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ID0219007800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2190

  • date_rangeDatum: 6. Februar 1957

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 190. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Februar 1957 10809 190. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Februar 1957. Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Dr. h. c. Erhard und Dr. Blank (Oberhausen) 10811 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 317, 318 und 319 (Drucksachen 3092, 3165; 3103, 3161; 3119, 3160) 10811 C Mitteilung über Abweisung der Anträge der Bayernpartei und der Gesamtdeutschen Volkspartei durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts in dem Verfassungsstreit betr. Gültigkeit des § 6 Abs. 4 des Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 3169 und 3170) 10811 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, FVP, DP betr. Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Vermittlungsausschusses (Drucksache 3147) 10811 C Beschlußfassung 10811 C Beratung des Ersten Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 30. Mai 1956 bei der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP betr. Entwicklungen in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksachen 3030, 2364, Umdruck 609) 10811 D Wehner (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 10862 A Freiherr Riederer von Paar (CDU/ CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 10862 B Frau Hütter (FDP), Berichterstatterin (Schriftlicher Bericht) 10864 C Brandt (Berlin) (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . 10867 B Beschlußfassung 10811 D Beratung des Berichts des Haushaltsausschusses gemäß § 96 (neu) der Geschäftsordnung (Drucksache 3129) in Verbindung mit der Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (Drucksachen 3116, zu 3116, Umdrucke 938, 931) über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betr. Hauptstadt Berlin (Drucksache 2998) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorbereitung hauptstädtischer Funktionen Berlins (Drucksache 3167) . 10812 A Klingelhöfer (SPD), Berichterstatter 10812 A Dr. Bucerius (CDU/CSU) als Berichterstatter 10812 D Schriftlicher Bericht 10868 C als Abgeordneter . . . . 10826 A, 10833 B Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 10813 A, 10820 A, 10825 D, 10834 A Brandt (Berlin) (SPD) . . 10814 A, 10830 C, 10834 C Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . . 10820 B Dr. Reif (FDP) 10823 A, 10834 D Dr. Strosche (GB/BHE) 10828 D Neumann (SPD) . . . . 10832 A, 10833 B, C Rasner (CDU/CSU) 10835 B Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 10835 D Spies (Emmenhausen) (CDU/CSU) (Schriftliche Erklärung zur Abstimmung) 10870 D Beschlußfassung über die Ausschußanträge Drucksachen 3129 und 3116 . . 10836 B Überweisung der Anträge Drucksache 3167 und Umdruck 931 an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen 10836 B Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betr. Stimmberechtigung der im Lande Berlin gewählten Abgeordneten des Bundestages (Drucksache 3125) 10836 C Dr. Mommer (SPD), Antragsteller . 10836 C Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 10840 C, 10842 A, 10843 A, D, 10844 C, 10848 D, 10850 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 10843 D Neumann (SPD) 10844 C Dr. Strosche (GB/BHE) 10845 A Dr. Will (Berlin) (FDP) 10846 A Dr. Arndt (SPD) 10847 B Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 10848 B, 10850 B Brandt (Berlin) (SPD) 10849 A Überweisung an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 10850 C Erste Beratung der Entwürfe eines Wehrstrafgesetzes und eines Einführungsgesetzes zum Wehrstrafgesetz (Drucksache 3040) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache 3039) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der -CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Fünften Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache 3067) 10850 D Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 10850 D Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU), Antragstellerin 10856 A Vizepräsident Dr. Becker 10851 A, 10856 A, D Wittrock (SPD) 10857 B Haasler (CDU/CSU) 10858 D Überweisung der Gesetzentwürfe Drucksache 3040 an den Ausschuß für Rechtswesen 10859 D Weiterberatung der Gesetzentwürfe Drucksachen 3039 und 3067 vertagt . . 10859 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten (Drucksache 3108) 10860 A Überweisung an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens 10860 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung des Berufs der medizinisch-technischen Assistentin (Drucksache 3106) 10860 A Überweisung an den Ausschuß für Fra- gen des Gesundheitswesens 10860 A Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP und des Abg. Stegner eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Artikel 74 und 75 des Grundgesetzes (Drucksache 3158) . . . 10860 A Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Sonderausschuß für Wasserrecht 10860 B Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (GAL) (Drucksache 3118) . . 10860 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10860 B Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Art. 87 des Grundgesetzes (Drucksache 2955) . . . . 10860 B Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen . . . . 10860 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer bei den Gerichten (Drucksache 3099) 10860 C Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht . . 10860 C Erste Beratung des von den Abg. Matthes, Richarts, Kriedemann, Mauk, Elsner, Dr. Preiß u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes (Drucksache 3114) 10860 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10860 C Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Neufassung der siedlungsrechtlichen Begriffsbestimmungen und Vereinfachung der Siedlungsfinanzierung (Drucksachen 3096, 2053) 10860 D Knobloch (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . . . 10871 A Beschlußfassung 10860 D Beratung der Übersicht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 3089) . 10860 D Beschlußfassung 10861 A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Veräußerung eines Teilstücks von 13 000 qm mit Aufbauten des reichseigenen Grundstücks in Berlin-Reinickendorf (Borsigwalde), Wittestraße 47/48, an die Berliner Maschinenbau AG vormals L. Schwartzkopff (Drucksache 3077) 10861 A Überweisung an den Haushaltsausschuß 10861 A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Grundstückstausch mit Stadt Bonn; hier: Bundeseigene Grundstücke an der Walter -Flex-Straße gegen städtische Grundstücke an der Görres -Siebengebirgsstraße (Drucksache 3081) 10861 Überweisung an den Haushaltsausschuß 10861 Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 932) 10861 C Beschlußfassung 10861 C Nächste Sitzung 10861 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10861 B Anlage 2: Erster Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen betr. Entwicklungen in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 3030) . . . . 10862 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betr. Hauptstadt Berlin (zu Drucksache 3116) 10868 C Anlage 4: Antrag der Fraktion der SPD zum Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betr. Hauptstadt Berlin (Umdruck 938) 10870 B Anlage 5: Entschließungsantrag der FDP zum Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betr. Hauptstadt Berlin (Umdruck 931) 10870 C Anlage 6: Schriftliche Erklärung des Abg. Spies (Emmenhausen) zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen betr. Hauptstadt Berlin (Drucksache 3116) 10870 D Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Neufassung der siedlungsrechtlichen Begriffsbestimmungen und Vereinbarungen der Siedlungsfinanzierung (Drucksache 3096) 10871 A Anlage 8: Interfraktioneller Antrag betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 932) 10871 C Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 8. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschl. a) Beurlaubungen Arnholz 15. 2. Dr. Atzenroth 7. 2. Dr. Bärsch 8. 2. von Bodelschwingh 6. 2. Böhm (Düsseldorf) 9. 2. Frau Brauksiepe 16. 2. Dr. Brühler 8. 2. Cillien 2. 3. Dr. Dehler 28. 2. Diedrichsen 9. 2. Dopatka 6. 2. Eberhard 28. 2. Euler 6. 2. Dr. Furler 7. 2. Gibbert 9. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Gülich 9. 2. Hansing (Bremen) 6. 2. Häussler 6. 2. Dr. Graf Henckel 6. 2. Höfler 28. 2. Frau Kettig 6. 2. Dr. Köhler 2. 3. Könen (Düsseldorf) 6. 2. Dr. Kreyssig 8. 2. Kühn (Bonn) 6. 2. Ladebeck 6. 2. Lücker (München) 6. 2. Ludwig 6. 2. Dr. Mende 6. 2. Meyer-Ronnenberg 23. 2. Dr. Miessner 13. 2. Dr. Mocker 6. 2. Frau Nadig 6. 2. Neuburger 8. 2. Neumayer 16. 3. Odenthal 15. 2. Oetzel 6. 2. Onnen 6. 2. Rasch 6. 2. Reitzner 8. 2. Dr. Röder 8. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 7. 2. Schloß 6.2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schneider (Hamburg) 6. 2. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Seuffert 7. 2. Solke 6. 2. Spörl 8. 2. Stauch 6. 2. Struve 8. 2. Teriete 7. 2. Walz 6. 2. Frau Welter (Aachen) 6. 2. Dr. Willeke 9. 2. b) Urlaubsanträge Abgeordnete (r) bis einschließlich Frau Ackermann 16. 2. Bals 4. 3. Frau Korspeter 2. 3. Dr. Weber (Koblenz) 23. 2. Anlage 2 Drucksache 3030 (Vgl. S. 10811 D) Erster Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 30. Mai 1956 bei der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklungen in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364, Umdruck 609). A. Vorbemerkungen Die Fraktionen des Deutschen Bundestages legten unter dem Datum vom 5. Mai 1956 gemeinsam eine Große Anfrage vor - Drucksache 2364 -, durch die die Bundesregierung ersucht wurde, Auskunft über die Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu erteilen. Diese Große Anfrage wurde in der 146. Sitzung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem 30. Mai 1956, für die Bundesregierung durch den Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen in den Einzelheiten beantwortet. Die Bundesregierung formulierte mit ihren Feststellungen bestimmte Vorschläge zum weiteren Abbau von Schwierigkeiten und Hemmnissen in der Verbindung zwischen den beiden deutschen Landesteilen, die an die Verantwortlichen in der sowjetischen Besatzungszone gerichtet waren. Durch einen formellen Beschluß in der erwähnten Sitzung des Deutschen Bundestages wurde der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen beauftragt, die Aufgaben, die sich aus der Großen Anfrage und ihrer Beantwortung ergeben, laufend zu verfolgen und zu gegebener Zeit dem Bundestag Bericht zu erstatten. Ein Unterausschuß unter dem Vorsitz des Abg. Brookmann (Kiel) hat die Verhältnisse auf den in der Großen Anfrage vom 5. Mai umrissenen Sachgebieten verfolgt. Aus seinen Ermittlungen und Diskussionen entstand der vorliegende Bericht. Er gliedert sich in Teil I Entwicklung der Rechtslage in der sowjetisch besetzten Zone und Berlin (Ost) seit der Bundestagsdebatte vom 30. Mai 1956 Berichterstatter Abgeordneter Freiherr Riederer von Paar, Teil II t Entwicklung der Verbindungsmöglichkeiten zwischen den beiden Teilen Deutschlands seit der Bundestagsdebatte vom 30. Mai 1956 Berichterstatterin Abgeordnete Frau Hütter, Teil III Entwicklung in Berlin seit der Bundestagsdebatte vom 30. Mai 1956 Berichterstatter Abgeordneter Brandt (Berlin). Die Abschnitte dieser Berichte sind in Anlehnung an die einzelnen Fragen der Drucksache 2364 unterteilt. Nach einmütiger Auffassung des Ausschusses hat sich diese Berichterstattung in einem umfassenden Überblick darauf zu beschränken, festzustellen, welche Entwicklungen seit der Berichterstattung der Bundesregierung im Mai dieses Jahres in den Lebensverhältnissen der Menschen im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands eingetreten sind und wie es im gegenwärtigen Zeitpunkt mit den Möglichkeiten zu engerer Verbindungnahme zwischen den beiden deutschen Landesteilen steht. Der Versuch einer solchen Bestandsaufnahme traf hierbei nach wie vor auf die Schwierigkeit, daß in vielerlei Hinsicht - insbesondere sei auf die Rechtslage und die Angaben im Bereich der sowjetzonalen Strafjustiz verwiesen - von amtlicher sowjetzonaler Seite keinerlei oder nur un-verläßliche Zahlenangaben veröffentlicht worden sind, weshalb z. T. auf andere Quellen oder auf Berechnungen und Schätzungen zurückgegriffen werden mußte. Mit den Feststellungen dieses