt 10959 D Nächste Sitzung 10959 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10960 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung über den Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Drucksache 3126) 10960 C Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 935, erster Teil) 10967 D Anlage 4: Änderungsantrag des Abg. Lotze zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 937 [neu], erster Teil) 10968 B Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 939 [neu]) 10968 C Anlage 6: Änderungsantrag der Abg. Dr. Kliesing, von Manteuffel (Neuß), Dr. Reichstein, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 944) 10968 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
  • folderAnlagen
    *) Siehe Anlage 3. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 2. Arnholz 15. 2. Bals 4. 3. Dr. Bärsch 8. 2. Dr. Bartram 8. 2. Bazille 8. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 8. 2. Dr. Blank (Oberhausen) 8. 2. Dr. Bleiß 8. 2. Böhm (Düsseldorf) 9. 2. Frau Brauksiepe 16. 2. Brese 8. 2. Brockmann (Rinkerode) 8. 2. Dr. Brühler 8. 2. Dr. Bucerius 8. 2. Cillien 2. 3. Dr. Conring 8. 2. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Deist 8. 2. Diedrichsen 9. 2. Eberhard 28. 2. Dr. Elbrächter 8. 2. Freidhof 8. 2. Frau Dr. Gantenberg 8. 2. Gedat 8. 2. Gefeller 8. 2. Gibbert 9. 2. Dr. Gleissner (München) 8. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Gülich 9. 2. Held 8. 2. Dr. Hellwig 8. 2. Dr. Hoffmann 8. 2. Höfler 28. 2. Hoogen 8. 2. Dr. Jentzsch 8. 2. Kemmer (Bamberg) 8. 2. Klingelhöfer 8. 2. Dr. Köhler 2. 3. Frau Korspeter 2. 3. Dr. Kreyssig 8. 2. Kühn (Bonn) 11. 2. Leibing 8. 2. Dr. Leiske 8. 2. Lenz (Brühl) 8. 2. Dr. Lenz (Godesberg) 8. 2. Dr. Leverkuehn 8. 2. Dr. Lindenberg 8. 2. von Manteuffel (Neuß) 8. 2. Mauk 8. 2. Menke 8. 2. Mensing 8. 2. Meyer (Oppertshofen) 8. 2. Meyer-Ronnenberg 23. 2. Dr. Miessner 13. 2. Dr. Mommer 8. 2. Neuburger 8. 2. Neumayer 16. 3. Odenthal 15. 2. Dr. Oesterle 8. 2. Paul 8. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 8. 2. Dr. Preller 8. 2. Dr. Reif 8. 2. Reitzner 8. 2. Richter 8. 2. Dr. Rinke 1. 3 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Röder 8. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 8. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schmitt (Vockenhausen) 8. 2. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Spörl 8. 2. Dr. Starke 8. 2. Struve 8. 2. Voß 8. 2. Dr. Wahl 8. 2. Walz 8. 2. Dr. Weber (Koblenz) 23. 2. Wedel 8. 2. Dr. Willeke 9. 2. Anlage 2 Drucksache 3126 (Vgl. S. 10948 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (6. Ausschuß) über den Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksache 2181). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götz Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag in seiner 138. Sitzung vom 23. März 1956 den Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) - Drucksache 2181 - mit Begründung vorgelegt, der - federführend - dem Ausschuß für Verteidigung und zur Mitberatung dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und dem Ausschuß für Beamtenrecht überwiesen wurde. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht befaßte sich in fünf Sitzungen vor allem mit den verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Problemen des Gesetzentwurfs und hat seine Stellungnahme mit Schreiben vom 19. November 1956 dem federführenden Ausschuß mitgeteilt. Ein aus Mitgliedern des Ausschusses für Verteidigung und des Ausschusses für Beamtenrecht gebildeter Unterausschuß hat in vier Sitzungen den Entwurf eingehend vorberaten und seine Beratungsergebnisse dem Ausschuß für Verteidigung zur Verhandlung und Beschlußfassung vorgelegt. Der Verlauf und das Ergebnis der Verhandlungen wird den Mitgliedern des Deutschen Bundestages im nachstehenden Bericht zur Kenntnis gebracht. I. Allgemeines Nach dem Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) soll Näheres über die Disziplinargewalt der militärischen Vorgesetzten und über die Bestrafung von Dienstvergehen durch ein besonderes Gesetz geregelt werden (§ 23). Diesem Zweck dient der vorliegende Gesetzentwurf. Das Soldatengesetz bestimmte, daß bis zum Erlaß einer eigenen Wehrdisziplinarordnung die für Beamte geltende Bundesdisziplinarordnung auch für Soldaten Anwendung findet (§ 64). Der Bericht des Unterausschusses Innere Führung vom 12. September 1956 über die Anwendung der Bundesdisziplinarordnung durch die militärischen Vorgesetzten in der ab 1. April 1956 geltenden Fassung (ZDv 10/10) enthält die Bemerkung: ,,. . . Die Anwendung der Bundesdisziplinarordnung auf die Soldaten ist eine ausgesprochene Notlösung und (Dr. Götz) wirklich nur für eine Übergangszeit vertretbar. Die Bundesdisziplinarordnung ist soldatenfremd, d. h. ihre Bestimmungen tragen den eigentümlichen Verhältnissen beim Wehrdienst nicht ausreichend Rechnung. Die vorgesehene Regelung ist nur möglich, solange Soldaten als Freiwillige einberufen werden, die selbst interessiert sein dürften, die Pflichten des Soldaten ohne Beanstandungen zu erfüllen Aus diesem Grunde ist es zwingend erforderlich, daß bis zur Einziehung der ersten wehrpflichtigen Soldaten eine eigene Wehrdisziplinarordnung beschlossen wird." Diesen Erfahrungen und den Besonderheiten des militärischen Dienstes Rechnung tragend hat der Ausschuß für Verteidigung in seiner Sitzung vom 12. Dezember 1956 einstimmig beschlossen, das Disziplinarrecht für Soldaten in einer eigenen Wehrdisziplinarordnung, die dem Wesen des soldatischen Dienstes gerecht wird, die Erfahrungen der Vergangenheit berücksichtigt und die rechtsstaatlichen Forderungen beachtet, zu regeln. Er hat es nicht für zweckmäßig gehalten, einer für Bundesbeamte und Soldaten einheitlichen Regelung in einer novellierten Bundesdisziplinarordnung den Vorzug zu geben. Zwar ist die Rechtsstellung des Soldaten nach dem Soldatengesetz weitgehend beamtenrechtlichen Grundsätzen angenähert, aber Soldatentum und Beamtentum weisen zugleich tiefgehende Wesensverschiedenheiten auf. Insbesondere hat die Disziplin für die Truppe und ihre Schlagkraft eine andere und weitergehende Bedeutung als für das Beamtentum. Diese Tatsachen rechtfertigen nach Auffassung des Verteidigungsausschusses — eine disziplinarrechtliche Sonderregelung für Soldaten. Die von der Bundesregierung im Entwurf vorgelegte Wehrdisziplinarordnung paßt sich in vielen Bestimmungen, vor allem für das disziplinargerichtliche Verfahren, weitgehend an die für Bundesbeamte geltende Bundesdisziplinarordnung an und berücksichtigt sowohl althergebrachte bewährte Grundsätze als auch neue Gedanken, die sich aus dem Bestreben, den Rechtsstaat auch im militärischen Bereich zur verwirklichen, ergeben haben. Über die dem Entwurf zugrunde liegenden neuen Gedanken geben die in der Denkschrift „Vom künftigen deutschen Soldaten" niedergelegten grundsätzlichen Auffassungen und der Bericht der Arbeitsgruppe III für die Disziplinarordnung und Beschwerdeordnung Aufschluß. Die Disziplinarordnung will nicht nur eine Verfahrensordnung für die Bestrafung von Dienstvergehen sein, sondern ein Erziehungsmittel, durch das der Soldat zur gewissenhaften Erfüllung seiner Dienstpflichten angehalten und auf den von ihm im Ernstfall erwarteten harten Einsatz vorbereitet wird. Zu dem Mittel der Strafe soll in der Regel erst dann gegriffen werden, wenn Belehrung, Ermahnung und Zurechtweisung erfolglos geblieben sind. Erziehungsmittel sind nicht nur Tadel und Strafe, sondern auch Lob und Anerkennung. Der Gesetzentwurf bringt als eine der Neuerungen im Disziplinarrecht die förmliche Anerkennung für vorbildliche Pflichterfüllung und hervorragende Einzeltaten. Sie stellt eine besondere Auszeichnung dar und soll nur bei außergewöhnlichen Leistungen ausgesprochen werden. Die förmliche Anerkennung besonderer Leistungen gibt dem Disziplinarvorgesetzten die Möglichkeit, auf seine Untergebenen auch in dieser Weise zur Förderung und Aufrechterhaltung der Disziplin erzieherisch wirken zu können. Der Bundesrat hielt zwar die Anerkennung von hervorragenden Leistungen für notwendig, vertrat aber die Auffassung, daß sie nicht gesetzlich geregelt werden sollte. Der Ausschuß für Verteidigung hat sich einstimmig der Meinung der Bundesregierung angeschlossen, wonach durch die Regelung im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden soll, daß die Anerkennungen als gleichwertige Einwirkungsmöglichkeiten neben den Disziplinarstrafen stehen. Der Entwurf beschränkt sich auf wenige grundlegende Bestimmungen, die unbedenklich durch Verwaltungsanordnungen oder Dienstvorschriften ergänzt werden können, da auf diesem Gebiet in bestehende Rechte nicht eingegriffen wird. Da der Entwurf außer der Disziplinarbestrafung auch die Anerkennung regelt, kommt sinnfällig darin zum Ausdruck, daß es sich bei diesem Gesetz nicht wie früher um eine Wehrdisziplinarstrafordnung, sondern um eine Wehrdisziplinarordnung handelt. Den Pflichtenkreis des Soldaten und den Begriff des Dienstvergehens bestimmt das Soldatengesetz. Die Wehrdisziplinarordnung legt nur die Strafen fest, die wegen Dienstvergehen verhängt werden können und regelt das Verfahren bei ihrer Anwendung. Hinsichtlich der Disziplinarstrafen unterscheidet das Gesetz nach Zweck und Bedeutung zwei Gruppen: Einfache Disziplinarstrafen und Laufbahnstrafen. Die einfachen Disziplinarstrafen von dem zuständigen Disziplinarvorgesetzten verhängt werden. Laufbahnstrafen kann nur ein Wehrdienstgericht aussprechen. Beim Verhängen einfacher Disziplinarstrafen durch die militärischen Vorgesetzten (Zweiter Abschnitt des Zweiten Teils) knüpft das Gesetz an die Regelung in der früheren Wehrmacht an. An wichtigen Neuerungen ist jedoch besonders hervorzuheben, daß gegen jede Bestrafung ein unabhängiges Gericht (Wehrdienstgericht) angerufen werden kann, ferner, daß der Disziplinargewalt der Vorgesetzten nur die aktiven Soldaten, also nicht mehr — wie früher — Beamte und Angestellte bei den Streitkräften und ebensowenig Angehörige der Reserve unterworfen sind, und endlich, daß die Strafen gegen alle Dienstgrade gleich sind, also kein Unterschied mehr zwischen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften gemacht wird. Zu erwähnen sind hierbei noch einige weitere Abweichungen vorn früheren Disziplinarrecht, die zwar von weniger grundlegender Bedeutung sind, aber sich in gleicher Weise zum Schutz der Untergebenen auswirken; der Disziplinarvorgesetzte darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr sofort, sondern erst nach Ablauf einer Nacht verhängen. Höhere Vorgesetzte dürfen auch bei Verstößen, die unter ihren Augen oder gegen ihr dienstliches Ansehen begangen sind, nicht mehr ohne weiteres selbst strafen; auch in diesen Fällen steht die Strafbefugnis dem nächsten Disziplinarvorgesetzten zu, der seine Untergebenen am besten kennt und beurteilen kann. Arrest soll nur noch als äußerstes Mittel in der Hand des Disziplinarvorgesetzten angewandt werden; verhängen kann ihn nur der nächsthöhere Vorgesetzte, dem der nächste Disziplinarvorgesetzte den Fall melden muß. Außerdem muß beim Verhängen von Arrest ein Richter mitwirken. Das disziplinargerichtliche Verfahren und die ihm vorbehaltenen Laufbahnstrafen (Dritter Abschnitt des Zweiten Teils) sind im militärischen Bereich ohne Vorgang. Früher konnten auch Berufssoldaten ohne gerichtliches Verfahren im Verwaltungswege entlassen werden. Die Einführung eines geordneten gerichtlichen Verfahrens für den (Dr. Götz) Ausspruch von Laufbahnstrafen bedeutet eine wichtige Erweiterung des Rechtsschutzes der Soldaten. Das Gesetz lehnt sich bei dem System der Laufbahnstrafen und bei der Gestaltung des Verfahrens stark an das geltende Beamtendisziplinarrecht der Bundesdisziplinarordnung an. Laufbahnstrafen können in beschränktem Umfang (Kürzung und Aberkennung des Ruhegehalts sowie Dienstgradherabsetzung) auch gegen Soldaten im Ruhestand, Dienstgradherabsetzung auch gegen Angehörige der Reserve verhängt werden. Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Bestimmungen kam trotz weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung mit den Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung eine schlichte Verweisung auf jenes Gesetz nicht in Frage. Zunächst weicht die Wehrdisziplinarordnung in einem wesentlichen Punkt von dem Verfahren der Bundesdisziplinarordnung ab: Dort werden die Beweise zum überwiegenden Teil in einem Vorverfahren, nämlich in der Voruntersuchung, erhoben, und das erkennende Gericht stützt sich weitgehend auf die im Vorverfahren protokollarisch festgehaltenen Ergebnisse. Die Wehrdisziplinarordnung geht dagegen von dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gericht aus. Daraus ergeben sich Folgerungen u. a. für die Frage, inwieweit der Beschuldigte in der Hauptverhandlung anwesend sein muß und unter welchen Voraussetzungen ohne ihn verhandelt werden kann. Hervorzuheben ist ferner, daß dem Beschuldigten u. U. auch ein Verteidiger von Amts wegen beigeordnet werden kann und in bestimmten Fällen beigeordnet werden muß. Auch die Bestimmungen über die Kostenpflicht weichen bedeutsam von der Regelung der Bundesdisziplinarordnung ab. Kosten werden nur im disziplinargerichtlichen Verfahren erhoben. Im Verfahren gegen Beschuldigte, die nicht Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit oder Soldaten im Ruhestand sind, ist das Gericht ermächtigt, von der Auferlegung von Kosten überhaupt abzusehen. Im übrigen soll das Gesetz auch in diesem Abschnitt soweit wie möglich aus sich heraus verständlich sein und auch dem davon betroffenen Soldaten ein Bild von dem Gang des Verfahrens vermitteln. Besonders eingehend hat der Ausschuß die Organisation der Wehrdienstgerichte erörtert. Die Schaffung von Wehrdienstgerichten hat ihre verfassungsmäßige Grundlage in Artikel 96 Abs. 3 GG in der Fassung vom 19. März 1956. Danach ist der Bund ermächtigt, für Dienststrafverfahren gegen Soldaten und für Verfahren über Beschwerden von Soldaten Bundesdienstgerichte zu errichten. Als Wehrdienstgerichte 1. Instanz sollen nach der einmütigen Auffassung des Ausschusses Truppendienstgerichte errichtet werden, die zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung gehören und in Aufbau und Zuständigkeit der Gliederung der Streitkräfte angepaßt sind. Bezüglich der oberen Instanz hat sich der Verteidigungsausschuß einer Stellungnahme des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht angeschlossen. Danach sollen für Wehrdisziplinar- und Beschwerdesachen bei dem Bundesdisziplinarhof besondere Senate (Wehrdienstsenate) eingerichtet werden. In den Schlußvorschriften sind einige Bestimmungen verschiedenen Inhalts zusammengefaßt, so über eine richterliche Untersuchung bei der Entlassung von Soldaten auf Zeit im Verwaltungswege, über ein gerichtliches Verfahren bei der Entlassung von ehemaligen Angehörigen der früheren Wehrmacht und über den Verlust der Rechte aus dem Gesetz nach Artikel 131 GG im Falle disziplinargerichtlicher Verurteilung, ferner über die Bindung der Gerichte an disziplinare Entscheidungen, über das Gnadenrecht in Wehrdisziplinarsachen, über die Zulassung von Verwaltungsjuristen als Richter bei den Truppendienstgerichten und über die Überleitung anhängiger Verfahren. II. Die einzelnen Bestimmungen Angesichts des Umfanges der Vorlage und mit Rücksicht darauf, daß der Ausschuß in weitem Umfange der Regierungsvorlage gefolgt ist, beschränkt sich der Bericht im folgenden auf die Behandlung derjenigen Bestimmungen, in denen der Ausschuß zu abweichenden Ergebnissen gekommen ist. EINLEITENDE BESTIMMUNG Geltungsbereich Zu §1 § 1 bestimmt den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Die Bezeichnung „Disziplinarverstoß" wurde in Anpassung an das Soldatengesetz durchgehend durch die Bezeichnung „Dienstvergehen" ersetzt. Ein Dienstvergehen ist nach § 23 des Soldatengesetzes jede schuldhafte Verletzung der Pflichten des Soldaten. Als Dienstvergehen gilt nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses die Verletzung bestimmter nachfolgender Pflichten, z. B. die Pflicht zur Verschwiegenheit, bei Offizieren und Unteroffizieren eine Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes sowie unwürdiges Verhalten, das einer Wiederverwendung als Vorgesetzter entgegensteht, bei Soldaten im Ruhestand die Nichtbefolgung einer erneuten Berufung in das Dienstverhältnis. ERSTER TEIL Würdigung besonderer Leistungen durch Anerkennungen Zu §2 § 2 regelt die Voraussetzungen und die Arten der Anerkennung. Der Ausschuß war einmütig der Auffassung, daß etwaige Vorschriften über die Entschädigung für Erfindungen von Arbeitnehmern durch diese Bestimmungen unberührt bleiben. Absatz 2 zählt die Arten der Anerkennung zwar erschöpfend auf, doch schließt er die Erteilung von formlosen Anerkennungen, z. B. Diensterleichterungen, nicht aus. Daher ist der Ausdruck „Anerkennung" durch „förmliche Anerkennung" ersetzt worden. Der Ausschuß hält als Art der Anerkennung die Erwähnung im Kompanie- oder Tagesbefehl bzw. im Verordnungsblatt der Bundeswehr für ausreichend und hat daher die besondere Form der Aushändigung von Anerkennungsurkunden für entbehrlich gehalten. Zu Absatz 3 hält es der Ausschuß für erwünscht, daß bei Erteilung von Sonderurlaub in Verbindung mit einer Anerkennung dem Soldaten gegebenenfalls die für die Urlaubszeit erforderlichen finanziellen Mittel vom Bundesminister für Verteidigung gewährt werden, dem dafür die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden sollten. (Dr. Götz) Zu § 3 Infolge Wegfalls der Anerkennungsurkunden ergab sich eine Vereinfachung in der Abstufung der Befugnisse zum Erteilen von Anerkennungen. Zu § 4 Absatz 1 gibt den Disziplinarvorgesetzten Richtlinien, unter welchen Voraussetzungen eine Anerkennung erteilt werden kann. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen und der Vertrauensmann zu hören. Die Bestimmung ist nach Auffassung des Ausschusses geeignet, einer mißbräuchlichen Handhabung entgegenzuwirken. Zu § 5 § 5 regelt die Voraussetzung für den Widerruf von Anerkennungen. Der Ausschuß hat die Fassung des Bundesrates übernommen. ZWEITER TEIL Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarstrafen ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen Zu § 6 Die Bestimmung regelt das Verhältnis des Disziplinarrechts zum Strafrecht. Die Bestimmung stellt den Grundsatz auf, daß einfache Disziplinarstrafen neben gerichtlichen Strafen wegen derselben Tat nicht zulässig sind, wohl aber Laufbahnstrafen. Dies sind diejenigen Disziplinarstrafen, die nur durch ein Gericht verhängt werden können. Die Bezeichnung dieser Gerichte ist in Anpassung an Artikel 96 Abs. 3 GG von „Wehrdisziplinargerichte" in „Wehrdienstgerichte" geändert (Absatz 2). Zu § 7 Absatz 1 enthält den das gesamte Disziplinarrecht beherrschenden Grundsatz der Ermessensfreiheit (Opportunitätsprinzip). In Absatz 2 wurde die Frist, nach deren Ablauf eine einfache Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden darf, von sechs auf drei Monate herabgesetzt, weil im militärischen Bereich die Strafe der Tat möglichst auf dem Fuße folgen soll und eine nach längerer Frist verhängte Strafe ihre Wirkung verfehlen würde. Als Strafverfahren, während dessen Schweben die Frist nicht läuft, ist auch das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren anzusehen. Zu § 8 § 8 enthält den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens und seiner einheitlichen Bestrafung. Absatz 2 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 9 § 9 regelt die vorläufige Festnahme aus disziplinaren Gründen. Absatz 1 enthält die Voraussetzungen der vorläufigen Festnahme. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, die Fassung der Regierungsvorlage mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß der letzte Halbsatz lautet: „ .... wenn es die Aufrechterhaltung der Disziplin gebietet." Es wurde nicht für erforderlich gehalten, im Gesetz besonders zu erwähnen, daß der Vorgesetzte zuvor die zur Festnahme führenden Umstände pflichtgemäß prüft. Diese Pflicht ergibt sich bereits aus der jetzt gewählten Fassung. Die Absätze 2 bis 4 wurden in der Fassung des Bundesrates angenommen. Der Absatz 2 bestimmt, welchen Soldaten außer den Disziplinarvorgesetzten die Befugnis zur Festnahme zusteht. Der Ausschuß hat die Befugnis zur Festnahme in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 weiter eingeschränkt; sie soll auch dann nicht gegeben sein, wenn ein Angehöriger des militärischen Ordnungsdienstes sofort erreichbar ist. ZWEITER ABSCHNITT Die Disziplinargewalt der Disziplinarvorgesetzten und ihre Ausübung 1. Einfache Disziplinarstrafen Zu § 10 § 10 zählt die einfachen Disziplinarstrafen erschöpfend auf. Bei der Ausgestaltung des Strafensystems knüpft das Gesetz weitgehend an frühere Regelungen an. Der Ausschuß hat sich besonders eingehend mit den Strafen der Soldverwaltung, der Geldbuße und des Arrestes befaßt. Zu § 12 Der Ausschuß hält die Soldverwaltung in bestimmten Fällen für ein durchaus zweckmäßiges Erziehungsmittel. Absatz 2 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 13 Eine Herabsetzung des Höchstbetrages der Geldbuße erschien dem Ausschuß mit Rücksicht auf die Möglichkeit von Teilzahlungen (§ 37 Abs. 2) nicht erforderlich. Unter Dienstbezügen sind nur Einkünfte des Bestraften in seiner Eigenschaft als Soldat anzusehen. Die nähere Bestimmung der Begriffe „Dienstbezüge" und „Sold" ist nach § 120 einer Rechtsverordnung vorbehalten. Zu § 15 § 15 regelt den disziplinaren Arrest. Ein Antrag, den Arrest wie die Laufbahnstrafen dem disziplinargerichtlichen Verfahren vorzubehalten, wurde mit Mehrheit abgelehnt, da der Arrest sonst zu sehr in die Nähe des strafgerichtlichen Arrestes gerückt würde und außerdem ein Verfahren, das vom Divisionskommandeur eingeleitet werden müßte und eine gerichtliche Hauptverhandlung erforderte, zu schwerfällig und langwierig wäre. 2. Disziplinargewalt Zu § 16 § 16 gibt eine Begriffsbestimmung der Disziplinargewalt und bestimmt, welchen Vorgesetzten die (Dr. Götz) Disziplinargewalt zusteht oder verliehen werden kann. Zu Absatz 3 wurde die Frage, ob die Sonderregelung hinsichtlich der Disziplinargewalt der Sanitätsoffiziere auf andere Fachvorgesetzte ausgedehnt werden soll, geprüft und verneint. Zu § 17 § 17 bestimmt die Stufen der Disziplinargewalt. Ein Antrag, dem Kompaniechef die Disziplinargewait gegen Offiziere in dem gleichen Umfang zu geben wie gegen Unteroffiziere und Mannschaften, wurde mit Mehrheit abgelehnt. Zu § 19 § 19, der die Zuständigkeit des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten regelt, wurde in der redaktionell veränderten Fassung des Bundesrates und der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu angenommen. 