Berichtes, mit der Darlegung dessen, was seit dem 30. Mai 1956 geschehen oder nicht geschehen ist, versucht der Ausschuß, sowohl eine reale Basis für die objektive Beurteilung der bestehenden Verhältnisse als auch die notwendige Grundlage für die weiteren Bemühungen zu geben, wie sie um eine Erleichterung des Schicksals der Menschen in der SBZ und für eine engere Verbindung zwischen den Teilen unseres Vaterlandes unablässig und unermüdlich unternommen werden müssen. Bonn, den 12. Dezember 1956 Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen Wehner Vorsitzender B. Berichterstattung I. Bericht zur Entwicklung der Rechtslage in der sowjetisch besetzten Zone und Berlin (Ost) seit der Bundestagsdebatte vom 30. Mai 1956 Berichterstatter: Abgeordneter Freiherr Riederer von Paar 1. Sind der Bundesregierung Tatsachen bekanntgeworden, die auf eine Hinwendung zu allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien in der Sowjetzone schließen lassen könnten? Für die Anbahnung einer rechtsstaatlichen Entwicklung in der sowjetisch besetzten Zone bestehen auch jetzt noch keine Anhaltspunkte. Für Handlun- (Freiherr Riederer von Paar) gen, die das Regime als für sich gefährlich betrachtet, werden nach wie vor schwere Strafen verhängt. Insbesondere gilt dies für die auf Grund des Artikels 6 der Verfassung ausgesprochenen Abwerbungsurteile. Auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht haben sich keine nennenswerten Veränderungen ergeben. Nach wie vor werden die Angeklagten veranlaßt, auf die Bestellung eines Wahlverteidigers zu verzichten. Die Anklageschrift wird dem Verhafteten zwar zur Kenntnis gebracht, aber nach kurzer Zeit wieder fortgenommen. Ostberliner, für die Artikel 6 der Verfassung nicht gilt, werden in die Zone verbracht und dort angeklagt. In einem Aufsatz in der „Neuen Justiz" vom 5. September 1956 formuliert Hilde Benjamin die Aufgaben der neu gewählten Schöffen: „Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Durchsetzung der Parteilichkeit in der Rechtsprechung". 2. Wieviel politische Gefangene sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Monaten freigelassen worden? Der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen hat am 30. Mai 1956 vor dem Bundestag die Zahl der seit Januar 1954 entlassenen politischen Häftlinge mit 13 428 angegeben. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit sind vom Juni bis Ende November 1956 weitere 5759 Häftlinge entlassen worden, so daß also, vom Ausgangspunkt der Entlassungsaktionen im Juni 1954 an gerechnet, bis heute 19 187 politische Häftlinge entlassen wurden. Die Entlassungen politischer Häftlinge gehen weiter. Jedoch sind in den Monaten Oktober und November dieses Jahres wesentlich weniger Häftlinge entlassen worden als in den Vormonaten. 3. Wie groß ist die Zahl der aus politischen Gründen in der Sowjetzone noch immer Verurteilten bzw. Verhafteten? In welchen Gefängnissen und Zuchthäusern befinden sie sich? Da seit Juni 1956 5759 politische Häftlinge entlassen worden sind und damals 18 900 Fälle politischer Verurteilungen bekannt waren, ist heute davon auszugehen, daß noch 13 141 politische Häftlinge von ursprünglich 18 900 sich in sowjetzonaler Haft befinden. Hinzu kommt aber die Zahl der politischen Häftlinge, die seit Anfang Juni d. J. verurteilt worden sind. Man kann also sagen, daß sich die erschreckenden Verhältnisse auf dem Gebiet der sowjetzonalen politischen Strafjustiz nicht wesentlich geändert haben. Unter den Haftanstalten, in denen die Häftlinge einsitzen, befindet sich Waldheim, BrandenburgGörden, Bautzen, Bützow-Dreibergen, Torgau, Cottbus, Berlin, Halle, Luckau, Magdeburg, Untermaßfeld, Hoheneck, Görlitz, Coswig, Naumburg, Altenburg, Gräfentonna, Zwickau, NeustrelitzStrelitz, Leipzig, Greifswald, Quedlinburg, Halberstadt. Weitere Häftlinge befinden sich in kleineren Strafvollzugsanstalten, Haftarbeitslagern und Haftkrankenhäusern. 4. Unter welchen Bedingungen leben diese Gefangenen? Seit wann dürfen ihnen keine Pakete mehr geschickt werden? Seit der Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. Mai 1956 hat sich die Behandlung der Inhaftierten in den sowjetzonalen Strafanstalten in einigen Punkten etwas verbessert. Den Besuchern wurden größere Freiheiten gewährt; das Wachpersonal befleißigt sich größerer Korrektheit gegenüber den Inhaftierten. Die Zellen sind durch Entlassungen und Verlegungen nicht mehr so stark belegt. Dagegen ist die Verpflegung, die für Gesundheit und Leben der Inhaftierten ausschlaggebend ist, gleich, d. h. unzureichend, weil einseitig geblieben. Dadurch ist auch im allgemeinen in dem Gesundheitszustand der Inhaftierten keine Änderung gegenüber dem Frühjahr d. J. eingetreten. Von der unzureichenden Ernährung werden besonders hart getroffen die nicht arbeitsfähigen Inhaftierten, das sind insbesondere die langfristig Verurteilten und die Personen, die in Einzelhaft gehalten werden. Einen Eindruck davon, wie schlecht der Gesundheitszustand der aus politischen Gründen Inhaftierten ist, vermittelt der Betrag von 1,6 Millionen DM (Stichtag: 31. Oktober 1956), der im ersten Halbjahr des Rechnungsjahres 1956 aus dem Bundeshaushalt für die gesundheitliche Versorgung der unter das Häftlingshilfegesetz fallenden Personen, worunter sich überwiegend Haftentlassene aus der sowjetischen Besatzungszone befinden, gezahlt werden mußte. Wenn irgend möglich, werden die Inhaftierten zur Arbeit herangezogen, so daß 65 v. H. bis 80 v. H. der Insassen in den Haftanstalten im Arbeitseinsatz stehen. Die sowjetzonalen Behörden haben den Verdacht nicht entkräften können, daß sie neben anderen Gründen auch wegen ihres Interesses an diesem Arbeitseinsatz die Betreuung der Inhaftierten durch ihre Angehörigen mit Paketen und Geld weitgehend unterbunden haben. Die Häftlinge durften bis zum Oktober 1956 keine Pakete mehr empfangen. Am 17. Oktober 1956 hat der Vorsitzende des Zentralausschusses des DRK der sowjetischen Besatzungszone an den Präsidenten des DRK in der Bundesrepublik mitgeteilt, daß ab sofort die Inhaftierten anläßlich ihres Geburtstages ein Paket von ihren Angehörigen empfangen dürfen. Dieses Ergebnis von Verhandlungen des DRK der Bundesrepublik mit dem sowjetzonalen DRK wird noch ergänzt durch eine Vereinbarung, die von dem DRK der Bundesrepublik mit dem sowjetzonalen DRK über Geldsendungen an Inhaftierte in den Strafanstalten im September 1956 getroffen wurde. Durch diese Vereinbarung ist erreicht worden, daß sich die Inhaftierten, deren Angehörige sich in der Bundesrepublik befinden, im Monat bis zu 10 DM empfangen dürfen. Damit ist die unterschiedliche Behandlung der Inhaftierten, die die Bundesregierung in ihrem Bericht kritisiert hatte, beseitigt worden. Die Feststellung der Bundesregierung vom Mai 1956 trifft aber auch noch heute zu, daß die finanzielle Unterstützung keinen angemessenen Ersatz für die seit dem 1. November 1955 ausgefallenen Monatspakete darstellt und auch weiterhin die ernste Gefahr besteht, daß sich der Gesundheitszustand der politischen Gefangenen verschlechtert, zumal befürchtet werden muß, daß die Verpflegung bei der angespannten Versorgungslage in der Zone nicht besser, sondern schlechter werden wird. 5. Auf Grund welcher Bestimmungen sind diese Gefangenen verurteilt worden? Die Mehrzahl der Urteile aus neuerer Zeit, insbesondere wegen Abwerbung, Spionage und Boykotthetze, stützt sich auf Artikel 6 der Verfassung der sogenannten „DDR". (Freiherr Riederer von Paar) 6. Wie groß ist jetzt noch die Zahl der Gefangenen, die der Sowjetzonenverwaltung durch die sowjetischen Besatzungsbehörden zur Verurteilung bzw. zum Strafvollzug der durch Militärtribunale verhängten Strafen übergeben wurden? Die Zahl der noch in Haft befindlichen SMT- Häftlinge wird vom Ministerium für gesamtdeutsche Fragen mit rund 500 angegeben. 7. Befinden sich noch Verurteilte des 17. Juni 1953 in den Strafanstalten der sowjetisch besetzten Zone? Am 30. Mai d. J. befanden sich nach Mitteilung des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen noch 600 von etwa 800 zu Freiheitsstrafen Verurteilten des 17. Juni in Haft. Nach den neuesten Schätzungen sind inzwischen 100 bis 150 JuniHäftlinge entlassen worden, so daß sich noch etwa 450 bis 500 in Haft befinden dürften. 8. Liegen der Bundesregierung Unterlagen dafür vor, daß die angekündigten neuen Methoden auf dem Gebiete des Arbeitsrechts zu tatsächlichen Veränderungen geführt haben? Bisher ist es im wesentlichen bei Ankündigung von Verbesserungen der Lage der Werktätigen geblieben. Als tatsächliche Veränderung ist der Wegfall der Ortsklassen C und D sowie der Länderklassen in der sogenannten „sozialistischen Wirtschaft" einschließlich der Verwaltung zu nennen, obwohl hiermit vor allem auch die Fluktuation von Arbeitskräften innerhalb der „sozialistischen Wirtschaft unterbunden werden sollte. Nach einer ADN-Meldung soll sich hierdurch der Verdienst von 1 Million Arbeitnehmern um etwa 250 Millionen DM-Ost im Jahr erhöhen. Ferner wurde mit Verordnung vom 23. August 1956 die gesamte politische, organisatorische und finanzielle Leitung der Sozialversicherung für Arbeiter und Angestellte auf den FDGB übertragen. Die Sozialversicherung der Bauern, Handwerker und sonstigen Erwerbstätigen ist dagegen rückwirkend vom 1. Januar 1956 ab auf die Deutsche Versicherungsanstalt übertragen worden. Diese Maßnahme hat eine Beitragserhöhung bei gleichen Leistungen zur Folge. Die Durchführung einer Rentenreform und einer Arbeitszeitverkürzung auf 45 Stunden ist angekündigt, jedoch mit dem Vorbehalt, daß diese Erfolge erst durch die Leistungen der Werktätigen in der Erfüllung des zweiten Fünfjahresplanes erwirtschaftet werden müßten. 9. Trifft es zu, daß seit Anfang dieses Jahres durch die Bildung von „Produktionsgemeinschaften" der Druck auf das Handwerk verschärft worden ist? Der Druck auf das Handwerk und den Einzelhandel verstärkt sich immer mehr. Durch verschärfte Maßnahmen in der Steuerbeitreibung und verringerte Materialzuteilung wird versucht, den selbständigen Handwerker zum Eintritt in eine Handwerkerproduktionsgenossenschaft zu veranlassen. Als Anreiz zum Eintritt wurden durch Verordnung vom 6. September 1956 umfangreiche Steuerermäßigungen für Produktionsgenossenschaften verfügt. Durch Umwandlung von Privatbetrieben in Kommanditgesellschaften mit staatlicher Beteiligung soll die Selbständigkeit der privaten Unternehmer eingeengt werden. Die Anträge auf Staatsbeteiligung bei Privatunternehmern haben bis zum 10. September 1956 bereits die Zahl von rund 600 erreicht. lo. Wieviel Prozesse wegen sogenannter Abwerbung haben in den letzten Monaten in der Sowjetzone stattgefunden? Dauern solche Verfahren noch an? Seit dem 27. Januar 1956, an dem das Oberste Gericht die bekannten 4 Urteile wegen sogenannter Abwerbung verhängte, sind insgesamt 83 „Abwerbungsurteile" erlassen worden. Die Strafen liegen im Durchschnitt zwischen 2 bis 8 Jahren. Bonn, den 12. Dezember 1956 Freiherr Riederer von Paar Berichterstatter II. Bericht über die Entwicklung der Verbindungsmöglichkeiten zwischen den beiden Teilen Deutschlands seit der Bundestagsdebatte vom 30. Mai 1956 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Hütter 11. Was ist in den letzten Monaten a) seitens der Bundesrepublik, b) seitens der Verwaltung der Sowjetzone geschehen, um den Verkehr der Menschen zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu erleichtern? Reiseverkehr Was die amtlichen Ausweise, die für Reisen über die Zonengrenze benötigt werden, angeht, so können von der Verwaltung des Bundesgebietes keinerlei Maßnahmen veranlaßt werden, da die Behörden der Bundesrepublik für das Überschreiten der Zonengrenze in beiden Richtungen keine Reiseausweise verlangen; vielmehr genügt es, daß sich der Reisende durch einen Personalausweis als Deutscher ausweisen kann. Die von dem sowjetzonalen Innenminister im Mai 1956 angekündigten Erleichterungen sind von den sowjetzonalen Behörden im allgemeinen durchgeführt worden; die Zahl der in den Monaten Juli bis November 1956 in das Bundesgebiet Eingereisten ist gegenüber der gleichen Zahl des Vorjahres um 26 v. H. gestiegen. Die Bundesregierung hat die Reisehilfe für Besucher aus der sowjetisch besetzten Zone fortgeführt; Besucher des Bundesgebietes können für diE Rückfahrt einen Gutschein für die Lösung eine] Fahrkarte bis zur ersten Eisenbahnstation jenseits der Zonengrenze erhalten. Die hierfür erlassener Richtlinien sind inzwischen so abgeändert worden daß sich der Kreis der