3. Ausübung der Disziplinargewalt Zu § 21 § 21 befaßt sich mit der Prüfungspflicht des Disziplinarvorgesetzten beim Verhängen einer Disziplinarstrafe. Die Bestimmung wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. In Absatz 1 wurde durch die Fassung klargestellt, daß die Bestimmung die Befugnis des Disziplinarvorgesetzten zur Anwendung anderer Maßnahmen als Disziplinarstrafen nicht erweitert. Absatz 4: Von einer Umgestaltung der Sollvorschrift über die Anhörung des Vertrauensmannes in eine Mußvorschrift wurde abgesehen, da der Disziplinarvorgesetzte auch bei einer Sollvorschrift gegen seine Dienstpflichten verstößt, wenn er die Anhörung des Vertrauensmannes unterläßt. Zu § 22 § 22 enthält nähere Bestimmungen über das Verhältnis zum Strafverfahren. Dem Absatz 1 stimmt der Ausschuß in der Regierungsvorlage zu mit der Maßgabe, daß der Begriff „Straftat" durch „strafgerichtlich zu verfolgende Handlung" ersetzt wird. Dadurch soll insbesondere klargestellt werden, daß hei Straftaten, die nur auf Antrag verfolgt werden, die Abgabe an die Strafverfolgungsbehörde nicht geboten ist, wenn kein Strafantrag gestellt ist. Zu § 26 war der Ausschuß der Auffassung, daß bei Art und Maß der Strafe auch die Eigenart des Dienstvergehens zu berücksichtigen ist. Zu § 28 § 28 sieht gemäß dem Grundsatz des Artikels 104 Abs. 2 GG die Mitwirkung des Richters beim Verhängen der Arreststrafe vor. Um klarzustellen, daß der Richter nicht nur die formelle Zulässigkeit des Arrestes zu prüfen hat, sondern auch die Frage, ob der Disziplinarvorgesetzte sein Ermessen mißbraucht oder überschreitet, wurde der Ausdruck „zulässig" bzw. „Zulässigkeit" durch „rechtmäßig" bzw. „Rechtmäßigkeit" ersetzt. Absatz 4 wurde in der Fassung des Bundesrates und der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu angenommen. 5. Nochmalige Prüfung Zu § 31 Der Ausschuß hat in Übereinstimmung mit einem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht die Bestimmung des Absatzes 4, wonach Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer nicht mehr anfechtbaren Disziplinarstrafe nur innerhalb eines Jahres zulässig sein sollten, gestrichen. Zu § 32 § 32 regelt die Pflicht der höheren Disziplinarvorgesetzten zur Dienstaufsicht, insbesondere die Pflicht, rechtswidrig verhängte Disziplinarstrafen in den im einzelnen aufgeführten Fällen aufzuheben. Der Ausschuß war der Auffassung, daß eine Änderung gesetzlich unzulässiger Strafen in eine „nächstmildere" nicht in Betracht kommt und hat daher die entsprechende Stelle im Regierungsentwurf gestrichen. Dadurch ergab sich eine Umstellung des verbliebenen Absatzes 3 als Nr. vor 1 des Absatzes 2. Andererseits soll im Gesetz selbst klargestellt werden, daß die Aufhebung einer Bestrafung wegen Verfahrensmängeln eine neue zulässige Bestrafung nicht hindert. Dies ist in dem neu eingefügten Absatzes 4 a zum Ausdruck gebracht. 6. Vollstreckung Zu § 37 § 37 regelt die Vollstreckung von Geldbußen. Dabei wurde in Absatz 4 Satz 2 bestimmt, daß dem Bestraften außer den notwendigen Mitteln zum Unterhalt für ihn und seine Familie auch die Mittel zur Erfüllung sonstiger gesetzlicher Unterhaltspflichten zu belassen sind. Zu § 38 In § 38, der die Vollstreckung von Arreststrafen regelt, wurde als Absatz vor 1 eine Bestimmung eingefügt, die im Hinblick auf § 30 Nr. 1 den Beginn der Arrestvollstreckung zweifelsfrei klarstellt. Absatz 3, wonach die Dienstbezüge und der Sold während des Arrestvollzugs gekürzt werden sollten, wurde gestrichen, weil darin eine unbillige Verschärfung der Strafe erblickt wurde. Zu § 40 § 40 regelt die Vollstreckung von Geldbußen und Arreststrafen im Zusammenhang mit dem Entlassungstag. Absatz 2 erhält auf Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht den Zusatz, daß die sofortige Vollstreckung des Arrestes nur zulässig ist, wenn sie der Richter angeordnet hat. 7. Disziplinarbücher, Tilgung Zu § 42 § 42 enthält Bestimmungen über Disziplinarbücher und über die Tilgung von Strafen und An- (Dr. Götz) erkennungen. Disziplinarbücher sind für Unteroffiziere und Mannschaften, Personalakten für Offiziere und für alle Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit in Aussicht genommen. Soweit gleichzeitig Disziplinarbücher und Personalakten geführt werden, soll die Eintragung an beiden Stellen erfolgen. Um zu vermeiden, daß insbesondere Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses aus der Mitteilung von einfachen Disziplinarstrafen an Stellen außerhalb der Bundeswehr Nachteile entstehen, hat der Ausschuß mit Mehrheit als Absatz 3 a eine Bestimmung eingefügt, wonach solche Mitteilungen nicht erteilt werden dürfen, sofern es sich nicht um Mitteilungen im Strafverfahren an Staatsanwaltschaften und Gerichte handelt. DRITTER ABSCHNITT Das disziplinargerichtliche Verfahren 1. Laufbahnstrafen Zu § 43 § 43 zählt die Laufbahnstrafen auf und enthält weitere Bestimmungen über die Disziplinarstrafen, die von den Wehrdienstgerichten verhängt werden können. Die Überschrift wurde entsprechend der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Vorschlägen des Bundesrates geändert. Zu § 48 § 48 bestimmt die Folgen der Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Entsprechend einem Vorschlag des Bundesrates wurde in Absatz 2 vorgesehen, daß das Gericht auf Dienstgradherabsetzung erkennen kann, wenn ihm der Verlust des Dienstgrades zu hart erscheint. Zu § 50 Der Ausschuß hat diese Bestimmung ersatzlos gestrichen. Nach § 51 Abs. 4 des Soldatengesetzes endet der Ruhestand, wenn ein Berufssoldat wieder eingestellt wird. Damit fallen die früheren Ruhegehaltbezüge automatisch weg. Außerdem haben ehemalige Offiziere und Unteroffiziere nach § 23 des Soldatengesetzes die Pflicht, auch nach der Entlassung kein Verhalten zu zeigen, das ihre Wiederverwendung als Vorgesetzte hindert. Wenn ein wiederverwendeter Offizier oder Unteroffizier sich so schwer vergeht, daß er aus dem Dienstverhältnis entfernt wird, würde dies in der Regel schon auf Grund der für Soldaten im Ruhestand geltenden Bestimmungen den Verlust der Ruhegehaltbezüge zur Folge haben. Der § 50 der Regierungsvorlage, der dem § 10 der Bundesdisziplinarordnung nachgebildet war, ist daher für Soldaten bedeutungslos. 2. Wehrdienstgerichte Zu § 51 § 51 enthält die grundlegenden Bestimmungen über die Wehrdienstgerichte. Absatz 1 wurde in der vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorgeschlagenen Fassung angenommen, die sich an den Wortlaut des Grundgesetzes (Artikel 96 Abs. 3) anschließt. Die Wehrdienstgerichte erster Instanz erhalten, wie bereits in der Wehrbeschwerdeordnung festgelegt, die Bezeichnung „Truppendienstgerichte". Als obere Instanz hatte der Unterausschuß einen eigenen Wehrdienstgerichtshof vorgeschlagen, der wie die Truppendienstgerichte zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung gehören sollte. Der Verteidigungsausschuß ist jedoch einmütig der Auffassung des Rechtsausschusses gefolgt, der gegen diesen Vorschlag mit Mehrheit rechtspolitische, z. T. auch verfassungsrechtliche Bedenken hatte. Als obere Instanz sind daher nunmehr besondere Senate (Wehrdienstsenate) bei dem Bundesdisziplinarhof vorgesehen. Wo in dem Gesetz der Bundesdisziplinarhof genannt wird, sind darunter durchgängig die Wehrdienstsenate des Bundesdisziplinarhofs zu verstehen. Der Ausschuß war der Auffassung, daß es genügt, wenn dies an dieser Stelle gesagt wird. Absatz 2 der Regierungsvorlage wurde als entbehrlich gestrichen. Zu § 52 § 52 behandelt die Errichtung der Truppendienstgerichte. Gemäß einem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht wurde in Absatz 1 eingefügt, daß die Verordnung über die Errichtung der Truppendienstgerichte von dem Bundesminister für Verteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz erlassen wird. Absatz 2 wurde gemäß dem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht eingefügt und besagt inhaltlich dasselbe wie die dort vorgeschlagene Fassung, daß die Truppendienstgerichte der Dienstaufsicht des Bundesministers für Verteidigung unterstehen. Zu § 53 In § 53, der die Zuständigkeit der Truppendienstgerichte regelt, wurde Absatz 3 in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 54 In § 54 mußte die Bezeichnung „der Vorsitzende" in „der dienstaufsichtführende Richter" geändert werden, weil es sich nicht um den Vorsitzenden einer Kammer im Sinne eines Spruchkörpers, sondern um den leitenden Richter des Truppendienstgerichts als Gerichtsbehörde handelt. Zu § 55 § 55 regelt die Berufung der militärischen Beisitzer. Bei der Auswahl der Beisitzer sollen nach einem Vorschlag des Bundesrates auch die Fachlaufbahnen berücksichtigt werden. Die Bezeichnung „Abteilungen" eines Truppendienstgerichts wurde in „Kammern" geändert, nachdem abweichend vom Regierungsentwurf die Gerichtsbehörde als Ganzes als Gericht (Truppendienstgericht) bezeichnet ist. Zu § 57 § 57 regelt die große Besetzung. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, die Worte „auf Antrag der Einleitungsbehörde" zu streichen. Es soll allein im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzen- (Dr. Götz) den stehen, ob unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen ein zweiter Richter zugezogen wird. Zu § 58 § 58 regelt die Maßnahmen gegen säumige Beisitzer sowie die Voraussetzungen für das Ruhen und das Erlöschen ihres Amtes. Absatz 1 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 59 § 59 enthält die Vorschriften über die Wehrdienstsenate beim Bundesdisziplinarhof. Absatz 1 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Die im Ausschuß laut gewordenen Zweifel, der in der Mehrzahl gehaltene Wortlaut „ . . . besondere Senate (Wehrdienstsenate) . . . " verlange die Einrichtung mehrerer Senate auch dann, wenn ein einziger ausreichend sein würde, wurden von der Mehrheit des Ausschusses nicht geteilt. Vielmehr wurde ausdrücklich festgestellt, daß im letzteren Falle selbstverständlich die Einrichtung eines Senats durch den Wortlaut des Absatzes 1 gedeckt sein würde. Als Absatz 1 a wurde die Bestimmung aufgenommen, daß der Bundesminister des Innern seine Befugnisse, soweit die Wehrdienstsenate berührt werden, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verteidigung auszuüben hat. Die Vorschrift bezieht sich insbesondere auf Fragen der Organisation und des Haushalts, der personellen Besetzung und der Dienstaufsicht. Absatz 1 b wurde ebenfalls neu eingefügt. Die Vorschrift stellt klar, daß die hauptamtlichen Richter der Wehrdienstsenate nicht einem anderen Senat des Bundesdisziplinarhofs und Mitglieder anderer Senate nicht einem Wehrdienstsenat zugeteilt werden können; ferner, daß die Wehrdienstsenate nicht mit Angelegenheiten befaßt werden können, für die die anderen Senate des Bundesdisziplinarhofs zuständig sind, und umgekehrt. Um Zweifel auszuschließen, wird ausdrücklich bestimmt, daß die Vorschriften des Richterwahlgesetzes auf die Berufung der richterlichen Mitglieder anzuwenden sind. Das Vorschlagsrecht wird vom Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verteidigung ausgeübt. Bei der erstmaligen Errichtung der Wehrdienstsenate soll die Vorschrift der Bundesdisziplinarordnung über die Anhörung des Präsidiums des Bundesdisziplinarhofs (§ 41 Abs. 3 Satz 3) nicht angewendet werden. Nach Absatz 1 c entscheiden die Wehrdienstsenate in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei militärischen Beisitzern, außerhalb der Hauptverhandlung regelmäßig mit drei richterlichen Mitgliedern. Nach §§ 18 Abs. 4, 21 der Wehrbeschwerdeordnung entscheiden die Wehrdienstsenate in Beschwerdesachen unter Zuziehung der militärischen Beisitzer. Nach § 17 Abs. 6 in Verbindung mit § 21 der Wehrbeschwerdeordnung kommt in dringenden Fällen auch eine Entscheidung des Vorsitzenden allein in Betracht. Hinsichtlich der militärischen Beisitzer gilt im übrigen für die Besetzung des Wehrdienstsenats die gleiche Regelung wie beim Truppendienstgericht (§ 56 Abs. 2 bis 4). In Absatz 2 wurde ohne sachliche Änderung die Amtsdauer der militärischen Beisitzer, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, dahin bestimmt, daß sie für die Zeit ihres Grundwehrdienstes berufen werden. 