für diese Hilfsmaßnahmer in Frage kommenden Besucher erweitern wird. Besucher, die im Bundesgebiet erkranken, erhalten auf Kosten des Bundes Krankenhilfe. Außerdem werden den Besuchern seit 15. November 1956 10 DM in bar durch die Verwaltunger der Landkreise und kreisfreien Städte ausgezahlt Daneben können sie Beihilfen zu den Kosten er halten, die ihnen während der Einreise, insbesondere durch die Benutzung von Privatbahnen oder sonstigen Verkehrsmitteln, entstehen; diese Auf (Frau Hütter) gabe wird von den auf den Bahnhöfen vorhandenen örtlichen Stellen (z. B. Bahnhofsmission usw.) der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege erledigt. Ferner sind die kommunalen Spitzenverbände erneut gebeten worden, die ihnen angeschlossenen Gemeinden nochmals anzuregen, den Besuchern Vergünstigungen bei der Benutzung kommunaler Einrichtungen (Theater, Museen, Straßenbahnen usw.) zu gewähren. Im Eisenbahnverkehr hat die sowjetzonale Reichsbahn den Anträgen der Deutschen Bundesbahn auf Gestellung von Sonderzügen (z. B. für die Beförderung Westberliner Ferienkinder in die Bundesrepublik, der Teilnehmer an den beiden Kirchentagen in Frankfurt a. M. und Köln usw.) angemessen entsprochen. Mit dem Inkrafttreten des Winterfahrplans (am 30. September 1956) sind die Kontrollen an der Zonengrenze durch Kontrollen im fahrenden Zug ersetzt worden, so daß die Aufenthaltszeiten an der Grenze auf das betriebstechnisch notwendige Maß herabgesetzt werden konnten. Zwischen Deutscher Bundesbahn und sowjetzonaler Reichsbahn wurde im November 1956 außerdem vereinbart, den Interzonenreiseverkehr im Fahrplanjahr 1957/58 zu verstärken. Die Zahl der täglich verkehrenden Züge soll von 13 auf 16 Zugpaare, die Zahl der Entlastungszüge von 12 auf 16 Zugpaare erhöht werden. Darüber hinaus hat sich die sowjetzonale Reichsbahn erneut bereit erklärt, bei starkem Verkehrsanfall die Übernahme einzelner zusätzlicher Züge von Fall zu Fall zu prüfen. Dagegen ist in den bisherigen Verhandlungen über die Einführung von Schnelltriebwagen- verbindungen zwischen Berlin und den wichtigsten Städten des Bundesgebietes kein Fortschritt zu erzielen gewesen. Straßenverkehr Im Straßenverkehr sind gewisse Erleichterungen festzustellen. Im Personenwagenverkehr ist keine Anderung eingetreten, zumal nach wie vor bei Reisen in die sowjetisch besetzte Zone eine besondere Erlaubnis für die Mitnahme eines Kraftfahrzeugs verlangt wird, die von der Behörde des Aufenthaltsortes in der Sowjetzone erteilt und in der far die Person geltenden Aufenthaltsgenehmigung besonders vermerkt und mit einem besonderen Dienstsiegel versehen wird. Als eine Maßnahme der Erleichterung des Straßenverkehrs ist der Abschluß eines Abkommens zwischen dem westdeutschen Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraftverkehrsversicherer (HUK-Verband) und der sowjetzonalen „Deutschen Versicherungsanstalt" über die Regulierung von Schadensersatzansprüchen, die aus dem Betrieb von Kraftfahrzeugen herrühren, anzusehen; auf diese Weise wird vermieden, daß die sowjetzonalen Grenzbehörden beim Grenzübertritt jeweils den Abschluß einer Haftpflichtversicherung für jede einzelne Fahrt verlangen. Verkehrskontrollen Der Verkehr zwischen Westberlin und der Bundesrepublik geht sowohl auf der Autobahn wie auf der Eisenbahn reibungslos vor sich. Die Kontrolle wird sehr entgegenkommend gehandhabt, die Fahrgäste brauchen nicht mehr auszusteigen. Infolgedessen sind sowohl im Eisenbahnverkehr, wie im Omnibusverkehr die Fahrzeiten verkürzt worden. Bei den Reiseomnibussen beträgt die Verkürzung im Durchschnitt 1/2 Stunde, sie soll noch weiter verkürzt werden. Kontrolle von Geldmitteln Hinsichtlich der Kontrolle von Geldmitteln ist im Omnibusverkehr eine Vereinfachung eingetreten. Die Fahrer der Reiseomnibusse müssen drei Listen ausfüllen, wobei auf einer die Höhe der Geldmittel aller Passagiere angegeben wird. Auf diese Weise wird die Einzelkontrolle vermieden. Verkehrsstrafen Die Verkehrsstrafen sind nicht erhöht worden und bewegen sich in angemessener Höhe. Wiederherstellung und Wiederaufbau von Verkehrswegen Die in der Presse propagierte Verlegung der demontierten zweiten Gleise auf den Hauptstrecken ist bisher nicht in Angriff genommen worden. Am 13. August hat eine Konferenz im sowjetzonalen Verkehrsministerium den Plan erörtert, zunächst einmal die Interzonen -Verkehrsstrecke BerlinMarienborn vollständig zweigleisig auszubauen. Die Bundesbahn hat der sowjetzonalen Eisenbahnverwaltung die erforderlichen Schienen und das Signalmaterial angeboten. Aus politischen Gründen ist dieses Angebot bisher nicht angenommen worden. Im Rahmen der hierüber geführten Gespräche wurde darüber verhandelt, ob der Güterzugverkehr, der bisher nur über den Kontrollpunkt Marienborn läuft, in Zukunft nicht auch über andere Grenzkontrollpunkte geleitet werden sollte. Ergebnisse sind noch nicht mitzuteilen. Eine nennenswerte Wiederherstellung der Verkehrswege oder zerstörter Brücken ist nicht zu verzeichnen. Die Elbe -Brücke ist im vergangenen Jahr fertiggestellt und die Nuthe -Brücke wird zur Zeit gebaut, es ist mit ihrer baldigen Fertigstellung zu rechnen. Umzugsgenehmigungen Bekanntlich erschweren seit jeher die zuständigen Volkspolizeistellen in Sektor und Zone auf Anordnung der Hauptverwaltung DVP die Umzugsgenehmigungen (Ausreisegenehmigungen). Diese Ausreisegenehmigungen, die die Voraussetzung für die Erteilung von Warenbegleitpapieren, mit denen das Umzugsgut versehen sein muß, darstellen, werden grundsätzlich nur Rentnern, Invaliden usw., d. h. arbeitsunfähigen Personen bewilligt. Arbeitsfähigen Personen hingegen wird die Ausreisegenehmigung unabhängig davon, ob sie wirtschaftliche Schlüsselkräfte sind oder nicht, generell verweigert. Obgleich nach Mitteilung des Berliner Zolls die Umzüge nach Berlin (West) bzw. dem Bundesgebiet in den letzten Monaten zugenommen haben, kann zur Zeit nicht gesagt werden, ob diese ansteigende Tendenz tatsächlich auf eine Lockerung der sowjetzonalen Ausreisebestimmungen — ggf. in der vorerwähnten Richtung — zurückgeführt werden kann. Schiffsverkehr Der Schiffsverkehr auf der Elbe hatte im Sommer einen Höchststand mit einem Tagesdurchschnitt bis zu 68 Schiffen zu verzeichnen. (Frau Hütter) 12. Trifft es zu, daß die Behörden der sowjetisch besetzten Zone die Genehmigung zu Besuchen von Verwandten in der Bundesrepublik weiter eingeschränkt haben? Besuche von Verwandten Besuche von Verwandten im Bundesgebiet sind jetzt wieder leichter möglich. Die sowjetzonale Verwaltung macht die Genehmigung jedoch nach wie vor abhängig von der Ausstellung einer Personalbescheinigung, wie umgekehrt Bewohner des Bundesgebietes zur Einreise in die sowjetische Besatzungszone einer sowjetzonalen Aufenthaltsgenehmigung bedürfen. Am 3. September 1956 hat der sowjetzonale Minister des Innern eine Ergänzungsanordnung zu der Anordnung über die Regelung des InterzonenReiseverkehrs vom 21. November 1953 erlassen, in der ausdrücklich bestimmt wird, daß die Aufenthaltsgenehmigung für Reisende aus der Bundesrepublik, die beabsichtigen, „Angehörige oder Bekannte aufzusuchen bzw. Dienst- oder Geschäftsreisen zu machen", verweigert werden kann, wenn „durch den Einreisenden die Gewähr nicht gegeben ist, daß die Grundsätze der Verfassung der DDR und die demokratische Gesetzlichkeit eingehalten werden". 13. Welche weiteren Schritte empfiehlt die Bundesregierung, um die innerdeutschen Beziehungen zu fördern? Am 30. Mai 1956 wurden im Deutschen Bundestag vom Herrn Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen eine Reihe von Vorschlägen der Bundesregierung zur Förderung der innerdeutschen Beziehungen vorgelegt. Hierbei war zunächst die Abschaffung aller Sonderausweise, die die Sowjetzonenverwaltung im Personenverkehr noch verlangt, empfohlen worden. Bis zur Vorlage dieses Zwischenberichts konnte keine Änderung festgestellt werden. Dann wurde die Wiedereröffnung der zahlreichen Grenzübergänge, die seit 1945 gesperrt sind, und insbesondere der seit Mai 1952 gesperrten Übergänge vorgeschlagen. Auch hier wurde bisher kein Fortschritt erzielt. Dasselbe gilt für die Aufhebung der Sperrzone längs der Sowjetzonengrenze. Ferner sollte nach der Empfehlung der Bundesregierung der Versuch unternommen werden, die Kontrollen durch die sowjetzonalen Grenzorgane noch weiter einzuschränken. Die gegebene Lage wurde an anderen Stellen dieses Berichtes dargestellt. Mit seinen Vorschlägen hatte der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen eine Erweiterung des Interzonenhandels empfohlen. Nach Mitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft hat sich jedoch bisher auch hier keine Veränderung ergeben. Die Empfehlungen der Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrer Antwort auf die interfraktionelle Große Anfrage haben schließlich folgende konstruktive Vorschläge zur Erleichterung der innerdeutschen Beziehungen umfaßt: a) Wiederherstellung und Verbesserung der Verkehrswege, Wiederaufbau von Eisenbahnstrekken und Wiedereinbau der zweiten Gleise auf den Hauptstrecken. Förderung des Straßenverkehrs durch Wiederherstellung der noch zerstörten Brücken im Zuge wichtiger Durchgangsstraßen. Gemeinsame Planung des Straßenausbaues, um ein einheitliches deutsches Verkehrsnetz zu erzielen. Zulassung neuer Kraftfahrlinien. Befreiung des Verkehrs mit Personenwagen von besonderen Erlaubnissen oder von besonderen Eintragungen in Reisepapiere usw. b) Verhandlungen zwischen den Eisenbahnverwaltungen über die Vermehrung der Zahl der Reise- und Güterzüge. c) Technische Verbesserungen im Fernsprech-, Fernschreib- und Telegrammverkehr, Abschaffung der Zensur im Postverkehr. d) Beseitigung der sowjetzonalen Bestimmungen über die Einschränkung des Paket- und Päckchenverkehrs, um den Versand von Liebesgaben und damit die Beziehungen von Mensch zu Mensch zu fördern. Zu den Vorschlägen unter a) und b) wurden, wie zu erinnern ist, an anderer Stelle des Berichts gewisse Fortschritte vermerkt. Hinsichtlich der Forderungen unter c) und d) blieben die Verhältnisse unverändert. 14. Welche Schritte könnten insbesondere erfolgen, um den geistigen und kulturellen Zusammenhalt zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu pflegen? Richtlinien für diese Tätigkeit sind in der Entschließung der Kultusministerkonferenz vom 4. März 1955 für Bund und Länder festgelegt worden. Innerhalb dieser Richtlinien werden besonders befürwortet: Verbindung mit der Bevölkerung Den Besuchern aus der sowjetich besetzten Zone soll insbesondere Gelegenheit geboten werden, am kulturellen Leben Westdeutschlands in voller Freiheit teilzunehmen. Die menschliche Begegnung auf Kongressen, Tagungen, Festspielen, Sportveranstaltungen sowie die Beschickung von Kunst-Ausstellungen mit Werken deutscher Meister aus den Museumsschätzen der Bundesrepublik. In den letzten Monaten fanden an die zweihundert Kulturtagungen statt, zu denen Teilnehmer aus der sowjetisch besetzten Zone erschienen waren, darunter ca. 40 wissenschaftliche Tagungen. Des weiteren fanden Gastvorlesungen westdeutscher Professoren an mitteldeutschen Hochschulen statt; die Humboldt -Universität in Ost-Berlin allein führte im Sommersemester 1956 37 Gastvorlesungen durch. Gering ist die Zahl der in der sowjetisch besetzten Zone durchgeführten Gastspiele von westdeutschen Theatern, Orchestern und Konzertvereinigungen. Allein in der Unterschiedlichkeit der Währungen und in den bestehenden Verhältnissen im Zahlungsverkehr dürften wesentliche Ursachen hierfür zu suchen sein. Noch reichen außerdem die finanziellen Unterstützungen aus öffentlicher Hand —insbesondere durch die Großstädte und durch die Länderkultusverwaltungen — für die Intensivierung dieser wertvollen Verbindung zu den kulturell aufgeschlossenen Teilen der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone nicht aus. (Frau Hütter) In weit größerem Umfange als bisher werden auch finanzielle Zuschüsse für Studienreisen benötigt. Allerdings werden die Bemühungen der Bundesregierung durch das Ministerium für Kultur der SBZ erschwert, das davor warnt, westdeutsche Kulturschaffende ohne Einvernehmen mit den zuständigen Stellen in die SBZ einzuladen, weil die Eingeladenen „Spionage betreiben oder Abwerbungsversuche unternehmen könnten". Freier Austausch von Zeitungen und Zeitschriften Der freie Bezug aller Druckerzeugnisse unterliegt nach wie vor einer Einschränkung durch das Monopol der Postzeitungsliste in der sowjetisch besetzten Zone. Ebenso verhält es sich mit dem Bezug wisenschaftlicher Zeitungen und Zeitschriften, während sowjetzonale wissenschaftliche Druckerzeunise in der Bundesrepublik ungehindert bezogen werden können. An diesem Zustand kann — wie die Bundesregierung erklärt — nichts geändert werden, solange nicht die Gegenseitigkeit durch Einführung der Pressefreiheit in der sowjetisch besetzten Zone gewährleistet ist. Rundfunk Nach wie vor wird der Empfang westdeutscher Rundfunksendungen in der sowjetisch besetzten Zone durch eine Unzahl Störsender unterbunden, während die Sendungen des Rundfunks in der Sowjetzone im Gebiet der Bundesrepublik ungestört gehört werden können. 15. Welche Vereinbarungen der vier Kontrollmächte, die nach allen bekannten Verträgen die Verantwortung für ganz Deutschland behalten haben, untereinander oder mit deren Einverständnis zwischen deutschen Verwaltungsstellen wären geeignet, die innerdeutschen Verbindungen und damit die Wiedervereinigung Deutschlands zu erleichtern? Im Augenblick sind keine neuen Wege zur Erleichterung der innerdeutschen Verbindungen sichtbar. Bonn, den 12. Dezember 1956 Frau Hütter Berichterstatterin III. Bericht über die Entwicklung in Berlin seit der Bundestagsdebatte vom 30. Mai 1956 Berichterstatter: Abgeordneter Brandt (Berlin) 16. Wie beurteilt die Bundesregierung die erwähnten Erklärungen, und welche Möglichkeiten sieht sie für eine Erleichterung des Verkehrs von und nach Berlin? Die Ausführungen des Bundesministers Kaiser vom 30. Mai 1956 über den Verkehr zwischen der Bundesrepublik und Berlin sind immer noch zutreffend. Die Personen- und Gepäckkontrollen an den Demarkationslinien rund um Berlin und in den Verkehrsmitteln bei der Fahrt nach Berlin haben nicht aufgehört, sondern unterliegen nur gewissen Schwankungen nach der positiven wie nach der negativen Seite hin. Im Augenblick sind die Kontrollen rund um Berlin ebenso wie die an den Zonengrenzen etwas konzilianter. Das Hin- und Herschwingen des Pendels zeigt sich etwa am Beispiel der Westberliner Exklave Steinstücken. Hatte man vor einiger Zeit die Reparatur eines Kühlschrankes eines Lebensmittelhändlers zum Schaden der Einwohner Steinstückens verhindert und hatte man dem Regierenden Bürgermeister von Berlin und dem Bürgermeister des zuständigen Verwaltungsbezirks Zehlendorf den Zugang zu diesem Westberliner Gebiet ohne Passierschein verwehrt, so war vorübergehend eine starke Lockerung der Passierscheinpflicht für Handwerker, Feuerwehr, Schornsteinfeger usw. festzustellen. Für Ärzte und Kohlenhändler wurde der Passierscheinzwang gänzlich aufgehoben. Schon wieder aber haben sich die Verhältnisse verschlechtert und die Bedingungen erschwert. Abgesehen hiervon ist zu registrieren, daß in letzter Zeit einzelne Straßensperren an den Sektorengrenzen beseitigt worden sind, wozu der gar zu offensichtliche Widerspruch zwischen diesen Barrikaden einerseits und den Transparenten gegen die „Spalter" andererseits beigetragen haben mag. 17. Welche technischen Kontakte zwischen den beiden Teilen Berlins bestehen noch und welche — z. B. Straßenbahn, Telefon — könnten nach Kenntnis der Bundesregierung unverzüglich wiederhergestellt werden, wenn es die östliche Verwaltung zuließe? Die Antwort des Bundesministers für gesamtdeutsche Frag en enthielt den Satz: „Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß sich bei gutem Willen der Ostberliner Stadtverwaltung diese Kontakte wesentlich erweitern ließen." Der Berliner Senat hat in der Zwischenzeit diesen „guten Willen" erneut auf die Probe gestellt und einen Senatsrat für technische Gespräche benannt, durch die Erleichterungen im Interesse der Berliner Bevölkerung ermöglicht werden könnten. Die damit gebotene Möglichkeit, etwas für die Bevölkerung in beiden Teilen der Stadt zu tun, ist von den Machthabern des Ostsektors ausgeschlagen worden. Sie haben solche technischen Gespräche abgelehnt und Verhandlungen darüber auf „höherer Ebene", d. h. unter politischen Vorzeichen, gefordert. Besprechungen des Senats mit sowjetischen Stellen haben zur Rückgabe des Rundfunkhauses in der Masurenallee geführt. 18. Wie beurteilt die Bundesregierung die serienmäßige Verhängung von Geldstrafen gegen Bewohner des Ostsektors, die in Westberlin arbeiten oder deren Kinder Westberliner Schulen besuchen? Hierzu ist im Augenblick — mit dem Hinweis, daß erfahrungsgemäß plötzlich wieder Veränderungen eintreten können — die Tatsache festzustellen, daß der Besuch von Westberliner Schulen nicht mehr nennenswert gestört wird. Bei Erlaß einer neuen Verordnung der Pankower Machthaber, wonach Westberliner Einnahmen aus Arbeitsverhältnissen auf Westberliner Konten nicht mehr der Anbietungspflicht und damit der Beschlagnahme im Osten unterliegen, tauchte die Hoffnung auf, daß damit auch der große Kreis derjenigen eine Erleichterung ihrer Lebensmöglichkeiten erfahren würde, der Alters- (Brandt [Berlin]) pensionen entweder vom Lande Berlin oder von Westberliner Unternehmungen bezieht. Diese Hoffnung hat getrogen. Nach sowjetzonaler Terminologie gehören die Einnahmen aus einem seit Jahrzehnten bestandenen früheren Arbeitsverhältnis nicht zu den Einnahmen aus Arbeitsverhältnissen. Eine Erleichterung bedeutet diese Verordnung in Wirklichkeit nur für einen zahlenmäßig unbedeutenden Kreis von freiberuflich Tätigen, von Künstlern, Wissenschaftlern und vielleicht auch von Handelsvertretern. 79. Sind noch in der letzten Zeit Fälle vorgekommen, in denen sich Angehörige Ostberliner Betriebe oder Verwaltungen schriftlich verpflichten mußten, Westberliner Boden nicht zu betreten? Es ist keine Veränderung etwa im Sinne einer Aufhebung dieser Beschränkungen festzustellen. Jedoch sind neue derartige Verpflichtungen nicht bekanntgeworden. 20. Wieviel Fälle von Menschenraub aus Westberlin sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der letzten Zeit vorgekommen? Hierzu ist zu berichten, daß in der Zeit vom 9. Mai bis 12. Dezember 1956 drei vollendete Fälle von Menschenraub durch List vorgekommen sind und vier versuchte Menschenraubfälle, davon zwei durch List und zwei durch Gewalt. Insgesamt sind seit 1949 bis heute 186 Fälle von Menschenraub und 77 Fälle von versuchten Entführungen durch List oder Gewalt zu verzeichnen. 21. Wie hoch ist die Zahl der Westberliner Siedler und Kleingärtner, denen seit Verhängung der Sperrmaßnahmen im Jahre 1952 die Nutzung ihrer Grundstücke in den Randgebieten der Sowjetzone verwehrt wird? Hier ist keine Verbesserung festzustellen. Betroffen sind ca. 40 000 Westberliner Kleingärtner und Grundstücksbesitzer. 22. Werden die Westberliner noch immer daran gehindert, die in den Randgebieten der Stadt gelegenen Friedhöfe zu besuchen? In dieser Frage ist eine neue Situation eingetreten, die zwar längst nicht den berechtigten Wünschen entspricht, aber immerhin einen Fortschritt darstellt. Westberliner Bürger, deren nächste Angehörige — Eltern, Geschwister, Ehegatten, Großeltern und Kinder — auf diesen Friedhöfen bestattet sind, können danach einen Dauerpassierschein zum Besuch des betreffenden Friedhofs erhalten, der für ein Jahr Gültigkeit hat und eine Westmark kostet. Daneben werden Passierscheine an besonderen Feiertagen unabhängig vom Grad der Verwandtschaft ausgestellt. 23. Wie beurteilt die Bundesregierung das Mißverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten, die die Vier Mächte für Berlin übernommen haben, und der Tatsache, daß im Ostsektor bewaffnete „Kampfgruppen" und Formationen der sowjetzonalen Streitkräfte aufmarschieren? Es ist keine grundsätzliche Änderung festzustellen. In der Praxis scheint sich eine rückläufige Entwicklung zu zeigen. Bei den „Kampfgruppen" im Ostsektor Berlins ruht vielfach der Ausbildungsbetrieb, weil sich die Mitglieder unter Hinweis auf die erhöhten Normen weigern, ihre geringe Freizeit weiter einschränken zu lassen. Auch in der Zone ist die Kampfgruppentätigkeit durch die Unlust der Mitglieder vielfach eingeschlafen. Andererseits ist ein starker Druck auf die Meister und Brigadiere, vor allem in den großen VE-Betrieben, festzustellen. Nach neuesten Meldungen soll an den Schulen Unterricht im Schießen und in Geländeübungen erteilt werden. Bonn, den 12. Dezember 1956 Brandt (Berlin) Berichterstatter Anlage 3 zu Drucksache 3116 (Vgl. S. 10812 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betreffend Hauptstadt Berlin (Drucksache 2998). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bucerius Das Ziel des vorliegenden Antrags der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE wurde von den Antragstellern in den Beratungen des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen mit der Feststellung umrissen, der Antrag wolle die Bundesregierung nicht zu einem überstürzten vollständigen Umzug nach Berlin veranlassen, er wolle aber erreichen, daß a) Berlin schon jetzt — noch während der Spaltung Deutschlands — durch Verlegung von Behörden, soweit das nur möglich sei, den ihm zukommenden hauptstädtischen Charakter und echte hauptstädtische Funktionen erhalte und b) darüber hinaus unverzüglich die praktische Vorbereitung der Hauptstadt für den Tag der Wiedervereinigung beginne. In Nr. 1 dieses Antrags wird grundsätzlich festgestellt: Berlin ist die Hauptstadt Deutschlands. Im Ausschuß wurde von den Antragstellern an den formellen Beschluß erinnert, mit dem sich der 1. Bundestag am 30. September 1949 zu Berlin als Bestandteil und Hauptstadt der Bundesrepublik und als Vorposten der westlichen Freiheit bekannte. Wenn dieser Antrag nun dem Hause Anlaß gebe, darüber zu beraten, was praktisch zu tun ist, hielte man es für richtig, das Bekenntnis, das im Jahre 1949 abgelegt sei, mit diesem Satze erneut nachdrücklich zu bekräftigen. Der Ausschuß ist diesem Vorschlag einmütig gefolgt. Um Nr. 2 des Antrags, die Frage nämlich, ob, in welcher Weise und wo in Berlin ein Parlamentsgebäude zu errichten ist, werden seit 1950 lebhafte Diskussionen geführt, die vor allen Dingen darum gingen, ob das alte Reichstagsgebäude zu diesem Zweck wiederherzustellen sei oder ob ein neuer moderner Bau errichtet werden solle. Im Laufe dieser Debatten hat der Bundestag vor zwei Jahren im Bundeshaushalt den Ansatz von Mitteln ge- (Dr. Bucerius) nehmigt, die der Finanzierung eines architektonischen Wettbewerbs für die Wiederherstellung des Reichstagsgebäudes galten. Die Antragsteller stellten vor dem Ausschuß fest, daß ihr Vorschlag allgemein darauf zielt, die baldige Errichtung eines Parlamentsgebäudes in Berlin zu veranlassen, ohne die in der Folge bei der Durchführung des Baues notwendigen politischen, technischen und ästhetischen Entscheidungen belasten zu wollen. Zwischen den Berliner Vertretern im Ausschuß bestand keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß dieses Gebäude nur am Platz der Republik — dem früheren Königsplatz — errichtet werden kann, wie das der Vorschlag des Antrags ausdrücklich bestimmt wissen wollte. Ein Teil der Ausschußmitglieder war jedoch der Ansicht, daß es besser sei, im gegenwärtigen Stadium der Planungen insbesondere auch den Vorschlägen der ausgeschriebenen Wettbewerbe nicht mit einer Standortbestimmung vorzugreifen. Die Antragsteller beharrten auf der zunächst vorgeschlagenen Formulierung nicht, und so wurde einstimmig beschlossen, daß dem Bundestag zu empfehlen sei, sich mit einer grundsätzlichen Feststellung, daß die Planung und Durchführung des Baus eines Parlamentsgebäudes in Berlin unverzüglich zu beginnen ist, zu begnügen. Mit Nr. 3 tritt der Antrag in die praktischen Vorschläge ein, mit denen nach der Absicht der Antragsteller versucht werden soll, das politische Ziel — die völlige Wiederherstellung der hauptstädtischen Funktionen — zu verwirklichen. In den Buchstaben d bis f werden ein Baustopp für die Einrichtungen der Bundesregierung in Bonn und bestimmte bauliche Maßnahmen des Bundes in Berlin gefordert. Der unter Nr. 3 Buchstabe f angesetzte Betrag von 20 Millionen DM beruht nach Angaben der Antragsteller auf Unterlagen der Bundesvermögensverwaltung Berlin. Der Ausbau der im Antrag genannten bundeseigenen Gebäude, vor allem die Wiederherstellung des Europahauses, des noch nicht aufgebauten Teils des Reichspatentamtes sowie des Bendlerblocks, würde — wie die Antragsteller darlegten — die Aufnahme eines beträchtlichen Teils der von den Bundesressorts benötigten Büroräume ermöglichen und die Bildung eines Regierungsviertels für die Zeit nach der Wiedervereinigung vorbereiten. Solange die Bundesregierung nicht in der Lage sei, den damit zur Verfügung stehenden Raum in vollem Maße