4. Allgemeine Vorschriften für das disziplinargerichtliche Verfahren Die §§ 61 bis 114 folgen weitgehend der Regelung der Bundesdisziplinarordnung. Soweit die Regierungsvorlage davon eine abweichende Regelung enthält, hat ihr der Verteidigungsausschuß in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht grundsätzlich zugestimmt. Zu § 65 § 65 sieht vor, daß einem verhandlungsunfähigen Beschuldigten ein Pfleger zu bestellen ist. Absatz 2 wurde in Anlehnung an den Entwurf eines Beamtenrechtsrahmengesetzes neu gefaßt. Zu § 66 In § 66, der Bestimmungen über Zeugen und Sachverständige enthält, wurde Absatz 2 in der Fassung des Bundesrates angenommen. Außerdem wurde zur Klarstellung, daß die Bestimmungen über die Rechtshilfe im Ausland unberührt bleiben, zum Ausdruck gebracht, daß Absatz 2 sich nur auf die Rechtshilfe im Inland bezieht. Zu § 67 Die Bestimmung bezieht sich in der Neufassung ausschließlich auf die Frage der Verhaftung. Die Frage der vorläufigen Festnahme und der zwangsweisen Vorführung ist nicht mehr angesprochen. Für die erstere gilt § 9, für die letztere gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung. Zu § 70 § 70 regelt die Verteidigung. Absatz 1 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. In Absatz 2 war der Ausschuß in seiner Mehrheit der Auffassung, daß, abgesehen von den sonst genannten Personen, nur die bei einem Gericht im Geltungsbereich des Grundgesetzes zugelassenen Rechtsanwälte die Verteidigung übernehmen können, weil es sich im disziplinargerichtlichen Verfahren in der Hauptsache um innerdienstliche Angelegenheiten der Bundeswehr handelt. Zu § 83 wurde hinzugefügt, daß der Beschuldigte nicht nur die Akten einsehen und selbst Abschriften daraus nehmen, sondern auch auf seine Kosten Abschriften anfertigen lassen kann. Zu § 85 In § 85, der die Teilnahme des Beschuldigten an der Hauptverhandlung regelt, wurde als Nr. 1 a des Absatzes 1 die Bestimmung eingefügt, daß ohne Anwesenheit des Beschuldigten auch dann verhandelt werden kann, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist, oder wenn er sich außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes aufhält und seine Gestel- (Dr. Götz) lung vor das zuständige Wehrdienstgericht nicht ausführbar oder nicht angemessen erscheint. Die Einfügung dient der Klarstellung. Absatz 3 enthält nur eine redaktionelle Änderung. Zu § 87 § 87 enthält Bestimmungen über die Beweisaufnahme. Abweichend von der Bundesdisziplinarordnung wird in Absatz 2 der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung festgelegt. Absatz 3 wurde in der vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorgeschlagenen Fassung angenommen. Wenn außer dem Vorsitzenden kein weiteres richterliches Mitglied vorhanden ist, soll der Vorsitzende selbst die Berichterstattung übernehmen. Zu § 89 In § 89, der die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags an den Verurteilten zum Gegenstand hat, wurde der letzte Satz des Absatzes 1 ohne sachliche Änderung so gefaßt, daß eine Verweisung auf einzelne Bestimmungen des noch nicht verabschiedeten Soldatenversorgungsgesetzes vermieden wird. Zu § 94 Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hatte empfohlen, daß die Frist für die Begründung der Berufung allgemein auf Antrag um weitere zwei Wochen verlängert werden kann. Der Verteidigungsausschuß ist, um einer Verzögerung des Verfahrens entgegenzuwirken, dieser Empfehlung nicht gefolgt. Der Ausschuß hielt eine Frist von je zwei Wochen, die dem Beschuldigten für die Einlegung und die Begründung der Berufung zur Verfügung steht, für ausreichend. Der Absatz 3 weist in einer gegenüber der Bundesdisziplinarordnung veränderten Fassung deutlicher darauf hin, daß die Zurückweisung verspäteten Vorbringens die Ausnahme bilden soll. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht war der Auffassung, daß es sich bei dem Verschulden, das zur Zurückweisung eines verspäteten Vorbringens führt, um ein schwerwiegendes Verschulden handeln muß. Zu § 102 In § 102, der Bestimmungen über die vorläufige Dienstenthebung enthält, wurde Absatz 6 in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 114 Der Ausschuß hat in Absatz 2 Satz 3 die Worte „oder dem Sold" auf Anregung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht gestrichen. Einem Soldaten, der auf den Wehrsold angewiesen ist, sollen davon die Kosten nicht abgezogen werden. Die gesetzliche Pfändungsgrenze gilt auch hier. SCHLUSSVORSCHRIFTEN Zu § 120 a Da dieses Gesetz das Grundrecht der Freiheit der Person einschränkt (vorläufige Festnahme, Arrest), erschien dem Bundesrat im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG die Einfügung dieser Bestimmungen notwendig. Der Ausschuß hat in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht dem Vorschlag des Bundesrates zugestimmt. Zu § 120 b § 120 b regelt die Zulassung von Personen mit Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst als Richter bei den Truppendienstgerichten. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat gegen die Vorschrift keinen Widerspruch erhoben; der Verteidigungsausschuß hat ihr zugestimmt. Zu § 120 c Als § 120 c hat der Ausschuß eine Bestimmung über die Überleitung anhängiger Verfahren auf die nach diesem Gesetz zuständigen Dienststellen oder Gerichte eingefügt. Zu § 121 Der Ausschuß hielt es in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates für zweckmäßig, daß das Gesetz erst 14 Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt. Bonn, den 23. Januar 1957 Dr. Götz Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 935 (1. Teil) (Vgl. S. 10951 A, C, 10953 C, 10955 C ff., 10959 C) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 9 Abs. 1 erhält folgende Fassung: (1) Jeder Disziplinarvorgesetzte kann Soldaten, die seiner Disziplinargewalt unterstehen, wegen eines Dienstvergehens vorläufig festnehmen, wenn es die Aufrechterhaltung der Disziplin nach pflichtgemäßer Prüfung der Umstände zwingend gebietet. 2. In § 10 sind Absatz 1 Nr. 3 und 6 und Absatz 2 zu streichen. 3. § 12 ist zu streichen. 4. § 15 ist zu streichen. Im Falle der Ablehnung des Antrags unter Nr. 4: 5. In § 15 sind die Worte „, Kostschmälerung oder eine dieser Maßnahmen" zu streichen. 6. In § 17 Abs. 1 ist in Nr. 1 das Wort „Soldverwaltung," zu streichen; Absatz 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: 2. der Bataillonskommandeur und ein Offizier in entsprechender Dienststellung gegen Unteroffiziere und Mannschaften die Disziplinarstrafen nach Nummer 1, gegen Offiziere die Disziplinarstrafen wie gegen Unteroffiziere und Mannschaften; Absatz 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung: 3. der Bundesminister für Verteidigung sowie die Offiziere vom Regimentskommandeur an aufwärts und die Offiziere in entsprechenden Dienststellungen die Disziplinarstrafen nach Nummer 2. 7. In § 21 ist dem Absatz 4 folgender Satz anzufügen: Ist der Vertrauensmann nicht gehört oder ist ihm der Sachverhalt nicht vorher bekanntgegeben worden, so ist dieser Umstand dem Beschuldigten bei Verhängen der Strafe zu eröffnen. 8. In § 25 ist Absatz 4 zu streichen. 9. In § 26 Abs. 3 sind a) das Wort „Arreststrafen" durch das Wort „Ausgangsbeschränkungen" b) die Worte „eine disziplinare Freiheitsstrafe" durch das Wort „dies" zu ersetzen. 10. § 28 ist zu streichen. 11. In § 30 ist Nr. 3 zu streichen. 12. In § 32 Abs. 2 ist Nr. 8 zu streichen. 13. In § 36 sind in der Überschrift das Wort „ ,Soldverwaltung" und Absatz 3 zu streichen. 14. In § 40 Abs. 2 treten an die Stelle der Worte „der Richter" die Worte „das Gericht". 15. In § 42 Abs. 4 sind die Worte „bei Soldaten, die nicht Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit sind," zu streichen. Bonn, den 5. Februar 1957 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 937 (neu) (1. Teil) (Vgl. S. 10950 A, D) Änderungsantrag des Abgeordneten Lotze zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181) Der Bundestag wolle beschließen: 1. a) In § 1 Abs. 1 werden die Worte „die Würdigung besonderer Leistungen durch Anerkennungen und" gestrichen. b) Die §§ 2 bis 5 (Erster Teil) werden gestrichen. Bonn, den 5. Februar 1957 Lotze Anlage 5 Umdruck 939 (neu) (Vgl. S. 10953 D, 10955 B) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 15 Abs. 1 ist der zweite Satz zu streichen. 2. In § 38 Abs. 2 sind die beiden letzten Sätze zu streichen. Bonn, den 6. Februar 1957 Dr. Mende und Fraktion Anlage 6 Umdruck 944 (Vgl. S. 10954 C, 10955 B, 10956 D, 10957 A) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kliesing, von Manteuffel (Neuß), Dr. Reichstein, Schneider (Bremerhaven) und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 15 Abs. 1 wird Satz 2 gestrichen. 2. In § 28 Abs. 3 und 4 werden jeweils die Worte „mildere oder" gestrichen. 3. In § 38 Abs. 2 werden die Sätze 4 und 5 gestrichen. Bonn, den 7. Februar 1957 Dr. Kliesing Heye Heix Dr. Moerchel Dr. Seffrin von Manteuffel (Neuß) Dr. Reichstein Dr. Keiler Schneider (Bremerhaven)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Horst Haasler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Parteien der Regierungskoalition habe ich zu erklären, daß der vorgelegte Entwurf eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes uns eine brauchbare Grundlage für die Diskussionen in den Ausschüssen zu sein scheint. Wir werden beantragen, diesen Entwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen.
    Lassen Sie mich bitte jetzt mit den Bedenken auseinandersetzen, die gestern vom Herrn Kollegen Bucher namens der FDP und vom Herrn Kollegen Arndt namens der SPD vorgetragen worden sind. Wir stimmen — und ich glaube, das gilt für alle Mitglieder des Hauses — Herrn Kollegen Arndt insoweit zu, daß man sich bei der Einführung neuer Strafbestimmungen auf dem Gebiete des Staatsschutzrechtes so weit als irgend möglich Beschränkungen auferlegen sollte. Herr Kollege Arndt hat von einer Entpönalisierung unseres Strafrechts gesprochen. Ich sagte schon, das soll unser aller Anliegen sein, aber, Herr Kollege Arndt, im Rahmen der Möglichkeiten!
    Wir wollen einmal durch eine Betrachtung der Entwicklung unseres Staatsschutzrechts klarstellen, wie die Dinge bis heute gelaufen sind. Wir kamen zunächst mit recht wenigen Gesetzen aus. Es waren nur Strafbestimmungen über Hoch- und Landesverrat. Die Praxis zeigte aber, daß sich staatsfeindliche Elemente diesen sehr einfachen Bestimmungen recht bald ,anpassen konnten und daß unsere höchsten Gerichte, um den Staat wirksam schützen zu können, zu ausdehnenden Interpretationen kommen mußten. Ich erinnere insbesondere an die schließlich sehr extensiv gewordene Auslegung des Tatbestandsmerkmales „ein bestimmtes Unternehmen" in § 81 des Strafgesetzbuchs durch das Reichsgericht.
    Sie haben gestern, Herr Kollege Arndt, hier eine Kritik an gewissen Entscheidungen unserer höchsten Gerichte anklingen lassen und gesagt — ich stehe nicht an, Ihnen da in gewisser Weise beizupflichten –, daß es unerwünscht sei, wenn die hohen Gerichte in ihrer Auslegung zum Teil über das hinausgingen, was der Gesetzgeber ursprünglich gewollt habe. Aber die hohen Gerichte stehen schon seit Jahrzehnten dort vor der Notwendigkeit einer extensiven Interpretation, wo der Gesetzgeber mit seiner Verpflichtung, Gesetze zu machen, die der Zeit und ihren Erfordernissen angepaßt sind, nicht nachkommt.