auszunutzen, bestehe für eine anderweitige Belegung ohne Zweifel keine große Schwierigkeit. Durch die Empfehlungen der Nr. 3 Buchstaben a bis c wird mit der Forderung auf möglichst weitgehende Verlegung von Bundesbehörden und Bundesministerium nach Berlin für die vorgeschlagenen baulichen Maßnahmen der eigentliche Anlaß erbracht. Die Bundesregierung soll unverzüglich die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen für die Verlegung von Bundesministerien sowie anderen Dienststellen und Institutionen nach Berlin schaffen und bei neu zu errichtenden Bundesbehörden vorsehen, daß sie von vornherein in Berlin zu errichten sind; insbesondere Bauten, die für oberste Bundesbehörden zukünftig erforderlich werden, sollen in Berlin zu errichten sein. Bei der Beratung dieser Vorschläge ging es dem Ausschuß vor allen Dingen darum, klar darüber zu werden, ob solche Tendenzen den bestehenden rechtlichen und politischen Verhältnissen nach möglich und vom Organisatorischen her gesehen zweckmäßig sind. Die Antragsteller haben zur rechtlichen und politischen Frage auf die bereits in der Vergangenheit erfolgte Verlegung verschiedener Bundesverwaltungen nach Berlin verwiesen und hierbei insbesondere auf die Errichtung des Bundesverwaltungsgerichts. Der besondere Status Berlins könne die ordnungsmäßige Arbeit von Bundesbehörden in Berlin nicht hindern. Bisher seien von seiten der westlichen Alliierten noch nie Eingriffe in Angelegenheiten der bereits dort arbeitenden Bundesbehörden erfolgt; es sei eine noch völlig unbegründete Vermutung, daß sich das in Zukunft ändern werde. Im übrigen wurde darauf hingewiesen, daß auch die Regierung der sogenannten DDR ihren Sitz in Ostberlin genommen hat. Allen möglichen Einwänden gegenüber muß nach Meinung der Antragsteller hervorgehoben werden, daß der Ausbau Berlins als hauptstädtisches Zentrum in den Bemühungen um die Wiedervereinigung entscheidende Bedeutung hat. Dieser Auffassung wurde im Ausschuß grundsätzlich nicht widersprochen. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes erklärte, es stehe außer Frage, daß eine Verlegung von Bundesbehörden vom außenpolitischen Standpunkt durchaus zu begrüßen sei: der gesamtdeutsche Anspruch der Bundesrepublik könne von Berlin aus eindringlicher und wirkungsvoller geltend gemacht werden. Wenn aber eine wesentliche Verlegung von Bundesbehörden -- geschweige eine Verlegung aller Bundesbehörden — dazu führe, den Charakter des Viermächtestatus der Stadt Berlin zu verändern, müsse zu seiner Aufrechterhaltung, über deren Notwendigkeit es wohl keine Meinungsverschiedenheiten gebe, ohne Zweifel mit dem Einspruch der Alliierten gerechnet werden. An eine solche umfassende Verlegung haben die Antragsteller — wie sie auf diese Feststellung hin ausdrücklich versicherten — mit den Empfehlungen ihres Antrags im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gedacht. So war die Differenz, die sich in den Auffassungen der Ausschußmitglieder hinsichtlich der Verlegung von Bundesbehörden ergab, mehr mit der Frage des Rahmens verbunden, in dem Planungen solcher Art technisch möglich und organisatorisch zweckmäßig sind. Von einem beträchtlichen Teil der Ausschußmitglieder wurden vor allem Bedenken geäußert, daß eine sofortige weitgehendere Übersiedlung von Bundesministerien die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung in starkem Maße beeinträchtigen muß. Von diesem Teil des Ausschusses wurde es vor allem für erforderlich gehalten, daß die wesentlichen Regierungsstellen für den einzelnen Staatsbürger mühelos zu erreichen sind. Da der Antrag seine Vorschläge jedoch nicht auf die Frage des Wieviel und die Reihenfolge des Wann erstreckte und in der Absicht Einigkeit bestand, entschied der Ausschuß mit großer Mehrheit, daß es richtig sei, es auch in der Form bei den vorgeschlagenen Empfehlungen zu belassen. Allerdings kam man überein, die Eingangsformel der Nr. 3, die von einem Ersuchen an die Bundesregierung sprach, ausdrücklich in eine Empfehlung abzuändern, da auch im Ausschuß kein Zweifel bestand, daß die Bundesregierung kraft ihrer Organi- (Dr. Bucerius) sationsgewalt verfassungsrechtlich in der Entscheidung über die Unterbringung ihrer Behörden frei und ungebunden ist. Der Wunsch der Antragsteller, daß die Bundesregierung dem Bundestag über das Veranlaßte und technisch weiterhin Mögliche berichten möge, wurde sinnentsprechend abgetrennt und in einem Ersuchen der Nr. 4 des Ausschußantrags gesondert vorgelegt. Die Maßnahmen, die im Antrag der Drucksache 2998 für die Hochschulen Berlins gefordert waren, wurden vom Ausschuß vollinhaltlich und einstimmig übernommen. Schon während früherer Beratungen hatte der Ausschuß gegenüber Vertretern der Bundesregierung den Wunsch zum Ausdruck gebracht, soweit nur möglich Bedenken im Hinblick auf die gegebenen Kompetenzen angesichts der eminenten politischen Bedeutung dieser Fragen bei Hilfsmaßnahmen für die Berliner Hochschulen und ihre Studentenschaft zurücktreten zu lassen. Die Einführung des numerus clausus z. B. an der Berliner Freien Universität trifft Studierende, die aus der sowjetisch besetzten Zone und dem Ostsektor Berlins kommen, in besonderem Maß. Hier durch tatkräftige finanzielle Hilfe Möglichkeiten zur Abhilfe zu schaffen, wird vom Ausschuß durchaus als eine politische Aufgabe im gesamtdeutschen Interesse betrachtet. Wegen der Empfehlung unter Nr. 3 Buchstabe f, die Bundesregierung um den Einsatz von 20 Millionen DM in den Bundeshaushaltsplan für die Wiederherstellung verschiedener bundeseigener Gebäude zu ersuchen, wurde — gemäß § 96 (neu) der Geschäftsordnung — der Haushaltsausschuß federführend mit dem Antrag der Drucksache 2998 befaßt. Durch seinen Berichterstatter, Abg. Klingelhöfer, stellt dieser Ausschuß nunmehr unter Drucksache 3129 jedoch fest, daß nach der Sachlage für ihn keine Veranlassung bestehe, wegen der Beeinflussung der Haushaltslage für das Rechnungsjahr 1956 gemäß § 96 (neu) der Geschäftsordnung zu berichten. Es ist wohl folgerichtig, daß aus diesem Grunde die im Antrag des Haushaltsausschusses enthaltene Feststellung, Entscheidungen über die erforderlichen Mittel im Rahmen des Bundeshaushaltsplans 1957 seien erst möglich, nachdem die Bundesregierung mit Zahlen belegte Vorschläge gemacht habe, die in diesem Zusammenhang vom Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen vorgelegten Empfehlungen nicht berühren kann. Bonn, den 29. Januar 1957 Dr. Bucerius Berichterstatter Anlage 4 Umdruck 938 (Vgl. S. 10818 C, 10834 C) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE betreffend Hauptstadt Berlin (Drucksachen 3116, zu 3116, 2998). Der Bundestag wolle beschließen: Dem Antrag des Ausschusses — Drucksache 3116 — wird folgende neue Nr. 5 angefügt: 5. Zur Durchführung von Nr. 3 und 4 wird aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses, des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen des Bundestages ein ständiger Unterausschuß gebildet, der gemeinsam mit Beauftragten der Bundesregierung prüft, welche Bundesorgane, Bundesbehörden, Bundesanstalten, vom Bund geförderte Einrichtungen, Bundesunternehmungen, Sonderverwaltungen und Teile von ihnen zur sofortigen oder alsbaldigen Verlegung nach Berlin geeignet sind, um die Vorbereitung Berlins als gesamtdeutsche Hauptstadt zu fördern. Der Unterausschuß hat dem Bundestag vierteljährlich zu berichten. Bonn, den 5. Februar 1957 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 931 (Vgl. S. 10835 B, 10836 B) Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) betreffend Hauptstadt Berlin (Drucksachen 3116, zu 3116, 2998). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag erwartet, daß 1. der Bundestagspräsident den 3. Deutschen Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung nach Berlin einberuft; 2. ebenfalls die Wahl des Bundeskanzlers und die Vereidigung des Bundeskanzlers und der Bundesminister in Berlin stattfindet. Bonn, den 31. Januar 1957 Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Dr. Reif Dr. Will (Berlin) Dr. Becker (Hersfeld) und Fraktion Anlage 6 (Vgl. S. 10836 B) Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Spies (Emmenhausen) zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen betreffend Hauptstadt Berlin (Drucksache 3116): Ich gebe zu Protokoll, daß ich den Antrag Bundestagsdrucksache 3116 ablehne, weil ich die Voraussetzungen für die in der Drucksache niedergelegten Maßnahmen nicht für gegeben halte. Bonn, den 6. Februar 1957 Josef Spies Anlage 7 Drucksache 3096 (Vgl. S. 10860 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Neufassung der siedlungsrechtlichen Begriffsbestimmungen und Vereinfachung der Siedlungsfinanzierung (Drucksache 2053). Berichterstatter: Abgeordneter Knobloch Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich in seiner Sitzung am 6. Dezember 1956 mit dem vorliegenden Antrag befaßt und beschlossen, der Nr. 1 des Antrags folgenden Wortlaut zu geben: „1. darauf hinzuwirken, daß die Länder bei der Auslegung des Begriffs der Siedlung im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes sich in den Grundsätzen aufeinander abstimmen,". Zu den Fragen der Vereinheitlichung der siedlungsrechtlichen Bestimmungen und der Vereinfachung der Siedlungsfinanzierung vertrat der Ausschuß folgende Auffassung: Vereinheitlichung der siedlungsrechtlichen Bestimmungen Der Begriff der Siedlung ist nur in großen Zügen im Reichssiedlungsgesetz (RSG) festgelegt worden. Die Länder sind nach dem RSG ermächtigt, den Begriff je nach der Struktur ihres Landes näher zu bestimmen. Von dieser Ermächtigung haben die Länder auch Gebrauch gemacht, haben hierbei aber zum Teil zum Nachteil der betroffenen Siedler voneinander abweichende Vorschriften getroffen. Dies wirkt sich vor allem auf steuerlichem Gebiet zuungunsten des Siedlers aus. Es ist deshalb erforderlich, daß die Bundesregierung zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung auf eine in den Grundzügen einheitliche Regelung des Begriffs der Siedlung und damit auch der Steuer- und Gebührenvergünstigung durch die Länder hinwirkt. 3. Vereinfachung der Siedlungsfinanzierung Die Siedlung wird aus Mitteln des Bundes (Bundeshaushalt, ERP-Sondervermögen usw.), aus Mitteln des Ausgleichsfonds und der Länder finanziert. Dabei sind im Laufe der Zeit eine große Zahl von verschiedenen Fonds, Haushaltstiteln usw. zur Gewährung öffentlicher Finanzierungshilfen (Darlehen, Zuschüsse usw.) zugunsten der Siedlung herangezogen worden. Hieraus hat sich zwangsläufig auch eine Vielzahl von unterschiedlichen Kreditbedingungen ergeben, die nunmehr bei dem einzelnen Siedler als dem letzten Kreditnehmer in Form von einzelnen Hypotheken, Grundschulden usw. in Erscheinung treten. Die Bundesregierung ist seit längerer Zeit bemüht, der hierdurch verursachten Erschwerung des Verfahrens, insbesondere der verwaltungsmäßigen Belastung der Verfahrensträger und des Siedlers selbst, abzuhelfen. Es ist in Aussicht genommen, den Siedler durch eine einheitliche Schuldurkunde zu verpflichten und die verschiedenen Finanzierungshilfen möglichst bei einem einzigen Kreditinstitut zusammenfließen zu lassen. Dies erfordert ein Zusammenwirken aller beteiligten Stellen, insbesondere des Bundes und der Länder. Namens des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bitte ich, den vorliegenden Antrag, dem der Ausschuß einmütig zugestimmt hat, anzunehmen. Bonn, den 10. Januar 1957 Knobloch Berichterstatter Anlage 8 Umdruck 932 (Vgl. S. 10861 C) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse: Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Beleuchtungskontrolle bei Kraftfahrzeugen und Fahrrädern (Drucksache 3075) an den Ausschuß für Verkehrswesen; 2. Antrag der Fraktion der DP betreffend Hergabe zweckgebundener Bundesmittel ohne die Verpflichtung zur gleichzeitigen Aufbringung von Landesmitteln (Drucksache 3090) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Grenzlandfragen, an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen. Bonn, den 5. Februar 1957 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Becker (Hersfeld) und Fraktion Feller und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion
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    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Bundesregierung habe ich die Ehre, dem Hohen Hause die Entwürfe eines Wehrstrafgesetzes, eines Einführungsgesetzes dazu sowie eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes — Bundestagsdrucksachen 3039 und 3040 — vorzulegen.

    (Anhaltende Unruhe.)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich bitte doch, Platz zu nehmen und außerdem dem Redner Gehör zu schenken. Es ist für den Redner sehr schwierig, zu sprechen, wenn er überzeugt sein muß, daß ihm niemand zuhören will. Ich glaube, es ist ein Gebot der Höflichkeit, sich so zu verhalten, wie wir wünschen, daß, wenn wir sprechen, auch uns gegenüber gehandelt wird.

(Beifall.)


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    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich weiß, daß es für das Hohe Haus nach einer langen Debatte immer eine gewisse Beanspruchung ist, eine juristische Materie, deren Motive dargestellt werden müssen, noch ertragen zu müssen. Aber es ist meine Pflicht als Bundesminister der Justiz, die Motive dieses Gesetzes so darzulegen, daß sie für die Rechtsprechung und für die Praxis gebraucht werden können.
    Ich tue das zugleich im Namen des Herrn Bundesministers für Verteidigung, dessen Haus an den drei Entwürfen maßgeblich beteiligt ist und den ersten Rohentwurf des Wehrstrafgesetzes erarbeitet hatte.
    Die Entwürfe stehen in einem engen inneren Zusammenhang. Sie ziehen aus dem Aufbau der Bundeswehr die Konsequenzen, die sich für das Strafrecht ergeben. Jeder Staat, der Streitkräfte unterhält, braucht für sie auch Strafrecht, einmal zum Schutz gegen Angriffe von außen. Dieses Strafrecht, das sich an alle Staatsbürger wendet, finden Sie im Entwurf des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes. Zum andern ist Strafrecht aber auch zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Disziplin erforderlich. Dieses Strafrecht, das für die Soldaten selbst gilt, finden Sie im Entwurf des Wehrstrafgesetzes.
    In beiden Richtungen war das frühere deutsche Strafrecht durch die Kontrollratsgesetze Nrn. 11 und 34 aufgehoben worden. Wir müssen also neues Recht schaffen. Wir wollen und brauchen aber auch ganz unabhängig davon ein neues Recht; denn gerade das Strafrecht spiegelt wie kaum ein anderes den geistigen, ethischen und kulturellen Stand eines Volkes wider. Wir können uns daher nicht mit Lösungen aus einer versunkenen Zeit begnügen. Wir müssen ein Recht schaffen, das unserer Zeit, unserem Volk und unserem Staat entspricht. So ist vor allem der Entwurf des Wehrstrafgesetzes — auch wenn es sich durchaus nicht scheut, dort an die Tradition anzuknüpfen, wo sie uns gesund und lebendig erscheint — ein neues Werk mit einem ausgeprägten, eigenen Gesicht.
    Der Entwurf ist in fünf grundsätzlichen Richtungen um eine Lösung der oft schwierigen Probleme bemüht: sie soll rechtsstaatlich und demokratisch, sie soll der Sache gemäß, maßvoll und nicht zuletzt einfach sein. Erlauben Sie mir, Ihnen an Hand dieser fünf Grundsätze einen Querschnitt durch den Entwurf zu geben.
    Er will eine demokratische Lösung. Der Soldat ist ein Staatsbürger, und zwar nicht nur der einfache Soldat, sondern ebenso der Offizier. Den Pflichten der Untergebenen entsprechen Pflichten der Vorgesetzten, die der Entwurf ebenso ernst nimmt wie die Pflichten der Mannschaften. Wenn wir eine demokratische Bundeswehr aufbauen, die unter dem Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht steht, so bedeutet das nicht zuletzt, daß es für die
    Vorgesetzten, denen der Wehrpflichtige anvertraut wird, keine unbegründeten Privilegien mehr geben darf. Der Entwurf hat daraus die Konsequenz gezogen, daß es für Offiziere und Mannschaften in den Strafarten keinen Unterschied mehr gibt. Früher war z. ,B. verschärfter Arrest nur gegenüber Mannschaften und den unteren Gruppen der Unteroffiziere möglich. Nach dem Entwurf kann der Arrest auch für die Offiziere verschärft werden.
    Welchen Wert der Entwurf auf die gesteigerte Verantwortung des Vorgesetzten legt, sehen Sie in dem ausgedehnten Abschnitt über Straftaten gegen die Pflichten der Vorgesetzten im dritten Abschnitt des Entwurfs. Hier wird jeder schwerwiegende Mißbrauch der Vorgesetztenstellung unter Strafe gestellt, so der Mißbrauch der Befehlsbefugnis zu dienstfremden Zwecken, die Verleitung Untergebener zu Straftaten, das Unterdrücken von Beschwerden sowie Mißbräuche innerhalb der Mitwirkung an Straf- rund Disziplinarverfahren. Ich darf Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, daß der Vorgesetzte, der einen Untergebenen durch einen verbrecherischen Befehl eine Straftat ausführen läßt, nach dem Entwurf schwerer bestraft wird als ein Täter oder Anstifter nach allgemeinem Strafrecht. Abweichend vom früheren Militärstrafrecht stellt der Entwurf Offiziere und Unteroffiziere in strafrechtlicher Hinsicht den Beamten in beträchtlichem Umfang gleich, so daß eine Reihe der entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuches auf sie Anwendung findet, z. B. über Körperverletzung und Hausfriedensbruch im Amt, Aussageerpressung, Verfolgung Unschuldiger, Begünstigung im Amt und ,anderes mehr. Mit besonderem Nachdruck hat der Entwurf die Tatbestände der Mißhandlung und der entwürdigenden Behandlung von Untergebenen ausgestaltet. Seelische Mißhandlung — wenn ich es so nennen darf — kann den Untergebenen oft viel schwerer treffen als eine körperliche Mißhandlung. Darum sieht der Entwurf eine besondere Vorschrift dafür vor. Die beiden Vorschriften gehören auch zu den wenigen, in denen der Entwurf unter besonderen Voraussetzungen die Zuchthausstrafe androht. Mit diesen Beispielen habe ich nur die wichtigsten herausgegriffen, an denen sich das demokratische Prinzip zeigt. Es durchzieht darüber hinaus den gesamten Entwurf.
    Das zweite tragende Prinzip, um das es geht, ist das der Rechtssicherheit und das der Rechtsklarheit. Lassen Sie mich versuchen, das an einem einzigen Komplex zu zeigen, dem unsere besondere Aufmerksamkeit gegolten hat und der von grundsätzlicher Bedeutung ist. Ich meine die Fragen, die um Befehl und Gehorsam kreisen, vor allem die Frage nach der Verantwortlichkeit des Untergebenen für einen verbrecherischen Befehl, die eine Schicksalsfrage nicht nur des Wehrstrafrechts, sondern allen Soldatentums überhaupt ist. Ich bin mir bewußt, daß es sich dabei um eine kaum lösbare Problematik handelt, die bis an die Grenze des rechtlich Faßbaren führt. Dennoch glaubten wir, im Entwurf hier eine klare Stellung beziehen und eine bis in die Einzelheiten gehende Regelung geben zu müssen. Das Hohe Haus hat hierzu bereits in § 11 des Soldatengesetzes eine Vorentscheidung von großer Tragweite gefällt. Sie zieht die Folgerungen aus den schmerzlichen Erfahrungen vor allem ,des zweiten Weltkrieges, wo noch der § 47 des alten Militärstrafgesetzbuches galt, eine Vorschrift, die es dem Untergebenen


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    weitgehend ermöglichte, hinter dem Befehl des Vorgesetzten Deckung zu finden. § 11 des Soldatengesetzes versucht demgegenüber, zwischen den Extremen des sklavischen Gehorsams und der sogenannten denkenden Bajonette eine ausgewogene Lösung zu finden, die den Untergebenen stärker in die Verantwortung stellt, ohne ihm eine Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Befehls aufzubürden.
    Der Entwurf des Wehrstrafgesetzes übernimmt diese Regelung, und er ergänzt sie dahin, daß der Untergebene, sofern er für die Ausführung eines verbrecherischen Befehls strafrechtlich verantwortlich ist, milder bestraft werden kann, wenn seine Schuld wegen der besonderen Lage, in der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering ist. Der Entwurf geht im Gegensatz zu ausländischen Rechten nicht so weit, den Richter zu ermächtigen, in derartigen Fällen von Strafe überhaupt abzusehen. Doch hält er die Möglichkeit einer Strafmilderung unter den genannten Voraussetzungen für angezeigt.
    Leichter zu lösen war die Frage, inwieweit Ungehorsam gegen verbindliche Befehle strafbar sein und inwieweit er nur disziplinarisch verfolgt werden soll.
    Probleme von großer Schwierigkeit ergaben sich aber in den Irrtumsfällen, d. h. dann, wenn der Untergebene einen unverbindlichen Befehl nicht befolgt, den er irrig für verbindlich hält, und umgekehrt, wenn er einen verbindlichen Befehl nicht befolgt, weil er ihn irrig für unverbindlich hält. Im ersten Falle schlägt der Entwurf vor, den Untergebenen straflos zu lassen. Im zweiten Falle hingegen erscheint in der Regel Strafe erforderlich. Der Soldat muß grundsätzlich gehorchen. Das ist das erste Gebot militärischer Disziplin, ohne das keine Armee zusammenzuhalten ist. Verweigert der Soldat den Gehorsam, weil er glaubt, ein Befehl sei unverbindlich, so muß das Risiko grundsätzlich zu seinen Lasten gehen. In diesem Sinne hat das Hohe Haus ebenfalls bereits eine wegweisende Vorentscheidung in § 11 des Soldatengesetzes gefällt. Eine Ausnahme ist hier allerdings notwendig: Glaubt der Soldat, er dürfe den Befehl nicht ausführen, weil dadurch ein Verbrechen oder Vergehen begangen würde, und ist ihm dieser Irrtum nicht zum Vorwurf zu machen, so muß er straflos ausgehen.
    Ich bin mir bewußt, daß die gesamte Problematik von großer Tragweite ist und auch die Rechtsprechung in manchen Fällen vor schwierige Aufgaben stellen wird. Es lassen sich Beispiele denken, die von tiefer menschlicher Tragik sind. Das Bemühen des Entwurfs konnte hier nur sein, grundsätzliche Entscheidungen zu treffen so klar wie möglich, so rechtsstaatlich wie möglich. Man sollte die Problematik nicht der Rechtsprechung allein überlassen. Die inzwischen berühmt gewordene Judikatur des Bundesgerichtshofs zum Verbotsirrtum würde hier der Sachlage nicht entsprechen.