    (Zuruf von der SPD: Es gibt doch im Strafrecht keine extensive Auslegung!)

    – Ich habe Ihren Zwischenruf nicht verstanden.
    Dann kam das Republikschutzgesetz. Es brachte eine Erweiterung der Bestimmungen über Hochverrat und über Landesverrat im Hinblick auf einen Staatsschutz. Ich brauche Ihnen nicht näher darzulegen, wie wenig effektiv dieses Gesetz war. Es war ein vorsichtiges Gesetz, und es vermied, Grenztatbestände zu erfassen. Den Erfolg kennen wir alle.
    Auf die Bestrebungen der nationalsozialistischen Zeit brauche ich nicht einzugehen. Ich brauche nur zu erwähnen, daß wir das Gegenteil dessen erlebten, was die vorsichtige Republik und das in dieser Beziehung auch sehr behutsame deutsche Kaiserreich auf dem Gebiet des Staatsschutzrechts getan haben. Es wurde sehr vieles, wenn nicht alles


    (Haasler)

    übertrieben, und es ist zuzugeben, daß diese Beispiele schrecken; sie mögen uns aber einen Hinweis geben. Ich glaube, Herr Kollege Arndt, Sie auch da ganz richtig verstanden zu haben, daß Sie hier ein Fanal aufzeigen wollten: wir sollten uns ,diese Gesetze durchaus ansehen, um zu wissen, wie weit wir gehen können, ohne unsere demokratische Ordnung zu verletzen.
    Wir haben dann im Jahre 1951 das Erste Strafrechtsänderungsgesetz gemacht. Wir haben damit Bestimmungen in unseren Staatsschutz eingeführt, von denen man Ihrerseits gestern zum Teil abgerückt ist.
    Wir stehen nunmehr mit dem Vierten Strafrechtsänderungsgesetz vor einer weiteren Ausdehnung. Man hat gestern ausgeführt, das sei nicht notwendig, dieser Staat würde sich von innen her tragen, man dürfe nicht über das absolut erforderliche Maß hinausgehen. Soweit dieses theoretische Prinzip in Frage kommt, Herr Kollege Arndt, stimmen wir Ihnen bei. Wir dürfen wirklich über das absolut erforderliche Maß nicht hinausgehen. Wir werden uns nur in der Beantwortung der Frage unterscheiden, was das absolut notwendige Maß ist. Und hier, meine Damen und Herren, muß unser Staat — es sei denn um den Preis der Selbstaufgabe — sich mit seinen Schutzgesetzen eben dem Zustand anpassen, wie er heute in der Welt besteht. Wir können gegenüber einer Lehre wie dem Bolschewismus, wir können gegenüber absolutistischen Richtungen einfach nicht mehr mit den Strafbestimmungen auskommen, mit denen seinerzeit vielleicht Kaiser Wilhelm I. ausgekommen ist.
    Die Methoden haben sich in der Welt geändert. Presse, Rundfunk, Druckschriften aller Art, Bild: das sind Beeinflussungsmittel, die in diesem Maße vor hundert Jahren nicht bekannt waren. Die Methoden des Kampfes gegen den Staat und gegen die demokratische Ordnung haben sich — meine Damen und Herren, das wird niemand in diesem Hause bestreiten können – verfeinert. Gegenüber neuen Waffen kann nur der bestehen, der sich selbst neue Waffen schafft, die den Waffen des Gegners gewachsen sind.
    Sie haben gesagt, dieses Gesetz stelle einen gewissen Restbestand aus dem Kalten Krieg dar. Sie haben damit zweifellos recht. Es ist eine Waffe, die geschmiedet wurde, um im Kalten Krieg zu bestehen. Aber, Herr Kollege Arndt, ist denn der Kalte Krieg zu Ende, oder ist er nur durch beruhigende Erklärungen für den Augenblick etwas abgeflaut?

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Haben wir nicht gerade aus den letzten Monaten sehr reale Erfahrungen, daß sich da in Wirklichkeit gar nichts geändert hat, daß sich an der Zielsetzung des Bolschewismus, an der Zielsetzung des Staates, den sich der Bolschewismus 'aufgebaut hat, im Endeffekt auch gar nichts ändern wird

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    und daß wir es hier nur vorübergehend mit anderen Methoden zu tun haben?
    Und wenn Sie, Herr Kollege Arndt, — wir hoffen es ja alle, wir können es nur leider nicht glauben — recht haben sollten mit der Meinung, der Kalte Krieg sei zu Ende und ,deshalb brauche man auch diese Restbestände nicht mehr, dann passiert ja auch nichts Schlimmes, wenn wir die Waffen in der Hand behalten, die uns gegen die Fährnisse dieses Kalten Krieges schützen. Wir brauchen sie ja nicht anzuwenden. Wenn wir ein Gesetz machen, bedeutet es ja nicht, daß wir uns nun Hunderte von Leuten greifen, nur um das Gesetz zu erproben. Wir werden es nur exerzieren müssen, wenn der Kalte Krieg eben nicht zu Ende ist. Für diesen Fall brauchen wir das Gesetz.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Nun haben Sie, Herr Kollege Arndt, ausgeführt, außerdem enthalte dieses Gesetz Dinge, die in unserer Strafrechtsordnung völlig neu seien, es enthalte verschwommene Begriffe, es sei unpräzise, es arbeite mit unbestimmten, bisher im Strafrecht nicht eingeführten Begriffen, die man neu erfunden habe, es mangele — da haben Sie den subjektiven Tatbestand einzelner Gesetzesbestimmungen unter die Lupe genommen — die Feststellbarkeit, wie immer oder wie fast immer bei subjektiven Unrechtselementen. Aus all diesen Gründen, haben Sie gesagt, sei dieses Gesetz später in seiner Anwendung entweder sehr schwierig oder führe notwendigerweise zu Unübersichtlichkeiten oder gar Ungerechtigkeiten.
    Sie haben insbesondere die Einführung, wie Sie meinten, „neuer" Begriffe beanstandet. Ich bin darüber unterrichtet, daß der Herr Bundesminister der Justiz zu den tatsächlichen Behauptungen, die Sie bei den einzelnen Bestimmungen angebracht haben, eine Erklärung als Minister abzugeben wünscht; ich möchte deshalb hier nur einzelne Beispiele herausgreifen. Sie beanstandeten z. B., daß von „gröblicher Entstellung" die Rede sei; das sei eine Erfindung des Nationalsozialismus. Dabei ist Ihnen, Herr Kollege Arndt, sicherlich entgangen, daß bereits der seit 1872 bestehende § 131 des Strafgesetzbuchs davon spricht, daß, wer erdichtete oder „entstellte" Tatsachen verbreitet, sich unter gewissen Umständen strafbar macht. Es mag sein, daß der Begriff „gröblich" erst in neuerer Zeit in das Gesetz gekommen ist. Aber wesentlich bei diesem Tatbestand war doch das Element des Entstellenden. Wenn Sie gegen das „gröbliche" Bedenken haben, dann könnten wir ,es ja weglassen. Aber das würde sicherlich nicht Ihrer Linie und auch nicht unserer Tendenz entsprechen, denn das gäbe einen noch weiteren Strafrahmen, den wir aber auch nicht wollen.
    Sie haben dann gesagt, eine unerläßliche Voraussetzung dieser Strafgesetze sei das Vorliegen eines äußeren Tatbestandes, der bereits in gewisser Weise einen Unrechtstatbestand aufzeige. Sie meinten, daß im sachlichen Tatbestand etwas da sein müsse, was unabhängig vom Denken und Wollen schon als äußerer Anlaß die Grundlage für die Strafbarkeit abgebe. Man könne, so führten Sie aus, nicht auf die Täterpersönlichkeit abstellen, wie es dieses Gesetz an einigen Stellen tue. Dias sei etwas völlig Neues und etwas völlig Unerwünschtes.
    Nun, Herr Kollege Arndt, das wäre weder im klassischen Staatsschutzrecht noch etwa im Bereich des Individualstrafrechts irgendwie neu. Ich erinnere z. B. an den Tatbestand der Begünstigung aus dem Individualstrafrecht. Es ist doch in keiner Weise verboten, sich eine Fahrkarte zu kaufen und die Fahrkarte einer dritten Person weiterzugeben. Es wird nur dann verboten und strafwürdig, wenn man das in der Absicht tut, einem Dritten, der zuvor ein Vergehen oder Verbrechen begangen hat, zur Flucht zu verhelfen.
    Ganz ähnlich ist es im Staatsschutzrecht bei der Vorbereitung zum Hochverrat. Jeder Staatsbürger


    (Haasler)

    kann sich straflos ein Büro mieten, er kann Hilfskräfte anstellen, er kann sich Papier kaufen, er k ann sich Vervielfältigungsmaschinen zulegen. Aber wenn er das tut zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, dann ist .allein diese Absicht das Moment, das einen sonst völlig neutralen Tatbestand strafwürdig macht.
    Ich möchte die Beispiele hier nicht ins Ungemessene vermehren. Ich möchte abschließend nur noch an den § 49a, die Strafvorschrift über die Verabredung zu Verbrechen, erinnern. Dort ist praktisch überhaupt kein sachlicher Tatbestand vorhanden, sondern da ist alles ausschließlich auf den verbrecherischen, auf den Täterwillen einzelner Personen abgestellt.
    Also mit diesen Argumenten kann man gegen das vorgelegte Gesetz nicht polemisieren! Wenn Ihnen das gestern abend in wirkungsvoller Weise möglich war, so nur deshalb, weil wir — das sagte ich eingangs, Herr Kollege Arndt — alle bestrebt sind, neue Strafbestimmungen zu vermeiden. Wir wollen unser Recht nicht „pönalisieren". Aber da, wo es keinen anderen Ausweg gibt, wo es um die Erhaltung unserer Ordnung, unserer demokratischen Freiheit geht, muß man auch einmal von diesem Prinzip abweichen.
    Nun lassen Sie mich bitte, ehe ich schließe, noch einige Worte zu dem Problem der Pressefreiheit sagen, 'das insbesondere in den Darlegungen des Herrn Kollegen Bucher anklang. Die Parteien der Regierungskoalition sind sich mit den Oppositionsparteien in dem Bestreben einig, die Pressefreiheit auf jeden Fall zu wahren. Wir halten das Grundrecht der freien Meinungsäußerung für ein so wichtiges, daß wir alles vermeiden wollen, was dieses Grundrecht irgendwie antastet.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen] : Sehr richtig!)

    Die Koalition wird sich gegen alle Versuche in dieser Richtung zur Wehr setzen. In der Wahrung unserer, demokratisch-freiheitlichen Ordnung gerade auf dem Gebiet des Pressewesens werden wir uns von niemandem übertreffen lassen.

    (Lachen bei der SPD.)

    — Wenn einzelne von Ihnen ,darüber lachen, dann nennen Sie uns doch einmal konkrete Tatbestände, die Sie zu diesem Lachen berechtigen!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    — Sie brauchen uns, was die Wahrung der Pressefreiheit anbetrifft, nicht anzustoßen. Denn wir sind daran zur Erhaltung unserer Freiheit genauso, wenn nicht noch mehr als Sie interessiert.

    (Abg. Mellies: Ich kann Ihnen da einiges erzählen. Reden Sie mit dem Herrn Bundeskanzler, ,der wird Ihnen da etwas erzählen! — Abg. Schütz: Reden Sie, Herr Mellies, mit Herrn Hoegner über Einschränkung der Pressefreiheit! — Weitere Zurufe von der SPD una von der CDU/CSU.)

    Wer uns hier mahnt -- das sage ich hierzu noch einmal abschließend —, rennt nur offene Türen ein.

    (Lachen bei der SPD.)

    Es mag über den Begriff und den Inhalt der Freiheit hier und da verschiedene Meinungen geben.

    (Erneutes Lachen bei der SPD.)

    Ich glaube aber, da werden wir uns gar nicht so sehr voneinander unterscheiden.
    Uns ist bewußt und es mahnt auf jeden Fall zur Vorsicht, daß man auch durch ordnungsgemäß verabschiedete Gesetze praktisch eine Meinungsfreiheit einschränken kann, daß derartige Maßnahmen, wenn sie nicht im Hinblick eben auf die Erhaltung des Rechts der freien Meinungsäußerung genau überlegt sind, eine wirkliche Pressefreiheit unterhöhlen können. Das wollen wir nicht. Wir werden, wenn Sie in dieser Richtung Befürchtungen haben — und die haben Sie —, im Ausschuß Ihre Argumente mit sehr offenem Ohr anhören und sie prüfen.
    Andererseits gibt es keinen ernsthaften Streit darüber, daß das Recht der freien Meinungsäußerung seine Grenze an den begründeten Schutzgesetzen findet, die den einzelnen Staatsbürger und den Staat betreffen. In die Rechtsgüter des einzelnen und in ,das Recht des Staates, sich selbst zu erhalten, darf man nicht eingreifen. Für die private Rechtssphäre hat die Praxis in Jahrzehnten hier sehr klare Abgrenzungen erarbeitet. Vielleicht mit der kleinen Einschränkung bezüglich des § 164 Abs. 5 ist das Prinzip unangefochten. Schwieriger liegen die Dinge da, wo es sich um den modernen Staatsschutz handelt; das wird zugegeben. Ich habe schon gesagt, es kann keinen Zweifel darüber geben, ,daß sich der Staat und damit auch die Bundesrepublik gegen Umsturz und dagegen wehren darf, daß man durch bewußte Lüge, durch Entstellung oder auf andere Weise dazu beiträgt, diese Ordnung zu untergraben, daß man sogar in der Beseitigung eben dieser Ordnung mit Mitteln arbeitet, die mit Wahrheit, mit ehrlichem politischem Kampf und mit freier Meinungsbildung nichts mehr zu tun haben. Der Staat darf sich da nicht nur wehren, der Staat muß das auch tun.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Denn nur durch wirksame Maßnahmen erhält er für uns alle und für die Presse die Freiheit, die Meinung, so wie es im Grundgesetz verbürgt ist, auch in Zukunft zu sagen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Darüber sind wir uns, glaube ich, im ganzen Hause
    Lassen Sie mich — ich möchte meine Redezeit nicht überschreiten — mit der Hoffnung schließen, daß trotz der Auseinandersetzungen hier im Plenum eine sachliche Arbeit in den Ausschüssen zu einem guten Gesetz führt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister Dr. von Merkatz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Arndt hat die angebliche Erweiterung des § 91 des Entwurfs angegriffen. Er verkennt dabei, daß die Änderung des Wortlauts keine irgendwie ins Gewicht fallende Erweiterung der Strafbarkeit, sondern nur eine aus rechtsstaatlichen Gründen gebotene Klarstellung seiner Tragweite enthält. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich daraus, daß die Bundeswehr ein öffentliches Sicherheitsorgan ist und daß die Bereitschaft zum Dienst für die Landesverteidigung


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    sachlich der Bereitschaft zum Schutz der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland entspricht. Die Kritik ,des Herrn Kollegen Dr. Arndt müßte sich daher auch gegen die bereits geltende Fassung des § 91 richten.

    (Abg. Dr. Arndt: Tut sie auch!)

    — Ich habe es auch so verstanden, Herr Kollege Dr. Arndt. Aber auch darin gehen Sie fehl; denn es ist unrichtig, daß kritische Äußerungen etwa der Opposition über die Gestaltung der Bundeswehr und Meinungsverschiedenheiten über die Art und Weise der Erreichung der ihr gestellten Aufgabe der Landesverteidigung von der Strafvorschrift nach ihrer geltenden oder nach der im Entwurf vorgesehenen Fassung überhaupt erfaßt werden. Sie liegen sowohl außerhalb des äußeren als auch außerhalb des inneren Tatbestandes, den das Gesetz umschreibt. Nicht die Kritik oder die Austragung von Meinungsverschiedenheiten über die Gestaltung der Bundeswehr wird durch die Vorschrift getroffen, sondern die geistige Sabotage, die darauf gerichtet ist, den Soldaten der Erfüllung der ihm durch das allgemeine Gesetz übertragenen Pflichten zu entziehen. Zwischen Kritik und Sabotage besteht ein ganz klarer Trennungsstrich. Kein Staat kann darauf verzichten, sich gegen die Sabotage zu wehren, wenn er sich nicht selber aufgeben will.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es sollte eigentlich keines Hinweises auf die von einem erbarmungslosen kommunistischen Regime des Ostens betriebene Sabotage dieser Art bedürfen, um die Notwendigkeit einer Abwehr auch mit strafrechtlichen Mitteln darzutun. Die kriminalpolitische Notwendigkeit des § 91 des Strafgesetzbuchs zum Schutze der Bundeswehr ist bereits durch zahlreiche praktische Fälle bewiesen worden. Der Versuch, durch unmittelbare Agitation auf Offiziere und Soldaten einzuwirken, ist in planmäßigen aus dem Osten gesteuerten Aktionen .schon in zahlreichen Fällen gemacht worden. Besonders beliebt ist dabei die Versendung zersetzender Briefe an Offiziere der Bundeswehr mit der Anrede „Sehr geehrter Herr Kamerad!" und mit dem Ziel, sie zum Verlassen ihres Dienstes zu bewegen.
    Ich darf hier am Rande nur auf das französische Gesetz vom 11. März 1950 hinweisen. Nach diesem Gesetz wird auch im Frieden jeder Franzose oder Ausländer mit Zuchthaus bestraft, der sich schuldig macht der wissentlichen Teilnahme an einem Unternehmen der Zersetzung der Armee, das darauf abzielt, der Landesverteidigung zu schaden.

    (Abg. Haasler: Im Frieden!)

    — Im Frieden!
    Weiter darf ich nun auf die Darlegungen eingehen, die Herr Kollege Dr. Arndt zu § 96 gemacht hat. An und für sich mag es Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, scheinen, daß diese Erörterungen eigentlich in die zweite Lesung gehörten, in der die Textkritik sonst erfolgt. Aber es handelt sich hierbei — und das hat auch Herr Kollege Dr. Arndt sehr deutlich gemacht — nicht nur um eine Textkritik, sondern um die Grundgedanken des Gesetzes, die von der Opposition durch ihren Sprecher in so scharfer Weise angegriffen worden sind. Ich muß deshalb schon, um nicht im Nebel des Verschwommenen zu bleiben, konkret an Hand der Bestimmung zu antworten versuchen.
    Gegen den Vorschlag des Entwurfs, die Bundeswehr in § 96 ,des Strafgesetzbuches einzubeziehen und ihr den dort vorgesehenen Ehrenschutz zu geben, hat Herr Kollege Dr. Arndt rechtsstaatliche Bedenken gegen die Tatbestandsbildung nicht vorgetragen und auch nicht vortragen können. Hier sind seine Bedenken anderer Art. Er fürchtet, daß die Bundeswehr mit einer solchen Vorschrift zum Staat im Staate werden könnte. Ich bin der Meinung, daß es gerade die allgemeine Wehrpflicht, gegen die sich die Opposition so leidenschaftlich wehrt, sein wird, die von vornherein verhindert, daß die Bundeswehr ein Staat im Staate wird. Eine Ablehnung der Wehrpflicht hätte vielleicht eine solche Gefahr bedeutet, nicht aber die Änderung des § 96 des Strafgesetzbuches; denn nun wird die Bundeswehr eine Einrichtung sein, an der alle Schichten des Volkes, alle seine jungen Männer Anteil haben und nehmen werden. Warum soll man einer solchen gemeinsamen Institution des Volkes keinen 'besonderen Ehrenschutz geben, wenn sie ihn braucht? Darauf allein kommt es meines Erachtens an. Das Strafrecht verleiht einen derartigen Sonderschutz in zahlreichen Fällen, in deinen ein besonders Schutzwürdiger der Gefahr von Angriffen ausgesetzt ist. So schützt es z. B. wichtige Staatsorgane, es schützt ausländische Staatsmänner, es schützt alle Personen, die im politischen Leben des Volkes stehen, und es schützt die Flagge, die die Bundeswehr führt. Ich sehe nicht ein, warum nicht auch die Bundeswehr selbst, gegen die wir eine Flut von gehässigen Angriffen zu erwarten haben, in solcher Weise geschützt werden soll. Beispiele für das, was auf diesem Gebiet kommen wird, haben wir schon genug erlebt.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen]: Sehr richtig!)