    Damit komme ich zum dritten Grundsatz, von dem wir uns leiten ließen: Die Lösungen sollten der Sache gemäß sein, der besonderen Lage, in der sich der Soldat befindet und handelt. Aus dieser besonderen Lage erklärt sich auch das von mir schon gestreifte, vom allgemeinen Strafrecht abweichende Strafensystem des Entwurfs. Er sieht an Freiheitsstrafen außer Zuchthaus und Gefängnis die der früheren Festungshaft entsprechende, allerdings nur bis zum Höchstmaß von 5 Jahren reichende Einschließung und den Arrest vor, der nach dem Vorschlag des Bundesrats zur Unterscheidung vom disziplinarischen Arrest „Strafarrest" heißen soll. Im Bereich des allgemeinen Strafrechts kommt die Einschließung kaum noch vor. Im Wehrstrafrecht erscheint eine solche nicht entehrende Freiheitsstrafe unentbehrlich. Hier ist es vielfach notwendig, um der Disziplin willen Handlungen unter Strafe zu stellen, die nicht aus ehrenrührigen, ja, wie z. B. gewisse Befehlsverweigerungen, sogar aus durchaus ehrenvollen Beweggründen begangen werden können. Auch im unteren Bereich erscheint uns alter militärischer Tradition entsprechend eine Freiheitsstrafe erforderlich, der die mit dem Gefängnis verbundene Abstempelung fehlt; es soll der Arrest sein. Schon aus praktischen Gründen schlägt der Entwurf vor, bis zur Grenze von einem Monat überhaupt nur eine einzige Freiheitsstrafe, nämlich den Arrest, vorzusehen, der auch nur bis zu dieser Grenze von einem Monat geschärft werden kann.
    Die Bundesregierung möchte daher dem die Dinge unnötig komplizierenden Vorschlag des Bundesrates nicht folgen, die Einschließung schon bei einem Tag beginnen zu lassen. Erst über der Grenze von einem Monat ergeben sich dann je nach den einzelnen Tatbeständen Wahlmöglichkeiten zwischen Gefängnis, Einschließung und Arrest, bei denen der Richter aber in rechtsstaatlicher Weise die Wahlregeln des § 11 des Entwurfs zu beachten hat.
    Der Vielfalt an Freiheitsstrafen steht eine betonte Zurückhaltung des Entwurfs hinsichtlich anderer Strafarten gegenüber. Nach dem alten Wort: „Der Soldat hat kein Geld" soll es Geldstrafen bei den sogenannten militärischen Straftaten überhaupt nicht und bei nichtmilitärischen nur in beschränktem Umfange geben. Auch Ehrenstrafen kennt der Entwurf nicht. Sie sollen der Disziplinargerichtsbarkeit überlassen bleiben.
    Schon dieses Strafensystem, das Wert auf nicht entehrende oder wenigstens nicht diskriminierende Strafen legt, zeigt Ihnen, daß der Entwurf bemüht ist, maßvoll zu sein. Er ist maßvoll in dem Bestreben, das, was nicht wirklich strafwürdig erscheint, in den Bereich des Disziplinarrechts zu verweisen. Er ist maßvoll vor allem auch in den einzelnen Strafandrohungen. Ich habe schon erwähnt, daß mit der Androhung von Zuchthaus sparsam verfahren worden ist. Außer in den schon erwähnten Fällen ist Zuchthaus gegenüber Urhebern und Rädelsführern einer Meuterei zugelassen und in besonders schweren Fällen einiger Straftaten angedroht. Bei einer Reihe von Delikten ist im Gegensatz zum früheren Militärstrafrecht Zuchthaus nicht mehr vorgesehen. Das gilt vor allem für die Fahnenflucht. Auch im übrigen sind die Strafdrohungen des Entwurfs maßvoll. Nur selten werden Mindeststrafen angedroht, die das gesetzliche Mindestmaß übersteigen. Die Strafrahmen sind rechtsstaatlichen Forderungen entsprechend möglichst eng gehalten. Vielfach wird Gefängnis nicht bis zum gesetzlichen Höchstmaß von fünf Jahren, sondern nur bis zu einer Grenze von zwei oder drei Jahren angedroht. Ganz allgemein ist versucht worden, mit verhältnismäßig wenigen Typen von Strafrahmen auszukommen.
    Damit bin ich bei dem Grundsatz, um dessen Einhaltung sich der Entwurf schließlich, aber nicht zuletzt bemüht hat. Er hat versucht, einfach zu sein


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    und an Stelle früherer, oft komplizierter, unübersichtlicher Vorschriften eine klare und übersichtliche Regelung zu bringen. Daß dieser Versuch nicht ohne Erfolg geblieben ist, sehen Sie schon am Umfang des Entwurfs. Während das Militärstrafgesetzbuch von 1872 166 und das von 1940 noch 116 Paragraphen aufwies, kommt der Entwurf mit 48, zum Teil sehr kurzen Paragraphen aus, die sich knapp und durchsichtig gliedern. Ich ,darf allerdings nicht verhehlen, daß die Kürze des Entwurfs zu einem gewissen Teil eine Folge davon ist, daß er nur die für den Frieden notwendigen Bestimmungen enthält. Aber auch eine Ergänzung um die für den Verteidigungsfall erforderlichen Vorschriften, die in absehbarer Zeit vorgelegt werden können, würde den Umfang nicht wesentlich erhöhen.
    Ich komme nun zu der zweiten Gesetzesvorlage. Nach dem Wehrstrafgesetz darf ich mich nunmehr dem Entwurf eines Einführungsgesetzes hierfür zuwenden. Er enthält die erforderlichen Ergänzungs-
    und Überleitungsvorschriften.
    Zunächst bringt er in Art. 1 eine Ergänzung des Strafgesetzbuches, indem er die durch Zivilisten begangene Verstümmelung und Wehrpflichtentziehung tatbestandlich erfaßt und unter Strafe stellt. Hierauf komme ich im Zusammenhang mit der Behandlung des Entwurfs eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes zurück, in den die Bestimmungen über die Verstümmelung und Wehrpflichtentziehung aufgenommen sind.
    Im Mittelpunkt des Einführungsgesetzes steht eine Ergänzung des Jugendgerichtsgesetzes, die das Ergebnis eingehender Erwägungen der beteiligten Ressorts ist. Es ist zu berücksichtigen, daß die Bundeswehr zu einem großen Teil aus 20jährigen und noch jüngeren Soldaten, also aus Heranwachsenden im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes, gebildet wird. Nach § 105 des Jugendgerichtsgesetzes werden die Heranwachsenden je nach ihrer Reife und der Art der Tat entweder nach Jugendstrafrecht oder nach Erwachsenenstrafrecht behandelt. Demgegenüber erfordert das militärische Leben grundsätzlich die gleichmäßige Behandlung aller Soldaten.
    Eine Lösung, die diesen beiden Gesichtspunkten für die Behandlung der straffälligen heranwachsenden Soldaten in gleicher Weise Rechnung trägt, gibt es nicht. Es kann sich also nur darum handeln, die Lösung mit den wenigsten Mängeln zu finden.
    Da bietet sich zunächst der Gedanke an, den § 105 des Jugendgerichtsgesetzes für heranwachsende Soldaten auszuschließen, also diese Soldaten stets nach Erwachsenenstrafrecht zu behandeln. Die praktischen Vorzüge einer solchen Gleichstellung würden hier erkauft mit einem Verzicht auf die Erkenntnisse der Jugendpsychologie und auf die Grundsätze des modernen Jugendstrafrechts. Wir halten das nicht für tragbar.
    Andererseits müssen wir anerkennen, daß die im Jugendstrafrecht vorgesehenen Erziehungsmaßregeln der Schutzaufsicht und der Fürsorgeerziehung für den Soldaten nicht passen. Gerade diese Maßregeln sind es aber vor allem, die der Ausfüllung der Lücke dienen, die im Jugendstrafrecht zwischen dem auf höchstens vier Wochen begrenzten Zuchtmittel des Jugendarrests und der auf mindestens 6 Monate bestimmten Jugendstrafe besteht. Wir müssen also diese Lücke für Soldaten auf andere Weise ausfüllen.
    Nachdem wir hierfür verschiedene andere Lösungen erwogen und verworfen haben, schlagen wir als neue Erziehungsmaßregel, die der Jugendrichter anordnet, die Überweisung an eine Einheit der Bundeswehr vor. Damit sind nicht etwa besondere Erziehungseinheiten gemeint, die ausschließlich für straffällige Soldaten bestimmt sind. Schon die Fassung des Gesetzesvorschlags schließt eine Verwechslung mit Bewährungs- oder Strafeinheiten alten Stils, die es gerade nicht geben soll, aus. Die Überweisungseinheiten sollen vielmehr vorwiegend aus Soldaten, die keine Straftat begangen haben, bestehen und durch die Qualität ihrer besonders ausgewählten Offiziere und Unteroffiziere, wie es in dem Entwurf heißt, für die Durchführung der erforderlichen erzieherischen Maßnahmen besondere Gewähr bieten. Wir glauben, daß sich das schwierige Problem der Behandlung straffälliger heranwachsender Soldaten auf diese Weise sachdienlich lösen läßt.
    Im übrigen bringt das Einführungsgesetz neben Anpassungsvorschriften geringeren Gewichts noch Grundsätze für den Vollzug des Strafarrests. Hierfür wird die Zuständigkeit der Bundeswehr begründet, damit der Arrest für die militärische Erziehung und Ausbildung nutzbar gemacht werden kann. Allerdings muß die Bundeswehr erst die entsprechenden Vollzugseinrichtungen schaffen. Bis dahin bewendet es bei der Zuständigkeit der allgemeinen Vollzugsbehörden.
    Gestatten Sie mir nun, daß ich zu dem letzten der drei Gesetzentwürfe, zu dem Entwurf eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes übergehe. Während ich mich bisher mit dem Strafrecht der Soldaten zu befassen hatte, bringt dieser Entwurf, wie ich am Anfang meiner Ausführungen bereits angedeutet habe, die erforderlichen Ergänzungen im zivilen Bereich. Er verfolgt den Zweck, den allgemeinen strafrechtlichen Schutz der deutschen Landesverteidigung und der Bundeswehr wiederherzustellen, der als Folge des Zusammenbruchs gegenstandslos geworden war. Darüber hinaus soll der Entwurf zugleich den auf deutschem Boden stehenden Truppen der Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes einen angemessenen Strafschutz gewähren, der bisher durch wesentlich strengere Vorschriften in dem sogenannten Anhang A zum Truppenvertrag geregelt ist.
    Der noch von meinem Amtsvorgänger, Herrn Minister Neumayer, vorgelegte Entwurf hat zu lebhaften Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt. In der Presse sind harte Worte wie „Maulkorbgesetz" und „Wehrkraftzersetzung unseligen Angedenkens" gefallen. Schaut man aber näher zu, so zeigt sich, daß sich die ganze Pressekampagne im wesentlichen gegen drei Vorschriften des Entwurfs richtet, die sowohl nach ihrem sachlichen Gehalt wie auch nach ihrer politischen Bedeutung nur einen verhältnismäßig geringfügigen Teil der Vorlage ausmachen. Sieht der unvoreingenommene Beurteiler von diesen Bestimmungen, zu denen ich noch gesondert Stellung nehmen werde, zunächst einmal ab, so wird er zugeben müssen, daß sich die Bundesregierung auch im Bereich des allgemeinen strafrechtlichen Schutzes der Bundeswehr größte Zurückhaltung auferlegt hat. Sie hat auch hier die Grundsätze verwirklicht, die ich im Zusammenhang mit dem Entwurf zum Wehrstrafgesetz vorzutragen die Ehre hatte. Es handelt sich im wesentlichen um die Wiederherstellung traditionellen deutschen Strafrechts zum


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    Schutz der Landesverteidigung, dessen kriminalpolitische Notwendigkeit von keinem einsichtigen Staatsbürger in Zweifel gezogen werden kann. Es darf nur an die Tatbestände der Verleitung zum Ungehorsam und zur Fahnenflucht, der Selbstverstümmelung, der Wehrdienstentziehung durch Täuschung, der Sabotage und des Photographierens von bedeutsamen militärischen Einrichtungen erinnert werden, die durchweg schärfer herausgearbeitet und mit maßvollen Strafdrohungen versehen worden sind. Vor allem aber möchte ich darauf aufmerksam machen, daß auch auf manchen ehrwürdigen Tatbestand des früheren deutschen Strafrechts verzichtet worden ist, weil ein zwingendes Bedürfnis, ihn auch zum Schutze der Bundeswehr vorzusehen, nicht anzuerkennen war.
    Auch der zweite wichtige Komplex des Gesetzentwurfs, der sich mit dem Schutz der Vertragsstaaten des Nordatlantikpakts befaßt, ist durch das Bestreben gekennzeichnet, kein lückenloses Netz von Strafvorschriften aufzubauen. Allerdings muß hier berücksichtigt werden, daß nach geltendem Recht die militärischen Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens, Frankreichs und anderer Entsendestaaten auf deutschem Boden durch eine völkerrechtliche Vereinbarung, den Anhang A zum Truppenvertrag, einen weitreichenden strafrechtlichen Schutz genießen. Die Ablösung dieser zwischenstaatlichen Regelung, die der Verfügung des deutschen Gesetzgebers entzogen ist, durch innerstaatliches Strafrecht erscheint dringend wünschenswert. Eine Möglichkeit dazu ist durch die zur Zeit schwebenden Verhandlungen in der Bonner Truppenvertragskonferenz gegeben. Leider bin ich aus Zeitgründen nicht in der Lage, dem Hohen Hause die politischen und rechtlichen Voraussetzungen im einzelnen darzulegen, unter denen eine solche Ablösung vollzogen werden kann. Darüber wird in den Ausschüssen noch ausführlich zu sprechen sein.