    Herr Kollege Dr. Arndt hat nun noch vorgetragen, eine derartige Vorschrift erschwere sehr eine sachliche Kritik an der Bundeswehr. Verzeihen Sie, Herr Kollege Arndt, ich bin etwas überrascht,

    (Abg. Dr. Arndt: Das ist ein Mißverständnis!)

    daß Sie dieses Argument gebraucht haben, weil Sie .als ein vorzüglicher, die Judikatur genau kennender Jurist bekannt sind. Wie soll man ,dadurch, daß man Beschimpfen und böswilliges Verächtlichmachen verbietet, eine sachliche Kritik erschweren? Herr Kollege Dr. Arndt weiß doch als Jurist genau, was die Rechtsprechung unter Beschimpfen und bäswilligem Verächtlichmachen versteht.

    (Abg. Dr. Arndt: Das ist ein Mißverständnis Ihrerseits!)

    — Leider, Herr Kollege Arndt, scheint es eine deutsche Krankheit zu sein, die auch in diesem Hause langsam aufkommt, daß wir in einer Kettenreaktion gegenseitiger Mißverständnisse stehen.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen] : Hört! Hört!)

    Aber ich habe ziemlich genau, wie sich das gehört, — —

    (Abg. Dr. Arndt: Nein, meine Kritik bezog sich auf das Verbot unwahrer Tatsachenbehauptungen und insbesondere der gröblichen Entstellungen! Sie machen auch die Militärfachkritik unmöglich!)

    — Mir ist gestern schon aufgefallen, Herr Kollege Arndt, daß Sie in Ihrer Begründung etwas zwischen dem § 96 und dem § 109 b hin- und hergeschwankt sind. Darauf beruht es vielleicht.


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    Trotzdem bitte ich, mir zu gestatten, meine Gedanken hier weiter vorzutragen, weil eben die Qualifikation ides Beschimpfens und böswilligen Verächtlichmachens doch etwas ganz Grundsätzlich anderes ist als eine Kritik, die im Kern ein konstruktiver Beitrag zu sein hat. Wir alle sind der Kritik sehr bedürftig, und jede konstruktive Kritik hat von jeher eine Sache gefördert, ist aber doch etwas ganz anderes als Beschimpfen und böswilliges Verächtlichmachen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Haasler: Schimpfen geht auch noch, Herr Minister!)

    — Schimpfen ist für manche eine seelische Erleichterung, das stimmt schon.

    (Abg. Mellies: Herr Dr. Goebbels hat das schäner gesagt! — Abg. Dr. Arndt: Das ist ein Zitat von Goebbels, Herr Minister!)

    — Sollte es wirklich ein Zitat von Goebbels sein — es stammt aber wohl mehr aus der Psychoanalyse, möchte ich glauben —, so gebe ich Ihnen darin durchaus recht, ,daß ein geistiges Gift tief in eine Zeit einzudringen vermag, und sollte ich mich dieser Sünde hier selber schuldig gemacht haben, so werde ich wahrscheinlich künftig nie wieder diesen Ausdruck gebrauchen, wenn er solchen Ursprung haben sollte. Herr Kollege Dr. Arndt weiß: sachliche Kritik wird und darf nie in den Formen des Beschimpfens und böswilligen Verächtlichmachens erfolgen. Auch der § 193 des Strafgesetzbuches, der die Wahrnehmung berechtigter Interessen schützt und gegenüber § 96 nicht gilt, verschließt sich gerade gegenüber solchen Formen der Kritik; denn sein tieferer Sinn ist gerade, die Kritik in sachliche Bahnen zu lenken. Solcher sachlichen Kritik steht § 96 in gar keiner Weise im Wege. Die unsachliche, beleidigende Form ist schon immer strafbar gewesen.
    Auf einen sehr wesentlichen Gedanken, der sehr für die vorgeschlagene Änderung des § 96 spricht, ist Herr Kollege Dr. Arndt leider nicht eingegangen. Verzichtet man auf diese Änderung, so steht die Rechtsprechung vor der unerquicklichen Frage, ob sie die Bundeswehr als solche für beleidigungsfähig erklären soll oder nicht. Tut sie es nicht, so gibt es für die Bundeswehr als solche, als Ganzheit überhaupt keinen Ehrenschutz, nicht einmal über das allgemeine Beleidigungsrecht. Tut sie es aber — und wahrscheinlich wird es dazu kommen, daß sie es tut —, so wäre die Bundeswehr nicht nur gegen Beschimpfungen und böswilliges Verächtlichmachen, also gegen besonders krasse Formen der Beleidigung, sondern überhaupt gegen jede Beleidigung schlechthin, auch gegen die geringfügigste, geschützt. Der Ehrenschutz wäre also im Ergebnis viel weiter ausgedehnt als durch den von Herrn Kollegen Dr. Arndt als zu weitgehend angegriffenen § 96. Denn wird § 96 in der vorgeschlagenen Form Gesetz, so wird die Rechtsprechung darin eine Spezialregelung sehen, die eine weitere Ausdehnung des Ehrenschutzes für die Bundeswehr nicht zuläßt. Das allein sollte Grund genug sein, der Regierungsvorlage zu folgen.
    Ich darf mich nun dem dritten Hauptpunkt des Angriffs der Opposition, der Kritik an dem § 109 b, zuwenden, einer Kritik, die auch weitgehend von der öffentlichen Meinung aufgenommen worden ist. Der Bundesminister der Justiz scheut sich nicht, sich dieser Kritik zu stellen. Denn es gibt Notwendigkeiten, die in der Vorlage auch dann berücksichtigt werden müssen, wenn sie zunächst nicht auf Gegenliebe in der Öffentlichkeit stoßen .

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wo kommt man in einer Demokratie hin, wenn man diese Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit von vornherein scheut?

    (Beifall in der Mitte.)

    Das ist keine Frage des Gekränktseins oder des Beleidigtseins, sondern es ist die Aufgabe der Regierung, auch unpopuläre Notwendigkeiten vor die Öffentlichkeit zu stellen und dann vorbehaltlos der Kritik die Stirn zu bieten.

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Ich muß sagen, die Ausführungen des Sprechers der Opposition zu § 109 b sind durch die gefährliche Tendenz gekennzeichnet, die Möglichkeiten staatlichen Strafens nur für einen Bereich anzuerkennen, der hinter dem Wirkungsbereich selbst des liberalsten Strafrechts unserer Vergangenheit weit zurückbleibt und der auch das in einer freiheitlichen Demokratie unerläßliche Mindestmaß des Strafschutzes nicht mehr gewährleistet. So sehr ich den scharfsinnigen theoretischen Ausführungen über die Grenzen des Strafrechts mit großem Interesse gefolgt bin, muß ich doch darauf aufmerksam machen, daß sich alle theoretischen Erkenntnisse auch in der praktischen Wirklichkeit zu bewähren haben. Die aufgestellte These, daß der Strafgesetzgeber das gleiche Verhalten von zwei Personen ohne Rücksicht auf ihre damit verbundenen inneren Beweggründe und Zweckvorstellungen gleich zu behandeln habe, ist nach den bisherigen Erkenntnissen von Strafrechtswissenschaft und -praxis einfach unrichtig. Es gibt zahllose Tatbestände, in denen ein an sich wertneutrales Verhalten erst durch eine bestimmte Absicht des Täters überhaupt strafrechtlich erheblich und zugleich strafwürdig wird, strafrechtlich erheblich und strafwürdig also erst durch einen inneren Tatbestand, eine subjektive Willenshaltung des Täters, die in seiner Brust verschlossen ist.
    Unter diesem Gesichtspunkt gibt es jedenfalls keinen begründeten Einwand dagegen, das Aufstellen und Verbreiten unwahrer Tatsachenbehauptungen mit Strafe zu bedrohen, wenn mit ihnen ein für die Verteidigungsbemühungen gefährlicher Zweck verfolgt wird.
    Herr Kollege Dr. Arndt hat die als Folge der Einführung der Vorschrift drohenden Gefahren in schwärzesten Farben gemalt. Er meint, daß die Beschränkung des Tatbestandes auf Behauptungen über Tatsachen ungeeignet sei, eine klare Abgrenzung gegenüber den Meinungsäußerungen und Werturteilen zugewinnen. Ich will nicht bestreiten, daß es Grenzfälle — vor allem im Bereich der sogenannten inneren Tatsachen — gibt, die im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten können. Aber es ist ja gerade ein Kennzeichen rechtsstaatlichen Denkens, daß sich das Recht in den Grenzfällen zu bewähren hat. Hier stellt doch gerade der Rechtsstaat in dem Grundsatz des Maßhaltens — wonach solche Grenzfälle im Zweifel zugunsten des Beschuldigten zu werten sind — eine Korrekturmöglichkeit zur Verfügung, die die Rechtsprechung beachten muß, wenn sie ihre Pflicht nicht verfehlen will.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Unterschied zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen hat die Rechtsprechung schon


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    seit vielen Jahrzehnten beschäftigt. Sie ist dabei zu durchaus befriedigenden Ergebnissen gekommen, was namentlich damit zusammenhängt, daß sie in Grenzfällen nicht auf den formalen Charakter der Äußerung abstellt, sondern auf ihren wirklichen materiellen Gehalt, d. h. auf die Frage, ob der Täter der Sache nach eine bestimmte Tatsache behaupten oder nur eine Meinung äußern wollte. Die Rechtsprechung wird deshalb die meisten Beispiele, die hier als typische Zweifelsfälle angeführt worden sind, ohne jedes Bedenken den Meinungsäußerungen zuordnen und sie damit dem Anwendungsbereich des § 109 b entziehen. Die Sorgen um eine ungerechtfertigte Ausweitung des Begriffs der Tatsachenbehauptung sind angesichts der vorhandenen und weitgehend geklärten Auslegungsgrundsätze zu diesem Begriff schlechthin unbegründet, unbegründet vor allem deshalb, weil hier der Rechtsstaat in der kontinuierlichen Praxis Auslegungsgrundsätze entwickelt hat, die beachtet werden müssen und die verhindern, daß aus solchen Tatbeständen zweckbestimmte Gummibestimmungen werden.
    Nicht wesentlich anders verhält es sich mit den Angriffen, die gegen die angebliche Unbestimmtheit des Begriffs der „gröblichen Entstellung" erhoben worden sind. Es handelt sich hier keineswegs um eine Erfindung des Nationalsozialismus. § 131 des Strafgesetzbuchs, der den Tatbestand der Staatsverleumdung behandelt, spricht schon seit 1871 in einem völlig gleichliegenden Zusammenhang von dem Behaupten oder Verbreiten entstellter Tatsachen und erfaßt damit die Unwahrheiten, denen ein wahrer Kern innewohnt, die Halbwahrheiten oder Viertelwahrheiten, die bekanntlich viel gefährlicher sind als eine faustdicke Lüge. § 109 b soll und wird nach seinem Wortlaut — abgesehen von den gänzlich unwahren — nur solche Behauptungen treffen, bei denen der Wahrheitsgehalt hinter der Unwahrheit weit zurücktritt; denn nur dann kann man von einer gröblichen Entstellung sprechen.
    Das stärkste Argument für die Beibehaltung des Begriffes ist jedoch folgendes: Wenn der Gesetzgeber ihn beseitigt, wird und muß die Rechtsprechung ein ähnliches Merkmal in den Tatbestand hineininterpretieren. Denn es kann kein Zweifel bestehen, daß vom Standpunkt der Logik aus jede Teilwahrheit zugleich auch eine Unwahrheit ist. Die Gerichte werden aber, wenn sich der Gesetzgeber auf das Merkmal der Unwahrheit beschränkt, diejenigen Behauptungen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausscheiden müssen, die von der Wahrheit nicht wesentlich abweichen, sie also nur gering verfälschen. Sie werden deshalb mit dem Begriff der entstellten Tatsachenbehauptung arbeiten müssen, gleichgültig ob der Gesetzgeber es ausspricht oder nicht. Die Rechtsprechung zu § 164 des Strafgesetzbuches, der die falsche Anschuldigung betrifft, hat das eindeutig bewiesen. Unter diesen Umständen ist es vom gesetzgeberischen Standpunkt aus vorzuziehen, durch das Erfordernis gröblicher Entstellung auf eine einschränkende Auslegung hinzuwirken.
    Was schließlich die in der Stellungnahme der Bundesregierung angeführten schweizerischen Strafvorschriften betrifft — Herr Kollege Arndt hat mich ausdrücklich darauf angesprochen —, so haben sie alle einen engen Zusammenhang mit dem Anliegen des § 109 b. Die in erster Linie genannten §§ 89 und 102 des schweizerischen Militärstrafgesetzes sind dem § 109 b so parallel gestaltet, daß der Zusammenhang offen zutage liegt. Der außerdem aufgeführte § 278 des schweizerischen Strafgesetzbuches — also nicht des Militärstrafgesetzes — bedroht den mit Strafe, der eine Militärperson in der Ausübung des Dienstes hindert oder — und nun sehen Sie den von Herrn Kollegen Arndt so gepriesenen Tatbestand rechtsstaatlicher Art — stört. Hier ist einfach und sehr schlicht das Wort „stören" verwandt worden.

    (Abg. Dr. Arndt: Aber in ganz anderem Sinne!)

    — Der Begriff der Störung, Herr Kollege Arndt, ist, wie ein Vergleich mit anderen Vorschriften des schweizerischen Gesetzes ergibt, außerordentlich weit zu fassen. Er umfaßt die beeinträchtigende Einwirkung auf die Dienstobliegenheiten von Soldaten und militärischen Behörden durch jedes irgendwie geartete unerlaubte Mittel, ist also sehr weit gefaßt. Damit wird auch die unwahre Propaganda erfaßt, wenn sie die Ausführung von Dienstobliegenheiten der Truppe erschwert. Insofern ist der Tatbestand des § 278 des Strafgesetzbuches der Schweiz mit unserem § 109 b des Entwurfs durchaus verwandt. Er geht aber durch die außerordentliche Weite des Tatbestandsmerkmals „stören" über die Grenzen der strafrechtlichen Begriffsbildung hinaus, die wir verwandt haben.
    Der schließlich noch zu erwähnende — von Herrn Kollegen Arndt angesprochene — § 277 des Schweizer Strafgesetzbuches befaßt sich mit der Fälschung von Aufgeboten oder Weisungen der Militärbehörde. Die Vorschrift ist vor allem deshalb ausdrücklich genannt worden, weil sie gerade diejenigen Methoden der Zersetzung aus dem Osten erfaßt, die im ersten Abschnitt des Aufbaus der Bundeswehr besonders häufig angewendet und von mir stets als typische Anwendungsfälle des § 109 b bezeichnet worden sind. Sollte deshalb die letztere Vorschrift von dem Hohen Hause nicht gebilligt werden, so wird mindestens eine dem § 277 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs entsprechende Bestimmung unerläßlich sein.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich verpflichtet gefühlt, auf die drei Hauptangriffspunkte, zu denen sich in der ersten Lesung die Opposition durch ihren Sprecher, den Herrn Kollegen Arndt, geäußert hat, zu antworten. Ich kann es mir aber nicht versagen, auch auf den rechtsphilosophischen Hintergrund, den der Herr Kollege Arndt vor uns aufgebaut hat, kurz einzugehen.
    Der Herr Kollege Arndt hat die Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Straftatbestands sehr formal gekennzeichnet. Ich glaube, daß er in seinen Darlegungen zu weit gegangen ist, insbesondere die ganze Problematik der subjektiven Haltung des Täters gegenüber seinen Handlungen unzutreffend dargestellt hat. In einem aber gebe ich ihm vollkommen recht: Unsere freiheitlich-rechtsstaatliche Gesetzgebung zum Schutze des Staates sollte nicht die Gloria des Staates schützen, sondern seinen Bestand und seine freiheitlichen Grundlagen. Sie sollte Notrecht sein, nicht sozusagen ein Glanz-Schützen. Aber gerade bei diesen Worten des Herrn Kollegen Arndt, in denen er die Zeit in ihrer Färbung darstellte, konnte ich eine gewisse innere Traurigkeit nicht ganz überwinden. Denn wo ist aller Glanz geblieben, wo ist Gloria in unserem Dasein? Das ist längst vorbei. Wir stehen in einer Notlage und müssen Notständen begegnen.

    (Unruhe bei der SPD.)



    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    — Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht nur der Opposition erlaubt, in die Tiefe der Dinge hineinzugehen und Bilder vor das Auge dieses Hauses zu stellen. Auch die Regierung darf ihre Sache aus den geistigen Grundlagen heraus verteidigen, die von dem Herrn Kollegen Arndt aufgezeichnet worden sind. — Staatsschutzrecht wird immer ein Notrecht sein, trägt die Grenze in sich selbst, wenn es ein rechtsstaatliches Recht ist. —
    In einer kleinen Nebenbemerkung hat sich Herr Kollege Arndt dagegen gewandt, daß Beamte auch wohl meines Hauses in der Öffentlichkeit als — wie hat er sich ausgedrückt? — „propagandistische Vorkämpfer" aufträten. Herr Kollege Arndt, wenn ein Beamter des Justizministeriums in Kontakt mit der Öffentlichkeit steht und in einem Forum-Gespräch oder in einem Vortrag in der Öffentlichkeit auftritt, so tut er dies im Auftrag und gedeckt von der Verantwortlichkeit seines Ministers.

    (Abg. Dr. Arndt: Das ist tief bedauerlich!)

    Nicht er ist ein Propagandist, sondern sein Minister hat das dann angeordnet. Ich weiß nicht, welchen speziellen Vorgang Sie im Auge haben. Ich möchte auch keinen Namen nennen; vielleicht tun Sie das persönlich, damit ich mich darüber unterrichte. Aber ich bin der Auffassung, daß gerade in einer modernen Demokratie Grundgedanken des Gesetzgebers in der Öffentlichkeit diskutiert werden müssen, bevor ein Entwurf eingebracht wird. Auch der Fachmann soll die Öffentlichkeit über die Motive unterrichten und diesen Kontakt herstellen. Es ist ja nicht ein propagandistischer Halleluja-Gesang auf die Werke der Regierung, was der betreffende Beamte sagt. Der Beamte soll auch nicht für eine Partei oder für eine einzelne politische Richtung tätig sein und dort als Propagandist auftreten; das würde ich zutiefst ablehnen. Aber die sachliche Unterrichtung der Öffentlichkeit auch über den politischen Gehalt und den politischen Willen einer Vorlage, die im Entstehen ist, halte ich für eine absolute Notwendigkeit, und da kann man nicht auf die guten Dienste des Sachkenners und Beamten verzichten. Soweit Herr Kollege Arndt, hier möchte ich sagen: die absolut aus dem Parteipolitischen herausgehaltene und neutrale Stellung des Beamten berührt hat, handelt es sich um ein Anliegen, das der Bundesminister der Justiz mit dem Herrn Kollegen Arndt vollkommen teilt. Auf der anderen Seite muß der Kontakt mit der Öffentlichkeit aber durch den Fachmann — und das ist der Sachbearbeiter eines Ministeriums — wahrgenommen werden. Soweit daraus eine politische Schwierigkeit entsteht, trifft die Verantwortlichkeit ausschließlich und allein den Minister.
    Sie haben, Herr Kollege Arndt, was das Kennzeichen totalitären Strafrechts und den Unterschied des Rechtsstaatlichen zum Totalitären betrifft, vor allen Dingen darauf hingewiesen, daß die Tatbestände so gefaßt werden müssen, daß nur das Beweisbare gilt. Die Anerkennung dieses Prinzips für den Aufbau der Tatbestände ist vollkommen richtig. Aber damit werden Tatbestände, wie wir sie hier gebildet haben, nicht angegriffen; denn es geht hier ja nicht um die zollfreien Gedanken, Vorstellungen und Phantasien, die der Mensch hat, und um Utopien, die er mit sich herumträgt; es geht um äußere Wirkungen, die aus seinem inneren Zentrum entstehen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Darum und nur darum geht es, und das ist das eigentlich Rechtsstaatliche, was bewiesen werden muß.
    Herr Kollege Arndt, es lohnt sich sehr, über das, was Sie über die Grenzen des Rechtsstaatlichen gesagt haben, nachzudenken. Vor allem aber glaube ich, daß der Unterschied zwischen totalitärem Strafrecht und einem freiheitlich-rechtsstaatlichen Strafrecht in erster Linie darin beruht, daß totalitäres Strafrecht eben ein Instrument der Herrschaft ist, die mit Furcht und Terror das Rückgrat der Menschen zu brechen trachtet. Im Grunde genommen ist es natürlich so, daß alle totalitäre Gesetzgebung möglichst überhaupt keine Norm haben möchte, möglichst auf das Gesetz und seinen Tatbestand verzichten möchte, damit je nach Opportunität und Zweckmäßigkeit willkürlich gestraft und gerichtet werde, obwohl die Willkür, der Verstoß gegen die Gleichbehandlung der Fälle, gegen eine Forderung der Gerechtigkeit sehr zur Unterhöhlung einer Herrschaftsordnung überhaupt beiträgt.
    Es wäre noch sehr viel zu dem zu sagen, was Herr Kollege Arndt vorgebracht hat, auch gerade zu dem rechtsphilosophischen und politischen .Hintergrund. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit hier nicht weiter in Anspruch nehmen. Es kam auf die drei Hauptangriffe der Opposition gegen unsere Vorlage an.
    Bemühen wir uns alle in den Ausschüssen! Das Bundesministerium der Justiz wird alle Hilfe zur Verfügung stellen. Wenn noch präzisere Formulierungen einfallen, wenn man diese Tatbestände in ihren äußeren Merkmalen noch, sicherer, klarer, noch begrenzter und maßvoller machen kann, ohne damit das Schutzinteresse aufzugeben, dann werden Sie die Hilfe des Bundesministeriums der Justiz jederzeit haben. Auch unser sehr ernstes Bemühen ist es, die notwendigen Bestimmungen für den Staatsschutz in Grenzen, die Strafen maßvoll und den Gesetzestext so klar und so sauber wie möglich zu halten, damit sie niemals Instrumente der Willkür der einen oder der anderen politischen Richtung werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)