    Jedoch werden Sie Verständnis dafür haben, daß die Verhandlungen mit den beteiligten Mächten nur dann Aussicht auf Erfolg versprechen, wenn von deutscher Seite ein angemessener strafrechtlicher Schutz der im Bundesgebiet stationierten Truppen angeboten und gewährleistet wird. Der Entwurf folgt deshalb dem allgemeinen Grundsatz, daß den Truppen der Entsendestaaten im wesentlichen der gleiche Strafschutz gewährt werden soll, der für die deutsche Landesverteidigung und die Bundeswehr vorgesehen ist. Diese Gleichstellung ist auch aus außenpolitischen Gründen unerläßlich. Sie entspricht auch den eigenen Interessen der Bundesrepublik am besten und ermöglicht es vor allem, ein nach einheitlichen Grundsätzen aufgebautes Gesetzgebungswerk zu schaffen, das keinen unbegründeten Unterschied im Strafschutz der Streitkräfte verschiedener Herkunft macht, die durch die Aufgabe der gemeinsamen Verteidigung des Westens auf deutschem Boden verbunden sind.
    Obwohl ich bisher nur die allgemeinen Grundlinien der drei Gesetzentwürfe dargestellt und mich einer Behandlung von Einzelfragen bewußt enthalten habe, möchte ich für den Entwurf des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes eine Ausnahme machen. Das Hohe Haus wird mit Recht von mir erwarten, daß ich wenigstens auf die §§ 91, 96 und 109 b des Entwurfs näher eingehe, die zu den erwähnten schweren Angriffen in der Öffentlichkeit geführt haben. Einige Kritiker des Entwurfs haben es für richtig gehalten, gegen über diesen Vorschriften des aus der Zeit des nationalsozialistischen Regimes stammende Schlagwort „Wehrkraftzersetzung" zu bemühen. Damit wurde damals der berüchtigte § 5 der Kriegssonderstrafrechtsverordnung bezeichnet, der u. a. denjenigen mit Todesstrafe oder schwerster Freiheitsstrafe bedrohte, der öffentlich den Willen des deutschen Volkes oder eines verbündeten Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen oder zu zersetzen suchte. Mit Hilfe einer willfährigen Rechtsprechung ist diese Generalklausel zu einer brutalen Waffe gegen jede Meinungsäußerung gemacht worden, die dem Interesse der damals in Partei und Staat herrschenden Kreise zuwiderlief.
    Ich möchte von vornherein betonen, daß der Inhalt des Gesetzentwurfs mit diesem Begriff der Wehrkraftzersetzung nicht das geringste gemein hat und es tief bedauerlich ist, daß dieser Begriff auch von verantwortlichen Politikern als ein billiges Schlagwort wieder ausgegraben worden ist. Bitte, vergegenwärtigen wir uns doch, worum es in den drei Vorschriften wirklich geht.
    § 91 des Strafgesetzbuches befaßt sich mit der Untergrabung der Dienstbereitschaft von bestimmten Pflichtträgern des Staates. Die Vorschrift ist durch das erste Strafrechtsänderungsgesetz im Jahre 1951 dem Strafgesetzbuch eingefügt worden. Ihre Fassung ist in den ersten Beratungen des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht entstanden. Sie war damals in keinem Zeitpunkt Gegenstand irgendeiner politischen Auseinandersetzung. Von den Abgeordneten aller staatstragenden Parteien ist ihre Notwendigkeit in den Ausschußberatungen ausdrücklich anerkannt worden.
    Nun machen Sie sich bitte eines klar: Diese Vorschrift schützt die Angehörigen der Bundeswehr schon heute gegen Angriffe auf ihre pflichtgemäße Bereitschaft zum Dienst für die Landesverteidigung. Irgendein sachliches Bedürfnis, ihre Anwendbarkeit zugunsten der Bundeswehr erst zu begründen, bestand also nicht. Wenn die Bundesregierung in dem Entwurf gleichwohl eine Fassungsänderung vorschlägt, so geht es ihr nur darum, dem Staatsbürger die Tragweite der Vorschrift, insbesondere ihre Anwendbarkeit auch auf Angriffe gegen die Bundeswehr, deutlicher zu machen. Der Staatsbürger soll nicht gezwungen sein, aus dem Begriff des öffentlichen Sicherheitsorgans darauf zu schließen, daß damit auch die Bundeswehr gemeint ist. Irgendeine ins Gewicht fallende sachliche Änderung der Rechtslage wird also durch die Neufassung überhaupt nicht bewirkt.
    Auch die Behauptung, § 91 in der Fassung des Entwurfs beeinträchtige das Recht der Kriegsdienstverweigerung, ist nicht stichhaltig. Mit Strafe bedroht wird nur der Angriff auf die pflichtgemäße — ich unterstreiche: pflichtgemäße — Bereitschaft zum Dienst für die Landesverteidigung. Durch den ausdrücklichen Hinweis auf die Pflichtgemäßheit dürfte rechtlich völlig klar sein, daß eine Einwirkung auf Soldaten mit dem Ziel, sie zu der verfassungsrechtlich vorgesehenen Kriegsdienstverweigerung zu veranlassen, nicht rechtswidrig ist; denn die pflichtgemäße Bereitschaft des Soldaten hat ihre Grenze an seinem Recht der Kriegsdienstverweigerung, auf das er sich jederzeit, ohne Rücksicht darauf, daß er Soldat ist, berufen darf. Sollte jemand glauben, daß dieses juristisch unbestreitbare Ergebnis durch den Wortlaut des Entwurfs nicht völlig sichergestellt sei,


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    so hat die Bundesregierung gegen eine weitere Verdeutlichung der Gesetzesfassung keine Einwendungen.
    Die gegen § 109 b des Entwurfs erhobenen Bedenken beruhen auf der unzutreffenden Vorstellung, daß der Tatbestand eine Einschränkung des Rechts der freien Meinungsäußerung anstrebe. Das wird vor allem deutlich aus den Beispielen, die als Anwendungsfälle dieses sogenannten „Maulkorbgesetzes" aufgeführt worden sind. Ich darf hier aber mit allem Nachdruck feststellen, daß kein einziges der Beispiele, die in den mir vorgelegten Presseberichten näher behandelt worden sind, überhaupt von der Vorschrift erfaßt wird. Bewußt oder unbewußt ist in der Kritik übersehen worden, daß sich diese Vorschrift nur auf unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen über Tatsachen — ich unterstreiche: Tatsachen — bezieht, also auf einen Bereich, in dem nicht Werturteile oder Meinungen geäußert werden, sondern in dem die Wahrheit gesagt oder gelogen wird.
    Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß unter den heutigen politischen Verhältnissen eine Strafvorschrift unentbehrlich ist, die lügnerischer Propaganda gegen die Bemühungen um eine wirksame Landesverteidigung entgegentritt. Noch nie in der Vergangenheit haben in solchem Umfang, wie das heute der Fall ist, planmäßig aufgebaute und vom Ausland gesteuerte Organisationen eine Agententätigkeit entfaltet, die vor allem zwei Aufgaben zu erfüllen hat: die Beschaffung von Nachrichten sowie die geistige und materielle Schwächung.
    Ich darf nur an den Fall erinnern, den die Presse in den letzten Wochen ausführlich behandelt hat: die Versendung von gefälschten Freistellungsbescheiden an junge Wehrpflichtige im ganzen Bundesgebiet. Dieser offensichtlich von Stellen außerhalb der Bundesrepublik gesteuerte Vorgang wäre ein typischer Anwendungsfall der neuen Vorschrift. Daß er außerdem unter dem Gesichtspunkt der Urkundenfälschung erfaßt werden kann, ist ein reiner Zufall, der bei den bisher bekannten Methoden geistiger Sabotage in der Regel nicht zutrifft.
    Dieser unbestreitbaren Tatsache der Bedrohung von außen her hat sich der Bundestag schon einmal anläßlich der Arbeiten an dem Entwurf zum Ersten Strafrechtsänderungsgesetz gegenübergesehen und in einer eindrucksvollen Einmütigkeit die erforderlichen Konsequenzen gezogen. Bitte wenden Sie nicht ein, daß sich die Verhältnisse seit dem Inkrafttreten der Staatsschutznovelle grundlegend geändert hätten. Die weltpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres dürften auch dem letzten Zweifler klargemacht haben, daß jedenfalls zur Zeit kein Anhaltspunkt für die Annahme besteht, die dem Aufbau der Landesverteidigung von außen drohenden Gefahren seien nun nicht mehr ernst zu nehmen.
    Wenn Sie einmal dem § 100 d Abs. 3 des Strafgesetzbuchs, der durch das Erste Strafrechtsänderungsgesetz — ebenfalls mit Zustimmung aller staatstragenden Parteien — eingeführt worden ist, den neuen Tatbestand gegenüberstellen, werden Sie einräumen müssen, daß die sachliche Struktur beider Bestimmungen völlig übereinstimmt und daß die gegen den Entwurf vorgebrachten Bedenken in gleicher Weise auch für den bereits in Kraft befindlichen Tatbestand gelten. § 109 b ist deshalb nichts als eine konsequente Fortsetzung der vom 1. Deutschen Bundestag eingeschlagenen Linie des Staatsschutzes. Wenn von ihr abgewichen werden soll, bedarf es zunächst des Nachweises, daß die dem Staat von außen drohenden Gefahren kleiner geworden oder gar beseitigt sind. Die allgemeine Lage in der Welt scheint mir das Gegenteil zu beweisen.
    Was schließlich den § 96 des Entwurfs betrifft, wird aus den soeben dargelegten Gründen mit schweren beleidigenden Angriffen auf die Bundeswehr zu rechnen sein, die möglicherweise den Aufbau einer wirksamen Landesverteidigung erschweren. Gerade die Beschimpfung und das böswillige Verächtlichmachen der Streitkräfte sind ein erprobtes und auch wirksames Mittel der Schwächung, das von verfassungsfeindlichen Organisationen und Einrichtungen in den meisten Ländern des Westens planmäßig eingesetzt wird. Es wäre ein bedenkliches Versäumnis, wenn der Staat seine Truppe gegenüber solchen, in der Regel zentral gesteuerten Methoden schutzlos stellen würde.
    Das vom Bundesrat erhobene Bedenken, der besondere Ehrenschutz des § 96 bedeute eine Privilegierung einer einzelnen Institution der Exekutive, trifft wohl nur bei formaler Beurteilung der Rechtslage zu. Die Bundeswehr ist in erster Linie nicht ein Instrument der vollziehenden Gewalt, sondern eine Einrichtung des gesamten deutschen Volkes, an der jeder wehrpflichtige Mann durch Ableistung seines Wehrdienstes unmittelbaren Anteil hat.
    Ich komme damit zum Schluß. Ich will nicht verschweigen, daß die beiden letzten Vorschriften, die §§ 96 und 109 b des Entwurfs, eine schwerwiegende rechtliche und politische Problematik in sich schließen. Sie sind grundsätzlich sowohl vom Standpunkt des einzelnen Staatsbürgers wie auch der Allgemeinheit unerwünscht, weil mit ihnen eine Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit aller unvermeidlich verbunden ist. Wenn man aber an eine sachentsprechende Regelung des strafrechtlichen Staatsschutzes herangeht, kommt es immer auf eine sorgfältige Abwägung der dem Staat drohenden Gefahr seiner gewaltsamen oder gewaltlosen Zerstörung auf der einen und der drohenden Einbuße für verzichtbare Freiheiten seiner Bürger auf der anderen Seite an. Auch die Demokratien können es sich in dieser Zeit des noch immer fortdauernden kalten Krieges nicht leisten, auf jeglichen Staatsschutz zu verzichten, um das Versäumnis vielleicht später mit dem vollen Verlust der Freiheit zu bezahlen.
    Die Bundesregierung hat sich für verpflichtet gehalten, dem Hohen Hause einzelne Vorschriften zur Bekämpfung der geistigen Unterhöhlung der Bundeswehr zu unterbreiten. Sie hat damit ein Problem in die Diskussion gebracht, das die meisten Staaten des Westens stark beschäftigt und dessen richtige Lösung — nicht nur im strafrechtlichen, sondern vor allem auch im politischen Bereich — von erheblicher Bedeutung für den Fortbestand der Demokratie überhaupt werden kann. Es wird der Beratung in den Ausschüssen vorbehalten sein, durch sorgsame Abwägung alles Für und Wider die Lösung zu finden, die den besten Ausgleich der widerstreitenden Interessen bietet. Über einen Punkt möchte ich allerdings keinen Zweifel lassen: Wenn es dem Entwurf darum ginge, der die Grundsätze der Demokratie bejahenden


    (Bundesjustizminister Dr. von Merkatz)

    Presse einen Maulkorb umzuhängen, hätte er im Justizressort des Bundes keinen Fürsprecher und Förderer gefunden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)